1848 / 45 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

daß auf die Weise, en hat, eine Einigung zu erz bleibt und der Paragraph bracht werden fann. Referent Uaumann : Majorität der Abtheilung vo fann, wenn ih anshließe an die fragen: was soll unter Gottesl eehrte Mitglied hat uns gesagt, cht gegen die Gefühle des Volke aber das geehrte Mitglied ch in den Ausdrüdcken sein; Frage: was verst strafbaren Handlung muß d sind es einzelne Personen: Beleidigungen, die durh W sein können, über denfbar, und w

welche der Vorsißende der Abtheilung vorge= ein wird, indem dieses Wort

in eine fonsequentere Fassung gè=

F bin in der Lage, das Gutachten der llständig aufrechterhalten zu müssen, und Worte des leßten Redners, mich nur ästerung verstanden werden?

die Aufgabe der Geseßgebung sei, Jch will das zu= wird auch Eines zugeben: Klarheit und dann bleibe ih stehen bei der eht man unter Gotteslästerung?

s zu verstoßen.

tt Ein Objekt der » Jj es der Staat, die Kirche, ann is es niht Gotteslästerung, sondern orte, die durch Handlungen vorgekommen Diese is nur Gott gegen- as gegen Gott verbrochen wird, mag k Klar ist der Ausdruck selb l Justiz-Ministers uicht zu definiren.

Wenn ih einen Begriff nicht de in das Geseßbuch aufnehmen.

der Abtheilung die Sache stellen eine bestimmte Religionsgesellshaft soll, mißfällt mir nicht. frage, warum h Müssen wir ihn Wort, welches Ja

aber nicht Gotteslästerung. ein Mensch | nah den Worten des Herrn Das Gesetz hat ihn uicht definirt. , so darf ih ihn auch nicht Die Weise, wie der Herr Vorsißende will, daß durch die Gotteslästerung als beleidigt angeschen werden dagegen haben, aber ih lusdruck Gotteslästerung ? Zst es etwas so Entsetzliches, ein gebung bestanden hat, aus=

finiren fann

Ich würde nichts alten wir uns an den beibehalten ? hrhunderte in der Gesetz rd uns denn mißverstehen, wenn unsere ffentliht werden? Gotteslästerung

Worte tâg- Wer wird uns nach- vertheidigen wollen? handlungen nicht liest und nicht so vie sich selbst die Frage zu beantworten, weshalb auch nicht wahrnehmen, und daß es früher darin Wir wollen keinen Ausdruck, der eine so vage Be- wir können ihn nicht ins Geseßbuh aufnehmen; denn Richter z er soll es anwenden. Mißbrauch treiben könnte ästerung auffaßt, was in. Es is {on vielfa darauf hin= ßten Uebelstände dur derartige unbe- n der Welt hervorgerufen worden sind, auf das sclagendste Beispiel hin : is als Gotteslästerer angeklagt worden! meine Herren, könnte in anderen Beziehungen Jch erkläre ; und ih glaube, daß, werden, das Geseß nich

ch alle Zeitungen verö daß wir die er aber unsere nahme daran nimmt, die Gotteslästerung ausgelassen is , der wird daß das Wort nicht mehr im GeseBße steht, gestanden hat. deutung hat,

das Geseß is eine Richtschnur für den Es is niht möglich, daß der Richter nicht mit diesem Worte, indem er etwas für Gottes! fein Mensch dafür ansehen k gewiesen worden,

stimmte Begriffe i Herren, ich weise

daß die grö

Jesus Christus Was damals gesche j auch heute noh ge= mich gegen den Ausdruck „Gotteslästerung““, wenn die Worte „Gott lästert‘’ fortgelassen ts verliert und Gott am allerwenigsten, (Bravoruf.) Abgeordn, von Saucken-Tarputschen : fussion entnommen, den vorliegenden Paragraphen f sey Gott selbst vor Lästerungen hüben, Mensch im Staube, ein Geseß geben zu wollen für den Fall ein Erdenwurm es sich berausnehmen fönnte, das höchste Wesen an- In dieser Beziehung, meine Herren, muß ich erflären, was zu einer solchen Mißdeu= aus unserem preußischen Gesehe von ganzer daß, wenn ih nach meiner Auffassung glich hielte, ih eine solhe Auf- daß der menschlihe Richter hen, strafen soll, Die Gotteslste- ung gemeint sein, ch bereits von einem verehrten Red end für Andere wird. Dies is aber auch nah Streichung der beantragten Worte dies ist selbst in der früheren Gesebßgebung, wie aus Schlesien bemerkte, genügend ausgec= „Bestraft soll werden, wer durch öffeut- ngen zu einem gemeinen Aer- nicht die sogenannte Gottes- fommt noch ein Drittes hinzu, eder Einzelne vor Krän=- werden, und hie die jedem Menschen auch in gegen jede Krän- dern auch von sei- ollen; ich wünsche wahr= aber dafür, daß ¿end Härte, fondern nur er- Liebe unter einander haben, j daß eine Richtung „frech““ wir dürfen uns wohl niht als Richt Glauben oder Glaubensrichtung, die dem über die dieser nicht einmal zu rich- ben so heilig is, als Auch die soge=-

y j Jch habe aus der Dis=- daß ih nicht allein der Ansicht bin, daß man o verstehen kanu, als wolle das Ge= als unterfange es sih der

daß ih die Ausscheidung tung Anlaß geben kann, Seele wünsche z ja, ih erfläre, eine Gotteslästerung überhaupt für in unserem Strafgeseßbuche, zum Schuße des Höchsten, für eine Gottesläster rung kann daher woh rn sie nämlich, wie au orden ist, kränfend und verleß

alles dessen,

was gegen diesen verbro (b st erfennen würde. l nur in einer anderen Bezieh

gesprochen w im Paragraphen noch vorbehalten ; ein verehrter Abgeordneter drückt, indem es dort heißt: lich ausgestoßene grobe Gotteslästeru Hier is also an sih strafbar, sondern es und sollen die Religionsge was ihm heilig ist, geschüßt 1 ih gehöre zu denen,

gubensêrihtungen vollen Schuß aats wegen, son

e sellshaften und j fung dessen, ih gewiß, dem den verschiedensten Gl fung und S nen christlich

rfür stimme

törung niht nur von St en Mitbürgern gewährt wissen w haft den Frieden im Ge er niht durch Androhung von Strafen halten wird, wenn wir Schonung und und habe daher mit Bedauern gehört, genannt worden ist; len über irgend einen Staat wohl nicht entgegen ist , ten hat, und die dem, der derselben zugehört, e uns die unsrige. i

biete des Glaubens, halte

ge. Ich möchte noch eins bemerken. nannte Gotteslästerung in Schriften soll bestraft werden. Wir haben ! Herrn Minister der Geseß-Revision gehört, daß der Rich= ter bei der Untersuhung wohl ermessen werde, 1 finden könnez wir haben früher gehört, daß der andtags-Kommissar von der Begeisterung gesprochen hat, die rößten deutschen Dichter in seiner Jugend eingeflößt

er Dichter Deutschlands hat in mehreren seiner Ge- Begriffen einer großen Mehrzahl von Menschen, ert, z. B. in den „Göttern Griechenlands“, in dem (in der ersten Ausgabe) und in anderen mehr wenn heute Schiller wegen dieser Gedichte vor einen

ichterstuhl gestellt würde, was würde dies wohl für Jch glaube, wir würden den Richter in eine

unseren Geseßentwurf und unser Abstimmen ian nicht für zeitgemäß aner= daß man Alles fortläßt, was als ginge das Geseh dar- Würde dem er ähnli den früheren werde ich ihm gern beistimmen, chsagen könnte, wir hät- Strafe wegen Lästerung ls möglich zu denken und als

ob man eine Gottes-

ihm einer der hat, und die

Gott geläst

möchte fragen, preußishen R druck machen ?

ser Worte würde n also unbedingt dafür, rnach aussehen könnte, tteslästerung an sih zu b assung gegeben, en würde, o daß man uns nicht na im Geseßentwurf

chaltung die

auh nur entfernt da auf hinaus, die Go Paragraphen einc F geseßlichen Bestimmung denn ich wünsche nur, ten uns unterfangen, des Unerforshlichen und Allmächtigen a nüßlich auszusprechen. Abgeordn. von Olfers: vollste Ueberzeugung, daß wir das re tief verleyen würden, wenn wir die bedeutenden Strafe belegen würden, nah dem Gesehe fr

Mein innigstes Gefühl und meine ligióje Bewußtsein des Volkes otteslästerung niht mit einer weil das Volk anerkennt, daß üher mit Recht streng bestraft

diese Handlung auh noch aufzutreten und den Antrag

worden ist, bringt mich dazu,

zu stellen, daß der Paragraph unbedingt, wie er gegeben ist, ange-

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nommen werde. Jch mache bemerklich, daß, wenn blos die Gottes=- lästerung dann bestraft werden soll, wenn sie eine der christlichen Kirchen oder Private in ihrem Glaubensbekenntnisse beleidigt, dies unmöglih ausreichen kann. Die Gotteslästerung an und für si is strafbar und muß bestraft werden. Man seßt oft entgegen, der Bes griff der Gotteslästerung ci nicht genau zu bestimmen; das mag sein, aber es mag sich Jeder die Hand aufs Herz legen, und ih glaube, es wird Jeder bis zum Untersten im Volke herab sich sagen, ih verstehe wohl, ob eine Handlung Gotteslästerung ist, und das ist allein {hon ein Grund, warum sie bei threr Schändlichkeit muß bestraft werden. Und noch ein zweiter Grund: Es is hier gesagt worden, wir ständen auf einem Punkte, wo sich auf dem religiösen Gebiete bald manches Neue Bahn brechen würde; gerade das ver- anlaßt mich (und in diesem Augenblicke ist unser Entschluß sehr wichtig), darauf anzutragen daß Anordnungen getroffen werden, die tiefe Ehrfurcht, die man der Gottheit schuldig ist, vor Verleßungen und äußeren Anfeindungen zu sichern. Jch bitte, den Paragraphen unverändert beizubehalten.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch wollte mir nur erlauben, den Vermittelungsvorschlag noch einmal vorzulesen. Er geht dahin :

„Wer öffentlich in Worten u \. w. durch Gotteslästerung oder auf andere Weise eine der christlichen Kirchen oder eine geduldete Religionsgesellschaft in ihren Lehren, Einrichtungen oder Gebräuchen oder in den Gegenständen ihrer Verehrung durch Schmähung oder Verspottung herabzuwürdigen sucht u. st. w.“ h Jch bin mit dem ursprünglichen Antrag der Abtheilung einverstanden gewesen, weil ih geglaubt habe, wenn die Worte „Gott lästert‘“ so ständen, wie sie im Paragraphen stehen, dadurch eine große Gefahr herbeigeführt würdez durch diese Umgestaltung aber wird diese Gefahr vermieden. Dem Herrn Referenten erlaube ih mir aber, zu erwiedern auf die Frage, âaus welchem Grunde ih den Vermittelungsvorschla g thue? Jch thue es einfa aus dem Grunde, weil an dem Vorschlage, jene Worte zu streichen, viele verehrte Mitglieder Anstoß nehmen, weil Viele sich in ihren religiösen Gefühlen mit vielen ihrer Glau- bensgenossen auh außerha!b dieser Versammlung dadurch verleßt finden und es meinem Bedürfnisse durchaus entsprechend is, wo ein Anstoß vermieden werdea kann, wo ih entgegenkommen fan, ohne cin Recht aufzugeben oder eine Pflicht zu verleben, dann es auch zu thun. Das i} der einfache Grund, weshalb ih cs lieber sehe, daß mein Vermittelungsvorshlag angenommen werde.

Justiz - Minister von Savigny : Nicht nur muß ich das eben ausgesprochene Motiv des geehrten Vorjißenden der Abtheilung in hohem Grade ehrend anerkennen, sondern i stimme au im Ganzen mit seinem Vorschlage vollständig überein, wie ih vorläufig bereits erklärt habe, immer mit dem Vorbehalte der näheren Prüfung der Worktstellung, die allerdings etwas Untergeorduetes is z allein in Be- ziehung auf die Aeußerung eines anderen geehrten Mitgliedes muß ih mir noch ein paar Worte erlauben. Es is von dec Abtheilung früher die Befürchtung geäußert worden, daß, wenn die Gottes=- lästerung im Paragraphen erwähnt würde, dadurch die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung gefährdet werden fönnte; es ist heute darauf weniger Gewicht gelegt worden, und ih habe mich {hon dar= über geäußert. Von einem anderen Mitgliede aber ist die Befürch- tung geäußert worden, daß dadurch die Freiheit der Poesie gefährdet werden könne, und damit kann ih mich nicht einverstanden erklären. Jch bin überzeugt, daß kein Richter in der ganzen preußischen Mo- narhie Schiller?n wegen eines der angeführten drei Gedichte der Gotteslästerung für schuldig erklärt haben würde. Allerdings gebe

ih zu, daß auch die Poesie auf so frevelhafte Weise mißbraucht werden fann, und in dieser Beziehung erlaube ich mir, an ein bekanntes Faktum zu erinnern, Während der französischen Revolution ist eines der frevelhaftesten Gedichte erschienen und in vielen tausend Exem- plaren verbreitet worden. Vor wenig Jahren hat sich ein Buch=- händler in Paris beigehen lassen , dieses in vielen tausend Exemplaren {hon verbreitete Buch wieder abdrucken zu lassen, und er ist in Paris verurtheilt worden zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und zu einer hohen Geldbuße. Marschall : Es haben sich noch mehrere Reduer gemeldet. (Mehrfacher Ruf : Zur Abstimmung.)

Abgeordn. Ucumann : Wir müssen uns aber doch über den Vor= {lag des Herrn Vorsibenden der Abtheilung noch erklären können, denn der Begriff der Gotteslästerung wird dadurch wesentlih geän- dert, und die Bestimmungen des Paragraphen werden dadurch sogar bedeutend schärfer. Das Kriminalrecht fennt Gotteslästerung als ein besonderes Verbrechen, und eben so müssen wix anerkennen, daß ursprünglich die Absicht, Gott selbst dagegen zu schüßen, die Straf= barkeit begründete, und die Strafe bestand daher in Zungenausreißen. Später aber wurde es bestraft, weil dadurch die heiligsten Gefühle der Menschen verleßt werden, Die Gotteslästerung erscheint als unsinnige und rohe Aeußerung, die wegen des üblen Eindruckes be- straft wird, wenn aber jeßt damit verbunden werden soll, daß zugleich religiöse Gesellschaften als solche dadurch verleßt würden, so entsteht ein ganz anderer Begriff, als ihn das Kriminalreht zeither gekannt hat.

(Eine Stimme: Ganz richtig. Erneuter Ruf zur Abstimmung.) Jch will mir nur uno erlauben, den Antrag hinzuzufügen, daß der Begriff „öffentliches Aergerniß“ besonders aufgenommen werde, sonst statuiren wir einen ganz neuen Begriff der Gotteslästerung. (Einige Stimmen: Ja:)

Referent Kaumann: Jh habe nur auf eine einzige Aeußerung etwas erwiedern wollen, Das geehrte Mitglied legt darauf einen Werth, daß gesagt werden solle, wenn durch die Gottesläsierung ein öffentliches Aergerniß hervorgerufen werde. Was heißt aber ein öffentliches Aergerniß hervorrufen? Das heißt beleidigen, und dann fommt es auf dasselbe heraus, was der geehrte Vorsibende der Ab- theilung vorgeschlagen hat. Daß das Aergerniß ein öffent'iches sein solle, würde noch weiter gehen z; es fommt aber nur darauf an, daß es ein Aergerniß ist, daß, wenn es ein Aergerniß is, Jemand sich in seinen Ansichten über die Gottheit gekränkt fühlt. Darum sehe ih niht ein, weshalb das „offentliche Aergerniß“ besonders hervorge- hoben werden joll,

Abgeordn. Graf Zech - Burkersrode : Jm Wesentlichen mit dem übereinstimmend, was das geehrte Mitglied der rheinischen Ritter- chaft ausgesprochen hat, muß auch ih mich dringend gegen den Wegfall der Worte „Gott lästert“ erklären. Jh muß wenigstens, meine Herren , bekennen, daß durch den Wegfall dieser Worte mei=- nem religiösen Gefühl wehe gethan würde, und ih glaube, daß außer mir Viele in demselben Falle sind, und daß es auf einen großen Theil des Volkes denselben Eindrudck machen würde, Jch bin weit entfernt, diejenigen, die für den Wegfall der Worte stimmen, des religiösen Judifferentismus anzuklagen, aber, meine Herren, ih glaube doch nicht in Zweifel stellen zu köunen, daß die Streichung dieser Worte die religiösen Gefühle des Bolkes verleßen würde, die religiösen Gefühle des Volkes, die in der jebigen Zeit so vielfach unterwühlt und untergraben werden, Hüten wir uns, meine Herren, auh nur den Anschein zu haben, als oh wir dem Jndifferentismus und dem Geiste der Verneinung eine Huldigung darbringen wollten. Sollte übrigens der von dem geehrten Herrn Vorsißenden der Ahb=

theilung gemachte Fassungsvorschlag angenommen werden, so würde

ich mir wenigstens noch den Wunsch auszusprechen erlauben, daß

| gesagt würde: „Wer dur Gotteslästerng eine oder mehrere der

christlichen Kirchen oder Religionsgesellschaften herabwürdigt,“ Denn es fönnte aus der vorgeschlagenen Fassung vom Richter gefolgert werden, daß nur eine solche Gotteslästerung strafbar sei, durch e eine besondere Kirche oder Religionsgesellschaft herabgewürdigt verde. F

Marschall : Das liegt darin.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh halte das für ein reines Superfluum, aber wenn ein Mitglied eine Beruhigung darin findet so habe ih nihts dagegen einzuwenden. :

Abgeordn. Graf Renard : Jch verzihte auf das Wort, da {hon von anderen Rednern Alles gejagt worden is, was ih vorzu= bringen gedachte. E y

Abgeordn. Camphausen : Jh trete dem Antrage des Abgeord- neten aus Pommern nicht bei, sondern stimme für Streichung der Worte: „Wer Gott lästert.“ Sie gehören mehr einer Theokratie an, als einem monarchishen Staate, der unter weltlichem Regimente steht. Sie überschreiten die Gränzlinie des Strafgesetes z denn dieses Vergehen, wie shwer es auch sei, soll durch die Sitte verbannt wer= den, und es is durch die Sitte verbannt worden, wie Jeder gewahrt, der die Gewohnheiten des vorigen Jahrhunderts mit denen des ge- genwärtigen vergleiht. Es gab eine Zeit, wo gewissermaßen eine Ehre darin gesucht wurde, als Freigeist in Gesellschasten zu gelten und zu glänzen z diese Sitte ist bis auf die leßte Spur verschwunden, Denen, welche zur Pflege und zum Schuße des religiösen Gefühls eine solche Bestimmung befürworten, habe ich zu entgegnen, daß sie die entgegengesebte Wirkung nothwendig hervorrufen wird, und zwar sowohl in Fällen der Verurtheilung, als in Fällen der Freisprechung, Denn häufig kann es sih ereiguen, daß die Verurtheilung der össent-

lichen Meinung widerstrebt, und dann wird und muß sie eine Reac= tion hervorbringen, die für die Pflege des religiösen Gefühles im Volke nur \{hädlich is. Wenn aber ein Fall, der dem religiösen Gefühl widerstreitet, von dem Richter nicht für ausreichend erachtet wird, um die Strafe darauf anzuwenden, o wird die Freisprechung den religiösen Sinn noch mehx verleßen.

Abgeordn. Knoblauch: Jch muß mich auch aus meinem tiefsten religiösen Gefühl für das Fortlassen der Worte : „Wer Gott lästert““ erklären, weil nach der Fassung die)es Paragraphen die Gotteslste= rung offenbar von der Lästerung irgend einer religiösen Glaubens= gemeinschaft unterschieden wird. Dies halte ih für höchst gefährlich. Die ganze Geschichte hat gelehrt, wie oft Menschensaßungen mit der Gotteslehre verwehselt worden , und wie unsägliche Verwirrungen daraus hervorgegangen sind. Die Volksmeinung, wie ich sie beobachtet habe, versteht unter Gotteslästerung wesentlich nichts Anderes, als die Verleßung ihrer Glaubenslehre, Wenn aber dadurch eine Belcidi= gung religiöser Gemeinschaften erfolgt, so muß die Geseßgebung allerdings Vorkehrungen dagegen treffen, Gott selb wider Läste= rung zu bewahren, erscheint meiner Auffassung wie ein Eingni sf n

den Rathschluß der Gottheit und, eine Gotteslästerung in diesem

Sinne vor den irdischen Richterstuhl zu ziehen, fast vermesjen. Aus diesen Gründen erkläre ih mich für Fortlassung der Worte: „wer Gott lästert.““

Marschall: h : e 1 niht gegen den Antrag des Abgeordneten Grafen von Schwerin erflärt. |

Abgeordn. Knoblauch: Mit dieser Fassung würde ich mich aller dings nicht ganz einverstanden erflärenu fönnen. j j

Marschall: Die Aeußerung des Abgeordneten Knoblauch ging dahin, daß die Gotteslästerung nur, insofern sie eine Beleidigung einer Kirche oder religiösen Gesellschaft enthalte, in das Strafgeset: buch gehöre. Da nun der Vorschlag des Grafen von Schwerin dahin gerichtet ist, die Gotteslästerung nur dann unker Kriminal= strafe zu stellen, wenn in ihr eine solhe Beleidigung ausgedrückt ist, so is es richtig , daß sih der Abgeordnete Knoblauch nicht gegen den Vorschlag des Abgeordneten Grafen von Schwerin erklärt hat. Abgeordn. Knoblauch : Jch fürchte sehr, daß wir uns über eine solche Fassung nicht einigen werden, denn was der geehrte Vor=- sißende der Abtheilung vorgeschlagen hat, scheint mir nicht genügend. Ehe ih mich für etwas Unbestimmtes erkläre, würde ich mich lieber der Mehrheit des Ausschusses anschließen und jene Worte ganz weg lassen, indem alsdann fein Zweifel entstehen kann.

Abgeordn. von Werdeck: Jch habe zwar der Ansicht des geehr- ten Vorsißenden mich angeschlossen, aber bei reiflicher Ueberlegung sind mir doch Bedenken darüber aufgestoßen, ob wir den Paragraphen

Nach dem, was der Abgeordnete sagte, hat er sich

dadurch nicht strenger fassen , als er eigentli vorliegt. Jch komme auf mein ursprüngliches Amendemcul zurücé und werde mit Weg= lassung des Zwischensaßzes mein Amendement dahin präzijiren : „Wer auf eine, ein öffentliches Aergerniß exregende Weise in Worten 2c. Gott lástert und dadur ch oder durch Schmähungen oder Verspottung eine der christlichen Kirchen 2c. ?c- herabzuwürdigen sucht, 1] 2c, zu bestrafen.“ ; : l Abgeordn. Graf von Schwerin : Jch sebe voraus, daß zu- nächst das Abtheilungs - Gutachten zur Abstimmung fommen wird, und wenn das nicht angenommen wird, so würde auf meinen Vor= schlag zurückgekommen werden müssen, „Ver Behauptung aber muß ih entgegentreten, als ob in meinem Vorschlage eme Schärfung liege. Das ist durchaus nicht der Fall, sondern es bleibt nun das Kriterium immer die Shmähung oder Verspottung einer religiösen Ge sellshast oder mehrerer, und es wird, wenn der Vorschlag , wie ih ihn gemacht habe, angenommen wird, nux noch hinzugesügt, was sich von selbst versteht, daß eine solche Herabseßung auch durch Gottee- lästerung geschehen könne, wenn man den Begrisf, den eine bestimmte Religionsgesellschaft von Gott hat, herabscßt, indem er ihrem Gefühl darin mit der Absicht der Shmähung und Verspottung zu nahe tritt. »Das Kriterium bleibt und wird immer sein das einer Rechts- verleßzung, einer Verleßung der Achtung, die die Staatsgesellscha\t den religiösen Gemeinschaften schuldig ist. _Das ist der große Unter= schied, der zwischen der ursprünglichen Fahjung und der meingen besteht. l R Freiherr von Mylius: Jch muß mich doch gegen den Vorschlag des Vorsißenden der Abtheilung erklären und e Ps Gutachten der Abtheilung. So viel ist durh Diskussion flar ge- worden und sogar seitens des Herrn Geseggebungs - Ministers selbst anerkannt, daß es sich hier nux um eine mittelbare Znjurie, d. be um die Beleidigung einzelner Persönlichkeiten handle, und die Frage steht so: „Jt es zweckmäßig, bei Aufstellung eines objeltiven Thathe= standes die Mittel zu bezeichnen, durch welche die Znjune vollzogen wurde?“ Der Entwurf hat die Gottesläjterung als das Mittel des Verbrechens bezeichnet, ih glaube aber, daß hier juristish genau die Anwendung des Strafgeseßes n feiner Weise mit rehtfertigender Bestimmtheit gegeben werden fann. Meine Herren, wir stehen in einer durch religiöse Richtungen mannigfach bewegten Zeit, dafür wird keines Menschen Verständniß verschlossen seim. Es wird durch die Zeitverhältnisse nothwendig der Fall herbeigeführt werden, daß der Richter, der bei dem Begriffe der Goeanan ta eines bestimm- ten Anhaltes entbehrt, sehr leicht dazu komme, daß er sih in ein gewisses persönliches Verhältniß zu Gott dentt, daß dieses der Maß- stab für seine Beurtheilung wird, daß er sich das Recht zuspricht,

in diesem Verhältnisse durch keinen Anderen gestört zu sein, und nun Erste Beilage

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den als Gotteslästerer straft, von dem er glaubt, daß er in sein |

Verhältniß zu Gott eingegriffen habe. Aus diesen Gründen werde ih dagegen stimmen, daß der Begriff der Gotteslästerung in das Geseßbuch aufgenommen werde. i

(Ruf nach Abstimmung.)

Abgeordn. Dittrich : Meine Herren! Nur noh wenige Worte |

will ich mir erlauben, (Murren)

um wo möglich eine Ausgleichung zu bewirken. Jm Wesentlichen findet völlige Uebereinstimmung in der hohen Versammlung statt.

, Nur will man den möglichen Konflikt zwischen den Ansichten des

Richters und der Ansicht des Volkes behoben wissen, wozu mir das einfachste Mittel scheint, wenn in der Ueberschrift gesagt wird : „„Got- teslästerungen und Verbrechen, welche sich auf die Religion beziehen. Dann würde meines Erachtens fein Zweifel über den Paragraphen obwalten fönnen. ci

(Große Unruhe und Ruf nah Abstimmung.) _ i

Marschall: Wir kommen zur Abstimmung ; und die Frage heißt : „Soll auf Wegfall der Worte: Gott stert angetragen werden?“ und die diese Frage bejahen wollen, werden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen.

Die nächste Frage ist zu rihten auf den Vorschlag des Abgeord- neten Grafen von Schwerin: dem Paragraphen vorbehaltlich weiterer Fassung hier die Anordnung zu geben: „wer öffentlih in Worten u. \ w. dur Gotteslästerung oder auf andere Weise den christlichen Kirchen: u. s Wi Und die diesem Vorschlage beistimmen, werden dies durch Aufstehen zu erkennen geben. Jch bitte, zu zählen.

Das Resultat der Abstimmung is folgendes : mit Ja haben ge=- stimmt 57, mit Nein haben gestimmt 38. Die nächste Frage bezieht sich auf das Strafmaß und heißt: „Soll beantragt werden, daß an die Stelle des Maximum von 3 Jahren ein Maximum von 2 Jahren trete

Justiz-Minister von Savigny: Jch gebe zu, daß über die jet diskutirte und durch Abstimmung entschiedene Frage verschiedene Mei- nungen existiren köunten, ih fann mir aber weit weniger Gründe denken für den Antrag der Abtheilung, das Maximum herabzuseßen. Denn, das wird mix Niemand bestreiten, daß so shwere, so gefähr- liche Handlungen für den öffentlichen Frieden vorkommen fönnen, daß Niemand eine Strafe von drei Jahren für zu hart halten wird, also dafür, das Maximum von drei Jahren, welches mir an si hon sehr mäßig scheint, auf zwei Jahre zu beschränken, kann ih mir eigentlih feinen Grund denken, und Gründe finde ih auch niht von der Abtheilung ausgeführt. Jch bitte, wohl zu bedenken, meine Her=- ren, wovon die Rede ist, es ist von solchen Handlungen die Rede, wodur der Friede und das religiöse Gefühl wesentlich und auf eine bedenkliche Weise gestört werden fann, und ich muß dringend bitten, daß man gegen solche Handlungen nicht zu gelind verfahre.

Referent Kaumann: Es is allerdings über die Höhe der Strafe, über das Strafmaß am Ende nicht viel zu rechten, und es ist ziemlich gleichgültig, ob das Maximum zwei, drei Jahre oder noch mehr sein möchte. Die Abtheilung hat nur eins in Erwägung ge= zogen, nämlich: daß das Landrecht die Strafe im Maximum auf 2wei Jahre festgeseßt hat, und sie hat sich gefragt, ob während der Zeit der Herrschaft des Landrechts Fälle vorgekommen sind, in wel- Hen diese Strafdauer nicht ausreihend gewesen ist. Sie hat si diese Frage dahin beantworten zu müssen geglaubt, daß Uebelstände nicht hervorgetreten seien, und aus diesem Grunde ist sie auf die zwei Jahre gekommen, Indessen ist es allerdings möglich, daß Jâlle vorkommen können, in welchen vielleiht eine härtere Strafe sich rechtfertigt; da sich aber feine Noth wendigkeit herausgestellt hat, iber die zwei Jahre des Landrechts hinauszugehen, 0 ist man dabei stehen geblieben. : : e

Justiz - Minister Uhden : T will dagegen nur bemerken, daß nah dem Landrechte auch auf 2 Jahre Zuchthaus erkannt werden fann. : L : | | Justiz-Minister von Savigny: Ih will feinesweges behaupten, daß sih die Sitten unter uns in diejer Rücksicht so sehr vershlimmert hätten, daß wir deshalb härtere Strafen brauchten, aber ih bitte, zu erwägen, meine Herren, daß allerdings in unserer Zeit großentheils eine viel größere Aufregung der verschiedenen Religionsparteien gegen einander vorhanden is, als es früher der Fall war, daß also Ver=- leßungen solcher Art aus diesem Grunde, nicht wegen der Versunken- heit unserer Sitten, sondern blos wegen der größeren Aufregung, die in diesen Dingen herrscht, mehr als früher gefährlich und zu bedenken find, 09 glaube daher, daß jeßt mehr Grund is, eine härtere Strafe anzudrohßen, als zur Zeit des Landrechtes. :

Marschall: Die Frage heißt: Soll ein Maximum von ZWél Jahren beantragt werden? Diejenigen, welche diesem Vorschlage der Abtheilung beitreten, würden das durch Aufstehen zu erfennen geben.

(Es erhebt sich nicht die hinreichende Anzahl von Mitgliedern.) Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen.

g. 149,

Referent Kaumann (liest vor):

S; 149.

Sämmtliche zur weiteren Verbreitung noch vorräthige Exem- plare der nah §. 148 strafbaren Schriften, Abbildungen oder anderen Darstellungen, so wie die dazu bestimmten Platten und Formen, sind in Beschlag zu nehmen und zu vernichten. :

Gegen denjenigen, welcher sein Gewerbe zur Anfertigung oder Verbreitung solher Schristen, Abbildungen oder anderen Darstellungen mißbraucht, kann zugleich auf zeitige oder immerwährende Entziehung der Befugniß zum selbstständigen Betriebe des e eie d Ge- werbes erkannt werden. Beim Rückfall is dieje zusäblihe Strafe nothwendig auszusprechen.““

Marschall: §. 150.

Referent Kaumann (liest L

,„§. 150,

Per an Grabstätten beshimpfenden Unfug verübt, is mit Ge- fängniß bis zu einem Jahre zu bestrafen.“ : :

Abgeordn, Zimmermann : _Cine kleine Fassungsbemerkung in Beziehung auf den Ausdruck „beshimpfend“/ habe ih anzuregen; wer an Grabstätten Unfug verübt, is strafbar, das Beschimpfende würde nur die Strafe steigern.

Marschall: Es ist niht auf Abstimmung angetragen worden, es braucht also auh nicht gefragt zu werden, ob dieser Vorschlag als Fassungsbemerkung Unterstüßung findet. §. 151.

Referent Kaumann (lies vor):

§8: 151. L Wer eine Leiche oder einen Theil derselben entwendet, ingleichen

wer Sachen aus Gräbern oder Grabsiätten entwendet, soll mit dem Verluste der Chrenrehte und mit Strafarbeit oder Zuchthaus bis zu fünf Fohren bestraft werden,

rhellt aus den Umständen, daß eine der vorbezeichneten Hand-

lungen ohne gewinnsüchtige Absicht geschehen is, so is auf Gefängniß nicht unter vier Wochen zu erkennen.“ L Das Gutachten der Abtheilung lautet : „ZU g. 151.

Es is zweifelhaft, ob die Bestimmung dieses Paragraphs unter die Verbrechen, welche si auf die Religion beziehen, gehört, oder ob sie nit vielmehr unter die Bestimmungen über Diebstahl aufzunehmen sein würde. Abgesehen davon, daß es fontrovers is, ob überhaupt die Entwendung einer Leiche als Diebstahl zu erahten sei, hat die Abtheilung sich mit 8 gegen 6 Stimmen dafür entschieden, daß es angemessen erscheine, die desfallsige Bestimmung den Verbrechen, welche sich auf die Religion beziehen, anzureihen, weil dur der- gleichen Entwendung zugleich das religiöse Gefühl verlegt wird. Was dagegen die für derartige Verbrehen zu bestimmende Strafe betrifft, so läßt sih darüber nicht füglih früher Entscheidung treffen, bevor nicht die Strafen des Diebstahls zur Erörterung gezogen sind, und es wird daher vorgeschlagen,

die definitive Entscheidung über die hier festzuseßende Strafe vor= läufig auszuseßen. ““ Korreferent Freiherr von Mylius: Jh habe in der Abtheilung darauf angetragen, den Paragraphen ganz zu streichen. Meine Mei- nung hat dort keinen Anklang gefunden, und ih wiederhole sie des- halb hier. Jch glaube, daß durchaus fein innerer Grund vorliegt, weshalb man hier den Leichendiebstahl als ein besonderes Vergehen oder Verbrechen einführen soll. Es ist niht zu leugnen, daß sowohl an der Leiche selbst, als an den der Leiche mit in das Grab gege- benen Sachen, ein Diebstahl begangen werden kann, und ih habe nicht das leiseste Bedenken, daß die Bestimmungen des Strafgesebes, namentli diejenigen des Entwurfes wegen des Diebstahls voll- ständig ausreihen. Es ist bestimmt im §. 267, daß der einen Dieb- stahl begeht, wer aus dem Gewahrsam eines Anderen ohne dessen Einwilligung eine fremde bewegliche Sache in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich oder einem Dritten rehtêwidrig zuzueignen. Es ist dagegen in der Abtheilung die Absicht ausgesprochen worden, es fönne eine Leiche sich niht im Gewahrsame eines Anderen befinden, ih glaube, daß diese Ansicht auf einen Jrrthum beruht, eine Leiche muß sich im Gewahrsam befinden, sie befindet sich entweder unter oder über der Erde. Befindet sie sih über der Erde, so befindet sie sich in dem Gewahrsame aller derer, welche über sie zu verfügen berechtigt sindz befindet sie sich unter der Erde, so befindet sie sih entweder in einem Privatbegräbniß oder auf dèm öffentlichen Kirch- hofe; befindet sie sich in dem ersteren, so i} sie im Gewahrsame dessen, dem der Grund und Boden gehört, der das Begräbniß ge- baut hat. Js sie auf dem öffentlichen Kirchhofe, so is sie im Ge=- wahrsame der Stadt, der Gemeinde oder dessen, welhem der Kirch= hof gehört. Denkbar wäre noch der Fall, daß eine Leiche möglicher= weise in das Meer versenkt würde u. \. w.z das sind Fälle, in denen meines Erachtens eine Entwendung niht begangen werden kann. Durch Aufnahme dieser Bestimmung wird meines Erachtens der Rechtszustand, wie er jeßt besteht, in bedenklicher Weise geändert, indem nämlich etwas das Kriterium des Verbrechens bildet, was nach der bisherigen Geseßgebung das Kriterium dieses Verbrechens nicht gebildet hat, dies soll nämlich in der Rücksicht auf den aus religiösen Gründen der Leiche besonders zu gewährenden Schüß bestehen, und diese Rücksicht ist es gerade, welche ih als eine verwerfliche zu be- zeichnen habe. Denn nicht die Rücksicht auf irgend ein religióöses Gefühl kann meines Erachtens eine Strafe rehtfertigen, da éine Strafe nur gerechtfertigt werden fann dur die Verleßung äußerer in den Rechtskreis Anderer fallenden Rechte. Es ist nun aber gegen den Paragraphen meines Erachtens noch ein anderes Bedenken zu erheben, es is nämlich durh ihn ein neues eigenthümlihes Ver- gehen gebildet für eine Handlung, die nach früheren Grundsäßen meines Erachtens mit Recht straflos war. Es if eine Thatsache, daß die Aerzte sehr häufig Dinge, welche sie bei der Obduction einer Leiche finden, fortnehmen, es ist dies bis jeßt ganz straflos gewesen, es würde aber hier unter den Begris eines Vergehens fallen. Jch glaube z. B., daß es wenig gerichtliche Aerzte giebt, die, wenn sie bei einer Obduction etwas finden, welches ihnen für ihre Wissen=- haft von Interesse erscheint , sie den betreffenden Theil der Leiche in ihren Sammlungen aufbewahrenz ih glaube nicht, daß ein obdu=- zirender Kreisphysikus, wenn ihm die Gelegenheit kommt, eine in wissenshaftlicher Beziehung interessante Erscheinung zu konstatiren, si jemals diese hat entgehen lassen, und ih glaube nicht, daß ihm deshalb jemals hat ein Vorwur| gemacht werden können. Dadurch, daß man eine Bestimmung, wie die vorliegende, aufnimmt, daß man eine eigenthümliche Verleßung darin sieht, was man bisher als ein vollkommen gerehtfertigtes Handeln betrachtet , glaube ich, daß die Stellung dieser Beamten, so wie am Ende die eines jeden obdu= zirenden Arztes, in einer Weise beshwert wird, die cine innere Recht= fertigung für sih nicht hat. Dieses waren die Gründe, welhe mich in der Abtheilung bewogen haben, den Antrag zu stellen, den Para=- graphen ganz zu streichen; in der Abtheilung hat meine Ansicht niht Geltung gefunden, und es fragt sih nun, ob mein Antrag hier Unterstüßung findet. Ó Regierungs - Kommissar Bischoff: Unter den Begriff des Dieb-= stahls würde ein solches Verbrechen nicht fallen, denn im §. 267 ist gesagt: „„Einen Diebstahl begeht, wer aus dem Gewahrsam eines Anderen, ohne dessen Einwilligung, eine fremde bewegliche Sache in der Absicht wegnimmt , dieselbe sich oder einem Dritten rehts- widrig zuzueignen. Es ist also in dieser Definition des Diebstahls nicht blos vorausgeseßt worden , wie von dem Herrn Korreferenten angeführt wurde, daß eine Sache aus dem Gewahrsam eines Ande- ren weggenommen werde, sondern es muß auch eine fremde Sache sein, es muß sih also diese Sache überhaupt im Eigenthum eines Anderen befinden. Das aber trifft bei Leichen nicht zu, und deshalb fann man nicht sagen, daß die Entwendung von Leichen ein Dieb- stahl seiz \o is die Frage auch in der Jurisprudenz und in ven Geseßgebungen aufgefaßt worden. Unsere bestehende Geseßgebung, das Allgemeine Landrecht, hat mehrere spezielle Vorschristen über den Leichen - Diebstahl, Von die= sen sagt §. 1152: „Wer mit unwiderstehlicher Gewalt eine Person, die über zwölf ote alt i, nothzüchtigt, soll sechs- bis achtjährige Festungsstrafe leiden.“ Q 1193. „Ein Todtengräber, welcher selbst Leichen entwen- E hat gleihe Strase und Entseßung von seinem Amte ver- WIrEE Diese leßtere Bestimmung bezieht sich lediglich auf die Todten- gräber z hinsichtlich anderer Personen, welche Leichen entwenden, wird im §. 14154 Folgendes bestimmt: „Wenn andere Personen Leichen entwenden, so sollen sie, auf An- trag der Verwandten des Verstorbenen, als Junjurianten bestraft werden.“ ,

und im §. 14155 is festgeseßt : „Auch wenn kein Verwandter auf die Bestrafung des Leichen-

Montag den 14. Febr.

Diebstahls anträgt, findet dennoch eine achttägige bis vierwöchent=

liche Gefängnißstrafe statt.“ Als Diebstahl ist demna das Verbrechen au in der bestehen- den Geseßgebung niht angesehen worden, sondern als eine Ehrver=- lebung. Es isst aber diese Auffassung gewiß nicht adäquat, und es scheint richtiger, daß man, wie im Entwurf geschehen, die Handlung auffaßt als Störung des Grabes-Friedens, als Verbrehen gegen die Religion. Wenn von dem Herrn Korreferenten gesagt worden ist, daß durch die neue Gesebgebung die Lage der Aerzte sich verschlim- mern würde, so weiß ih niht, ob sih ihre Lage verbessern würde, wenn man das Verbrechen unter den Diebstahl subsumiren wollte. Jm Uebrigen glaube ich auch, daß im Entwurf für diese leichteren Fälle Vorsehung getroffen ist, denn es ist im zweiten Alinea gesagt worden, daß Gefängniß nicht unter 4 Wochen eintreten soll, wenn dem Verbrechen nicht eine gewinnsüchtige Absicht zum Grunde ge=- legen habe. Straflos kann das Verbrechen nicht gelassen werden. Mag sih die Sache in öffentlichen Krankenhäusern bei Obductionen, nah den dort vielleicht bestehenden Anordnungen, anders gestalten, aber abgesehen hiervon und im Allgemeinen glaube ih nicht, daß man Handlungen dieser Art straflos lassen kann.

Korreferent Frhr. von Mylius : Es ist gesagt worden, daß der Begriff des Diebstahls deshalb nicht ase, weil er eine fremde Sache vorausseße. Ih glaube, daß, wenn es au im Paragraphen des Gesch- Entwurfs heißt: „Fremde Sache“, dann immer eine Sache zu verstehen is, die demjenigen niht gehört, welcher sie nimmt.

Marschall: Es fragt sich, ob der Antrag des Korreferenten die Unterstübung von 8 Mitgliedern findet ?

Er hat sie niht gefunden.

Abgeordn. Graf Renard: ist bereits Alles erledigt.

Abgeordn. Sperling: Jh habe ein anderes Bedenken hei dem Paragraphen. Als ein Diebstahl würde dieses Verbrechen nur dann angesehen werden fönnen, wenn eine gewinnsüchtige Absicht dabei stattfindet, Da Leichen niht zu den Sachen gerehnet werden fön- nen, die einen pecuniairen Werth haben, wie es bei dem Diebstahle nothwendig vorausgeseßt wird, so fann ich mir nie recht den Fall denken, daß eine Leiche nicht in gewinnsüchtiger Absicht, sondern etwa zu einem wissenschaftlichen Zwede entwendet wird.

Jch verzichte auf das Wort. Es

In einem solchen Falle würde Mangel an ehrliebenden Gesinnungen nicht an- genommen und daher auch nicht auf Verlust der bürgerlichen Ehre erkannt werden können. : ,

Justiz - Minister Uhden : Das steht im zweiten Alinea,

Abgeordn. Sperling: Es i} im ersten Alinea \chlehtweg ge- sagt, daß die Chrenrechte aberkannt werden sollen. Ich möchte da= her anheimgeben , diese Bestimmung nur fafultativ zu fassen, dahin, daß die Ehrenrechte aberkannt werden können. : . j

Regierungs - Kommissar Bischoff : Es soll im zweiten Alinea niht auf Verlust der Ehrenrechte erkannt werden fönnen, sondern nur auf Gesängniß von vier Wochen bis zu zwei Jahren.

Abgeordn. von Byla : Jch stimme für unbedingte Annahme des §. 151 und glaube auch, daß dieser Paragraph hier seine Stelle finden muß. Wenn das Hauytmerkmal des in Rede stehenden Verbrechens die Verleßung des religiösen Gefühles überhaupt und namentlich des Gefühles der Hinterbliebenen ist, sto muß dasselbe hier zur Sprache gebracht werden. Die Schändlichkeit des Verbrechens der Leichen - Entwendung kann gewiß niht in Abrede gestellt werden, denn denke man sih das Gefühl, welches die Hinterbliebenen ergreift, wenn sie erfahren, daß die Leiche ihres Vaters, ihrer Mutter oder anderer Verwandten entwendet worden. Für Ermäßigung der im Entwurfe festgeseßten Strafe würde ich mich daher gewiß nicht er- klären.

Marschall: 8. 151 beit

Abgeordn. Graf von Renard: Dürfte niht vorher der Antrag der Abtheilung kommen“

Marschall: Sie hat keinen Antrag gestellt.

Abgeordn. Graf von Renard: Ja wohl, der Antrag der Ab= theilung ging dahin, die Entscheidung über das Strafmaß auszu= seßen.

Marschall: Es is aber nicht darauf beharrt worden, Es hat weder der Referent noch ein anderes Mitglied der Abtheilung einen Werth darauf gelegt, daß es geschehe.

Referent Kaumann : Die Abtheilung hat in Beziehung auf die Strafart und das Strafinaß mit dem Paragraphen sich einverstan= den erklärt, freilih ers später.

Marschall: Die Frage heißt also: Stimmt die Versammlung dem §. 151 bei? Wer beistimmt, wird es durch Aufstehen zu erken= nen geben.

(Es erhebt sih eine sehr große Anzahl von Mitgliedern.)

Die Versammlung hat mit Majorität von mehr als zwei Drit- teln beigestimmt. §. 152.

Referent Kaumann (liest vor) :

- „S, 102.

Wer den Gottesdienst oder einzelne gottesdienstliche Handlungen einer der hristlihen Kirhen oder einer geduldeten Religionsgesell- chaft zu verhindern oder zu stören unternimmt, ingleichen wer einen Geistlichen während seiner gottesdienstlichen Amts-Verrichtungen be- leidigt, ist mit Gefängniß oder mit Strafarbeit bis zu drei Jahren zu bestrafen.“ i

Das Gutachten lautet :

„Zu §. 152.

Die Ausdrucksweise: „Wer den Gottesdienst —, W verhindern oder zu stören u nternimmt“, bezeichnet mehr den Ver- such einer strafbaren Handlung als die vollendete Handlung. Um je- dem Zweifel, zu welchem das unbestimmte Work „unternimmt Ns anlassung werden könnte, zu begegnen, hat sich die A8 ph gegen 6 Stimmen dafür erflärt, daß statt „zu ver nett, L ErAN it61 nimmt“ geseht werden mögE: „verhindert oder stört. stören unternimmt“ g jeB I ‘hrend seiner gottesdienst-

Die Beleidigung e-nes Geistlihen währen seiner go esdienst- lichen Amtsverrichtungen ist entweder eine Herabwürdigung, die nah : ‘148, oder eine Störung des Gottesdienstes, die als jolhe nah e 152, oder endlich eine Beleidigung, die nah §. 196 strafbar wird. ndererseits wurde bemerkt, daß Beleidigungen während der got- tesdienstlichen Amktsverrichtungen härter bestraft werden müßten, als sonstige Beleidigungen während anderer dienstlicher Verrichtungen.

Die Abtheilung ist mit 7 Stimmen, worunter die Stimme des Vorsißenden, gegen 7 Stimmen der Ansicht, daß es nicht angemessen ei, eine derartige Beleidigung noh als ein besonderes Verbrechen zu bezeichnen, und daß daher die Worte von „ingleichen“ bis „beleidigt“

gestrichen werden fönnen.

És wird vorgeschlagen, ; E die Bestimmung des §. 152 dahin modifizirt anzunehmen: „Wer

den Gottesdienst oder einzelne gottesdienstlihe Handlungen einer

Die Frage heißt: Tritt die Versammlung dem