1848 / 51 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

E Zain

at Wir werden abstimmen können, und die Frage heißt: Soll auf Wegfall der Worte ständishe Versammlungen“ angetragen werden? und die, welhe darauf antragen, werden dies durch Aufstehen zu erkennen geben. : (Es erhebt sich eine Anzahl Mitglieder.) Jch bitte, die Zählung vorzunehmen. (Es geschieht.)

Mit Ja haben gestimmt 35, mit Nein. haben gestimmt 52,

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

„Gegen den zweiten Sab des §. 196 ward bemerft, daß Gründe fe die dort aufgestellte Regel eben so wenig wie die ihr hinzugefügte

usnahme ersichtlich seien, so sei nicht ersihtlich, weshalb, Ae: der erhöhten Strafe, noch eine Shärfung, daß immer auf Freiheits- strafe zu erkennen, begründet, eben so wenig fönne es aber, selbst wenn die Regel Beifall erhalte, Billigung finden, bezüglich der nie- deren Beamten eine Ausnahme eintreten zu lassen; einmal, weil die Bezeichnung niedere Beamte keinesweges bestimmt genug, dann aber, weil fein Grund abzusehen , diesen einen Schuß zu Gai dessen sie wegen der nahen und unmittelbaren Berührung mit dem Publikum mehr als alle Andere bedürftig.

Die Abtheilung beschloß einstimmig, den Saß von den Worten:

Soll der Richter 2c. zum Wegfall in Vorschlag zu bringen. Der zweite Saß des §. 196 ward dadurh motivirt, daß, da Wegen Soldaten niemals auf Geldstrafe erkannt werden dürfe, aus ründen der Reziprozität auch gegen den Beleidiger nur Freiheits- strafe in Anwendung gebracht werden solle. Dabei ward der Para- graph noch dahin erläutert, daß seitens des Gouvernements nichts dagegen zu erinnern sei, wenn statt der Fassung : wenn der Beleidigte bei der Beleidigung in Uniform gewesen, eine andere Sassung angenommen werde, welche dahin gehe : wenn dem Beleidiger das persöuliche Verhältniß des Beleidigten bekannt war.

Die Abtheilung ging jedoch von der Ansicht aus, daß eine für das Militair gegebene Bestimmung der gedachten Art keinenfalls eine Schärfung der Strafe, dem Bürger gegenüber , rechtfertigen dürfe, da dieser, beim Zusammentreffen mit nicht im Dienste befindlichen Militairpersonen, in diesen nur den Bürger, niht aber den Soldaten anzuerkennen und zu beachten habe.

Sie beschließt daher mit 12 gegen 2 Stimmen

den zweiten Saß des §. 196 zum Wegfall in Vorschlag zu bringen.“

Abgeordn. von Brünneck: Es ist aber noch rücksihtlih der Kommunal-Versammlungen nichts beschlossen worden,

Marschall: Es ist da keine Aenderung im Paragraphen bean- tragt worden , und es fragt sich also, ob zu diesem Theile des Gut- achtens eine Bemerkung noch zu machen is, Es wird hierzu nichts erinnert und es wird also der Paragraph bis hierher nicht weiter beanstandet.

Die Abtheilung hat den Vorschlag auf Wegfall der zweiten Hälfte des §. 196 gemacht, und wenn von keiner Seite eine Bemer- fung erfolgt, so wäre anzunehmen, daß die Versammlung dem Vor-= schlage der Abtheilung beitritt, Es wird jedoch zweckmäßig sein, ehe dies ermittelt wird, das Gutachten bis zu Ende zu verlesen. ;

Referent Abgeordn, Frhr, von Mylius (liest vor):

„Der zweite Sah des §. 196 ward dadurch motivirt, daß, da gegen Soldaten niemals auf Geldstrafe erkannt werden dürfe, aus Gründen der Reziprozität auch gegen den Beleidiger nur Freiheits= strafe in Anwendung gebracht werden solle,

Dabei ward der Para-

graph noch dahin erläutert, daß seitens des Gouvernements nichts

dagegen zu erinnern sei, wenn statt der Fassung : wenn der Beleidigte bei der Beleidigung in Uniform gewesen, eine andere Sassung angenommen werde, welche dahin gehe: wenn dem Beleidiger das persönlihe Verhältniß des Beleidigten befannt war.

Die Abtheilung ging jedoch von der Ansicht aus, daß éine für das Militair gegebene Bestimmung der gedachten Art keinenfalls eine Schärfung der Strafe, dem Bürger gegenüber, rechtfertigen dürfe, da dieser, beim Zusammentreffen mit niht im Dienste befindlichen Militairpersonen, in diesen nur den Bürger, nicht aber den Soldaten anzuerkennen und zu beachten habe.

Sie beschließt daher mit 12 gegen 2 Stimmen,

den zweiten Sah des §. 196 zum Wegfall in Vorschlag zu bringen.“

Regierungs-Kommissar von Reyher: Zuvörderst wollte ih mir erlauben, zu bemerken, daß das Gutachten der verehrten Abtheilung insofern nicht für ganz richtig erkannt werden fann, als die im zwei- ten Alinea des §. 196 gegebene Vorschrift uicht auëschließlih für die Armee, sondern durch die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 1, März 41844 für den ganzen Umfang der Monarchie erlassen worden ist. Abgesehen von dieser Berichtigung aber muß ih im Juteresse der Armee die unveränderte Annahme des §. 196 dringend befürworten, und zwar aus dem Grunde der Gleichheit vor dem Geseß, ein Grund,

den hoffentlih die geehrte Versammlung als triftig anerkennen wird. Wäre es zulässig, die Personen des Soldatenstandes mit Geldstrafen zu belegen, dann würde diese Gleichheit si leiht erreichen lassen, aber diese Strafart is von jeher und zwar von den bewährtesten Befehlshabern der Truppen, für durchaus unvereinbar mit der inne- ren Verfassung der Armee erklärt worden, und ih selbst muß der Mei= nung sein, daß die Einführung derselben mit bedeutenden Nachtheilen für das Heer verbunden sein würde. Die Armee kennt bei der Hand= habung der Disziplin den Unterschied zwischen Reichthum und Armuth

nicht, auf den inneren Dienstbetrieb äußert das Geld keinen Einfluß, und wenn bei Bestrafungen allerdings der Stand des Schuldigen in Erwägung gezogen werden muß, so darf doch bei den Strafen von einer Wahl des Richters zwischen Freiheits- und Geldstrafen

niht die Rede sein, Und dabei muß es auch bleiben,

wenn

man sich niht der Gefahr ausseben will, den Geist der Armee

zu untergraben und zu vernichten, Gesebt

aber auch, man

wollte nachgeben, daß die Geldstrafe in Anwendung käme, \o müßte sie doch auf den Offizierstand beschränkt bleiben und könnte niemals auf die Unteroffiziere und Gemeinen ausgedehnt werden. Bei dem Geist indeß, der in der Armee herrscht, bin ih überzeugt, daß die Offizier-Corps gemeinschaftlich und mit Unwillen eine Straferleichte-

rung zurückweisen würden, t ; Kameraden zu statten käme, für den unbemittelten und geringbesolde ten Offizier aber rein illusorish sein würde, und ih selbst, Herren, der ich die Ehre habe,

leiden, als dur die Erlegung einer Geldsumme mich von der u befreien. erzeihni

den eine

itairgerih

Personen immer die Freiheitsstrafe auszusprechen.

Offizier eben so wenig, wie der Civilist, eine erlittene

die nur dem wohlhabenden und reichen

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meine der Generalität Sr. Majestät des Königs anzugehören, nehme keinen Anstand, hier zu erklären, daß ih eintretendenfalls es vorziehen würde, lieber eine Freiheitsstrafe i fe elben

Wenn demnach also die Aufnahme der Geldbuße in das der Militairstrafen unzulässig ist, so würde doch entschie- echtsungleicheit darin liegen, wenn dem Civilrihter an- eimgestellt bleiben sollte, bei Jnjurien zwishen Militair - und Civil- ersonen gegen Lehtere auf Geldbufie zu erkennen, während die Mi-

e nah wie vor verpflichtet blieben, gegen Militair-

1 Niemals, meine Herren, wird nah den allgemein herrshenden Begriffen der t : C eleidigung

dadurch für Tik erachten, wenn 10, 20 Rthlr. dafür bezahlt wer- den, und insofern erlaube ich mir auch noch darauf aufmerksam zu

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machen, daß das Eingehen auf den Antrag der verehrten Abtheilung wahrscheinlich die Zahl der Duelle vermehren würde, während es do

darguf aukommt, diese zu vermindern. Jn der verehrten Versamm= lung sien mehrere Mitglieder, die kürzere oder längere Zeit in der Armee gedient haben, und ih frage diese Herren, was Sie selbst in solchen Fällen gethan haben würden, wenn ihnen dieselben auf ihrer militairischen Laufbahn vorgekommen wären? Vor wemgen Tagen erst is hier in dieser Versammlung von einem geehrten Redner, welcher mit den militairishen Verhältnissen volllommen vertraut ist, geäußert worden, daß bei der humanen Behandlung in der Armee es jeßt ein wahres Vergnügen sei, Soldat zu sein, ja, daß die große Mehrheit des Volkes eine Ehre darein seße, in den Reihen des va- terländischen Heeres zu dienen. Nun, wenn dem so ist, meine Herren, so darf auch erwartet werden, daß Sie bei Jhrer Entscheidung auf die vorliegende Frage niht zum Nachtheil der Armee eine Rechts=- ungleichheit sanctioniren werden, und i hoffe daher, daß der Para- graph, wie er im Entwurfe steht, unverändert von Jhnen angenom- men werden wird, i : :

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Eín großer Theil der Gründe, welhe \o eben vorgetragen sind, wird von mir voll- ständig anerkannt, und denno kann ih nicht zu dem Resultate kom- men, welches von dem Herrn Militair-Kommissar daraus gezogen 1k. Namentlich soll von mir uicht bestritten werden , daß die Geldstrafe bei dem Militair etwas nicht Wünschenswerthes und nicht zu Empsfeh- lendes sei, ja, ih gehe sogar noch viel weiter, ih wünsche auch nicht die Geldstrafe bei dem Bürger; ih gehöre gerade zu denjenigen, welche die Geldstrafe überhaupt als eine sehr verwerfliche Strafe be- zeichnen, und ich möchte alle die Gründe, welche für das Militair angeführt worden sind, mit derselben Stärke auch gerade für jeden Bürger anwenden. So wie für das Militair die Gleichheit vor dem Geseße es durhaus nothwendig mat, so daß Alle, die Olei- hes verbüßt, dieselbe Strafe erdulden, eben so macht sich die näm- lie Gleihheit vor dem Geseß auch für den Bürger nothwendig, daß überall gleihe Bestrafung stattfindet. Wenn ih daher auch die oben vorgetragenen Gründe anerkenne, so scheint mir aus ihnen nicht zu folgen, daß, weil die Geldstrafe bei dem Militair nicht vorhan- den, sie bei dem Bürger ausgeschlossen sein soll in den Fällen, in welchen sie aus allgemeinen Gründen dort niht ausgeschlossen ist,

Cxistirte überhaupt eine Geldstrafe nicht, so wäre dié erwünschte Gleichheit da, soll sie festgehalten werden, \o darf sie niht aus Gründen ausgeschlossen werden, die nur der Militair-Verfassung an- gehören. Jch werde, wie ih es bereits in der Abtheilung gethan habe, dem Antrage gemäß dafür stimmen, daß diese Ausnahme, für Belei=- digung in Üniform und Militgir-Personen gegenüber, aus dem Ge- seße ausfalle.

Es ist zuleßt noch eines Grundes Erwähnung geschehen, daß nämlich dadurch die Duelle mögliher Weise vermehrt, häufiger ge- macht werden. Jch glaube nicht, was von dem Herrn Militair= Kommissar bestritten worden is, daß alle Erkenntnisse wegen Ehren- strafen , alle Verurtheilungen eine Verminderung des Duells herbei führen werdenz wenn die Verhältnisse der Art sind, daß zum Zwei= kampfe geschritten wird, so wird ein Urtheil, es möge die Verurtheilung des Beleidigers zu Geldbuße oder Gefängnißstrafe führen, nicht die Folge haben, daß der Zweikampf unterbleibt. Jch glaube daher, daß dieser Gesichtspunkt nicht geeignet ist, um den Anträgen der Abthei- lung wirksam entgegengeseßt zu werden.

Abgeordn. von Brünneck: So weit ih den Vorschlag der Ab- | theilung verstehe, sind hier zwei verschiedene Fragen gestellt, die aus=

einandergehalten werden müssen. Jch glaube, daß die Abtheilung zunächst darauf angetragen hat, alle Geldbußen zu verwerfen, (Mehrere. Stimmen: Nein, Nein !) „jedoch soll der

sie hat es gethan, indem sie vors{chlägt, die Worte :

Richter in allen diesen Fällen u. s. w.““ zu streihen, Jch habe vor- ausgeseßt, daß darüber {hon ein Beschluß gewonnen sei, sonst hätten wir“ niht schon zu der leßten Frage übergehen können, wäre aber der Vorschlag von der hohen Versammlung genehmigt, daß die Geld- strafen überhaupt abgeschafft werden sollen, so fallen, wie ich glaube, auch die Bedenken fort, welhe der Königl, Herr Militair-Kommissar geäußert hat, denn sodann würde vollkommene Gleichheit in der Be- handlung eintreten und jederzeit der Bürger \o gut wie der Militair Freiheitsstrafe erleiden. Deshalb fann ih mich nur dem Antrage der Abtheilung anschließen.

Marschall: Jch will es dem Vorsißenden der Abtheilung und dem Referenten überlassen, den eigentlichen Sinn des Gutachtens der Abtheilung klarzustellen,, insofern sie es noch für nothwendig halten, Nur darauf will ih zurücckommen, daß in Bezug auf den leßten Saß des §. 196 noch kein Beschluß gefaßt worden is. Er war nahe be- vorstehend, er wurde aber vorhin ausdrücklih ausgeseßt und die Vor- lesung des Gutachtens fortgeseßt, weil gesagt worden war, daß auch in Beziehung auf den ersten Saß noch Erinnerungen vorkommen würden.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Jch glaube, daß der eigentlihe Sinn des Abtheilungs-Gutachtens wohl nicht schr zweifel= haft sein könne. Es handelt sich im §. 196 um drei verschiedene Säbe, die auch im Abtheilungs - Gutachten bestimmt genug ausein- andergehalten sind. Hinsichtlich des ersten Sabes war nur die Frage zur Sprache gebraht worden, ob ständische und Kommunal=Versamm- lungen zu denjenigen Personen gezählt werden follen, denen man die Fähigkeit, injurürt werden zu können, beilegen solle, und es ist diese Frage bereits durch Beschluß der hohen Versammlung entschieden, Der zweite Saß bestimmt, daß der Richter den Beleidiger in der Regel mit Freiheitsstrafe belegen soll, und er foll nur ausnahmsweise berechtigt sein, bei Beleidigungen, welche gegen niedere Beamte be- gangen werden, auf Geldbuße zu erfennen. Dieser zweite Saß hat zu einer weitläuftigen Diskussion in der Abtheilung Veranlassung ge- geben, und die Abtheilung hat aus Gründen, welche auch bereits von mir vorgetragen worden sind, einstimmig den Beschluß gefaßt, sowohl die Regel als die Ausnahme, welche in diesem Saße liegt, zum Weg- fall in Vorschlag zu bringen, Ueber diesen Antrag is jedo von der hohen Versammlung noch kein bestimmter Beschluß gefaßt, sie is viel- mehr bereits zu dem dritten Saß übergegangen, weil die Versamm- lung in der Diskussion zu dem dritten Sate drängte und nun es Sr. Durchlaucht angemessen erschien, die Diskussion bereits darüber zu eröffnen, ehe die Abstimmung über den zweiten Saß stattgefunden hatte, Dieser dritte Say bezieht sich ausschließlich auf die Ver- brechen zwischen Militair- und Civil-Personen im Falle der Beleidi- gung, und da ist von der Abtheilung mit großer Majorität angenom- men worden, auch den Wegfall dieses dritten Sabes in Vorschlag zu bringen, aus Gründen, welhe in dem Abtheilungs-Gutachten nieder-

gelegt und bereits von mir mündlih wiederholt worden sind,

Abgeordn, Graf von Schwerin: Was der Herr Referent ge- sagt hat, is allerdings ganz richtig, es kann über den Sinn des Ab- theilungs - Gutachtens wohl kaum ein Zweifel sein. Die Abtheilung ist der Meinung gewesen, daß die Ausnahme - Bestimmungen, die in diesem Paragraphen liegen, daß nämlich bei qualifizirten Jnjurien, wenn ih mi des Ausdruckes bedienen darf, bei Jnjurien gegen Be- amten u, st. w., nicht, wie der Geseh-Entwurf bestimmt hat, nur Freiheitsstrafe eintreten soll, sondern sie hat au bei Jujurien gegen

fonsequent noch weiter gegangen und hat gesagt: „Wenn man für qualifizirte Jnjurien die Geldstrafe nit ausschließen will, so kaun man sie au niht ausl ß b i Beleidi pen Se so fann sonen, und das cheint Jueßen bei Beleidigungen von Militair-Per nach der Erklä int ganz fonsequent zu sein, Wenn man nun aber rung, die der Herr Vertreter des Kriegs-Ministers ge- macht hat, zu der Ueb O T AA erzeugung kommt, daß es im Jnteresse unserer Militair - Verfassung liegt, Beleidi É oe p l eie unje auf díe Gleichheit i , Deleidigungen des Militairs, in Rücksicht l eiyer im Geseße, mit Freiheitsstrafe zu belegen, dann würde daraus folgen, daß wir nid Q On, R UES E, E nmcht den ersten Sab, so wie die Ab- theilung vorgeschlagen hat , streichen können , sonder F dann gehen, wenn wir den Grundsay E fon TE das würde nur lifizirten Jujurie gegen Beamte die Geldstrafe bei jeder qua- möchte, wie der Herr Marschall der Provinz Breages Posen sein hat, wir würden dann, meiner Meinung na, \o g Maa vas bemerft daß wir niht den Saß: „Jedoch soll der Richter E aR muüjjen, Fällen“ u. \. w., streihen, sondern den Saß stehen au diesen den leßten Saß streichen, wo von dieser Regel eine Ausnahm pes macht werden so!l in Bezug auf niedere Beamte. Jh muß I ge was meine ‘Person betri, so habe ih allerdings in der Abtheiluna für Streichung des leßten Satzes gestimmt, was aber der Herr Ver treter des Kriegs - Ministers angeführt hat über das Verhältniß unserer Militair - Verfassung, hat so viel Gewicht für mi, daß ih meinerseits jeßt lieber den leßten Saß im ersten Theile stehen lassen würde und damit im Allgemeinen das Prinzip anerkennen, daß qua- lifizirte Beleidigungen überhaupt nur mit Greiheitsstrafe belegt wer den fönnen, und dann weiter folgern, daß Beleidigung des Militairs in Uniform immer angesehen werde, als eine Beleidigung im Amte,

Regierungs - Kommissar Bischof: Von Seiten der Regierung is nichts dagegen zu erinnern, daß man aus dem ersten Alinea des §. 4196 die Modification wegen Ehrverleßung gegen niedere Beamte fortfallen läßt. Es ist diese Modification nur getroffen, weil man sih nicht verhehlt hat, daß bei dieser Kategorie von Beamten, die mit dem Publikum vorzugsweise in unmittelbare Berührung treten, Jnjurien nicht selten durch ein niht ganz angemessenes Benehmen provozirt werden und man Bedenken trug, in solchen Fällen unbe- dingt Freiheitsstrafe eintreten zu lassen. Jundessen muß zugegeben werden, daß der Begriff der niederen Beamten unbestimmt und schwan- fend i , und daß es zugleih gegen das allgemeine Prinzip verstößt, welches überhaupt die härtere Bestrafung der öffentlihen Jujurien begründet. Dieses allgemeine Prinzip macht es aber im Jnteresse der öffentlichen Ordnung und zur Aufrechthaltung des obrigkeitlichen Ansehens nothwendig, daß man die öffentlihe Jnjurie anders quali- fizirt, als die einfahe Privat-Jujurie, Bei einfachen Beleidigungen gegen Privat - Personen mag es sich rechtfertigen, Geldbuße zuzu- lassen, bei Beleidigungen öffentlicher Beamten aber dürfte dies nickt angemessen erscheinen. Es würde danah der Schluß des ersten Alinea lauten: „Jedoch soll der Richter in allen diesen Fällen den Beleidiger mit Freiheitsstrafe belegen. ““

Fürst Wilhelm Radziwill: Jch ließe mich sehr gern dem Vortrage des Herrn Vorsißenden der Abtheilung an und würde in diesem Vorschlage ein sehr zweckmäßigs Mittel finden, die Konslifte zu vermeiden, die nothwendig entstehen werden, wenn man das lebte Alinea streichen wollte. Eben so ließe ich mih dem an, was von Seiten des Herrn Kommissarius des Kriegs - Ministers wegen der Unzulässigkeit der Geldstrafen im Heere gesagt worden ist. Jh will in meiner Betrachtung der Nachtheile, die aus dem Wegfall des leß= ten Alinea entstehen würden, nicht eine oratio pro domo halten, sondern halte es gerade im Juteresse des Civilstandes für wünschens werth, daß es stehen bliebe, Jch glaube, es kann keine Verschieden heit der Meinung darüber sein, daß es wünschenswerth ist, in der Gesetzgebung Alles zu vermeiden, was Reibungen zwischen dem Mili- tair und Civil hervorrufen könnte. Dieses Interesse is nicht einsei- tig, sondern allseitig. Wenn die Rehts-Ungleichheit, welche durch Streichung dieses Paragraphen entstehen würde, bestände, so würden gefährlihe Anreizungen in vielen Fällen entstehen. Jch erkenne voll= kommen die Pflicht des Militair=Vorgescebßten an, durh strenge Hand- habung der Disziplin alle solhe bedauerlihen Konflikte möglichst nie= derzuhalten, aber bedenken Sie, meine- Herren, daß im Militairstand eine große Mehrzahl junger Männer, im leidenschaftlichsten Alter, mit den Waffen an der Seite, an gllen Verhältnissen des bürgerli= chen Lebens Theil nehmen, und wenn Sie das unparteiisch betrach- ten, so werden Sie nicht leugnen, daß auch bei der strengsten Dis= ziplin von oben, bei der gereizten Stimmung, die das Bewußtsein dieser Rechts - Ungleichheit hervorrufen würde, solche Konflikte sich mehren würden. Der Offizierstand steht in der Gesellschaft in Bezug auf Jnjuriensachen an si in einer zarten Stellung, die ihn in Be- zug auf die anderen Stände in Nahhtheil seßt. Er kaun dur einen Injurien-Konflift in den Fall kommen, seinen ganzen Lebensberuf auf geben zu müssen. Wenn ih auch anerkenne, daß darin für ihn die Verpflichtung liegt, durch ein gemessenes sittliches Benehmen alle Konflikte zu vermeiden, die zu solhen Extremitäten sühren können, so muß man doch die Möglichkeit zugeben, daß sie selbst ohne fein Ver=- schulden eintreten können. Vermeiden Sie also diese Rechts=Ungleich= heit. Vermeiden wir eine Rehts-Ungleichheit, die einen Grund mehr zu solchen bedauerlihen Konflikten geben fönnte. Jch stimme für Beibehaltung der Rechtsgleichheit in Bezug auf die Geldstrafe und chließe mi in der Form dem Vorschlage an, den der Vorsißende der Abtheilung eben gemacht hat. :

Marschall: Es ist zweckmäßig, daß wir uns für jeßt bis zur nächsten Abstimmung bei der Frage halten, ob der leßte Saß im ersicn Abschnitt des §. 196 die Fassung erhalten möge, welche von dem Grafen von Schwerin vorgeschlagen worden ist, und daß wir auf der Punkt, der im zweiten Alinea des Paragraphen berührt ist, nämlid die Beleidigung gegen Soldaten nicht im Dienste, erst später einge hen, wenn die Abstimmung über den Gegenstand stattgefunden hat, der uns jeßt beschäftigt.

Abgeordn, Zimmermann: Die Strafen für Jnjurien Org öffentlihe Beamte, Geistliche und Personen des Soldatenstan e E: im Amte sollen nah dem vorliegenden Entwurfe in zwiefah! Ee hung geschärft werden, 1) dadurch, daß die sonst ati T O um die Hälfte erhöht wird, und 2) dadurch, daß stets n°1 P V strafen eintreten sollen. Diese zweite Verschärfung is G (M e \chärfung des bis in die neuere, freilih nicht neueste Zei! n A Rechts. Das allgemeine Landrecht kennt diese Schärfung A lh bis in die neuere Zeit is anerkannt worden, M f , U strafen ausreichend sind für Jusurien gegen Vat A mi U im Dienst waren, sondern unter Umständen au gegen jolhe Mili-

; N ; Es ist von keiner Seite be= tairpersonen, die im Dienste waren. F, S i j h; ‘e neuere Zeit bestandene geseßlihe Ver- hauptet worden, daß dieses bis auf die L rütand berbalaelkerbi hältniß irgend einen Nachtheil für unseren riegerstand her eigeführt hätte, Nur das aber würde für mich einen wesentlichen Grund abgeben, für die Verschärfung der Püheren Grundsäße zu stimmen, wenn nach der Erfahrung eine solche Gefahr sih herausgestellt hätte, Davon aber vat ih auch aus den Gründen, die gegen meine Ansicht angeführt sind, keine Üeberzeugung \{öpfen fönnen. Es fragt sich, erfordert unser Kriegerstand den Schuß einer ganz besonderen Achtung? Wird diese Frage so allgemein gestellt, als solle damit eine bestimmte Verschiedenheit der Stände in unserem Staate bezeichnet werden, so muß man sie unbedingt verneinen, Auf der anderen Seite aber sind die eigenthümlichen Verhältnisse des Kriegerstandes allerdings von

öffentliche Beamte Geldstrafe zulassen wollen, und aus diesem Grunde hat sie den leßten Saß des ersten Alinea gestrichen, Sie ist aber

der Art, daß die Ehrenhasftigkeit desselben besonders bewahrt bleiben möge, und díe dahin gerichtete Frage, ob der vorliegende Entwurf diese besonderen Verhältnisse hinreichend shüßt, beantworte ich mit ja, da die gewöhnliche Strafe der Jnjurien um die Hälfte verschärft werden kann, Nach dem vorliegenden Entwurf tritt nämlich für eine gewöhnliche mündliche Jujurie , gegen Militair - Personen im Dienste möglicher- weise eine Strafe bis zu 14 Jahren Festungshaft, für eine thät- liche Beleidigung bis 45 Jahr Strafarbeit ein. Jh frage, ob in dieser Strafbestimmung der niht wünschenswertheste und ausreichendste Schuß des Kriegerstandes ausgesprochen wird? Jh muß diese Frage unbedingt bejahen. Es is nun entgegnet worden, daß die eigenthüm- lichen Strafbestimmungen des Kriegerstandes es als nothwendige Rechtsgleichheit erfordern, daß der Beleidiger stets mit Freiheitsstrafe belegt werde, da beim Militair keine Geldstrafen, sondern stets Frei- heitsstrafen eintreten. Diesen Grund kann ih aber nicht als richtig anerkennen, denn wenn nach demallgemeinen Strafrecht ein Vergehen mit Geldstrafe hinlänglih gebüßt wird, so entspringt daraus nimmermehr ein Schärfungsgrund , daß eigenthümliche Berufsverhältnisse eigene Strafen erfordern. Ja der Entwurf selbst hält diesen Grundsaß nicht für rihtig. Eine Militair-Person, die weder im Dienst, noch in Uniform is, wird für Jnjurien mit persönlicher Haft bestraft, eine Civil-Person, die in solchem Falle eine Jnjurie verübt, kann mit Geld- buße belegt werden. Jch muß auf diese Jukonsequenz aufmerksam machen (Der Redner wurde unterbrochen. )

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Das ist gehoben durch den neuen Vorschlag des Gouvernements, wonach auch bei ei- ner Militair-Person, wenn sie niht im Dienst und Uniform ist, die- selbe Strafe eintreten soll.

Fürst Wilhelm Radziwill: Der Abgeordnete is im Jrrthum. Wenn eine Militair-Person im Dienst ist, soll vershärfte Strafe ein- treten, wenn sie aber nicht im Dienst is, soll völlig gleihe Strafe eintreten.

Abgeordn, Zimmermann: Jch kann dem nicht beistimmen. Nach dem Militair-Strafgeseß trifft den Militair stets Freiheitsstrafe; es ist gerade darauf sehr viel Gewicht gelegt worden, weil den Militair stets Gefängnißstrafe treffe, müsse die Civil-Personen auch stets Frei- heitsstrafe treffen. Diese Konsequenz is aber für den von mir ange- regten Fall nicht festgehalten worden.

(Der Redner wurde unterbrochen.)

Fürst Wilhelm Radziwill : Es is im zweiten Alinea die Strafe für Civil und Militair ganz gleich.

Abgeordn, Zimmermann: Man führt ferner als besonderen Grund einer Strafschärfung bei Beleidigung unseres Kriegerstandes an, daß er stets sein Leben für das Vaterland eins-ßen müsse. Jch er- wiedere aber, Jeder von uns hat die Verpflichtung, sein Leben für das Vaterland einzuseßenz auch giebt es noch Andere, die ihr Leben in jedem Augenblicke einseßen müssen. Jch erinnere nur an den Stand des gewissenhaften Arztes, Wenn nun einmal eine Geldstrafe an und für sih als eine hinlänglihe Buße in Jnjuriensachen in solchen Fällen betrachtet werden kann und vom Gesebgeber angenommen is, wo die Junjurien von besonderen mildernden Umständen begleitet sind, \o ist es vollfommen denkbar, daß auch bei dem Militairstande solhe Ver- hältnisse eintreten können. J denn der Militairstand von mensh- lichen Schwächen und Unvollkommenheiten frei? Können daher nicht mildernde Umstände aller Art eintreten? Ich erlaube mir nur ein Beispiel anzuführen, Nehmen Sie an, meine Herren, daß Soldaten am Sonntag ihrem Vergnügen nachgegangen sind. Sie kommen in aufgeregter Stimmung aus dem Wirthshaus, wo sie eben getanzt, gespielt, Spirituosa genossen haben, Sie sind auf der Straße leb- haft, stoßen einen Vorübergehenden vielleicht heftig an, der Gestoßene spricht ein Wort des Unwillens in der augenblicklihen Aufwallung aus. Jst das eine so schwere Jujurie? Js sie niht unter sehr zu entshuldigenden Umständen begangen? Würde nicht eine Härte ein- E unter allen solhen Umständen Gefängniß erkannt wer- den jou.

Endlich aber geht meine Ansicht dahin, daß unser Militairstand eine größere Ehrenhaftigkeit durch die Strenge der Strafen, die auf Beleidigungen gegen ihn geseht sind, nie und nimmermehr gewinnen wird, sondern durch die Stellung, die er in der Gesellschaft einzu- nehmen bestrebt is. Jh stimme daher für den Wegfall der be- treffenden Geseßvorschläge. : :

Justiz-Minister Uhden: Jch erlaube mir in Bezug auf die be- stehende Geseßgebung Folgendes zu bemerken. Nach dem Allgemei- nen Landrecht traten Geldbußen wegen Jnjurien nur in wenigen Fällen ein. Außerdem wird in den §§. 207 209 im 20ften Titel bestimmt, daß bei Beleidigung der Beamten in und bei Ausübung ihres Amtes die deshalb verwirkte Gefängniß--, Zuchthaus = oder Festungsstrafe in Rücksicht darauf , daß zugleich die Ehrfurcht gegen den Staat verleßt worden, vershärft werden solle, und zwar bei hü= heren Beamten um das Doppelte, bei den anderen resp, um die Hälfte und um ein Drittel, Hiernah nahmen die Gerichte an, daß bei den Beleidigungen gegen Beamte nie auf Geldbußen zu erken- nen wäre, da nur von Freiheitsstrafen die Rede war und wandten diese Bestimmung auch auf Beleidigungen gegen Soldaten an, weil sie nah dem Landrechte als militairishe Staatsdiener den Beamten zu subsumiren waren, Die Cirkular - Verordnung vom Jahre 1798 ermäßigte zum Theil die Strafen der Jnjurien bedeutend und ließ auch da, wo früher nur auf Freiheitsstrafe erkannt werden durfte, Geldbuße eintreten. Dies veranlaßte die Gerichte, nun auch auf Geldbußen bei Beleidigungen der Militair - Personen zu erkennen. Dies wurde gerügt und auf Allerhöchsten Spezial-Befehl unter dem 19, Mai 1799 ein Cirkular-Reffkript erlassen, welches in die Edikten= Sammlung von Mylius aufgenommen und dadurh Gesebeskraft er- hielt. Jn demselben war der Grundsaß ausgesprochen, daß Geld- strafe dem beleidigten Militair keine hinlängliche Genugthuung ge- währe. Da jedoch andererseits der Grund angeführt war, daß jeder Offizier wegen Beleidigung zur Freiheitsstrase verurtheilt werden mise, entsiano der O Vei den Gerte 09 niht bei Beleidigungen gegen Unteroffiziere und Gemeine auf Geldbuße erkannt werden könne. Cin Erkenntniß, das wegen einer solhen Beleidigung auf Geldbuße erkannt hatte, veranlaßte eine Allerhöchste Ordre vom 9, November 1801; ebenfalls in die Mylius\he Sammlung aufgenommen, wonach Se. Majestät dies rügten und dabei äußerten, daß eine Geldbuße kein hinlängliher Er- sab für die einer im Dienst begriffenen Militair - Person zugefügte Injurie sein könne. Die Gerichte sind nun verschiedener Meinung gewesen, ob bei Beleidigungen gegen Unteroffiziere und Gemeine auf Geldbuße erkannt werden fönne, wenn sie ihnen nicht im Dienste zugefügt worden, niht aber bei Beleidigungen gegen Offiziere. Die Praxis hat geshwankt, doch kann ih versichern, daß meines Wissens die meisten Gerichte auf Freiheitsstrafe erkannt haben, selbst wenn sich das Militair niht im Dienste befand. Erst im Jahre 1836 warde durch ein Erkenntniß des Ober- Appellations - Senats ein Er- kenntniß erster Jnstanz des Kriminal -Senats des Kammergerichts in der Art geändert, daß- statt der erkannten Freiheitsstrafe auf Geld- buße erkannt wurde. Jn Folge dessen fand später eine legislative 1 ang statt, worauf des Königs Majestät durch eine Ordre vom dan M: 1844 zu bestimmen geruhten, daß. bei Beleidigungen zwi-

ilitair- und Civil - Personen gegen den Beleidiger niemals

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auf Geldbuße, vielmehr ohne Unterschied des Ranges und Standes jederzeit auf Freiheitsstrafe erfannt werden solle,

Abgeordn. Freiherr von Gaffron: Jh würde auf das Wort verzichten, um welches ih bereits bei dem Anfange der begonnenen Diskussion über diesen Gegenstand gebeten hatte, weil ih den Vor- shlag, den der Herr Borsißende der Abtheilung gemacht, hat und dem das Gouvernement entgegen gekommen is, als ein willklommenes Ausgleichungsmittel ansehe, um den Gegenstand zu erledigen bei- läufig gesagt, habe ih mich bei der Abtheilung in der Minorität be- funden, indem ich von der Ansicht durchdrungen war, daß bei Be- leidigungen gegen Militairpersonen in Uniform von keiner Geldbuße die Rede sein könne ich würde, sage ih, auf das Wort verzih- ten, wenn ich niht Veranlassung gefunden hätte, Einiges auf die Rede des geehrten Mitgliedes aus Spandau zu erwiedern. Es is feinesweges meine Absicht, den Soldaten höher als den Bürger zu stellen, es is das Prinzip der Gerechtigkeit, welhes mich für den Paragraphen sprechen läßt. Jch habe bereits bei einer anderen Ge- legenheit meine Ansicht über das Verhältniß zwishen dem Soldaten und dem Bürger zu entwickeln gesucht, ih erlaube mir darauf zurück- zukommen. Der Soldat geht aus dem Volke hervor, er steht nicht mehr außerhalb desselben, sondern is innig mit ihm verwachsen, der Soldatenstand bleibt aber eine Einheit, eine Genossenschaft, die, wenn sie nicht von dem Geiste der Einheit, von einem lebendigen Prinzipe beseelt wird, in eine leere, knöcherne Form, in einen todten Mecha- nismus zusammenfällt. Dieser Geist der Genossenschaft, der in dem preußischen Heere vorwaltet, gewährt ihm im Julande und Auslande die hohe Geltung, die er mit Recht einnimmt, und wodur auch unser allgemeines Volksbewußtsein erhöht wird, Daß ge- rade im preußishen Heere sowohl der Offizier als der gemeine Soldat von diesem Geiste durchdrungen sind, giebt ihnen die ehrenwerthe Stellung, die sie einnehmen. Der Soldat hat außer seiner persönlichen Ehre noch die Ehre des Standes, dem er ange- hört, zu wahren. Die Uniform is das Zeichen, daß er diesem Stande angehört; er hat also die Verpflichtung, \sih so zu betragen, daß er die Uniform und den Stand zu aller Zeit ehre. Vermöge der stren- gen Disziplin, der der Soldat unterworfen is, vermöge der Rücksicht, welhe er der Uniform und dem Stande schuldig is, tritt er weit weniger als Verleßender auf, ih glaube vielmehr, die Sache steht umgekehrt, er hat sich weit mehr in Acht zu nehmen, daß er nicht beleidigt wird, er ist weit öfter der Beleidigte, als der Beleidiger. Aus diesem Grunde bedarf der Soldat eins besonderen Schußes, und diesen sehe ih darin, daß eine Beleidigung gegen einen Solda- ten in Uniform nicht mit Geld abgebüßt werden fann, Jch will niht in Abrede stellen, daß mi einige Vorliebe für einen Stand be- seelt, dem ih früher selbst angehört habe, und an dem sich für mich die theuersten Erinnerungen knüpfen, aber ih glaube, daß ih auch ohne diese Vorliebe so gestimmt haben würde. Dagegen kann ich mich nicht der Ansicht anschließen, die hier im Gutachten ausgespro= len is}, daß bei Beleidigungen gegen Soldaten, die nicht in Uniform sind, sobald dem Beleidiger das Verhältniß bekannt war, ebenfalls keine Geldbuße stattfinden könne.

Marschall : Diesen leßten Punkt haben wir vor der Hand aus=- seßen wollen.

Korreferent Abgeordn. Kaumann: Meine Herren! Jh glaube, daß für die Frage, die uns gegenwärtig beschäftigt, eine Menge Gesichtspunkte hineingekommen sind, die eigentlih nicht hinein gehören. Es handelt sich bei dieser Frage niht darum, ob der Militairstand ein besonders zu ehrender sei, ob wir ihn in seiner Ehrenhastigkeit über den Civilstand- stellen; das sind Fragen, die hier gar nicht in Berücksihtigung kommen. (Es is, indem die Versammlung es ge- billigt hat (zu meinem- großen Bedauern), daß Geldstrafen passi- ren können, angenómnen, daß eine Jusurie so geringfügig sein könne, um sie mit Geld büßen zu lassen. Jsst das der Fall, dann muß auch das Prinzip konsequent durchgeführt werden, und es kann nicht Rüd- sicht P genommen werden, ob der Verleßte eine Militairperson ist oder niht. Jh kann nicht annehmen und nicht zugeben, daß hier Gründe der Reziprozität sprechen. Nicht um die Militairpersonen schärfer zu strafen, sind bei ihnen nur Freiheitsstrafen zulässig, son- dern aus einem ganz anderen Grunde: weil das ganze militairische Verhältniß es nicht erlaubt, mit Geldstrafen einzuschreiten, weil, um mich so auszudrücken, bei dem Soldaten das Verbrechen zu gleiher Zeit immer ein Disziplinar-Vergehen is und die Disziplinar-Vergehen, so fasse ih es auf, nie anders bei dem Militair geahndet werden fön- nen, als durch Arreststrafe. Die Folge davon i} aber, daß die Arreststrafe keinen so \{chlweren Charakter hat, als im Civil, und das liegt im militairischen Verhältniß, Ein Tag Arrest i} nicht gleih einer 24stündigen Gefängnißstrafe, es i} die leßtere für Civilpersonen eine bedeutend {werere Strafe. Also komme ich dar= auf zurück, daß ih sage, es verlange nicht die Reziprozität , daß, wenn das Militair mit Arreststrafe belegt wird, auch die Civilisten im umgekehrten Falle durhaus auch mit Freiheitsstrafe belegt werden missen. Verlangt dies die Reziprozität mt, so is in meinen Au- gen auch kein anderer Grund vorhanden, warum die Civilisten in sol= chen Fällen nothwendig mit Freiheitsstrafen belegt werden müssen. Es ift angeführt worden, der Militairstand werde sich gekränkt füh- len, wenn auf der einen Seite das Militair mit Arrest, auf der an- deren Seite die Civilisten mit Geldbuße bestraft würden, und ich kann nicht leugnen, es is fatal, Geldbußen und Freiheitsstrafen gleihzu- stellen; aber es is dies doch einmal zugelassen worden, und da muß man auch konsequent annehmen, daß die Geldstrafe denselben \{chwe- ren Charakter hat, wie eine furze Freiheitsstrafe, Es is ferner er= wähnt worden, es würde gegen die Gleichheit verstoßen, und das werde einen üblen Eindruck mahen. Gegen die Gleichheit wird aber immer verstoßen werden, wenn Militairpersonen mit Civilpersonen in Konflikt kemmen. Es wird diese Ungleichheit besonders da hervor=- treten, wenn Militairpersonen und Civilisten zugleih die Beleidiger sind und der Beleidigte derselben Civilperson i; in diesem Falle wird der Militair nothwendig mit Arrest bestraft- werden müssen, während für ganz dieselbe Verschuldung der Civilist möglicherweise mit einer Geldbuße davonkommen kann, Also trifft für ganz dasselbe Verge=- hen das Militair Arreststrafe, die Civilisten Geldbuße. Jch kann also alle die Gründe, die hier erwähnt worden sind, "nicht für durch- greifend erachten, um eine Aenderung im. Strafsystem eintreten zu lassen, und ih muß dabei beharren, daß, nah dem Vorschlage der Minorität der Abtheilung, der leßte Saß im ersten Alinea wegge- lassen werde. E

Abgeordn. Camphausen: Nachdem die Regierung darauf ver=- zichtet hat, im zweiten Theile des ersten Absaßes eine Kategorie von niederen Beamten zu bilden, so kann ih das zurückhalten, was gegen diese Absicht zu sagen gewesen wäre; allein auch wenn nur den ersten Theil des leßten Saßes stehen zu lassen vorgeschlagen is, so glaube ih, daß es gerade im Juteresse des Beamtenstandes liege, auch die- sen Theil zu streichen. Jn der gegenwärtigen Zeit it es für den Beamtenstand wünschenswerth, im Geseße keine Schranke zwischen sich und dem Bürgerstande aufgestellt zu sehen. Dadurh würde nicht ausgeschlossen sein, daß solhe Vergehen, wenn sie gegen Beamte und auch wenn sie gegen Militair-Perfonen verübt werden, in einer s{här- feren Weise geahndet werden , als wenn sie zwischen Civil - Personen stattfinden, Und dazu bieten die §§. 190 195 vollkommene Gele- genheit dar, indem fe dem Richter einen weiten Spielraum für Zu-

In der Konsequenz der bisher von der hohen Versammlung gefaßten Beschlüsse liegt es, diese Schärfung

messung der Strafe lassen.

dem Richter zu überlassen. Er findet in dem Spielraume das Mit= tel, den Zweck zu erreichen, den der Entwurf dur eine besondere Bestimmung zu erreichen vorschlägt. Wenn dem Richter in anderen Fällen ein so großes Vertrauen eingeräumt wird und werden kann, so muß man auch annehmen, daß er eine Beleidigung, wenn sie den besonderen Charakter der Schwere trägt, s{hwerer ahnden werde. Es ihm zu überlassen, is auch noch deshalb zu befürworten, weil die vorgeschlagene Shärfung im Wesentlichen nihts Anderes ist, als eine Ausdehnung des dem Richter gestellten Spielraums, und zwar des- halb, weil zwar bei der Schärfung dem Richter ein höheres Maximum ge- stattet, nicht aber ein höheres Minimum vorgeschrieben is. Auch im Falle der Schärfung is kein Minimum vorgeschlagen; es tritt also eine noth=- wendige Schärfung nicht ein, sie würde nur dann nothwendig eintre- ten, wenn nicht nur das Maximum erhöht, sondern auch ein höheres Minimum für den zweiten Fall festgeseßt würde, als für den ersten Fall. Die Gründe, welche dafür angeführt worden sind, daß hin=- sihtlih der Militairpersonen eine vershiedene Strafweise erforderlich sei, berühren hauptsächlih den Fall, wenn Militairpersonen Ehrenver- leßungen gegen Bürgerliche begehen, weniger den Fall, wenn Bür= gerlihe Ehrenverleßungen gegen Militairpersonen begehen. Hierzu hat der Herr Korreferent sehr klar vorgetragen , daß der Vorschlag der Regierung nicht die Beseitigung einer Ungleichheit vor dem Ge- seße, sondern offenbar die Herbeiführung einer Ungleichheit vor dem Gesetze bewirke. Er hat dargethan, da die besondere Strafart, die für den Militairstaud eingeführt is, aus dem besonderen Jnteresse des Militairstandes hervorgeht. Es wird anerkannt , daß die Freiheits- strafe für den Militairstand zweckmäßiger sei; und wenn nun umge= fehrt anerkannt is, daß für die Bürger die Strafarten, wie der Entwurf sie vorschlägt, die zweckmäßigeren seien, so liegt zu Tage, daß eine Ungleichheit entsteht, wenn eine für den Bürgerstand als HocEutiia erahtete Strafart deshalb geändert wird, weil für den Militairstand eine andere Strafe besser und, ih darf sagen, milder gefunden wird. Jh erinnere noch daran, daß niht vorgeschrieben i, es solle Geldbuße eintreten und die Frei= heitsstrafe ausgeschlossen sein; die eine oder die andere zu erkennen, steht in allen Fällen dem Richter frei. Es heißt im §. 193: „ist mit Geldbuße bis zu dreihundert Thalern oder mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu sechs Monaten zu bestrafen.“ Es heißt ferner g. 190: „Die Verleumdung is mit Gefängniß oder Heme bis zu einem Jahre zu bestrafen.“ Keinesweges war also die Meinung, daß, wenn der Richter die Strafe ausgesprochen hat, dem Verurtheilten freistehe, zwischen Geldbuße und Freiheitsstrafe zu wählen, sondern der Richter ermißt, ob er eine Freiheitsstrafe oder eine Geldbuße eintreten lassen will. Und in dieser Beziehung er= wähne ih noch, daß man sich davor hüten muß, eine solche eld- buße als das Abkaufen, dem Verleßten gegenüber, sich vorzustellen ; das ist hier gar nicht der Fall, sondern die Geldbuße ist die Strafe, die das Gesel ausspricht für das begangene Vergehen, und sie steht nicht in Beziehung zu demjenigen, den die Verleßung getroffen hat. Jch werde in beiden Fällen für die Vorschläge der Abtheilung stimmen. : A : j E

Regierungs-Kommissar von Revher: Jch wollte mir nur in Bezug auf das, was der geehrte Redner gesagt hat, die Bemerkung erlauben, daß die Arreststrafe für die Armee nicht gerade als zweck= mäßiger angesehen werden kann, die Geldstrafe is vielmehr nur nicht ausführbar, und selbs, wenn man sie einführte, würde sie fast rein illuforisch werden. Wollte man z. B. die Unteroffiziere und Gemeinen zu Geldbußen verurtheilen, so würde man diese Strafen unausgeseßt in Arreststrafen-- verwandeln müssen. Was die Bemerkung betrifft, daß dem Civilrichter es in solchen Fällen anheimgestellt bleiben müsse, nah seinem Ermessen zu erkennen, ob also nicht nothwendig sei, eine Geldbuße in Anwendung zu bringen, so glaube ih hier meine Ueber- zeugung aussprehen zu müssen, daß bei der allgemein zunehmenden Neigung, alle Sachen aus einem humanen und milden Gesichtspunkte zu betraten, sich sehr bald eine Praxis, besonders den Gemeinen und Unteroffizieren gegenüber, dahin bilden würde, immer nur auf Geldbußen gegen Civilpersonen zu erkennen, und so würden die Klassen der Militairpersonen, vom Feldwebel und Wachtmeister abwärts, ge= wissermaßen der Willkür preisgegeben sein. Was kommt es dem wohlhabenden und bemittelten Bürger darauf an, 10—15 Rthlr. Strafe zu zahlen, während der Soldat in einem solhen Falle immer mit Arreststrafe belegt werden muß. Dies is}, wie {hon gesagt, eine Ungleichheit vor dem Geseh, welche vermieden werden muß. Hierbei sühre ich aber noch an, daß es auf die Armee gewiß einen höchst ungünstigen und betrübenden Eindruck machen würde, wenn die ge- ehrte Versammlung den Vorschlag der verehrlichen Abtheilung anneh= men und für die Weglassung des zweiten Alinea des §, 196 stimmen wollte.

Abgeordn. Zimmermann: Was den legislativen Standpunkt anlangt und besonders die Auslegung der Kabinets-Ordre vom 23sten April 1799 , \o is in den Akten des Justiz - Ministeriums M. 141, Vol. 2 das Reskript vom 6. Januar 1837 enthalten, worin aus= drücklih anerkannt wird, daß nach dieser Kabinets-Ordre Geldstrafen bei Jnjurien gegen Militairpersonen statthaft seien. Es i} ferner bemerkt worden, daß es bald dahin kommen werde, daß in der Pra= ris die Jnjurien gegen niedere Militairpersonen immer nur mit Geld= bußen würden belegt werden, daß also Ungerechtigkeit und Rechts- Ungleichheit entstehen werde; das is aber eine Präsumtion, welche unseren Richterstand darin verleßt, daß er seine Pflicht nicht erfülle. Gegen eine solhe Ansicht muß ih aber entschieden protestiren. Jh muß im Gegentheil darauf aufmerksam machen, daß nach der Erfah-= rung gerade nur in sehr seltenen Fällen solcher Art auf Geldbußen erkannt worden is, daß daher in Zukunft eine solhe Praxis in kei- ner Weise zu befürchten is. Jch stimme daher ganz für die Anträge der Abtheilung. i; f

Justiz = Minister Uhden: Jh muß es doch in Zweifel stellen, daß bei ten Gerichten die Praxis gewesen sei, nur auf Geldstrafen zu erkennen. Jch stehe über 26 Jahre im Justizdienste, habe bei ver= schiedenen Richter - Kollegien gearbeitet und fann versichern, daß nur ausnahmsweise auf Geldbuße erkannt ist, Auch hatte meines Erin= nerns der Ober - Appellations - Senat alle Erkenntnisse des Kriminal Senats, die auf Freiheits-Beraubung lauteten, bis zum Jahre 1836 bestätigt. Von da an hat si allerdings die Praxis geändert. Spä= ter hat eine legislative Berathung stattgefunden, es sind dabei alle diese Gründe zur Erwägung gekommen, und_in Folge dessen hat Se, Majestät der König die angeregte Kabinets-Ordre erlassen. :

Abgeordn, Zimmermann : Jch bitte. um das Wort zu einer persönlichen Bemerkung. : i F

Marschall: Der Abgeordnete Zimmermann wird mir zugeben, daß zu einer persönlichen Bemerkung gar keine ‘Veranlassung vorhan= den ‘Tégeorda, Zimmermann: Das E mir wohl zu beurtheilen überlassen werden, jedenfalls müßte ih erst gehört sein,

Marschall: Nicht allein der Abgeordnete Zimmermann, sondern auch ich und ebenso jedes Mitglied der Versammlung is im Stande, zu beurtheilen, ob Aeußerungen Gründe zu einer wirklih persönlichen Bemerkung enthaltcn, wegen welcher die Ordnung der Redner zu unterbrechen wäre, Jh werde den Abgeordneten Zimmermann in