1848 / 53 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Provinzen bestehenden Beweisvorschriften durch ihn eine Privatbuße eingeführt werde, wo der Nachweis eines erlittenen Schadens ent- weder sehr {wer oder gar niht zu führen. j

Die Abtheilung war jedoch der Ansicht, daß dieser Umstand, die Einführung einer neben der mit der öffentlihen Klage zu erkennen- den Privatbuße, da, wo sie bis jeßt nicht existirt, niht gerechtfertigt M fönne und hat mit 13 gegen 2 Stimmen den Beschluß ge- aßt: 3

a F. 209 zum Wegfall zu empfehlen, wonach der §, XRX des Einführungs-Geseßes auch fortfallen müsse. ““

Das Lebtere versteht sich von selbst, indem §. 209 mit dem rheinischen Gerihtsverfahren in Widerspruch steht und, um diesen Widerspruch zu lösen, im §. XX des Einführungs-Geseßes eine Be- stimmung enthalten i}, die unnütz wird, wenn der §. 209 wegfällt.

Justiz-Minister von Savigny: Jch erlaube mir nur zur Er= läuterung zu bemerken , daß der hier vorgeschlagene Paragraph gar niht als ein neuer Gedanke, als eine neue Erfindung zu betrachten sein kann, es is im Wesentlichen nihts Anderes, als die seit vielen Jahrhunderten in allen Ländern des gemeinen deutschen Rechts bei= behaltene actio aestimatoria, die ans dem römischen Rechte herrührt. In diesem is bekanntlih die Strafe mit der Entschädigung, und zwar mit der nicht dur spezielle Liquidation zu begründenden Ent-= schädigung, auf eine nicht zu unterscheidende Weise vermisht. Das ist der Gedanke, der hier zum Grunde liegt.

Marschall: Wir können abstimmen. Es würden diejenigen, die dem Antrage der Abtheilung auf Wegfall des Paragraphen beistim- men, dies durh Aufstehen zu erkennen geben.

(Der Antrag wird mit großer Majorität angenommen.)

Korreferent Abgeordn. Naumann: Es würde jeßt die Stelle sein, um nochmals auf §. 108 zurückzukommen, in welhem die Be- stimmung in Betreff des Strafmaßes ausgeseßt worden is bis nah Erledigung der Materie, die eben behandelt worden is. Es betrifft F. 108 diejenigen Ehrenfränkungen, welche auswärtigen Regenten oder deren Gemahlinnen zugefügt werden. Jch muß daran erinnern, daß die hohe Versammlung den §. 108 im Uebrigen bereits ange- nommen hat, wonach also auch stehen bleibt, daß die auswärtigen Regenten oder deren Gemahlinnen solcher Staaten, welche mit dem preußischen Staate überhaupt in anerkanntem völkerrehtlihen Ver- kehre stehen, eines besonderen Schußes genießen sollen. Es war da- mals die Bestimmung des Strafmaßes ausgéseßt worden, weil man noch niht darüber Bestimmung getroffen hatte, wie die einfahe Jn- jurie bestraft werden solle. Es is die Strafe nah §. 193 bei ein- fachen Jnjurien Gefängniß bis zu 6 Monaten, nah §. 195 hei Ehrenkränkungen durch Thätlichkeiten Gefängniß nicht unter 8 Tagen und Strafarbeit bis zu 3 Jahren, Der §. 108 s{hlägt vor, bei der thätlichen Jnjurie Gefängniß nicht unter 6 Monaten oder Strafarbeit bis zu 5 Jahren eintreten zu lassen, bei der einfahen Jujurie Ge- sängniß nicht unter 2 Monaten oder Strafarbeit bis zu 2 Jahren. Es wird sich fragen , ob das Minimum, welches bei gewöhnlichen

Injuxien eintritt, beibehalten werden könne, oder ob man auf ein höheres Minimum antragen müsse. Meiner Meinung nach wird das

Minimum, welches bei gewöhnlichen Jnjurien festgesett worden ist, auch hier beizubehalten sein, und zwar aus dem Gilde weil die hohe Versammlung der Ansicht gewesen war, man müsse allen Staa- ten gegenüber, welche im völkerrechtlihen Verkehre mit dem preußi= hen Staate stehen, in der Weise, wie hier geschehen soll, \{üßen. Js das der Fall, so muß man doch zugeben, daß Staaten darunter begriffen werden können, die in einem sehr entfernten Verhältnisse zum preußishen Staate stehen, daß bei Handlungen, wovon dieser Paragraph handelt, Regenten solher Staaten gegenüber die Rede sein fann, bei welhen in der That preußishe Unterthanen auf dieses besondere Verhältniß eín großes Gewicht niht legen können; es würden die allerunbedeutendsten Staaten in den allerentferntesten Ge- genden zu gleiher Zeit unter den Schuß dieses Paragraphen fallen. Daher geht mein erster Autrag dahin, daß es bei dem Minimum der Strafe zu belassen sei, welhe für Jnjurien überhaupt vorgeschrieben worden ist. Was nun das Maximum der Strafe anbetrifft, da wird man aber zu dem entgegengeseßten Resultate kommen müssen, denn es werden unter §. 108 auch Staaten fallen, die mit dem preußischen Staate in der allerengsten Verbindung stehen, und welhe daher für ihre Regenten und deren Gemahlinnen eine Rücksicht in Anspruch nehmen, die eine bedeutend höhere Strafe rechtfertigt, als für die blos einfachen Privat-Jujurien festgeseßt werden kann. Bei der ge- wöhnlichen Jujurie i}, wie ih bereits gesagt habe, das Strafmaß im Maximum 6 Monate Gefängniß, bei Thätlichkeiten 3 Jahre Straf- arbeit. Jch bin nun der Meinung, daß bei nicht thätlichen Jnjurien das Strafsmaß in den hier in Rede stehenden Fällen auf das Maxi= mum von 2 Jahren wird festgeseßt werden können, und daß bei thätlichen Jnjurien, wo unter Privatyersonen bis zu 3 Jahren Straf- arbeit gegangen werden kann, hier ein Marimum von 4 Jahren an- zunehmen sein möchte, Das sind die Vorschläge, die ih zu machen habe, In Beziehung auf diesen leßteren Vorschlag bemerke ih, daß bei Verleßungen unter Privatpersonen auch Strafarbeit zugelassen worden ift, E:

Marschall:

ars Es fragt sich, oh Bemerkungen gegen die gemach=- ten Vorschläge zu erheben sind. |

_ Abgeordn, Frhr. von Gudenau: Dieser Vorschlag scheint mir mit dem §. 108 des Entwurfs übereinzustimmen, mit dem einzi- gen Unterschiede, daß in dem Falle der thätlihen Beleidigung der Herr Korreferent vorgeschlagen hat, anstatt des Maximums von 5 Jah- ren auf ein Maximum von 4 Jahren herabzugehen, x

Korrefereut Abgeordn, Naumann: Jch bitte um Verzeihung z was das Strafmaximum betrifft, so verhält es sich allerdings so wie es das geehrte Mitglied angeführt hat, was aber das Mini betrifft, so schlage ih vor, die Bestimmung zur Anwendung bringen zu lassen, welche bei Jnjurien unter Privatpersonen angenommen is

Abgeordn. Frhr. von Gudenau: Jh glaube, daß auch A höheres Minimum für diese Fälle angenommen werden muß, ich möchte daher den Vorschlag machen, jedenfalls den Entwnrf anzu-= nehmen.

Justiz-Minister Uhden: Wegen des Minimums möchte ih mir zu bemerfen erlauben, daß von der hohen Versammlung bei die- sem Paragraphen früher beschlossen worden is, immer eine härtere Strafe eintreten zu lassen, als bei den gewößhulihen Jnjurien, Es cheint mir daher angemessener zu sein, das Minimum nah dem Vor-= \chlage auf zwei Monate festzuseßen, um vorzubeugen, daß nicht eine zu geringe Strafe eintreten könne, besonders da Fälle der Art in der Regel einen schr erschwerenden Charakter an sich tragen werden.

Abgeordn. von Weiher: Wenn ein so geringer Unterschied ist zwischen dem, was der Herr Korreferent vorshchlägt, und dem Vor-= \hlage, den wir von dem Gouvernement erhalten haben, dann kann ih doch den Grund nicht einsehen, warum von dem Entwurfe abge- gangen werden soll. Es müßten doch Motive dafür angeführt wer=- den fönnen,

Abgeordn, von Auerswald: Wenn ih recht verstanden habe, so hat der Herr Justiz-Minister mit dem Vorschlage des Herrn Kor- referenten insoweit sich einverstanden erklärt , daß das Minimum auf zwei Monate festgeseßt werde.

Justiz - Minister Uhden: Aus dem Grunde, weil bei §. 108 beschlossen worden war, immer eine härtere Strafe eintreten zu lassen,

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als bei Privat-Personen, ist es zweckmäßig, daß ein gewisses Mini= mum festgeseßt werde. :

Abgeordn. von Auerswald: Sonst is der Herr Minister dem Vorschlage des Korreferenten nicht entgegen?

Justiz = Minifter Uhden: Nein! t

Justiz-Minister von Savigny: Jn Bezug .auf das Maximum habe ih aber auch von Seiten des Referenten keinen Grund gehört, der entscheidend sein fönnte für die Abweichung von dem Vorschlage des Entwurfs, Der Unterschied is überhaupt niht sehr groß, und deshalb dürfte es wohl besser sein, bei dem Entwurfe stehen zu blei- ben, wenn nicht erheblihe Gründe für eine Abänderung vorliegen.

Korreferent Abgeordn. Kaumann: Wenn es sich um die Dauer von Freiheitöstrafen handelt, so muß ih immer wieder darauf zurüd- fommen, daß sich darüber viel sprehen läßt, ohne daß man ganz ge- wichtige Gründe für die eine oder die andere Dauer wird anführen fönnen. Jch bin der Meinung, daß Jujurien überhaupt mit Stras- arbeit nur in den allerseltensten Fällen belegt werden können, und würde gewünscht haben, daß auch bei Privat - Jnjurien von dieser Strafart abgesehen worden wäre; es is aber von der Versammlung angenommen worden, es solle Strafarbeit eintreten können, es ist auch angenommen worden, daß sie bis zu dem Maximum von drei Jahren steigen könne, Nun kommt es allerdings darauf an, Fälle der Art, die im §. 108 bezeichnet sind, schärfer zu ahnden; da bin ih nun aber der Meinung, daß es nur nöthig i} , bis zu einem Strafmaximum von 4 Jahren hinaufzugehen, aber nicht, daß man noch eine besonders längere Dauer eintreten lasse, und daher bin ih zu dem Vorschlage gekommen, daß man uur auf ein Maximum von 4 Jahren kommen dürfe.

Abgeordn. Lucanus: Jch bitte, auch ein paar Worte hinzu- fügen zu dürfen. Es steht in mehreren unserer Nachbarstaaten fest, daß diese Jnjurien niht härter als bei Privaten bestraft werden dürfen, es is also au in Rücksicht auf die Reziprozität zu wünschen, daß das Minimum so bleibt, wie bei Privat=Jnjurien. Das Maxi- mum mag allerdings höher gestellt werden, wenn man will; da ist dem Richter doh der nöthige Spielraum gegeben, bei besonders er= anca Umständen eine härtere Strafe eintreten lassen zu önnen.

Justiz - Minister Uhden: Jh muß darauf bemerken, daß von der hohen Versammlung gerade beschlossen worden ist, daß es auf Reziprozität hier niht ankommen s\oll, sondern daß unser Strafrecht selbstständig, ohne sich durch die Bestimmung auswärtiger Gesebßge- bungen leiten zu lassen, verfaßt werden solle. j

Abgeordn. von Weiher: Jch bitte Ew. Durchlaucht, meinen Vorschlag als Amendement zu betrachten, „daß es beim Geseß - Enk- wurfe verbleiben soll.“

Marschall : Darauf is eine Unterstizungfrage gar nicht er= forderlih, denn man fann unmöglich die Versammlung fragen, ob sie den Vorschlag unterstüße, es beim Geseg =Entwurse bewenden zu lassen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh glaube doch, daß dieser Antrag Anspruch auf Unterstüßung hat.

Marschall: Da der Entwurf an sich {hon das Recht hat, zur Fragestellung gebracht zu werden, so ist ein Antrag darauf, daß es bei dem Entwurfe verbleiben solle, hon von selbst unterstüßt; des= halb is} es nicht erforderlich, die: Frage auf Unterstützung zu stellen. Die Fassung des Entwurfs wird: eventuell nothwendig zur Abstim- mung kommen.

Abgeordn, von Brünneck: stellen sind.

Marschall: Es sind deren sogar mehrere, und die erste davon heißt: Ob beantragt werden soll, daß die Bestimmung eines jeden Minimums wegfallen möge. E

Korreferent Abgeordn. Naumann: Das Minimuin soll nur so festgehalten werden, wie es bei der Privat-Jnjurie bestimmt ist; es ist aber bestimmt worden; Bei gewöhnlichen ein achen Ehrenkrän= fungen soll fein Minimum stattfinden und bei thätlichen Ehrenkrän= fungen Gefängniß nicht unter aht Tagen erkannt werden.

Marschall: Die Frage kann so gestellt werden: Ob bean=- tragt werden soll, das Minimum eben o eintreten zu lassen, wie es für die gewöhnlihe Privat - Jnjurie festgeseßt i? Und diejenigen, welche diese Frage bejahen, werden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

Mir scheint, daß zwei Fragen zu

(Es erhebt sich eine große Anzahl Mitglieder.)

Fch bitte, die Zählung vorzunehmen.

(Die Secretaire zählen.)

Das Resultat der Abstimmung is folgendes: Mit Ja haben gestimmt 46, mit Nein haben gestimmt 46; da ih nun mit Ja ge-= stimmt habe, so wäre die Frage bejaht. Die nächste Frage heißt: Soll beantragt werden, das Maximum für nicht thätliche Juju- rien dieser Art in zwei Jahren Gefängniß oder Festungehaft be- stehen zu lasseu? Und die die Frage bejahen , werden dies durch Aufstehen zu erkeunen geben. S

| (Es erheben sich sehr viele Mitglieder.) :

Die Majorität hat sich für die Bejahung ausgesprochen, Eine weitere Frage wird nun lauten: * Soll beantragt werden, für der= artige thätlihe Jnjurien 4 Jahre Strafarbeit als Maximum eintre- ten zu lassen? Und die die Frage bejahen, werden dies durch Auf- stehen zu erkennen geben.

(Es erhebt sich eine große Anzahl.)

Fch bitte, zu zählen.

i (Es geschieht.)

Mit Ja haben gestimmt 50, mit Nein haben gestimmt 42, Wir fommen nun zu §. 210, . A ,

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Der elfte Titel handelt vou §. 210 bis §. 221 vom Zweikampfe, und die Abthei- lung hat darauf angetragen, diesen ganzen Titel in Wegfall zu brin- gen, und das Gutachten lautet:

„El ff ex: Tit 01.

Zweikampf. Zu §8. 210 bis 221.

Der elfte Titel enthält in 12 Paragraphen Strafbestimmungen über die Theilnahme am Zweikampf, sei es durch bloße Herausfor= derung, sei es durh Vollziehung desselben, sowohl für die Duellan- ten, wie für die Kartellträger und Sekundanten.

Die Abtheilung zog zunächst die Frage in Berathung, ob und Ls die Strafgeseßgebung den Zweikampf zu berücksichtigen abe. i

Es ward die Ansicht aufgestellt , daß eine jede Strafbestiamung überflüssig und daher zwecklos sei; habe der Zweikampf feinen Er- folg gehabt, so sei sie niht begründet, weil feine Rechtsverleßwig vorhanden; habe eine körperliche Verleßung oder Tödtung stattgefun» den, so liege fein Grund vor, von den für diese Fälle gegebene- Strafbestimmungen abzuweihen. Eine jede Duellstrafe werde, falls der Zweikampf in der öffentlichen Meinung gerechtfertigt sei, immer als ein Kampf gegen diese erscheinen ; gegen den Mißbrauch des Duells aber gebe das Geschworenengericht die genügenden Ga- rantieen.

Die Abtheilung is zwar der Ansicht, daß ein bloßer Duellver- trag, auf welchen kein Zweikampf erfolgt, eben so \traflos bleiben

E wie ein vollzogener Zweikampf, der ohne alles Resultat de=- blieben, konnte jedoch sich damit nit einverstanden erklären, daß alle Bestimmungen in Betreff des Zweikampfes aus dem Geseßbuche zu entfernen seien, indem es sich hier um ein Verhältniß handle, wel= hes wegen feiner verkragêmäßigen Form, sei au. die {hwerste Ver= legung erfolgt, immer gelindere Strafen nothwendig machen müsse, damit nicht das Geseß mit dem Bewußtsein des Volkes in Wider= spruch tretez die Abtheilung ist daher der Meinung, daß gerade diese Rücksicht es nothwendig macht, in dem Strafgeseße Garantieen da= für zu geben, daß nicht die härteren Strafen auf Verleßungen zur Anwendung gebraht würden, welhe mit milderen Strafen gesühnt werden müssen, Hieraus folge aber niht, daß der Zweikampf als ein besonderes Vergehen, wie dies im Entwurfe geschehen, zu be=- handeln sei, es müsse vielmehr gegen eine solhe Behandlungsweise angeführt werden, daß es wenigstens den Schein habe, als wolle durch se das Geseß einer Handlung, die es als verwerflich mit Strafe bedrohe, eine gewisse Anerkennung angedeihen lassen, und auch dieser Schein sei zu vermeiden.

Angemessener erscheine es, unter den Strafen der Tödtung oder förperlichen Verleßung den Umstand, daß dieselbe in Folge eines Zweikampfs stattgehabt, als einen solhen aufzunehmen, welcher eine Ermäßigung der Strafe, sowohl ihrer Art, als ihrer Dauer nach, zur Folge haben müsse, und s{lägt daher die Abtheilung mit 13 ge- gen 1 Stimme vor:

den Titel 11 des Entwurfs ganz wegzulassen und unter den Titel über Tödtung und körperlihe Verleßung die aus den angegebenen Rücksichten erforderlichen Bestimmungen zur Aufnahme in Antrag zu bringen.“

Es fönnen nämlih über die Art und Weise, wie der Zweikampf vom Gesehe zu behandeln sei, verschiedene Ansichten existiren. Die eine Ansicht, die des rheinishen Rechtes, ist, daß der Zweikampf vom Gesebße ganz zu ignoriren sei, das rheinische Geseßbuh kennt den Zweikampf nicht einmal dem Namen nach, und die Folge ist, daß in jedem einzelnen Falle entschieden werden muß, ob ein Verbrechen vor= liege oder nicht. Diese Ansicht geht davon aus, daß es zweckmäßig sei, in einzelnen Fällen solche richterliche Entscheidungen herbeizufüh= ren, indem der Erfolg der sein- werde, daß der, welcher nur zur Ver- theidigung seiner Ehre gehandelt hat, weil in der öffentlichen Mei- nung der Zweikampf gerechtfertigt gewejen, feine Strafe erleide und freigesprohen werden müsse, daß aber derjenige, welcher sich nicht in diesem Falle befindet, also entweder das Duell zu \chlechten Zweckden oder aus verwerflichem Leichtsinn oder mit Ueverschreitung der Duell-Geseße vollzieht, die volle Strafe erleide und feine Milderung in Anspruch zu nehmen befugt sei, Diese Ansicht i jedoch eine solche, von der namentlich die neueren Geseß= gebungen abgegangen sind, und ihr gegenüber steht die Ansicht, welche der Entwurf verfolgt. Aber auch hier kann ein verschiedenes Ver fahren eingeshlagen werden. Es kann nämlich die Ansicht gelten, den Zweikampf als ein besonders gestaltetes Vergehen zu behandeln und dann keine Rücksicht auf den Erfolg zu nehmen, sondern ihn mit be- sonderen Strafen zu belegen, dann aber eine gelindere Strafe guSzu= sprechen, wenn ein Erfolg nicht stattgefunden hat. Dieser Ansicht hat ih die Abtheilung deshalb nicht angeschlossen, weil sie ot, daß darin die Art der Behandlung involvirt sei, wonach das Orseb das Vorurtheil, auf welhem der Zweikampf beruht, gewissermaßen rechtfertige und anerkenne, daß dieses Vorurtheil durh Aufnahme solher Strafen eine gewisse Huldigung empfange. Und um diese Huldigung nicht auszusprechen, um ferner gegen die allzu {weren Strafen für die Körperverlebungen beim Duell Garantieen zu ge= währen, wo die Existenz eines Duell = Vertrages die Nothwendigkeit milderer Strafen herbeiführe, is die Abtheiluag darauf gekommen, daß es zweckmäßig sein könne, ein drittes Verfahren einzuschlagen, das Duell und den Luell=Vertrag als einen Milderungsgrund anzu= sehen und bei Tödtung oder Verleßung besondere Paragraphen vor= zuschlagen und zu bestimmen, daß in Folge des Duells wegen des Vorhan= denseins eines Duell-Vertrages gegen die dadurch entstandene Rechts= verlezung nicht die gewöhnliche Strafe des Gesebes, sondern bei wei- tem milder erkannt werde. Aus diesen Gründen hat die Abtheilung den Wegfall des ganzen Titels hier in Vorschlag bringen zu müssen geglaubt; dabei sind aber ausdrüdcklih bei den betreffenden Paragra= phen über die Verleßungen im Duell besondere Strafbestimmungen, und zwar viel mildere, enthalten.

Justiz - Minister von Savigny: Die Abtheilung trägt auf Weglassung des ganzen Titels aus dem Entwurf an. Bevor die hohe Versammlung über diesen Autrag beschließt, erlaube ich mir den Gedanken zu entwickeln, der dem Entwurfe zum Grunde liegt. Jch frage zuerst, was is der Zweikampf, und woher hat er seinen Ur= sprung? Er i} entstanden aus einem System der Ehre, welches sei= nen Ursprung im Mittelalter hat, sich ausgebildet hat in allen euro= päischen Nationen und in mannichfaltiger Ausbildung fortdauert bis auf den heutigen Tag. Der Grundgedanke dabei is dieser: es joll die Ehrenhaftigkeit durch den Beweis des persönlichen Muthes und der Todesverachtung bewährt werden. Allerdings kommen in einzel= nen Fällen und sehr gewöhnlih ganz andere Motive hinzu, das Mo- tiv der Rache, der Erbitterung u, \. w., das Alles is etwas Zufälli= ges und dem Grundgedanken des Zweikampses fremd. Diese ganze Anschauungsweise is nun, wie bekannt, dem Alterthum vollkommen unbekannt gewesen, cs findet sich davon in der alten Welt feine Spur, Vom Mittelalter an is sie zuerst entstanden _und zu sehr großer Ausbreitung und Dauer gelangt, Es fragt sich nun, wie haben wir diesen Gedanken zu betrachten und zu beurtheilen von einem höheren sittlichen Standpunkte aus? Hier müssen wir hn für nit haltbar erkennen, und zwar zuerst, wenn wir das Leben vom religiösen Standpunkt aus betrachten. Gott hat jedem Einzelnen das Leben gegeben, nicht zu freier Willkür, sondern damit er es zu seinem Dienste verwende, und darum soll jedem Einzelnen sein Leben heilig sein. So wie der Selbstmord überhaupt gus diesem Grunde verwerflih is, so is auch jede andere Aufopferung des eige- nen Lebens verwerflih, wenn sie aus bloßer Willkür E also nicht hervorgeht aus Anerkennung und Uebung E ogen Pflicht. Es is also nicht zu tadeln, es is zu loben und R LOIL eine hohe Tugend sein, wenn es geschieht, um das a G erer zu retten, zu vertheidigen, oder wenn es geschicht, n 4 Si ul vertheidigen im Kriege, wenn man sih als Bürger ebo e e Kriegern anschließt. So steht die Sache vom A H k te ausz aber wenn wir auch von diesem für dle déi ens E ung einstweilen fünstlih abstrahiren und uns blos auf Li AEE e staatlichen Standpunkt stellen, so kommen wh auf dasselbe Resultat; auch hier müssen wir sagen, daß der Zweikampf in einer sittlichen Lebensorduung nicht anzuerkennen, U c vertheidigen is; es tritt also dasselbe Resultat ein, obgleich die Motive bei diesen verschiede- nen Lebensbeurtheilungen von verschiedener Tiefe sind, Und denno it, wie bekannt, der Zweikampf im Einzelnen sehr oft durchaus nicht zu vermeiden wenn derjenige, der sich in denselben begiebt, nicht sein-n ganzen Lebensberuf vollkommen vernihten will, und \o befin- den wr uns hier in einem Konflikt von Gesinnungen und Gefühlen, und zwix nit blos, wie das ganz gewönlich geschieht, in einem Kon= flift egoi-cher Gesinnung mit allgeineinen sittlichen oder rechtlichen Lebensregel® Auf einem solchen Konflift beruht eigentli jedes

Verbrechen, denn bei jedem kommt der Egoismus in Konflikt mit den allgemeinen Regeln des Rechts. i f : ;

Hier aber steht es ganz anders, denn hier befinden wir uns in einem Konflikt gleich allgemeiner Lebens-Ansihten, Sitten und Ge- fühle unter einander, Dieser Konflikt ist hervorgegangen aus dem großen Gange der neueren Geschichte, fein Geseßgeber hat ihn her- vorgebracht, und keiner hat ihn zu verantworten, Es fragt sich aber, wie soll s{ch der Geseßgeber im Angesicht dieses Konfliktes verhalten, wie soll er den Zweikampf behandeln und ansehen? Es sind haupt- sächlih zwei Behandlungsweisen desselben möglich. Man fann 1) den Zweikampf in den Geseßen ignoriren, das is der Weg, den das franzö= sische Geseßbuch eingeschlagen hat, und was war davon die natürliche Folge? Daß jeder einzelne Fall des Zweikampfes nur beurtheilt wer- den fann aus der Anwendung allgemeiner Rehtsgrundsäße, Gesebe und Strafvorschriften u. \. w., und wohin mußte das führen? Diese Anwendung is eine sehr zweifelhafte und schwankende, das hat sich namentlich in Frankrei gezeigt, wo viele Jahre hindur eine höchst \{chwankende Praxis stattfand, wo viele Gerichte angenommen haben, daß das Duell etwas ganz Strafloses sei, während andere wieder an- nahmen, es sei unter gewissen Bedingungen höchst strafbar; kurz die Praxis hat lange geshwankt, bis überwiegend angenommen worden ist, daß das Duell nicht ganz \traflos sein solle. Worin liegt eigent- lih der Zweifel in der Anwendung allgemeiner Rechtsregeln auf die Strafbarkeit bei dem Zweikampf? Ein sehr scheinbarer Grund dafür, den Zweikampf für völlig straflos in allen Fällen des Erfolgs zu halten, is der, daß der Gegner eingewilligt hat, wodur scheinbar die alte Regel anwendbar wird: volenti non fit injucia, d. h. es geschieht ihm kein Unrecht, weil geschieht, was er wollte. Allein nah wahren Rechts - Ansichten kann dies hier niht gelten. Außer dem Grunde, den ih eben anführte gegen die Anwendung der gewöhnli- hen Strafgeseße über Körperverleßung auf das Duell, kann noch ein anderer geltend gemacht werden; wir wissen nit, ob derjenige, wel- cher seinen Gegner getödtet oder verwundet hat, wirklih diese Ab- sicht hatte , in vielen, ja in den meisten Fällen wissen wir sogar be- stimmt, daß er nit die Absicht hatte, ihn zu tödten, daß ihm dieser Erfolg vielmehr sehr unerwünsht gewesen is. So könnte man sagen, es sei also gar fein böser Wille vorhanden. Doch diese Gründe sind nur scheinbar. Was den lebten betrifft, \o müssen wir in einem solchen Falle, wo Einer den Anderen im Zweikampfe tödtet, den Be- griff auwenden, den die Juristen als dolus eventualis bezeichnen, d. h. es hat sich Jemand in den Zweikampf begeben, wenngleich ohne die Absicht, zu tödten, dennoch o, daß er wußte, der Tod des Gegners könne eben so gut erfolgen, als eine Verwundung oder sein eigener Tod. Er hat also ein deutliches Bewußtsein gehabt, das ist unleugbar, von der Möglichkeit dieses Erfolges, wie jedes anderen. Das is dolus eventualis, Wenn mehrere möglihe Erfolge einer Handlung dem Handelnden mit deutlichem, unzweifelhaftem Bewußt- sein vor Augen stehen, mag er den einen oder den anderen vorzugs- weise gewünscht haben oder nicht, so wird dieses in der Rechtswissen- schaft als wirkliher Dolus angenommen. Was ferner den anderen Grund betrifft, daß der Gegner eingewilligt hat, so kann auch dieser die Anwendung der allgemeinen Strafgeseße über Todtschlag und Körperverlezung nicht ausschließen, Ein Beispiel anderer Art wird auch dies anschaulich machen, Wenn Einer lebensmüde is, sich aber niht zum Selbstmorde entschließen kann, sondern einen Anderen bit- tet, ihn zu tödten, und dieser es thut, so is das ganz unzweifelhaft eine vorsäßliche Tödtung und die Anwendbarkeit des Strafgeseßes wird niht im geringsten dadurch ausgeschlossen, daß der Andere die- ses gewollt und verlangt hat. Es kann unter Umständen eine mil=- dere Beurtheilung ín sittliher Beziehung, vielleiht auh eine Begna- digung nach sich ziehen, für den Richter i es eine gewöhnliche, vor= säßlihe Tödtung eines anderen Menschen. Gerade so verhält es sich hier, und so is}, wie ih glaube, niht zu bezweifeln, daß, wenn der Tod oder eine Verwundung aus dem Duell erfolgt, die gewöhnliche Strafe für vorsäßlihe Tödtung oder Verwundung anzuwenden ist, und das hat auch die Abtheilung angenommen. Es kommen jedoch hei dem Zweika:npf Gründe in Betracht, eine mildere Strafe anzu- wenden, und das is der Vorshlag der Abtheilung. So steht es überhaupt bei dieser ersten möglichen Behandlung im Geseß, wenn man in dem Geseß nämlih den Zweikampf als solchen ignorirt, Man kann aber auch einen ganz anderen Weg einschlagen, indem man umgekehrt den Zweikampf als eine strafbare Handlung für sich auffaßt und in das Geseßbuch als solche aufnimmt, Auch dieser Weg is von jeher in verschiedenen Gestalten versucht worden, Man ist öfter zu der Ueberzeugung gekommen, der Zweikampf sei etwas sehr Schädliches, und man müsse ihn dann auch durch die strengsten Strafen zu vertilgen suhen. So hat man zuweilen den Versuch gemacht, auf jeden Zweikampf Todesstrafe anzudrohen, man ist aber sehr bald davon wieder abgegangen, weil sich dies als ganz erfolglos gezeigt hat. Es ist dieses auch einmal versuht worden in folgender Gestalt: man hat den Zweikampf erlaubt, jedoh so, daß er nicht anders unternommen werden dürfe, als auf Leben und Tod, fo daß er mit dem Tode des Einen endigen müsse. Es sollte aber gegen= wärtig sein als zugezogener Zeuge der Scharfrichter, und zwar mit dem Auftrage, den Ueberlebenden sofort hinzurihten. Auch das hat sich erfolglos gezeigt. Ganz originell, man kann sagen, sinnreich, ist der Versuch, den das Allgemeine Landrecht gemacht hat, Man is davon ausgegangen, der Zweikampf beruhe auf einem irregeleiteten und zugleich übertriebenen CEhrgefühl, man glaubte sich daher be sonders an das Ehrgefühl wenden zu müssen und der Sache dadurch abzuhelfen, daß man außer anderen harten Strafen sehr strenge Ehrenstrafen hinzufügte. So sind die Strafen unseres Landrechts fürzlih folgende: Bloße Herausforderung i} zu bestrafen mit Fe- stungshaft von 3 bis 6 Jahren ; bleibt der Eine todt, so soll der Ueberlebende mit der Strafe des Mordes oder des Todtschlags nach verschiedenen Umständen bestraft, also durch Rad oder Schwerdt hin- gerichtet werden; in allen anderen Fällen des Erfolgs, also wenn Einer verwundet oder auch Keiner verwundet wird, soll die Folge sein Festungsstrafe von 10 Jahren bis lebenslang; daneben Verlust der Ehrenstellen und für den, der dem Adel angehört, Verlust des Adels. Wenn Einer durch die Flucht sih diesen Strafen entziehen wollte, so sollte die Foige die sein, daß sein ganzes Vermögen mit Beschlag belegt wurde, so lange er lebte, und außerdem sollte sein Bildniß an den Schandpfahl angeheftet werden. Es is nicht zu leug- nen, daß dies eine sehr heroishe Kur war, man konnte dieser Ge- seßgebung den Vorwurf einer übertriebenen Härte machen, dagegen scheint es, daß wenigstens der Geseßgeber die Befriedigung haben mußte, von Grund aus abgeholfen zu haben, so daß das Duell für immer abgethan sein mußte. Keinesweges, dieses Geseß is so gut als spurlos vorübergegangen, es hat das Duell nicht verhütet, nit vermindert, und es hat dieser ganze Versuch nur dahin geführt, das Ansehen der Gescbhgebung, das Vertrauen auf ihre Wahrheit bedeu- tend zu {hwächen, niht zu erhöhen.

So steht die Sache nah den bisherigen Erfahrungen. Der Entwurf beruht nur insofern auf denselben Änsichten, wie das Land- s daß auch er den Zweikampf in allen seinen Phasen vom ersten Geeunigé „an bis zu seinem leßten Erfolge als ein untrennbares delt r eaenapi und so als Gegenstand der Strafbestimmung behan= diese E Entwurf unterscheidet sich aber darin vom Landrecht, daß

rafen mild genug gestellt sind, um ausgeführt werden zu

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fönnen. Wenn wir uns fragen, warum haben die Strafen des Land- rehts, das dvch auch in unsere Zeit fällt, feine Wirkung hervorge- bracht, so liegt die Antwort sehr nahe. Es is leicht, solche Strafen niederzuschreiben und drucken zu lassen, aber s{wer, sie auszuführen im Widerspruch mit der allgemeinen Meinung und mit dem eigenen Gefühle. Der Entwurf geht also davon aus, das Duell für a!lge- mein strafbar zu erklären, aber mit solchen Strafen zu bedrohen, die ausführbar sind und nicht dem allgemeinen Gefühle oder dem beson- deren Gefühle des Ausführenden gänzlih widersprehen. Welchen Zweck hat man vor Augen gehabt bei diesen Strafen? Hat man geglaubt, es werde das Duell dadurh aufhören? Das wäre nicht der rihtige Gedanke gewesen, Die Absicht war, anzuerkennen, was hier recht und unrecht sei, also eine Manifestation der Gerechtigkeit. Dazu kommen aber noch einige rein praktische Folgen und Vortheile. Es ist nicht zu übersehen, daß außer der allgemeinen Natur des Zwei- fampfs, außer dem, was sich gegen ihn überhaupt sagen läßt, noch gewisse Ausartungen desselben in Betracht kommen, bloße Mißbräuche, die nicht aus seiner Jdee hervorgehen, und diesen kann wirksam begegnet wer- den. Es kommt nicht selten vor, daß in gewissen Klassen der Gesellschaft mit dem Zweikampf eine Art von Spiel getrieben und er bei ganz unbedeutenden Veranlassungen, ganz außer Verhältniß mit seiner Idee angewendet wird. Jn manchen Klassen, z. B. bei Studenten, findet sich dies am häufigsten. Das Andere aber is dieses. Es findet si niht selten, daß einzelne Judividuen, die sih eine besondere Uebung im Waffengebrauh erworben haben, sie zu einer Art Tyrannei gegen ihre Umgebungen gebrauchen und den Zweikampf gleichsam gewerb- lih anwenden. Dies liegt der Jdee vom Zweikampf sehr fern , und indem man das Strafgeseß in strengster Weise gegen solche Personen anwendet, i} ein praktischer Erfolg wohl zu bofen, Wenn ih nun den Jnhalt des Entwurfs mit dem Antrage der Abtheilung vergleiche, so ist die Gemeinschaft und Verschiedenheit folgende : Beide gehen darauf aus, für den äußersten Fall, für den Fall der Tödtung oder Verwundung, Strafen auszusprechen, milder als diejenigen, welche ein- treten würden, wenn das Geseß ganz shwiege und der Richter das allgemeine Strafgeseß konsequent anwendete, milder als die Strafe des Mordes und Todtschlags. Der Entwurf geht aber hierin noch etwas weiter, als der Antrag der Abtheilung. Außerdem ist die große Verschiedenheit die, daß der Entwurf Alles, was zum Duell führt, von der Ausforderung an bis zum leßten Erfolge, mit Strafe bedroht, während der Antrag der Abtheilung auf gänzlihe Straflo- sigkeit und Jgnorirung aller dieser vorbereitenden Handlungen führt, und hier erlaube ih mir, weil dies der Hauptgegenstand ist, noch ti- nige Worte beizufügen, Wenn wir überhaupt anerkennen, daß selbst nach allgemeinen Grundsäßen der Zweikampf etwas Strafbares ist, also in dem Falle, wenn das Leben des Anderen durh den Zwei- fampf vernichtet wird, das allgemeine Geseß wegen vorsäßlicher Töd=- tung eigentlich anwendbar ist; wenn wir dies anerkennen, so halte ih es für inkfonsequent, die vorbereitenden Handlungen, die zu diesem lezten Erfolge führen können, ganz straflos zu lassen. Von der ersten Ausforderung an kann \ich Keiner verhehlen, daß diese ganze Reihe von Handlungen zu diesem leßten Erfolge führen können. Von seiner Ausforderung an steht es nicht mehr in seiner Macht, ob nicht das Aeußerste, die Tödtung, erfolgen werde, und daher muß ich sagen, es sei inkonsequent, wenn man diese ganze Reihe von vorbereitenden Handlungen straflos lassen wollte. Jch halte es aber für kon;equent, dieselben aufzufassen als ein untrennbares Ganze und sie alle mit Strafe zu bedrohen, um das Strafbare auszusprechen, welches in der ganzen Sache liegt. Jch trage darauf an, daß der Entwurf ange- nommen werde, so wie er vorliegt. i

Vice- Marschall Abgeordn. von Rochow: Die geseßliche Be= handlung des Zweikampfs is gewiß eine der s{chwierigsten Aufgaben. Die Gelevacbutgen aller Länder haben sich, wie der Herr Minister der Gesebgebung in seinem lihtvollen Vortrage gezeigt hat, nah den verschiedensten Richtungen, nah den verschiedensten Systemen mit die= ser Aufgabe beschäftigt, aber es scheint, als ob es feiner gelungen sei, dabei in Uebereinstimmung mit der öffentlihen Meinung zu kom- men. Alle haben Strafen, mitunter sehr shwere Strafen, angedroht, diese sind aber selten zur Ausführung gekommen, weil es der Ueber=- zeugung derer, welche sle verhängen sollten, widerstrebte, ein Verge- hen, welches oft aus sehr edlen Beweggründen entstanden war, wie ein gemeines Verbrechen zu behandeln. Die Geseßgebungen haben um so Ege sih mit der öffentlichen Meinung in Uebereinstimmung brin- gen können, als sie nicht haben anerkennen wollen, daß das Vergehen des Zweikampfs ein Vergehen von ganz besonderer Art sei. Ge- wöhnlich hat die Begnadigung da ausgleichend eiutreten müssen, wo die Geseßgebung sih vergriffen hatte. Eine solhe Anerkennung der ausnahmsweisen Beschaffenheit dieses Vergehens finde ih nun in dem jeßigen Entwurf, indem derselbe dem Zweikampf einen besonderen Titel widmet und verhältnißmäßig mildere Strafen in Vorschlag bringt. Die Abtheilung hat dies getadelt, weil sie darin den Schein einer Begünstigung sieht, Dieser Schein wird aber auch nicht ver=- mieden, wenn man, wie die Abtheilung es will, den Zweikampf den Verbrechen der Tödtung und Körperverlegung anreiht und dort mil- dere Strafen festseßt. Die öffentlihe Meinung gewährt aber auch in der That dem Zweikampf eine solhe günstige Beurtheilung, und es würde vergebens sein, wenn die Geseßgebung versuchen wollte, auf diese Weise derselben entgegenzutreten. Jene er- fennt den Zweikampf als etwas ganz Eigenthümliches an, und es wird wirklih zugegeben werden müssen, daß er mit keinem anderen Verbrechen des Kriminalrechts eine Aehnlichkeit hat. Zwei Leute fommen mit einander überein, eine Beleidigung, die zwishen ihnen stattgefunden hat, nicht vor den Richter zu bringen, sondern dadurch abzuwaschen, daß sie einander mit den Waffen in der Hand beweisen, daß sie lieber den Tod, als Schmach erdulden wollen. Man könnte fast fragen, was dies einen Anderen angehe? ob das Recht eines Dritten dadur verleßt werde? Es hat Zeiten gegeben, wo das Geseß sagte: „Laßt sie gewähren!“ Wir können das nicht, wir wollen es nicht. Der Herr Minister der Geseßgebung hat bereits genügend ausgeführt, welche Gründe sowohl aus dem religiösen, als rein menschlihen und politischen Standpunkte vorhanden sind, um eine solhe Handlung nicht als straflos anzusehen. Wir rufen also den- jenigen, die sich ein solhes Vergehen zu Schulden kommen lassen wollen, eine Warnung zu dur die mehr oder weniger harte Strafe, mit der wir sie bedrohen. Der praktishe Erfolg von einer solchen Androhung kann aber nur der sein, zu verhindern, daß zu dem ernsten und blutigen Mittel des Zweikampfes nicht ohne Noth, nicht leicht- sinnig, niht um Kleinigkeiten gegriffen, und daß er auf eine loyale und ehrenhafte Weise ausgefohten werde. Wollte man weiter E so würde das Geseß wirkungslos bleiben und zur Lüge werden. Es wird hoffentlich eins eine Zeit kommen, die des Zweikampfs nicht be=- dürfen wird. Wo reine Tugend herrshend wird, fällt der Begriff derselben mit dem der Ehre zusammen; da bedarf es freilih feiner exceptionellen Mittel zur Wiederherstellung verleßter Ehre, aber auch feines Geseßbuches.

Will man das wirklich Erreihbare erlangen, so wird man dem Zweikampf eine besondere Stelle im Geseße anweisen müssen. Man wird den Zweikampf nicht vermishen dürfen mit den Verbrechen des gemeinen Todtshlags und der rohen Theilnahme an ehrlosen Sclä- gereien, wie es von der Abtheilung vorgeschlagen worden ist. Jch glaube aber, daß außerdem ein besonderer Titel über den Zweikampf

die mit demsélben in genauem Zusammenhange stehen: die ar- telträger, Sekundanten, Zeugen und zugezogenen Aerzte, welche ins Auge gefaßt werden müssen. Mein Antrag würde hiernahch da- hin gehen, den elften Titel mit den Abänderungen, peye etwa noch E ossen werden möchten, anzunehmen. Sollte dies aber auch nicht beliebt werden, so würde ih es doch für nothwendig halten, ihn in seinen Einzelnheiten zur Berathung zu ziehen. Er bildet einen be- deutenden Theil der uns vorliegenden Allerhöchsten Proposition; wir fönnen niht wissen, ob niht der Allerhöchste Geseßgeber beschließen werde, ihn beizubehalten, und für diesen Fall ist es von Wichtigkeit, daß wir ihn wenigstens eventuell begutachten.

Regierungs - Kommissar von Reyher: Jh erlaube mir nur, einige Worte vom militairishen Standpunkte zus anzuführen. Der Herr Minister der Geseßgebung hat historisch nachgewiesen, daß alle Maßregeln gegen das Duell bisher ohne Erfolg blieben, und ih bin daher überzeugt, die geehrte Versammlung wird mit mir die Ansicht theilen, daß es auch wohl niemals gelingen dürfte, das Duell aus der Armee ganz zu verbannen. Es liegt dies in dem Begriff der Soldaten- Ehre und zugleich in der Eigenthümlichkeit der militairischen Verhältnisse. Der Offizier kann und darf, wenn ihm eine Chrenkränkung widerfahren ist, dem Duell nicht ausweichenz; thut er es, so giebt er sihch der Schande und der Verachtung preis, er verliert seine Ehre und seine Existenz. Das Duell kann also nach meiner innigen Ueberzeugung in der Armee niht ganz vermieden werden, Nun besißt aber das Heer in der Verordnung vom 20. Juli 1843 und in der Allerhöh=- sten Kabinets - Ordre vom 25. September 1845 Vorschriften über diese Angelegenheit , die dem Bedürfniß der Armee vollständig ent- sprechen, und die Paragraphen des vorliegenden Geseß - Entwurfs stimmen im Wesentlichen mit jenen Vorschristen der eben angeführten Aer nungen überein. Soll nun nah dem Vorschlage der geehr- ten Abtheilung der betreffende Abschnitt aus dem Entwurf fortfallen und die angedrohten Strafen, welche in demselben aufgeführt sind, anderweitig eingeschaltet werden, so will ih mir erlauben, doch darauf aufmerksam zu machen, daß ih in der That niht weiß, wie es dann fünftig gehallen werden sollte bei Duellen, die zwischen Militair= und CRAbE nes vorfallen. Jh halte diesen Punkt für sehr wichtig und glaube, daß er bei der Berathung über die vorliegenden Fragen vor- zugsweise mit ins Auge gefaßt werden muß. y

Abgeordn. Frhr. von Wolff-Metternich : Auch ih. befinde mi niht in dem Falle, den Vorschlag der Abtheilung befürworten zu fönnen. Mag man den Zweikampf als Unsitte ansehen, als ein Ver- mächtniß mittelalterliher barbarischer Gebräuche, wie die Tagespresse zu thun sich keine Gelegenheit entschlüpfen läßt, oder mag man das Duell eine Ergänzung der Civilisation, eine Garantie für das gesel- lige Leben, wie ein berühmter Staatêmann des Auslandes gethan hat, nennen, s\o viel bleibt immer gewiß, daß es in den eigenthum- lihen, im deutshen Volkscharakter tief wurzelnden Grundsäyen, in der eigenthümlichen Auffassung von persönlicher Ehre seine De dung und bis zu einer gewissen Gränze seine Rechtfertigung sidet, und daß ihm ein sittlicher Charafter in gewisser Beziehung nicht ab- gesprochen werden kann. Jch sehe den Zweifampf als eine Noth= wendigkeit an, so lange diese Auffassung im Bewußtsein des Volkes oder in einem großen Theile wurzelt, so lange die Leidenschaften aus dem menschlichen Herzen nicht entfernt sind, und gehe 1ch somi: von der Ueberzeugung aus, daß den Zweikampf völlig abzuschaffen ein Ding der Unmöglichkeit bleiben wird. Es wird Niemand mir be- streiten wollen, daß es Lebensverhältnisse und Lebenslagen giebt, in denen ein erlittener Schimpf, eine zugefügte Beleidigung nicht dur den Richterspruh, niht im Wege des prozessualischen Verfahrens ihre Sühne, ihre Genugthuung erhalten können, und wo, wenn man von der Entscheidung durch Kampf der Waffen Umgang nehmen wollte, etwas viel Schlimmeres an dessen Stelle treten würde, was ih mit dem Ausdrucke des geistigen Faustrehts bezeichnen möchte. Hieraus folgere ih die Nothwendigkeit, daß dieser eigeuthümlihen Art von Vergehen auch eine besondere Strafe, eine besondere e P gegen- über stehen muß. Vollkommen einverstanden in der Ansicht, daß hier die Geseßgebung uur den Zweck haben kann, möglichst auf Vermin=- derung der Duelle hinzuwirken, kann, wie ih glaube, dieser Zweck nur durch das eine Mittel erreiht werden, nämlich dadurch, daß man den Zweikampf durch Strafgeseße bedroht, die ausführbar sind. Rücksichtlih der landrehtlihen Bestimmungen, rücksichtlih der zahlreihen Duellmandate war das nicht der Fall. Nach dem Ur= theile bewährter Juristen, worauf sih meine Ueberzeugung süßt, ist dies in Betreff der Strafen im Entwurfe vollkommen der Fall, und deshalb werde ich für die unverkürzte Beibehaltung dieses Titels stimmen. Wenn die Abtheilung von der Meinung ausgeht, daß. der Zweikampf unter den Begriff der körperlichen Verleßung subsumirt werden kfönne, und daß die etwaigen Härten bei der A ctfeniling der Strafen dadurch ihre Erledigung fänden, daß die Geschworenen- gerichte solche Härten beseitigen würden, so muß ih darauf aufmerk- jam machen, daß die Geschworenengerihte niht überall im Lande existiren, daß mithin diese Hauptstüße, worauf das Gutachten beruht, hinfällig ist.

auch darum nothwendig ist, weil es verschiedene Verhältnisse giebh, er mit

(Einige Stimmen: Oh!)

Schließlich erlaube ich mir darauf hinzudeuten, in welche Lage unsere Geseßgebung kommt, wenn dieser Titel gestrihen werden wird. Durch die Allerhöchste Verordnung, wie von dem Herrn Vertreter des Kriegs = Ministeriums hervorgehoben worden is, vom 20, Juli 1843 und durch die darauf bezüglichen deklaratorishen Bestimmungen sind Duelle zwischen Offizieren, wozu auch namentlih die Landwehr=- Offiziere gehören, und zwischen Offizieren und Civilisten nah Grund- säßen bestraft, die denen adäquat sind, die im gegenwärtigen Ent- wurfe vorliegen. Es würde daher, sollte das Gutachten der Abthei- lung angenommen werden, die äußerste Rechtsungleichheit zwischen der Bestrafung der Offiziere und der Civilisten zu befürchten stehen.

Abgeordn. Freiherr von Gaffron: Jch habe in der Abtheilung sür die Beibehaltung des ganzen Titels gestimmt und bitte um Er- laubniß, mit wenigen Worten meine Gründe zu entwickeln. Die Ab- theilung erkennt nämlich an, daß die Strafgeseßgebung das Duell niht mit ganz gleihen Strafen belegen kann, als Tödtun und kör- perliche Verleßung im Allgemeinen , daß für das Due mildernde Umstände obwalten , daß die Geseßgebung nicht in direkten Wider- spruch mit dem Volksbewußtsein in dieser Beziehung treten könne z sie erkennt also das Prinzip des Entwurfs im Ganzen an, weicht aber darin ab, daß sie erstens keinen besonderen Titel für das Duell haben will, daß sie nur die Folgen des Duells als Tödtung oder förperlihe Verleßung bestraft wissen will , und daß sie die anderen Handlungen, die mit dem Duelle in Verbindung stehen, insofern keine Folgen stattgefunden haben, straflos wissen will. Das Erste, daß kein besonderer Titel aufgenommen werden soll, wird besonders dadur motivirt, daß niht der Schein gegeben werden soll, als wenn die Gesetzgebung ein Vorurtheil, eine an sih strafbare Handlung gewis- sermaßen huldigend anerkennen wolle. Jch kann mich diesen Ansich- ten nit anschließen , weil ih erstens glaube, daß durch Auslassun des Titels reell nit allzu viel gewonnen wird, sondern nur formell, wenn nun doch eine Strafe für die körperlihe Verleßung oder Töd-« tung an ‘inem anderen Orte eingeschaltet wird. Ferner glaube ih, daß es bedenklih is, eine strafbare Handlung nur vel ihren Folgen zu bemessen und überall unbestraft zu lassen, wo diese Folgen nicht