1848 / 53 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

eintreten, und drittens halte ih es ebenfalls für bedenflih, wenn die frivole Herausforderung und besonders die Aufheßung , die unberu=- fene“ Anreizung zum Duell, die, wenn sie Erfolg gehabt hat, großen Nachtheil herbeiführen kann, blos darum straflos sein soll, weil sie dann feine Folgen gehabt hat. Jh glaube, daß der Geseß-Entwurf sich an die herrschenden Ansichten und an die Nothwendigkeit auf eine so zweckmäßige Weise angeschlossen hat, daß ih die Abfassung dieses besonderen Titels als einen gelungenen Fortschritt gegen die frühere Geseßgebung anerkenne und mih demselben nur anschließen kann.

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Jch werde mi zunächst an das Gutachten der Abtheilung halten. Es i} uns darin gesagt, daß von einer Seite die Ansicht aufgestellt werde, daß in der Strafge- seßgebung das Duell gar nicht erwähnt werden dürfe, sondern den gewöhnlichen Geseßen über Mord und Todtschlag unterworfen bleiben müsse. Es is darin ferner gesagt, gegen den Mißbrauch des Duells gebe das Geschworenengericht die genügende Garantie. Jch weiß nur nicht, meine Herren, wie bei einem Geseg, welches in dem gan-

zen preußischen Staate eingeführt werden soll, die Geschworenenge= rihte, welche in / Provinzen nicht- existiren, irgend eine Garantie darbieten können; ih weiß niht, ob ih den Sinn des betreffenden Saßes recht deute, wenn ich ihn so verstehe, daß bei Anwendung des gesunden Menschenverstandes die Geschworenengerichte einc vorzügliche Garantie geben. Darauf, glaube ich, kommt das Essentielle hinaus. Nun, meine Herren, haben wir fürzlih in einem vor einem Geshwo= renengerichte geführten allgemein befannten Prozesse den Fall erlebt, daß der Haupttheilnehmer freigesprochen worden, der Mitschuldige aber, welcher im Vertrauen auf jenes freisprehende Erkenntniß sich freiwillig stellte, zu 5jähriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden is. (Aufregung.)

Jch will mich hier niht mit Erörterung der Motive beschäfti= gen, welhe der Verschiedenheit dieser Erkenntnisse zum Grunde ge- legen haben können; so viel aber is gewiß, daß, wenn eines dieser Erkenntnisse gereht is, das andere ungerecht sein muß. Die dritte Ansicht könnte die sein, daß beide Urtheile der Gerechtigkeit nicht ganz entsprechen, indem das eine vielleicht zu mild, das andere zu hart is. Wo, meine Herren, liegen da die gerühmten Garantieen der Geschworenengerichte? Jm Angesichte dieser \hreienden Thatsache, meine Herren, finde ih es unreht, wenn gegenüber dem preußischen Richterstande den Geschworenengerichten eine ganz besondere Garantie vindizirt wird. Jh meincrseits glaube und vertraue auf den preußi= hen Richterstand, daß er uns dieselben Garantieen bieten werde, als die Geschworenengerihte, Nun auf das Duell selbst übergehend, will ih es nicht unternehmen, es zu vertheidigen seitens der Mora= lität. Es ist bereits von dem Herrn Minister der Gesehgebung hin- länglich auseinandergeseßt worden, daß dies wohl nicht möglich is; es 1st ferner schon gesagt worden, die Duelle seien ein Ueberkomm- niß, eine Erbschast des Mittelalters; allerdings, sie haben sih aber \o fest eingebürgert in denjenigen Ständen, welche eine Abneigung haben, ihre per\önlichen Händel mit den Fäusten auszufechten, “daß es ein vergebliches Bemühen sein würde, sie sofort ganz abzuschaffen. Sie bestehen in der ganzen gebildeten Welt, selbst in dem Lande welchem man die wenigste Sympathie für das Mittelalter vorwerfen darf, in Nord-Amerika, wo die Duelle am allerhäusigsten und in der

größten Brutalität vorkommen, Jch erlaube mix anzuführen, daß in Nord-Amerika man si nicht blos auf Pistolen, sondern auch auf Büchsen, auf Flinten mit Schrot geladen, \chießt, daß man daselbst die Duellanten, mit Messern bewaffnet, bei Nacht in finstere Gemä-= her sperrt und sie die Sache auf dieje Art ausfechten läßt. Dabei giebt es dort feine besondere Strafe für Duelle, sie haben sih aber fo eingebürgert, sind so in das Bewußtsein des Volks übergegangen, daß die Geshworenengerichte alle Duellanten freisprechen, ‘die beim Duelle stattgefundenen Umstände mögen noch so empörend sein. Der Herr Minister der Geseßgebung hat bereits auseinandergeseßt, daß die strengsten Strafen, welche verschiedene Geseßgebungen versucht haben, stets ohne Wirkung geblieben sind und das Verbrechen des Duells, wenn man es ein solches nenueu will, niemals beseitigt ha= ben. Auch unsere Geseßgebung war früher, wie bereits angegeben worden ist, von der Art, daß sie niemals zur Anwendung fommen fonnte, sondern jederzeit durch die Gnade des Königs gemildert wer- dern mußte. Sollen wir nun niht bemüht sein, sein Uebel, welches vollständig zu beseitigen außer unserer Macht liegt, wenigstens Zu mildern und in gewisse Schranken zu verweisen? Diesem Zweck finde ih den vorliegenden Geseßentwurf sehr entsprechend, indem er Stra- fen angewendet wissen will, welhe dem Vergehen angemessen sind. Jh würde einer Versepung des Titels nach dem Vorschlage der Abtheilung nicht beistimmen können, weil alsdann die ersteren Para-= graphen, welche von der Herausforderung handeln, wegsielen und die Herausforderung straflos bliebe, Allerdings is es nicht meine An- sicht, daß jede Herausforderung best1aft werden müsse, aber, meine Herren, es können Herausforderungen unter ershwerenden Umständen stattfinden, es können Hebereien vorhergegangen sein, und für diese Fälle, glaube ih, muß eine Strafe erkannt werden.

Jch kann ferner für den Vorschlag der Abtheilung mich nicht erklären, weil dann auch die §§. 216 und 217 wegfallen würden, ih aber gerade diese um jeden Preis aufrecht erhalten zu schen wünsche. Ih stimme daher für Beibehaltung des Titels in der uns vorliegenden Form und schließe mich der Ansicht des geehrten Abge- ordneten der brandenburgischen Ritterschaft dahin an, daß wir uns der Berathung der einzelnen Paragraphen wohl nicht entziehen können wie Au A es pen hat, S : :

ollten nun bei der Berathung der einzelnen Paragr

Amendements gestellt und Veräinbéfilkgén U ok ebt R den, so würde ih es vorziehen, statt des §. 215 und in Rücksicht darauf, daß es immer sehr {wer sein wird, zu ermitteln, ob die Ab- sicht der Tödtung vor dem Duell vorhanden gewesen ist, auf gewisse Duellarten, z. B. mit Pistolen, wo in der Regel der eine Theil ge= tödtet wird, eine höhere Strafe festzuseßen. Jch verzichte indeß für jeßt, mich weiter über diesen Gegenstand auszulassen, sondern behalte mir fernere Aeußerungen bis zur Berathung der einzelnen Paragra=

en vor.

ps Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius: Jch habe dem ge- ehrten Redner, welcher so eben gesprochen hat, keine Bemerkung ent= egenzustellen zur Vertheidigung des Geschworenengerichts, da an die- er Stelle der Ort nicht dazu is, wohl abér zur Vertheidigung des Abtheilungs-Gutachtens, Es scheint Manches auf Mißverständnissen zu beruhen, namentlich hat der Redner großen Anstoß an der Stelle des Gutachtens genommen, welche sagt, daß gegen den Mißbrauch des Duells das Geschworenengericht eine Garantie biete. Jh bitte aber nur den Zusammenhang zu erwägen. Es ist nämlich das System des rheinischen Rechts im Abtheilungs - Gutachten berührt und dieses System gegen den Vorwurf vertheidigt worden, welcher ihm nament- lih dahin gemacht werden könne, daß durch die Straflosigkeit des Duells eine Begünstigung desselben, die zu Mißbräuchen führe, aus- gesprohen. Mit Bezug hierauf sagt das Abtheilungs - Gutachten, daß das Geschworenengericht die genügende Garantie gegeben. Es ist nicht die Jdee zum Grunde gelegt worden, eine ähnliche, wie die französische Geseßgebung, für die ganze Monarchie zur Aufnahme zu empfehlen. Das ist erstens von der Abtheilung nicht geschehen, und zweitens hat auch die Abtheilung, wo es sich von Strafe handelt, in Erwägung gezogen, daß überall das Geschworenengeriht nicht zu

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rihten hat, und dieser Angriff dürfte also in keiner Weise gerehtfer-

tigt sein, Jui Uebrigen ist von Seiten des leßten Sprechers nichts vorgebraht wörden, welches die von der Abtheilung aufgestellten Be- hauptungen zu entfräften vermöhte. Die Abtheilung hat gesagt: Das Duell i} unter allen Umständen ein Milderungsgrund, aber nur unter gewissen Umständen. Und dabei ist Rücksicht genommen worden auf die sozialen Zustände uad auf die Thatsache, daß das Duell in vielen Fällen in der öffentlihen Meinung gerechtfertigt sei und des- wegen auf eine gelindere Bestimmung Anspruch zu machen habe.

Regierungs-Kommissar Simons: Es is vorhin als Standpunkt des rheinischen Rechtes bezeichnet worden, daß dasselbe in jedem ein- zelnen Falle nah der Art und Weise, wie sih die Sache gestalte, die allgemeinen Gesehe über Körperverlebung und Tödtung auf das Duell in Anwendung bringe. Ju den wenigen Fällen, die in der Rhein - Provinz vorgekommen sind, mag diese Ansicht sih Geltung verschafft haben. Es is indessen in dem Vortrage des Herrn Mini-= sters der Geseßes-Revision bereits erörtert worden, welcher shwan= fende Zustand in der Wissenschaft sowohl wie in der Praxis in die= ser Beziehung besteht und namentlih in Frankreih vorhanden is. Lange Zeit hindurch hat der höchste Gerichtshof dieses Landes sich dahin ausgesprochen, daß das Duell deshalb straflos sei, weil es an besonderen Strafgeseßen fehlc und dasselbe unter die allgemeinen nicht subsumirt werden könne. Erst seit dem Jahre 1837 hat sih eine an- dere Theorie in der Praxis Geltung zu verschaffen gewußt; sie hat aber nur dahin geführt, daß es in Folge der Aussprüche des höchsten Gerichtshofes bis zur Erkfennung von Anklagen wirklich gefommen is. Als prafkcishes Resultat muß aber festgehalten werden, daß, wenngleih die Anklage verhängt worden, gleihwohl die Freisprechung der Angeklagten regelmäßig erfolgt is. Von einem angesehenen Schriftsteller über das englische Recht wird ebenfalls die Thatsache bewahrheitet, daß, da auch nah dem englishen Rechte das Duell der allgemeinen Gescßgebung über Tödtung und Körperverleßung subsumirt wird, die Geschworenen dennoch nur mit dem größten Wi- derstreben dazu übergehen, dur ihre Aussprüche anzuerkennen, daß auch sie das Duell nach gleihen Grundsäßen beurtheilen zu müssen glauben. Als ein drittes Beispiel kann der Zustand in Belgien an- geführt werden, wo ebenfalls der Erfolg eingetreten war, daß die Anklagen wegen Duells uur zu Freisprehungen geführt haben und bis 1836 eine spezielle Geseßgebung die Materie dort regulirt hat.

Nach diesen Erfahrungen kann man sich wohl zu dem Schlusse berechtigt halten, daß der theoretishe Saß, daß das Duell nur un- ter die allgemeine Geseßgebung über Körper-Verleßungen und Tüd- tungen zu subsumiren sci, dem allgemeinen Rechtsbewußtsein nicht entspricht, und daß da, wo man diese Theorie zur Geltung zu brin= gen versucht hat, es dennoch zur Verhängung einer Strafe nicht ge- fommen ift.

Es scheint also das Bedürfniß nachgewiesen zu sein, diese Ma-

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terie durch eine spezielle Geseßgebung zu reguliren, welche mit den herrschenden Ansichten im Einklange steht und nach der Beschaffen- heit der zu stellenden Fragen das Geschworenengericht nicht in eine Verlegenheit bringt, der es sih nicht anders entziehen zu fönnen glaubt, als dadurch, daß es ein freisprehendes Verdikt abgiebt, Es cheint also, daß nach unseren Zuständen die Lücke auszufüllen ist, die bisher unwiderleglih vorhanden war.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Jch muß dem Herrn Regierungs-Kommissar doch Folgendes erwiedern : Es fann aus dem von ihm angesührten Saße nicht geschlossen werden, daß das Bedürf= niß ciner speziellen Gesehgebung wirklich existire, und das is doch die Frage, worauf es anfommt. Es ist von ihm ferner Bezug genommen worden auf die Lage der Geseßgebung in Frankreich und Bedenken

| vorgetragen worden , die der französischen Jurisprudenz bei der Be-

handlung des Duells zu Grunde gelegen haben, Hierbei mache ih darauf aufmerksam, daß troß dieser vielfachen Entscheidungen und troß vielfacher Vorschläge, die gemaht worden sind, gerade hier eine spe= zielle Geseßgebung einzuführen, dennoch auf diese Anträge nicht ein- gegangen worden is und vielmehr in Berücksichtigung der durch die gewiegtesten Juristen Fraukreichs und die ersten Staatsmänner geltend gemachten Ansichten die Kammern solche Anträge auf eine spezielle Geseßgebung immer abgewiesen, ob sie gleih in auderen Bezie=

hungen große Reformen in der Strafgeseßgebung eingesührt haben. Atgeordn. Frhr. von Cilien-Echthausen: Der Zweikampf be- ruht auf der Sitte, auf ciner Sitte, die so alt und so fest begründet ist, daß die Geseßgebungen aller Zeiten vergedens dagegen angekämpft haben; die strengsten Duellmandate sind gegen sie ohne Erfolg ge= blieben. Wenn dies aber der Fall is, und wenn andererseits der Staat nicht im Stande is, mich gegen die Folgen zu schüßen, welche mich unausbleiblich treffen, wenn ih mich dieser Sitte entziehe , so habe ih es auch für eine Ungerechtigkeit halten müssen, wenn der Staat mich dafür {trafen will, daß ih mich der Sitte füge. Dies sind kurz die Gründe, welche mich dazu bestimmt haben, mit der Ma- jorität der Abtheilung dafür zu stimmen, daß der von dem Zweikampfe, als einem besonderen Verbrechen, handelnde Titel des Entwurfs zu streichen, und daß der Zweikampf vielmehr bei den Verbrechen der Tödtung und Körperverlegung als Milderungsgrund aufzuführen. Die überzeugenden Gründe indessen, welche der Herr Minister der Geseß- gebung jo eben für den Entwurf angeführt hat, haben mi zu der entgegen= ges2ßten Ansicht gebracht, und ih trage fein Bedenken, dies ofen zu erflären. Jch trete jeyt dem Titel des Entwurfs über das Duell um so mehr bei, als ih stets anerkannt habe, daß derselbe ein wesentli- cher Fortschritt gegen die bestehende Geseßgebung is. Insbesondere fann man dem Entwurfe nicht den Vorwurf machen, daß er in dem Zweikampfe ein sogenanntes privilegirtes Verbrechen der höheren Klassen der Gesellschaft konstituire, wenn man berücksichtigt, daß es in Beziehung auf das Strafmaß künftig feinen Unterschied mehr ma- hen wird, ob zwei Eensteher ihre Streitigkeiten unter sih nah den regelrehten Formen des Zweikampfes schlichten, oder ob zwei Mit- glieder der hohen Herren-Kurie Kugeln mit einander wecchseln, (Bravo!)

__ Abgeordn, Steinbeck: Als anerkannt darf ih annehmen, daß die hohe Versammlung sich davon überzeugt findet, da jedes Strafgeseß, solle es überhaupt einen Sinn haben, auf einem ethischen Prinzip be-= ruhen muß, und solches Prinzip könne nur aus dem Auffassen des Ganzen der Menschennatur gewonnen werden. Hiervon ausgehend, sinden wir, daß diese Natur einen herrlichen Zug an sich trägt. Die- ser Zug heißt Heroismus. Er ist die Wurzel unendlicher Tugenden, und jede Tugend is damit verwebt, welche mit Kraft in die Welt tritt, Der Heroismus hat den Zweikampf erzeugt, ehe noch die Welt an ihn im heutigen Sinne dachte. Wir finden die Duelle hon im hohen Alterthume , darstellend Gemeinsinn und Vaterlandsliebe, wir finden ihn unter den Hetdeu vor Troja. Solcherlei war der Kampf bei den Horatiern und Curiatiern. Die Romantik des Mittelalters hat das, was früher Gemeinsinn war, auf die Jndividuen überge- pslanzt, und wir sehen die herrlichsten Thaten der Zweikämpfe durch die Poesie verherrlicht. Z, B. die Zweikämpfe zwischen mauri- schen und christlichen Rittern in Spanien. Wir freuen uns noch heute, wenn wir die Schilderuygen dieser geschichtlichen Zweikämpfe lesen; denn es war der Heroismus, der sih darin aussprach, und ten wir durch die Romantik verherrlicht finden. Es tritt aber heutzutage in geseßlich festgeordnetem Staat durch den Zweikampf das Jndivi- duum dem Staat entgegen , mit ihm in Konflikt, Der Stagt darf

es niht dulden, daß das Jndividuum von jeinen Geseßen unabhän- gig sein wolle. Eintretend in den Staat, opfert ihm das Jndividuum einen Theil seiner Freiheit auf, um die Früchte zu genießen, die der Staat dur seine geseßlihen Verhältnisse ihm verleiht, und so is es denn gekommen, daß gegen das Duell die Gesehgebung eintreten mußte. Die Geseßgebung aber hat sich manichfach verirrt, und der Herr Minister hat uns verschiedene solche Verirrungen hervorgehoben, Die schönste davon war unstreitig die, als der Großmeister der Mal= theser an der Spihe seiner Heldeushaar den Heroismus und seine Ausstrahlungen nicht bändigen konnte und diesen Heroismus durch Heroismus zu bekämpfen suchte, indem er das Haupt des Siegers im Duell unter dem Beile des Nachrichters fallen ließ.

Nicht nur solhe romantische Ansichten einer Zeit, die über uns in mancher Beziehung durch ihre Poesie hervorragt, können jeßt überhaupt niht Anwendung finden, sondern wir müssen in unserer Legislation uns auch ganz speziell dem heutigen Geiste unseres Volkes, unseren heutigen Sitten fügen, und unser Recht muß si, um ein wahres zu sein, diesen Verhältnissen anschließen. Dies hat man auf eine sehr mißglückte Art durch die Bestimmung des Allg. Landrechts versucht. So groß man auch von den Geseßgebern jener Zeit in vielen anderen Beziehungen denken, so viel Gerechtigkeit man ihnen widerfahren lassen muß, in diesem Punkte sind sie jedenf "? fehlgegangen; denn sie haben ein Geseß aufgestellt, das nicht i unausführbar, sondern in dem Prinzip ganz unrichtig gefaßt is, es sollte die Ehre halten und hat in seinen Strafbestimmungen die Ehre mit Füßen getreten. Jn dieser Form wollen wir uns also nicht be- wegen. Wir wollen die Sitte, die Zeit ins Auge fassen. Die Ehre, von welcher der Gesebßgeber bei dem Allgemeinen Landrechte ausging, war die Ehre des Judividuums nur dem Jndivizuum gegenüber, und hierin scheint der Fehlgriff besonders gelegen zu haben, Der vor- liegende Entwurf macht darin schon einen sehr glücklihen Vorschritt, daß er das Duell von den Jnjurien getrennt, besonders behandelt und seine cigenthümlihe Natur anerkennt, Jch glaube aber, um über das Duell im Sinne unserer Zeit und unserer Sitte richtig zu ur= theilen, muß man noh einen anderen Gesichtspunkt ins Auge fassen, nämlih dem Einzelnen darf anf keinen Fall das Recht geraubt wer den, seine Ehre zu vertheidigen mit Aufopferung seines Blutes : ehr= haft, wehrhaft, ehrlos, wehrlos. Aber cs ist das Geseß, welches ihm die Vertheidigung anbietet, und diese weist er zurück, Er macht Gebrauch von dem Rechte, welches der Staat an sih genommen ha! * ein Judividuum erklärt dem anderen Jnudividuum den Krieg. Dies ijt es, was in dem Duelle vom Staate aus zu strafen. Es isst die un- erlaubte Selbsthülfe derjenige Punkt, welcher das Duell strafbar macht, und ih bekenne, daß ih gewünscht hätte, bei der unerlaubten Selbsthülfe diesen Gegenstand mit in dem Gesetze seine Stelle sinden zu schen. Abgesehen von dieser Stellung in dem Gesepße, bin ich eben, nach der von mir angedeuteten Ansicht, mit der Ansicht des Entwurfes durchaus einverstanden , indem er das ganze Vergehen vom ersten Moment bis zum leßten als ein zusammenhängendes Ganze würdigt, cs in seinen verschiedenen Phasen betrachtet und manu |o daun zu dem Resultate gelangt, welches die Strafen ergiebt, die mit dem Grade der unerlaubten Selbsthülfe in Einklang stehen und die Jndividuen gehörig sichern. O j ;

Abgeordn. von Auerswald: Wenn ih niht, wie das Mit» glied aus Westfalen, sofort auf die Rede des Herrn Justiz-Ministers mich ergebe, so liegt das hauptsächlih darin, daß derselbe bei Er- wägung der zwischen dem Geseh - Entwurf und dem Gutachten be- stehenden Verschiedenheiten denjenigen Unterschied nicht berücksichtigt hat, den ih für den wichtigsten halte, und der mich bestimmt, an den wesentlichsten Punkten des Gutachtens festzuhalten, Wenn ch den Mirister der Gesebgebung ret verstanden habe, so liegen die Gründe welche es überhaupt rechtfertigen, die Strafbestimmungen über den Zweikampf aus den allgemeinen Bestimmungen über Körperverleßun=- gen und Tödtung ausscheiden zu lassen, darin, daß man einmal da- durh vermeiden will, Strafen festzuseßen, welhe ihrer Härte wegen der Volksansicht entgegen sind, zweitens solche Strafen, welche des- wegen zu hart erscheinen, weil sie gegen Verleßungen gerichtet sind, die gewissermaßen ein Judividuum mit der Bewilligung des Anderen unternimmt, und die den alten Grundsaß für sich haben: volenti non fit injuria, daß endli, wenn man so harte Strafen nicht vermiede, man die Bestrafung erfahrungsgemäß unausführbar und somit die Gescß- gebung illusorisch machte. Dies sind, glaube ich, die hauptsächlichsten Gründe gewesen; ih schließe mich diesen Gründen vollständig an und stimme auch dex Ansicht des Herrn Ministers darin bei, daß diese Gründe, wenngleich zu einer besonderen Behandlung in Betreff des Strafmaßes, so doch nur zur Milderung der Strafe, nicht aber, wie von dem Herrn Kerrrferenten ausgeführt worden ist, und wie es nah französischem und rheiuischom Recht stattfindet, theil- weise bis zur Strasflosigkeit führen türscu. Dem Allen stimme ich, wie gesagt, vollkommen bei, und ih würde, wenn der Entwurf sich darguf beschränkte, also nur die Bestimmung der Milderung der Strafe aufgestellt hätte, nichts zu erinnern haben; der Entwurf geht aber namentlih in den §8. 216 und 217 noch weiter, und darauf gründe ih mein Monitum.

Q S 216 Veit eo:

„Zst ein Zweikampf ohne Sekundanten vollzogen worden, so kann die sons begründete Strafe um die Hälfte geschärst werden.“ und (M S 271

„Jst eine Tödtung oder körperliche Verleßung mittels vorsäblicher Uebertretung der vereinbarten Regeln des Zweikainpfs bewirkt worden, so i} der Uebertreter, sofern nicht nah den vorhergehen= den Bestimmungen (§§. 214—216) eine härtere Strafe begründet it, nah den allgemeinen Vorschriften über das Verbrechen der Tödtung oder der körperlichen Verleßung zu bestrafen.“ :

Jn diesen Paragraphen nimmt der Entwurf von dem inneren Organismus einer geseßlich verbotenen Handlung , eines Vergehens Notiz, er nimmt Notiz von den Regeln, unter denen etwas, was er als Verbrechen selbs bezeichnet, begangen wirdz er mmnt auf gün- stige Weise davon Notiz , indem er, wenn dieje behufs Ausführung des Vergehens vereinbarten Regeln des Vergehens verleßt werden das Vergehen selbst härter bestraft. __ Das ist , meines Ermessens, etwas, wodur das Geseß sich gewissermaßen, wenn auch aus Nüy- lihfeitsgründen und in der besten Absicht, zum Garanten des Ver= gehens macht; meines Ermes)ens, sagt der Gesebgeber in dic sen Paragraphen ganz einfach : Nachdem man Jahrhunderte lang sich bemüht hat, mit geseßlichen Mitteln gegen den Zwei= fampf anzufämpfen und dies uicht gelungen ist, größten- theils deshalb, weil man sehr unzweckmäßige geseßliche Mittel angewendet hat, #0 muß ih zu anderen Mitteln greifen, und zwar nicht allein zu zweckmäßigen geseßlichen, sondern auh zu zweckmäßi- gen ungesehlichen. Das ist cs, was der Entwurf in diesen beiden Paragraphen ausspricht, und deshalb scheint es vor allen Dingen nothwendig, daß diese beiden Paragraphen gestrihen werden, und, wenn diese Paragraphen gestrichen werden, so würde vielleicht keine Veranlassung seien, die Bestimmungen über den Zweikampf mit den gemilderten Strafen in den nächstfolgenden Titel aufzunehmen. Jn=- dem ih bemerke, daß der Herr Marschall von Brandcuburg das Gut= achten wohl nicht richtig verstanden hat, wenn er glaubt, die Abthei- lung sei gegen Milderung der Strafe, bin ih also der Meinung, daß, insoweit der Zweck des Entwurfes nur dahin ginge, ein angemesse-

Erste Beilage

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neres Strafmaß einzusühren und namentlich diejenigen Handlungen, welche sons mit härterer Strafe belegt werden, einfach deshalb mit einer milderen Strafe zu ahnden, weil sie im Zweikampfe vorgekom- men sind, dieser Zweck vollkommen erreicht würde, wenn die betref- fenden Strafbestimmungen auf die von der Abtheilung vorgeschla gene Weise in den nächsten Titel aufgenommen würden; es wäre dann feine Veranlassung vorhanden, dur die vorhin angedeutete An- erkennung ungeseßlicher Verhältnisse noch eine besondere Rücksicht eintreten zu lassen. Jh glaube auch, daß Alle, welche den Zwei- fampf für unentbehrlih, die ihn wegen Sitte, Ehre und ritterlichen Gefühles für nothwendig halten, sich damit vollkommen einverstanden erflären müssen und auf eine dem Wesen des Gesetzes fremde Be- rücsihtigung verzichten werden. Jch will mich nicht besser machen, als ih bin, ich erfenne die subjektive Berechtigung jener Ansichten und Gefühle an, ich bin weit entfernt, durch das, was ih hier spreche, implicite das Gelöbniß ablegen zu wollen, daß ih für die

œurtheile, aus welchen sie entspringen, jederzeit ohne Versuchung hen würde. Jch gehe aber weiter, ih vergegenwärtige mir den Standpunkt derjenigen, die meinen, daß in der innersten Herzenskam- mer etwas zu sühnen sein könne, was durch das Geseß nicht gesühnt werden fann, vielmehr nur durch die Berufung àuf das, was die alten Deutschen ein Gottes-Urtheil nannten; wenn ich mich auf den Standpunkt derjenigen stelle, die dies ernstlih meinen und bereit sind, ‘ihres Herzens Unterfangen mit des Herzens Blut zu sühnen““, so frage ih, ob solche, die mit Bewußtsein und nach ihrer Ueberzeugung sich außerhalb des Gesebes stellen, weil es ihnen niht ernst genug ist, sich nicht gern und willig allen Folgen ihrer Handlung unter= werfen werden? Es if in einer früheren Sibung angeführt worden in Beziehung auf jene Patrioten, welche in früheren Jahren sich eines Hoch- und Landesverraths formell theilhaftig gemacht hatten, und zwar von dem Herrn Landtags-Kommissar angeführt, sie hätten das mit Bewußtsein der möglichen Folgen gethan, und sie würden ihre Strafe mit Freuden getragen haben, Das war ein wahres ort, aber dasselbe verlange ih auch von demjenigen, der, um den lessten Gefühlen seines Herzens folgen zu können, das geschriebene Recht verleßt. Jch komme auf einen anderen Unterschied zwischen dem Entwurf und dem Gutachten, welchen der Herr Minister der Geseßgebung schon hervorgehoben hat, und der darin bestehen soll, daß in allen Fällen des Zweikampfes, in denen keine Verleßung statt=- gefunden, nah dem Gutachten alle vorbereitenden Handlungen straf- los bleiben sollen, und da muß ich bekennen, wie ich mih überzeugt habe, daß das nicht angeht, und der Meinung bin, daß jene Hand- lungen nicht immer straflos bleiben fönnen. Jch glaube aber, daß dazu nicht ein besonderer Titel über den Zweikampf erforderlich sein dürfte, sondern daß doch das is Fassungssache, und ih unterwerfe mich besserem Ermessen daß dieser Punkt unter den Bestimmungen über

den Versuch sich erledigen würde. Sollte ih hierin irren und dies

nicht angehen, so würde ih meinerseits nichts dawider haben, daß ein besonderer Titel darüber gegeben werde ; darauf aber muß ich wiederholt antragen, daß das in den §§. 216 und 217 aufgestellte Yrinzip beseitigt werde, und ih bitte, ernstlich in Erwägung zu neh- men, ob wir dem Geseßgeber rathen dürfen, sich durch die Paragra- phen zum Garanten geseßwidriger Handlungen zu machen.

Justiz = Minister von Savigny: Jch fange an mit demselben Gegenstande, den ter geehrte Abgeordnete aus Preußen zuerst erwähnt und an die Spiße seines Vorschlags gestellt hat, nämlich mit den §§. 216 und 217. Jch glaube, er hat selbst anerkannt, daß dies bloße Einzeln= heiten sind; diese beiden Paragraphen fönnten vollständig gestrichen werden, das System des Entwurfs würde davon unberührt bleiben. Aber ih muß doch den Entwurf gegen den Vorwurf vertheidigen, welcher aus der Aufnahme dieser beiden Paragraphen hergeleitet worden is. Der Vorwurf ging darauf, daß in beiden Paragra hen der Geseßgeber gewissermaßen den Zweikampf als etwas Ehrenwerthes, an sich Berechtigtes unter der Vorausseßung gewisser Formen und Bedingungen anerkenne; diese Anerkennung aber dürfe er thm niht widerfahren lassen. Jh muß dem widersprechen, vor Allem, was §. 246 betrifft. Der Paragraph hat n{cht den Sinn, daß, weil die Sekundanten hergebracht sind und man von dieser Sitte abweiche, die Strafe geschärft werden olle, sondern deswegen, weil nach der Erfahrung das Duell ohne Sekun- danten viel gesährlicher werden kann. Jch will mi durch ein Beis {piel deutlicher machen. Gesebßt, es käme einmal die Sitte auf, das Duell dadurch noch gefährlicher zu machen, daß man sich vergisteter i Kenn der Geseßgeber daraus eine noch härtere cktrafe selzte, läge darin etwa eine billigende Anerkennung des ohne diesen Zusaß vexübten Zweikampfes?# Gewiß nit, sondern nur die Anerkennung der größeren Verwerflihkeit, ja Abscheulichkeit des mit einem solchen Zusaß verübten Duells, Eben so is} es auch hier, weil durch die Abwesenheit der Sekundanten das Duell viel gefährlicher werden fann, als es außerdem sein würde; deswegen is eine beson ere Strafe darauf festgeseßt. Was die vereinbarten Regeln des weikampfes betrifft, so hat der Vorwurf mehr den Schein für sich. iese vereinbarten Regeln haben nämlich etwas, das auf eine gewisse Berechtigung des Daseins hindeutet, Jch. hätte nichts dagegen, den ganzen Paragraphen zu streichen. Jh mache aber auf den Umstand qgufmerkfsam, daß durch Uebertretung dieser Regeln eine ganz besondere Scchlechtigfeit und Niederträchtigkeit bewiesen werden fann, wenn das» enige, was verabredet worden is, um das Duell weniger gefägrlih u machen, zur Vernichtung des Lebens gemißbraucht wird, Es liegt darin etwas besonders Verwerfliches und Tadelnswerthes, niht weil die vereinbarten Regeln überschrit?en werden, sondern weil es einen öheren Grad der Gefährlichfeit für Menschenleben mit sich führt. Diese beiden Paragraphen, glaube id, fönnen wegfallen, und das System des Entwurfs bleibt unberührt; indessen wird es bei der weiteren Berathung darauf ankommen, ob man einen dieser Para- graphen weglassen will. Was aber das Andere betri}, so freut es mich, daß der Abgeordnete hierin beigetreten ist; denn für einen prafk- tischen Unterschied zwischen dem Entwurf und dem Antrage der Ab- theilung halte ih es allerdings, daß hier alle vorbereitenden Hand- lungen strafbar erachtet werden sollen, und wenn der Abgeordnete darauf eingeht, so freut es mich vorzüglich. Außerdem würde das System des Entwurfs makellos bleiben, Was ich aber mit beson- derer Freude anerkennen muß im Vortrage des Abgeordneten, is die

Waffen bediente.

Aeußerung, daß derjenige, welcher seiner Ehre wegen den Zweikampf für nothwendig hält, als guter Bürger auch ohne Bedenken sich der Vollziehung der Strafe unterwerfen, also diesen Tribut seinem Vas terlande bringen werde. Diese Ansicht spricht sehr zur Unterstühung des ganzen Entwurfs in Ansehung der Strafen, die für alle Phasen des Duells vorgeschrieben sind.

Abgeordn, von Donimierski: Es ist von einem Reduer eben bemerkt worden, worauf ih die hohe Versammlung aufmerksam machen wollte, nämlich, ob. die vorbereitenden Handlungen straslos sein können. Die Abtheilung spricht ihre Ansicht bestimmt aus. Sie sagt, ein bloßer Duellvertrag, so wie ein vollzogener Zweikampf, der ohne alles Resultat geblieben, soll straflos sein, Diese Ansicht ist

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Dienstag den 22. Febr.

unrichtig; denn wenn wir den Zweikampf als ein strafbares Verge- hen ansehen, so müssen auch die diesen vorbereitenden Handlungen

eben als ein Versuch {hon nah den allgemeinen Bestimmungen be-

straft werden. Die Abtheilung sagt ferner: „Hat eine körperliche Verleßung oder Tödtung stattgefunden, jo ist kein Grund, von den für diese Fälle gegebenen Strafbestimmungen abzuweichen.““ Die Abtheilung gesteht aber weiter unten zu, daß für dieses Vergehen mildere Strafen nothwendig sind, weil es auf alten Vorurtheilen be- ruht und eine eigenthümliche Natur hat, indem die Rechtsverlezung in Folge eines wechselseitigen Vergleiches geschieht. Ferner sagt die Abtheilung, sie wolle das Duell nicht als ein besonderes Vergehen behandeln, um nicht gewissermaßen die alten Vorurtheile dadurch zu sanctioniren. Dies geschieht aber nicht dadurch, daß wir das Ver- gehen in einem besonderen Titel behandeln, sondern dadur, daß wir mildere Strafen dafür festseßen, die aber auh die Abtheilung für durchaus nothwendig findet. Deswegen halte ih die vorliegende Frage für eine reine Fassungssache, ob wir es für zweckwäßig erach- ten, die milderen Vorschriften in verschiedene oder in einen Titel auf- zunehmen. Jh erkläre mich für Leßteres.

Abgeordn. Wodiczka : Jch habe mich nicht überzeugen können, daß die Majorität der Abtheilung Unrecht hat. Die Redner, welche für die Beibehaltung des Titels gesprochen haben, legen zu viel Ge- wicht auf die Ehre und die Ansichten der sogenannten gebildeten Stände. Der preußische Staat is kein Staat der Ehre allein, son- dern au ein Staat der Jntelligenz. Er is daher verpflichtet, nicht blos Besetßze für Gebildete und Ungebildete zu geben, sondern er muß für alle Menschen ein gleiches Gesetz erlassen. Jch bin in meiner Ueberzeugung durch eine Aeußerung des verehrten Herrn Kommissars des Kriegs - Departements noch mehr bestärkt worden. Er hat ge- sagt, wer ein Duell verweigere , werde ehrlos. Gedenken Sie nun des Bescholtenheits-Geseßes. Es giebt im bürgerlichen Stande viele Beamte, welche Offiziere sind, Wenn sie ein Duell verweigern, weil sie das Gesez, welhes zu befolgen sie angelobt, nicht übertreten wollen, so werden ste für ehrlos erflärt. Kann ein Ehrloser im Amte bleiben? Kann er Richter bleiben, wenn er ein Justizamt bekleidet ? Kann er in einer Stände - Versammlung sißen, wenn er das Recht der Standschaft hat? Jch stimme für eine härtere Strafe, als der Entwurf angegeben hat, weil ih nicht anerkenne, daß derjenige, wel- cher sich einem Duell ausseßt, mehr Muth habe, als derjenige, wel- cher es verweigert. Wer es ausschlägt und so die Gesetze, welche das Duell verbieten, befolgt, hat auch Muth. Jh erkläre mich da- her für den Wegfall dieses Titels.

Regierungs-Kommissar von Reyher: Jch habe gesagt, daß ein Offizier, welhem eine Ehrverlebung zugefügt wird, und der alsdann dem Duell auszuweichen sucht, den Vorwurf der Feigheit auf sich la=- det und dadur seine Ehre als Offizier verliert. Ein Offizier aber, welcher einräumt , daß er- feig ist, kann nicht Offizier bleiben. Er giebt sih der Verachtung seiner- Kameraden preis und gefährdet mit- hin seine Existenz.

Abgeordn. Lucanus: Vor allen Dingen, ehe ich auf die Sache felbst komme, muß auch ih mit ein pgar Worte auf den Ursprung des Duells im Mittelalter zurückkommen

(Heiterkeit)

weil ich darin auch eine Entschuldigung sinde und nothwendig daraus meine weiteren Folgerungen ziehen muß. Wenn das Duell gus dem Streben nah Ehrenhaftigkeit des Mittelalters hervorgegangen ist, aus dem Streben des Mannes nah größter Mannhaftigkeit, wel hes sich vorzug8weise im Waffengebrauche zu zeigen pflegte, so liegt darin der Grund, daß das Duell sih auch bis heute erhalten hat und noch länger erhalten wird, eben weil der Waffengebrauch fort-= dauert. Die Waffe eben is es, welche Veranlassung zum Duell giebt. Der Student, der auf die Universität fommt und auf dem Fechtbo= den den Gebrauch der Waffen kennen lernt und eine Ehre darin sucht, sich mannhaft zu zeigen, bekommt leicht eine Neigung, zur Ver= fechtung seiner Ehre die Waffen zu gebrauchenz eben so geht es bei dem Militair, So lange wir niht im Stande sind, den Waffen gebrauh abzuschaffen, können wir auch das Duell nicht abschaffen. Die Neigung, seine Ehrenhaftigkeit dur eine solche Selbsthülfe zu bewähren, besteht aber nicht allein in dem Waffengebrauch, sondern man hat Ehrenhastigkeit und Meisterschaft auch in den Waffen der Rede und der Schrift zu beweisen sich bemüht, und so is es sogar zu Zweikämpfen gekommen, welche von rein musikalischer Natur wa ren, Denn die Minnesänger haben auch gewetteifert. Das Duell hat überdies zwei Gesichtspunkte, Jm Volke ist die Meinung festge- wurzelt, eine solche Selbsthülfe sei erlaubt, der Staat dagegen erklärt sie für nicht erlaubt, Wenn der Staat nun nicht im Stande if, die Mittel aufzufinden und anzuwenden, um das, was er nothwendig findet, vollkommen zu erreihen, und weder Hinrichtungen noch guch das scheußlihste aller Mittel, welhes man in Amerika angewendet hat, die Leute, welche sih duellirt haben, ins Jrrenhaus zu \icken, irgend etwas geholfen haben, so is es, glaube ich, auch an der Zeit, die Waage balancireu zu lassen, halb der Volksmeinung, halb der Rüd- sicht auf den Staat zu folgen und nur die Hälfte der Strafe denen anzudrohen, von welchen diese Geseße überschritten werden. Dann wird der Volksansicht, der Ehrenhaftigkeit und auch dem Staate gleich Recht geschehen.

Abgeordn, Graf Renard: Ich sage nicht ein Wort

(Heiterkeit)

über das Wesen und die Geschichte der Duelle. Es is dies ein von den besten Talenten der Versammlung bereits zu breiter Heerstraße ausgetretener Pfad. Jh will nur die Versammlung auf den Stand- punit zurückführen, wo die Debatte steht oder stehen sollte. Der gechrte Redner vor mir hat si über verschiedene Fragen ausgespro= heu. Es ist von Anderen sogar auf das Detail der einzelnen Pa- ragraphen eingegangen worden, Die Frage ist aber einfach die: soll das Duell überhaupt bestraft werden? Soll es bestraft werden im Sinne der Manifestation der allgemeinen Gerechtigkeit, des. Sittlich- feitsgefühls? Die Versammlung i hier nicht s{hwankend und ge- theilt, Duelle sollen bestraft werden. Nun kömmt die zweite Frage. Soll diesem Vergehen ein besonderer Titel gewidmet, oder soll es unter den Titel 12 von der Tödtung und Körperverleßbung aufgenom- men werden. Jch muß mi dafür erklären, daß ein eigener Titel diese Angelegenheit behandle, und zwar im Sinne der Strenge, da= mit, wenn es ih unter die allgemeinen Paragraphen verläuft , es niht ganz straflos bleibe, wie in anderen Geseßgebungen dies der Fall, dann aber auch deshalb, damit die sogenannten Heter bestraft werden, wozu Titel 12 keine Gelegenheit bietet, im Sinne der Milde aber, damit, wenn das Resultat ein trauriges i}, nicht zu streng ge= straft werde, damit der Charakter dieses Vergehens legale Berüdsih- tigung finde. Jch erlaube mir, noch auf eine Lüde in den Argumen- ten des Abgeordneten aus Preußen aufmerksam zu machen; “er er- flärte, daß der Entwurf durch §. 217 in den Worten „vereinbarte Regeln““ die Regeln einer widerrechtlihen Handlung als zu Recht be- stehend anerkenne. Das ist nicht der Fall, Der Paragraph erkennt

als Geseb die Regeln des Zweikampfs nicht an, sondern die Duel--

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lanten haben sie anerkannt, l ein Bruch des Vertrags und als solcher ein sehr ershwerender Umstand.

den uns hier in einer eigenthümlichen Lage, dem Prinzip des Entwurfs näher steht, als diejenigen Mitglieder, welche die Ansicht der Regierung haben vertheidigen wollen, ja sogar näher, als ein Organ der Regierung selbst.

würde eimn t g habe, ich ahne es aber, was damit gemeint gewejen is

dann beginge Gefängniß auf das Duell seßte. U strafen, nicht das Recht, nicht einen Gebrauch, der nach diejer An- sicht zum Schuße der Sitte und Ehre n óthwendigz es darf aber dieser Grundsaß niemals vom Staate anerkannt werden, und ih muß nochmals behaupten, daß wir dem Entwurfe, der ihn nicht anerkannt hat, viel näher stehen, als diese Ansicht. l daß die Abtheilung in keiner Weise auf dem Antrage bestehen wird, den Zweikampf nicht in einem besonderen Titel zu behandeln. die hohe Versammlung

und was dagegen unternommen wird, ist

Jch glaube doch, wir befin-

Abgeordn. Graf von Schwerin : / indem die Abtheilung

Jch für meine Person,

und ih glaube au die Majorität der Abtheilung, theile die Prinzi=- pien über die Natur und Strafbarkeit des Duells, wie sie der Herr Minister der Gesebgebung entwickelt hat, vollkommen. daß der Staat unter allen Umständen den Zweikampf als eine straf- bare Handlung betrachte und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln dahin wirken müsse, die Zweikämpfe zu vermindern, daß aber, um zu diesem Ziel zu gelangen, die Strafe auch ausführbar sein musse. wickelt hat, Dem ist die Abtheilung beigetreten; dieselbe is nur noch milder gewesen, wollen, und ich theile daher insofern die Ansicht des verehrten Abge- ordneten aus der Provinz Preußen ganz vollkommen, daß sich eigent- lich die Abweichung des Vorschlages der | l Formfrage reduzirt, auf eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob man hier so weit gehen solle,

Er verlangt,

Das isst das Prinzip, welches der Herr Justiz= Minister ent-

sie hat die vorbereitenden Handlungen nicht strafen

Abtheilung nur auf eine

daß man die vorbereitenden Handlun- aber wahr wäre, was der Herr daß die Ehre des daß die Ehre des wenn ferner das

gen für straflos erklärt. Wenn 1 Rertreter des Kriegs - Ministeriums gesagt hat, Offizierstandes so unbedingt das Duell erfordere,

Offizierstandes niht bestehen könne ohne Duell,

wahr wäre, was ein Mitglied aus Westfalen gesagt hat, welches ebenfalls ein höheres Staatsamt einnimmt, daß, 1 ; nicht mehr existirte, die Zeit des „geitigen Faustkampfes“’ eintreten

wenn das Duell

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n Ausdruck, den ih allerdings nicht ganz verstanden (Heiterkeit) ;

der Staat ein Unrecht, wenn er auch nur einen Tag

Der Staat darf nur das Unrecht

Jh glaube demnah au,

Kommt zu der Ueberzeugung, daß die Ansicht der Abtheilung nicht richtig sei, daß die vorbereitenden Handlungen nicht zu strafen seien, sondern will sie, wie der Entwurf es thut, daß schon die vorbereitenden Handlungen bestraft werden, 19 wird sich von T ergeben, daß es zweckmäßig ist, einen besonderen Titel zu machen. Wir glaubten nur, ein besonderer Titel jet nicht nothwendig, weil die ganze Sache sich auf 2—3 Paragraphen reduzirt, die bei den Befiimmungen über die körperlichen Verleßungen und über Tödtung zu behandeln wären. Jm Uebrigen habe ih jeßt darüber, was das verehrte Mitglied aus Preußen in Bezug auf die §§. 216 und 217 gesagt hat, noch keine Veranlassung, mich zu äußern.

Regierungs = Kommissar von Reyher: Daß das Duell durch= aus nothwendig sei für die Armee, habe ih, wie ich glaube, nit gesagt. Jch seßte nur voraus, daß die geehrte Versammlung meine Ansicht dahin theilen würde , daß es s{werlih je gelingen möchte, das Duell aus der Armee zu verbannen, und bei dieser Ansicht muß ih auch stehen bleiben und nochmals wiederholen, was ih vorhin ge= äußert habe, daß einem Offizier, wenn er gefordert wird, nichts übrig bleibt, als die Forderung anzunehmen. Jch frage, was soll aus ihm werden, wenn unter seinen Kameraden bekannt wird, er habe eine Forderung abgelehnt und sich derselben zu entziehen gesuht? Jch frage, ob er dadurch nicht den Vorwurf der Feigheit auf sih ladet, und ob es dann noch mögli is, ihn in der Armee zu behalten? Wenn es gelingt, die allgemeine Bildung so weit zu verbreiten, daß das Duell überhaupt vershwindet, so wird es auch für die Armee niht weiter nothwendig sein; aber wie die Sache jeßt noch liegt, faun ein Offizier, nah meiner innigen Ueberzeugung, \ich demselben eintretendenfalls nicht entziehen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Vorurtheil, keine Nothwendigkeit,

Abgeordn. Krause: Wenn die Abtheilung alle Strafen für das Duell verworfen oder unter den Begriff des X11. Titels gestellt hätte, so würde ih dem beistimmen, aber da sie einmal gesagt hat, daß nur eine Ermäßigung eintreten solle, so finde ih es doch am Ende zweck mäßig, daß wir den Entwurf annehmen, wie er vorliegt, wofür sich au zwei Mitglieder von der Majorität der Abtheilung erklärt ha= ben. Deshalb wollte ih blos motiviren, warum ich diesmal gegen die Abtheilung imme. Daß das Duell oft aus mißverstandenem Ehrgefühle hervorgeht, erkenne ih ganz an, da aber junge Brause- föpfe einmal eine ganz besondere Ehre haben müssen, #o stimme ih eben deshalb für den Entwurf, der sie wenigstens uicht ehrlos macht.

Abgeordn, von Werdeck: Ein paar praktishe Bemerkungen möchte ih hier einführen. Das geehrte Mitglied gus Preußen, wel- ches furz vor mir gesprochen hat, hat darauf verwiesen, daß es wins- \henswerth sei, die allgemeinen Bestimmungen des Gesetzentwurfs auch auf den Zweikampf möglichst anwendbar zu erhalten ; ih gestehe, daß ich befürchte, daß es zu den höchsten praktischen Jukonvenienzen führen würde, wenn wir nicht bestimmt erklären, wie es in Ansehung der Sekundanten zu halten, wenn wir nicht bestimmt erklären, wie es in Ansehung der Herausforderung und der Folgen der Herausforde- rung gehalten werden solle, wenn wir nicht bestimmt erklären, wie es mit den übrigen Zeugen und Theilnehmern an Duellen zu stehen kom- men soll. Jch glaube, wir laufen dann Gefahr, daß die einfache Herausforderung unter Umständen als Versuch eines nah dem Vor= schlage der Abtheilung möglicherweise utit lebenswieriger Freiheits- strafe bedrohten Vergehens mit 3—20 Zahren Freiheitsstrafe geahn- det werde und in analoger Weise auch die Sekundanten und übrigen Theilnehmer auf eine sehr harte Weise bestraft werden würden. Vem müssen wir entschieden vorbauen, und das fann nur geschehen, wenn wir uns speziell im Gesebe auf die Sache einlassen. Es fann mir entgegnet werden, wie 1 einem ganz ähnlichen Falle geschehen ist, daß im Allgemeinen Niemand über die Motive zweifelhast sein fönne, welche bei Abfassung des Geseßes obgewaltet haben, indem darüber unsere Verhandlungen hinreichende Auskunft geben würden;z ih bin aber der Ansicht, daß für den Richter niht das Motiv, son=- dern der Ausspruch des Geseßes maßgebend is, und daß für den Richter, wenn das Geseb so erlassen wird, wie es die Abtheilung projektirt hat, nur die Vorschriften dastehen, daß Duellanten unter Umständen mit 10jähriger bis zu lebenswieriger Freiheitsstrafe zu bestrafen Ai und welche weiteren Milderungen von der Abthei= lung in Vorschlag gebraht worden sind. Daraus wird aber weiter

Es 1} also immer nur ein

folgen, daß der Richter au für nothwendig erkennen wird, guf die