1848 / 55 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Regierungs - Kommissar Bischoff: 5 Jahr Strafarbeit oder | i

5 r Zuchthaus. z i j RYr autinister von Savigny: So steht es in den Motiven

abgedruckt, und es ist im Entwurfe nur aus Versehen ausgefallen. -

Abgeordn. Graf Renard : Insofern die Debatte noh nicht geslossen is, so würde ich um's Wort bitten.

b (Von vielen Seiten Ruf nah Abstimmung.)

Marschall : Es liegt fein bestimmter Antrag vor, und die Frage fann nur dahin gestellt werden: ob dem Antrage der Abtheilung auf Annahme des Entwurfs beigestimmt werde?

(Mehrere Stimmen: so wie er dasteht?)

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Nicht wie cr da- steht, sondern mit dem Vorschlage, daß das Minimum auf fünf Jahre Strafarbeit gestellt werde. |

Abgeordn. Graf Renard: Ein Antrag is gestellt und unter= ftüßt worden. Es is der: es soll das Maximum auf 10 Jahre reduzirt werden. Diese Frage muß gestellt werden, da der Antrag Unterstüßung gefunden hat. Es is dann noch ein zweiter Antrag vom Referenten ausgegangen, daß das Minimum auf 3 Monate, oder wie ih es ausgesprochen habe, auf 1 Jahr gestellt werde. Diese Anträge sind auch unterstüßt worden. Auch darauf is eine Frage

zu richten.

Abgeordn. von Auerswald: Jh muß bemerken, daß der An- trag, das Minimum auf 3 Monate zu stellen, nicht vom Referenten ausgegangen, sondern im Entwurf enthalten und von der Abthei=- lung angenommen worden is, F

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh muß bemerken, daß die Abtheilung das Minimum nur unter der Vorausseßung angenommen hat, daß es wirklich die Absicht der Regierung |e1. Wenn die Re- gierung 5 Jchre vorgeschlagen hätte, so würde die Abtheilung viel leiht niht zu dem Antrage gekommen sein. Sie will nicht schärfer sein als die Regierung, ein Abtheilungs-Vorschlag liegt daher eigent= lih nicht vor, weil ein ganz neues Moment in die Diskussion ge-= fommen is, Jch bedaure, daß der Herr Kommissar, was er hier gesagt hat, nicht in der Abtheilung vorgebracht hat.: - fi

Regierungs - Kommissar Bischoff: Jh habe die Auslassung damals übersehen, wie ih dies anerkennen muß.

Marschall: Wir können nur zur Abstimmung in der Art fom- men, daß gefragt wird, ob die Versammlung davon ausgeht, daß fein Minimum festzustellen sei, in welhem Falle es nicht allein bei der Fassung des Entwurfs bleibt, sondern auch subintelligirt wird, daß das gesehlihe Minimum von drei Monaten eintreten würde. Es ist nicht thunlich, die Frage auf Annahme des Entwurfs zu stel- len, wenn der Entwurf durch die Regierung eine andere Fassung erhalten hat. j

Zustiz - Minister von Savigny: Js die Diskussion hon ge- \{lo\}sen, oder is es erlaubt, noch ein Wort über das Minimum hinzu= zufügen? Jh möchte nur aufmerksam machen, daß, wenn das von der Regierung beabsichtigte und in den Motiven abgedruckte Minimum von 5 Jahren angenommen wird, immer noch eine sehr bedeutende Verminderung der geringsten Strafe in Vergleichung mit dem ge= wöhnlichen Todischlage \tattsindet, weil dabei das Minimum guf

10 Jahre feststeht, ohne alle Rüäsicht auf das persönliche Verhältniß zwishen Mutter und Kind.

Abgeordn. von Auerswald:; Jh würde nicht mehr das Wort ergriffen haben, wenn nicht der Herr Justiz-Minister den Affekt einer Kindesmörderin verglichen hätte mit dem Affekte eines, der in Leiden=- schaft und ohne Ueberlegung einen Todtschlag verübt, und die Mei- nung ausgesprochen hätte, daß hier ein wesentlicher Unterschied statt- inde, weil der Kindeêmord immer mit Ueberlegung verübt werde, Ich behaupte dagegen, daß diejenigen Affekte, welche eine Kindes- mörderin bewegen können, unter vielen Umständen viel mehr zu ent- \chuldigen sein werden, als jeder andere Affekt der Leidenschaft, ohne Ausnahme. n S

Justiz-Minister von Savigny: Jh muß völlig mißverstanden worden sein, wenn man glaubt, ih hätte behaupten wollen, daß jeder Kindermord mit wahrem Vorbedacht verübt werde. Jch habe gesagt, er fommt oft mit Vorbedacht vor, Es kommt vor, daß die Mutter schon vor der Geburt beschließt, das Kind nach der Geburt zu tödten, und dann is der Kindermord mit Ueberlegung vorgenommen. Wenn dieses nicht geschieht, so bin ih weit entfernt, eine mit Vorbedacht vorgenommene Tödtung (einen Mord) im Fall eines jeden Kinder=- mordes anzunehmen. .

Abgeordn. von Auerswald: Jh muß zu meiner Rechtfertigung anführen, daß ih den Herrn Justiz-Minister wohl so, wie geschehen, verstehen mußte, denn wenn der Herr Minister der Gesebgebung von den Fällen gesprochen hätte, in welchen die That mit Vorbedacht und unter ershwerenden Umständen verübt wird, so würde dies nur für ein hohes Maximum gesprochen, keinesweges aber ein hohes Mini= mum erforderlich gemacht haben, welches aber vertheidigt wurde.

Korreferent Abgeordn. Kaumann: Die Bestimmung des Para- graphen, der uns eben vorliegt, hängt im Wesentlichen zusammen mit §. 50 des allgemeinen Theils, Es soll eine Handlung demjenigen nicht zugerechnet werden, der niht mit Ueberlegung und freiem Willen handeln kann. Schwer ist es allerdings, zu ermessen, ob der freie Wille, das Bewußtseiy, ausgeschlossen war oder nicht. §. 231 seßt in dieser Beziehung gewissermaßen fest, es sollen in allen Fällen, in welchen eine Mutter außerehelih gebärt, die Handlungen, die sie in Bezug N das Kind unmittelbar nah der Geburt vornimmt, als in

einem Zustande vorgenommen angesehen werden, welcher die Zurech- gege entweder ganz ausschließt oder bedeutend mindert. Will man diese Abstufungen von der vollen Zurechnungsfähigkeit bis zur vollständigsten Unzurehnungsfähigfeit durhgehen, und darnach die Strafbarkeit bemessen, so muß man auch zugeben, daß man auf eine ehr geringe Strafe kommen fann , und es wird zulässig sein, den

aragraphen so anzunehmen, wie er im Entwurf steht, wonach Z Monate- Strafarbeit als Minimum festgeseßt ist.

Justiz-Minister Uhden: Jch glaube, daß auf §. 50 nicht zu- rückgegangen werden fann, sonst müßte jede Handlung, welche im Affekt begangen worden, danach beurtheilt werden.

Abgeordn. Graf von Schwerin : J muß hier wieder auf den Grundsaß des Kriminalrehts aufmerksam machen, daß in dem Maße, wie die Gefahr größer wird, auh die Repression größer sein muß.

Man muß den Affekten, welhe für das Begehen eines Verbrechens im Menschen vorhanden sein können , entgegenwirken durch Androhung einer hohen Strafe. Das ist ein Grundsaß, welcher durch das ganze Strafreht hindurch geht. . Jh will damit niht sagen, daß man gerade hier auf fünf Jahre als Minimum stehen bleiben müsse, aber es rechtfertigt sich noch weniger die Weglassung jeden Minimums.

vermehrt werden, wenn

man sie nicht strenger straft, während sie nur durch O RE einer önnen,

J bin daher der Meinung, daß man ein höheres Strafminimum

Die Kindermorde würden dadurh wesentli unter allen Umständen strengen Strafe reprimirt werden

‘haben muß, als der Paragraph annimmt.

Abgeordn. Freiherr von Gudenau: Jh stimme dem verehrten Mitgliebe aus Pommern vollkommen bei. Wir sprehen immer von Humanität und Milde, wir müssen uns aber auch in Acht nehmen, daß wir niht zu mild Ie entséhlihe Verbrehen werden. Es

/ n Verbrechen, wo ein Menschenleben von ‘derjenigen vernichtet wird, welche vor allen die Pflicht hat, es zu

‘handelt \sich hier um ei

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chüßen, Wenn wir einerseits die mildernden Umstände bei der That berücksichtigen, so dürfen wir aber auch nicht vergessen, daß die Mutter sieben, acht Monate Zeit gehabt hat, nahzudenken, was geschehen soll, wenn das Geshöpf das Licht der Welt erblickt. Wenn sie dieses Kind dann doch noch tödtet, so kann von allzugroßer Milde nicht die Rede sein. - Sie hat Zeit gehabt, nazudenken. Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius: Jch muß mi au gegen den Antrag erklären, das Minimum so weit herabzuseßen. Das Geseß würde dur eine solche Bestimmung an seiner Würde ver- lieren. Es muß ein gewisser Ernst dem Verbrehen gegenüber treten, und ih mache darauf aufmerksam, wie steht die Lage der Gesebgebung jeßt? Jst uicht gegen die jeßige Bestimmung eine ungemeine Milde vorgeschlagen? Welchen Eindruck wird es machen, wenn bei einem Verbrechen, das jeßt nah dem rheinischen und dem Allgemeinen Land-

rechte mit der Todesstrafe bedroht is, jeßt ein Strafminimum von 3 Monaten eintreten soll? i t

Abgeordn. Graf von Bismark - Bohlen: Jh wollte im Allge= meinen nur das erwähnen, was der Herr Secretair gesagt hat, und mache darauf aufmerksam, daß, wenn wir ein so geringes Minimum annebmen sollten, wir mit §, 234 in Konflikt kommen würden, wo das Abtreiben der Leibesfrucht {on mit einem Minimum von einem Jahre bedroht ist, und das isst ein geringeres Verbrechen, als der Kindermord.

(Vielfältiger Ruf nah Abstimmung.)

Marschall: Wir können abstimmen. Die Frage heißt : Stimmt die Versammlung dem §. 231 ohne Bestimmung eines Minimums bei? und eventuell, d. h. wenn die Frage verneint würde, wäre die nächste Frage: ob dem Paragraphen beigestimmt werde mit Hinzu= fügung ‘eines Minimums von 5 Jahren.

Äbgeordn, von Auerswald: Dann würde es doch noch erlaubt sein, das Amendement des Abgeordneten aus Schlesien, welches ein Minimum von 3 Jahren betraf, aufzunehmen ?

Abgeordn. Graf Renard: Die Ausstellung, welche der Direktor der Abtheilung gemacht hat, scheint mir gefährlih und grausam. Indeß theile ih seine Ansicht, daß ein Minimum ausgesprochen werde. 3 Monate \cheint mir zu gering, Jh nehme meinen Antrag, das Minimum auf ein Jahr zu stellen, wieder auf. Dann muß ih auch dem- widersprechen, was der Herr Secretair gesagt hat. Er geht von einer Ansicht aus, der ih nicht beistimmen kann. Wir, welche das Urtheil sprehen, sind Männer von 30 bis 60 Jahren. Ueber- haupt wir sind Männer und können keine Kenntniß haben von dem Zustande, in welchem sih die Verbrecherin befand, eben weil wir Männer sind. Wir urtheilen blind.

(Allgemeine Heiterkeit.)

Marschall: Die Frage heißt: Stimmt die Versammlung dem g. 231 ohne Festseßung eines Minimums bei? Und wenn diese Frage verneint würde: Stimmt sie ihm bei mit Hinzufügung eines Mini= mums von 1 Jahre Gefängnißstrafe? Stimmt die Versammlung dem §. 231 ohne Bestimmung eines Minimums bei? Diejenigen, welche es thun, würden es dur Aufstehen zu erkennen geben,

(Es erfolgt keine Beistimmung.) | Es ist uicht beigestimmt worden. Die zweite Frage heißt : Soll mit Annahme des §. 231 ein Minimum von 1 Jahr Gefängnißstrafe beantragt werden? Diejenigen, welche das beantragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erdebt sich niht die ausreichende Anzahl Mitglieder.)

Die Majorität hat \sich nicht dafür ausgesprohen. Die nächste Frage heißt also: Wird dem §. 231 mit einem Minimum von 5 Jahren Strasarbeit, so wie 5 Jahre Zuchthausstrafe beigestimmt ? Diejenigen, welche das thun, würden es durch Ausstehen zu erkennen eben, | H

s (Der größere Theil der Versammlung erhebt si.)

Eine Majorität von mehr als zwei Dritteln hat sich dafür ausge- sprochen. Es is noch über den Antrag des Abgeordneten Dittrich abzustimmen, der das Maximum auf 10 Jahre bestimmt wissen will. Wer ihm beistimmt, wird es dur Aufstehen zu erkennen geben,

(Wird nicht beigestimmt.)

Dem Antrage ist nicht beigestimmt worden, g. 232. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor) :

¡19+ dai F dai e

Wer den Tod eines Menschen durch Fahrlässigkeit herbeiführt, soll mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten oder mit Strafarbeit bis zu drei Jahren bestraft werden. Wenn der Thäter zu der Aufmerksamkeit oder Vorsicht , welche er bei der fahrlässigen Tödtung aus den Augen seßte, vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet war, so kann derselbe zugleich seines Amtes entseßt oder der Befugniß zur selbst- ständigen Betreibung seiner Kunst oder seines Gewerbes auf Zeit oder für immer verlustig erklärt werden. Beim Rückfalle ist diese zusäßlihe Strafe nothwendig auszusprechen,“

Die Abtheilung hat nichts zu erinnern gehabt.

Marschall : §. 233. é j

Referent Abgeordn, Freiherr n Mylius (liest vor):

19 233,

Der Thatbestand der Tödtung ist als vorhanden anzunehmen, ohne Rücksicht darauf, ob der tödtliche Erfolg einer Verleßung dur zeitige und zweckmäßige Hülfe hätte verhindert werden fönnen, oder ob eine Verleßung dieser Art in anderen Fällen durch Hülfe der Kunst geheilt worden, imgleichen ob die Verleßung nur wegen der eigenthümlichen Leibesbeschaffenheit des Getödteten oder wegen der zufälligen Umstände, unter welchen sie zugefügt wurde, den tödtlichen Erfolg gehabt hat.“ : : :

Auch hier hat die Abtheilung nichts zu erinnern gehabt.

Korreferent Abgeordn, Naumann: Jh bin nicht der Meinung, daß §: 233 stehen bleiben könne. Es is §, 233 nur eine Verschär= fung für die Fälle, in denen, ohne die Absicht, zu tödten, dennoch bei dem Verlebten der Tod eingetreten ist, Es soll bei dem Thatbestand feine Rücksicht darauf genommen werden, ob der Erfolg der Hand- lung, wenn der Tod eingetreten ist, durch Umstände bedingt . war, die nicht einmal zur Kenntniß des Thäters gekommen waren. Jch finde keine Veranlassung, den §, 233 in das Gesebbuch aufzunehmen, ih bin vielmehr der Meinung, daß in allen Fällen des §. 233 dem richterlichen Ermessen überlassen werden müsse, ob der Thatbestand der Tödtung vorhanden ist. Jh trage darauf an, den §. 233 aus dem Gesebe fortzulassen. ] j

Regierungs - Kommissar Bischoff : Die Bestimmung des §., 233 ist vér ata enen durch das Bedürfniß, Das Allgemeine Landrecht und die Kriminalordnung haben allerdings andere Prinzipien und unterscheiden zwischen absolut letalen, relativ letalen und occidentell letalen Verleßungen, Das hat zu den größten Uebelständen Anlaß gegeben, wie die Erfahrung der Gerichte ergiebt. Man muß dem- nach eine durchschneidende Beßimmung in dieser Hinsicht geben und festseben, daß, wenn der Tod erfolgt is, es niht weiter darauf an- kommt, ob derselbe absolut oder nur nah der besonderen Leibesbe- \haffenheit des Getödteten eintreten mußte oder niht. - Nun ist ge- sagt worden, es läge in §. 233 eine Schärfung des bestehenden

Rechts, indessen wird diesem Bedenken wrgesegt dadurch, daß die

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Auch ih muß mi für die Beibehaltung des Paragraphen aussprechen, A Á p daß ih mich hier mit meinem Herrn Kollegen im Referat, mit dem ih- soust immer übereinstimme, nicht einverstanden erklären kann. Jch halte den Paragraphen für eine sehr zweckmäßige Bestimmung ; namentlich glaube ih, daß die Zweckmäßigkeit überall anschaulicher sein würde, wenn das öffentliche Gerichtsverfahren existirte. Sie würden sih da, meine Herren, sämmtlich überzeugen, daß in der Re= gel die Sachverständigen eine große Neigung haben, den Thatbestand unklar zu machen. Es wird durch diesen Paragraphen einer Menge von unnützen Bedenken, die nur erhoben werden, um den Thatbestand zu verdunkeln, auf eine zweckmäßige Weise vorgebeugt. Marschall: Wir wollen ermitteln, ob der Antrag auf Streichung des Paragraphen die erforderliche Unterstüßung findet. ; (Findet nicht ausreichende Unterstüßung.) Abgeordn. Sperling: Jun Bezug auf die Fassung möchte ih mir noch eine Bemerkung erlauben, Jch glaube, daß der Grundsaß, der in §. 233 ausgesprochen ist, auch Anwendung in den Fällen findet, von denen die §§. 235 und 236 sprehen, und ih gebe an= heim, ob es niht zweckmäßiger wäre, den §. 233 erst nah §. 236 folgen zu lassen. Justiz-Minister von Savigny : Diese Fassungsbemerkung könnte zu Protokoll genommen werden. Marschall: §. 234. Referent Abgeordn, Freiherr t Mylius (liest vor): 119 234, Eine Schwangere, welche durch äußere oder innere Mittel ihre Frucht vorsäßlich abtreibt oder im Mutterleibe tödtet, is mit Straf= arbeit von einem bis zu fünf Jahren oder mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen. 4 fs Diese Strafe soll au denjenigen treffen, welcher mit Einwil= ligung der Schwangeren die Frucht vorsäßlih abtreibt oder im Mut= terleibe ae ord L i ie Abtheilung hat ni erinnert. | mo Graf Renard : Mir is die Strafe nicht zu streng gemessenz doch ih mache nur auf den großen Unterschied dieser Strafe aufmerksam gegen die von §. 231. Hier kann die Differenz im Verbrechen nur Tage und Stunden betragen, und doch haben wix bei §. 234 das dreifahe Strafmaß ausgesprochen. (Ruf zur Abstimmung.) Dies i} inkonsequent.

Marschall: §. 235.

Referent Abgeordn. Freiherr dn Mylius (liest vor) :

16 2004 s

Wer die Leibesfruht einer Schwangeren ohne deren Wissen oder Willen vorsäßlih abtreibt oder tödtet, ist mit sünf- bis funf= zehnjährigem Zuchthaus zu bestrafen. Wird dadurch der Tod der Schwangeren herbeigeführt, so kann die Strafe bis zu lebenswierigem Zuchthaus geschärft werden.“ | L

Korreferent Abgeordn. Kaumann : Bei §. 235 habe ih dasselbe Monitum zu machen. Der zweite Saß: „Wird dadurch der Tod der Schwangeren herbeigeführt, so kann die Strafe bis zu lebenswierigem Zuchthaus geschärft werden““ scheint mir, besonders bei Berücksichtigung der Bestimmungen des §. 233, nicht motivirt. Man kanu nicht von dem bloßen Erfolge eine so \hwere Strafe abhängig machen. Jh weiß aber, daß ih mit dem Antrage auf Streichung des Passus nicht durhkommen werde; ih wünsche nur zu erfahren, ob er Unter= stüßung findet. S

Marschall: Es muß also gefragt werden, ob der Vorschlag Unterstützung findet.

(Wird nicht unterstüßt.) 6, : 236. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor): 19, 230.

Wer eine wegen jugendlichen Alters, Gebrechlichkeit oder Krank= heit hülflose Person ausseßt oder, wenn dieselbe seiner Obhut anver= traut is, in hülfloser Lage verläßt, soll mit Gefängniß nicht unter vier Monaten oder mit Strafarbeit von vier Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Fs} in Folge der Handlung der Tod der ausgeseßten oder ver= lassenen Person eingekreten, so trifft den Schuldigen drei bis zehn Fahre Strafarbeit oder Zuchthaus.

Hatte der Thäter den Vorsaß, zu verlegen, so tritt die Strafe der versuchten oder vollendeten Körperverleßung ein.

Hatte er den Vorsaß, zu tödten, so wird er mit der Strafe des versuchten oder vollendeten Mordes oder Kindermordes belegt.“

Korreferent Abgeordn. Kaumann : Die Abtheilung hat aller= dings nichts zu erinnern gefunden; ih möchte mir. aber nur die eine Frage erlauben: Es soll doch die Bestimmung über die fahrlässige Tödtung nah §. 232 in den Fällen des §, 236 nicht ausgeschlossen werden? Js das nicht die Absicht, so würde es einfach ausdriiccklich auszusprechen sein, Der Ausdruck „in hülfloser Lage verläßt“ fönnte allerdings eine zu weite Juterpretation zulassen.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Man hat geglaubt, daß {on dur die gewählte Art der Fassung der Vorsaß als Bedingung der Strafbarkeit ausgedrückt sei, indem es heißt „ausseßt‘“; indessen muß anerkannt werden, daß das Wort „verläßt“ dies zweifelhaft macht, Es wird die Fassung noch mehr zu spezialisiren sein.

Korreferent Abgeordn. Naumann : Dann bin ih beruhigt.

Justiz-Minister von Savigny: Jh glaube nicht, daß irgend Jemand an ein fahrlässiges Ausseßen denken wird; im Ausseben liegt \hon, daß es mit Vorsabß geschieht. Findet man es aber für nöthig, so is es eine reine Fassungsfrage. S j

Korreferent Abgeordn. Kaumann: Jch habe es nmckcht auf det Ausdruck „aussebt““ bezogen, dieses Wort drückt allerdings zugleich eine Absicht aus, sondern auf den zweiten Ausdruck „verläßt“ und „verlassen“ kann doch auch blos eine fahrlässige Handlung involviren,

Marschall: §, 237. :

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

P G ,

Wer ohne Vorwissen der Behörde einen Leichnam beerdigt oder bei Seite haft, soll zu einer Geldbuße bis zu zweihundert Thalern oder zu Gefängniß bis zu drei Monaten verurtheilt werden. :

Wird diese Handlung von einer Mutter an dem Leichnam ihres unehelichen neugebornen Kindes verübt, so ist dieselbe mit Gefängniß nit unter drei Monaten zu bestrafen.“ l E

Auch hier hat die Abtheilung nichts zu eximnern gefunden.

Marschall: §, 238. . i

Rei Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

A A P E S

Körperverlezungen und Verbrechen wider die Gesundheit. Schwere Körperverleßung. §. 238,

Wer vorsähßlih einem Anderen eine körperliche Verleßung oder Mißhandlung zufügt, welche mit erheblihen Nachtheilen für die Ge= sundheit oder die Gliedmaßen des Verleßten verbunden ist oder eine länger andauernde Arbeits-Unfähigkeit zur Folge hat, soll mit Straf- arbeit von einem bis zu zehn Jahren oder mit Zuchthaus bis zu

Fälle, die bee in Betracht kommen, vorgesehen sind im §, 228, in-

dem dort für dieselben das Strafmaß niedriger gestellt worden is,

Damit, glaube: ih, ist Alles geschehen, was erfordeïlich ist, i

zehn Jahren bestraft werden,“

Das Gutachten lautet :

„Zu §. 238.

Der §. 238 stellt den Begriff der schweren Körperverlebung dahin fest, daß als eine solche sede Berlezung zu erahten, welche mit er- heblichen Nachtheilen für die Gesundheit oder die Gliedmaßen des Verlebßten verbunden gewesen. Es is zunächst hervorgehoben, daß für die Rheinprovinz der §. XXI des Einführungsgeseßes eine größere Bestimmtheit gewähre, indem dort die Wtägige Arbeitsun= fähigkeit das Bezeichnende der „\chweren“ Verleßung bilde, und nicht abzusehen, warum diese größere Bestimmtheit nur für eine Provinz wünschenswerth sei, Es sei niht zu verkenuen, daß die Dauer der Arbeitsunfähigkeit wisllkürlih bestimmt worden. Das liege aber in dem Wesen der Sache, welche sichere Anhaltspunkte zur Fest= stellung einer bestimmten Gränzlinie hinsichtlich desjenigen, was „\chwere“ und „niht \{chwere“ Verleßung, nicht darbiete.

Müsse aber einmal durchgegriffen werden, um eine solche Gränze zu ziehen, so sei es besser, daß das Geseß es thue, als daß es dem Richter dies überlasse, Dazu komme noch die Rücksicht auf die er= strebte Einheit und es beschloß daher die Abtheilung mit 14 gegen 1 Stimme, die Aufnahme des §. XXI des Einführungsgesebes, jedoch mit Vorbehalt der Beschlußnahme über die dort bestimmte Frist, in das Geseßbuh in Antrag zu stellen.

Ob die zwanzigtägige Frist angemessen, oder ob einer anderen der Vorzug zu geben, kam hierauf zur Erwägung. Die Abtheilung trat einem Antrage, welher auf Erweiterung der Frist bis zu einer dreißigtägigen Arbeitsunfähigkeit gerihtet war, einstimmig bei, indem es sich hier immer um eine bedeutende Strafe handle, die eine Aus- dehnung der von dem bisherigen rheinischen Rechte aufgestellten Be- gränzung völiig rechtfertige, und es sih hier mehr um Aufstellung einer, jedes richterliche Ermessen ausschließenden Schranke, als um Präzisirung eines aus inneren Gründen gerechtfertigten Begriffes handle. : : x Veranlassung einer weiteren Erinnerung ward der §. 238 dadurch, daß er die Wahl zwischen Strafarbeit und Zuchthaus ge- stattete. :

Es ward erinnert, daß es zwar zu den vorbehaltenen Fragen gehöre, ob und uuter welhen Bedingungen die Wahl zwischen der entehrenden und nicht entehrenden Strafe, dem Richteramte, oder nur zur Leistung der Geschwornenpflicht berufenen Staatsbürger zu über- lassen, dabei aber abgesehen von dieser Frage, für die Fälle des §. 238 bemerkt, Jah gerade hier eine jede solche Wahl nach den

Bestimmungen des Entwurfs sur unzweckmäßig erachtet werden müsse.

Venn wenn der §. 238 Strafarbeit mit Zuchthaus alternativ androhe, jo jet unterlassen worden, den Vorbedacht, „die Ueberlegung“ in die Begriffsbestimmung der verbotenen Handlung hineinzuziehen eine Unterlassung, die um so auffälliger erscheine, als sie bei dem Todtschlag und dem Morde gerade in den Vordergrund gestellt, und das unterscheidende Merkmal wesentlich verschiedener Verbrechen bilde

Einem hierauf gerichteten Antrag gemäß, beschloß die Abthei- lung einstimmig den Vorschlag zu machen: e :

„daß der §. 238 dahin abgeändert werde, daß immer die Zucht-

haus|trafe uur für die Fälle der mit Vorbedacht und Ueberlegung

verursachten {weren Körperverleßzung,““ : A br

„für alle auderen Fälle gleichartiger Verleßung nur die Straf=

arbeit angedroht,“ E

„eine Wahl des Richters aber gänzlich ausgeschlossen werde.“

__ Marschall: Zur Vereinfachung der Berathung wird es zweck- mäßig sein, sich vorerst darauf zu beschränken, ob beantragt werden solle, das Kennzeichen einer {weren Körperverlezung in Z30tägiger Arbeitsunfähigkeit festzuseßen. U ___ Justiz-Minister von Savigny: Wem ih recht aufgefaßt habe jo beruht der Antrag der geehrten Abtheilung darauf, daß sie wünscht, es möge in diesem wichtigen Punkte nicht so, wie der Ent- wurf enthält, ein Unterschied zwischen den verschiedenen Landestheilen anerfannt werden, es möge vielmehr etwas bestimmt werden, was für alle Landestheile gleihmäßig gelten fönne. Mit diesem Wunsche der Abtheilung stimme ih in voller Ueberzeugung überein, und wün- he, daß ein solhes Mittel gefunden werde, wodurch zugleich den rechtlichen Bedürfnissen der einzelnen Landestheile hinreichende Be- achtung und Befriedigung werden kann. Wenn wir uns nun fragen: wie kann das erreicht werden? so sind dazu dreierlei Mittel denkbar. Eutweder man könnte das, was im Entwurfe vorgeschlagen ist, auch für die übrigen Landestheile allgemein und auch für die Rheinprovinz geltend machen. Oder man könnte, worauf auch die Meinung der Abtheilung geht, das, was für die Rheinprovinz vorgeschlagen ist, allgemein machen, und auch für die übrigen Landestheile gelten lassen. Oder man könnte versuchen, einen Mittelweg einzuschlagen, etwas Neues, wodurch beide Theile Befriedigung finden können. Das sind im Allgemeinen die drei Wege, die zum Zwecke der Ausgleichung versucht werden könnten. Einen Weg der Vermittelung hat die Abtheilung auch schon versucht, indem sle 30 Tage anstatt der bisher in der rheinischen Ge- seßgebung geltenden 20 Tage seßt. Das ist schon eine Ausgleichung, indem man 20 Tage als Kennzeichen der {weren Körperverlezung zu hart finden könnte, Jh wiederhole, daß ih es für wünschenswerth halte, ein Mittel der Ausgleichung in dieser Weise zu finden, ih will aber vor allem die Bedenken vorlegen, die nah meiner Ueberzeugung der allgemeinen Annahme des rheinischen Prinzips für das ganze Land entgegenstehen.

Das erste Bedenken liegt darin, daß überhaupt eine solche Zahl von Tagen immer etwas sehr Mißliches is wegen der davon unzer=- trennlihen Willkür, die in jeder Bestimmung einer Zeit als Bedin- gung eines wichtigen Rechtssaßes liegt, Ohne einen Vorwurf damit aussprechen zu wollen, finde ich darin eine große Willkür, obwohl eine unvermeidliche. Man wird unwillkürlich zu der Frage hingedrängt : wenn Einer mehr als 20 Tage lang arbeitsunfähig ist, warum soll zwischen diesem Falle und dem von 19 Tagen ein so großer Unter= schied der Strafe sein bei o geringen und zufälligen Momenten? Dies is unzertrennlich verbunden mit jeder Rechtsbestimmung, bei der eine bestimmte Zahl von Tagen als Bedingung hingestellt is. Jch muß aber noch auf ein anderes Bedenken aufmerksam machen, welches darin besteht, daß in der Bestimmung des rheinischen Rechtes eine zu einseitige Rück= sicht gefunden wird, nämlich auf das Verhältniß der Personen, deren Lebensberuf in der Anwendung von Körperkräften besteht. Es paßt diese Bestimmung von 20- oder 30tägiger Arbeitsunfähigkeit nicht auf ganze Klassen von Personen, deren Lebensberuf niht vorzugs- weise mit der Anwendung körperlicher Kräfte zusammenhängt. Jch erinnere nur an das Leben eines Gelehrten, der sehr {wer verleßt sein kann, ohne daß man sagen könnte, es set für ihn Arbeits unfähigkeit von 20 Tagen eingetreten. Jn ähnlicher Lage könnte sich der Comtoirist und der Künstler befinden. Und so scheint mir die Arbeitsunfähigkeit nur auf die Klasse der Arbeitenden sich zu be- \hränken, die eine Anwendung der körperlichen Kräfte zu ihrem Lebensberufe nöthig haben, und dieser Bestimmung könnte ih nicht beitreten.

Wenn im Entwurfe für die Rheinprovinz die unveräuderte Fort- dauer des dort geltenden Rechtes angenommen worden is, \o is das geschehen auf den Antrag vieler ausgezeichneter rheinischer Juristen, welche übereinstimmend behauptet haben, daß eine o allgemeine Bestimmung, wie die des §. 238 für das Gerichts- verfahren gm Rheine nicht anwendbar sei, weil den Geschworenen

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immer präzisere Fragen gestellt, eine handgreifliche Thatsache in die è Frage gelegt werden müsse, indem sie sonst niht antworten könnten.

Jm Entwurfe heißt es: „welhe mit erbeblihen Nachtheilen für

die Gesundheit oder die Gliedmaßen des Verleßten verbunden ist.“ Man hat uns hierauf gesagt : Vie Geshworenen werden fragen: was ist erheblih? Das stand der Einführung dieser Bestimmung am Rheine entgegen und hat die Regierung bestimmt, davon abzu=- sehen, und die Fortdauer der dort geltenden Geseßgebung zu be- schließen. Es würde sich nun um die Frage handeln: ob vielleicht mehrere der verehrten Mitglieder glauben, daß denno, im Wider- spruche mit der erwähnten Meinung, die Bestimmung des Paragra- phen Anwendung erhalten könne auch für das Geshworenengericht ? Das wäre ein Vermittelungsweg, wodur die Bedürfnisse beider Landestheile Befriedigung erhalten und doeh jene große Jukonvenienz vermieden würde, die bei der Bestimmung des rheinischen Rechtes über eine Anzahl von Tagen überhaupt stattfindet. : Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius: Es if seitens des Herrn Justiz = Ministers eine Frage aufgeworfen worden, welche ih beantworten zu müssen glaube, Es is nämli die Frage: ob es mögli sei, eine Bestimmung, wie sie der Entwurf enthält, in der Rheinprovinz ohne Nachtheil für die derartige Geseßgebung und das Gerichtsverfahren einzuführen? Diese Frage muß auf das Entschie- dendste verneint werden, Falls überhaupt irgend eine Bestimmung eingeführt werden fann, so ist die einzige Vermittelung die, daß im Einführungsgeseße bestimmt wird, daß irgend eine Zeitdauer der Arbeitsunfähigkeit oder Krankheit das Kriterium der {weren Kör- perverlebung bilden und mit Bezug hierauf den Geschworenen die &rage vorgelegt werden solle. Die Unbestimmtheit des hier gegebenen Begriffes würde die Einführung des Geseßes in der Rheinprovinz geradezu unmöglih machen, Die Abtheilung is der Meinung ge- wesen, daß es zweckmäßig sei, eine solche Bestimmung auch für die übrigen Landestheile zu geben, und das is die andere Frage, über welche jeßt zu disfutiren ift.

Abgeordn. Graf von Schwerin : Meiner Meinung nah würde es für die hohe Versammlung gewagt scin, wenn sie, der Meinung der bewährtesten rheinischen Juristen gegenüber, den Beschluß fassen wollte, es sei au für die Rheinprovinz die im Paragraphen ent- haltene Fassung einführbar. Jch für meine Person würde, den rhei- nischen Juristen gegenüber, meizem Urtheile niht vertrauen. Wenn das aber der Fall ift, so wird nur übrig bleiben, eine Form zu suchen, unter der die Vereinigung zwischen den alten und neuen Provinzen möglich is, weil sonst bei der Verschiedenheit der Definition des Begrifses von schwerer Körperverleßbung Rechtsungleichheit unvermeid= lih sein würde, Daher hat mir der Fall so zu liegen geschienen, daß die ältercn Provinzen in dieser Beziehung sich der rheinischen Auffassung akklommodiren müssen, weil nah dem Urtheile der rheini- hen Juristen nah den rheinischen Jnstitutionen das Gegentheil nicht möglich is, Unsere Definition hat so gut etwas Willkürliches wie die rheinische, die Willkür aber wird hier au überall niht zu ver= meiden sein. Der Ausdruck: „erhebliche Nachtheile für die Gesund= heit“ is eben so wenig prägnaut, und ih trete daher dem Vorschlag ZOtägiger Arbeitsunfähigkeit bei. Die Rheinländer aber können unseren Begriff nicht annehmen und also nehmen wir den ihrigen an.

; (Murren.)

Ob jeder einzelne Abgeordnete ihn annehmen wird, darüber habe ich natürlih kein Urtheil, aber nah meiner Meinung is es unvermeid- li, daß die Versammlung ihn annehme, weil ein dringendes Bedürf- niß nah Rechtsgleichheit vorhanden, das aber anders nicht zu befrie- digen ist.

Abgeordn, Grabow: Jundem ich mich dem anschließe, was der verehrte Direktor der Abtheilung vorgetragen hat, bemerke ih, daß in den alten Provinzen wegen Auslegung und Anwendung der Aus- drüde, die hon im Allgemeinen Landrechte vorkommen und auch hier wiedergegeben werden, die Richter stets zweifelhaft gewesen sind und sehr oft darüber streiten, was sie unter „erhebliher Verlegung“ zu verstehen haben, Es sind eben deshalb auch die verschiedenartigsten Urtheile gefällt worden. Man hat sich in dieser Hinsicht gewöhnlich auf ärztliche Gutachten verlassen müssen, aber au diese haben die Richter oft im Stiche gelassen. Wenn nun von dem Herrn Minister der Geseßgebung bemerfliÞch gemacht worden ist, daß die rheinische Bestimmung in vielen Fällen auh nicht ausreicheud sein dürfte, so mache ich darauf aufmerksam, daß §, 21 des Cinführungsgeseßes nicht blos von Unfähigkeit zur Arbeit spricht, sondern überhaupt von dem Falle redet, wo Jemand „krank“ oder „arbeitsunfähig““ gewor= den is, Dies is ein genügendes und gewiß richtiges Kriterium für die einzelnen Beispiele, die der Herr Geseßgebungs=Minister uns angeführt hat, und bei denen wir mit Bezug nuf die Dauer der Krankheit 2c., insoweit wohl beurtheilen können, ob eine schwere Körperverletzung, sei es durch 30tägige Krankheit oder 30tägige Ar-= beitsunfähigfeit eingetreten sei. Jh halte den Ausweg, den die Ab- theilung vorgeschlagen hat), sehr wohl geeignet, um über die Unbe- stimmtheit des Entwurfs hinszukommen und Rechtsgleihheit im ganzen Staate herbeizuführen. : Justiz-Minister Uhden: Jch habe auf das, was der geehrte Redner zuerst gesagt hat, zu bemerken, daß in den alten Provinzen der Ausdru „erheblihe Verleßung“ keine Schwierigkeiten verursacht hat, denn dieser Ausdruck kommt auch noch in anderen Geseßesstellen vor, Dagegen sind aus der Fassung des §. 797, welcher dahin lautet: „Hat aber Jemand dem Anderen {were Beschädigungen, woraus für desselben Gesundheit oder Gliedmaßen ein erheblicher Nachtheil entstehen könne, vorsäblih zugefügt : so soll allemal ver= hältnißmäßige Festungs- oder Zuchthausstrafe stattfinden,“ Zweifel veranlaßt worden, nämlich, ob jede Verleßung, z. B. ein Schlag an den Kopf, die einen Nachtheil hätte hervorbringen können, ‘auch als eine chwere Verleßung zu erachten sei, Die Zweifel sind aus dem Worte fönnen entstanden.

Abgeordn. Camphausen: Jch hatte auch zu dem Zwecke das Wort begehrt, um darauf aufmerksam zu machen, daß der Gegen- saß, welcher von dem Herrn Geseßgebungs- Minister hervorgehoben wurde, der Vollständigkeit zu ermangeln schien. Es waren nur die Mängel aufgeführt, die im §. XX1 des Einführungsgesebes zu fin- den sind; es waren aber die Mängel gänzlich übergangen, die im g. 238 ih befinden, und ih würde der Ansicht sein, daß diese Män- gel erheblich um das Wort zu gebrauchen, was im Paragraphen steht „erheblih“ größer seien, als diejenigen im F. XXTI der Einführungs - Verordnung. Die Frage in dem gegenwärtigen Falle ist einfach die: ist es vorzuziehen, den Zufall und die Willkür in das Geseß zu legen, denn daß dur die Feststellung eines bestimmten Zeitraumes Zufall und Willkür eintreten können, wird nicht bestrit- ten is es also besser, diesen Zufall und diese Willkür in das Geseß zu legen, oder is die Willkür lediglich dem Richter zu über= lassen, und wenn die Frage so gestellt wird, würde ih mi in der Regel für die erste Alternative entsheiden. Der Zufall muß, wenn F. 238 beibehalten wird, allerdings eine ungemein große Rolle \pie- len, denn es wird darauf ankommen, wie die einzelnen Richter in den verschiedenen Gerichtshöfen die Sache auffassen, ob sie den Nachtheil erheblih oder nicht erheblih finden, ob sie eine länger oder eine für=- zer andauernde Arbeitsunfähigkeit annehmen. Zufall und Willkür sind dur diesen Paragraphen dem Richter in die Hand gelegt, und

vershiedenen Gerichtshöfen des Landes dadurch herheigeshef, Was die hinsihtlich der Arbeitsunfähigkeit gegen §. XXI angeführten Bedenken betrifft, so erscheinen mir diese gleichfalls nicht in dem Maße vorzuliegenz denn eine Ausgleichung , eine Verständigung dar= über, ob es sich uur von der Fähigkeit, förperlihe Arbeit zu ver- rihten, oder von der Berufsarbeit handeln solle, wird wahrscheinlich herbeigeführt werden fönnen. Jch habe nur in Anspru nehmen wollen, meine Herren, daß die Aenderung von der Abtheilung nicht cinzig und allein deshalb vorgeshlagen worden is , weil man der Meinung war, daß sie ein Bedürfniß für die Geshwornengerichte sei, sondern auch deshalb, weil an und für sich die Bestimmungen des F. 238 als schr mangelhaft angesehen werden müssen.

Abgeordn. Dittrich : Wenn eine strenge Unterscheidung zwischen {weren und leichten Körperverleßungen nicht stattfinden soll, so würde ih allerdings ein Zusammenwerfen der §§. 238 und 243 für das Räthlichste finden; ih erkläre mih aber au für den Vorschlag, wel= hen der geehrte Abgeordnete aus der Mark Brandenburg gemacht hat, nämlich zu sagen : :

„„Arbeitsunsähigkeit oder Krankheit von 30 Tagen““, weil dadurch alle Bedenken beseitigt werden und wir eine feste Be= stimmung des Begriffs erlangen.

Marschall : Wir können abstimmen, Die Frage heißt :

„Soll beantragt werden, daß als Kennzeichen einer \{chweren Kör= perverleßung eine dreißigtägige Arbeitsunsähigkeit festgeseßt werde ?““

Abgeordn, Grabow : Jch glaube, man könnte geradezu die Frage auf Annahme des §. XXL. des Einführungsgeseßes mit der Maß- gabe richten, daß statt 20 ohne Weiteres 30 Tage angenommen wer= den sollen.

Marschall: Weshalb wird auf diese Art der Frage ein beson= derer Werth gelegt?

Abgeordn. Grabow: Weil im g. XXKI, die besonderen Krite- rien enthalten sind, nämlich Arbeitsunfähigkeit oder Krankheit, welche die Verletzungen als {wer oder leiht charakterisiren sollen.

Marschall: Dann wird blos das Wort Krankheit hinzuzu= fügen sein, das hat feine Beschwerde. Also soll beantragt werden, als Kennzeichen einer \{chweren Körperverlebung eine 30‘ägige Ar= beitsunfähigkeit oder Krankheit festzuseßen, und die das beantragen, würden es dur Aufstehen zu erkennen geben.

Dem Antrag is beinahe einstimmig beigetreten.

Es fragt sich jeßt noch, welche Bemerkungen in Beziehung auf den leßten Theil des Gutachtens über das Strafmaß zu machen sind.

Justiz-Minister von Savigny: Was den lebten Theil betrifft, daß nah dem Antrage der Abtheilung ein Unterschied zwischen Zucht- haus und Strafarbeit darin gemacht werden soll, daß Zuchthaus bei überlegten vorbedachten Mißhandlungen dieser Art eintreten soll, Strafarbeit bei den niht vorher überlegten, so wird die Regierung vou ihrer Seite fein Bedenken haben, diesem beizutreten, jedoh mit der Maßgabe, die auch wahrscheinlih der Absicht der Abtheilung niht entgegen sein wird, daß dem Falle der Prämeditation noch hinzugefügt würde der Fall einer Mißhandlung gegen Aeltern, o daß ein vollkommener Paralleliômus zwischen Tödtung und Kürper= verlezung stattfinden würde. j

Referent Abgeordu. Frhr. von Mylius: Ich glaube, daß von der Abtheilung hiergegen nichts zu erinnern sein wird, es gehört dies im Gegentheil zu der Konsequenz ihres Vorschlages.

Marschall: Es wird das Einverständniß der Versammlung vorausgeseßt werden können, und wir kommen daher zu g. 239.

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

0, ZOd,

Wenn durch eine vorsäßlihe Körperverleßung der Verleßte ver= stümmelt oder der Sprache, des Gesichts, des Gehörs oder der Zeu- gungsfähigkeit beraubt oder in eine Geisteskrankheit verseßt wird, so ist auf zwei bis funfzehn Jahre Strafarbeit oder Zuchthaus zu er- fennen.““

Das Gutachten der Abtheilung lautet : „Dit S... 239

vor allen Dingen wird eine Ungleichheit der Entscheidungen bei den

Der §. 239 hat selbstständig keine Veranlassung zu Bemerkun= gen gegeben.

Die Abtheilung befürwortet seine Annahme, jedoch mit der Maßgabe, daß bezüglich der Wahl zwischen entehrender und nicht entehrender Strafe der bei §. 238 entwickelte Grundsaß auch hier zur Anwendung gebracht werde.“ :

Abgeordn. Graf von Renard: Hier scheint mir das Geseh eine Lücke zu enthalten. Wenn die Körperverlebung in der Absicht vorgenommen worden ist, um Jemanden der Sprache, des Gesichts, des Gehörs, der Zeugungsfähigkeit oder gar der Geistesfraft zu berau=- ben, so erscheint mir die Bestimmung des Gesebes zu mild, ih würde ein \solhes Verbrehen dem Morde gleichachten, wenn jedoch eine Körperverleßung nur zufällig Anlaß dazu giebt, \o scheint mir das Geseß zu streng. Uebrigens glaube ih, daß das Wort Verstüm= melung gar nit hineingehört, weil es ein unbestimmter Begriff ist und auch nur eine unbedeutende Entziehung eines Körpertheils be- treffen kann.

Jch stelle den Antrag blos als Fassungsvorschlag, der bei Er= lassung und Fassung des Gesebes zu besonderer Berücksichtigung kom= men möge.

Regierungs - Kommissar Bischoff: Jh glaube, es is von der echrten Abtheilung hon auf die Verschiedenheit der Fälle aufmerk= E gemacht worden. Es wird immer vorsäßliche Körperverleßung vorausgesebßtz allein es is niht die Bestimmung darauf beschränkt, daß der Thäter die Absicht gehabt haben müsse, gerade diese shwere Art der Körperverleßung herbeizuführen. Jst Leßteres der Fall, so ist es der, in welchem die verehrte Abtheilung immer Zuchthausstrafe eintreten lassen will. Allein au für den anderen Fall, wenn der Thäter nicht gerade diese \hwere Art der Körperverleßzung beabsich- tigt hat, dieselbe aber cingetreten is, muß mit Rücksicht auf den Er= folg eine höhere Strafe eintreten, und deshalb is für diesen Fall zweijährige Strafarbeit im Minimum gerechtfertigt.

Abgeordn. Graf Renard: Es is aber der ungeheure Spiel- raum, der hier dem Richter gegeben ist , den ih tadeln muß. Jh glaube, wir köunen als wesentli verschiedene Fälle uns denken: Wenn Jemand sein Augenlicht zufällig dur einen Schlag verliert, und den Fall, daß mit Absicht Jemand der Sehkraft beraubt wird, ist ein so großer, himmelweiter Unterschied, daß wir dies nicht in den Spielraum des Richters aufzunehmen brauchen , sondern in das

Geseß aufnehmen können. E Abgeordn. von Auerswald: Das ist ja der Antrag.

Abgeordn. Graf Renard: Der Antrag der Abtheilung geht nur Qt has Unterschied zwischen Strafarbeit und Zuchthaus , und das ist mir nicht genug, j : Abneoxbii n Gudenau: Der Richter hat aber auch den großen Spielraum hinsichtlich der Dauer von zwei bis funfzehn Jahren. 6 Marschall: §. 240. | i

Referent Abgeordn. Frhr. von BEAS (liest vor) :

War bei einer Körperverlebung oder Mißhandlung der Thäter, ohne eigene Schuld, durh eine ihm selbst oder seinen Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem Verlehten zum Zorne gereizt und dadurch auf der Stelle zu der That hinge-