1848 / 59 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

t. Honoré zu errichten, welcher zwischen der Friedens- E L Kirche St. Roth liegt. Zu der einen bediente man sih eines umgestürzten Steinwagens, und die Steine gebrauchte man theils als Waffen, theils zertrümmerte man damit die Fenster der Natbarhäuser. Auch in den angränzenden Straßen wurden Barri=- faden errihtet. Oberst Bilfeldt, Befehlshaber im Tuilerieen-Palaste, zog mit zwei Compagnieen aus und zerstreute die Ruhestörer. Ein Steinwurf, der ihn auf der Brust traf, hinderte ihn niht an Fort- seßung seines Marsches. Uebrigens wurden alle diese Barrikaden ohne Schwertstreih genommen. Kaum war eine solche errichtet , als die Truppen ankamen und sich der Stellung bemätigten. Der Verkehr war an den gedahten Punkten, die der Haupt- Schauplaß des Lärms waren, keinen Augenblick unterbrochen. Man hat mehrere Buden geplündert; einem Waffenschmied in der Straße St. Honoréë wurden alle blanken Waffen geraubt. Nachdem sie die Eisenstangen der Gitter um die zwei vor= genannten Kirchen loszureißen versucht hatten, was ihnen nur zum Theil gelang, wurden die Ruhestörer allmälig aus dem ganzen Vier= tel, welhes der ursprüngliche Schauplaß der Ruhestörungen war, ver- drängt und flüchteten sih, von den Truppen verfolgt, in die entlege- nen Viertel und nah dem Faubourg St. Antoine, wo sie neue Ex- zesse zu begehen versuchten, indem sie die Laternen zertrümmerten, die Wagen umsturzten und die Läden einshlugen ; nirgends aber seßten sie den Truppen Widerstand entgegen. Eine Bande zog vor die polgtechnische Schule z einige Jndividuen \{leuderten Steine gegen die Laternen, sie wurden aber durch die heranziehende Munizipalgarde schnell zerstreut. Eine andere Bande von 159 Köpfen zog über den Börsenplaß unddie Boulevards nach dem Bastillenplat, wo sie bald zerstreut wurde. Andere Meuterer zogen über die Quais und den Chateletplaß, wo sie zwei Läden zu plün- dern suchten. Aehnliche Vorfälle erneuerten sih auf anderen Punk= ten. Gestern Abend wurde eine am Ende der Straße de l’Arbre-=Sec gebildete Barrifade, hinter welcher sich eine ziemlih bedeutende Zu- sammenrottung gebildet hatte, durch die National-Garde der 5ten Legion genommen. Man sagt, daß die _9te Legion fast vollständig und bewaffnet unter dem Befehle ihres Obersten im Faudourg St. Autoine erschienen is, Ein Bataillon der National-Garde hat einen Theil des Abends auf dem Siegesplaß zugebraht, Der Caroussel- play ist voll Truppen, welche dort die ganze Nacht hivouakiren müssen. Der Herzog von Nemours is zu Pferde gestiegen und in ihre Rei- hen getreten, Einige Waffenläden sind geplündert worden; der des Waffenschmieds Lepage wurde durch die öffentliche Gewalt beschüßt. Um 9 Uhr Abends zogen etwa 50 Individuen in Blusen, meistens junge Leute von 15 bis 20 Jahren, unter Ge- \hrei und Äbsingung der Marseillaise, in das Schul-Viertel und plünderten nah Durchziehung der Straßen einen Waffenla- den, Einige davon verließen die Reihen und liefen mit den geraub- ten Flinten davon. Cine halbe Stunde später begab sih die Bande nach der Seinestraße, wo sie ebenfalls einen Waffenladen erbrac, ihn aber leer fand. Patrouillen kamen herbei und jagten sie in die Flucht. Um 9% Uhx war auf dieser Seite Alles ruhig. Man sagt, daß ein

Posten, aus 12 Mann Unientrupyen bestehend, zu Batignolles über- fallen und entwassnet worden sei. Eben \o heißt es, daß man auf mehrere Buarrieren der Stadt Angrisse unternommen und sie in Brand zu stecken versucht habe. Die am Abend getroffenen militairischen

Anordnungen hatten den Ruhestörern jedes Mittel genommen, die Unordnungen fortzuseßen, welche man nach den Begebnissen des Ta- ges befürhten fonnte. Um 12 Uhr Nachts waren alle Viertel, welche an die Straße St. Honoré stoßen, das Palais Royal, die Hallen, die Stra- ßen St. Denis, St. Martin, die Quais und Boulevards ruhig und verlassen, Blos vie Patrouillen zogen darin umher. Um 105 Uhr errichteten einige mit

Pistolen versehene Judividuen in Eil eine Barrikade in der Straße St, Denis und feuerten auf eine Patrouille. Eine unversehens an- langende starke Abtheilung der Munizipalgarde schlug die Meuterer in die Flucht, und Alles blieb dort ruhig. Wir haben bis jebt noch niht veruommen, daß Jemand getödtet oder verwundet wurde. Jn dem Viertel der Hallen nahm die Nationalgarde um 3 Uhr einige Verhaftungen vor. Die unter den Fleish- und Fischhallen, so wie in der großen Halle, bivouakirenden Posten und Pikets der Linie sind um 44 Uhr dur eine gleihe Zahl Jäger von Vincennes ver- stärkt worden, welche gestern Abend um 10 Uhr anlangken. Alle bis jeßt eingegangenen Berichte melden einstimmig, daß Nie- mand, weder vom Militair noch von den Ruhestörern, an diesem traurigen Tage das Leben verloren hat. Na ch#ch rift vom 23, Februar Morgens: Heute Morgens, 10 Uhr, ist Ales ruhig in Paris. Die meisten Truppen haben sich in ihre Kasernen begeben, Einige Detahements Jufauterie und Ka- vallerie bivouafiren auf dem Caroussel - Plaße, vor dem Tuilerieen- Plabe und auf den Haupt - Pläßen der Stadt, Nirgends gewahrt man Zusammenrottungen noch Gruppen, und Alles verkündet, daß die gestrigen Unordnungen si nicht erneuern werden, Wir können unse- ren früheren Details noch hinzufügen, daß in der Naht die Viertel St. Denis und St. Martin die Hauptpunkte des Widerstandes der Unruhestifter waren, die sih dort organisiren und festseyen wollten. Vor Allem zwei Barrikaden, die eine mit Wagen, an der Ecke der Straße Grenetat, und die andere, aus Bau=-Materialien gebildet, sind mit vieler Entschlossenheit vertheidigt worden. Die Munizipalgarde hat, nachdem sie einige Flintenschüsse mit denen gewechselt, die sie vertheidigten , dieselbe mit gefälltem Bajonett genommen. Sie hat auf die Barrikade selbst die Leiche eines Mannes niedergelegt, den man als einen polnischen Flüchtling erkannte, und man hat eine an- dere Person derselben Nation verhastet, die mit einer Flinte und ei- nem Säbel bewaffnet war. Die Unruhestifter haben bei einbrechender Nacht die Barriere von Monceux und Clichy in Brand gesteckt, Die Nationalgardisten von Batignolles sind sofort zusammengetreten, haben die Unruhestifter angegriffen und deren einige zwanzig verhaftet.“ Der Constitutionnel berichtet unter Anderem: „Es herrschte unter den Massen keine recht lebhafte Erbitterung; die Estaffetten, welche Befehle zu befördern hatten, wurden nirgends beunruhigt. Wir sahen ganze. Gruppen der Aufforderung einzelner Offiziere folgen und auseinandergehen. An mehreren Punkten grisf die Munizipal-Garde anz ‘die Menge zersteute sich meistens {nell , bei einem plößlichen Angriffe würden jedo ein Dußend Personen niedergeworfen. Eine sehr alke Dame wurde angeblih todt vom Pflaster aufgehoben und ein Arbeiter durch einen Säbelhieb am Halse verwundet, Aehnliche Auftritt begaben sich auf dem Madeleineplaße und vor Guizob's Hotel. Fn den Elysäischen Feldern wurde um 25 Uhr ein Wacht- posten vou. 6 Mann dur eine Schaar von 100 Mänuern in Blou- sen überrumpelt , welche das Wachthaus beseßten und anzuzünden versuhten jedo bald vertrieben wurden. Auf dem Bastilleplabe begab \ih,um 15 Uhr ein trauriger Auftritt; ein als verkleideter Stadt - Sergeant bezeihneter Mann wurde mit Stöcken furchtbar geprügelt ünd erhielt einen Messerstich in die Seite. Der nahe Wachtpostent ‘der Munizipal - Garde nahm sich seiner erst an, als er für todt auf ‘bèm lder lagz man hob ihn auf und brachte ihn in das Wachthaus, Bei Errichtung der Barrikaden und Aufreißung des Pflasters waren besonders Knaben von 12 bis 15 Jahren thätig. Am Marine =Ministerium wurde ein Theil des Gitters zertrümmert; hier traf ein vön auswärts in ein Büreauzimmer des Erdgeschosses geschleuderter Stein einen Artillerie - Obersten, der im Dienste dort war, mit solchex{Gewalt, daß er zu Boden stürzte, Jn einem ent-

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fernteren Viertel ward ein {wacher Wachposten durch etwa 200 Mann entwaffnet. Auffallend is es, daß bei Annäherung der Nacht die Rube an allen den Punkten wiederkehrte, wo sie am Tage gestört worden war. Um 7 Uhr son war dieser Theil der Stadt Fast so still, wie sonst um Mitternacht; die Kaffeehäuser und Restaurationen wa- ren geöffnet, wie gewöhnlich. Blos in einigen Straßen is dem Publikum der Durchgang verwehrt. Wir hoffen, daß die jeßt hergestellte Ruhe morgen feine Störung erleiden wird.“

Nach dem Conservateur hatten die Meuterer den Wahposten auf den Elysäischen Feldern eingeschlossen und sodann das Haus an- gezündet; die Soldaten wurden jedoch bald dur eine Kavallerie- Abtheilung befreit. Au eines Postens an der Bank hatten sich die Meuterer auf kurze Zeit bemächtigt. Von dort vertrieben, zogen sie vor Odilon Barrot’s Wohnung, riefen laut, daß er sich zeigen solle, und warfen sodann einige Fenster ein. Die Stühle auf den Pro- menaden der Elysäischen Felder wurden verbrannt. Noch meldet der Conservateur, daß gegen Mitternacht eine bei der Straße Trans-= nonain errichtete und von Meuterern, die Flinten trugen, vertheidigte Barrikade von den Truppen genommen wurde, die blos bei diesem Anlasse ihre Waffen brauchten, um das Feuer der Jnsurgenten zu erwie- dern. Die Gazette des Tribunaux sagt: „Ueber die Zahl der Verwundeten fehlen uns genaue Angaben; man versichert uns jedo, daß sie weder auf Seiten der Truppen noch auf jener der Ruhestö- rer so bedeutend war, als der Umfang der Ruhestörungen befürchten ließ. Die Verhaftungen waren zahlreih. Gestern Abend um 10 Uhr brachte eine starke Abtheilung der Nationalgarde 89 Gefangene nach dem Depot der Polizei - Präfektur , von wo sie noch in der Nacht auf die verschiedenen Gefängnisse des Seine-Departements ver= theilt werden sollten. Auf dem Caroussel-Plabe stehen mehrere Ka= nonen. Der König hat bei Fakelschein im Tuilerieenhofe über die Linien - Truppen Heerschau gehalten.“ Den Angaben des Jour-= nal des Débats widersprehend , melden die Oppositions - Jour- nale, daß die Nationalgarde sich schr saumselig gezeigt habe, dem Rufe zu den Waffen Folge zu leisten; von «iner Legion, welche aus 8000 Monn bestehe, seien nur 554 auf der Mairie erschienen. Der Aufruf an die Nationalgarde sei übrigens erst spät am Nachmittage erfolgt, weil die Behörde gesürhtet habe, die Nationalgarde möge in den Ruf: „Es lebe die Reform! Nieder mit Guizot!“ ein- stimmen. Während das Journal des Débats angiebt, dea Waffenladen Lepage's habe die öffentliche Gewalt geschüßt, behaup- ten andere Blätter, doß er halb oter ganz geplündert worden sei. Die Patrie versichert, daß ihr Berichterstatter zwei erschlagene Frauen gesehen habe; außerdem seien mehrere Personen getödtet und eine große Zahl verwundet worden. Der Nation al meldet, daß ein General, welcher der Barrikade in der Algierstraße nahe stand, beim Angriffe auf das Volk geholfen habe. Er sei sofort entwaffnet und ihm die Epauletten von den Achseln gerissen wordenz zwei Munizipal- Gardisten hätten ihn der Wuth des Volks entrissen. Der Natio- nal berihtet au folgenden Vorfall e „Die Kämpfenden haben gestern um 14 Uhr Abends die Straßen Tiquetonne, Bourg -l*Abbé, Gre- netat und Transnonain der Reihe nah beseßt. Kaum dreißig oder vierzig hatten Waffen. Jhre Munitionen waren bald erschöpft. Der blutigste Kampf soll in einem Hause der Straße Begubourg stattge- habt haben, wo fünf Gefangene eingesperrt waren, Jhre Kamera= den versuchten, sie zu befreien; ein VBewehr-Kampf auf Schußweite soll zwishen den Munizipal = Gardisten und den Kämpsfen- den stattgehabt haben. Cin Munizipal - Gardist wäre ge=- tödtet, ein anderer verwundet worden; ein junger Mensch

wurde gleichfalls getödtet, und die Gefangenen blieben in der Gewalt der öffentlichen Macht. Zwischen Mitternaht und 1 Uhr zerstreute sich der Rest. Die. Reforme bezeichnet („und ziemlih richtig“, fügt das Journal des D ¿bats hinzu) die gestrige Bewegung, wie folgt: „Das is mehr als eine Emeutez aber es isst feine Jnusurrection.“ Galighani?s Mes- senger schließt seine heutigen Berichte mit Folgendem : „Ulle verschiedenen -Punkte der Hauptstadt, besonders die, wo die meiste Gefahr obwaltet, wurden heute Morgen von den Truppen beseßt. Um 12 Uhr wurden an allen Ecken der Straßen St. Denis, Stk. Martin und in auderen Vierteln Barrikaden errichtet; um diese Zeit hatte sich auch zwishen den Truppen und dem Pöbel ein Gefecht ent- sponnen. An der Ccke der zwei Straßen Mandar und Montmartre ist ebenfalls eine Barrikade errichtet, hinter welcher sich mit Aexten und Flinten bewaffnete Männer befanden. Wir erfahren, daß viele National-Gardisten sih zu marschiren weigern, ausgenommen auf den Ruf: „Es lebe die Reform !“, und selbst in ihren Reihen wird die Marsellgise gesungen. Jn dem Viertel des Tempels hat die Menge zerbrochenes Glas auf die Straßen geworfen, um Kavallerie-Angriffe zu verhindern. Schaaren von Knaben ziehen in allen Richtungen mit Stöcken bewaffnet umher und zertrümmern die Gaslaternen. Die Omnibus haben ihre Fahrten eingestellt, und die meisten Läden in den Hauptstraßen sind geschlossen. den Elysäischen Feldern sind jet starke Kavallerie-Abtheilungen aufgestellt, welche Heu und Lebens= mittel empfangen haben; die National-Gardisten zu Fuß und zu Pferde sicht man auf ihre Posten eilen. Aus dem Lande sind ansehnliche Truppen-Verstärkungen heute Morgen hier angelangt, Nachschrift. Wir erfahren so eben, daß die Offiziere der zweiten Legion der Na=- tional-Garde in Masse nah den Tuilerieen gegangen sind.““ Das Sreiben, mittelst dessen unterm 18ten d. M. 92 Depu-= irte die an sie von der Bankett-Kommission ergangene Einladung angenommen hatten, lautete folgendermaßen : :

„Wir haben die Einladung empfangen, welche Sie zu dem Bankett hs 12ten Stadt-Bezirks an uns zu richten uns die Ehre erwiesen haben. Da das Ministerium in der Adreß-Diskussion das Recht zu politischen Ver- sammlungen ohne vorherige Erlaubniß verneint hat, so schen wir in dem Bankett ein Mittel, dieses verfassungsmäßige Recht gegen die Anmaßungen der Willkür zu behaupten und es für immer geheiligt zu machen, Wir be- trachten es daher als eine gebieterische Pflicht, der von Jhnen vorbe- reiteten geschlichen und friedlihen Manifestation uns anzuschließen und Jhre Cinladung anzunehmen, Genehmigen Sie die Versiche- rung unserer Hochachtung. (Unterz.) Abbatucci, Arago. D'Aragon Bacot, Ballot, VBaroche, Baron, Barrot (Odilon). Beau- mont (Somme), Berger, Bethmont, Bigot. Bonnin. * Bretonne. Nutegut de Puzy, Cambacerès, Carnot, Chambolle, Convers, Cor- dier, Courtais. Crémieux. Creton. Darnaud, Delavau. Delespaul E Desjobert, Dolfus, Doublat, Drault, Drouyn de L'Huys. Ls Ma O l’Eure), Durant-Romorantin, Dusolier, Du-

. g! Vauranne, Farran. Faucher, Garnier-Pagès, Gar- Gra, Gauthier de Rumilly, Gigon Labertrie, Gorrec. Glais - Bizoin. Wert: Guyet Desfontaines, Havin. Jouvencel, Juuyen. Lafayette

Georges), Lafayette (Oscar), Lamartine. Larabit.” Lasteyrie (Fer- dinand), Lavalette (Mayenne), Legraverend. Lef i G N id «+ Lestiboudois, Levavasseur * Vherbette Luneau ‘Maich i ou iet leville, Malgaigue, Mamuel, i Nari r aéorvegiair More met

; ' amuel, Marie. Marion. Marquis, Mathey. Stn, ad Loire), Mauguin, Maurat - Ballange, ae Raimbault, Ro er (Éoiret), StiGWUn: r Ei S wert n ms E el, Tessie de la Motte, Thiard. Vavin,“ Gi pqu sentlider, Zuhalt nas vollständige Wortlaut des (bereits seinem we-

| erwähnten) Programms, welches die Bankett=

Kommission unter der Ueberschrift „Reformistische Manifestation“ in

den Oppositions-Blättern publizirt und auf welches, als a ein gesehz= e

widriges Manifest, das Ministerium bei Rechtfertigung \einer das Bankett getroffenen Maßregelu besonders eti hat: gegen

„Die mit der Organisation des Banketts des 12ten Arrondissements beauftragte General - Kommission glaubt noch einmal erinnern zu müssen, daß die auf Dienstag, den 22sten d., festgeseßte Manifestation die geseßliche und friedliche Ausübung eines constitutionellen Rechtes, des Rechtes der politischen Versammlungen, is, ohne welche eine Repräsentativ - Regierung nur einen lächerlichen Wahn zum Gegenstande hat. Da das Ministerium auf der Tribüne erklärt und behauptet hat, daß die Ausübung dieses Rech- tes von der Willkür der Polizei abhänge, so haben die Deputirten der Op- position, Pairs von Frankreich, ehemalige Deputirte, Mitglieder des Gene- ral - Conseils des Departements, Gerichts - Beamte, Offiziere, Unteroffi- ziere und Soldaten der National - Garde, Mitglieder des Central - Wahl- Comité’s, Redacteure der pariser Journale, die an si2 ergangene Einladung, an der Manifestation Theil zu nehmen, angenommen, die dazu bestimmt is, geseyglih gegen eine ungesezliche und willkürliche Anmaßuug zu protestiren. Da es natürli vorauszusehen is, daß diese öffentliche Protestation eine bedeutende Mitwirkung von Bürgern herbeiführen kann, da man auch annehmen darf, daß die National-Garden von Paris, ihrem Wahlspruche : Freiheit und öffentlihe Ordnung! treu, bei dieser Gelegenheit diese doppelte Pslicht erfüllen werden, daß sie, indem sie sich der Manifesta- tion anschließen, die Freiheit vertheidigen, die Orduung beschützen und jeden Zusammenstoß durch ihre Gegenwart verhindern werden wollen, daß es da- her, in der Voraussicht ciner zahlreichen Versammlung von National- Garden und Bürgern, schicklih erscheint, Veifügungen zu treffen, die jede Ursache von Unruhen oder Unordnung entfernen, so hat die Kom- mission gedacht, daß die Manifestation in jenem Theile der Stadt stattfinden müsse, wo die Breite der Straßen und die Größe der Pläye der Bevölkerung erlauben, sich ohne Gedränge zu versammeln, Zu diesem Zwecke werden sih die Deputirten, die Pairs von Frankreich und die an- deren zum Bankette cingeladenen Personen Dienstag, am 22. d., um 14 Uhr Vormittags, an dem gewöhnlichen Zusammenkunsts - Orte der parlamenta rishen Opposition (bei Herrn Odilon Barrot, Nr. 2 Place de la Made- leine) versammeln. Die Theilnehmer an dem Bankette, die der National- gade angehören, sind gebeten, sih vor der Madeleine-Kirche zu versam meln und Spalier zu bilden, in dessen Mitte sich die Eingeladenen be finden werden. Der Zug wird von den an der Manisfestation theil- nehmenden Stabs - Offizieren ter Nationalgarde geführ. Nach den Eingeladenen und den Subsfribenten des Bankettes kommen die Offiziere der Nationalgarde. Hinter diesen die Nationalgarden in Kolon- nen nach der Nummer ihrer Legionen. Zwischen der dritten und vierten Kolonne kömmt die Rechts- und Medizin -Schule, geführt von ibren Kom- missarien, dann die übrigen Nationalgarden von Paris und der Bannmeile. Der Zug seyt sih um 117 Uhr in Bewegung und nimmt seinen Weg über den Konkordien-Play durch die EAlysäischen Felder nab dem Orte des Banketts. Die Kommission, überzeugt, daß diese Manifestation um so wirk- samer sein wird, als sie ruhig, um so imposanter, als sie selbst jeden Borwand zu Unordnungen vermeiden wird, ladet die Bürger ein, sich aller Rufe zu ent- halten, weder Fahnen, noch äußere Zeichen zu tragen, sie ladet die theilnehmen- den Nationalgarten ein, ohne Waffen zu erscheinen, es handelt sich hier um eine

, geseyliche und sriedliche Protestation, die besouders durch die Zahl und die

seste und ruhige Haltung der Bürger mächtig sein muß. Die Kommission hofft, daß bei dieser Gelegenheit sich Jedermann als ein mit Aufrechthal- tung der Ordnung beauftragter öffentlicher Beamter betrachten wird, sie ver- traut auf die Anwesenheit der Nationalgarde, auf die Gesinnungen der pa- riser Bevölkerung, welche die Freiheit mit dem Frieden will, und die wohl weiß, daß, um die Aufrechthaltung ihrer Rechte zu sichern, sie nur einer friedlichen Demonstration bedarf, wie sie einer aufgeklärten, gebildeten Na tion geziemt, die das Bewußtsein der unwiderstehlichen Gewalt ihrer morg- lischen Kraft hat, und die sicher ist, ihre gerechten Verlangen durch den ge- seglichen und ruhigen Ausdruck ihrer Meinung durchzusetzen.“

Die erste kurze Erklärung, welche glei nach dem gestrigen Schluß der Kammersißung von sämmtlichen Deputirten der Opposition, die sich sofort in die Wohnung Odilou Barrot?s begeben hatten, un terzeichnet wurde, ehe ihre längeren (gestern mitgetheilten) Beschlüsse absaßt und publizirt wurden, war folgenden Juhalts:

„„Da die Opposition, welche sich bei Herrn Odilon Barrot ver- sammelt hat, weder direkt noch indirekt die Verantwortlichkeit für die Folgen übernehmen will, welche aus den neuen heute von der Regie- rung angenommenen Maßregeln entspringen köunten, \o hat sie be- {lossen , si nicht zu dem Bankett zu begeben. Sie beshwört die guten Bürger, sich jeder Versammlung und jeder Manifestation zu enthalten, welche Gewaltthaten zum Vorwand dienen iönnte. Die ganze Opposition begreift aber auh, daß die neuen Beschlüsse des Ministeriums ihr neue und schwere Pflichten auferlegen, welche síe zu erfülleu wissen wird.“

Folgendes is die erwähnte Verfügung, mittels welher vom Polizei-Präfekten das Verbot des Banketts gusgesprochen und be- gründet wurde :

,„Nach Einsicht der Erklärung, die uns in Bezug auf ein Ban- fett gemacht worden ist, welches am Dienstag deu 22, Februar d. J, um Mittag in einem in der Versailler Eisenbahnstraße gelegenen L0- fale stattfinden soll; nah Einsicht (folgt die Anführung der betreffenden Geseße und Verordnungen von 1790, 1791, 1800, 1830 und 1831 so wie des Art. 4714, Nr. 15, des Strafgescbbuhes); in Be tracht, daß nah öffentlicher Notorietät eine große Anzahl Personen an dem oben erwähnten Bankett, für welches Commissaire ernannt und öffentliche Unterzeihnungen auf dem Wege der Presse veranlaßt sind, Theil nehmen wollen z in Betracht ferner, daß unter den gegenwärtigen Umstän= den die Versammlung und das Bankett geeignet sind, die gute Ordnung und die öffentliche Ruhe zu stören, haben wir beschlossen und beschlie ßen, wie folgt: Art. 1. Die Versammlung und das Baukett, welche oben erwähnt, sind verboten. Art. 2. Die gegenwärtige Verfügung soll deu Betheiligten mitgetheilt werden. Art. 3, Es sollen alle Maßregeln getroffen werden, um die Ausführung der gegenwärtigen Verfügung zu sichern, Gegeben zu Paris, den 20. Februar 1848, Der Pair von Frankrei und Polizeipräfekt, Delessert,“

Jn einer zweiten Verfügung der Polizeipräfektur werden die Be stimmungen der Polizei - Verordnung vom 13. Juli 1831 gegen Zu- sammenrottirungen neu eingeschärft.

Der gleichzeitig mit dem Erscheinen dieser Polizei-Verfügungen am 22sten Nachmittags publizirte, an die National-Garde gerichtete Tagesbefehl lautete folgendermaßen :

„National - Garden des Seine - Departements! So lange die Manifestation, welche sih vorbereitet , keinen direkten Aufruf au Eure Mitwirkung und Stütze erließ, habe ich Euch nicht daran erinnern wollen, in welche Gränzen das Geseß Eure Rechte und Pflichten geschlossen, weil Jhr nun, scit siebzehn Jahren, nie auf gehört habt, zu beweisen, daß Jhr Euch der einen wie der anderen bewußt seid, und weil Jhr sie nie verleßt. Jeßt aber, wo man Euch irre zu leiten suht im Namen eben derselben Geseglicfeit deren Aufrechthaltung Eurer Hingebung und Eurem Patriotismus anver traut is, wo Männer, die Euch fremd sind, Euch zusammenrufen und die Rechte Eurer Chefs sich anmaßen, muß ih laut gegen diese Beleidigung protestiren, und im Namen des Geseßes wende ih mich an Euch. (Folgt der Text der Art. 1, 7 und, 93 des Gesebes vom 22, Márz 1831 über die Nationalgarde, worn derselben ihr Beruf vorgezeichnet und ihr zugleich gesagt is, daß jede Berathung der Nationalgarde über Staats-, Departemental- und Kommunal = Ange= legenheiten ein Angriff auf die öffentliche Freiheit, ein Vergehen

egen das Gemeinwohl und die Verfassung sei, und daß sie sich ohne Befehl ihrer unmittelbaren Vorgeseßten nicht bewaffnen oder als Nationalgarde versammeln dürfe, ein solcher Befehl aber von ihren Oberen nur auf Nachsuchen der Civil - Behörden gegeben werden fönne.) Wenige unter Euch werden si{ch ohne Zweifel geneigt zeigen, sih zu einem strafbaren Schritte verleiten zu lassen, aber ich möchte ihnen sowohl den Fehltritt als die Reue ersparen, ihre kleine Zahl inmitten der 85,000 Nationalgarden zu zählen, aus denen Eure Legionen bestehen,

‘gestern auf den

Jm Namen des Gesetes also beshwöre ih Euch, das Vertrauen des Landes niht zu täuschen, welhes Eurer Hut die Vertheidigung des constitu=- tionellen Königthums und der geseblihen Ordnung anvertraut hat, Jhr werdet eben so wenig die Stimme Eures Ober - Befehlshabers mißkennen wollen, der Euch nie mißbrauht hat. Jh zähle auf Eure Einsicht und Euren Patriotiômus, wie Jhr immer auf meine Loyali= tät und meine Hingebung rehnen dürft. Paris, 21. Februar 1848, Der General-Lieutenant, Pair von Frankrei und Ober-Befehlshaber, Jacqueminot. Für gleihlautende Abschrift: Der General-Major und Chef des Generalstabes, Carbonel.“ S

Um eine Vorstellung von der Anarchie zu geben, die in dem Lager der Opposition herrshe, wo, wie das Jouru al des Dé=- bats sich ausdrüdckt, die Soldaten befehlen und die Führer gehorchen, theilt dies Blatt folgende Bekanntmachung des Wahl-Ausschusses aus dem 2ten Bezirke der Hauptstadt mit: „Vie Mitglieder des Wahl- Ausschusses der Opposition aus dem 2ten Bezirke, nachdem sie in Erfahrung gebracht, daß die Abgeordneten „von der Opposition sich entschieden haben, bei dem Bankett des 12ten Bezirks ut zu ersheinen, haben einmüthig beschlossen wie folgt : Der 2te Bezirk drückt dur sein Organ sein Befremden darüber aus, daß die gefaßte Entschließung nicht gleichzeitig mit dem Austritt der Abgeordneten der Opposition aus der Kammer gefaßt worden, und ersucht die Abge- ordneten der Opposition , ihre Abdankung unverzüglich einzureichen, ein Schritt, der allein in diesem Augenblicke die öffentliche Meinung zu befriedigen im Stande ist.“ Nach der Presse wurde auch der vorgestrige Beschluß der Oppositions-Deputirten keinesweges ein- müthig gefaßt. Mehrere Pairs, welche ihnen für den Augenbli angehören, nämli der Herzog von Harcourt, Graf d’Alton Shee und von Boissy, und 18 Deputirte (worunter Dupont de l’Eure, Lher- bette, Lasteyrie, Lamartine und Duvergier de Hauranne) waren ge gen die Aufgebung des Banketts, und Lamartine insbesondere drang darauf, daß die Opposition ihren Akt „gesezliher Protestation““ durch Aus= übung des Versammlungsrechts fortseßen solle. Jn einer am Abend gehal- tenen Konferenz war au wirkli die Opposition zur Abhaltung des Ban= fetts entshlossen, als ihr von den Bankett-Kommissarien angezeigt ward, daß sie selbst den Versammlungsort geschlossen hätten, und daß das Bankett nicht statthaben werde. Obige Angaben der Presse wer- den vom Courrier français bestätigt. Andererseits berichtet der Commerce von verschiedenen Zustimmungs - Adressen, welche der Bankett-Kommission aus Valenciennes, Tours, Nancy, Arras und St. Omer (Pas de Calais) zugekomm.n seien. Alle erklärten das Recht der freien Versammlung für ein jedem freien Volke weseutliches Recht. Aus Averon en Comte {reibe man, das platte Land ahme den Städten nach; der dortige Kanton unterzeihne so eben gleichfalls eine Adresse an die Deputirten der Opposition, wobei die Mitglieder des General-Conseils an der Spitze ständen.

Im Minister - Rath soll heute Rede davon gewesen sein, den Pairshof zusammenzuberufen, um über die während der Emeute verhaf- teten Personen zu rihten. Die gestrige Zusammenberufung der Na- tionalgarde zum Schuß der öffentlichen Ruhe und Sicherheit soll au- geblih gegen den Willen des Herrn Guizot erfolgt sein. Der Kö- nig soll eine Proclamation an die pariser Bevölkerung haben richten wollen, doh sei man von diesem Gedanken abgekommen.

Jn vielen Werkstätten von Paris hatten vorgestern die Meister ihren Gesellen erklärt, daß diejenigen, welche gestern nicht zur Arbeit fommen würden, sih als entlassen zu betrachten hätten,

Der Direktor der Bank von Frankreih gab vorgestern Abend den Befehl, alle Baarschaft, Banknoten und sonstige Effekten, die nicht für den unmittelbaren Dienstbedarf der verschiedenen Kassen er=- forderlich seien, in die Gewölbe zu schaffen; auch ward der Wacht= vosten am Thore der Bank verstärkt,

An der gestrigen Börse wurden fast keine Geschäfte gemacht; Alles war mit den Vorgängen auf dem Madeleine-Plaße und in den Elysáäischen Feldern beschäftigt, Die Course haben sch indeß ziemlich gut gehalten, sowohl die der Renten, als die der Eisenbahn-Actien. Lebtere hatten sogar eine Neigung zum Steigen. An der heutigen Börse stockten die Geschäfte immer noch. Die Course der Rente fonnten sih nit auf dem gestrigen Standpunkte halten.

ck= París, 23. Februar. Jh nehme meinen Bericht über die Vorgänge des Augenblicks wieder auf, wo ich ihn gestern ab- brehen mußte, nämlich um 5 Uhr gestrigen Abends, Vor Allem muß ih, um den Charakter dieser Auftritte festzustellen, sagen, daß es den Ruhestörern offenbar an aller Leitung fehlt, jeder Haufe handelt auf eigene Faust, und daher \o unsinnige Versuche, wie die Errich- tung von Barrikaden in so breiten Straßen wie die Rue Rivoli, St. Honoré, Vendome und die Boulevards. Vor den Kirchen St. Roch und Ascension in der Rue St. Honoré suchte man, wie vor dem Marine - Ministerium auf dem Konkordienplabe, die eisernen Gitter mit Beilen abzuschlagenz nur an den beiden leßteren Orien gelang es zum Theil. Mehrere Waffenmagazine sind geplündert worden ; das des Herrn Lepage in der Rue Richelieu, gegenüber dem Theatre français, wurde von Leuten angegriffen, die mit Säbeln bewaffnet waren, einen Omnibus anhielten, die Pferde ausspannten, die Passa- giere aussteigen hießen und dann die Deichsel des Wagens mit Ge- walt gegen die verschlossenen starken Fensterläden stießen, so daß diese und die Thür eingesprengt wurden. Die Ruhestörer wurden aber plöblih von einer Abtheilung Linie im Rücken genommen, und viele von ihnen verhaftet. Daß irgendwo Jemand getödtet wor- den wäre, wie die Gerüchte sagten, bestätigt sih niht. Unpar= teiishe Angaben sind um so nöthiger, je mehr die Blätter beider Parteien die Thatsachen entstellen, Noch Nachmittags war ein Haufe junger Leute, an deren Spibe einer mit einem ‘gezogenen Degen ging, im Faubourg St. Honoré von Bürgern selbst auseinanderge- jagt, nachdem einer von diesen den Muth gehabt hatte, den Führer zu packen und dessen Degeu zu zerbrehen. Richtig ist, daß maun wieder überall jenen finsteren Gesichtern begegnet, welche Unglüs- vögeln gleich aus ihren Verstecken immer nur hervorzukommen schei= nen, wenn es Unruhen giebt. Die Haufen rufen, wie dies auch früher immer bei solhen Anlässen geschah, der Linie zu, in der thÿ- richten Hoffnung, sie für sih zu gewinnen z dies Manöver verfehlt aber seinen Zweck und erbittert die Soldaten nur, wie allerseits schon jeßt ihre Aeußerungen zeigen. Dieselben beweisen eine dur Festig= feit wie durch Mäßigung gleih bewundernswerthe Haltung. Bemer= kenswerth is, daß nirgens ein eigentlich revolutionairer Nuf ertönte, weder gegen den König und seine Dynastie, noch gegen die Staats- verfassung; nur zweierlei Ruf hat man überall gehört: Reform und Entfernung Guizot's, Daß in den meisten Quartieren, zu= mal in den zunächst bedrohten, die Läden sih {lossen, ist natürlich ; dasselbè war von 4 Uhr an mit dem Palais Royal und den Passa= gen in der Stadt der Fall. Die bis jeßt aufgebotene Militairmacht ist erve ng gering: es mögen kaum über 12 15,000 Mann einen gewesen sein.

Jch habe gestern, nachdem ih Jhnen noch ein leßtes Wort ge- schrieben, einen großen Theil der Stadt durhwandert; überall Hb ih Bewegung, die aber mehr Angst und Besorgniß, als Absicht zur Betheiligung an den Unruhen ausdrückte. Nur die Haufen der Un lennner zeigten eine “meist zweideutige, oft drohende Haltung. Ln Ke begann man den Generalmarsch für Zusammenberufnng

ationalgarde zu schlagen, Die Trommler derselben waren von

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Abtheilungen von etwa 50 Mann zu ihrem Schuße begleitet; fast überall folgten ihnen und umdrängten sie Haufen von meist jungen Leuten, welche sie durch Zischen, Pfeifen auch Schmähungen zu reizen suchten. Einer solhen Abtheilung Nationalgarde in der Gegend des Palais Royal ging es so, und um einen Feéaumantas zu vermei= den, stimmte dieselbe in die von dem Haufen gesungene Marseillaise mit ein. Von jeder Legion hatten zwei Bataillone, und diese nicht vollständig, im voraus Befehl zum Ausrücen erhalten, wenn der Generalmarsh ges{lagen werde. Die Offiziere erschie- nen überall augenblicklich, die Nationalgardisten nur allmälig. Gegen 74 Uhr war übrigens doch schon eine ziemlich starke An- E auf den verschiedenen Sammelplägen versammelt, wo sie auh troß des manchmal ziemlich starken Regens bis spät nach Mitternacht versammelt bliebeu. Vor mehreren dieser Pläße hatten sich Volkshaufen gesammelt, namentlih vor dem Börsenplaße in der vou dort in die Rue Richelieu führenden sehr breiten Börsenstraße, von wo aus fortwährend Geschrei und Zischen gegen die Naional- garde ertönte, Auf dem Plate des Victoires, wo die Reiter - Bild- \äule Ludwig's XIV. si befindet, stand ein anderes Bataillon, gleich- jalls von der dritten Legion. Am zahlreihsten waren die Bataillone der 1sten, 9ten und 10ten Legion erschienen; die der 9ten durchzogen in fester Haltung, den Obersten der Legion au der Spiße, den Faubourg St. Antoine im Vereine mit der 8ten Legion. Auf die Linie machte dieses allseitige Auftreten der Nationalgarde sehr guten Eindruck.

Der Tuilerieengarten war schon zeitig Nachmittags geschlossen worden. Auf dem Carrousselplaß und im Hofe vor den Tuilerieen hatten si bei anbrehender Nacht starke Truppenmassen aller Waffen=- gattungen, besonders Jufanterie, mit einer Batterie Geshüßze kon= zentrirt und bivouakirten da die Nacht hindurch. Der Herzog von Nemours kam Abends noch aus dem Schlosse herab, stieg zu Pferde und durchritt die Reihen der Soldaten, die ihn mit dem leb- haftesten Zurufe empfingen. Etwa zu gleicher Zeit, zwischen § und 9 Uhr Abends, wurde aber in einem entfernten Quartiere, in der Gegend des Luxembourg, noch ein Waffenmagazin von cinem Haufen junger Leute, die meist aus Studenten und Arbeitern bestanden, angefallen und geplündert. Dieselben waren aus der Gegend des Pantheon gekommen und zuerst vor die polgtehnische Schule gezogen, wo sie wie gewöhnlich sangen, schrien, Straßeulater- nen und Fenster einwarfen. Dort war es, wo ein Theil der Stu- denten den Vorschlag gemacht haben soll, zu Odilon Barrot zu ziehen (der es, nebenbei gesagt, so ziemlich mit allen Parteien verdorben hat, außer mit seinen getreuen Schildknappen der Linken) und deu- selben für seine „Feigheit und seinen Verrath““, wie man es naunte, an die Laterne zu knüpfen. Die Ausführung dieses Projektes wurde indeß durh die getroffenen Vorkehrungen der Behörden unmöglich gemacht.

Inzwischen dauerten die Zusammenrottungen auch auf anderen Punkten fort, und namentlich in der Rue St. Honoré, auf einem Theile der Boulevards und in den engen winklihten Straßen der Quartiere St. Denis und St. Martin. Jn der Rue St. Honoré hatte man {hon während des Nachmittags mehrere Versuche zu Errichtung von Barrikaden gemacht, desgleichen in der Rue Croix des Petits Champs, wo diese in die Rue St, Honoré ausmündet. Alle diese Versuche waren vereitelt worden. Aber den ganzen Abend bis Mitternacht hörte man von Zeit zu Zeit Haufen die Marseillaise, den Chant du Départ , die Parisienne anstimmen, auch da und dort Straßenlaternen einwerfen. Die {wächeren Patrouillen der Linie und Munizipalgarde zu Fuß zogen durch diese Haufen, blos um die nächsten Reiterabtheilungen zu unterrichten. Diese sprengten dann plößlich heran und säuberten die: Straße für einige Zeit, und das wiederholte sich fünf bis sehsmal. Am Ausgange der Rue de l’Arbre sec in die Rue St. Honoré, wo jene auch sehr breit ist, wurde Abends plötlich ebenfalls durch Aufreißung des Straßenpflasters und einige in der Schnelligkeit umgestürzte Wagen eine Barrikade errichtet. Aber da kam eine starke Abtheilung der 5ten Legion der Nationalgarde (in welcher die radikale Opposition die meisten Anhänger zählt) herbei und vertrieb die Meuterer mit großer Entschlossenheit uud in wenigen Augenblidcken. Gegen 10 Uhr traf das 6te Bataillon der Jäger von Vincennes auf dem Plage des Victoires ein, wo es zu dem Bataillon der 3ten Legion der Nationalgarde stieß, und beide vereint hielten die Ordnung in dem umliegenden Quartier vollklommen aufrecht, Jnzwischen hatten sich einige Haufen von Meuterern in die engen Straßen des Quar-= tiers St. Denis geworfen, die bei allen früheren Emeuten schon der Hauptschauplaß der Unruhen gewesen waren. Die dort errichteten Barrifaden in der Rue Transnonain und in der Rue Bourg l’Abbé wurden gegen 11 Uhr genommen, aber es kam da zu Flintenschüssen. Es scheint jedoch bei der Wegnahme Niemand verwundet worden zu sein. Zu Batignolles war der aus 10 bis 12 Mann bestehende Wachtposten an der Barriere gClihy gleih dem Posten der Doua= niers plöblih gegen Abend von einem Haufen Meuterer über= fallen und entwaffnet worden. Diese hatten {hon begonnen, die Zollregister zu verbrenuen, als sie plößlich ihrerseits von der Natio- nalgarde von Batignolles überfallen und übel mitgenommen wurden, so daß sie die Flucht ergreifen mußten. Einige sollen gefangen worden sein. Bis nah Mitternacht dauerte der Regen fort, aber nah 1 Uhr klärte der Himmel sich auf und blieb hell und wolkenlos bis zum Morgen.

Gewarnt durch die gestrigen Vorgänge, hatte die Regierung sich veranlaßt gesehen, Vorsihtsmaßregeln in größerem Umfange zu er- greifen, um der Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung in möglich fürzester Zeit sicher zu sein. Vom frühen Morgen an sah man ins= besondere starke Kavallerie-Massen sih entwickeln und die Pläße und Straßen beseßen, die strategisch am wichtigsten sind. Die Linien= Jufanterie und die Truppen überhaupt, welche die Naht über auf dem Carrousselplaße und im Tuilericenhofe bivouakirt hatten, zogen in festgesclossen:.r Haltung, troß der ausgestandenen Strapaten, in ihre Quartiere zurück und wurden durch andere abgelöst. Von allen Seiten aus der ganzen Umgegend rücken noch neue Truppen in Paris ein, und namentli erreiht die Kavallerie, welche gestern {hon so große Dienste geleistet hatte, dadur eine außerordentlihe Stärke. Um 8 Uhr schon sah man wieder starke Patrouillen auch von Nationalgarde zu Pferde nah allen Richtungen die Stadt durchstreifen. Um 9 Uhr wurde der Rappell geschlagen für die Nationalgarde, von welcher aber= mals je zwei Bataillone auf die Legion zu erscheinen befehligt waren. Dieselben erschienen heute hon weit zahlreicher, als gestern Abends, und zeigen überall eine imponirende Haltung. Um 11 Uhr war der Konkordienplaß von zwei Cscadrons Kürassiere und einem Bataillon der Linie beseßt worden. Kurz darauf trafen eben daselbst auch die zwei sehr starken Bataillone der 1. Legion ein und nahmen gleichfalls Stellungen ein. Die Bataillone jeder Legion beseßten die anderen Punkte 1hrer betreffenden Arrondissements. Jn den Elgsäischen Fel= dern stehen gleichfalls starke Abtheilungen Kürassiere und Dragoner. An der nahen Barriere de l’Etoile war dort gestern von einem Haufen ein Versuch gemacht worden, das Zollhaus in Brand zu stecken. __ Auch heute bleibt der Carrousselplab stark beseßt. Um 12 Uhr rücken an der Deputirtenkammer abermals ein Regiment Kürassiere und zwei Batterieen Artillerie vorüber, dem Konkordienplaße zu, wie es scheint ins Jnnere der Stadt. Gegen 10 Uhr hatten sch{ch Massen von Blousenmännern wieder dem Konkordienplaß und der Madeleine

zugewendet, fanden aber da Alles so vorbereitet, daß sie wieder um= fehrten. - Jnzwischen hatten schon seit 10 Uhr Morgens abermals die Unruhen im Quartier Saint =- Denis und an der Bastille begonnen. Aber die widersprehendsten Gerüchte sind darüber im Umlauf. Eine Abtheilung der Sten Legion der Nationalgarde soll sich zwischen die Truppen und die Ruhestörer gestellt haben, um einen Zusammenstoß zu verhindern, aber dabei den Ruf haben ertönen lassen: Es lebe die Reform! Aehnliches erzählt man von einer Abtheilung der 1lten Legion, die in der Rue St. André des Arts und auf dem Platze St. Michel die bewaffnet erschienenen Studenten zwar auch am Vorrücken aufgehalten, aber dabei gleichfalls den Ruf: Es lebe die Reform! angestimmt haben soll. Als man diesen Ruf zu verhindern suchte, wären die Nationalgardisten aus einander- und heimgegangen. Daß einzelne solhe Fälle vorkommen, ist sehr wahrscheinlich, und wenn dieser Theil der Nationalgarde das Feld räumt, so is dies eher nüßlih als {chädlich, denn ein zwei- deutiges Verhalten in der Uniform der Nationalgarde ist s{limmer, als wenn sie gar nicht erschiene. Die Majorität hat bis jeßt sehr guten Sinn gezeigt.

Jin Quartier Beaubourg sollen auch wieder Barrikaden errichtet sein und man sich bereits geschlagen haben, \so daß es Todte und Verwundete gab. Jndessen läßt sich darüber noch nichts verbürgen, denn die Nachrichten lauten noch zu widersprehend. Man erzählt auch von Kämpfen in der Rue Philippot, wo die Munizipalgarde sehr energish gekämpft hätte. Sicher is, daß die Arbeiter auch heute arößtentheils feiern, die Werkstätten leer stehen und die Straßen voll von Leuten sind, die mehr oder weniger verdächtig aussehen. Es regnet von Zeit zu Zeit, manhmal sind schon wahre Plazregen ge- fallen. Daß dieser Zustand nicht lange fortdauern kann, is klar und wird von Jedermann anerkannt, er wäre der Ruin von Tausen=- den. Darum muß man der Regierung Dauk dafür wissen, daß sie mit größter Energie die Wiederherstellung der Ordnung erstrebt. Die Emeute wird der Opposition einen sehr \{chlechten Dienst geleistet ha=- ben, Alles läßt schon jeßt fast mit voller Gewißheit darauf schließen. Die Erbitterung der Massen gegen Odilon Barrot und seinen Anhang ist fast niht minder groß, als die gegen Guizot.

Heute hatte die 8te Legion der Nationalgarde den Dienst in der Kammer. Âls die Sihung begann, etwa um 1% Uhr, waren noch erst wenige Deputirte zugegen. Das Geseh über die Bank von Bor= deaux is an die Kommisston zurückverwiesen worden. Die Vorgänge des Tages beschäftigen alle Gemüther, und die Deputirten sind im lebhaftesten Gesprähe. Man vernimmt, der Wagen, welcher die Secretaire der Kammer herbeiführen sollte, sei in der Rue Ram= buteau den Meuterern in die Hände gefallen, die ihu zu einer Bar- rikfade in einer anliegenden Straße benußten, Herr Guizot ist um 15 Uhr ebenfalls angekommen und zeigt eine sehr sichere, vertrauens= volle Haltung, Man erzählt si, es seien gestern allerdings einige Leute getödtet worden. Herr Vavin will eben gegen 3 Uhr Inter= pellationen über die Vorgänge in Paris an den Minister richten. Auch an anderen Punkten von Paris zeigen sich Haufen von Natio= nalgardisten mit dem Rufe: Es lebe die Reform! Man schlägt sich auf mehreren Punkten. Scenen arger Plünderung find in mehreren Quartieren vorgefallen. Die Aufrührer zeigen troß der entwidelten Truppenmacht eine außergewöhnliche Keheit. Jn der Rue du Petit= Carreau sollen zwei Militairs, darunter ein Offizier, geblieben sein.

Daß man \ich unter diesen Umständen in der Kammer wenig mit dem Bankgeseße von Bordeaux beschäftigt, läßt sih denken. Jn der That wurde dasselbe an die Kommission zurückverwiesen. Jn- zwischen kündigte man Junterpellationen an, welche Herr Vavin, De- putirter des 11. Arrondissements von Paris, in seinem Namen und in dem aller seiner Pariser Kollegen in Betreff der Vorfälle in der Hauptstadt an das Kabinet richten will. Noch ehe aber diese gestellt waren, trat ein sehr gewichtiger folgenschwerer Zwischenfall ein, Eine große Anzahl bewaffneter Nationalgardisten mit Offizieren an der Spibe kam mit einer an die Kammer zu übergebenden Reform-Peti= tion herangezogen. Darin lag eine schreiende Verleßung des Ge= seßes. Der Kriegsminister General Trezel seßte sich sogleich an die Spie des bei der Deputirtenkammer aufgestellten Bataillons der l0ten Legion der Nationalgarde, und rückte mit demselben den von großer Volksmasse begleiteten Nationalgardisten entgegen. Jn einer auf der Brücke an sie gehaltenen Anrede hielt er ihnen ihr geseb- widriges Verfahren vor und erklärte, ihnen den Weg versperren zu wollen. Inzwischen kamen die Herren Odilon Barrot und einige andere Oppositionsdeputirte heraus und nahmen die Petition, welche sie der Kammer vorlegten, worauf der Haufen zurückzog.

Auf die dann erfolgenden Jnterpellationen des Herrn Vavin gab Herr Guizot nur die Erklärung, daß das Kabinet seine Abdankung dem König überreicht und dieser den Grafen Molé mit Bildung eines neuen Kabinets beauftragt h abe. Es sollen sogar {on Combinationen für die Zusammenseßung des neuen Ministeriums im Werke sein, man spriht von Billault, Dufaure und ihren Freunden, nichts von Herrn Thiers. Die Aufregung, welche diese Erklärung des Herrn Guizot in der ganzen Kammer her= vorbracbte, läßt sich unmöglih beschreiben. Die Herren Odilon Barrot, Dupin und Cremieux nahmen noch das Wort, Aber der Lärm war so arg, daß man nur wenig verstehen konnte vor den fortwährenden Unterbrehungen und dem fast wüthenden Geschrei von allen Seiten. Man glaubte sich in die s{hlimmsten Zeiten der Revolution zurückverseßt. Jn welchezm Sinne die drei genannter Redner gesprochen, brauche ih kaum zu sagen. Die Sibung {loß um 4 Uhr. Wir wollen hoffen, daß die sehr kritisch gewordene Lage durch diese neue Wendung der Dinge durch den Rücktritt des Herrn Guizot und seiner Kollegen sich auf eine befriedigende Weise löse, und daß zumal die gräuliche Anarchie aufhöre, die gegen- wärtig in moralischer wie in materieller Beziehung hier herrscht. Morgen wird nah dem heut gefaßten Kammerbeschlusse der Antrag auf Verseßung des Ministeriums in Anklagestand in den Büreaus zur vorläufigen Besprehung kommen, obgleich die Opposition Verschiebung der Sache unter den geänderten Umständen verlangt hatte.

Großbritanien und Irland.

Loudon, 23. Febr. Die Gazette enthält die Anzeige, daß die Königin einen Congé d'elire wegen Erwählung des De. Sumner, Bischofs von Chester, zum Erzbischof von Canterbury erlassen habe. Gestern hielt Jhre Majestät im Buckingham-Palast Hof und er=- theilte dem Bischof von Chester eine Audienz. i

Die Parlaments - Verhandlungen der beiden lebten Tage zeigen die Verlegenheiten des Ministeriums in Folge der ziemli allgemein ausgesprochenen Unzufriedenheit mit dem vorgelegten Finanzberichte und der in demselben enthalteuen Erhöhung der Einkommensteuer. Jn der vorgestrigen Sigzung des Unterhauses kündigte nämlih der Schaßkanzler, als die Berathung des Marinebudgets statt= finden sollte, die Absicht der Regierung an, auf die Einseßung eines geheimen Comités anzutragen, welchem das Militairbudget zur Prü= fung vorgelegt werden soll und ließ si besonders angelegen sein, zu beit: daß Lord John Russell's Rede keine kriegerische Tendenz des Kabinets enthalte. Herr Hume widerseßte sich mit mehreren Rednern der Geheimhaltung der Verhandlungen eines solchen Finanz= Comité’s, wogegen Lord John Russell sich auf mehrere ähnliche Präcedenzfälle unter Sir R, Peel's Verwaltung berief, die