1848 / 62 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

äber die Ansicht aussprah, daß das Geseß über den Wucher beibe- halten werden müßte, weil es von Kaiser Justinian’s Zeiten an ge= olten und der Zinsfuß geseblih festgestellt gewesen sei, so erinnere ih dagegen, daß Justinian eigentlih uiht den Wucher bestrafte, \son- dern daß seine Geseßgebung nur gestattete, daß das Zuvielgegebene än Zinsen wieder zurückgefordert werden könne. Der Wucher ist erst später als Verbrechen angesehen und unter Strafe gestellt worden, und es gründet sich die Bestrafung desselben eigentlich auf eine staats- polizeiliche Rücksicht. Nach meiner Ausicht muß daher der Paragraph gestrichen werden. (Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. Camphausen : Wenn der Ruf zur Abstimmung leb-

hafter wird, so verzichte ih sehr gern auf das Wort, (Erneuter Ruf zur Abstimmung.) natürlich insofern auch die Anderen verzichten. (Ruf zur Abstimmung. Der Abgeordnete von Werdeck bittet das Wort.) Marschall: Der Abgeordnete von Werdeck war noch notirt. (Derselbe verzichtet. Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. Sperling: Sollte es zur Abstimmung kommen, o verzihte ih auh auf das Wort. Á

Abgeordn. von Brodowski (nachdem er aufgerufen): Jch hatte ums Wort gebeten, nur um die Streichung des Paragraphen zu ver- theidigen, S

um

(Ruf zur Abstimmung.) weil noch fein Abgeordneter aus Westfalen für die Beibehaltung des Paragraphen gesprochen hatte. j E

Marschall: Es fragt sih, ob der Abgeordnete Camphausen gemeint sein würde, auf das Wort zu verzichten, falls die Berathung weiter fortgeseßt wird. i E

Abgeordn. Camphausen: Dann bitte ih ums Wort.

(Ruf zur Abstimmung.)

Marschall: Mehrere von denen, die ih gemeldet hatten, er- klären, auf das Wort verzichten zu wollen. Jh habe nun meiner- seits zu erklären, daß ih die Berathung für erschöp}t ansehe und also zur Abstimmung übergegangen werden kann, wenn niht 8 Mitglieder die Fortsetzung der Berathung verlangen, in welchem Falle die Ver- sammlung darüber zu entscheiden hat. :

(Es erheben sich nur 2 Mitglieder.)

Abgeordn. Camphausen: Dann würde ih nur noch fragen, Durchlaucht, ob auch über den Antrag des Abgeordneten aus der Mark sofort abgestimmt werden foll. Derselbe is nicht berathen und betrifft einen Gegenstand, der uns jeßt durchaus fremd is, der von der eingreifendsten Wichtigkeit für die gewerblichen Jnteressen des Landes ist, und den die Abtheilung nicht berathen hat.

Justiz - Minister Uhden: Wegen der Fragestellung wollte ich darauf aufmerksaui machen, daß von dem Abgeordneten der Ritter-= haft Schlesiens ausdrücklich der Fall des verschleierten Wuchers vor= behalten worden i, Wird daher allgemein gefragt: ob der Para

graph ganz gestrihhen werden soll, so könnte diesem Vorbehalt prä= judizirt werden.

Marschall: Wenn es sich von der Art der Fragestellung han- delt, fo habe ih zu bemerken, daß die erste Frage allerdings die sein wird, ob auf Wegfall des Paragraphen angetragen wird.

Für den Fall, daß diese Frage bejaht wird, wird nichts entge= genstehen, daß eine weitere Frage gestellt werde auf den Vorschlag des Abgeordneten von Gaffron, welcher Veranlassung zu der Frage

iebt :

G Soll beautragt werden, daß die im §. 329 angedrohte Strafe nur dann eintrete, wenn der Schuldvertrag ein simulirter ist oder eine mindere Valuta, als das Schulddokument besagt, gezahlt wor- den ist?

Eine weitere Frage würde sich beziehen auf den andern Vorschlag des

Abgeordneten von Gaffron, der in Bezug auf seinen zweiten Antrag

erklärt hat, daß er sich dem Antrage des Abgeordneten vou Werdeck

anschließe, der Anlaß zu der Frage giebt :

ob beantragt werden soll, daß die unter Strafe fallen, die an Per-

sonen, welhe unter Vormundschaft stehen, Darlehne und Vorschüsse

unter gewissen Bedingungen machen?

Abgeordn. von Donimierski: Der Antrag des Abgeordneten aus Schlesien kann, glaube ih, hier nit zur Berathung kommen, denn er gehört unter den Begriff des Betruges.

Zustiz - Mnister Uhden: Er is ja aber im Paragraphen selbst enthalten.

Abgeordn. Sperling: Der Herr Justiz-Minister hat den An- trag gemacht, daß, wenn wir auch die übrigen Theile des Paragra- phen fallen ließen, wenigstens in Bezug auf den verschleierten Wucher es bei der Bestimmung des Paragraphen belassen möchten... .,.,

Marschall: Jch muß bemerken, daß es nicht so angesehen werden fann, als habe der Herr Justiz - Minister diesen Antrag ge- macht, sondern ih war noch nicht in dem Falle, das zu bemerken, was sich auf die Fragestellung bezog, und nach meiner Ansicht, ungh- hängig davon, is die Fragestellung so vorzunehmen, wie ih sie eben angegeben habe.

Abgeordn, Sperling: Jch mache darauf aufmerksam, daß eine solche Trennung nicht stattfinden kann, Denn die Verschleierung des Wuchers seßt voraus, daß der Wucher überhaupt ein strafbares Ver= brechen sei. Hört er auf, dies zu sein, so kann auch von der Straf- barkeit seiner Verschleierung nicht mehr die Rede sein,

Abgeordn, Camphausen: Die Fragestellung hat auch das andere Bedenken gegen sih, daß sie gerade die Handlung verbieten würde, die von dem Geseßgeber selbst häufig begangen werden muß, näm- lich in Zeiten, wo der öffentliche Kredit des Landes nicht mehr aus- reiht, Anleihen zum Pari-Cours abzuschließen. Man könnte zwar

sagen, daß in diesem Falle der Gesetzgeber nicht des Wuhers \hul- dig sei, weil er nicht das Geld giebt, sondern empfängt; indessen

würde er nah Artikel 43 und 44 doch als Gehülfe des Darleihers angesehen werden müssen, und ih zweifle niht, daß unsere Richter ihn verurtheilen würden, wenn ihnen auch die Vollstreckung des Ur=- theils {wer fallen möchte, | | Justiz - Minister Uhden: Dagegen muß ih erinnern, daß hier nicht von Verschleierung die Rede sein fann, sondern nur von einem höheren Zinsfuß, denn wenn bei einer Anleihe statt 100 Thaler nur 90 Thaler gezahlt werden, so is das fein verschleiertes Darlehn, sondern es treten nur höhere Zinsen ein, es geschieht ganz öffentlich. Der Antrag des geehrten Abgeordneten aus Schlesien ging aber dahin, die verschleierten Geschäfte unter Strafe zu stellen. Marschall: Es fann bei der Beurtheilung, ob durch die erste Frage auf Wegfall des Paragraphen schon zugleih mit entschieden ei über die Frage, die zu stellen ist auf den Antrag des Abgceord- neten von Gaffron, nur darauf ankommen, ob gesagt werden fann, daß ein simulirter Vertrag nichts Anderes is, als ein Vertrag, der so eingekleidet wird, daß dadurch die Geseßwidrigkeit versteckt werden soll. Wäre das genau eins und dasselbe, so wäre allerdings durch eine bejahende Beantwortung der Frage auf Wegfall des Para- raphen auh über den Antrag des Abgeordneten von Gaffron wegen imulirter Verträge entschieden, denn die Bestimmung, daß der Ver- trag so eingekleidet sei, daß dadurch die Gesebßwidrigkeit versteckt werden soll, i im Paragraphen selbst enthalten. Wenn also bean. tragt wird, das wegfallen zu lassen, so wäre auch über den Antrag

572 des Abgeordneten von Gaffron wenigstens zur Hälfte entschieden, denn der Antrag in Beziehung auf die Schulddokumente und auf Zahlung geringerer Valuta, als das Dokument besagt, würde immer et stehen bleiben. Das wäre in jedem Falle zur Abstimmung zu ringen.

Abgeordu. von Auerswald: Jh befinde mi in einiger Ver- legenheit, da ih dem zweiten Antrage dem Sinne nah vollkommen beistimme, aber mi demselben doch nicht anschließen kaun, da bereits durch §. 327 festgeseßt is, was er verlangt, denn es heißt dort :

„Wer in der Absicht, seiren Gläubigern den Gegenstand ihrer Befriedigung zu entziehen, sein Vermögen ganz oder theilweise ver=- heimliht oder bei Seite hat, ferner, wer in der Absicht, seine Gläubiger zu benachtheiligen oder, des für dieselben entstehenden Schadens ungeachtet, sich oder Dritten Vortheil zu verschaffen, Schulden anerkennt oder aufstellt, deren gänzliher oder theilweiser Ungrund ihm bekannt is, wird mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren und Verlust der Ehrenrechte bestraft.“

Das iff ja ganz dasselbe.

Justiz-Minister von Savigny: Jch kann mich niht überzeugen, daß bei dem verschleierten Wucher in demjenigen, der dadurch verleßt wird, ein Jrrthum erregt werden soll, denn dieser weiß es ja recht gut, was gemeint ist. j

Marschall: Diese Bemerkung ging nur auf die Unterscheidung, die ih gemacht hatte; von dem Abgeordneten von Auerêwald wurde gesagt, daß der Fall, wo Einer eine mindere Valuta zahlt, als im Schuld - Dokument angegeben is, nihts Anderes als ein Betrug sei, für den shou Strafe vorgesehen wurde, also keine Ursache vorhanden sei, darüber abzustimmen. Ueber den anderen Fall hat sich der Ab- geordnete niht ausgesprochen, ob der Fall eines simulirten Schuld- vertrages gar nicht anders zu denken sei, als identisch mit der lebten Bestimmung des Paragraphen, daß es ein Geschäft sei, welches so eingekleidet ist, daß dadurch die Geseßwidrigkeit versteckt werden soll. Is} es nicht dasselbe, so muß darüber abgestimmt werden.

Abgeordn. Freiherr von Gaffron: Es würde vielleiht dadurch abgeholfen, wenn über meinen Antrag vorher abgestimmt würde. Daun würde der Wegfall des übrigen Theils des Paragraphen nicht ausgeschlossen sein, wogegen, wenn man über den Paragraphen zu- vörderst abstimmt, mein Äntrag vielleiht ausgeschlossen bliebe.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Wenn wir bei der Frage- stellung bleiben, wie sie Se. Durchlaucht proponirt hat, so wird fein Zweifel sein, wenn gesagt würde: daß sie mit Vorbehalt der zweiten Frage gestellt werden soll.

Marschall: Die dritte Frage würde also die sein, ob dem An- trage des Abgeordneten von Werde beigestimmt wird, welcher lautet :

„Wer an Minderjährige Darlehen oder Vorschüsse macht und sih dabei entweder mehr als die wirklich gezahlte Valuta verschreiben läßt, oder den Betrag nicht in baarem oder courêmäßigem Gelde, dasselbe zu seinem gewöhnlichen Werthe berehnet, gedecckt oder die Bestärkung des Versprechens der Rückzahlung durch Ehrenwort oder ein ähnliches Angelöbniß verlangt hat, hat eine Freiheitsstrafe bis zu echs Monaten, die durch eine hinzutretende Geldstrafe bis zum doppelten Betrage der verschriebenen Valuta erhöht werden fann, verwirkt.“

Abgeordn. von Werdeck: Jch erlaube mir hierbei noch die Be- merkung, daß das schon im rheinischen Rechte bestehend ist.

Marschal: Das ist der Vorschlag, dem sich der Abgeordnete von Gaffron angeschlossen hat, und er wird als dritte Frage zur Abstimmung kommen. Uud nun i} noch der Berathung Fortgang zu geben in Bezug auf den Antrag des Abgeordneten von Werde, es der Regierung anheimzustellen, ob und welhe Maßregeln sie in Beziehung auf das sogenanute Trück-System ergreifen will.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh muß mich dem entschieden entgegenseßen, weil zugegeben werden muß, daß es mit diesem Para= graphen gar feine Konnexität hat, und also ohne Veraulassung dies hier erfolgen würde,

Abgeordn. von Werde: Wir sind beim Titel vom verbotenen Eigennub, und es is schon darauf aufmerksam gemacht worden, daß es sih bei Behandlung dieses Gegenstandes zugleich von Aenderung der bestehenden Geseßgebung handelt. Ganz analoge Vorschriften, wie ich sie vorgeschlagen habe, befinden sich bereits im Code pénal und diesen wieder entsprechend sind die Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts, weshalb es vollkommen korrekt ist, daß diese Art des Mißbrauches der Geldkrast denn nur das is der Wucher, nicht Betrug, weil der Verleßte dabei mit seinem eigenen Wissen und Willen über das Ohr gehauen wird hier erörtert und die Sache bei diesem Paragraphen zur Abstimmung gebracht werde.

Abgeordn. Camphausen: Jh muß mih den Ansichten des geehrten Abgeordneten aus Pommern dahin anschließen, daß der Ge-= genstand zur Abstimmung unzulässig is, nicht unx wegen des Grun- des, der von dem Abgeordneten angeführt wurde, soudern weil dies ein neuer Gegenstand ist, der noch nicht zur Berathung gezogen wurde und der in den mannigfaltigsten Beziehungen einer Prüfung bedarf. Außerdem i|st die Gejetßgebung in dieser Beziehung nicht unthätig gewesen; es wurde {on im Jahre 1846 ein Gesebß er- lassen, in Folge derjenigen Uebelstände, welche die öffentliche Mei- nung laut bezeichnet hatte. Seitdem hat die öffentliche Meinung sich immer ernster mit dem Gegenstande beschäftigt, und ih kann ver- sichern, daß die Ueberzahl der bestehenden Uebelstände in der Rhein-= provinz ihre Heilung von selbst und durch den Cinfluß der öffent- lichen Meinung gefunden haben. Die Frage, inwiefern in die Frei=- heit des Verkehrs durh Geseße eingegrisfen werden soll, ist von \o ernster Natur, daß ih nicht zugeben kann, daß ein dahin zielender Vorschlag vom Zaune gebrochen und entschieden werde.

Marschall: Jch habe vorhin hon erklärt, daß ih eine gewisse Konnexität der Gegenstände zwar nicht verkfenne. Es kommt aber in Erwägung, daß der Gegenstand nicht in der Abtheilung erörtert worden i, daß uns ein Gutachten der Abtheilung nicht vorliegt, daß daher die Mitglieder der Versammlung in dem Falle sein könnten, von si zu sagen, baß sie niht in der Weise informirt seien, als sie erforderli halten, um über den Gegenstand abzustimmen, ja, um über den Gegenstand in eine gründliche Erörterung einzugehen. Es erscheint also wünschenswerth, daß der Abgeordnete auf die Abstim- mung über den Gegenstand verzichte.

Abgeordn, von Werdeck: Jch fann mich niht überzeugen, daß die formellen Gründe, welche vorgebracht worden sind, die materielle Witigkeit der Sache erdrücken sollen, Jch trage auf Abstimmung ü.

___ Abgeordn, von Auerswald: Jch bin zwar nit, was ih bei- aue bemerke, der Meinung des geehrten Abgeordneten aus der Mark Brandenburg, der bei dem zweiten Antrage sagte, daß wir als Gesebgeber die heilige Pflicht hätten, für den von ihm ange- regten Zweck zu wirken, Jh muß vielmehr feierlich dagegen pro=- testiren, daß wir uns hier in der Lage befinden, ein gesebgebendes Organ zu repräsentiren. Auf der anderen Seite kaun ich auch nicht der Ansicht des geehrten Abgeordneten aus Pommern beitreten, daß der Antrag unsererseits nur als eine Petition begründet werden fönne, Wenn wir unter den Verbrehen aus strafbarem Eigennuß ein solches vermissen, welches berüdsihtigt werden müßte, so würde meines Ermessens an sih nihts entgegenstehen, zu dem Titel, der über diese Materie handelt, einen vervollständigenden Vorschlag zu machen, Derselbe müßte aber, wie jeder andere, von der Abtheilung

|

geprüft und angekündigt sein, bevor er hier zur Berathung komme. Dies ist Alles nicht geschehen, und ih glaube daher, daß der geehrte Abgeordnete aus Brandenburg wohl thun wird, sich damit zu begnü- gen, daß er die Sache angeregt hat, daß aus unseren Protokollen und stenographischen Berichten hervorgeht, daß der Antrag vielfältigen Anklang gefunden hat, und daß dadurch sein Zweck, die Regierung auf die Nothwendigkeit eines Schußes der Fabrik - Arbeiter aufmerk= sam gemacht zu haben, vollïommen erreiht wird. Jh stelle anheim, ob er nicht aus diesen Gründen auf die Abstimmung verzichtet. Jch meinerseits würde mih entgegengeseßten Falles der Theilnahme daran enthalten müssen.

__ Abgeordn. Knoblauch: Dasselbe wollte ich sagen, daß ih an dieser Abstimmung niht Theil nehmen könnte. ]

Abgeordn. von Werdeck: Jh muß allerdings erklären, daß ih in der Lage bin, darauf verzichten zu müssen, indeß mit meiner Ueber- zeugung geschieht es nicht.

Marschall: Die erste Frage heißt :

Soll auf Wegfall des §. 329 angetragen werden? und die das beantragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben. Jch bitte, die Zählung vorzunehmen.

(Dies geschieht.) Mit Ja haben gestimmt 61, mit Nein haben gestimmt 34. Die nächste Frage heißt: j Soll beantragt werden, die im §. 329 angedrohte Strafe nur dann eintreten zu lassen, wenn der Schuldvertrag ein simulirter ist oder eine mindere valuta, als das Schulddokument besagt, be- zahlt worden ist? Diejenigen, welche die Frage bejahen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. Jch bitte, die Zählung vorzunehmen. (Dies geschicht.) Mit Ja haben gestimmt 47, mit Nein haben gestimmt 46, nächste Frage is auf den Antrag zu richten :

„Wer an Minderjährigen Darlehen oder Vorschüsse macht, und sih dabei entweder mehr als die wirklich gezahlte Valuta verschreiben läßt, oder den Betrag nicht in baarem oder courêmäßigem Gelde, dasselbe zu seinem gewöhnlichen Werthe berechnet, gedeckt oder die Bestärkung des Versprechens der Rückzahlung durch Ehrenwort oder ein ähnliches Angelöbuiß verlangt hat, hat eine Freiheitsstrafe bis zu sech8 Monaten, die durch eine hinzutretende Geldstrafe bis zum doppelten Betrage der verschriebenen Valuta erhöht werden fann, verwirkt.“

Die Frage heißt: Stimmt die Versammlung dem eben verlesenen Antrage bei? Wünscht man, den Antrag nochmals zu hören

(Viele Stimmen untereinander: Nein! Ja!)

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Der Vorschlag stellt den Antrag wieder her.

Marschall: Er bezieht sich nur guf die Minderjährigen. Der Secretair wird den Antrag nochmals vorlesen.

(Der Secretair Freiherr von Patow fängt an, den Antrag zu verlesen, wird aber durch den Ruf: „der Antragsteller möge den Antrag selbst verlesen“ unterbrochen, worauf der Abgeordn, von Werdeck den Antrag verliest.)

Abgeordn. von Rothkirch -Trach: Jch möchte mix erlauben, zu bemerken, daß als Gegensaß dieses Falles folgen müßte: daß die Darlehne an Minderjährige, weun sie nah dem vollen Nennwerthe gegeben sind, gültig werden. 7

Abgeordn. von Werdeck: Sie werden blos nicht bestraft.

Abgeordn. von Rothkirch - Trach: Es kann doch nicht eine Handlung gestraft werden, die von Hanse aus gar keine Gültigkeit hat. (Lauter Ruf nach Abstimmung.)

Die Frage ist wohl hinreihend verstanden ? (Viele Stimmen: Ja! Ja!) sonst könnte sie auh vereinfaht werden. Die Frage ist :

Stimmt die Versammlung dem verlesenen Antrage bei? und diejenigen, welche ihm beistimmen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben,

(Xs erheben sich nicht genug Mitglieder.)

Man hat nicht beigestimmt,

Abgeordn. Graf von Galen: Jch bitte um's Wort. Es is

jeßt {hon mehrmals gezählt worden, und die Abstimmung durch Zählung nah Provinzen kommt in das Protokoll, in die stenogra- phishen Berichte aber niht. Jh wollte mir daher den Antrag er= lauben, daß die Zählungen nah den Provinzen auch in die stenogra- phischen Berichte aufgenommen werden. Jh finde mich hier beson ders jeßt dazu gedrungen, weil sämmtliche Abgeordnete der Provinz Westphalen für die Beibehaltung der Bestrafung des Wuchers für den §. 329 gestimmt haben. Abgeordn. von Auerswald: Jch dagegen habe bisher den An trag, daß die Abstimmungen nach den Provinzen auch nichk in das Protokoll aufgenommen werden, nur deshalb bis jetzt zurückgehalten, weil ih die Berathungen nicht noch mit cinem nur die Form betref= fenden Antrage verlängern wollte, Jch sehe keinen Grund dazu. ,

Abgeordn. Freiherr von Patow : Jch halte es mehr für eine Zufälligkeit, daß die Abstimmung im Protokoll einmal mit abgedruckckt worden is, das andere Mal nicht. :

Marschall : Die Veranlassung dazu, daß die Abstimmung nach Provinzen in dem Protokoll erwähnt worden E Neat Ur A, daß zur Erleichterung des Zählers besondere Zettel gedruckt worden sind, in welchen die Stimmen nah Provinzen bemerkt werden. Va mag nun zufällig ein solcher Zettel

dem Protokoll beigelegen haben, und so mit zum Drucke gekommen sein. Es wird nichk weiter ge- schehen.

Abgeordn. Graf von Galen: Da dies bereits im Ausschusse von 1842 geseblih war, und jeßt mehrmals in den Protokollen vor= gekommen is, auch nicht zu erwarten steht, daß etwas Ungeseßliches geschehen sei, \o bitte ich, eine Abstimmung über meinen Antrag ver- anlassen zu wollen.

Abgeordn. Graf gegen das Reglement. Namensaufruf oder durch | : stimmen nah Provinzen is im Reglement uicht die Rede. i

Marschall : Sonst würde ih die Bemerkung machen, daß ich davon ausgegangen bin, die Versammlung e! der Ansicht, daß die Angabe des Stimmenverhältnisses nah den Provinzen im Protokolle vicht mehr_zu geshehen habe, weil es nur aus Versehen einige Mal ‘vorgekommen ist. Ist zuleßt auf Abstimmung darüber angetragen worden, ob es in Zukunft geschehen möge, daß im Protokoll das Stimmenverhältniß bemerkt werde ? j :

Abgeordn. Graf von Galen: Mein Antrag geht dahin, daß, wie es im Protokoll geschehen, es auch in die stenographischen Berichte aufgenommen werde. Das war meine Absicht. Wird dies nicht ge- nehmigt, so muß die Folge sein, daß man sich veranlaßt sehen wird, vielmehr auf namentliche Abstimmung anzutragen. Für ungeseblich fann ich es nicht ansehen, da wir hier auh nah Provinzen sißen, da wir bei der Zählung nah Provinzen abstimmen, und itio in partes geseßlih zulässig ist.

Abgeordn. von des Abgeordneten aus den. Ér hat erklärt, den Wegfall des Paragraphen. gestimmt hat,

A Dit

Marschall:

von Schwerin: Jh halte das entschieden Das Reglement kennt nur Abstimmung durch Aufstehen und Sibenbleiben. 0m Ab-

Sauken-Tarputschen: Jch glaube, der Antrag Westphalen hat bereits eine Erledigung gefun= daß die Provinz Westphalen einstimmig gegen Es fommt dies in den

Erste Beilage

A2 62.

¿n Kenntniß, und

nogracbiscchen Bericht und somit zur öffentliche ; stenographi}che erid | z M hafter Wunsch ist,

eben so daß es des geehrten Abgeordneten leb es Ae daß es geschehe mehr wird au auf dem beantragten 2Sege n erreidht.

Jch bemerke, daß das zwar hier stattfindet, aber nicht in allen Fällen eintritt, indem der stenographische Bericht nur sagt, wie mehrere Abgeordnete dasur, aivere dagegen gestimmt haben, und die Zahlen im Allgemeinen angiebt. Auch Jur die Zukunft Vorsorge in dieser Hinsicht zu treffen, dahin ging der Zweck meines Vorschlags.

Abgeordn. Graf von geordnete sih auf dieselb

wird helfen können. L , / ; L Abgeordn. Graf von Galen: Es kann nicht in meiner Absicht

liegen, denselben Antrag immer zu wiederholen, und deshalb muß ih bei dem Antrage stehen bleiben, daß darüber abgestimmt werde.

Marschall: Jch wurde vorausseben, daß Niemand zu sprechen begehrt, um sich gegen die Abstimmung zu erklären. e

“Abgeordn. Siegfried : Als Secretair wünsche ih mich durchaus gegen den Autrag des Abgeordneten der westphälischen Ritterschaft und au gegen die Abstimmung ausgesprochen. Es wäre nicht nur ganz abweichend gegen die bisherige Regel, sondern auch gar nicht begründet, wenn die Abstimmungen in der beantragten Art in die Stenographie kommen sollten, Da in diese nur ein jedes Wort fommt, welches hier gesprochen wird, so würde diese Abweichung eine Ausnahme sein, die andere zur Folge haben und weit abführen dürfte. Von diesen in Rede stehenden Abstimmungen, bei denen die Zählung vorgenommen wird, wird allemal nur das Resultat hier ausgesprochen, und dieses in die Stenographie aufgenommen,

Vice-Marschall Abgeordn. von Rochow: Jch muß noh weiter gehen, und behaupten, daß hier gar fein Gegenstand der Abstimmung vorhanden sei, Die Aufrechthaltung des Reglements steht dem Herrn Marschall zu, die vorgeschlagene Art der Abstimmung is aber im Reglement nicht vorgeschrieben, daher kann auch die Versammlung feine Meinung darüber haben, ob eine solche erfolgen solle oder nicht.

Fürst Wilhelm Radziwill: Jch stimme dem vollkommen bei, und erlaube mir nur, die hier einschlagenden Paragraphen des Regle ments vorzutragen, Jn §. 18 heißt es: i

„Das über die Berathung und deren Ergebnisse aufzunehmende

Protokoll muß, außer einer kurzen Darstellung des geschichtlichen

Verlaufs der Verhandlung :

a) die zur Abstimmung gebrachten Fragen in wörtliher Fassung,

b) die Resultate der Abstimmungen, und

c) die ohne Abstimmung gefaßten Beschlüsse enthalten,“ 1nd. 8. 20 aurer:

„Sollten über die Auslegung der vorstehenden Vorschriften (§8. 3

bis 24) Zweifel entstehen, so ist einstweilen und, bis Wir darüber

entschieden haben werden, nah der Bestimmung des Marschalls zu verfahren.“

Abgeordn. Camphausen: Der Ansicht, daß der Versammlung die Beschlußnahme in solchen Dingen nicht zustehe, kann ih nicht beitreten. Innerhalb der Gränzen des Neglements muß es der Ver= ammlung freistehen, den inneren Geschäftsgang selbst zu regeln. Es widerspricht aber der Antrag des Abgeordneten aus Westfalen {hon dem Namen der Versammlung. Sie is ein „vereinigter Ausschuß“ und i nicht zusammenberufen, um ein gespaltener, ein getrennter Ausf\chuß zu fein.

(Beifallsbezeugung von vielen Seiten.)

Fürst Wilhelm Radziwill: Den Abgeordneten aus der Rhein provinz gegenüber muß ih die Bemerkung machen, daß auch im ver einigten Ausshuß da itio in partes geseßlich stattfindet,

Marschall: Wir kommen zu §, 330.

Abgeordn. Graf von Galen: Es is von mir auf Abstimmung angetragen worden, wenn aber Ew. Durchlaucht die Abstimmung ver weigern, so unterwerfe ih mich dem,

Marschall: Jch- habe nicht gesagt, daß ih die Abstimmung verweigere, sondern ih habe nur entnommen, daß der Wunsch der Versammlung, zur Abstimmung überzugehen, nicht vorherrschend war, ind deshalb finde ih feine Veranlassung, auf einen Wunsch, der nicht vorherrshend is, einzugehen. Sollte die Sache verfolgt werden, so würde es nöthig sein, die Versammlung aufzufordern, darüber abzustimmen, ob sie abstimmen wolle,

( Beifall von vielen Seiten; fein Verlangen nach Abstimmung.) was doch in keinem Falle zweckmäßig wäre, Wir können deshalb zur Berathung von §. 330 übergehen,

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

¡S 000.

Ier bei den von vffentlihen Behörden oder Beamten vorge nommenen Versteigerungen, sie mögen Verkäufe, Verpachtungen, Ver= miethungen , Lieferungen oder andere Unternehmungen zum Gegen- stande haben, einen Anderen durch Gewalt oder Drohung oder durch Erregung eines Jrrthums oder durch Zusicherung oder Gewährung eines Vortheils vom Mitbieten oder Weiterbieten ablilt, ist mit Ge= fängniß von vierzehn Tagen bis zu einem Jahre und zugleih mit Geldbuße bis zu eintausend Thalern zu bestrafen.“

„BU §4 380,

Dieser Paragraph bestimmt die Strafe derjenigen Handlungen, welche zum Nachtheile einer Versteigerung vorgenommen worden. Es ward gegen denselben namentlich erinnert, daß die Erregung eines Frrethums oder Gewährung eines Vortheils füglich nicht mit Strafe zu belegen sei, Wenn es auch nicht verkannt werde, daß eine öffent=- liche Versteigerung unter Umständen unter den Schuß des Straf= gesebes gestellt werden müsse, so sei doch niht außer Acht zu lassen, daß dieser Schuß sich auf Gewalt oder Drohungen zu beschränken habe, daß man aber zu weit gehe, wolle man ihn auf alle Fälle aus=- dehnen, deren der Paragraph gedenke. Da aber die Strafe der vollzogenen oder gedrohten Gewalt an anderen Orten im Gesebe bestimmt sei, so sei sie hier überflüssig, und daher der ganze Parga= graph zu streihen, Die Abtheilung hat daher den Antrag:

den Paragraph zu streichen, mit 7 gegen 7 Stimmen, durch die bejahende Stimme des Vorsißen= den beschlossen.“

Regierungs-Kommissar Bischoff: Die Bestimmung, um welche es sich handelt, is gegenwärtig bestehenden Rechtens in den alten Provinzen und wie am Rhein. Die Fortlassung dieser Vorschrift würde eine wesentlihe Abänderung sein, und ih glaube nicht, daß sie zweckmäßig erscheint. Das Allgemeine Landrecht enthält in dieser Beziehung keine Vorschrift ; allein gar bald nah der Publication des Allgemeinen Landrechts bereits im Jahre 1797 wurde, da sich dazu das Bedürfniß ergeben hatte, eine derartige Vorschrift getroffen. Jn ähnlicher Art hat sich die Sache in Frankreich gestaltet. Dort hat die Gesebgebung bereits im Jahre 1791 Bestimmungen getroffen, durch welche die öffentlihen Versteigerungen gesichert werden, und es sind diese Bestimmungen in den Artikel 412 des rheinischen Straf- gesebbuches übergegangen, Jn der That liegt es im öffentlichen

Abgeordn. Graf von Galen:

Schwerin: Mir scheint es, daß der Ab- ¿ Weise, wie hier geshehen, auch künftig

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tritt dieses Bedürfniß hervor bei den Zwangsversteigerungen, wo ein Suldner sih gefallen lassen muß, daß seine Sache zum Besten der Gläubiger um jeden Preis verkauft wird. Wenn Licitationen dieser Art beeinträchtigt werden, wenn dahin machinirt wird, daß für die Sache ein ungleih niedriger Preis gegeben wird, als sie werth ist, so wird das Interesse des Gemeinschuldners in gleichem Maße ver- leßt, als das Junteresse der Gläubiger. Aber auch für Licitationen anderer Art, welche von Staats wegen oder Privaten veranstaltet werden, sind Bestimmungen dieser Art ein Bedürfniß. Jm Interesse des Publikums, wie des Staats, kann man diese Form des Ver= kehrs nicht entbehren, und daraus folgt die Nothwendigkeit, daß man sie mit shüßenden Garantieen umgeben muß. Hiernach glaube ich, daß gegen das Prinzip des Geseßes nichts zu erinnern is, und es entsteht nur die Frage, in welhem Umfange man den Störungen der Licitationen vorbeugen soll. Es sind im §. 230 folgende Mittel als strafbar bezeihnet worden : 1) Wenn die Beeinträchtigung der Lici- tationen geschehen ist durch Gewalt oder Drohung, 2) durch Erregung eines Jrrthums, und 3) durch Zusicherung oder Gewährung eines Vor= theils. Hier muß allerdings zugegeben werden, daß in den bestehenden Geseten, sowohl in den altländischen als in den rheinischen, das eine Mit-= tel, weldes als strafbar bezeihnet worden ist, die Erregung eines Jrr=- thums, als strafbar nicht bezeihnet worden ist. Bei der Revision ist man davon ausgegangen, daß auch dann, wenn durch Erregung von Jrrthum Andere vom Mit-bieten abgehalten sind, dieses dem üffent= lichen, wie dem Privat-Jnteresse große Nachtheile bringen könne, dieselben Nachtheile, als wenn die Hinderung durch Gewalt oder Drohung, oder Gewährung von Geschenken, geschieht. Andererseits ist jedoch nicht zu verkennen, daß, wenn man dieses Mittel als strafbar anerkennt, dies außerordentlich weit führen kann. Es könnte die Folge haben, daß, wenn bei Auctionen über den Zustand und die Cigen schaften der Sache ungünstige Bemerkungen gemacht würden, und Jemand dadurch abgehalten würde, zu bieten, dies unter Strafe gestellt würde. Demgemäß scheint nichts entgegenzustehen, und die Regie= rung is damit einverstanden, daß man diesen Passus fortläßt und die Worte: „durch Erregung eines Jrrthums“ streiht. Anders verhält es sich dagegen mit den beiden anderen Mitteln, Gewalt oder Drohung, und Zusicherung oder Gewährung eines Vortheils. Hier läßt sich niht behaupten, daß ähnliche Bedenken vorkommen fönnten, wie bei dem Vorerwähnten. Jedoch wird hauptsächlich von der Abtheilung darauf Gewicht gelegt, daß ja die Abhaltung durch Gewalt oder Drohung bereits durch andere Vorschriften unter Strafe gestellt sei, Das Leßtere ist im gewissen Umfange richtig, denn in §8. 264 und 265 i} das Verbrechen der Nöthigung und Drohung mit Freiheitsstrafe belegt und die Strafe im §, 330 unter= scheidet sich im Wesentlichen von jener nur dadurch, daß hier zugleich neben der Freiheitsstrafe auch Geldbuße bis zu 1000 Rthlrn. ange- droht is. Es scheint auch gerade bei Verbrechen dieser Art nicht zweckmäßig, die Geldbuße fortfallen zu lassen, und deshalb schon würde es wünschenswerth sein, es bei dieser Bestimmung zu lassen. Sodann kommt aber in Betracht, daß man doch nicht füglih das dritte Mittel, die Zusicherung oder Gewährung eines Vortheils, auf= geben kann, Das würde man immer beibehalten müssen, weil es dafür kein anderes Surrogat in den Geseßen giebt. Muß man aber dieses leßtere beibehalten, so is es wünschenswerth, daß man auch die Bestimmung wegen Drohung-oder Gewalt bestehen läßt, damit man die Materie vollständig im Zusammenhang abhandeln fann. Es liegt dann ein selbstständiges Verbrechen vor, wie es auch in anderen Geseßgebungen vorkommt, nämlich das Verbrechen der Beeinträchtigung der Versteigerungen.

Abgeordn. Zimmermann: Es kommen im Volksleben mannig- fahe Verhältnisse vor, wo es geseblich uothwendig wird, Eigenthum zu veräußern und ähnliche Verhältnisse der Konkurrenz freizugeben. Der Geseßgeber hat für dergleichen Fälle ein ganz be stimmtes Verfahren vorgeschrieben, das ist das der Versteigerung und der Licitationen. Er hat dabei den hohen Zweck vor Augen, einer=- seits das Juteresse des Eigenthümers zu sichern, andererseits das Juteresse der. Gläubiger und Schuldner, damit ihnen das nicht ver= Fimmert werde, was ihnen nach allen Rehtsgrundsäßen gebührt, Am lebhaftesten tritt dieser Gesichtspunkt bei Minorennen hervor, wo es die Einleitung der Vormundschaft und Nachlaßregulirung als noth= wendige Folge mit sih führt, daß das Vermögen eines Minorennen zu veräußern; für diese Fälle soll ein bestimmt vorgeschriebenes fahren eintreten, welches das Interesse der Betheiligten und Mino- rennen sihern soll, indem hauptsächlich die freie Konkurrenz eintritt, welche den nöthigen Schuß dadurch gewähren soll, daß möglichst der wahre Werth der Sache erlangt werde. Nun fragt sich, ist es nicht durchaus nothwendig, daß die Ausführung dieser geseßlichen Maß regel unter Schuß gestellt werde, wo das entgegengeseßte Bestreben eintritt, dieses Recht zu verküunmern ; diese Frage muß meines Erach- teus mit Ja beantwortet werden, und es kömmt nur guf die Prüfung

der einzelnen Momente an, die hier als strafbar hervorgehoben sind.

Da muß ich, was das zweite Moment, die Erregung eines Jrrthums, anlangt, den Bedenken vollkommen beipflichten, welche der Herr Re= gierungs - Kommissar schon bezeihnet hat, Die Erregung eines Jrr= thums i} bei einer solhen Bestimmung ein viel zu weiter Begriff ; jede unbefangene Aeußerung kann möglicherweise als Erregung eines Jrrthums betrachtet werden, und da cs für den Richter shwer halten würde, festzustellen, ob die Erregung eines Jrrthums stattgefunden, ob dieser Jrrthum gerade von Wirkung gewejen ist, würde man sich unbe= dingt sür den Fortfall dieser Vorausschung aussprechen müssen. Was aber das fernere Bedenken anlangt, daß durch Zusicherung oder Gewährung eines Vortheils eine solche Beschränkung der geseblihen Absicht nicht eintreten dürfe, so muß ih mich für die Beibehaltung dieses Passus aussprehen. Jch halte gerade diesen Fall für den, welcher der Er= fahrung nah am häufigsten vorkommk und den Zweck des Verfah-= rens vereitelt. Jch muß die Geduld der Versammlung durch ein Bei=

spiel ermüden,

Ver=-

(Unruhe.)

weil es dann am deutlihsten klar werden wird, wie weit eine bereit- willige Absicht gehen fann. Ein Rittergut, welches zu 120,000 Rthlrn, taxirt war, wurde Schulden halber zur Subhastation gestellt, es konkurrirte dabei nur der Pächter und ein Anderer; der Pächter hatte sih bestimmt ausgesprochen, er gehe bis 180,000 Rthlrn. mitz der Andere , der dies gehört und sich genau erfundigt hatte, daß weiter keine Konkurrenz stattfinden würde, begab sih zum Pächter, zahlte ihm 410,000 Rthlr., brachte dadurch seine Stimme zum Schweigen und erstand das Gut für 90,000 Rthlr. : 5

Da dergleichen Fälle häufig eintreten, so muß ih das praktische Bedürfniß für eine geseßliche Maßregel wirklich als vorhanden an- nehmen; ih stimme daher für die Beibehaltung des Paragraphen mit der Maßgabe, daß die Worte „durch Erregung eines Jrrthums“ fortfallen. :

Abgeordn. Camphausen : Der Herr Regierungs - Kommissar hat für das Gutachten der Abtheilung viele Gründe in seinem Vor-

Donnerstag den 2. März.

E E E E P

Juteresse, die Versteigerungen in dieser Art zu sichern. Am meisten ; trage angeführt, er ist beinahe dahin gekommen, zuzugestehen, daß der Paragraph gestrichen werde, übrig geblieben, mit einem anderen Worte Lüge nennen fann, war eingegangen und auch zugegeben worden, Drohung und Gewalt schon im §. 264 vorgesehen sei.

hinzugefügt werden, daß sie selbst noch wirksamer im §.

und nur ein kleines Residuum is eines Jrrthums, was man au gestrichen werde, darauf daß eigentlih die Es muß aber 264 vorge=- sehen is, als hier, weil das Verbrechen der Nöthigung mit Straf- arbeit bis zu zwei Jahren bestraft werden soll, wogegen, wenn das Verbrechen der Nöthigung zum Zwecke der Verhinderung des Gebots bei Versteigerungen begangen wird, es nur noch mit einem Jahr Gefängniß soll bestraft werden können, und, vielleiht als Ersaß, mit einer Geldbuße. Jh vermisse hierin die Uebereinstimmung, da das Verbrechen der Nöthigung in jedem Falle vorhanden is und nicht eine mildere Natur dadurch empfängt, daß es zum Zwecke der Beeinträchtigung der Versteigerung begangen wird. Meine Herren, es i}, um das Bedürfniß zu erweisen, auch auf die rheinishe Gesebß- gebung und deren Entstehung aufmerksam gemacht worden; da muß ih aber meinerseits darauf aufmerksam machen, daß zu jener Zeit besondere Verhältnisse obwalteten, welhe es nöthig machten, eine solche Bestimmung zu treffen. Es sind damals in Frankreich bei dem Verkaufe der zahllosen sogenannten Nationalgüter häufig die Fälle eingetreten, daß durch Gewaltthätigkeiten und Drohungen versucht wurde, die Kauflustigen zurüczuhalten, weil man damals noch nicht so fest der Ansicht war, daß die Güter der Nation gehörten und von ihr verkauft werden könnten. Solche Zustände bestehen gegen- wärtig nicht, und diese Veranlassung, die Versteigerungen unter eineit besonderen Schuß zu stellen, is niht mehr vorhanden, Wenn zuge- geben werden müßte, daß eine Veranlassung vorhanden sei, so wäre s gerade zu dem entgegengeseßten Zwecke von demjenigen, den der Entwurf erreichen will. Das Wort „Schwarze Bande“ ist gewiß allerseits bekannt; eine solhe s{hwarze Bande hat aber nicht den Zweck, bei Versteigerungen das Bieten zu verhindern, sondern sie veranlaßt vielmehr höhere Gebotez sie will nicht Vortheile versprechen, damit nicht geboten werde, sondern sich Vortheile auébedingen, damit sie nicht biete; sie tritt mit der Ankündigung auf, mehr bieten, den

Preis in die Höhe treiben zu wollen. Dieses Verhältniß, wenn es

beseitigt werden soll, würde der Paragraph nicht entfernen. Ueber= haupt kann die Dringlichkeit eines Bedürfnisses niht anerkannt wer= den, denn das Geschenk, welches vom Bieten abhalten soll, müßte immer den Mehrwerth erreichen, den das Objekt für den An= fäufer hat, und wenn uns das Beispiel vorgeführt worden is , daß ein Pächter ein Gut, wofür er 180,000 Rthlr. hat geben wollen, für ein Geschenk von 10,000 Rthlr. um 90,000 Rthlr. hat fahren lassen, daß er also für 10,000 Rthlr. 80,000 Rthlr. dem Käufer geschenkt hat, so muß ih gestehen, daß ih die vollständige Richtigkeit dieses Beispiels einigermaßen in Zweifel zu ziehen mich veranlaßt sehe. Dann habe ih zu erweisen, daß in neuerer Zeit das Bedürf= niß eines größeren Schußes der Versteigerungen sich nicht kund gab, daß vielmehr viele Klagen gegen die Versteigerungen wegen der Nach= theile, die dadurch für den gewerblichen Verkehr entstehen, laut ge= worden sind, und daß es an Anträgen bei der Regierung nicht fehlt welche die Beschränkung der Versteigerungen verlangen. Jch stimme für den Antrag der Abtheilung.

Abgeordn. Dittrich: Jch stimme ebenfalls für die Streichung des Paragraphen, und nicht blos wegen der Drohung und der Erre= gung eines Jrrthums, sondern auh wegen der Zusicherung und Ge= währung eines Vortheils, darum, weil bei jedem Privatverkaufe dasselbe Motiv zur Bestrafung eintreten fönnte, menn ein Dritter einen Mitkaufenden abhalten wollte, und ihm dafür Etwas böte, was bei den Verkäufen . von Gütern Mindersähriger auch außer den Fällen der Subhastation stattfinden kann. Hier müßte dieselbe Be= strafung eintreten.

Abgeordn. von Olfers: Aus Gründen der Erfahrung erkenne ih den §. 330 nicht allein für nüblih, sondern für nothwendig anz ich möchte mih aber an den Herrn Regierungs - Kommissar wenden, um ihn um Aufklärung zu bitten, ob das Wort „öffentlichen“ auf die richterlihen Beamten sih beziehen soll, oder ob auch hier die Ver= steigerungen, die z. B. von Wirthschaftsbeamten auf großen Gütern vorgenommen werden, darunter zu verstehen sind, und das möchte allerdings nothwendig sein. Jh will nur an die Holzverkäufe erinnern.

Regierungs - Kommissar Bischoff: Solche Privatversteigerungen sind hier niht gemeint, indem sie in die Kategorie der gewöhnlichen freiwilligen Versteigerungen fallen, Wenn Jemand die Garantie des Geseßes haben will, so muß er die Versteigerung durch öffentliche Beamten oder Behörden vornehmen lassen.

Sodann isst noch Folgendes zu bemerken. Es ist gesagt wor= den, man könne sich nicht auf das französishe Ret in dieser Hin= sicht berufen, weil diese Bestimmungen hervorgegangen seien aus Verhältnissen, die in jetziger Zeit nicht mehr stattfänden und bei uns in dem Maße nie gewesen seien. Jndessen kommt in Betracht, daß diese Verhältnisse nur maßgebend waren für die Emanation des Geseßes von 1791; zu der Zeit, wo das rheinische Strafgesebßbuch abgefaßt wurde, walteten diese Verhältnisse niht mehr vor. Gleich= wohl hat man in dem Art. 412 die Bestimmung in der Beschrän fung und dem Umfange aufgenommen, wie dies gegenwärtig für den g. 330" vorgeschlagen wird. Jn dem Art. 412 ist nicht allein die Hinderung durch Drohung und Gewalt unter Strafe gestellt, sondern auch, wenn die Steigerer durh Geschenke oder Versprechen entfernt werden.

Marschall : Die nächste Frage heißt:

Soll auf Wegfall des §. 330 angetragen werden ? und die darauf folgende würde heißen : Ob der Paragraph nicht beanstandet wird, w| durch Erregung eines Jrrthums““ daraus wegfallen. Die nächste Frage heißt also : : Soll auf Wegfall des Paragraphen angetrageit werden und die das beantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen

geben,

Daß die Erregung

wenn die Worte „oder

(Nachdem die Abstimmung erfolgt ist :) Dem Antrage i} nicht beigestmmk. f Eine weitere Frage heißt: ob der Paragraph nicht beanstandet wird, wenn die Worte oder dur h Erregung eines Jrr t h ums wegfallen? Es liegt freilich kein eigentlicher Antrag vor z es is} nur von Seiten des Herrn Regterungs - Kommissars bemerkt worden, daß es zweckmäßig sei, diese Worte wegzulassen, und es ist also thunlich, die Meinung der Versammlung darüber zu vernehmen, ob sie den Paragraphen mit Wegfall der bemerkten Worte annehme?

Abgeordn. von Auerswald: Unter diesen Umständen werden nun diejenigen, welche für den Wegfall des Paragraphen gestimmt haben, in Verlegenheit gerathen und nicht für Bejahung der Frage stimmen können. Es wird darauf ankommen, ob die Versammlung mit der Regierung einverstanden ist, daß die betresenden Worte des Paragraphen gestrichen werden sollen, Wenn die Frage gestellt wird;