1848 / 62 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ob der Paragraph nicht beanstandet“ werde, wenn jene Worte weg-= fallen? So müssen natürlich selbst diejenigen mit ,, Nein stimmen, welche zwar, nahdem der Paragraph beibehalten ist, eine wesentliche Verbesserung desselben in dem Wegfall jener Worte finden würden, denen diese Verbesserung aber nicht genügend ist, um den Paragra- phen derselben ungeachtet nicht zu beanstanden.

Marschall: Jh hatte schon bemerkt, daß das Nichtbeanstanden so viel heiße, als mit Weglassung dieser Worte den Paragraphen annehmen.

Abgeordn, von Auerswald: Wer überhaupt gegen den Parag- graphen gestimmt hat, stimmt vom ersten bis zum leßten Worte gegen denselben, also au gegen die in Rede stehenden Worte, Alle aber, die gegen den Paragraphen gestimmt haben und dessen Bei« behaltung niht wünschen, fönnen selbst, wenn sie für den Wegfall dieser Worte stimmen möchten und dies nicht thun, wenn sie zugleich dadurch erklären sollen, den Paragraphen nicht zu beanstanden.

Marschall : Die Frage lautet :

Wird auf Wegfall der Worte: oder durch Erregung eines JFrrthums, von der Versammlung angetragen? und die das beantragen, werden es dur Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich eine große Majorität.) g D ist dem Antrage mit mehr als zwei Dritteln beigetreten worden. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor): de: DILe

Hazardspiele sollen, wenn nach den Verhältnissen der spielenden Personen, nah dem Einsaße und nah den übrigen Umständen anzu nehmen is, daß zur Befriedigung der Gewinnsucht gespielt worden, mit Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern bestraft werden.

Die bei einem verbotenen Spiele auf dem Spieltishe und in der Bank befindlichen Gelder sind zu konfisziren,““

uu S. 301.

Auf Streichung dieses Paragraphen ward deshalb angetragen, weil es eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Freiheit sei, den Einzelnen ihre freie Verfügung über ihr Vermögen zu verbieten, und das Spiel an und für sich nicht die Verleßung des Rechtes eines Dritten darstelle. Andererseits ward zwar geltend gemacht, daß ein praktishes Bedürfniß zu einer Strafbestimmung, wie die vorliegende, nicht zu verkennen, indem eine verderblihe Spielsucht nur durh Straf= bestimmungen würde vertilgt, und da, wo dies nicht geschehe, das Elend, die Armuth und der Mangel der Fähigkeit zum Erwerbe dur diese Sucht nur gefördert werde. Die Abtheilung hat jedoch mit 12 gegen 2 Stimmen beschlossen :

den Wegfall des Paragraphen hier in Antrag zu bringen, indem sie in Erwägung zog, daß, wo eine solhe Spielsucht existire, sie dur andere Mittel als Strafen, sie in den meisten Fällen unwirksam, aufgehoben werden müsse, und höchstens eine Polizeistrafe gereht- fertigt sei.“

Abgeordn. Freiherr von Patow: Jch möchte m:ch doch für Beibehaltung des Paragraphen aussprechen. Die Hazardspiele haben an vielen Orten so um sich gegriffen, daß es, wenn keine Bestim=

mung darüber in das Strafgescehbuch kömmt, einen sehr üblen Ein= druck machen und höchst nachtheilig sein würde. Man wird dann die Hazardspiele für nicht verboten halten, sie werden daher in ver=- derblichher Weise zunehmen, und überdies werden häufig Betrügereien der Banquier vorkommen, die nicht so leiht zu ermitteln und zur Strafe zu ziehen sein werden, wenn das Hazardspiel nicht im Allge- meinen verboten wird.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Bei Betrügere1 der Banquiers würde natürlih noch ein besonderes Verfahren statt- finden, aber der Hauptgrund für den Antrag der Abtheilung war, wíe bereits gesagt, daß die ganze Bestimmung zwecklos sein würde.

Regierungs -= Kommissar Bischoff: Der Antrag der Abtheilung geht also dahin, daß die Bestimmung in das Polizeigeseß verwiesen werden soll, Wenn das der Fall ist, so wird dagegen nichts einzu- wenden fein.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Jnsofern das Hazard- spiel öffentlih betrieben wird, würde es allerdings unter die Polizei- Vergehen gehören.

Abgeordn. Allnoch: Nur wenige Worte: Jch würde mich auch dann nur für den Wegfall des Paragraphen erklären, wenn das Hazardspiel unter die Uebertretungen der Polizeigeseße käme, denn daß in neuerer Zeit der Hang zum Spielen auch bei den unteren Volksklassen leider sich bedeutend gezeigt hat, wird Niemand wider legen, obwohl die Gränze zwishen Hazardspiel sehr {wer aufzufin- den sein wird,

Marschall: Die Frage lautet :

Soll beantragt werden, daß die Bestimmung des §. 331 in den dritten Theil des Gesebes verwiesen werde? pes die dies beantragen, werden es durch Aufstehen zu erkennen geben,

: (Es erhebt sich eine große Anzahl Mitglieder.)

Es ist mit großer Majorität beigestimmt worden,

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor) :

S 332

Wer vom Hazardspiele ein Gewerbe macht, soll mit dem Ver- luste der Chrenrechte, mit Strafarbeit bis zu zwei Jahren und zu- gleich mit Geldbuße von einhundert bis zu zweitausend Thalern bestraft werden. E

Gegen Ausländer is in diesem Falle zugleich auf Landesverwei- sung zu erkennen.“ i

20/6, 092.

Der §. 332 bestimmt die Strafe des erwerbmäßigen Hazard- spiels und es ward zunächst die Frage gestellt, ob ein jedes gewerb- mäßiges Spiel oder vielmehr nur das gewerbmäßige Hazardspiel mit Strafe zu belegen sei, wenn es unter Umständen verübt, die den Schluß auf eine gemeine gewinnsüchtige Absicht nothwendig machten, Mit Rücksicht hierauf ward ein Antrag gestellt , daß nur derjenige, welher vom Bankhallen im Hazardspiel ein Gewerbe mache, mit der Strafe des §. 332 zu belegen. Wenn auch andererseits hervor- gehoben ward, daß in der Gefährlihkeit des gewohnheitömäßigen Spielens hinreichende Veranlassung gegeben, die gewerbmäßige Theil- nahme eben so wie das gema gs Bankhalten unter Strafe zu stellen, so hat doch die Abtheilung, mit 11 gegen 3 Stimmen be- lossen :

den oben gestellten Antrag zu befürworten.

Es ward ferner bestritten, daß die Strafe des Verlustes der Ehrenrechte in den Fällen gerechtfertigt, in welhen feine ehrenrührige Gesinnung, sondern bloße Neigung zum Spiel das Motiv gewesen. Andererseits ward behauptet, daß eine ehrenhafte Gesinnung mit einem gewerbmäßigen Bankhalten unter keinen Umständen zu ver- einbaren.

Einen Antrag :

die Strafe des Verlustes der Ehrenrechte wegfallen zu lassen, hat die Abtheilung mit 7 gegen 6 Stimmen abgelehnt.“

Justiz - Minister von Savigny: Jch i daß mir das Gutachten niht ganz deutli is, uud fürchte, daß dabei ein Miß- A über den Sinn des Paragrapheu zu Grunde liegt. Der Dei bezieht sich auf diejenigen Personen, welhe vom Hazard- piele ein Gewerbe machen, also auf Spieler von Profession, also

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nicht auf diejenigen, deren es leider sehr viele giebt , welhe das Spiel zu einer Hauptbeschäftigung ihres Lebens machen. Davon ist niht die Rede, sondern nur von den Bankhaltern und deren Ge- hülfen, welche vom Spiel niht nur ihren Unterhalt, sondern auch einen außerordentlichen Gewinn zu ziehen suchen, diese sind hier ge- meint, Wenn man es so auffaßt, so würde es {wer zu rechtfertigen sein, wenn nicht eine harte Strafe für sie bestimmt würde, womit auch die bfentlihe Meinung übereinzustimmen scheint, Die Sache is von großer Wichtigkeit, und ich glaube niht, daß die öffentliche Freiheit von dieser Strafbestimmung etwas zu fürchten habe, da von der hohen Versammlung beschlossen worden is, darauf anzutragen, daß §. 330 aus diesem Theile entfernt und unter die Polizei - Ver- gehungen geseht werde. Um mi darüber zu erklären und Mißver- ständnisse zu beseitigen, welhe dem Abtheilungs-Gutachten zu Grunde liegen, erwähne ich noch Folgendes: Wenn eine Gesellschaft junger Leute unter einander Hazardspiel treiben, o gehört es uuter die Polizeiübertretungen, und wenn auch Einer gewöhnlich Bank hält, fo is das Spiel dennoh nicht als gewerbsmäßig zu betrachten, ganz besonders aber dann niht, wenn sie damit wechseln, bald Dieser, bald Jener Bank hält. Jn diesem Falle wird keine hohe Strafe eintre- ten, sondern nur dann, wenn das Hazardspiel als Gewerbe betrieben wird.

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius: Es is} möglich, daß die Fassung des Entwurfes etwas bestimmter hätte sein können, aber die Meinung isst dahin gegangen, daß nur das gewerbêmäßige Bankhalten unter Strafe zu stellen sei.

Justiz - Minister von Savigny: Also die gewerbsmäßigen Spieler und ihre Gehülfen, Croupiers und wie sie sonst beißen mögen.

Abgeordn. Abegg: Jch bin ganz gegen das Hazardspiel, ich halte es für verwerflich, aber ein Gedanke steigt bei dieser Gelegene heit in mir auf: wie läßt sich die Königliche Lotterie neben dieser Strafe rechtfertigen?

(Ruf: Laut! laut !)

Die Lotterie is auch ein Hazardspiel.

Abgeordn. Fabricius : Jh hatte in dem Augenblicke, als ich um das Wort bat, eigentlih übersehen, daß die Abtheilung schon beantragt, die Disposition des Paragraphen auf diejenigen zu be- \chränken, welhe vom Bankhalten im Hazardspiele ein Gewerbe machen. Es scheint auch mir durchaus angemessen, statt derer, die vomHazardspiele ein Gewerbe machen, geradezu die Ban k= halter und deren Gehülfen zu nennen, Gewerbemäßiges Pointiren, so verwerflih es erscheinen, so verderblich es dem dazu herunter Gefommenen werden mag, kann do nie den gemeingefähr lichen Charakter erhalten, wie das Bankhalten, überdies aber wird die Einleitung einer Untersuhung gewiß in wenigen Fällen überall zu begründen und noch schwieriger sein, eine solhe zu irgend einem entsprehenden Resultate durchzuführen.

Justiz - Minister von Savigny: Jch weiß nicht, in welchem Sinne die Lotterie erwähnt wurde, ob der geehrte Abgeordnete be- fürchtet, daß die Lotterie = Direction auch unter diesen Paragraphen möchte gezogen werden, oder ob in dem Sinne, daß man es für einen Widerspruch gehalten hat, ein solhes Geseß gegen die Bank halter zu geben, während der Staat selbst Lotterien hält? Jst das leßte der Fall, so liegt darin nur das Bedenken: ob die Beibehal= tung der Lotterie räthlih sei, und diese Frage gehört uicht zur vor= liegenden Diskussion. Aber die Befürchtung theile ih nicht, daß die

Direktoren der Lotterie nah diesem Paragraphen zur Untersuchung gezogen und bestraft werden möchten.

(Lachen.)

Abgeordu. Abegg: Das befürchte ih auh nicht im Entfernte- sten, es fällt mir nur auf, daß die Königliche Lotterie nit verboten wird, die doch auch ein Spiel ist, und zwar eine privilegirte Bank. Die Chançen sollen dabei noch viel weniger vortheilhaft für die Spieler sein, als beim gewöhnlicheu Hazardspiel.

(Die Stimme des Redners wird dur fortwährendes Privat=

gespräch der Mitglieder untereinander verschlungen.) E

Abgeordn, von Auerswald: Jch kaun nicht anerkennen, daß der Antrag der Abtheilung deutlich sei; es liegt nur eine Beschrän- fung darin, und der Ausdruck: vom Spiele Gewerbe ma chen, {i umfassender, als der Ausdruck: fortwährendes Bankhalten. Jch kann mich also nicht für die Abtheilung erklären,

Marschall: Es liegt nur eín Antrag vor, nämlich der der Abtheilung, und wenn keine weitere Bemerkung gemacht wird, so ist die Berathung für geschlossen zu erklären, und falls der Antrag der Abtheilung nicht angenommen würde, so wird es sto anzusehen sein, daß die Versammlung dem Entwurfe beitritt, Die Frage also heißt : Soll beantragt werden, daß im Geseß ausgedrückt werde, daß nur der, welcher vom Bankhalten ein Gewerbe macht und seine Ge- hülfen mit der Strafe des §. 32% zu belegen seien ? Und die dem beistimmen, werden es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich eine Minorität.) Dem Antrage is} nicht beigetreten und es bleibt also bei der Fassung des Entwurfs,

Abgeordn, Sperling: Jn Beziehung auf diesen Paragraphen möchte ich mir eine fleine Bemerkung erlauben,

Marschall : Das hätte früher geschehen müssen; die Diskussion ist für geschlossen erklärt,

C 300,

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

¡8 333.

Inhaber öffentliher Versammlungsörter, welche verbotene Spiele an diesen Orten gestatten oder zur Verheimlichung solcher Spiele mitwirken, sind mit Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern zu bestrafen.

Im zweiten Rückfalle i} zugleih auf den Verlust der Befugniß zum selbstständigen Betriebe des Gewerbes zu erkennen.“

Abgeordn. von Brünneck: Es scheint mir aber do ein Wider spruch mit der früheren Abstimmung zu sein, wonach §. 331 unter die Polizeivergehen verwiesen worden ist, und sonach auch dieser Parg- graph dorthin gehören dürfte.

: Bier Uhden: Die Bestimmung bezieht sih ja auch auf §. 332.

Justiz-Minister von Savigny: Diese Personen sind die Ge- hülfen derjenigen, welhe im §. 332 unter eine bedeutende Kriminal- strafe gestellt sind; denn wenn diese leßteren kein Lokal finden, werden sie auch niht Bank halten können.

(Der Abgeordnete von Byla bittet ums Wort.)

Marschall : Ein Antrag is} nicht gestellt worden.

Abgeordn, von Byla: Jch stimme der so eben gemachten Be- merkung vollkommen bei, und stelle demnach anheim, ob nicht §. 332 im §. 333 zu citiren, Dann würde sich, diaibe ih, das Bedenken beseitigen, welches der geehrte Abgeordnete aus Preußen angeregt, und würde si somit §. 333 nit auf §. 331 beziehen. S

Regierungs - Kommissar Bischoff: Es wird im §. 333 nicht

esagt, daß er sih lediglich auf den §. 332 beziehen soll; vielmehr bu derselbe auch für den Fall des §. 332 zur Anwendung kommen.

Es is ein wesentlih verschiedenes Verhältniß der Strafbarkeit ; das Verhältniß der Spielenden und derjenigen Personen, welche das Lokal dazu hergeben.

Äbgeordn, von Byla; Jh erlgube mir zu bemerken, daß als-

dann die Jnhaber von dergleichen Versammlungsörtern gewiß stets als Gehülfen von den Bankhaltern werden betrahtet und nah §. 333 bestraft werden. E Marschall: g. 334. Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor) : a E.

Oeffentliche Pfandleiher, welche die ihnen anvertrauten Pfänder rechtswidrig gebrauchen, sollen mit Gefängniß bis zu einem Jahre und zugleich mit Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern bestraft werden.“

Marschall: §. 335,

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

L 395.

_ Wer seine eigene Sache aus der Gewahrsam eines Nußnießers, Pfandgläubigers oder desjenigen, welchem an der Sache das Zurück= haltungsrecht zusteht, ohne dessen Einwilligung in rechtêwidriger Ah- siht wegnimmt, ist auf den Antrag des Verleßten mit Gefängniß oder Strafarbeit bis zu zwei Jahren zu bestrafen. i

Geschieht diese Handlung in gewinnsüchtiger Absicht, so soll zu- gleih der Verlust der Ehrenrechte eintreten, und es kann auf Straf Arbeit bis zu fünf Jahren erkannt werden.“

Das Gutachten der Abtheilung lautet :

B G 300,

Der §. 335 gab zunächst zu einer Fassungsbemerkung Veratn- lassung , indem die Abtheilung einstimmig der Ansicht war , daß statt der Worte „rechtswidriger Absicht ‘“ im ersten Saße des gedachten Paragraphen es zweckmäßiger sei zu sagen: „in der Absicht den Gläubigern zu entziehen.“ Sodann ward der Antrag gestellt, daß der zweite Saß des Paragraphen ganz zu streichen, indem es, wenn die Feststellung des Vergehens in der Weise erfolgt, wie es durch das nicht widersprohene Monitum gegen die Fassung geschehe, eine besondere Strafbarkeit in einer gewinnsüchtigen Absicht nicht mehr liegen könne. S / I

Die Abtheilung beschließt mit 8 gegen 6 Stimmen auf Streichung des zweiten Sabßes des Paragraphen anzutragen.

Mit Rücksicht auf diesen Beschluß ward sodann erinnert, daß die Strafe des ersten Sabes zu gering und eine Erhöhung desselben zweckmäßig. Die Abtheilung hat jedoch den Antrag:

die angedrohte Strafe bis auf Strafarbeit bis zu fünf Jahren zu

erhöhen, mit 13 gegen 1 Stimme abgewiesen.

Justiz-Minister vvn Savigny: Jh glaube, daß die Natur der Fälle, die hier vorkommen können, auf welhe der Paragraph An- wendung sinden möchte, nicht ganz deutlich anerkannt i. Jch will ein Beispiel angeben, woran sich am meisten auschaulih machen wird, welche verschiedene Fälle hier vorkommen, und welche also, unter die verschiedenen Absäbße des Paragraphen gehören. Wenn Jemand einen fostbaren Shmudck vielleicht um eine große Summe verpfändet hat und nun diesen Shmuck heimlih dem Pfandgläubiger entzieht, so fann dies in verschiedenen Absichten geschehen. Es kann geschehen wie es im zweiten Alinea heißt, „in gewinnsüchtiger Absicht‘, um diesen Schmuck zu verkaufen, und dadurch vielleicht alle Sicherheit für immer zu zerstören, also um den Pfandgläubiger um den Werth des Schmukes ärmer zu machen, ganz eben so, wie er ihn ärmer machen würde, wenn der Shmuck Eigenthum des Pfandgläubigers wäre. Das is der Fall, auf welchen die Strafe des zweiten Alinea angedroht i}, und dieser Fall hat eine ganz ähnliche Natur mit dem gewöhnlichen Diebstahl, welcher von einem Nichteigenthiüimer an den Eigen thümer begangen wird. Ein anderer Fall dagegen ist der: Es wird ein fostbares Servis, ein Schmuck, dem Anderen heimlich entwendet, um dieje Sachen vorübergehend, z. B. bei einem Feste, zu gebrauchen, und sie dann wieder heimlih hinzubringen, welches vielleiht auch geschehen sein kann. Es is aber deshalb immer eine unredlihe Handlung, auch eine gefährlihe. Der Thäter hat die Sicherheit des Anderen gefährdet, einen eigenmächtigen Eingriff in dessen Recht gethan. Wenn nun die Abtheilung aber dennoch darauf anträgt, es solle blos jener erste {were Fall mit Strafe bedroht werden, der zweite aber straflos bleiben? und zuglei für den ersten s{hwereren Fall, die ge- ringere Strafe androhen will, welche auf den gelinderen Fall hier angedroht ist, so kann ih dem nicht beistimmen, Wenn nämlich die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht geschieht, so- hat sie eine voll- fommen ähnliche Natur mit dem Diebstahl, sie hat dieselbe Gefähr lihkeit für den Pfandgläubiger, sie zeugt von derselben nihtswürdigen Gesinnung des Thäters und ih sehe keinen Grund, warum man hier eine andere Strafe annehmen soll, als die für den Diebstahl ange droht is. Es is auch so im gemeinen Rechte, welches diesen Fall ganz unter den gewöhnlihen Begriff des Diebstahls stellt, unter dem Namen des lactum possessilonis, Jch kann mich weder mit dem Antrage einverstanden erklären, für diesen ganz gewiß schweren nihtswürdigen Fall eine so geringe Strafe eintreten zu lassen, noch mit dem Antrage, den anderen Fall, wobei diese schlechte Absicht nicht vorhanden is, ganz straflos zu lassen.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Der Antrag der Majorität der Abtheilung is allerdings dahin gegangen, daß ganz straflos sei, wenn eine solhe Sache weggenommen wird, um irgend einen Gebrauch davon zu machen, zu Zwecken der Eitelkeit, oder zu solhen Zwecken, durch welche das Recht des Pfandgläubigers nicht gekränkt wird. Diesen gelinderen Fall wollte allerdings die Abthei- lung ganz straflos erklären, und nur für den Fall eine Strafe ein- treten lassen, daß eine wirkflihe Rechtsverlezung stattgefunden.

Justiz- Minister von Savigny: Jh muß doch zu erwägen bitten, daß auh in dem Falle, wo man nicht die st{chwerere, deim Diebstahl ganz parallel gehende, Absicht hat, wenigstens vorüber- gehend auf kurze oder längere Zeit dem Pfandgläubiger die Sicher heit, die ihm rehtlich zusteht, gänzlich entzogen wird, und es nicht in der Macht des Thäters steht, zu verhindern, daß die Sache dem Pfandgläubiger ganz verloren gehe. Ferner gehen diese Handlungen und Absichten oft unmerklich in einander über, und es wird oft shwer zu beweisen sein, daß der Thäter gerade die eine oder andere siraf- bare Absicht gehabt habe. Wenn man au den Fall denfkt, daß dei Thäter die Restitution vollzogen hat, so ist es nicht de n, aber häufiger wird der Fall vorkommen, wo das nicht Le C Vera hat, und dann wird er sich immer darauf berufen, n er die Absicht gehabt habe, die Sache zurükzubringen. Es wird shwer zu ermit-= teln sein, ob er wirklich diese Absicht gehabt hat, aber er hat doch in jedem Falle das Recht eines Andern E ih würde es daher für bedenklih halten, gänzliche Lte d Ce zu lassen.

Referent Abgeordn, Freiherr von Pa N sind von dem Herrn Geseßgebungs - Minister zW! esichtöpunkte hervorgehoben

sich ergiebt, daß allerdings der Entwurf von der

Majerilät der Abtheilung ganz entschieden und wesentlich abweicht. Die Majorität der Abtheilung is besonders von der Absicht ausge-

in der Entziehung eines bloßen

daß eine Rechtsverlebung ugen dies nit begründet werde, wenigstens fein Stra fgesch ba- dur verleßt werde. Sie hält sich zu dieser Ansicht berechtigt, weil

das Pfandrecht auch nur ein accessorishes Recht, und in der Ent- ziehung eines blos accessorishen Rechtes keinesweges eine selbststän= dig mit Strafe zu belegende Handlung gefunden werden kann, hier vielmehr die civilrechtlihe Seite vorzuliegen \{heint, Die zweite Bemerkung bezieht sih darauf, daß eine Strafbestimmung deshalh

zweckmäßig sei, weil in gewissen Fällen der A per aa Absicht nicht zu führen sei, und da ist die Abthei E E ung daß die Schwierigkeit des Beweises zwar WOL M i Sirale hier, wie in anderen Fällen vorkommen könne, daß sie a nicht rechtfertigen könne. E s i i Rociieenas - Kommissar Bischoff : Was de tee Ged. gebung betrifst, so hat das Allgemeine ai babIs A un va römischen Rechts E n ag E eiben E Figenthumsentwendung, jonderi ( ie DellSélt I 10) die Gebrauchsentwendung, gestellt. Es ist im p. Ee E O derjenige, welcher seine eigene Sache s Ne er E 1 auf deren Besiß, Genuß oder Verwahrung ein Recht zukommt, in der

Absicht, mit dem Schaden desselben 74 s fti narf et wendet, begeht einen Diebstahl.“ S8 l bi N , Diebstabl. E Pfandbesizer die Sache wieder abnimmt, dies ein Diebstahl. Das if Pfand da nye Smne, wie der Begriff des Diebstahls sich im allerdings in dem Sum, , lt hat, nicht richti E is deutschen Kriminalrecht entwide Ges , n) : S De “G Cy solche Handlung von ehrlojer esinnung zeugen kann, 1) Zip: Wenn Jemand seine Sachen verpfändet hat, sie dem Pfand gläubiger wegnimmt, in der Absicht, ihm den Pfandschilling zu ent ziehen, so is dies eine ehrlose Handlung. E i ? Hice- Marschall Abgeordn, von Rochow: Jch glaube , daß {immer Strafe eintreten müsse, wenn das Pfand dem Pfandinhaber auch ohne eigennüßige Absicht entzogen wird, und zwar deshalb, weil dadur demselben eine mehr oder weniger bedeutende Gefahr entsteht. Es fann durch den Gebrauch, den der Eigenthümer von der Sache macht und durch die lange Dauer desselben der Werth bedeutend verringert werden; sie föunte auh dem, der sich in dem Besiß des Pfandes gesebt hat, gestohlen werden, und dann wäre der Pfandinhaber ganz darum gebraht. Man kann also den Pfaud Jnhaber nicht ohne Schuß und Sicherheit gegen ein solhes Ver gehen lassen. 5 : Abgeordn, von Auerswald: Jch erkenne an, was |o eben ge- sagt worden is, im Allgemeinen auch das, was von dem Herrn Mi= nister der Geseßgebung geäußert worden ist; ih erinnere aber daran, daß der Herr Minister davon sprach, daß der Fall des ersten Alinea nicht \traflos bleiben fann, hervorhob, daß dieser Fall, wenn auch nicht straflos zu lassen, so doch geringfügiger Art wäre. Jn Ueber= einstimmung damit, kann ich keinesweges anerkennen, daß die Fâlle in diesem ersten Alinea, bei welchen eine gewinnsüchtige Absicht nicht vorausgeseßt werden kann und bei denen die Versuchung aus in der Natur der Sache liegenden Gründen doch immer größer hein wird, als bei einer Entwendung fremden Eigenthums, mit so harter Strafe belegt werden sollen. E i

Aus ähnlicher Rücksicht halte ih auch die Strafe im zweiten Alinea für zu hart. Wenn ih gleich zugestehe, daß die Cntwendung auch eigener Sachen eine gemeine Handlung is und deshalb dem Diebstahl gleichsteht, so ist toch die Versuchung größer und natür- liher, Jch glaube, daß die Strafe nicht so hoch normirt werden darf, wie die Strafe des gemeinen Diebstahls. Für den Fall, daß das Gutachten der Abtheilung durchfallen sollte, trage ih meines= theils darauf an, daß die Strafe im ersten Alinea auf Gefängniß bis zu einem Jahre, im zweiten Alinea auf Strafarbeit bis zu drei Jahren geseht werde, und ih glaube, daß der Zwed erreiht und ein richtiges Verhältniß herbeigeführt wird. y

Justiz - Minister Uhden: Dagegen muß ich erinnern, M Effekt nah die Sache wie bei dem Diebstahl sich herausstellt. Wenn Jemand ein Pfand gegeben, dies die einzige Sicherheit ist, welche der Gläubiger hat, und es wird ihm wieder entzogen, o wird der= selbe, wenn der Schuldner keine andere Sicherheit gewähren fann, um die ganze Forderung gebracht. Es können auch ershwerende Um- stände vorkommen, wenn die Entziehung z.}B. mit Gewalt geschieht; für solche Fälle dürften 5 Jahre Strafarbeit eine nicht zu hohe Strafe sein.

Abgeordn, von Auerswald: Jch erlaube mir die Frage, vb des Falles, wo es mit Gewalt geschieht, im Paragraphen gedacht ist?

Regierungs - Kommissar Bischoff : Allerdings, wenn der Eigen- thümer einsteigt oder einbriht und seine eigenen Sachen entwendet, so fällt das Verbrechen nur unter diese Strafbeslimmung.

Abgeordn. von Auerswald: Nachdem ih hierüber belehrt bin, so vervollständ'ge ih meinen Antrag dahin, daß im ersten Alinea Gefängniß bis zu einem Jahre und im zweiten Alinea 3 Jahre Stras=- arbeit geseßt und gesagt werde: „in gewinnsüchtiger Absicht und ge- waltsamer Weise.“ j

Fürst Wilhelm lust der Ehrenrechte ?

Justiz - Minister von Savigny: Jm zweiten Alinea steht {on „in gewinnsüchtiger Absicht,“ Wenn es nicht in dieser Absicht ge- schieht, findet der Verlust der Ehrenrechte nicht statt.

Abgeordn, von Auerswald: Jch habe auh nur hinzugefügt „„gewaltsamerweise““. :

Abgeordn. Frhr. von Friesen: Die geehrte Abtheilung hat in dem Gutachten die Bemerkung gemacht, daß die Worte: „rehtswi driger Absicht“, gestrichen und dafür geseßt werden solle: „in der Absicht, den Gläubigern zu entziehen“, Jch kann diese Bemerkung nicht theilen.

daß dem

Radziwill? Wie steht es denn mit dem Ver-

Jusofern sie von der Versammlung zum Beschluß er=- hoben werden sollte, muß ih mich dagegen aussprechen, weil ich nicht einsehe, warum es blos den Gläubigern gegenüber ein Verbrechen sein soll und nicht auch den Pächtern und Nuznießern gegenüber. Cs muß auch diesen gegenüber strafbar sein, das Pfand oder Jun= ventar zu entwenden. e

Referent Abgeordn. Frhr. Fassungssache sein.

__ Justiz-Minister von Savigny: Da es eine Fassungssache is, 10 habe ich mich nicht darüber erflärt. Es ist von der Abtheilung ein Versehen begangen worden, insofern es niht heißen kann: „den Gläubigern“, sondern es heißen muß: „den Berechtigten zu ‘ent ziehen“. E

Marschall: Wir

heißt :

_ Soll auf Wegfall des zweiten Alinea angetragen werden ?

Die es beantragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben, (Dies erfolgt nicht ausreichend.) :

Man i} nit beigetreten,

Die zweite Frage heißt:

Soll beantragt werden , daß in den Fällen des ersten Alinea nur _ auf Gefängnißstrafe bis zu einem Jahre zu erkennen sei? Die es beantragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Erfolgt sehr zahlreich.) j

Die Majorität hat sich dafür ausgesprochen. heißt :

Soll beantragt werden, daß für die Fälle des zweiten Alinea auf Strafarbkeit nur bis zu 3 Jahren erkannt werden könne?

Fürst Wilhelm Radziwill : Jch erlaube mir die Frage, ob der Verlust der Ehrenrechte bestehen soll oder nicht ?

Justiz-Minister von Savigny: Nach dem Sinne des Ent- wurfs soll es dem Diebstahl gleichstehen, also der Verlust der Ehren= rechte mit dem Maximum von 5 Jahren eintreten.

Y quarschall : Soll beantragt werden, daß für die Fälle des zwei- n Alinea auf Strafarheit nur bis zu 3 Jahren erkannt werden kann ?

von Mylius: Das würde einé bloße

fommen zur Abstimmung. Die erste Frage

Die dritte Frage

an

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gei Die es beantragen, würden es durch Anfstehen zu erkennen | eben. (Zahlreiches Aufstehen.) Die Majorität hat sich dafür ausgesprochen, / Justiz = Minister von Savigny: Jh muß das bezweifeln, Mir ijt es vorgekommen, als ob die Majorität sich nit dafür ausgespro= hen habe. ¿ i Marschall: Jch bitte, nohmals aufzustehen, (Dies geschieht.) Die Majorität hat sich unzweifelhaft dafür ausgesprochen, viel leiht sogar eine Majorität von zwei Drittheilen. Justiz = Minister von Savigny: Die Zählung scheint mir doch wünschenswerth. : Marschall: Jch bitte, die Zählung vorzunehmen. (Dies erfolgt.) t haben gestimmt 53, mit Nein haben gestimmt 35. 6. 336. j

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (lies vor): uÎ- 3306,

Was über die Unzulässigkeit einer Strafe bei Entwendungen fremder Sachen, welhe von einem Ehegatten gegen den anderen oder von leiblichen Verwandten in aufsteigender Linie gegen ihre Kinder begangen sind, verordnet worden i (§. 277), findet auh auf die Entwendung der eigenen Sache (§. 335) Anwendung.“

Dieser Paragraph gab zu keiner Erinnerung Veranlassung.

Marschall: §. A

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

83372

Wer Sachen, welche durch die Obrigkeit oder durch die zustän- digen Behörden oder Beamten gegen ihn gepfändet oder in Beschlag genommen sind, vorsäßlih zerstört, verbirgt oder bei Seite schaft, i\stt mit Gefängniß oder mit Straf-Arbeit bis zu zwei Jahren zu be- rafen.

Der Ehegatte des Gepfändeten, dessen Verwandte oder Ver= s{wägerte in auf- oder absteigender Linie, welche sih dieser Hand= lung shuldig machen, werden mit der nämlichen Strafe belegt,“

Das Gutachten der Abtheilung lautet:

U S; 997.

Es ward darauf angetragen, den zweiten Saß des Paragraphen zur Streichung zu empfehlen, indem, wenn die dort genannten Per sonen im Einverständuisse mit dem Beschuldigten und zur Beförde rung des Vergehens gehandelt, die allgemeinen Bestimmungen über Theilnahme ausreichend sein würden.

Die Abtheilung berücksichtigte jedo, daß gerade die Bestim- mungen wegen Theilnahme auf die in dem vorgeschlagenen Alinea genannten Personen deshalb niht anzuwenden, weil durch ihre Be- theiligung hon mit Rücksicht auf das in dem Verwandtschasts-Ver= hältniß liegende Jnteresse bei Verübung des Vergehens ein selbststän diges Vergehen begangen und daher auch selbstständig eine Strafe verwirkt set.

Der Antrag,

das zweite Alinea wegfallen zu lassen, ward mit 10 gegen 4 Stimmen abgelehnt.“

Abgeordn, Sperling: Bei diesem Paragraphen kennt man nicht das Prinzip, welches sich geltend gemacht hat. Sonst gilt das ver wandtschaftlihe Verhältniß als cin Milderungsgrund bei allen straf=- baren Handlungen und Strafen. Hier wird es geradezu ein Verschär- fungsgrund. Jch glaube, daß auch die aufgeführten Verwandten nach den allgemeinen Grundsäßen von Gehülfen behandelt werden können, und trete der Ansicht. der Minorität bei, das zweite Alinea zu streichen.

Regierungs-Kommissar Simons: Diese Stelle des Paragraphen entspricht den bestehenden Geseßen. Es is durch Verordnung von! 14. Dezember 1833 für die Rhein-Provinzen das geseßlich festgestellt worden, was der Paragraph beibehalten hat, daß nämlich die Ver {chleppung der gepfändeten Gegenstände strafbar is, nicht nur wenn sie von dem Gepfändeten selbst, sondern auch von seinen Verwandten geschieht. Es tritt ein ähnliches Verhältniß ein, wie es in Beziehung auf den Bankerott angenommen worden is, Es wird in der Regel {wer fallen, die Grundlage der Betheiligung, das Einverständniß der Ver= wandten nachzuweisen ; der Paragraph sichert die Strafe auch dann, wenn ein solches Verständniß nicht zur Anschauung gebracht werden fann.

Justiz - Minister von Savigny: Jh muß den Entwurf noch vertheidigen gegen einen Vorwurf, und zwar gegen den, daß in an- deren Fällen das Verwandtschafts = Verhältniß ein Milderungsgrund sei, hier aber die Heiligkeit der Verwandtschaft nicht anerkannt werde. Die Milderung bezog sih auf solche Fälle, wo ein Verwandter gegen den anderen gefehlt hatte, niht aber auf den, wo ein Verwandter einem Dritten Unrecht gethc@ hatte. Darauf bezog sich die Milde= rung niemals.

Abgeordn, von Auerswald: Doch wohl in nicht wenigen Fäl- len, namentlich wenn ein Verwandter dem anderen, welcher verhaftet ist, zur Flucht behülflih is! :

Abgeordn. Sperling: Mir is ein Fall der Art noch nicht vor gekommen, wo das Verwandtschafts-Verhältniß nicht als Milderungs-= grund berücksichtigt worden, Wir haben selbst von der Ministerbank die Verwandtschaft immer als einen Milderungsgrund anführeu hü- ren. Dem widerspricht diese Bestimmung.

Referent Abgeordn, Frhr. von Mylius: Auch ih muß den Ent= wurf vertheidigen. Es is von einem Milderungsgrunde nicht die Rede, auch nicht von einer Verschärfung, sondern es i} eine Bestim mung, die sowohl aus praktischen Gründen gerechtfertigt, als durch die Art, wie die strafbare Handlung begangen worden i}. Es liegt im Wesen des Familienbandes, daß jeder Einzelne an dem, was ge- meinschaftlih besessen wird, ein gewisses Juteresse und ein gewisses Recht hat. Wenn nun der Gläubiger bei der Pfändung sein selbst ständiges Recht geltend macht, so soll es ihm von keinem Familien= gliede entzogen werden, Es bleibt jede solhe Geltendmachung eine Verletzung des Rechtes eines Dritten. Deshalb mußte Jeder, der zur Familie gehört, mit einer selbstständigen Strafe belegt werden. Jch glaube, daß dieser Paragraph seine selbstständige innere Recht fertigung hat.

Abgeordn. Keumann: Jch habe den Paragraphen ganz anders verstanden und halte ihn vollkommen gerechtfertigt. Jch sehe darin nämlich eine Milderung der Strafe. Der Eigenthümer der Sache nimmt seine eigene Sache zurück und befindet sich im Falle des §. 335, die Verwandten nehmen dagegen eine fremde Sache und entziehen sie dem Gewahrsam des Dritten und würden mithin einen eigentlichen Diebstahl begehen, dessen Strafe sie treffen müßte. Jch sehe keinen Grund ein, warum eine verminderte Strafe für sie bestimmt werden sollte.

Korreferent Abgeordn. Naumann : Jch bin derselben Ansicht, welche die geehrten Mitglieder ausgesprochen haben. Jh bin zwar nicht der Meinung, daß diese Fälle unter den Begriff des Diebstahls gehören, sondern sie gehören unter §. 341, unter die Bestimmungen wegen Vermbgens-Beschäbigung, §. 337 enthält übrigens eine milderndo Bestimmung, und insofern dies der Fall ist, möchte ih die Milderung auch für Ehegatten und die hier erwähnten Verwandten nicht aus-

geschlossen sehen.

Regierungs-Kommissar Simons! Eine Bemerkung, die vorhin gemacht wurde, ist ganz richtig; die Verordnung vom 141. Dezember 1833, die als eine Quelle des Paragraphen angeführt is, bestimmt, daß gegen dritte Personen wegen solher Handlungen, die, wenn sie von dem Ehegatten und anderen Verwandten des Gepfändeten ver= übt worden, als Verschleppung bestraft werden und die Strafe „des Diebstahls in Anwendung kommen soll.

(Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. Sperling: Jh nehme meinen Antrag zurü.

Marschall: Nachdem der Antrag zurückgenommen worden, liegt feine Veranlassung zur Abstimmung vor. §. 338.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

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Wer unbefugterweise einen Fischfang vornimmt, soll, insofern nicht besondere Fishezeiordnungen andere Strafen vorschreiben, mit Geldbuße bis zu einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten, bestraft werden.

Die Entwendung von Fischen aus Fischhältern, Teichen oder anderen beschlossenen Gewässern, is nah den Vorschriften über den Diebstahl zu bestrafen.“

Das Gutachten lautet :

¡Zu §. 338.

Es ward der Antrag gestellt, den Paragraphen zu streichen, in=- dem die durch ihn verbotene Handlung entweder unter den Begriff des Diebstahls falle oder eine bloße Polizei-Contravention sei. Wenn auch andererseits darauf hingewiesen war, daß die Beibehaltung des Paragraphen deshalb wünschenêwerth, weil bei ibm Fälle vorgesehen, für welche die Strafe des Diebstahls nicht geeignet, für die aber eben so wenig in einzelnen Fischerei-Ordnungen Vorsorge getroffen, so hat die Abtheilung doch mit 9 gegen 5 Stimmen beschlossen :

den §. 338 zum Wegfall in Vorschlag zu bringen.“

Die Abtheilung war der Ansicht gewesen, es handle sich hier entweder um einen Diebstahl oder um ein bloßes Polizeivergehen.

Justiz - Minister von Savigny: Jch kann dem Antrage der Abtheilung aus den Gründen, die angeführt worden sind, durchaus nicht beistimmen. Jch gebe zu, daß es Fälle geben kann, sie sind die allerseltensten und in dieser Rücksicht unwichtigsten, in welchen hier von einem Diebstahle die Rede is. Fische in einem Fischkasten sind eben so zu betrachten, wie die Fishe, die in einer Küche liegen. Wenn aber nun gesagt wird, alle Fälle, die hier vorkommen fönnen, müßten entweder Diebstahl oder Polizei - Uebertretung sein, so muß ih dem auf das bestimmteste widersprehen, Gerade die wichtigsten Fälle dieser Art sind weder Diebstahl, noch Polizei-Uebertretung, son= dern sie sind nicht unwichtige, aber ein wahres Recht verleßende Handlungen. Es if nämlich hier die Rede von nnberechtigtem Fisch= fang in Flüssen, Strömen, Landseenz is das ein Diebstahl? Gewiß nicht, deun der Fischereiberechtigte i nicht Eigenthümer, nicht Besiver der einzelnen Fische, die in seinem Wasserraume hin- und hershwim- men, eben so wenig, wie der Jagdberechtigte Eigenthümer und Be- siber der einzelnen Hasen und Rehe is, die in seinem Walde umher= laufen,

( Aufregung. Eine Stimme: ODho!)

Hier kann also von keinem Diebstahl die Rede sein, denn der Berechtigte is weder Eigenthümer, noch Besißer. Wollte man sagen, es wäre eine Polizei-Uebertretung, so muß ih dem ebenfalls wider= sprechen; es kann nicht so genannt werden, wenn ein wirkliches Recht dabei verleßt wird, und hier is von einem wirklichen Rechte die Rede, niht von einer Handlung, die dem allgemeinen Wohle entzogen ist, fondern von einer unmittelbaren Rechtsverlebung. Allerdings kommen in dieser Rücksicht auch Polizei - Uebertretungen vor, wenn z. B. die Laichzeit niht beobachtet wird, davon is aber hier niht die Rede. Wenn Einem in einem bestimmten Theile eines Flusses das ausschlie- ßende Recht des Fishfangs zusteht und ein Anderer Fische daselbst

fängt, so verleßt dieser das Recht des Fischerei = Berechtigten, begeht also nicht ein bloßes Polizei-Vergehenz es is aber au kein Dieh= stahl, und so würde dieses Recht ganz shublos sein, wenn der Para= graph gestrihen würde. Es is ein ähnlicher Fall, wie bei dem Jagd= ret, bei welhem weder von einer bloßen Polizei-Uebertretung, noch von einem Diebstahl die Rede sein kann, und dennoch is es eine ent= schiedene Rechtsverlezung, gegen die der Berechtigte Shuß haben muß. Man könnte sagen, warum wird dieser Strafshuß dem Fisch- fange gewährt, während doch das Jagdreht eben so häufig verleßt wird. Das hat seinen natürlihen Grund darin, daß dies gerade ein Recht i}, fin welches durch besondere Gesebe gesorgt wird. Vor vie= len Jahren is} {hon den Provinzial-Ständen ein allgemeineres Geseß über die Jagdvergehen vorgelegt worden, welches jeßt der Erledi- gung nahe liegt. Dagegen würden die Fischerei-Berechtigten in der That vollkommen \chußlos sein, wenn dieser Paragraph nicht aufge- nommen würde, denn der Schuß, der ihnen bisher durch das Straf= geseß gewährt war, findet sich in einigen Paragraphen des XX. Tit. des A, L. R., welcher jeßt mit der Publication dieses Entwurfs auf= gehoben werden soll; es würde also von jeßt an die ganze Fischeret preisgegeben sein, Aus diesem Grunde i der Paragraph durchaus nothwendig und eben so nothwendig und begründet, wie das Gesetz, wodurch der Verleßung des fremden Jagdrechts Einhalt ge-= than wird.

Abgeordn. von Ratte: Jch habe nach Auslassung des Herrn Geseßzgebungs-Ministers zur Unterstüßung des Paragraphen aus prak- tischer Erwägung nur hinzuzufügen, -daß Stand - Wildpret in Strö= men nicht vorhanden is und der Diebstahl gar zu {wer zu ent- decken is, Mein Jäger is vereidet, und auf sein Zeugniß kann der Richter fußen. Hier höre ih nicht mal einen Knall, wenn mir ein Fisch gestohlen wird.

Äbgeordu, Dittrich: Jh stimme ebenfalls für den Para- graphen,

(Lauter Ruf zur Abstimmung. ) L, weil derselbe im praktischen Bedürfnisse liegt; nur wünschte ih die Partikularbestimmungen aufgehoben, die mir niht nothwendig seinen.

Justiz Minister von Savigny: Es existiren auêégedehnte Fishe- rei - Ordnungen für das frische Haff und das kurische Haff.

(Ruf zur Abstimmung.) Marschall: Die Frage heißt: L Soll auf Wegfall des Paragraphen angetragen werden und die das beantragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen vent, A T (Es erhebt sich Niemand dafür, Heiterkeit. ) 6, 339. ; L Sand Abgeordn. Series 4A Mylius (liest vor): E E

Reisende oder Stchiffsleute, welche ohne Vorwissen des Siffers, ingleichen Schiffer, welhe ohne Vorwissen des Rheders Gegen- stände_an Bord nehmen, welche das Schi} gefährden, indem sie des= sen Confiscation oder Beschlagnahme veranlassen fönnen, sind mit Gefängniß oder mit Strafarbeit bis zu drei Jahren zu bestrafen.

Das Gutachten der Abtheilung lautet :

„Zu §. 339.

Auch hier ward die Streichung des Paragraphen in Antrag ge=- stellt, indem dur ihn eine Beschränkung der persönlichen Freibeit gegeben und es Pflicht des Rheders sei, selbst zu prüfen, welche Ge=

genstände er ohne Gefährdung seines Schiffes weiter zu befördern