1848 / 63 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

eorbn. Freiherr von Rothkirch-Trach : Ih wollte mir nohch die Ey F an B: wes Landtags-Kommissar erlauben, ob die Regie= rung Veranlassung finden möchte, auf meine Bemerkung bei der Redaction Rücksicht zu nehmen, i :

Candiags Bomm Per: Wenn irgend ein Zweifel entstehen sollte, würde es gern ge ehen. i

Abgeordn. von Donimiersfi : Jh würde mir den Antrag er- lauben, das Minimum auf 5 Jahre festzuseben, und zwar weil ih wünsche, daß der §. 356 ganz gestrichen würde; denn es is nach meiner Ueberzeugung unwürdig für ein Geseßbuch, einen so s{hlechten Eigennuß als Milderungsgrund für eine Strafe bestehen zu lassen.

will ein Beispiel anführen. Die Leute, die an einem Damme

wohnen, haben gewöhnlich die Verpflichtung, den Damm auf ihrer Seite zu unterhalten. Es vernachlässigt einer die Unterhaltung, wo= egen auf der anderen Seite der Damm gut erhalten wird. Jm Ka le eines großen Wassers entsteht Gefahr für die vernachlässigte Seite, um diese von seinem Eigenthume abzuwenden , sticht er den starken Damm auf der anderen Seite durch, und der Zweck, sein Eigenthum ju retten, soll als Milderungsgrund dienen, dieses ist offen- bar unzulässig, um aber dem Richter einen größeren Spielraum zu lassen, beantrage ih hier die Heruntersezung des Minimums.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Gerade in Bezug auf die praktischen Fälle is es sehr nothwendig, daß diese Bestim mung stattfindet. Es werden sehr viele Dinge begangen , die eine besondere Milderung verdienen. Jn den Niederungen, wo Deiche sind, geschieht es sebr häufig, daß die Eigenthümer die Dämme durh- stoßen, um die Wasserfluth von ihrem aks auf fremden Grund und Boden abzuleiten, Das ist eine Handlung, die zwar nit so mans ist, wie die früher erwähnte, aber doch uicht straflos bleiben ann. - Abgeordn. von Donimierski : Jh wiederhole nur, daß ein so verwerfliher Eigennuß nie als Milderungsgrund dienen kann.

(Unruhe in der Versammlung.)

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius : Man braucht sich nur die Noth und das Elend vorzustellen, welches eine einbrehende Wasserfluth für eine ganze Gegend bringt. Es ist ein sehr erheb- liher Milderungsgrund.

Marschall: Es wäre zu ermitteln, ob der Vorschlag, das Mi= nimum auf 5 Jahre herabzuseßen, die erforderlihe Unterstüßung

(Es erhebt sich die ausreihende Anzahl Mitglieder.) Er hat sie gefunden. i __ Regierungs-Kommissar Bischoff: Da si dieser Antrag haupt= sächlich au auf die vorgeschlagene Weglassung des §. 356 gründet, so muß in Ansehung des Lebteren bemerkt werden, daß §. 356 nichts Neues ist, sondern nur die Konservirung des bestehenden Rechtes. Das Landrecht im §. 1576 hat eine solche Bestimmung, und nach dem Landrechte konnte die Strafe sogar bis auf 6 Manat Gefängniß herabgehen. G : Candtags-RKommissar : Wenn wir recht ins Auge fassen, was im §. 354 vorgeführt is, nämlich eine vorsäßlich mit Gefahr für das Leben Anderer herbeigeführte Ueberschwemmung, \o erkennen wir eines der \{hwersten und gemeingefährlichsten Verbrechen, welches, wie ih glaube, niht unter dem angegebenen Minimum bestraft werden kann, wenn wir uns nicht in Jnkonsequenzen mit anderen Bestim- mungen verlieren wollen.

Marschall : Wir sind noch bei §, 354, weil vorhin noch nicht gesagt worden is, daß die Diskussion geschlossen sei, Deshalb ist der Antrag erst nach Abstimmung über die erste Frage eingebracht worden. Diejeni en, welche beantragen, daß das Minimum in §. 354 auf fünfjährige Zuchthagusstrafe beantragt werde, würden es durch Aufstehen zu BERRO eben.

(Es erheben sich nicht genug Mitglieder. Es ist nit beigestimmt. R Gy 9 i Referent Abgeordn. Freiherr ger Mylius (liest vor): 18. 355,

Wer mit gemeiner Gefahr für Eigenthum, jedoch niht mit Gefahr für das Leben Anderer, vorsäßlih eine Tre hei verursacht, soll mit Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig Jahren be- straft werden.“

Die Abtheilung hat nichts zu erinnern.

Marschall: §. 356.

Referent Abgeordn. Freiherr n Mylius : (liest vor) :

Gegen Den, welcher eine Uebershwemmung vorsäßlich, jedo nux in der Absicht verursacht, sein Eigenthum ung nal ies kann die Freiheitsstrafe bis auf zweijährige Strafarbeit ermäßigt werden, Auf Todesstrafe darf in einem Plben Falle selbst|! dann E Priva werden, wenn ein Mensch das Leben verloren hat

Das is der Fall, dessen so eben Erwähnung geschehen is; er kommt vor, wenn durch Ueberschwemmung ein n Plnpas Nothttand Mat roarian ist und nun die Leute das leßte Mittel ergreifen, um ihr Eigenthum zu retten, nämlich den Damm durchstehen. Jn der Rheinprovinz hat es \ih \o herausgestellt, daß, wenn diese Leute vor A Geschwornen gestellt wurden, fie freigesprohen wurden.

Marschall: Es i} niht von der Beschädigung des Eigenthums R Man Ah der Gefahr für Leib und Leben die Rede,

Rede “e Bana nt Die von Mylius: Es is davon die nur n o a Ofalia aal mig apita ente

Abgeordn, von Saucken-Tarputschen: Wi tb ht auf eine Erhöhung der Strafe at A T E Handlung, der Eigennuß, der eigenen Vortheile hier, nicht als ein Entschuldigungs-, sondern eher als ein Beschwerungsgrund erschien z ih bin aber dadurch beruhigt, daß es heißt: es kann die Freiheits- strafe bis auf Iweydrige trafarbeit ermäßigt werden, Die Stei= gerung ist also t ássig, wo die Verhältnisse anderer Art sind, wo gerade Selbstsuht, um sich vor kleinere Gefahren zu {ügen und größere auf Andere wälzt, naa

Jch stimme jeßt für den Paragraphen.

Abgeordn. von Brünneck; Jch muß es doh für bedenkli buen, daß so dem Egoismus Thor und Thür geössnet werde u ehe niht ein, warum die Sicherung des Eigenthums auf Gefahr I: Gemeinwohles in allen solhen Fällen ein Milderungsgrund sein s

Landtags -Rommissar: Es ist von dem Herrn Referenten be= reits der Fall hervorgehoben worden, den der Paragraph vorzugs- weise im Auge hat. Jh bitte dies wohl in Erwägung zu nehmen; bei einer Ueberschwemmung hat es den Anschein, daß für ein Dorf oder eine einzelne Besibung das einzige Rettungsmittel in der Durch- edes eines Dammes besteht. Wird diese vorgenommen , so darf e nit straflos bleiben, weil dadur eine ganze Gegend übershwemmt werde nund Menschen in Lebensgefahr kommen können ; dennoch kann die Heolnmg der Nothwehr sehr nahe stehen, und mu daher für solche älle, wo die Handlung als das leßte Rettungsmittel für ein Jnudi- viduum oder eine ganze Gegcud erscheint, unzweifelhaft ein Minimum der Strafe gegeben werden, welches sich hinlänglih entfernt von dem Minimum, welches da eintreten kann, wo die Durchstehung des Dam- mes aus Bosheit geschieht,

Abgeordn, von Auerswald; Jch glaube auch, daß mit Rücksicht

988 auf den Umstand, daß selbst gegen diese Leute auf lebenswierige Zuht- hausstrafe erfannt werden kann, das Bedenken \sih erledigt; vas äber in den Fällen, wo feine allgemeine Gefahr entstanden ist, Strafarbeit von 2 Jahren genüge, wird wohl Niemand verkennen. Jh glaube, der Paragraph fann so stehen bleiben, wie er hier vorges{lagen ist. Marschall : Ein Antrag auf Wegfall ist nicht gestellt, wir kom- men also zu §. 357. Referent Abgeordn. Freiherr vas Mylius (liest vor): e 874 Wird die Uebershwemmung (§8, 354, 355) durh Fahrlässigkeit verursaht, \o is auf Gefängnißstrafe oder auf Strafarbeit bis zu 3 Jahren zu erkennen.“ Die Abtheilung hat nichts zu erinnern gehabt. Marschall : §. 358. Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor) :

19. 398.

Wer ein Gebäude vorsäßlich in Brand seßt, welhes zum Got- tesdienste bestimmt ist oder zur Wohnung von Menschen dient, inglei= hen wer ein zum Aufenthalte von Menschen zeitweise dienendes Ge- bäude zu einer solhen Zeit vorsäßlih in Brand seßt, zu welcher in demselben Menschen fs aufzuhalten pflegen, soll mit zehnjähriger bis lebenswieriger Zuchthausstrafe und, wenn ein Mensch dadur das Leben verliert, mit dem Tode bestraft werden.“

Die Abtheilung hat uichts erinnert,

Marschall: §. 359.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor);

us. 399, Eben diese Strafbestimmungen (§. 358) sind anzuwenden auf denjenigen, welcher : °

1) ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit zu einer Zeit, in welcher dieselben zum Aufenthalte von Menschen die- nen, vorsäßlih in Brand seßt, oder

2) Eisenbahnwagen , Bergwerke oder andere zum Aufenthalte von Menschen zeitweise dienende Räumlichkeiten zu einer Zeit vor- säblih in Brand seßt, zu welcher sich Menschen darin aufzu- halten pflegen.“

Das Gutachten lautet :

E „Zu §8. 359, 360 und 361.

Hinsichtlich der Fassung is nur die Bemerkung gemacht, daß es zweckmäßig sei, dieselbe so einzurichten, daß das Anführen von Bei= spielen niht nothwendig werde.“

Marschall: §. 360,

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor) : „8. 360.

Die Strafvorschriften des §. 358 sind auch auf denjenigen an- wendbar, welher Gegenstände irgend einer Art, die vermöge ihrer Lage geeignet sind, das Feuer den in den §§. 358 und 359 bezeih- neten Gebäuden oder Räumlichkeiten mitzutheilen, mit Kenntniß dieser Gefahr, vorsäglih in Brand sebt, wie z. B. benachbarte unbewohnte Gebäude, Vorräthe von Holz, Heu oder Stroh.“

Marschall: §. 361.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (lies vor):

i vûe B64:

Wer in anderen, als den in §§, 358—360 bezeichneten Fällen vorsäßlih einen Brand verursaht, welcher mit gemeiner Gefahr für MHEn thi, è 9 für Madunges, Torfmoore, Früchte auf dem Felde,

ist, soll mit Zuchthaus von fünf bi i lera ebet chth fünf bis zu zwanzig Jahren

Abgeordn. Frhr. Ziller von Gärtringen; So wie ih §. 361 verstehe, so können nah ihm Handlungen mit Zuchthaus bestraft werden, die keinesweges einen ehrlosen Charakter haben, die vielmehr nur aus Unvorsichtigkeit begangen sein können, Meine Ansicht dar- über ist durch die Motive zu dem Geseße begründet. Jh erlaube mir, aus Seite 128 derselben Folgendes vorzutragen :

„„Die Bemerkung der brandenburgischen Stände, daß derjenige, welcher seine eigenen Schonungen oder Torfmoore anzünde, um den Verheerungen der Raupen ein Ziel zu seßen oder eine bessere wirth schaftlihe Benußung möglih zu machen, nur bei unterlassener An- zeige mit einer Polizeistrafe und bei der Gefährdung fremden Eigen-= thums mit der Strafe der Fahrlässigkeit belegt werden dürfe, konnte nicht beachtet werden. Der Fall, wenn mit dem Brande keine ge- meine Gefahr verbunden und nur irgend ein zur Anzeige verpflich- tendes. Polizei-Verbot übertreten is, gehört gar nit hierher. Bei einer gemeinen Gefahr hingegen läßt sich keine Ausnahme vom Ge-= seße machen; wer, blos um Gggen Nutens willen, eine solhe Ge- fahr herbeiführt, ohne die Erlaubniß der Obrigkeit zu erbitten und solchergestalt \chüßende Maßregeln zu veranlassen, wird mit vollem Rechte der Strafe des §. 361 unterworfen.“

Es wird also gewissermaßen den Motiven nah die Zuchthaus- strafe davon abhängen, ob Jemand der Polizei Anzeige gemacht hat oder niht, Bei diesem Bedenken öchte ih mir erlauben, folgende Abänderung vorzuschlagen, nämlich, daß am Ende der ersten und zu Anfang der zweiten Zeile hinter dem Wort „vorsäßlih“/ einzuschalten ist „in böswilliger Absicht“, und außerdem würde auch noch am Schlusse der Nahsabß nothwendig sein: „war die böswillige Absicht niht vorhanden, so ist auf Gefängniß oder Strafarbeit bis auf zehn Jahre zu erkennen.“ Es fragt si, ob die Fassung dieser Abände- rung eine passende is, und ih stelle anheim, eine andere zu wählen,

Regierungs - Kommissar Bischoff: Das Bedenken wird sich er- ledigen durch §. 365; der Fall, der erwähnt worden ist, kann nur als fahrlässige Brandstiftung angesehen werden, und da ist im §. 365 bestimmt worden : „mit Gefängniß oder mit Strafarbeit bis zu3 Jahren“; in milderen Fällen soll der Richter sogar ermächtigt sein, auf Geld- buße bis zu 500 Rthlr. zu erkennen.

Abgeordn. Frhr. Hiller von Gärtringen : Hier aber is ausdrüdcklich „vorsäßlih“/ gesagt, und das wird allgemein so verstanden, wie ich vorhin Zela Rahe,

Landtags -RKommissar: Jh glaube, daß das Mißverständniß mehr durch die Motive als durch die Fassung des Geseßes herbei- geführt is, Nach den Motiven könnte man allerdings annehmen, daß Jemand, der um der Kultur seines Ackers willen einen Brand verursacht, der eine Quantität Haidekraut , Torf und dergleichen ab= brennt, ein Fall, der sehr häufig vorkommt, ja, der in manchen Ge= genden Deutschlands bekanntlich zu den landesüblihen Kulturarten gs sobald das Feuer durh Unvorsichtigkeit eine gemeingefährlihe

usdehnung gewinnt, nah Vorschrift dieses Paragraphen bestraft

werden soll. Das ist aber nicht die Absicht des Geseßes gewesen, und wenn der Wunsch des geehrten Deputirten aus der Provinz Po- sen nux dahin geht, diese Fälle auszuschließen, so wird das Gouver- nement gern eine assung wählen, welhe cin solhes Bedenken, das ebe in den Motiven, als in der jeßigen Fassung des Gesehes selbst L vbilig beseitigt, Wer um der Landeskultur willen Gegenstände, Ma 1 bs gehören, ohne hösliche Absicht verbrennt, der fann, Umstände Brand durch Unvoorsichtigkeit oder unvorhergesehene aus Fahrlä eei gefährli wird, nur der Sinai der Brandstiftung rlässigkeit unterliegen, Wenn dies deutlih ausgedrückt wird,

wie es auch die Absicht des i: , sich das Bedenken völlig U E SORIO 017 19MIN A

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius: Jch werde die hohe

Versammlung nicht m it Vorl - ä Parsai g niht mehr mit Vorlesen von Fassungs- Vorschlägen

en. Î : (Heiterkeit) Ih erlaube mir nur, in Bezug auf das Bedenken, welhes von dem Herrn Marschall der Provinz Posen angeregt ist, daß auch hier die rheinische Fassung jeden Zweifel unmöglih macht, indem ausdrücklich E wird, daß es nicht strffällig sei, wenn dergleichen Ge= genstände, wie Waldungen, Torfmoore und Früchte auf dem Felde, demjenigen, der sie angezündet hat, gehören.

Marschall : Es fragt sich, ob der Abgeordnete, der den Antrag gestellt hat, mit der gegebenen Erklärung sih zufrieden erklärt,

Abgeordn. Freiherr Ziller von Gärtringen: Jh bin befriedigt.

Abgeordn. Becker: Jch wünschte, daß bei §. 361 auch Braun-= fohlen-Schuppen und Getraide- und Futter-Diemen oder Feimen mit einbegriffen werden, weil diese oft niht blos auf Feldern, sondern au auf Lühden u, st. w. stehen, und die Braunkohlen-Schuppen sind wirklich ein wichtiger SAGAE,

(Unruhe. Der Abgeordnete war nicht verstanden.)

Marschall : Es muß erst noch genauer verstanden werden, worauf der Mgirdnale anträgt.

Abgeordn. Becker: Jch meine Getraide- und Futter - Diemen oder Feimen, die niht auf Feldern, sondern auf Lühden stehen.

(Einige Stimmen :- Getraide-Feimen.)

Marschall : Es is zu ermitteln, ob der Vorschlag, auh Braun=- fohlen-Schuppen und Getraide- und Futter-Feimen in den Paragra- phen aufzunehmen, die erforderliche Unterstüßung findet.

(Es erhebt si keine hinreichende Anzahl von Mitgliedern.)

Justiz-Minister Uhden: Es wird von selbst darunter fallen, weil die im Paragraphen erwähnten Gegenstände nur als Beispiele auf geführt sind. Es heißt ausdrüdcklih: z. B. für Waldungen, Torf= moore, Früchte auf dem Felde u. \. w.

Marschall: Dadurch wird sich wohl das Bedenken erledigen, und der Umstand, daß der Antrag keine Unterstüßung gefunden hat, gründet sich aller Wahrscheinlihkeit nah darauf, daß diese Gegen=- stände, die genannt worden sind, schon unter dem Paragraphen ein= Mrs angesehen werden. A

Abgeordn. Becker : Wenn das der Fall ist, bescheide ih mi gern.

Abgeordn. Freiherr von Rothkirch-Trah: Jh wollte mir nur eine kurze Bemerkung erlauben in Bezug auf den Antrag des Ab- geordneten aus der Provinz Posen, betreffend den Zweifel wegen der absichtlihen Beschädigung. Ih begrüße es gerade als einen Vorzug des vorliegenden Gesebes, daß in dem Begriff der Brandstiftung das Kriterium der Absicht, zu beschädigen, ausgeschlossen ist, Es sind bis=- her die Richter oft in die unglütliche Lage gekommen, daß sie die Strafe der vorsäglichen Brandstiftung niht haben aussprechen fön- nen, weil die Verbrecher so vorsichtig gewesen sind, die Absicht zu leugnen.

G Ein Beispiel möge dies erläutern. Eine Frau war Aehrenlesen gegangen, als die Früchte noch nicht vom Felde weggenommen waren ; der Nachbar hatte sie dabei getroffen , nahm ihr die gesammelten Aehren ab und verwahrte sie. Erzürnt über diese Wegnahme, über= legte sie, wie sie auf die fürzeste Weise wieder zu den Garben ge=- langen könne, legte Feuer an, es wurde bemerkt, und man stellte nun Wächter hin. Das Weib benußte aber die Zeit, und in einem Augen- blide, wo die Wächter niht aufmerksam waren, legte sie noch einmal Feuer an, und es entstand ein Schaden von mehr als 5000 Rthlr. Da die Jnkulpatin die Absicht der Brandstiftung nicht einräumte, fand si das erkennende Gericht veranlaßt, nur auf 2 Jahre Zucht=- haus zu erkennen und die Strafe der Brandstiftung auszuschließen.

Fh wollte hiermit darauf hinweisen, daß das Geseß allerdings zureihend und die Nothwendigkeit eines Zusabes sich nicht ergebe.

Marschall : Wir kommen zu §. 362!

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

2369

18. 362. 4 Jn allen vorstehend (§8. 358——361) aufgeführten Fällen macht es in der Deices feinen Unterschied, ob die in Brand geseßten ei

Gebäude, Räumlichkeiten oder anderen Gegenstände dem Thäter ge= hören oder nicht.“

Das Gutachten lautet :

¡Zu §. 362. hat sih nihts zu erinnern gefunden.“

Marschall: §, 363!

Referent Abgeordn. Frhr, von Mylius (liest vor):

119+ 30. #

Das Verbrechen der vorsäßlihen Brandstiftung (§§. 358—361) ist als vollendet anzusehen, sobald der Gegenstand der Brandstiftung von dem Feuer ergriffen worden ist, ““

Das Gutachten lautet :

„ZU §. 363.

Derselbe ward dahin erläutert, daß unter den dort bezeichneten Gegenständen der Brandstiftung nur diejenigen gemeint seien, welche E dur Feuer zu zerstören die Absicht des Brandstifters ge= wesen.“

Marschall: §. 364!

Referent Abgeordn. Frhr. von “idows (liest vor):

S. 364. :

Wer wegen vorsählicher Brandstiftung (8s. 308—361) zu einer zeitigen Freiheitsstrafe verurtheilt wird, soll unter besondere Polizei=- Aufsicht gestellt werden.“

Marschall: §. 365!

Referent Abgeordn. Frhr. E Mylius (liest vor):

! 1468, 18001

Wer fahrlässigerweise mit Gefahr für das Leben Anderer oder mit gemeiner Gesahr für Eigenthum einen Brand verursacht, soll mit Gefängniß oder mit Strafarbeit bis zu drei Jahren bestraft werden.

In milderen Fällen soll der Richter ermächtigt sein, auf Geld- buße bis zu fünfhundert Thalern zu erkennen.“

Das Gutachten lautet :

„ZU §§. 364 und 365. hat si nichts zu erinnern gefunden.‘ Marschall: §. 366! Referent Abgeordn, Freiherr pan Mylius (liest vor): 19, 306.

Wer Andere mit Brandstiftung oder Ueberschwemmung bedroht, soll mit Strafarbeit oder mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft und unter besondere Polizei-Aufsicht gestellt werden.“

Das Gutachten lautet: Z s

„Zu §. 30606. s j

q Es warb behauptet, daß die dort angedrohte Strafe zu hart sei,

und der Antrag gestellt : 1E E

statt der in 4e gebrachten nur Gefängniß oder Strafarbeit his zu 10 Jahren eintreten zu lassen. A )

Die Abtdeilung hat jedoch mit 9 gegen 6 Stimmen diesen An= trag abgelehnt.“ j

Marschall: §. 367! ; E

Referent Abgeordn. ia m: Mylius (liest vor) :

0Yye d, er sich die Ausübung eines öffeutlihen Amtes anmaßt oder olche Handlungen eigenmächtig unternimmt, die nur in Kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden dürfen, ingleichen wer geiste

j i ll mit liche Amtshandlungen verrichtet, ohne dazu befugt Sl Traub se raft

Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern oder mi en ein Nachtheil

werden. ; : der einem Einzelnen 0 bibued dane S Strafarbeit bis zu zwei Jahren er-

zugefügt worden, #0 fann auf

fannt werden.“ L s D 0 autet : Das Gutachten Zu 5. 367.

Ha. den §. Es war darauf angetragen moe ht zur Verübung strafbarer

dem jede Amts-Anmaßung, ‘ht strafbare Handlungen mit ihr Handlungen geschehen, oder Fobalt Tiger Eitelkeit zwar als mora-

verb 1, als eine H ) Î P is E erachtet werden mise e eines Straf= u rechtfertigen nik ! .

gesedes eti Ss Lit Vertheidigung g S hee Inka ange= führt, daß die Anmaßung eines öffentlichen L Er t werflichen Täuschungen Veranlassung gebe un daher auch, abgesehen von einer konkurrirenden Rechtsverleßung, mit Strafe zu belegen sei. Es hat deshalb die Abtheilung den Antrag:

N anz zu strei en, L L L „8 Pag tbgelehnt und eben \o einen ferneren An-

trag mit 10 gegen Stimmen verworfen, welcher dahin gerih-

tet war:

daß die Worte: 5 : R E „wer sih die Ausübung eines öffentlichen Amtes anmaßt““,

dahin geändert werden mögen : / y „wer ohne dazu befugt zu sein, sich mit der Ausübung eines öffentlihen Amtes befaßt.‘

Dagegen hat die Abtheilung ohne Widerspruch beschlossen : daß es zweckmäßig sei, hinter dem Worte : „eigenmächtig““ in der 2ten Zeile des Paragraphen die Worte: „und widerrehtlihch““

zur Aufnahme zu empfehlen.“

Jch habe zu denjenigen Mitgliedern gehört, welche gewünscht haben, daß der Paragraph aufrecht erhalten, aber gesagt werde :

„Wer sh mit Ausübung eines Amtes befaßt, ohne dazu befugt

zu sein.“

Das bloße Vorgeben und Anmaßen is keine mit Strafe zu be- legende Handlung, indem es keine Rechtsverleßung bildet, wird sie aber eine Rechtsverletung, indem Einer unbefugt eine Amtshandlung vornimmt, \o wird sie au strafbar, indem in die Regierungsrechte des Staats dadurch eingegriffen wird.

Justiz - Minister Uhden: Das isst ja iu dem Paragraphen enthalten. Es heißt :

„Wer si die Ausübung eines öffentlihen Amtes anmaßt““,

also d blos, wer sich ein Amt, sondern die Ausübung desselben anmaßt.

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylins: Es wäre der Fall denkbar, daß Jemand von sich sagte, er sei zur Ausübung eines öf- fentlichen Amts befugt, und mein Bedenken ging dahin, daß das nah dem Gesetze strafbar sein könne ; aber nah der abgegebenen Erklärung des Herrn Justiz-Ministers erledigt sich mein Bedenken.

Abgeordn. von Werdeck: Jch bitte nur um Belehrung dar- über, ob die gestellten Anträge blos auf Streichung des ersten Ali- nea gehen oder auch auf Streichung des zweiten Alinea, welches der Herr Referent nicht vorgelesen hat.

Marschall : Es liegt gar fein Antrag der Abtheilung vor.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Der in der Ab- theilung gestellte Antrag auf Streichung des Paragraphen ist von der Abtheilung selbs verworfen worden.

A L Verlangt der Abgeordnete von Gaffron noch das Wort

Abgeordn. Frhr. von Gaffron: Jh resignire darauf, da der Referent mit der Fassung einverstanden ist.

Marschall: §. 368.

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

¡19+ 368.

Wenn Jemand ih durch Bestechung, Betrug oder Fälschung in ein öffentliches Amt einschleiht, so soll außer der dur die Handlung an si begründeten Strafe auf Cassation erkannt werden.“

Das Gutachten lautet :

nZU §+, 368, i

Der Antrag, den Paragraphen zu streichen, ward dadurh moti- virt, daß es niht nothwendig sei, noch ausdrülich die Strafe der Cassation für die Fälle anzudrohen, wo das Amt selbst auf eine nihtige Weise erlangt worden, daß außerdem die Fälle der Be- stehung, des Betrugs oder der Fälschung solche seien, in denen der Verlust der bürgerlichen Ehre oder doch die Untersagung zur zeiti- gen Ausübung der Ehrenrechte und daher auch die Unfähigkeit zu allen öffentlihen Aemtern die nothwendige Folge der Strafe sei.

; Andererseits ward mit Rücksicht auf das praktische Bedürfniß

die Zweckmäßigkeit des Paragraphen vertheidigt und der auf Strei- hung A gerichtete Antrag mit 9 gegen 6 Stimmen ah= gelehnt.“

Aus den angegebenen Gründen des Gutachtens folgt, daß der Paragraph nicht nöthig ist, denn es versteht sih von selbst, daß der, welcher in der bezeichneten Weise in den Besiß eines Amtes gekom= men is, niht in demselben gelassen werden kann.

Aber sind die Handlungen, wodurch er in den Besiß gelangt ist, von der Art, daß sie eine \hwere Strafe rechtfertigen und die GTâ=- higkeit zur Bekleidung öffentliher Aemter ausschließen, so wird es nicht nothwendig sein, hier die Cassation anzudrohen.

Marschall: §. 369.

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

8: O09,

Wenn derjenige , welhem die Ernennung zu einem öffentlichen Amte nicht vermöge einer amtlichen Befugniß beit L eia Rechte - zusteht, bei dessen Ausübung den darüber bestehenden Vor-= schriften mit rechtswidrigem Vorsabe entgegenhandelt, so soll derselbe mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestrast und zuglei zur eigenen Ausübung des Rechts für unfähig erklärt werden. Auf die Dauer seiner Besibzeit ist alsdann die Ausübung des Rechts dur den Staat zu führen, und die damit verbundenen Lasten und Kosten sind aus dem Vermögen des Verurtheilten zu bestreiten.

Die vorschriftswidrige Ernennung selbst is ungültig, und das Recht zur Wiederbeseßung des Amtes geht auf die vorgeseßte Be- hörde über. ‘“

Das Gutachten lautet :

„Zu §, 369.

Es ward auf Streichung des Paragraphen angetragen, weil die Entscheidung über die einander entgegengeseßten Rechte des Staates und der Privaten zur Ernennung der öffentlihen Aemter mehr die Eigenschaft von Streitigkeiten über Privatrechte als die einer Verleßung eines öffentlichen Rechtes haben, eine Kriminalstrafe daher nicht als geeignet erscheint.

Es ward zwar angeführt, daß die Einführung einer solchen Strafe das einzige Mittel, um dem Staate dafür Gewähr zu leisten, daß er nicht urrd absichtliche -Zuwiderhandlungen, wie sie der Para- graph gedenke, fortgeseßt in Nachtheil gebracht werde,

367 zu streichen, in-

589

Die Abtheilung hat jedoch mit 9 gegen 6 Stimmen den Be=-

{luß gefaßt : : die Streichung des Paragraphen in Antrag zu bringen.“

Die Abtheilung ist von der Ansicht ausgegangen, daß es sich

a A um Dinge handle, für welche Kriminalstrafen gerehtfer-

Candtags - Kommissar: Die Majorität der Abtheilung hat auf Streichung des Paragraphen angetragen :

„weil die Entscheidung über die einander entgegengeseßten Rechte des Staates und der Privaten zur Ernennung ter öffentlichen Aemter mehr die Eigenschaft von Streitigkeiten über Privatrechte als die einer Verlegung eines öffentlichen Rechtes haben.“

Jch muß bekennen , daß ih glaube, es liege hier nur ein Miß- verständniß zum Grunde, indem von einer Streitigkeit über ein Recht, namentlich das Recht der Ernennung zu einem Amte, in diesem Para- graphen gar nicht die Rede ist. Es is der Fall vorausgeseßt, daß ein Privater das Recht hat, Jemanden zu einem Amte zu ernennen, sei es, daß der Staat solches verliehen habe, oder daß es auf eine andere Weise erworben fei, das Recht selbst is unbestritten, und nur von dem Fall handelt es sich, daß der Berechtigte sich bei Ausübung dieses Rechtes, also Lei Ernennung eines Judividuums zu einem Amte, eines strafbaren Mißbrauches \huldig mat, welcher der Regel nah nicht sowohl für den Staat als für diejenigen, welche dem mißbräuchlich Ernannten untergeordnet sind oder in einer rechtlihen Beziehung zu ihm stehen, nachtheilig oder gefährlih werden fann. Es ist haupt- sählih die Rede von Patronaten und Jurisdictionen, also z. B. von dem Falle, wo ein Jurisdictionair wissentlich einen Richter ernennt, der ein Betrüger oder sonst unqualifizirt is und dadurch seinen Ju- risdictions - Einsassen wesentlichen Nachtheil zufügt. Es soll durch diese Strafbestimmung nicht sowohl der Staat geshüßt werden, als vielmehr diejenigen, welhe mit dem ernannten Richter in Berührung fommen.

Deshalb finde ih auch dasjenige, was die Minorität der Ab-= theilung für den Paragraphen angeführt hat, nicht ganz sachentspre= chend. Sie sagt: „daß die Einführung einer solchen Strafe das ein- zige Mittel sei, um dem Staate dafür Gewähr zu leisten, daß er nicht durch absichtlihe Zuwiderhandlungen, wie sie der Paragraph gc- denke, fortgeseßt in Nachtheil gebracht werde.

Nicht dieser Gesichtspunkt aber ist es, um den es sih hier vor= zugsweise handelt, sondern es sind vielmehr die Interessen derjeni- gen ins Auge zu fassen, welche zu dem rechtswidrig crnannten Be amten in amtliche Beziehung gebracht werden sollen. Ich kann des- halb weder in der Ausführung der Majorität, noch in der ungenügen- den Vertheidigung der Minorität einen Grund finden, die Streichung des Paragraphen als nothwendig anzuerkennen.

Referent Abgeordn, Frhr. von Mylius: Der Paragraph ist für die Rhein =- Provinz von keinem großen Belang,

(Lächeln und Kopfschütteln. )

aber es wurde hervorgehoben, daß er von großem Belang für die älteren Provinzen sei, indem er von der Ausübung des Patronats und der Jurisdiction handelt. Nun wurde von vielen Mitgliedern der Abtheilung, welche für die Streichung waren, hervorgehoben, daß möglicherweise auf Grund dieses Paragraphen eine Strafe ausge- sprochen werden fönne gegen denjenigen, welcher in Ausübung seines Patronats-Rechtes eine Pfarre verliehen an einen Solchen, an welchen dieselbe nah Bericht der Regierung nicht hätte verliehen werden sol- len. Das is der Fall, von dem gesagt ist, es kollidire das Recht der Privaten mit dem Rechte der Regierung, es sei aber ein solcher Col- lisionsfall nicht mit Strafe zu bedrohen. D

Vice - Marschall Abgeordn, von Rochow: Es will mir nicht scheinen, als ob dieser Paragraph „von irgend einer praktishen An= wendbarkeit sein fönne. Es is hier nämlich, wie der Herr Kommis- sar bemerkt hat, von Ausübung des Jurisdictions- und Patronats- Rechtes die Rede, es könne geshehen, daß Jemand, der dieses Recht habe, einen Gerichtshalter, einen Pfarrer, man fönnte noch hinzu-= seßen einen Polizeiverwalter ernenne, der niht die Eigenschaften habe, die zu einem solchen Posten gehören, und daß dies in verbre- herisher Absicht geschähe. Darauf muß ih erwiedern, daß ein Er- nennungsreht in dieser Beziehung gar nicht stattfindet, denn die Ju- risdictionarien und Patrone haben nur das Práäsentationsreht , sie fönnen der vorgeseßten Behörde ein solches Judividuum nur vor- shlagen ; wenn dann die Behörde findet, daß das Individuum die nöthigen Eigenschaften nicht hat, so wird sie dasselbe zurückweisen. Der Jurisdictionar , der Patron is ferner auch in der Wahl sehr eingeschränkt , er kann ja son Niemanden zum Richter präsentiren, der niht die richterlihe Qualität hat, er kann Niemanden zum Pfarrer voziren, der nicht seine Examina gemacht hat, nur unter die= sen kann er wählen; wenn er aus diesen bereits geprüften und ihm allein zur Berücksichtigung gestellten Personen eine bezeichnet, so is nicht abzusehen, wie eine verbrecherishe Absicht dabei zum Grunde liegen könne z es kann dabei ein Versehen stattfinden, aber ein solches fann doch nicht diese hohe @trafe, ja es kann gar feine Strafe rechtfertigen. Deshalb stimme ih für die Streichung des Para- graphen. | J

Abgeordn. Krause: Durch die Aufklärung des Herrn Land= tags - Kommissars überzeuge ich mich, daß die Streichung des Para- graphen Schaden bringen fönne, doch beruhigt es mih, daß dem Staate die Befugniß zusteht, den Richter, dem Konjistorium , die Geistlichen zu bestätigen, und eben so der Polizeiverwaltung auch, daß sie geprüft werden müssen, so finde ih auch darin keine große Gefahr, wenn auch der Paragraph gestrihen wird.

(Heiterkeit in der Versammlung , dann vielfacher Ruf nah Abstim= mung.)

Abgeordn, Freiherr von Gaffron : Jch bin erbötig, das Wort abzugeben, wenn die hohe Versammlung die Abstimmung wünscht. Jch habe für den Paragraphen sprehen und nur bemerken wollen, daß ih in der Abtheilung in der Minorität gewesen bin und den Gesichtspunkt hervorgehoben habe, daß dem Staate mit dem Ober- Aufsichtsrehte, welches er über derartige Functionen hat, natürlich auch die Verpflichtung obliegen muß, ihre Ausübung in geseßlichem Wege- zu überwachen. : ; i

Abgeordn. Wodiczka: Jh bin auch in der Minorität gewesen ; ih habe aber den Paragraphen anders verstanden, nicht, als ob er die Wahl unqualifizirter Beamten betreffe, sondern den Fall, wenn einem qualifizirten Beamten gewisse Bedingungen gestellt werden, die dem Amte zuwiderlaufen, z. B. wenn der Jurisdictionar dem Justi- tiar Bedingungen macht, wie derselbe den Gehalt beziehen follz; stellt er aber dem qualifizirten Beamten solche Bedingungen, so handelt er rechtswidrig. i

Abgeordn. Zimmermann: Was die zuleßt gemachte Bemerkung anlangt, so kann sie in diesen Paragraphen nicht fallen, weil darüber die bestehenden Geseße schon Vorschriften geben und der vorliegende Geseß-Entwurf in dem rüdkfolgendeu Paragraphen sagt: „wo schon ein besonderes Gese vorhanden is, finden diese Bestimmungen nicht Anwendung.“ Stellt sich das Bedürfniß heraus, für bestimmte Fälle noch besondere Bestimmungen zu erlassen, so werde ich unter Umstän- den dafür sein, aber ein ganz neues Verbrechen zu konstruiren, dessen Thatbestand ih gar nicht kenne, dagegen muß ih mih entschieden erklären, Es heißt in dem Paragraphen: „Wenn derjenige, welchem die Ernennung zu einem öffentlihen Amte nicht vermöge einer amt-

lichen Befugniß, sondern aus eigenem Rechte zusteht, ‘bei dessen Aus- übung den darüber bestehenden Vorschriften mit rehts=- widrigem Vorsaße entgegenhandelt,“

Was soll das heißen? Was ist der Begriff des Verbrechens? Es giebt Vorschriften, die ganz wesentlich, es giebt andere, die höchst unwesentlich sind; ein Urtheil darüber, ob die Vorschriften für wesentli oder unwesentlih zu halten, muß so lange schwankend sein, als die Geseße nicht speziell den Unterschied der wesentlihen und un= wesentlichen Vorschriften angeben. Dergleichen Vorschriften sind aber niht vorhanden. Wo nun eine O Vorschrift ‘umgangen ist, wie soll da die Rechtswidrigkeit festgestellt werden, die in der Regel doch nur an der äußeren Haudlung erkennbar ist. Man geräth daher in eine Willkür, die keine Gränzen kennt. Abgeschen von den Gründen, die hon angeführt worden sind, und die ih nicht wieder= hole, mache ih auf die Strenge der Strafen aufmerksam, 1) Ge= fängnißstrafe für das rehtswidrige Bewußtsein bei Verleßung von vielleicht sehr gleihgültigen Vorschriften, 2) Verlust des Rechts auf die Dauer der Besißzzeit und 3) Ungültigkeit der Wahl, ih weiß nicht, wie man eine so unbegränzte Strafe gegen ein so unbegränztes Vergehen hat aussprechen können. Jch beantrage die Streichung.

Candtags -Rommissar : Jh bemerke zuvörderst auf die Ent- gegnung desckgechrten Deputirten aus der Ritterschaft von Branden= burg, daß allerdings der Paragraph von keiner großen praktischen Wichtigkeit ist; ih habe daher meine Entgegnung vorzugsweise nur gegen den Einwand der Majorität der Abtheilung gerichtet, den ih niht genügend halten konnte, weil er, wie ich nochmals wieder= hole, nur auf cinem Mißverständniß zu beruhen scheint, indem es sich niht darum handelt, Kollisionen zwischen dem Rechte des Staats und dem Rechte der Patrone und Jurisdictionarien zu {lihten, son=- dern darum, dem Mißbrauche des delegirten Rechts zu steuern, Ine dem ih indessen jeßt auf die Erwiederung des geehrten Deputirten eingehe, kann ih nicht zugestehen, daß, wenn es überhaupt richtig wäre, daß die Delegirten immer nur das Práäsentationsreht hätten, dem Staate oder eincr Behörde aber die Confirmation zustände, da= mit der praktische Werth des Paragraphen beseitigt sei. Das Recht der Confirmation ließt allerdings immer das Recht der Prüfung in sich; dessenungeachtet aber bleibt der Fall denkbar, wo bei der Prä= sentation die fonfirmirende Behörde absichtlih getäuscht wird. Jh habe den Fall nur als Beispiel angeführt, daß Jemand geflissentlich einen unqualifizirten oder schlecht qualifizirten Beamten anstellt, allein andere Fälle nicht ausschließen wollen, namentlih auch den nicht, wel= chen ein geehrter Deputirter aus Schlesien anführte, daß die Anstel= lung mit rechtswidrigen Vorsate nur unter solchen Bedingungen erfolgen fönne, welche die Ausübung des übertragenen Amtes zu ciner gemein= schädlichen machen könnten. Deshalb muß ich bei der Ansicht stehen bleiben, daß der Paragraph nicht ohne Gegenstand if ,- unter Um= ständen von Wichtigkeit sein kann und nichts Widerrechtliches enthält, wenngleich der Fälle seiner praftischen Anwendung wemge sein mögen. Ueberdies muß ih dem geehrten Deputirten von den Städten der Mark Brandenburg entgegnen, daß, wenn er deshalb gegen den Paragraphen stimmen will, weil er ein ganz neues Verbrechen kon= struire, er sich niht ganz richtig orientirt zu haben scheint, indem im §. 326 Th. 11. Tit. 20 des Allg. Landrechts bereits fast wörtlich dasselbe stipulirt is, wo es heißt: „Wer sein Recht zur Ernennung öffentlicher Staats- oder Kirchenbedienten gegen die Vorschrift der Landesgeseße vorsäßlich mißbraucht, der wird desselben für seine Per- fon auf immer verlustig.“ Es handelt si also nicht um ein neues Verbrechen, auch nicht um ein neues Strafgeseß, sondern im Wesent= lihen um die Beibehaltung einer bestehenden Vorschrift.

Justiz-Minister Uhden: Jch muß hinzufügen, daß leider wirk= lich Fälle vorgekommen sind, wo neben dem Justitiariats - Vertrage, welcher der Behörde zur Bestätigung eingereiht wurde, noch ein an-= derer mit dem Justitiar abgeschlossen worden war, der andere Be= dingungen enthielt.

Abgeordn. von Auerswald: Jh glaube doch nicht, daß das Beispiel, welches schon früher von dem Abgeordneten der schlesischen Städte angeführt und vom Herrn Justiz = Minister jegt wiederholt worden ist, hierher passe. Es heißt hier:

„Wenn derjenige, welchem die Ernennung zu einem öffent= lihen Amte nicht vermöge einer amtlichen Befugniß, son= dern aus eigenem Rechte zusteht, bei dessen Ausübung den darüber bestehenden Vorschriften m:t rechtswidrigem Vor= sabe entgegenhandelt u. \. w.“ Bei der Ausübung, selbst des Anstellungs - Rechtes, kann man nur dann rechtswidrig handeln, wenn der Aft der Anstellung selbst rehchts= widrig is. Jch muß mich ganz der Ansicht des Herrn Marschalls der Provinz Brandenburg anschließen, welcher darauf hingewiesen hat, daß selbst da, wo das Anstellungsrecht der Geistlichen 2c. den Pa= tronen zusteht, doch die Bestätigung von den Behörden nah ge\seß= liher Prüfung erfolgt. Wenn aber hier der Fälschung von Urkun= den, Zeugnissen 2c. gedacht werden sollte, mittelst deren eine solche Bestätigung erschlichen werden kanu, so mache ih darauf aufmerksam, daß dergleichen Verbrechen unter einen anderen Titel gehören,

Justiz-Minister Uhden: Jch muß das bestreiten. Eine rehchts= widrige Ausübung is z. B. vorhanden, wenn ein ganz anderes Sach= verhältniß bei der tinznboleudeu Wesängung augageen wird, als wie es sich wirklich verhält, dann erfolgt die Bestätigung unter anderen Vorausseßungen.

Abgeordn. Graf von Galen: Der Herr Landtags = Kommissar hat zwar gesagt, daß bisher schon diese Vorschriften bestehen und die Bestimmung nicht ein neues Geseß wäre ; dessenungeachtet muß ih doch größtentheils dem Abgeordneten von Spandau beitreten z denn es handelt sich nicht um Veränderungen und Amendements von Geseßen, welche bestehen, sondern um neu zu erlassende; es handelt

sich de lege ferenda um ein Geseß, das uns neu vorgelegt worden ist, Ueberdies is der Passus „der bestehenden Vorschrift“ so etwas Unbestimmtes, daß Niemand weiß, ob, wann und wie er sih dagegen verfehlen möchte. Mehr als aus allen anderen Gründen muß ich mich deshalb gegen den Paragraphen erklären, weil dann, wenn si Jemand gegen diese Bestimmung ex gangen hat, das Recht auf den Staat übergehen soll, unter Anderem aber namentlih das mehr er= wähnte Patronatsrecht nie und nimmer in unserer Kirhe von dem Berechtigten auf den Staat devolviren fann, sondern lediglih der Kirche verfällt. ; i n allen Seiten : Abstimmung! Abstimmung !) Abgeordn. Grabow: J wollte nur gegen das, was Der Herr Landtags - Kommissar angeführt hat, erwähnen, daß §. 326 etwas Anderes enthält. Er handelt, dem ganzen Titel gemäß, von den Rerbrechen der Diener des Staats. Wenn der h taatsdiener ein solches Vergehen begeht, fann die Strafe eintreten, die im §. 326 o e fün Red zur Ernennung öffentlicher Staats=- oder Kirch enbedienten gegen die Vorschrift der Landesgesebe vor= säßlich mißbrauht, der wird desselben für seine Person auf p rlustig.“

Ad * Cubé A. daß hiernah nicht behauptet werden könne, der g. 369 habe in dem bestehenden Rechte seinen Grund, am allerwe= nigsten rücksichtlih der Defängaihstee e und der Strafarbeit. Außer dem fühle ih mi bewogen, inzuzufügen, daß in ihm ein besonderer Vorsab kreixt worden ist, wenn darin von einem („rechtswidrigen