1848 / 66 p. 1 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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und Religions-Verhältnisse hier gestatten. Tages zuvor langte nänm- lich der Prälat im Franzisfaner - Kloster zu St. Johann (drei kleine Stunden von Jerusalem entfernt) an, wo er au über Nacht blieb; früh Morgens war eine große Anzahl von vornehmeren Katholiken aus Jerusalem und Bethlehem zu Pferde dorthin beordert, um mit den Johannitern und der dortigen Geistlihkeit die Begleitung des neuen Ober -Hirten zu bilden. Auf der halben Wegstrecke harrten sciner einerseits der Custos des heiligen Landes mit sechs Konven- tualen, dem französishen und sardinischen Konsulats-Personale und mehreren so eben anwesenden europäischen Kavalierenz; anderer= seits aber der Dragoman des Pascha von Jerusalem mit zwei Ober - Offizieren und 30 Janitscharen zu Pferde. Daselbst an= gelangt, ward der Patriarh von dem P. Custos ehrfurchtsvoll be=- rüßt und von allen Harrenden mit den herzlichsten Ausdrücken ihrer Bedin empfangen. Das Anerbieten des Dragomans, das reich gezierte Reitpferd, welches der Pascha für den Patriarchen entgegen geschickt, besteigen zu wollen, nahm dieser mit Dank an und legte so=- fort unter Begleitung von 120 Mann Reitern die andere Weghälste zurück. Vor dem Bethlehemer Thore von 70 Religiosen, der ge=- sammten katholischen Bevölkerung Jerusalems, einer Menge Moslimen und Israeliten, wie auch den meisten Protestanten erwartet, zog der Prälat die Cappa magna an, und der feierlihe Zug, den die Reli- giosen, sämmtlich in Chorröken, unter Vortragung des Konventkreu- zes eröffneten, nahm die Richtung durh die Stadt nah dem großen Pilgerhause, Casa nuova genannt. Jm Momente, als das seit fünfte- halbhundert Jahren in der heiligen Stadt nicht gesehene Patriarchal= Kreuz, umgeben von sechs Faelträgern, vor dem hohen Kirchenfürsten emporgehoben ward, wurden Gewehrsalven gegeben, und als der Zug der Citadelle gegenüberstand, kegrüßten von deren Mauern deu neuen Kirchenfürsten sechs Kanonen. Vor dem Pilgerhause wurde der Práä= lat unter einen fostbaren Traghimmel genommen, mit den Pontisfikal- Kleidern angethan und nah der Konvents- und Pfarr-Kirche zu Stk. Salvatore geleitet, wo er, genau nah der Vorschrift des Nituals der Bischöfe empfangen, nach vollendeten Ceremonien cine herzergreifende Rede in italienisher Sprache an die Versammlung hielt, die # Stun- den dauerte, und worin die Geschichte des Patriarchats von Jerusa- lem erörtert, die Bedeutung Jerusalems, d. h. Wohnung des Frie- dens, auseinandergeseßt, dann lehrreihe Worte an die Geistlichkeit und das Volk gerihtet wurden. Schließlich empfing der Patriarch, unter dem Thronhimmel sißend, das übliche Homagium.

Wissenschaftliche und Kunst- achrichten.

Königliches Schauspielhaus.

Der Rüdckfall, Original-Schauspiel in 4 Abtheilungen, von A. P. Werner.

Wieder ein Familien-Abend und wieder veranlaßt durh die Extrava- ganzen einer Frau! Unsere Frauen erhalten jeyt im Theater Unterricht, wie sie sich: in der Ehe aufführen und ihre Männer behandeln sollen. Gewiß eine nügliche Sache, wenn die Beispiele wirkenz nur \chade, daß diejenigen dabei Langeweile empfinden, welche keine Frauen haben, Was kümmert sie das fleine Familien -Ungemach, welches weibliche Schwäche, Laune oder Ueberspanntheit einer Frau auf cinige Stunden erzeugen, und das eben so \chnell wieder durch die übrigen vortrefflichen Eigenschaften derselben Frau in ein um so größeres Familienglück verwandelt wird? Die Kunst hört auf, wo sie blos nüßlich wird, denn die Kunst is für alle Menschen, das Nüß- liche nur für die, welche es gerade brauchen. Auch die Familie kann ein Gegenstand für die Kunst sein, aber dann muß die sittliche Bedeutung die- ses Justituts für die Gesellschaft, den Staat, überhaupt für die Menschheit im Gegensaß zu dem Gift seiner Auflösung gefaßt werden nund dadurch der Gegenstand ein höheres, allgemein menschlihes Interesse erhalten. Unsere neuesten Fantilienstücke genügen nicht dieser Aufgabe, Das Putlißsche Haus- mittel, das cigentlih gar kein Mittel war, verwandelte auf eine unglaudliche Weise eine vergnügungssüchtige Dame in eine sittsame Hausfrau, der Rückfall der jungen, uns heute von Fräulein Werner vorgeführten Ehefrau in ihre frühere Jugend - Krankheit der Emancipations-

Bekanntmachungen.

[4030] Ediktal- Vorladung. Nachstehende noch unbefriedigte Gläubiger im Kon- furse über das Vermögen - des am 31. August 1744 verstorbenen Domprobst zu Naumburg, Wolffgang Die- trih Freiherrn von Werthern, als: Johann Conrad Bischoff,

treten.

j

furs-Kurator und den von Werthernschen Lehnserben am 26. Mai 1745 geschlossenen Vergleich aufzuheben. | [196] Die Erben der genannten Gläubiger haben vor oder spätestens im Termine ihre Legitimation zu führen, und wird von den Ausbleibenden angenommen werden, daß sie dem Beschlusse der Mehrzahl der Erschienenen bei-

Naumburg, den 21. Oftober 1817.

n.4 d

616

sucht trug dagegen schon die Heilung in sich und bedurfte gar keiner Mittel, am wenigsten des aus Amerika dazu herbeigeholten Vetters. Der „Rückfall“ ist indeß jedenfalls ein besseres Stück, als das „Hausmittel“, Die Hand- lung is doch innerlich motivirt, wenn auch belästigt durch überflüssige Zu- thaten, und läßt man das männliche Personal, das allerdings auf sehr schwachen Füßen steht, bei Seite, so hat man wenigstens eine treu und wahr gezeichnete Figur, den Charakier der jungen Frau. Die Schwäche des Stückes ruht aber in der Dürftigkeit der Handlung und in dem Man- gel geistiger Gegensäge, welche zur dramatischen Gestaltung nothwendig sind, Wir erfahren in dcn vier Akten weiter nichts, als daß eine junge Frau, die früher durch Romane und den Umgang mit ihrem Vetter einen Ge- \{mack für die Frauen - Emancipation bekommen hat, in einer gezwungen eingegangenen Ehe mit einem vortrefflichen Mann sih unbehaglih und nicht selbstständig genug fühlt und diese Ehe plößlich auflösen will, da sie erfährt, daß man ihr den Besig eines vom Vater hinterlassenen bedeutenden Vermögens verheimliht habe; denn mit diesem Vermögen hätte sie den Mann nicht geheirathet, sondern wäre mit dem Vetter nach Amerika durch- gegangen, um dort ihre Träume zu realisiren, Dabei besigt aber die Dame ausgezeichnete Herzens - und Geistesgaben, und man sieht sogleich, daß, wenn sie nur zur Besinnung kommt, das Emancipations- Fieber verschwinden und se sch in ihren Verhältnissen glücklich fühlen muß. Daß wir dics sehen, hilft uns indeß nichts; wir müssen vier Akte hindur weitshweifige Dialoge anhören, in denen sih die einfahe Hand- lung bewegt, zuerst der Frau mit ihrem Mann, worin sich die Mißstimmung ausspricht, dann mit einer verheiratheten alltäglichen Cousine, welche die Klagen anhören muß, sie aber in ihrem Eheglück nicht versteht, dann mit einer alten Tante, welche immer von ihren Möpsen spricht und über eine Scheidung in der Familie in Ohnmacht sallen könnte, endlich mit dem aus Amerika zurückgekommenen und von scinem ehemaligen Freiheitsschwindel ausgenüchterten Vetter, der durch ein plumpes, rücksichtsloses Wesen die junge Frau aus ihren Himmeln stürzt und die Heilung bewirkt, so daß sic ihr Unglück, als der Mann ihrcn Scheidebrief annimmt, um ihrem ver- méeintlichen Glücfe kein Hinderniß zu sein, schwer empfindet und gern wieder in die geöffne:en Arme ihres Gatten zurückehrt, Das is die Geschichte. Der Spiegel, der darin unserer Zeit vorgehalten wird, is sehr matt, denn das Familien-Unglük is zu leiht und oberflächlih, und wir glauben nicht daran. Selbst wenn die Frau wirklich sich von ihrem Mann trennte, wäre es noch fein Unglück, denn wer würde darunter leiden? So viel wir sehen, Niemand, da der Mann sich damit tröstet, daß er mit einer Frau, die ihn nicht liebt, nicht leben fann. Die sittliche Bedeutung der Ehe, ihr hoher Werth für die Gesellschaft wird aus dieser Auflösung nicht klorz dazu hätte die Verirrung tiefer aufgefaßt und ein starker Gegensasg geschaffen werden müssen.

Gespielt wurde, wie steis in solchen Stücken, gut. Dlle, Stich gab die Hauptrolle, und ihre Auffassung des Charakters der jungen emancipa- tionssüchtigen Frau, die sie mit lebhaftem und warmem Gefühle ansstattete, um die spätere Bekchrung zu motiviren, verdient Anerkennung, Die mäna- lichen Charaftere sind schwach, der alte Onkel, den Herr Döring in Maske und Spiel sehr gut darstellt, is noch der erträglichste, Dagegen is der Veiter aus Amerika gänzlich unverständlich, er spricht nur drei Worte viel- leicht, die er ehrlih meintz scin ganzes übriges Auftreten is Verstellung, eine stark affeftirte Blasirtheit, um die Nichte zu heilen, Herr Crüse- mann machte eine Karikatur daraus, über die das Publikum lachte, Die übrigen sind ziemlich gleihgültige Personen.

Im Ganzen zeigt das Stück cin gutes Talent der Verfasserin für weibliche Charakteristik, und da so viel Schlechteres sich auf unscien Büh- nen breit macht, so wird dies bescheiden auftretende und in Einzelnheiten manches Gelungene bietende Drama sich auch wohl einige Zeit hal-

ten können. 12.

Deutscher Verein für &Heilwissenschaft.

Berlin, Ju der Monats - Versammlung des deutschen Vereins für Heilwissenschast vom 29, Februar 1848 sprach Herr Dr. Staberoh über epidemische, typhöse Fieber im Allgemeinen und verglich dann die in Ober- \chlesien jeßt herrschende Typhus-Epidemie insbesondere mit den Epidemieen in Irland und Schottland. Nachdem er zuerst seine Beobachtungen über cine solche Epidemie in Halle im Jahre 1833 mitgetheilt, sprah er über die Typhus - Epidemie, welche er 1835 in Wien erlebte, erörterte die An- sichten der älteren wiener Schule, besonders von Hildenbrand's, und ging zur Darstellung des Charakters der typhösen Fieber i Paris bea Di er in den Krankensälen von Andral, Louis, Chomel, Bouillaud 1836 1837

beobachtete. Er wandte sich nun zur Betrachtung des Typhus în Jrland

und Schottland, den er bis zum Sommer des Jahres 1838 mit beobach- tet, und sprach ganz besonders über die Natur des dort so allgemeinen Ty- phuvs Exanthems. Er erklärte dies für ein echtes Exanthem, das aber auf der Höhe der Epidemie, nah einigen Tagen seines Bestehens, in 'Pe- tehien ( Echymosen) übergehe. Zur bildlichen Erläuterung dieses Vor- gangs zeigte er vortreffliche Wachspräparate , die Herr Dr. Paterson im Fieberspitale zu Glasgow nah dem Leben angefertigt. Auch erklärte er daß ältere Aerzte, Burserius, de Haen und andere ganz richtig beobachtet haben, wenn sie- die Krankheit als Petechial - Typhus bezeichnen, zumal er selbst die in Schottland im Fieberspitale längere Zeit beschäftigten Aerzte durch ein cigenthümliches Verfahren von der Häufigkeit dieses Üeberganges erst überzeugen konnte. Er erwähnte, daß Professor Lombard aus Genf, freilih nah einem Aufenthalt von nur wenigen Tagen in Jrland und Schottland, die Entstehung des Petechial-Tvphus in Schottland aus Eng- land durch Uebertragung des Kontagiums durch die zeitweise einwandern- den Jrländer, in Briefen an Professor Graves erklärt habe, die später veröffentlicht wurden, und glaubte denselben in einem an das Kollegium der Aerzte in Dublin gerichteten statistishen Berichte, welcher zeigt, daß cine solche Einschleppung kaum nachzuweisen, daß im Gegentheil unter den Jrländern in Schottland durchaus nicht mehr Typhus vorkomme, als unter den in gleicher Armuth darbenden Schotten, hinlänglich widerlegt zu haben, Jedoch nicht die Armuth, nicht der Hunger allein erzeugen den Typhus, es müssen noch andere Kausal - Momente in Wirksamkeit treten und ihn herzurufen, deren Erörterung Zeit und Ort nicht mehr gestatteten. i:

Dann zeigte Dr. Staberoh auf der Spezialkarte von Engelhart die Ausdehnung der Epidemie in Ober - Schlesien, berührte die topographischen Verhältnisse der vom Typhus heimgesuchten Kreise und erklärte die in den Berichten der \lesishen Tagesblätter öfters angeregte Vergleichung mit den Verhältnissen Irlands aus vielen Gründen für ganz haltbar. Er wies nach , daß die Symptome der Krankheit, so weit ihm darüber ärztliche Be- richte vorlagen, den in deu Typhus - Spitälern Jrlands beobachtcten schr ähnlich scien, und machte die Jdentität der Kranlhcit in beiden Ländein höchst wahrscheinlih, Schließlich erläuterte er die verschiedenen Stadien des typhösen Krankheits-Prozesses auf der Darm-Schleimhaut an Wachs- Präparaten, welche Dr. Paterson, auf Bitten des Dr. Staberoh, nach dem Sectionsbefund im Fieber-Spitale zu Glaëgow angefertigt, und deren na- turgetreues Ausschen die Bewunderung der Anwesenden erregte,

Handels- und Börsen - Uachrichten.

Königsberg, 29. Febr. Marktbericht, Zusubr gering. Wei- zen 50 65 Sgr. pro Schffl. Roggen 32—42 Sgr. pro Schffl. ; große Gerste 36— 40 Sgr. pro Schffl. ; kleine Gerste 35— 39 Sgr. pro Schfl. z Hafer 24-— 26 Sgr. pr. Schffl.; graue Erbsen 60 80 Sgr. pr. Schffl. 5 weiße Erbsen 50 60 Sgr. pr. Scheffel; Kartoffeln 32 Sgr. pr. Schffl. z Heu 12—164 Sgr, pro Ctr,; Stroh 90 Sgr. pro Schock,

4% Breslau, 3, März. Weizen steigend, in Folge besserer Nach- frage weißer 55, 59 bis 69 Sgr., gelber 525, 59 bis 63 Sgr. E

Noggen am Markt, bei schwachem Angebot fester, an der Börse in Partieen matter. Am Markt 43, 49 bis 53 Sgr., 85./86pfd, Connois), 41 Rthlr. bez., an der Börse 86/87pfd. 42 Rihlr, Br.

Gerste 37, 42 bis 47 Sgr.

Hafer 22, 255 bis 28 Sgr. e

Spiritus is im Preise weichend und wurde loco a 94 bis 8% Rihlr. abwärts verkauft, blieb a 9 Nthlr. zu haben. Termine |ind ganz nominell,

Zink sehr flau, ab Gleiwiy würde man a 4% Nthlr, haben kausen fönnen. s, ;

Die Ruhe scheint an der Börse allmälig wiederzufehren, nux kann man sih gewisser Besorgnisse wegen der österreichischen Angelegenheiten nicht ent- \{chlagen. Königl, sächs. Kassenbillets kauft man nur gegen 1 a2 %o Dckort, alle übrigen ausländischen Kassen - Anweisungen nimmt man gar nicht, 1 / A

Börse. Oesterr. Banknoten 99 und 997 bez, Staatsschuldscheine 81 Gld. Schles. Pfandbr, Lit, A. 90 bez. und Gld., do, Litt, B, 4proz. 94 Gld.

Actien. Niederschl,-Märk. 72 Gld, Köln-Minden 79 bez, Wilh, Nordb, 44; Gld,

Friedr,

a: H E 6e B M C t OEIT M a1 O S A

Allgemeiner Anzeiger.

D

Erben nah dem im Markte Kossaiz in storbenen Friedrich Preuß.

Von dem Justizgerichte der Herrschaft Kossay zu Mau- tern, Oesterrei , Viertel Ober-Wiener-Wald, werden alle diejenigen, welche an die Verlassenschaft des am 20, September 1847 im Markte Kossaß in Oesterreich verstorbenen Wundarztes Friedrich Preuß, angeblich aus Bromberg, Großherzogthum Posen, gebürtig, ein Erb-

Oesterreich ver- Bei der bevorstehenden Vorlage einer neuen Gemeinde- und Polizei - Ordnung für die östlichen und mitileren Provinzen Preußens wird diese von dem rühmlichst be- kannten Verfasser herausgegebene Schrift von besonde- rem Juteressc sein. Berlin, im Februar. Jonas Verlagsbuchhandlung, Werderstraße Nr. 11,

(

Carl Hildebrand von Dieskau,

Georg Philipp Pfersdorf, Schulverwalter in Pforta,

Charlotte Elisabeth von Thielau, Königl, Poln, Ober- Stallmeisterin, geb, v. Schoenberg,

Centurius von Miltiy,

David Bossens Kinder und Erben,

Hans Dietrich von Schoenberg,

Henriette Sophie von Thielau,

Iohann Wilhelm Schubart,

Adam Schumann,

Heinrich Jacob Spindler,

Marie Svbille Harnisch,

L Gottfried Scherff, arie Sophie Scherff,

Marie Margarethe Gerstenberger,

Magdalene Sophie Bose, verwittwete Generalin, ge- borene von Heßlen, E Marie Eleonore von Doering, Frau Geheime Räthin und Stiftskanzlerin aus dem Hause Wolfsburg, Gautles Pfühner, Rath uud Ober -Steuer - Buch-

alter,

Anne Marthe von Einsiedel, Friedrich Christian's von Heyniy hinterlassene Erben Georg Ernst von Heyniy und Konsorten,

Moriß Carl Christoph Nerhoff,

Johann Christoph von Ponickau,

Carl Friedrich von Schauroth,

Nicolaus Thondorff, j j

Christian Wilhelm von Thümen, Kreishauptmann

auf Blankensee,

Georg Graf von Werthern,

Johann George Schmieden,

Conrad Werner Wedemcier,

Christiane Sophie Scheid,

Johánn Georg von Werthern's Erben, respektive deren unbekannte Erben werden hierdurch auf

den 3. Mai 1848, Vormittags 11 Uhr,

vor den Deputirten, Ober-Landesgerichts-Rath Lepsius, vorgeladen, um darüber einen Beschluß zu fassen, ob es zweckmäßig is , die zum Konkurs gehörigen Jmmo- bilien, nämlich

das Rittergut Coelleda und die halbe Herrschaft

Frohndorf, oder nur eines derselben, oder nur die bei

diesen Gütern befindlichen Allodialstücke zur Subha-

station zu stellen, und ob es zweckmäßig ist, den über

die Nußungen dieser Immobilien zwischéèn dem Kon-

Königliches Preuß, Ober-Landesgericht, Erster Senat, (A -S) v. Shliecckmann.

[99] Nothwendiger Verkauf, Stadtgericht zu Berlin, den 22, Januar 1818.

vier, E ies A B ge- örige, hierselbst in der Juvalidenstraße Nr. 69 bele- gene, im stadtgerichtlichen Hypothekenbuche von den Um- gebungen Vol. 34, Nr. 2131. verzeichnete Grundstück, ge nL S zu j 089 h Thlr. q Son 5 Pf ou am 1, September , Vormittaç 4 Uhr an der Gerichtsstelle subhastirt werden. Pre und Hy- pothekenschein sind in der Registratur einzusehen,

[100] Nothwendiger Verkauf. Stadtgericht zu Berlin, den 24. Januar 1848. Das hier in der Schönhauser Allee Nr, 27 belegene, im Hypothekenbuche der Umgebungen Vol, 25. Nr. 1596. verzeichnete Grundstück, gerichtlich abgeshägt zu 6508 Thlr, 15 Sgr., soll am 2, September 1848, Vormittags 11 Uhr, an der Gerichtsstelle subhastirt werden, Taxe und Hy- pothekenschein sind in der Registratur einzusehen. Die dem Aufenthalt nah unbekannten Gläubiger : a) die Ehefrau des Kaufmanns Schulz, Susanne Charlotte Wilhelmine, geborene Köppenhausen, modo deren Erben, b) der Rentier August Leonhard von Kalkreuth, modo 5 va at und Abolph c) der Lehrer Wilhelm August Adolph Giese, werden hierdurch öffentlich orgclaben;

[193] Nothwendiger Verkauf. Stadtgericht zu Berlin den 19. e 1848, , Das dem Zimmerpolier Carl Ludwig Gericke gehö- rige, hierselbst in der Deßaguerstraße Nr. 25 belegene, N 1046, verteitdei L den Umgebungen Vol. 31, . 1993, eichnete Grundstück, gerichtli Ä zu 19,912 Thlr, 3 Sgr, 9 V ff aIgeidagt am 25, September 1848, Vorm, 11 Uhr an der Gerichtsstelle subhastirt werden. Taxe und Hy- pothekenschein sind in der Registratur einzusehen,

recht zu haben vermeinen, hiermit aufgefordert, diesen ihren Erbanspruch binnen einem Jahre sechs Wochen und drei Tagen, vom unten angeseßten Tage, mündlich or schriftlich bei diesem Gerichte so gewiß anzubrin- gen und gehörig auszuweisen, als widrigens nach Ab- lauf dieser Frist mit den sich ausweisenden Erben das Abhandlungs-GBeschäft gepflogen und denselben das Ver- lassenschafts-Vermögen eingeantwortet werden würde.

Justizgericht der Herrschaft Kossay zu Mautern, am 3, Februar 1848.

Literarische Anzeigen. So eben erschien bei uns und is durch alle Buch- handlungen zu bezichen :

14197] : Die lanbl ide Gemeinde- und Polizei-Verfassung

in L, Me en östlihen und mittleren Provinzen : nebst einem Entwurf zu derselben von L E,

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[176 b]

Das Bedürsniss, in Berlin, als dem Mittelpunkte P sonen und Kapitalien zu Vorbereitungen für den Güter- Verkänser und Kaufliebhaber mit Vertrauen sich zur Erret können, hat mich veranlasst, ausser meinem seit zwei Jahren

. J... N S E in Gütern und Herrschaflen zu errichten, welches ich hiermit bestens empsehle!

Bei Zusicherung der grössten Discretion und Thäti

Beehrenden werden die nöthigen Voruntersuchungen und

nomen und Geschäftsmann geschehen und jede weitere A L ] ' A ins liegen Frage- Schema's in Betreff der sür das Umsatz-Ge-

n meinem Comtoir al1s und werden auch bei mir nach

schäft (in demselben Lokale) ein

Comtoir für den Umsatz

Zur Bequemlichkeit des geehrten Publiku schäst erforderlichen Notizen zur Ausfüllung i Bedürfniss vervielfältigt,

Berlin, Unter den Linden No, 61,

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195 e D Az Sa Co 119] Für Zeitungsleser. j T 1e x D Jm Verlage der Nicolaischen Buch- . Q t i f handlung in Berlin, Brüder- fr c) E straße Nr. 1 J, isst so eben erschienen : S E. L S «V. Kutscheit's H S E * , nd s î Karte von (Frankrei ch mit genauer Angabe der Departements. Sorgfältig kolorirt, Preis 5 Sgr. Bei der in Frankreich jeyt stattfindenden Staats-Um- wälzung wird diese vortrefflich ausgeführte Karte zur

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1848.

I-44 hs #4,

Amtlicher Theil. S: :

Stäundische Angelegenheiten. Dreißigste Sipung des Ver- einigten ständischen Ausschusses am 1. März. Fortseßung der Verhandlungen über den Entwurf des Strafgeseßbuches. Nachträgliche Berathung des §. 401: Disziplinar - Vergehen; wird nach dem Antrage der Abtheilung modifizirt angenommen, Es kommen dann ferner zur Berathung und we:den mit einigen Abänderungen angenommen: §. 402: Gemeine Verbrehenz dic §§. 405 407: Gemeinsame Bestimmungenz die §8. 408 —411¿ Anwendung der Bestimmungen über Amtsverbrechen auf die Jnhaber von Hoheitsrehten und Regalien, so wie deren Stell- vertreter. Die Berathung des XXV11, Titels, §§. 412—416: Ver- brechen der Geistlichen, wird ausgesezt, Es folgen und werden mit Tan Modificationen angenommen: die §§, 417 425: Polizei-Ver- gehen,

Beilágéli

Amtlicher Theil.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht :

Dem Eiusassen und Kirchen - Vorsteher Michael Streich zu Dydck, im Kreise Deutsh-Krone, das Allgemeine Ehrenzeichen zu ver- leihen; und ; /

Den Kaufmann Richard von Carlowiß in Canton zum Konsul daselbst zu ernennen.

Der Landgerichts-Referendarius Michael Gustav Schenk zu Köln ist auf Grund der bestandenen dritten Prüfung zum Advokaten im Bezirke des Königlichen Appellations -= Gerichtshofes zu Köln er= nannt worden.

An die Stelle des verstorbenen Justiz-Kommissarius von Wu st= sow in Bütow is der Justiz - Kommissarius und Notarius Torno in Bartenstein als Justiz-Kommissarius für die Königlichen und Pa- trimonial-Gerichte des bütower und lauenburger Kreises, mit Anwei- sung seines Wohnsißes in Bütow und unter Verleibung des Nota= riats in dem Departement des Ober-Landesgerichts zu Köslin, ver- seßt worden.

Ständische Angelegenheiten. De ständischen (1. März.) Die Sitzung beginnt gegen 104 Uhr unter Vorsiß des Mar=-

\halls, Fürsten zu Solms, mit Verlesung des über die leßte Sihung aufgenommenen Protokolls durch den Secretair Abgeordneten Dittrich.

Als Secretaire fungiren die Abgeordneten Siegfried und Freiherr von Qudenau.

Marschall : Wenn keine Bemerkung gegen das verlesene Pro= tokoll erfolgt, \o ist es für genehmigt zu erklären, und wir kommen zur Berathung von §. 401.

Referent Abgeordn. Freiherr pa Mylius (liest vor):

,e§- 401,

Pflichtwidrigkeiten der Beamten, welche nicht vorstehend (§8. 373—399) als Amtsverbrechen bezeihnet werden, sind nicht Gegenstand gerichtlicher Untersuhung und Bestrafung, sondern wer= den im Disziplinarwege nah den darüber bestehenden Vorschriften geahndet, ““

Das Gutachten lautet :

„ZU §. 401 ward ein Amendement gestellt, welches die Stelle dieses Paragraphen einuehmen soll. Dasselbe lautete dahin: „„Pflichtwidrigkeit der Beamten, welche keine Amtsverbrechen sind, werden im ODisziplingrwege nah den darüber bestehenden Vor- schriften geahndet, jedoch dürfen richterlihe Beamte nnfreiwillig weder aus dem Amte entfernt, noch verseßt, noch pensionirt wer= den, und soll ihnen jeder Zeit die Berufung auf gerichtlihes Gehör gegen jede im Disziplinarwege wider sie ergangene Verfügung oder Entscheidung zustehen.“ E F

Zur Vertheidigung des Amendements ward auszuführen ver- sucht: Das Geseß vom 29. März 1844 habe das Vertrauen auf die Unabhängigkeit des Richterstandes wesentlih erschüttert, es werde als etwas Großes und Wiünschenswerthes zu erkennen sein, wenn das neue Strafgeseß dieses Vertrauen wiederherstelle, indem es die Bestimmung bescitige, aus denen der Mangel an Vertrauen entsprun- gen. Es könne dies nur dann geschehen, wenn die dur jenes Ge- seß dem Richterstande gedrohten Strafen theilweise beseitigt, und wenn ferner für alle Fälle, in welhen eine auf dem Verwaltungswege ver= hängte Strafe angedroht, dem Richter der Rehtsweg eröffnet werde. Eine solche Beseitigung der Bestimmungen des Diziplinargeseßes sei vor Allem im gegenwärtigen Augenblicke im Juteresse des Staates wünschenswerth, da dieser gerade jeßt darauf zu sehen habe, daß im Volke das Vertrauen auf eine unabhängige Rechtspflege leben- dig sei, Auf dieses Vertrauen sci das größte Gewicht zu legen, wenn, wie dies jeßt geschehe, niht nur ein materiell reines Straf- recht, sondern die wesentlihsten Abweichungen von der bisher be- standenen Beweistheorie entweder bereits cingeführt oder doch in Aussicht gestellt worden. Daß für die Unabhängigkeit des Richter= standes, namentlich in Betrff der Zukunft durch das Geseß vom 29. März 1844, Besorgniß entstanden, sei eine Thatsache, deren Existenz nicht geleugnet werden könne, und die ihre natürliche Erklärung darin finde, daß das Geseß selbst dem Richter gegenüber Mißtrauen gezeigt. Dann aber sei es auch zum Schuße des Richter standes eine durchaus gerehtfertigte Maßregel, demselben einen Rehtêweg gegen

Sihung

des Vereinigten Ausschusses.

im Disziplinarwege erlassene Entscheidungen offen zu lasen, insofern diese Entscheidung die Amtsentfernung, Pensionirung oder unfreiwillige Verseßung. betrifft.

Andererseits ward gegen das Amendement angeführt , daß es hier feinenfalls an der Stelle, eine Aufhebung des Disziplinargesehßes in Antrag zu stellen, da diese doch wohl eine Prüfung desselben erfor- derlich mache, zu dieser sei hier weder der geeignete Ort, noch die erforderlihe Vorbereitung vorhanden. Die Bedeutung des Diszipli- nargeseßes werde übrigens verkannt und míißdeutet, wenn man sie als eine Maßregel darstellen wolle , - welhe in einem Mangel an Ver- trauen auf deu Richterstand beruhe und die geseßlihen Garantieen, welche dieser Stand gehabt, vermindert habe. Außerdem lasse es sich niht rechtfertigen, den Verwaltungs-Beamten in dieser Beziebung \ch!echter zu stellen, wie den Richter.

Zur Beseitigung der formellen Erinnerungen gegen das Amen-= dement ward noch hervorgehoben, daß gerade hier die dringendste Veranlassung, die in der Sache liegenden Bedenken gegen das Diszi=- plinargeseß zur Anregung zu bringen, da der §. 401 des Diszipli- narweges ausdrücklich Erwähnung thue und der g, VII. des Ein- führungsgeseßes die §§. 2 und 4 des Disziplinargeseßes benenne, daher, wenn der Entwurf dieses Geseb selbst beziehe, die ständische Berathung sih niht enthalten dürfe, die Bedenken auszusprechen, welche sie von ihrem Standpunkte aus gegen das Geseh vorzutra- gen habe.

Es ward die Frage gestellt :

Ob an der Stelle des §. 401 das oben erwähnte Amendement in Vorschlag zu bringen sei? Die Abtheilung hat die Frage mit 9 gegen 6 Stimmen bejaht. ‘“

Justiz-Minister Uhden: Die Regierung bedauert sehr, sih ge- gen eine Diskussion in der gegenwärtigen Versammlung über das

isziplinar-Geseß vom 29, März 1844 verwahren zu müssen. Es ist gar keine Vorlage von der Regierung vorhanden, welche Veran=- lassung geben könnte, dieses Geseß zur Diskussion zu ziehen. Der §. 401 sagt nämlich ausdrüdlich :

„Pflichtwidrigkeiten der Beamten, welche nicht vorstehend (§§. 373

bis 399) als Amtsverbrechen bezeichnet werden, sind nicht Gegen-

stand gerichtliher Untersuchung und Bestrafung, sondern werden im

A nah den darüber bestehenden Vorschriften ge-

ahndet.“

Er verweist also auf die bestehenden Vorschriften als solche. Die Abtheilung führt zwei Gründe an, aus denen sie die Berechti- gung zu einer Diskussion des Gegenstandes darthun will. Erstens weil im §, 401 dieses Gesezes Erwähnung geschehen sei, und sodann, weil auch in dem §. 8 des Einführungs-Geseßes darauf Bezug ge- nommen würde. Meines Erachtens sind diese Gründe nicht stichhal= tig. Was den ersten Punkt betrifft, so habe ih mir bereits zu be-

gen der Beamten mit Strafen belegt worden, mit Strafen, welche bedeutend härter sind, als wir sie hier in dem vorgelegten Geseß- Entwurfe finden. Es sind Beamte mit Strafen bedroht worden, die nur als Disziplinarstrafen verhängt werden können, d. h. Ordnungs- strafen. Es is aber auch weiter gegangen, ja selbst bis zur Entfer- nung aus dem Amte, mit allen den Einzelheiten der Strafversezung, der Degradation und unfreiwilligen Pensionirung. Allerdings ist dies Leptere ausgesprochen in einem anderen Gesehe; niétébeltoleucaun muß es als Strafe anerkannt werden. Meines Erachtens liegen also nicht formelle Gründe vor, welche dafür sprechen, der hohen Versammlung das Recht vorzuenthalten, aufdie Diskussion des Amendements einzugehen, Es liegen aber auch cben so wenig materielle Bedenken dagegen vor. Jh will niht auf Spezielles eingehen; ih will aber die hohe Versammlung auf die Bedeutung des Amendements aufmerksam machen, und diese beruht darin, den Richterstand in vollständiger Unabhängigkeit oder vielmehr in möglichster Unabhängigkeit wieder herzustellen; in einer Unabhängigkeit, welhe in meinen Augen, und ih glaube au in den Augen der Mehrheit des Volks, durch dieses Geseß beeinträhtigt ich will mich glimpfliher ausdrückden becinträchtigt worden zu sein scheint, Welche Bedeutung aber der Richterstand hat, und namentlih in einem Staate mit einer Ver- fassung, wie die preußische, darauf, meine Herren, dürfen wir heute mit keinem Worte weiter eingehen : das liegt auf der Hand.

Justiz - Minister Uhden: Jh muß dem geehrten Herrn Korre=- ferenten doch nur auf den ersten Theil seiner Rede erwiedern, weil ih mich auf den zweiten Theil niht einlassen will, daß er nicht Recht hat, wenn er sagt, daß die Verbrechen aus jenem Geseße her- ausgenommen werden sollten, um sie in dieses zu verweisen. Der Antrag geht dahin, es sollten richterlihe Beamte weder aus dem Amte entfernt, noch verseßt, noch pensionirt werden, und sollte ihnen jederzeit die Berufung auf gerichtliches Gehör gegen jede im Diszi- plinarwege wider sie ergangene Verfügung oder Entscheidung zuste- hen. Der Antrag will alfo das Verfahren des von Sr. Majestät vollzogenen Gesebes abändern. Es ist also niht die Rede von Ein-' führung anderer Strafen.

Vice - Marschall Abgeordn. von Rochow: Der Vorschlag der Abtheilung bedingt eine Aufhebung des Geseßes vom 29. März 1844, so weit si dassclbe auf den Richterstand bezieht. Jch will nicht un- tersuchen, ob das Gesey nöthig gewesen und ob seine Wiederaufhe= bung wünschenswerth sei, behaupten muß ich aber, daß bis jeßt noh feine Nachtheile daraus entstanden, daß keine praktischen Folgen vor= handen sind, welche für seine Abschaffung sprechen. Es sind gegen den preußischen Beamtenstand, einshließlih des Richterstandes, man= erlei Beschuldigungen erhoben worden; man hat ihn dargestellt als eine im Staate bestehende Hierarchie, die im Gefühle ihrer Unfehlbar= keit nah unten hin die Bedürfnisse des Volkes niht immer gehörig

merken erlaubt, daß eben nur auf das bestehende Geseß zurückge- wiesen und von der Regierung keine Proposition vorgelegt worden ist, die zu ver Erwägung Anlaß geben fönnte, ob und inwieweit das Gescß abzuändern wäre. Wollte man diesen Grundsaß a!s richtig annehmen, so würde man der Konsequenz nah alle Gejeße, welche in Art, 2 der Einführungs - Verordnung als vorbehalten bezeichnet worden sind, ebenfalls einer Diskussion unterwerfen können, was, wie ih glaube, die Versammlung selbst nicht annehmen wird. Auf den zweiten Grund muß ih entgegnen, daß die in dem §. 8 des Ein=- führungs-Geseßes enthaltene Aufhebung einzelner Bestimmungen die= ses Gesebes eigentlich überflüssig is, indem es sich von selbst ver- steht , daß die näheren Modificationen, welche die in §g. 2—4 des Geseßes erwähnten Amtsverbrechen durch -den Entwurf erhalten, zur Anwendung kommen. Das Gutachten der Abtheilung geht aber \#0- gar weit über die Bestimmungen des Gesebes vom 29, März 1844 hinaus, indem es zunächst das Amendement stellt, daß bei jeder un- freiwilligen Verseßung eine Provocation auf richterliches Gehör statt- finden solle. Das Disziplinar-Geseß bestimmt aber nur über Straf Verseßungen und bemerkt im g: 20 beiläufig, daß Verseßungen ohne solhe Nachtheile, wie sie das erste Alinea des Paragraphen bestimmt, fein Gegenstand des Straf - Verfahrens seien. Der §. 20 lautet nämlich :

„Straf- Verseßung is gleichfalls nur gegen Beamte im un- mittelbaren Staatsdienste anwendbar, Sie besteht in einer un- freiwilligen Versebung in ein anderes Amt von gleichem Range, mit Verlust entweder cines Theils dcó mit dem bisherigen Amte verbundenen etatämäßigen Einkommens oder des Anspruchs auf Um- zugsfosten, oder von beiden zugleich.

Versebungen, mit denen ein solcher Nachtheil niht verbunden ist, sind kein Gegenstand des Strafverfahrens.“

Zweitens aber sind die Pensionen hineingezogen worden. Die Pensionen kommen aber im Disziplinar-Geseße gar nicht vor, son- dern darüber existirt ein besonderes Geseß von deniselben Datum, was aber mit jenem nicht identifizirt werden fann. Diese beiden Gegenstände gehen daher über das hinaus, was Gegenstand des Disziplinar-Geseßes is, Jch muß daher bitten, daß zuvörderst die Frage in Erwägung gezogen werde, ob die hohe Versammlung si für kompetent hält, auf die Berathung nah dem Antrage der Ab= theilung einzugehen? Sollte die Versammlung dieses beschließen, so würde das Gouvernement nicht an der Diskussion Theil nehmen; niht weil es si \{cute, denn ih glaube, daß Alles, was gegen das Geseß vorgebracht worden is, zum allergrößten Theile auf Mißverständnissen beruht, sondern weil sie die Anträge der Abthei- lung nit für hinreichend vorbereitet erahtet, um eine Diskussion darüber herbeizuführen, und weil sie solhe mit den Vorschriften des Reglements nicht vereinbar hält.

Korreferent Abgeordn. Uaumann: Es is zunächst die Kompe- tenz der hohen Versammlung, über das Amendement, we'hes die Abtheilung vorgeschlagen hat, zu berathen, von dem Gouvernement in Abrede gestellt wo1den. Welchen Zweck hat das Amendement? Es hat den Zweck, aus dem Disziplinargeseßbe vom 29. März 1844 Bestimmungen für das Strafrecht zu vindiziren, welche dort nur als Disziplinarvergehen bezeichnet worden sind. Jh glaube, daß es in die Kompetenz der hohen Versammlung fällt, zu beurtheilen, ob eine Handlung ein Verbrechen oder ein Vergehen sei oder nicht, und wei- ter zu entscheiden, welhes Verfahren bei solchen Handlungen eintre- ten solle, Es sind durch das Gesey vom 29, März 1844 Handlun-

beahte, nah oben hin aber oft durch eine gewisse Renitenz nothwen= dige Maßregeln ershwere oder verhindere, Von keiner Seite ist aber mit Recht oder mit Unrecht, glaube ih, dem Beamtenstande Servilis tät vorgeworfen worden, niht vor dem Jahre 1844, niht nach dem Jahre 1844. Von dieser Seite is seine Jutegrität, seine Rehtschaf=- fenheit, seine Unabhängigkeit im Julande, wie im Auslande, anerkannt wordenz von der Newa bis zum Tajo werden wir um diese Eigen-= schaften unserer Beamten beneidet, und das mit Reht! Dies ‘sind aber Eigenschaften, die niht etwa auf der besonderen Verfassung des Beamtenstandes beruhen; sie beruhen vielmehr auf den Eigenschaften des preußischen Volkes, aus dem er hervor= gegangen ist, und daher haben wir die Sicherheit, daß sie niht verloren gehen werde. Wenn nun mit einer gewissen Eil- fertigkeit darauf angetragen wird, daß ein Geseß, von dem gefürch- tet wird, daß es die gerühmten Eigenschaften gefährden könne, hier gele- gentlih aufgehoben werde, so kann ih mi damit nicht einverstanden erklären. Jch glaube, daß in diesem Augenblicke weder die Zeit, noch der Ort dazu da ist, die Abschaffung eines so wichtigen Gesebes zu bean- tragen, und stimme daher mit der Minorität dahin, daß die Sache besser vorbereitet werde.

Jm Verzug is keine Gefahr. Möge eine desfallsige Petition auf dem nächsten Vereinigten Landtage angebraht, möge dann das Geseß von der Rednerbühne herab angegriffen und vertheidigt wer= den. Hierauf wird des Königs Majestät in seiner Weisheit beschlie=- ßen, ob es ferner bestehen bleiben solle oder niht. Jch bin der Mei- nung, daß daher jeßt keine weitere Diskussion stattfinde, nicht, weil ih uns die Kompetenz dazu absprechen lassen will, sondern weil ih wünsche, daß wir uns auch hier in den Gränzen der Ruhe und Mä- ßigung, die wir stets an den Tag gelegt haben, bewegen und einer nicht allzu langen Zeit anheimstellen, was jeßt soglei zu entscheiden mir nicht angemessen scheint.

Abgeordn. von Patow: Jh bin von der Ueberzeugung durch- drungen, daß es von der höchsten Wichtigkeit ist, die Unabhängigkeit des Richters zu wahren, und daß es namentlich darauf ankommt, die Richter zu sichern gegen willkürlihe Entseßung und auch gegen will fürliche Verseßung. Jndessen kann ih dessenungeachtet dem Vorschlage der Abtheilung niht beitreten, Jh gehe von dem Gesichtspunkte aus, daß dieser Vorschlag der Abtheilung hier mit wenigen Worten ein Geseh ändert, welches uns in diesem Augenblicke niht zur Be« rathung vorliegt; ih glaube, daß mit so wengeu Worten ein Geseg niht umgeworfen werden kann, und ich bitte zu bedenken, in welche eigenthümliche Lage wir kommen, wenn wir auf den Vorschlag ein- gehen wollten. Das Geseß, welches uns vorgelegt worden is, ent= hält nur Bestimmungen über eigentliche Amts-Verbrechen , nicht über Disziplinar-Vérgehen. Wenn wir nun aber jeßt bestimmen, daß ein Richter nur dur richterlihes Erkenntniß sell abgeseßt, verseßt oder pensionirt werden können, o heißt dies mit Rüfsicht auf §. 7 des Entwurfs, welcher bestimmt: „„Es soll keine Strafe obne das Straf gesct stattfinden““, nichts Anderes, als der Richter fann wegen eines Disziplinar-Vergehens gar nicht bestraft werden. Es könnte mir ein- gewendet werden, wir sollten, um dies zu vermeiden, Bestimmungen über Dienst-Vergehen in das neue Geseß aufnehmen. Allein ih glaube, wir sind nicht in der Lage, dies thun zu können, denn wir haben feine Vorlage darüber, wir haben nichts als ein Amendement, das mit wenigen Worten das Disziplinar - Verfahren gegen richterliche Beamte aufhebt. Dies genügt aber unbedingt nicht zur Berathung und Abänderung einer \o wichtigen Materie, Jh kann mich daher