1848 / 68 p. 1 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

gerne R E s Ti

utragen, die Berathung bis morgeit auszuseben, weil der ganz neue orslag, der seitens der Regierung vorgelegt worden ist, noch nicht so hat erwogen werden können, daß darüber jeßt schon eine Bera- thung stattfinden kann. Í 2

Marschall: Wir kommen also jeßt zur Berathung des §. 417.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Die Abtheilung hat sich-der Ausarbeitung eines besonderen Referats enthalten zu können geglaubt, indem die Bestimmungen von der Art sind, daß es hinrei= chend is, die Protokolle der Abtheilung zu verlesen und dem Refe- renten zu gestatten, bei den einzelnen Strafbestimmungen dasjenige noch besonders hervorzuheben, was der Jnhalt der Diskussion und Berathung in der Abtheilung gewesen ist,

g. 417 lautet:

Als Polizeivergehen sind nur solche Handlungen oder Unterlas= sungen zu bestrafen, welche durch Geseße oder durch verfassungsmäßig erlassene obrigfeitliche Verordnungen polizeilich verboten sind.“

Das Gutachten lautet :

u S. 417.

Im §. 417 wurde vorausgeseßt, daß unter den obrigkeitlichen Verordnungen nur solche zu verstehen, welche gehörig publizirt sind, und die Richtigkeit dieser Vorausseßung gab der Herr Regierungs=- Kommissar zu, welche ohnedies aus dem Worte „verfassungsmäßig“ ersichtlich i}.

Hierauf wurde beantragt, daß in der leßten Zeile hinter dem Worte „polizeilih“/ die Worte: „und mit Strafe bedrodt“ zu seßen, und dieser Antrag wurde von der Abtheilung genehmigt,

Die Abtheilung war nämlih der Ansicht, daß es immer einer ausdrüdcklihen Strafbestimmung oder Strafandrohung bedürfe.

Justiz=Minister von Savigny: Die Abtheilung hat auch darauf angetragen , daß die Worte „und mit Strafe bedroht“ hinzugefügt werden. Jch glaube, daß der leßtere Autrag durch §. 421 einiger= maßen entbehrlich is deswegen, weil in diesem Paragraphen eine sehr mäßige Gränze für den Fall {hon angegeben is, wenn ein ge= wisses Strafmaß in dem Polizeiverbot nicht ausgedrückt ist.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Die Abtheilung hat darauf angetragen, §. 421 zu streichen.

Justiz = Minister von Savigny: Geseßt auch, daß dieser Pa=- ragraph gestrihen- werden sollte, #so würde immer nohch dann eine ähnliche Bestimmung, wie die im §. 421 enthaltene, dem §. 417 zu- geseßt werden müssen, und ganz im Sinne des Antrags der Abthei= lung könnte es heißen: „Es wird diese Handlung hiermit unter die- ser Strafe verboten “‘, Eine solche interpretative Bestimmung wäre immer noch im Gese erforderlich.

Landtags-Rommissar: Wenn jeßt schon, wie ich annehme, über das Prinziy verhandelt werden foll, ob nur diejenigen Ueber= tretungen von Polizei-Verboten mit Strafe belegt werden können, in welchen ein Strafmaß ausdrücklih ausgesprochen is, so muß ih mir eine Bemerkung erlauben, Die Annahme des Prinzips für die Zu= funft würde nur geringen Bedenken unterliegen, da man jeder neuen Polizei-Verordnung eine bestimmte Strafe hinzufügen kannz bis jeßt aber besteht die Vorschrift, daß Uebertretungen gehörig publizirter Polizei - Verbote, “in denen keine spezielle Strafe angedroht i}, uit Geldbuße bis zu 5 Thalern oder mit Gefängniß bis zu 8 Tagen be=

ftraft werden können. Würde diese Bestimmung durch das Geseh be=

seitigt, so blieben alle Uebertretungen bestehender polizeilicher Verbote, |

die keine bestimmte Strafe androhen, \traflos, und diese sind in nicht geringer Zahl vorhanden. Einem solchen Uebelstand aber könnte nur dadurch abgeholfen werden, daß eine Liste aller dahin gehöriger Ver= ordnungen aufgestellt und eine Strafandrohung, etwa bis zu 5 Tha= lern oder 8 Tagen Gefängniß, derselben beigefügt und diese gehörig publizirt würdez es wäre dies aber eine Weiterung, zu der keine ge- nügende Veranlassung vorhanden zu sein scheint. Sobald einmal eiue Polizei-Verordnung da is, liegt es im Junteresse der Unterthanen, daß sie gehandhabt wird, die ganz allgemeine Aunahme jenes Prinzips aber würde eíne niht geringe Anzahl von Polizei-Verboten einstwei= len in die Luft stellen. Jh muß deshalb wünschen, daß die hohe Versammlung auf den Autrag, den §. 421 zu streichen, nicht eingehe ; für bereits bestehende Polizei-Vorschriften muß dessen Prinzip jeden falls beibehalten werden,

Korreferent Abgeordn. Kaumann: Die Abtheilung ist aller- dings der Ansicht, daß es sich hier um die Entscheidung über ein Prinzip handle. Es is, wie der Herr Landtags-Kommissar angeführt hat, die Frage, ob etwas, was nur verboten is, bestraft werden fönne, Jch muß nun bekennen, daß ih das Geseß nah dem jebigen Stande der Sache nicht so ausgefaßt habe, wie der Herr Landtags= Kommissar angegeben hat. Die Regierungs =- Instruction von 1817 enthält, so viel ih weiß, ich will die Worte nicht verbürgen —, nur die Berechtigung der Provinzial - Behörden, Handlungen, welche verboten sind, mit bestimmten Strafen zu bedrohen. Aber der §. 417 geht weiter. Jh glaube nun nicht, daß es für zweckmäßig er= achtet werden kann, jede Handlung, die verboten is, auch deshalb \hon bestrafen zu lassen, und zwar bestrafen zu lassen von den unter sten Organen der Polizei. Für die Zukunft, glaube ih, würde es ganz unbedenklich sein, das Amendement anzunehmen und, was die Vergangenheit betrifft, so halte ich es auch für angemessen, weil eben das Geseß nicht anders besteht, als von mir angeführt ift.

Abgeordn. Dittrich: Jch bin dicêmal mit dem geehrten Herrn Korreferenten nicht einverstanden. Wenn die Debatte über §. 421 bereits angefangen hat, o muß ih gerade diesen Paragraphen für etwas sehr Zweckmäßiges halten, indem er cin Maximum bestimmt,

was, wenn der Paragraph nicht dastände, sehr leiht überschritten

werden könnte im speziellen Verbote. für sehr gut.

Abgeordn, Graf von Schwerin: Jch glaube, das, was der Herr Landtags-Kommissar angeführt hat, kann an si nicht bestritten werden, daß wir jeßt allerdings eine Menge Polizei- Verordnungen haben, die feine bestimmte Strafe festseßen. Die Erwägung, die der Herr Landtags-Kommissar in Folge dessen gemacht hat, cheint daher allerdings auch in Bezug auf die Vergangenheit richtig zu sein; es wird also nothwendig sein, ein anderes Verfahren bei §. 421 einzu= halten, als die Abtheilung eingehalten hat, d. h. Rücksicht zu nehmen auf die jeßt bestehenden Verordnungen. Aber bei alle dem, glaube ih, würden wir immer das annehmen können, was die Abtheilung hier vorgeschlagen hat, und damit festseßen, daß nunmchr für die Zu= funft nur dann eine Handlung strafbar sein soll, wenn sie mit einer bestimmten Strafe bedroht worden ist, und den §. 421 könnte man dann so modifiziren, daß festgeseßt würde, daß, wo bei jeßt bestehen= den Verordnungen eine bestimmte Polizeistrafe niht angedroht wird, das in diesem Geseß bestimmte Maximum gelten solle.

Abgeordn. Krause: Es is mir erinnerlih, erst vor kurzem ge- lesen- zu haben, daß feine Strafbestinmung von einer Ortspolizei- Behörde angedroht werden könne ohne Genehmigung der Landespo= lizeibehörde; ob das so ist, kamn ih mich nit genau entsinnenz ich würde also bitten, daß mir vielleicht eines der Mitglieder, die das

enau kennen, darüber Auskunft gebe. Wenn das der Fall is, so finde ih im Paragraphen nichts Gefährliches.

CLandtads - Kommissar: Die unteren Polizeibehörden haben überhaupt kein Recht, Polizei-Verordnungen zu erlassen; dazu bedarf es der Autorisation der höheren, nah Unterschied der höchsten Lan= despolizei-Behörden, Uebrigens würde ih nach der Erklärung, welche

Also halte ih den Paragraphen

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der Herr Vorsißende der Abtheilung gegeben hat, gegen das Prinzip, - daß neue Polizei - Verbote stets eine Strafe ausdrücklich enthalten müssen, wenn auf deren Grund eine Strafe erkannt werden soll, nichts zu erinnern haben, vorausgeseßt, daß im §. 421 oder sonstwo | ausgedrüdckt wird, daß ältere Verordnungen auch ohne solhe Andro- hung in Kraft bleiben.

Marschall: Darauf würde si die Fragestellung gerade zu be- ziehen haben. d

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius: Jch glaube, daß dagegen die Abtheilung nichts zu erinnern hat. / j

Marschall: Nah dieser Erläuterung dürste, wenn kein Wider= spruch erfolgt, anzunehmen sein, daß die Versammlung mit dem mo- ; difizirten Antrage der Abtheilung einverstanden 1st, daß in Zukunft Polizei-Verbote nicht anders als unter Androhung eines Strafsaßes erlassen werden fönnen. ,

Da keine Bemerkung dagegen erfolgt, so kommen wir zu g. 418. E

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

„S. 418.

Auf die Polizeivergehen und deren Bestrafung sind die im ersten Theile von den Verbrehen und deren Bestrafung gegebenen allge- meinen Vorschriften anzuwenden, jedoch mit den nachfolgenden Ab- weichungen.““

Das Gutachten lautet :

¡,ZU S. 418. L

Bei §. 418 wurde angetragen, die Schärfung der Gefängniß- strafe in Gemäßheit des §. 13 nicht stattfinden zu lassen und diesem Antrage von der Abtheilung beigetreten, mit der Bestimmung, daß dies im Geseße ausdrücklich bemerft werden möge.

Der Antrag eines Abgeordneten, daß der Jrrthum über das Dasein eines Strafgeseßes oder eines Polizeivergehens bei Anwen- dung von Polizeistrafe berücksichtigt werden solle, wurde von allen übrigen Mitgliedern der Abtheilung abgelehnt.“

Die Abtheilung i} der Ansicht gewesen, daß, wenn auch eine solche Bestimmung feststehe, wonah die Schärfung einer Strafe we= gen mehr oder weniger \{chwerer Umstände gerechtfertigt wird, doch nicht ausgeschlossen i eine solhe auch auf Polizeistrafen auszudeh- nen, indem davon ausgegangen ward, daß der Charakter eines Poli= zeivergehens wesentlich verschieden sei von dem Charakter eines Ver- brehens oder Vergehens ; bei Polizei- Uebertretungen könne es nie gerechtfertigt sein, die Härte, die in der Strafverschärfung liege, ein- treten zu lassen. Jch glaube, daß die Ansicht der Abtheilung keinen Widerspruch finden wird. :

Marschall: Wenn keine Bemerkung erfolgt, \o is es jo anzusehen, als sei die Versammlung dem Antrage der Abtheilung beigetreten.

g. 419.

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

8 449,

Die im Auslande von Juländern oder Ausländern begangenen Polizeivergehen sollen im Julande nur dann bestraft werden, wenn dieses durch besondere Geseßbe oder Staats =- Verträge angeord= ner Es

Hiergegen hat die Abtheilung nichts zu erinnern gehabt.

Abgeordn. Keumann: Jh wollte mir erlauben, eine Bemer= fung dagegen zu machen, Es scheint mir zweifelhaft, ob in das Strafgeseß eine Bestimmung darüber aufgenommen werden kaun, daß, wenn ein Ausländer im Auslande gegen eine preußische Polizei= Bestimmung sich vergangen hat, die Bestrafung hier im Julande stattfinden könne. Mir scheint dies der Natur polizeilicher Vorschrif= ten zu widersprehen, und die Ausländer sind offenbar nur den Poli= zeigeseben des Landes unterworfen, in welhem sie leben, Jm ersten Falle des Paragraphen, welcher von Jnländern spriht, gebe 1h es zu, in dem anderen aber nicht, weil eben nur von Polizeivergehen die Rede is und selbst nicht die früher angenommenen Bestimmun- gen des eigentlihen Strafrechts hier Plaß greifen können.

Regierungs -= Kommissar Bischoff: Deshalb will man diese ge= nerellen Prinzipien hier modifiziren und bestimmen, es solle eine Be- \strafung ausnahmsweise nur stattfinden, wenn besondere Verträge be=-

i stehen, wie dies in der That in Beziehung auf Holzdiebstähle und

Jagdvergehen der Fall ist. Marschall: §. 420. Referent Abgeordú. Freiherr von Mylius (liest vor) : ,§. 420. Die für Polizeivergehen zulässigen Strafen sind folgende :

1) Geldbuße bis zu funfzig Thalern, ———

2) Gefängniß bis zu sechs Wochen, insofern nicht in besonderen Geseßen eine höhere Geldbuße oder Gefängnißstrafe zuge=- lassen ist,

3) Confiscation einzelner Gegenstände.“

Das Gutachten lautet :

„Zu §. 420. s g

g. 420 gab zu einer ziemlich weitläuftigen Diskussion Veranlas= sung. Es wurde einerseits hervorgehoben : hohe Polizeistrafen ließen sich durchaus nicht rechtfertigen; die jeßigen Polizeistrafen, welche höchstens in 10 Rthlr. Geld oder 14 Tagen Gefängniß bestanden häât= ten, hätten ausgereicht; man bewirke mit geringen Strafen mehr, wenn sie nur {nell nach dem Vergehen vollstreckt werden,

Andererseits wurde aber ausgeführt: Da man mehrere Vergehen aus den früheren Titeln hierher verwiesen, so ersheine eine höhere als die vorgeschlagene Strafe nothwendig. „Zn den Städten sei es nothwendig, den Polizei - Behörden die Befugniß einzuräumen, auf eine höhere Strafe erkennen zu dürfen; den Uebergrisfen der unteren Polizei - Behörden könne durch den Rekurs, durch die Berufung an die höhere Polizei-Behörde, mehr als hinreichend vorgebeugt werden, die Strafe müsse dem Vergehen angemessen sein, und es erscheine auch zweckmäßig, dem Polizeirihter mehrere Fâlle zu überweisen, welche sons dem Kriminalrichter überwiesen werden müßten, Jeden- falls erscheine es zweckmäßig, daß die Geldstrafe eine größere Höhe erreihe, weil sons reihe Personen sih nicht abhalten lassen dürften, Polizeivergehen zu begehen. A

Hierauf kamen folgende Fragen zur Abstimmung :

1) Sell die Geldbuße auf 10 Rthlr. festgesebt werden?

Dafür entschieden sich 9 und dagegen 7 Mitglieder,

2) Soll Gefängniß auf 14 Tage festgeseßt werden?

Dafür erklärten sich 10 und dagegen 6 Mitglieder, |

Hiernächst wurde beantragt, in Nr. 2 die Worte: „insofern bis zu Ende“ zu streichen. 0 wurde angeführt, daß diese Worte überflüssig erscheinen, und daß, wenn in einzelnen Verordnungen hö- here Strafen angedroht scien, die Regierung die nöthigen Vorkehrun- gen treffen möge, daß in solchen Fällen der Richter die Strafe fest- sebe und nicht der Polizei-Beamte.

Dagegen wurde indeß Widerspru erhoben und bemerkt, daß mehrere Verordnungen, 4B, die Gewerbe-Ordnung und Feldpolizei=

Ordnung, den Polizei - Behörden die Befugniß zu höheren Strafen

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einräumen, und daß dies nicht nur zweckmäßig, sondern nothwen= dig sei, Die hierauf gestellte Frage: i , Soll der Saß in Nr, 2 von „insofern bis zu Ende“ ge- strichen werden?

wurde von 8 Mitgliedern gegen 8 bejaht, weil \sich unter den be- jahenden Mitgliedern der Vorsißende befunden.

Nr. 3 wurde angenommen.“

Die wesentlihste Bestimmung, die hier zu erörtern sein wird, is die Frage: ob die Polizeistrafe, die im Entwurfe enthalten ist, näm- lih bis zu 50 Rthlr. Geldbuße und bis zu 6 Wochen Gefängniß gerechtfertigt, oder ob es nit entshieden zweckmäßig sei, eine bedeu- tend geringere Strafe festzuseßen. Die Ansicht, die ich in der Ab- theilung vertheidigt habe, und für welche ih auch hier stimmen werde, geht dahin, daß allerdings eine sehr bedeutende Ermäßigung, so wie hier von der Majorität der Abtheilung, in Vorschlag gebraht wor= den, nämlih auf 10 Rthlr, Geldbuße oder 14 Tage Gefängniß statt- finden möge, Wesentlich unterscheidet sich der Charakter der Polizei Vergehen von jedem anderen Vergehen; namentli is es für die Polizeivergehen bezeichnend, daß deren Bestrafung weniger bedeuten soll die Buße sür eine Rechtsverlezung, als eine Warnung, daß irgend etwas geschehen sei, was nicht gerechtfertigt is und niht wiederholt werden dürfe. Eine eigentliche Rechtsverlezung ist ‘bei den meisten - Handlnngen, die als Polizeivergehen be- straft werdeu, gar niht vorhanden, es is nur etwas, wovon das Geseß gesagt, daß es nicht wiederholt werden soll, weil sonst Gefahr für die bestehende öffentlihe Ordnung sei. Daraus folgt, daß es zweckmäßig is, daß die Strafe rash der That folge, daß, sobald die That verübt i}, auch das Geseß mit der Ahndung hinterhergehe und sie vollstrecke; es folgt ferner aus der Natur der Polizeivergehen, daß das Gesebß keine shwere Strafe androhe, weil in formeller Be- ziehung die Garantie fehle, welhe jede {were Strafe erfordert, namentlich wenn die Dreitheilung durchgeführt wird, da die Poli- zei-Uebertretung nur vor dem Einzelrichter abgeurtheilt, während die anderen vor follegialischen oder solhen Gerichten sie erhalten, welche die höchsten Garantieen der Vertheidigung bieten. Dem Einzelrichter fann man nun aber, so viel man ihm auch Vertrauen \{enkt, doch nicht -in die Hand legen, eine so hohe Strafe zu verhängen, wie sie hier das Geseß giebt; denn selbst, wenn auch von seiner Entscheidung eine Berufung auf ein richterlihes Kollegium gestattet is, o fann doch dieses Kollegium niht von der Art sein, daß es durch seine Zusammenseßung die Garantieen bietet, die bei der Anwendung einer so harten und dauernden Strafe nothwendig sind. Gegen diese Ansicht kann nur das angeführt werden, was be- reits in der Abtheilung zur Sprache gebracht worden ist, daß man mit den geringeren Polizeistrafen nicht ausreiche, daß man höhere Polizeistrafen für gewisse Fälle anzudrohen genöthigt set. Da ist aber meine Meinung die, daß es in solhen Fällen zweckmäßig je, sie auch in den eigentlichen Straf-Codex zu verweisen, in den Theil, welcher dazu bestimmt ist, wirkliche Rehtsverlebungen zu sühnen ; daß man aber damit niht ausreihe, kann unmöglih zugegeben werden, und ih mache darauf aufmerksam, daß in der Rhein Provinz das höchste Strafmaß eine Geldbuße _von etwas über 4 Rthlr. is und Gefängnißstrafe von höchstens 6 Tagen, daß dort aber s{werlih je mals die Fälle vorgekommen sind, daß man gesagt hätte, daß man damit nicht ausreihe. Jch glaube, daß, wenn statistishe Nachrichten darüber vorlägen, bewiesen werden würde, daß in den meisten Fällen, wo man auf eine höhere Strafe zu erkennen berechtigt war, man immer nur das Minimum ausgesprochen hat; ih mache daranf aus- merksam, daß au in Frankreich, wo die Geseßgebung bedeutende Reformen eingeführt hat, das Bedürfniß nicht vorgelegen hat, die Polizeistrafen zu erhöhen, während es doch ein Land is, wo wegen der Dichtigkeit der Bevölkerung dergleichen Vergehen sehr oft vor= fommen. Jch glaube also, daß aus dem Grunde des praktischen Be- diirfnisses eine so hohe Strafe keinesweges gerechtfertigt sein wird,

Abgeordn. Frhr. von Gaffron: Ich habe zur Minorität der Abtheilung gehört, welche sih für ein höheres Maximum, als das von der Majorität beantragte, ausgesprochen hat, wenn auch nicht für ein so hóhes, als der Entwurf vorschlägt. Die Gründe sind be- reits in dem Gutachten der Abtheilung mit enthalten. Jch erlaube mir, sie in der Kürze nochmals hervorzuheben. Wäre der Entwurf für das Polizei -Strafgeseß in dem früheren Umfange geblieben, so würde ih mich eher an die niedrige Strafbestimmung angeschlossen habenz wie aber der Versammlung bekannt ist, sind niht unwesent= lide Straffälle aus den Kriminalstrafen in das Polizeigeseß herüber getragen worden, und daher entsteht der Zweifel in mir, ob in allen Fällen die hier normirten Strafbestimmungen ausreichen. Jch erlaube mir nur auf das Eine aufmerksam zu machen, daß nach dem Guta ten der Abtheilung die gemeinen Jnjurien ebenfalls unter die Polizei- vergehen gezogen werden sollen, und ich muß fragen: ob es hier unter allen Umständen bei Jujurien, welche zuweilen sehr gravirend sein können, genügend erscheinen möchte, eine Strafe von 14 Tagen Gefängniß oder 10 Thalern Geldbuße auszusprechen? Aus allen die- sen Gründen kann ih daher nur für einen weiteren Spielraum stim- men— besonders aber aus dem Grunde, den ich noch ausgelassen habe, daß, wie {hon gesagt is, der Reichere vermöge seiner Geldmittel sich über die niedrige Geldstrafe hinwegsebt, ja, die allgemeine Ord nung zu braviren vermag und solhe Vergehen öfter wiederholt deshalb, sage i, kann ih nur dafür sein, eine höhere Strafe fest zuseßen, und ih erlaube mir daher einen Antrag dahin zu formiren, daß die Geldbuße bis zum Maximum des Entwurfs, auf 50 Thaler, festgestellt, die Gefängnißstrafe aber auf die Hälfte, also von sechs auf drei Wochen, herabgeseßt werde. j S ay

Abgeordn. Diitrich: Diejenigen Gründe, die der Herr Referent ausgesprochen hat, scheinen mix nux gegen die Höhe der Gefängniß= strafe, niht aber gegen die Höhe der Geldbuße zu sprechen. Jh bin übrigens mit der Abtheilung cinverstanden, nur nicht in Betress der Geldbuße. Der Herr Referent hat gesagt, der Einzelrichter und das Kollegium, welches in der Rekursinstanz zu entscheiden habe, biete niht die Garantieen, welche die Anwendung einer so dauernden und harten Strafe rechtfertigen, und es müsse die Skrase schleunig vollstreckt werden; das kann aber bei 50 Thalern eben jo gut, wie bei 10 Thalern der Fall sein, Bei der Gefängnißstrafe tritt das Ver- hältniß ein, daß Personen, die nicht rechtskundig sind, dadurch mehr getroffen werden, als Wohlhabendere, Deswegen eben halte ich hier bei eine niedrige Strafe für nothwendig, bei der Geldbuße aber eine höhere, und ich trete hierin dem Antrage des Abgeordneten aus Schlesien bei, die Geldstrafe nah dem Entwurfe stehen zu E,

Marschall: Der Antrag, welcher eben gemacht worden ist, die Geldstrafe stehen zu lassen und die Gefängnißstrafe auf die Hälfte herabzuseben, liegt in der Mitte zwischen A T A und dem Abtheilungsantrage ; c i also nicht erforderlich, die Frage zu ste j erstützung finde. / N f oa Ae s Wenn ih mir vorstelle, wie die Polizei mit-

A R Ww ¡ch mir die Polizei - Beamten, die sie unter gehandhabt wird, wenn 1 Be bmen G tir handhaben, besonders auf dem Lande, auch E T

tes E fyr wohin die Polizeistrafen fließen, \o endlich ins Gedächtniß zurücrufe, wohi Sex e R P fann ih mich nur für das mildeste Maß in Bezug auf die Geldstrafe

A Frhr. von Patow: Jh muß mich aus drei Grün-

den für Beibehaltung der im Entwurf angegebenen hohen Strafe er- flären. ; “n , i hall sieht sich genöthigt, den Hammer zu ergreifen, (Dex Mar Privatgespräche, welche viele Mitglieder der Ver- sammlung mit einander führen, zu unterbrechen.) Zweite Beilage

denden faftishen Momente nothwendig erfordert werde.

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8 Rthlr. - 1 Jahr. j in allen Theilen der Monarchie

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A 6S.

D: atl, c icher Theil. i d C Angelegenheiten. Einunddreißigste Sihungdes BVercinigten ständischen Ausschusses am 2, März, Fortsezung der Verhandlungen über den Entwurf des Strafgeschbuches. Es kommi der XXVII. Titel, die §§. 412 416: Verbrechen der Geistlichen, zur Berathung und wird nach den von der Regierung gemachten Vorschlägen modifi: irt.

Beilagen,

* * Amtlicher Theil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Den Land- und Stadtgerichts-Direktor, Kreis-Justizrath Wenbel zu Trebniß, zum Ober - Landesgerichts - Rath bei dem Ober -Landes- gerichte zu Glogau zu ernennen; und

Dem hiesigen Kausmann und Tuchfabrikanten Emil Praetorius den Charakter a!s Kommerzien-Rath zu verleihen.

Der bisherige Ober-Landesgerihts-Assessor Hu nd is zum Justiz= Kommissarius bei dem Land- und Stadtgerichte zu Olpe, so wie zum Notarins im Departement des Königl, Ober - Landesgerichts zu Arns= berg, mit Anweisung seines Wohnsißes in Olpe, ernannt; und

Der Justiz = Kommissarius Be schorner zu Birnbaum zugleich zum Notarius im Departement des Königl, Ober =- Landesgerichts zu Posen bestellt worden,

Dem Schornsteinfegermeister Grüß ner zu Namslau is unter dem 29, Februar 1848 ein Patent

auf eine mit den Sicherheitsklappen zum Löschen der Schorn- steinbrände verbundene Vorrichtung zum Oeffnen und Schlie- __,_ ben der Klappen in den Schorusteinen auf fünf Jahre, von jenein Tage an gerechnet, und für den Umfang des preußischen Staats ertheilt worden.

Angekommen: Se. Excellenz der General - Lieutenant und Commandeur der 6ten Division, vou Quadt und Hüchtenbruck, von Torgau,

H 4. . K Ständische Angelegenheiten. Einunddreißigste Sißung

des Vereinigten ständischen Ausschusses. (2, März.)

Die Sitzung beginnt um 10; Uhr unter dem Vorsiß des Mar-= shalls Fürsten zu Solms wit Verlesung des über die leßte Sizung aufgenommenen Protokolls durch den Secretair Abgeordn. Frhr. von Gudenau.

Als Secretaire fungiren die Abgeordn. Frhr. von Patow und Brown, : Ó

Marschall: Wenn keine Bemerkung erfolgt, so is das Protokoll für genehmigt zu erachten. i /

Abgeordn, von Auerswald: Es i bei §. 401 gesagt, ich hätte darauf angetragen, ihn zu streichen, indem ih nit in der Lage wäre, bei unserer Unbekanntschaft mit dem Jnhalt des Gesebes von 1844 darauf einzugehen. Das is insofern etwas uugenau im Protokoll bezeichnet , als einmal ih meinestheils die Unbekanntschaft mit dem Geseß nicht vorausseßte, anderentheils aber nur sagte, daß, wenn diese als Grund dafür angeführt würde, das Amendement nicht zu disfkutiren, dieser Grund noch viel mehr dafür gelten müsse, durch Annahme des §. 401 niht dem in Rede stehenden Geselz unserers.its einfach beizutreten.

Abgeordn. Freiherr von Gudengu: Jm Protokoll steht, daß es eventualiter wäre.

Abgeordn, von Auerswald: Das is ganz richtig, und daun ist noch außerdem eine Aeußerung, als von mir gemacht, niedergeschrie- ben, die ih niht gemacht zu haben glaube: daß nämlich die Acuße- rung des Herrn Justiz-Ministers uns nicht abhalten dürfe, auf die Berathung einzugehen. Diese Aeußerung aber wurde vom Herrn von Rochow gemacht, S L

Marschall: Die Bemerkungen sind erledigt, Wenn keine ande=- ren erfolgen, #o is das Protokoll für genehmigt zu erklären. Wir fömmen zur Berathung von §8, 412, E

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

7/8) D,

Wenn Geistlihe den in Ausübung der landesherrlichen Rechte circa sacra erlassenen Verfügungen beharrlich entgegenhandeln so daß die im Verwaltungswege wider sie festgeseßten Orduungsstrafen erfolglos bleiben, s\o haben die Gerichte auf Entfernung aus dem Amte zu erkennen. i

Die Untersuchung wegen solcher bürgerlichen Amtsvergehen der Geistlichen fann nur mit Genehmigung des Ministers der geistlichen Angelegenheiten eingeleitet werden,“

Das Gutachten lautet :

20 S7 412.

Der Paragraph stellt den Begriff eines sowohl dem strafrect- lihen Theile des Allgemeinen Landrechts wie dem rheinishen Rechte bisher unbekannten Verbrechens oder Vergehens dahin fest, daß dasselbe

- begangen worden, wenn ein Geistlicher den in Ausübung der landes=

herrlihen Rechte circa sacra erlassenen Verfügungen beharrlih ent=- gegengehandelt und die im Verwaltungswege gegen ihn festgeseßten Ordnungsstrafen erfolglos geblieben.

__ Son die äußeren thatsächlichen Feststellungen dieses jeßt neu eingeführten Vergehens gaben zu der Erinnerung Veranlassung, daß demselben die Bestimmtheit mangele, welhe im Strafrehte bei Auf= stellung der dén objecktiven Thatbestand der strafbaren Handlung bil= C Schon von diesem Gesichtspunkte aus müsse behauptet werden, daß es nit ge-

Allgemeine

Preußische Zeitung.

Berlin, MiltGoch den. 8! März

eignet, es in den Begriff des Verbrechens oder Vergehens auszuneh- men, daß einer in Ausübung der landesherrlihen Rechte circa sacra erlassenen Verfügung entgegengehandelt worden. Denn es werde immer darüber gestritten werden, ob die einzelne Verfügung nur in Ausübung der landesherrlichen Rechte oder auch mit Ueberschreitung derselben erlassenz es werde aber dieser Streit durch die Beziehung auf das Recht circa sacra nur angeregt, keinesweges gelöst werden, so lange nicht eine Gränze gemeinschaftlich anerkannt worden, wo das Recht der Kirche auf das Sacrum aufhöre und das Recht des Staa=- tes circa sacra seinen Anfang nehme. Dann aber könue es auch nicht gcbilligt werden, wenn zum Thatbestande der strafbaren Hand= lung erfordert, daß eine im Verwaltungswege festgeseßte Ordnungs= strafe erfolglos geblieben, indem es der Verwaltung nicht zugestanden werden dürfe, durch Festseßung von Ordnungsstrafen, die sie lediglich nach ihrem Ermessen vorzunehmen oder zu unterlassen befugt sei, die Bedingungen der Strafbarkeit eintreten zu lassen oder nicht.

Gegen die im Paragraphen angedrohte Strafe der Entfernung aus dem Amte ward sodann erinnert, daß das Kirchenamt von der Strafgewalt des Staates deshalb nicht berührt werden dürfe, weil es nicht von der Staatsgewalt, sondern namentlih der katholischen Kirche gegenüber unabhängig vom Staate verliehen worden, der leßtere dasselbe daher auch weder zu nehmen, noch zu beschränken

N sei, ohne die Unabhängigkeit der kirhlihen Autorität zu ver= eben.

Diese Gründe bewogen die Abtheilung zu dem von 13 gegen 3 Stimmen gefaßten Beschlusse,

dahin anzutragen, daß der §. 412 ín seiner gegenwärtigen Fassung nicht beibehalten werde.

Eine weiter gehende Ansicht bestritt sedoch aus noch anderen Gründen den materiellen Jnhalt des Paragraphen und führte ins= besondere an :

Die in demselben unter Strafe gestellten Fälle seien die Fälle des Konflifts zwischen Kirhe und Skaat. Die unabhängige und selbstberehtigte Stellung der Kirche zum Staate sei der katholischen Konfession gegenüber durch Staatsverträge verbürgt, längst rechtlich anerkannt und nie bestritten, werde aber auch der evangelischen Kon= fession gegenüber als ein wohlerworbenes Recht in Anspruch ge= nommen,

Stehe aber diese kirhliche Selbstständigkeit und Unabhängigkeit fest, so sei die Möglichkeit von solchen Konflikten bei dem Mitein- anderbestehen von Kirche und Staat eben \o wenig zu vermeiden, wie die Möglichkeit eines Konfliktes über bi? Gränzen einer anderen Be= rehtigung bei allen übrigen, neben einander stehenden und in gegen= seitigen Beziehungen stehenden Personen ausgeschlossen werden könne. Im Gegentheile werde gerade durch diese Gegenseitigkeit es an \heinlih, daß solche Konflikte nie zu vermeiden sein werden.

Hierdurch werde aber für den Staat zugleih die Nothwendig= keit herbeigeführt, Mittel zu schaffen, die bestehenden Differenzpunkte auf organishem Wege zu lösen, und nicht, wie der Entwurf es thue, Strafen anzudrohen für Fälle, die nah dem naturgemäßen Laufe der Dinge stets eintreten müssen, immer eingetreten sind und auch später eintreten werden.

Es werde dies sowohl deshalb nicht räthlih sein, weil der Staat sich bei einem entstehenden ernsten Konflikte durch solche Be- stimmungen in die Lage bringe, daß Strafen von ihm angedroht und ausgesprochen, welche auszuführen er aus Gründen der Zweckmäßig= keit Anstand nehmen müsse, es seien aber auch solhe Strafen uicht gerecht, indem der im Bewußtsein seines Rechtes handelnde Trä- ger einer firchlihen Gewalt nie für die in gutem Glauben vorge- nommene Handlung gestraft werden, namentlich für dieselbe dann nicht verantwortlih gemacht werden dürfe, wenn, wie dies bei dem Konflikte in der Regel der Fall, ihm diese durch seine Kirchen- Obrigkeit gebo= ten worden,

Wenn nun auch die Schwigxigkeit niht zu verkennen, die in der Aufgabe liegt, auf dem Wege gêmeinsamen Cinverständnisses zwischen dem Kirchen-Regiment und der Staats-Regierung eine verfassungs- mäßige Institution zu organisiren, durh welche der Konflikt über das streitige Recht da, wo er sich erhebe, gelöst wird, eine Schwicrigkeit, welche der evangelischen Konfession gegenüber noch größer is, wie im Verhältniß zur katholischen Konfession, da die leßtere sih einer aus= gebildeten Kirchen - Verfassung erfreut, welche bei der evangelischen vielseitig vermißt wird, so könne diese Schwierigkeit jedoch eine Strafbestimmung wie die des §, 412 nie rechtfertigen, und es miisse daher sowohl er, wie jede an seine Stelle vorzuschlagende Bestim= mung, deshalb verworfen werden, weil durch ihn die Gesebßgebung einen Weg eingeschlagen, dessen Verfolgen es unmöglih mache, die Aufgabe zu lösen, wclhe hier der staatlichen Entwickelung gestellt worden.

Dieser von ciner Minderheit vertretenen Ansicht gegenüber ist der materielle Jnhalt des §. 412 vertheidigt worden, weil derselbe das Prinzip ausspreche, daß der Staat gewisse Gränzen zu bestim=- men habe, welche keine Kirchengewalt überschreiten dürfe; das Recht zu einer solchen Bestimmung folge aus der Selbstständigkeit, welche der Staat, als höchstes und nicht aus den Händen zu gebendes Recht, aus Gründen innerer Nothwendigkeit für sih in Anspruch zu nehmeu verpflichtet sei, denn es gebiete die Pflicht der Selbsterhaltung, daß der Staat innerhalb der Landesgräunze keine Kundgebung einer Kirchen= gewalt dulde, welche seine Macht zu neutralisiren im Stande sei.

Nach einer Diskussion dieser Gesichtspunkte ward zur Vermitte= lung der verschiedenen, bei ihr hervorgehobenen Ansichten der Abthe 7- lung der Antrag gestellt :

daß an die Stelle des §; 412 ein neuer Paragraph in Vorschlag

zu bringen, des Inhalts: „Geistliche, welche ihr geistlihes Amt benußen, um gegen die im Staate anerkannten Kirchen oder geduldeten Religions=- Gesellshaften Haß und Feindschaft zu erregen, oder die ihnen vom Staate bei Zulassung zum geistlichen Amte durch die Landesgesebe gestellten Bedingungen beharrlich und wie- derholt übertreten, können durch die Gerichte zur ferneren Ausübung geistliher Amtshandlungen innerhalb Landes für unfähig erklärt werden.“

Zur Begründung des Amendements ward angeführt, daß es die formellen Bedenken gegen den §. 412 beseitige und das Recht des

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Staates wahre; gegen dasselbe ward eingewendet, daß cs sich von dem wesentlichen Jnhalte des Paragraphen wenig entferne und das Recht der Kirhe auf Selbständigkeit eben so verlebe, wie der Entwurf. "

Die Abtheilung hat mit 11 gegen 5 Stimmen das Amendement zu befürworten beschlossen.

Vorläufig muß ih bemerken, daß einen ähnlichen Beschluß die Abtheilung bei §. 413 gefaßt hat. Es wird daher dieser Paragraph zugleich mit vorzutragen sein. /

(Verliest denselben): 6. 443,

Wegen gemeiner Verbrechen, welche bei Beamten die Cassation oder Amtsentseßung nach sich ziehen, ist, weun sie von Geistlichen be= gangen werden, außer der sonst begründeten Strafe auf Entfernung aus dem Amte zu erkennen.

Es soll hierbei keinen Unterschied machen, ob das Verbrechen ein vollendetes oder ein versuchtes, ingleichen ob der Verbrecher als Ur= heber oder als Gehülfe zu betrachteu ift.“

Es fanden si bei diesem Paragraphen Bedenken, und die Ab=- theilung hat ein Amendement des Juhalts beschlossen :

„Geistliche, welhe ihr geistlihes Amt benußen, um gegen die im Staate anerkannten Kirchen oder geduldeten Religions-Gesellschaf= ten Haß und Feindschaft zu erregen, oder die ihnen vom Staate bei Zulassung zum geistlichen Amte durch die Landes - Gesebe ge=- stellten Bedingungen beharrlih und wiederholt übertreten, können durh die Gerichte zur ferneren Ausübung geistlicher Amtshand=- lungen innerhalb Landes für unfähig erklärt werden.“

Ju der Diskussion sind der Abtheilung andere Vorschläge gemacht worden, Es ist vom Gouvernement darauf eingegangen worden, daß Titel 27, überschrieben :

„„Verbrechen der Geistlichen““, aus dem Gejeße ganz wegfallen, daß aber das Geseßbuch folgende Einschaltung haben müsse. Es soll eingeschaltet werden hinter §. 25 ein Paragraph folgenden Inhalts : 6 NIA

Bei Geistlichen tritt an die Stelle der Cassation oder Amtsent= sezung die vom Richter auszusprechende Untersagung der ferneren Ausübung ihres geistlihen Amtes. Mit dieser Untersagung kann zu= gleich stets auf Orts= oder Bezirks -Verweisung erkannt werden, wenn die Landes=Polizeibehörde darauf anträgt und nach richterlichem Ermessen der ferñere Aufenthalt des Geistlichen in seinem bisherigen Amtssibe die öffentliche Ruhe oder Ordnung gefährden würde.“

Es sollte nah den ferneren Vorschlägen des Gouvernements der sechste Titel die Ueberschrift erhalten :

„Verbrechen, welche sih auf die Religion und das geistlihe Amt

beziehen“, Z und dort eingeschaltet werden hinter §. 149 ein Paragraph folgenden Juhalts :

„S. 149 9

Wenn ein Geistlicher in einer amtlichen Nede oder in einem amt=- liheu Erlasse sich einer der Handlungen, welche im §. 148 mit Strafe bedroht sind, schuldig macht, so kann der Richter außer der durch die Handlung an si begründeten Strafe zuglei auf Untersagung der ferneren Ausübung seînes geistlihen Amtes erkennen (§. 25a.). Die Untersuchung kann jedoch in eiuem solchen Falle nur mit Geneh= migung des Ministers der geistlihen Angelegenheiten eingeleitet werden.“

Ferner ein Paragraph unter 152 des Juhalts :

¡N 192 9.

Wenn ein Geistlicher den vom Landesherrn in Ausübung des Hoheitsrechts erlassenen Anordnungen bei Verwaltung seines geistli= chen Amtes vorsäßlih und beharrlich entgegenhandelt und die des= halb im Verwaltungswege festgeseßten Ordnungsstrafen erfolglos blei= ben, so hat der Richter auf Untersagung der ferneren Ausübung \ei= nes geistlichen Amtes zu erkennen (§. 25 a.) Die Untersuchung. fann jedoch in einem solchen Falle nur mit Genehmigung des Ministers der geistlichen Angelegenheiten eingeleitet werden.“

Die Abtheilung hat nun diese Vorschläge zunä} einer even= tuellen Berathung unterzogen. “Hinsichtlih der Einschaltung hinter F. 49 ist sie der Meinung gewesen, daß es zweckmäßig sei, statt in einer amtlichen Rede zu sagen: in amtlihen Reden und statt in einer der Handlungen in solhen Handlungen zu seßen. Ferner is der Autrag gestellt worden, die Strafe uur im Wiederholungsfalle eintreten zu lassen. Hierfür hat sich jedoch nur cine einzige Stimme erhoben. Dann hat si ferner bei §. 152 die Majorität der Abtheilung dafür entschieden, daß die Worte:

„wenn die festgeseßten Ordnungsstrafen erfolglos geblieben““, wegzulassen seien, indem das Festseßen von Ordnungsstrafen nicht das Kriterium einer strafbaren Handlung bilden könne. Es haben sich indessen bei Diskussion der Frage, ob überhaupt auf die Vorschläge der Regierung eingegangen werden könne, dieselben abweichenden Meinungen ergeben, die früher bei der Diskussion stattgefunden haben. Was nun die Sache selbst anbetrifft, so habe ih mi für unbedingte Streichung nicht blos des Titels, sondern auch jedes einzelnen Pa- ragraphen erklärt. Von dem konfessionellen Standpunkte bin ih da- bei niht ausgegangen, sondern von dem juristishen. Jch glaube, daß der Staat nicht das Recht hat, einseitige Strafbestimmungen für Amtshandlungen der Geistlichen zu erlassen; ih glaube, daß der Staat zur Kirche mehr im Verhältnisse von zwei Privatpersonen steht, und daß es eben so, wie es nicht zu billigen sein würde, bei Kolli= sionen von Privatverhältnissen den, der sich der Ueberschreitung schul dig macht, mit Strafen zu belegen, eben so nicht zu rechtfertigen sein würde, went der Staat in sein _Strafrecht Bestimmungen, wie die vorliegenden, aufnehmen wollte. Ferner, glaube ih, sind dergleichen Strafdrohungen von keinem Nuben, sondern vielmehr gefährlich. Es is für den Staat zweckmäßig, daß zwischen ihm und der Kirche Friede bestehe; solche Bestimmungen aber können nur zum Unfrieden anrei- zen, selbst wenn sie von der anderen Seite nit gemißbraucht wür= den, Es hat sich aber auch ein Bedürfniß für sie keinesweges her= ausgestellt. Von dem Gesichtspunkte des Bedürfnisses würden sie daher eben so wenig zu rechtfertigen sein, Dagegen is} es nicht zu verkennen, daß Konflikte zwischen Kirche und Staal bestanden haben und später niht ausbleiben werden. Jh erinnere an bekannte Bei=