1848 / 68 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Arbeiten kann er nicht vermöge seiner Körperkräfte er ist es nicht gewohnt, man fann sagen, er soll Schriftsteller werden.| (Gelächter in der Beriauminng, ) M

Jch frage Sie, meine Herren, es ist vielleicht nit lächerlich, ih frage Sie, wird er seine Feder in Dinte tauchen? nein, in Galle ; was wird es erregen? Unzufriedenheit. i

Marschall: Es is zu ermitteln, ob die Anträge unterstüßt werden, und zwar zuerst de: Antrag, daß die Fälle von der Regie-

rung genau präzisirt werden möchten. (Es stehen niht aht Mitglieder auf.) Er hat sie nicht gefunden.

Eine weitere Frage bezieht sich auf den Vorschlag, daß die Kir- chen-Gemeinde gehört werde, und es is zu ermitteln, ob er die er=- forderlihe Unterstüßung findet.

Wenn ich rihtig gezählt habe, so waren es 8 Mitglieder.

(Stimmen: Nein, sieben!)

Auch dieser Antrag hat keine Unterstüßung gefunden.

Abgeordn. Krause: Neun sind es gewesen. Jh habe mein Amendement in dem guten Glauben gestellt. Wenn es nit Anklang

findet, so kann ih mich nur betrüben, weiß aber niht, warum der erste Fall, den Se. Durchlaucht von der Herrenbank aufnehmen, nicht e Unterstühung finden. Der Antrag war noch nicht gestellt worden.

Fürst Wilhelm Radziwill: Jch habe bemerkt, daß ih durch- aus nicht die Absicht hätte, ein Amendement zu stellen, sondern ih habe nur meine Ansicht geäußert und gesagt, daß ich diese Ansicht der Regierung anheimstelle. j ;

Abgeordn. Graf Renard: Da so viele begabte Redner bereits gesprochen, so befinde ih mi in der glücklichen Lage, mich kurz fassen zu können. Der Herr Minister hat erklärt, es sei auch seine Mei=- nung, daß Konflikte zwischen Staat und Kirche: eintreten können, viel- leiht eintreten werden. Jh trete dieser Ansicht bei, und jedes Mit- glied der Versammlung vereinigt si mit dem Gouvernement ín dem Wunsche, diese Konflikte zu vermeiden, aber ungeachtet der geistreichen Ausführung des Herrn Ministers kann ih meine Ueberzeugung nicht aufgeben, daß ein Paragraph im Strafgesebbuche, sei er der Vor=- \lag des Gouvernements, sei er der Vorschlag der Abtheilung, geeig= net sei, diese Konflikte zu lösen oder zu hindern. Jh glaube im Gegentheil, daß solche Bestimmungen nur geeignet sind, die Konflikte zu mehren, und so bin ih genöthigt, mih gegen den Entwurf sowohl wie gegen die Ansicht der Abtheilung zu erklären. Was den Vor-= \chlag der Abgeordneten aus der Rheinprovinz betrift, die Fälle, wo dem Staate ein derartiges Strafrecht zustehen soll, zu spezialisiren, so ist dies dasselbe, als die logishe Begränzung der Begriffe des Rechtes ad sacra und circa sacra aufzustellen, ein Unternehmen, zu dem wir wahrlich nicht genügend vorbereitet sind, und ih glaube, wir thun besser, auf den Vorschlag ganz zu verzichten.

Abgeordn. Dittrich: Es haben unter den Reduern, welche bis jeßt gesprochen, nur zwei, der Herr Minister für den Vorschlag der Regierung, der Herr Direktor der Abtheilung für deren Botum ge=- \prochen. Ih erkläre mih gegen Beide und fknüpfe an das, was der Herr Direktor der Abtheilung ausgesprochen hat, noch einige Be-

trahtungen an. Er sagt, der Staat müsse die Gränze des Rechts- chubes nicht verrüen lassen, die Rechts\phäre des Staates sei es, um die es \sich handle, nicht um die Glaubens-Freiheit, Jh erkenne das an, glaube aber, es handle sich um beide Sphären , um die Gränze des Staates wie der Kirche, und darum bewegt uns diese Frage so durhweg im Junersten, Wenn nun der Herr Minister die Treunung der Sphären nah den Grundsäßen, die wir vernommen, nicht für möglich hält, so erlaube ih mir, zu widersprehen. Der Herr Minister hat zunächst gesagt, daß die Geistlichen ihr Amt nur von der Kirche haben, es ihnen also auch nur von der Kirche ent- zogen werden fönne. Von diesem Grundsabe gehe auch ih aus, und das führt mih zu einem entgegengeseßten Resultate. Die Trennung derjenigen Sphäre, welche den Geistlichen als Staats-Beamten mit den Rechten der Staats-Beamten übertragen is, läßt sich, wie ih glaube, bewirken. Sie is von einem Redner vor mir schon ange- deutet worden. Jch gehe aber noch weiter, Der Herr Abgeordnete der Städte der Rhein-Provinz hat nämlich gesagt, daß auf die Fälle der Zuwiderhandlungen von Geistlichen eine \o empsindlihe Strafe geseßt werden könnte, daß dieselbe ausreihend s{chüße. Der Redner aus der \{lesischen Ritterschaft, Herr Geheimer Rath Steinbeck, aber hat geäußert, daß, wenn ein Geistlicher in seinen staatlihen Functionen den Staat verleßt, der Staat sie ihm entziehen fönne. Jn diesem Punkte nun gehe ih weiter. Nicht blos in seinen staatlihen Functionen, sondern, wenn ein Geistlicher über= haupt den Staat in amtlihen Functionen verleßt, hat der Staat das Recht, demselben seine auf den Staat bezüglichen Functionen zu entziehen, und, wie ih glaube, durch deren A A an einen Anderen. Wenn diese Trennung aber ausführbar it, 10 Yar meiner Meinung nah der Abgeordnete aus Westfalen den Weg angedeutet, nämlich den der Vereinbarung des Staates mit den geistlihen Be=- hörden, welche diese Begränzung zu Wege bringen könnte. Es ist chon hervorgehoben worden, daß dies zweifelhaft sei, ih muß aber einem geehrten Redner noch in einem Punkte widersprehen. Der Herr Minister der geistlichen Angelegenheiten hat nämlich selbst gesagt, daß die Gränze des Kirchenhoheitsrechts sehr verschieden interpretirt worden ist, und daß diese Konflikte nicht leiht eine genaue Bestimmung möglich machen. Deshalb halte ih den Antrag auf eine genaue P D iten i nicht für unterstüßbar. Mein Antrag geht da- hin, die geistlichen und staatlichen Functionen möglichst zu trennen dur Vereinbarung mit den geistlihen Oberen und der Kirche, wie dem Staate, ihre Rechte zu laffen, dem lebteren also das, dem Geist- lichen die staatlihen Functionen zu entziehen, mit Vorbehalt dessen, was ihm die Kirche übertragen hat. Der wichtigste Punkt aber ist wohl die Macht der Rede, und dieser läßt offenbar die erheblichsten Zweifel; für diesen aber dürfte entweder die Strafe des §. 148 ge- nügen oder eine stärkere Strafe ausgesprochen und damit die geseh= widrige Rede unterdrückt werden.

Narschall : War es die Absicht des Abgeordneten, seinen Vor- {lag zum Gegenstande eine Fragestellung gemacht zu sehen?

Abgeordn, Dittrich: Jh beantrage das, Durchlaucht.

Marschall: Dann wäre zu ermitteln, ob ver Antrag die er- forderlihe Unterstüßung findet,; der Vorschlag geht qo, eine Prä= zisirung vorzunehmen, aber nicht eine Vorlage darüber zu machen, sondern den Vorschlag der Regierung anheim zu geben, welhe nah Anhörung des firchlizhen Oberen eine solhe Präzisirung ...-.-

Abgeordu. Dittrich: Eine Bestimmung über die Trennung der staatlichen und ren Functionen und zwar erst nah Vereinbarung mit den geistlichen Oberen ergehen zu lassen, Ges

Marschall : Die Versammlung würde darüber ein Urtheil nicht abgeben fönnen.

Abgeordn, Dittrih: Jh befinde mih auch in diesem Falle, weil die Frage nicht ausreichend vorbereitet ist.

Marschall: Es fragt si, ob der Antrag die erforderlihe Un- terstüßung findet.

(Es erheben sich niht genug Mitglieder.)

Er hat sie nicht gefunden.

Fürst Boguslaw Radziwill : Die Gründe für und wider die in Rede stehenden Paragraphen sind von den verschiedensten Stand-

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unkten aus so beredt und ausführlih erörtert wordet, daß ih die hohe Versammlung nicht durch Wiederholungen ermüden will. Jh“ fann kurz anführen, daß ich den Ansichten des ersten verehrten Red- ners aus Westfalen und dem, was mein Bruder gesagt, aus voller Seele beistimme. Dabei sei es mir erlaubt, auf einen Punkt der Rede des Herrn Ministers der geistlichen T N L zurüdckzu- fommen, um darüber etwas zu äußern. Der Herr Minister der geistlichen Angelegenheiten sagte in seiner Rede und gerade bei dem wichtigsten Punkte, da, wo er die Hoheitsrehte berührte, daß wir bei der Beurtheilung der jebtgen Vorlage es niht aus den Augen lassen sollten, daß bei unserem hohherzigen Könige ein Uebergreifen in das Gebiet der Kirche nicht zu besorgen wäre. Jh stimme hierin dem Herrn Minister aus voller Seele bei. Mir und uns Allen is, Gott sei Dank, der hohe, reine Wille unseres hohherzigen Königs bekannt. Er hat ihn in den 8 Jahren seiner Regierung bei allen Gelegenheiten auf so s{öne Weise bekundet, daß wir mit vollem Vertrauen in dieser Hinsicht auf ihn bauen fönnen. Der Herr Mi- nister erwähnte jedoch auch in seiner Rede, als er sich so anerken- nend über unsere jeßigen fatholishen Bischöfe aussprach, und bekun- dete, daß diese auch nicht die geringste Veranlassung zu der Voraus- seßung gegeben hätten, daß sie sich Ucbergriffe erlauben könnten, und seßte hinzu, an die Personen könne man sich jedoch nicht halten, denn diese gingen vorüber, während das Geseh bliebe. Das nehme ich aber auch hierbei in Anuspruch: Das jeßige Gouver= nement is nur vorübergehend, während dieses Strafrecht vielleicht Jahrhunderte bestchen wird und wir niht vorauszusehen vermögen, în welcher Weise eins das Hoheitsrecht geübt, wie tief in die Frei- heit der Kirche eingreifende Anordnungen darauf gegründet und Geistliche, die sich ihnen mit Recht widerseßen, nach diesen Paragra- phen straffällig werden; ih stimme daher gegen sämmtliche Para- graphen. . Abgeordn. von Auerswald: Da der ursprünglihe Entwurf vou der Regierung aufgegeben und von Niemanden vertheidigt worden ist, so kann es sich nur um das Amendement der Abtheilung und den neuen Vorschlag der Regierung handeln. Jch stimme entschieden für den Vorschlag der Abtheilung, den ih in einigen Punkten we=- sentlich verschieden von dem Vorschlage der Regierung erachte, und zwar in der vom Vo1sißenden zuleßt vorgeschlagenen Weise. Ueber die Sache selbst enthalte ih mich des Worts, indem ih mich auf das beziehe, was der Vorsißende der Abtheilung gesagt hat. Jn Be- ziehung aber auf die von demselben nun vorgeschlagene Aenderung muß ih mir ein paar Worte erlauben. Der Abgeordnete der preußi- hen Ritterschaft, der gegen den Vorschlag der Abtheilung sprach, richtete an den Vorsibenden derselben die Frage : : i „Wo denn die geseßlichen Bestimmungen zu finden wären, welche das Verhältniß der Kirche zum Staat regeln #" S Es sind ihm darauf dergleichen bezeihnet, und wenn hierauf wieder eingewendet wurde, daß die Bulle de salute animarum fei- nesweges alle in Frage stehenden Verhältnisse berühre, so ist zu ent- gegnen, wie dieser Umstand den fatholishen Geistlichen hier nur zu Gute kommen kann. Denn nur da, wo das Geseb spricht, kann es iibertreten werden, und andere Fälle, die vom Geseb noh nicht vor= gesehen worden sind, können für den Geistlihen nicht die Folgen nah \ih ziehen, mit welchen die vorgeschlagene Bestimmung des Straf= rets ihn bedroht. Es scheint mir daher für die katholishen Geist- lichen gar nichts Bedenkliches darin zu liegen, viel eher für die evangelischen, da es unserer Kirche an einer geseßlichen Kircheu-Drd= nung mangelt. Aber auch hier hätte die beantragte Bestimmung den Vortheil, daß sie der Regierung unumgänglih Veranlassung geben muß, eine solche herbeizuführen, da sonst die Festseßung des Straf= rets ohne Folge bleibt. Jch bin aber weit entfernt, in dieser Be- ziehung die Ansicht des geehrten Abgeordneten der \hlesishen Ritter= haft zu theilen, welcher hofft, eine solhe Kirhen - Ordnung werde von des Königs Majestät mit Zuziehung seiner Behörden erlassen werden. Dies kann aber, meiner Ueberzeugung nah, ohne Zuziehung oder Vertretung der kirhengemeindlichen Organe, ohne vorangegangene Bildung einer kirhengemeindlihen Verfassung nicht geschehen, und die evangelische Kirche könnte eine andere Art und Weise nie anerkennen, Jch gestatte mir nun noch ein Wort in Bezug auf die Aufforderung des durchlauchtigen Redners, der uns, seine evangelischen Brüder, #o

eindringlih aufforderte, zur Erhaltung der Eintracht sih seinen Wün= \hen anzuschließen. Es kann gewiß Niemand in dieser Versammlung von dem Wunsche, daß diese Eintracht erhalten und immer tiefer be- gründet werde, mehr durhdrungen sein, als ih, auch glaube ich, daß hierüber nur ein Gefühl in der hohen Versammlung herrscht. (Lebhafte Zustimmung in allen Theilen des Saals.)

Es handelt sich hier aber nicht darum, daß unseren fatholishen Glau- bensbrüdern diese Bestimmungen aufgedrungen werden sollen, sondern darum, sich zu vereinbaren und Maßnahmen behufs des Friedens und der Eintracht für die Zukunft zu treffen. Es sind zu diesem Zwecke von der Regierung sowohl (ls von evangelischer Seite her aus dem Schoß der Versammlung Vorschläge gemacht worden; wir erwarten sie aber noch von denjenigen verehrten Mitgliedern, welche jene verworfen haben. Wenn keine Vorschläge vou dieser Seite gé= naht worden sind, so könnte man daraus schließen, daß entweder der Zustand gut oder, wenn nicht gut, unverbesserlich fei. Das Lebtere ist etwas, was, ih bitte um Entschuldigung für den Ausdruck er soll nur meine Meinung in ein helleres Licht schen was ein den= fender Mensch nicht annehmen fann. Wenn man aber sagen wollte, der Zustand i} au sih gut, so würde dies eine starke Wiberlegung finden in dem, was der verehrte Reduer selbst angeführt hat. Wenn sich darauf bezogen worden ist, daß frühere störende Verhältnisse nur dur die hohe Persönlichkeit des Königs beseitigt worden seien, wenn der Redner ausdrücklih es aussprach, daß in Bezug hierauf und die Persönlichkeit der gegenwärtigen Räthe er auch in Betre} mancher anderen Bedenken sich beruhigen könne, so erklärte er damit eben \o ausdrülih, daß die Persönlichkeiten, nicht die geordneten Verhält= nisse, nicht die Lage der Geseßgebung es sind, die ihm Garantieen gewähren, lehtere also nicht sind, wie sie sein sollten, Wenn dies aber der Fall is und er selbst es ausgesprochen hat, daß die Zu=- stände nicht sind, wie sie sein sollten, so glaube ih, muß man dar- aus schließen, daß Hand ans Werk zu legen sei. Dies nun ist in den Vorschlägen der Regierung und von denen beabsichtigt, die die- selben zu verbessern gesucht haben. Es wäre zu wünschen, daß auch von der anderen Seite Hand ans Werk gelegt würde. Dies ist es, was ih dem geehrten Redner auf seinen, von uns Allen lebhaft em= pfundenen Anruf zu entgegnen habe. .

Fürst Wilhelm Radziwill : Nur ein paar Worte als Entgeg- nung dem geehrten Redner aus der preußischen Ritterschaft, dem ich in dem, was er von der Erhaltung eines so _wünschenswerthen guten Einvernehmens zwischen den verschiedenen Konfessionen in unserem Vaterlande gesagt, gern zustimme. L ; .

1) Die Kompetenz, Vorschläge zu machen, können wir Katholiken uns hier nicht zusprehen. Wir find in Bezug auf die kirchlichen An- gelegenheiten an das Urtheil unserer Kirche gewiesen, die Vorstellun- gen, welche unsere Bischöse bei der hohen es eingereiht, sind uns nicht bekannt geworden, wir können uns folglich nicht dem aus- seben, mit ihnen in Widerspru zu treten. Wir haben hier nur die Mission, das zu beurtheilen, was die Nd en und die Abtheilung uns vorgeschlagen haben, Ueber Beides aben wir Gelegenheit ge=

habt, sowohl ernstlich nachzudenken, als auch uns kompetente Urtheile zu holen, um unsere Meinung im Gewissen zu rechtfertigen. Diese Urtheile haben uns belehrt, daß diese Vorschläge nicht der Art sind, daß wir sie sowohl für die Rechte unserer Kirche, als auch für die Staatszwecke, welche sie sich vorseben, für wünschenswerth halten könn=- ten. 2) Die Persönlichkeiten, die jebt über die Verhältnisse zwischen Kirche und Staat walten, stehen in unserem Vertrauen so hoh , daß wir sogar den bestehenden Zustand in ihren Händen ohne Besorgniß ansehen. Daraus folgt aber uicht, daß, wenn ein neues Geseß uns vorgeschlagen wird, wir sagen könnten, es is gut, weil es in ihrer Hand ist, sondern wir müssen die Ueberzeugung haben, daß es von der Art i, daß es in jedweden Händen Uebergrisfen und Gefahren begegnen fann und muß, die der Stellung der fatholishen Kirche in den preußishen Staaten daraus erwachsen könnten, Das sind die Beziehungen, in denen ich gesprochen habe.

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius: Es i} ein An- rif gegen die Ansicht gerichtet gewesen, daß nicht ein ganzer Titel, Vibern alle einzelnen Paragraphen desselben zu streichen seien, weil fein neuer Vorschlag über dasjenige gemacht, was an die Stelle des- selben treten solle; es ging aber diese Ansicht gerade dahin , daß nihts an die Stelle treten möge. Diese Ansicht habe ih zu ver- theidigen, Wir sind, glaube ih, bestimmt genug in der Bestimmung dessen, was wir sür das Rechte erkennen. Die Frage ist: Giebt es einen Weg, um in der Strafgeseßgebung die Konflikte der Kirche mit dem Staate zu lösen? Diese Frage haben wir verneint, weil der Weg der Strafgeseßgebung der verkehrte sei, indem ein anderer exi- stirt, und das ijt der Weg des Einverständnisses zwischen dem Staate und der Kirhe. Es würde aber zu viel verlangt sein, daß wir hier Mittel und Wege angeben sollten; nur das ist con uns zu verlan- en, daß wir uns über die Frage äußern: soll ein Einverständniß ge- thaffen werden etwa dadurch, daß man ein Kompromiß, ein Stiedsgericht einseße , welche aussprechen , ob ein Mißbrauch der Amtsgewalt vorhanden sei oder nicht, oder ein Gesebß spezialisirt, welches die Fälle bezeihnet , wo der Uebergriff existirt. Das sind Fragen, welche die vershiedenen Interessen zu tief berühren, als daß sie hier ihre Lösung finden könnten, und deshalb habe ich es auch für zweckmäßig gehalten , sie hier anzuregen. Denn was hilft die Debatte, wenn man voraussieht, daß sie nicht zum Ziele führt?

Abgeordn. von Werdeck: Jh fann den beiden geehrten Red nern, die vor mir gespro(en haben, ungeachtet ih sonst mit dem Er- sten von ihnen vielfach iibereinstimme, nicht beistimmen, Jch bin der Meinung, daß die Abtheilung sich nicht in der Lage befunden habe, daß sie näherer Vorschläge sih hätte enthalten müssen. Ss handelt sih, wie hon ein geehrter Redner vor mir gesagt hat, darum, auf dem Gebiete des Staates die Uebergriffe zurückzuweisen, die wir als solhe seitens der Kirchengewalt erkennen müssen. Ich glaube, daß wir vollständig in der Lage uns befunden haben, hierüber unser Sen= timent abzugeben, und ih halte den hierauf bezüglichen Vorwurf eines geehrten Mitgliedes mir zur Linken für völlig begründet. Ich sehe mih gedrungen, aus dem protestantischen Gesichtspunkte meine Ansichten darzulegen, wenn die Sache au an sich, seit 1h mich zum Worte gemeldet, größtentheils ershöpft is und ih mich einverstanden mit dem Gutachten der Abtheilung erkläre. Jch will nur hinzufügen, daß, wenn mit begeisterten Worten von einem von mir sehr geehrten Mitgliede aus der Rhein =- Provinz die Anhänglichkeit an den vâter- lihen Glauben, an die römisch-katholische Kirche ausgesprochen ist, au bei mir, ja bei Allen Anhängern der evangelischen Kirche, feine mindere Ergebenheit an die unsrige vorwaltet,

Mit eben so großer Begeisterung erinnern wir uns daran, daß unsere Väter nicht nur ihr Blut, sondern ihr Gut, all" ihre Habe ihrem Glauben geopfert haben, aber eben deshalb, weil ih ernstlich wünsche, daß jener Zustand der Gemeinhärte nie wiederkehre, daß die Parität der Konfessionen in unserem Vaterlande eine Wahrheit werde, daß der westfälische Friede nicht blos auf dem Papiere geschlossen bleibe, sondern daß der Geist, in welhem er geschlossen ist, alle Ver= hältnisse durchdringe, hoffe ih, daß die Versammlung das Amende- ment der Abtheilung annehme. Jch wünsche, daß die Staatsgewalt nicht Oberherrin ei über die verschiedenen Kirchen, aber in ihrem Gebiete die Konflikte derselben zu verhüten im Stande sei. Das Mittel dazu finde ih in dem Amendement, welches uns der Vor- sißende der Abtheilung vorgeschlagen hat, vollständig, und ih schließe mich daher, weil ich weder eine Cäsariopapie will, noch Konflikte zwischen den Kirchen, demselben vollständig an.

Abgeordn. Zzüffer: Ich muß mi aus voller Ueberzeugung deint= jenigen anschließen, welhe den ganzen 27sten Titel, die Amendements der Abtheilung, so wie die O vorgeschlagenen Paragraphen der Regierung zurüickweisen. Die Gründe für diese Ueberzeugung sind so\vielfältig und, deutlih und \{chön ausgesprochen worden, daß es mir niht möglich wäre, etwas hinzuzufügen. Wenn ih auf Einzelnheiten eingehen wollte, würde ih dem Redner, der so eben gesprochen hat, hinsichtlich des Abtheilungs-Gutachtens die Bemerkung entgegenstellen missen, daß es selbst mit der Verbesserung, die der Vorsiyende der Abtheilung vorgeschlagen hat, die Sache doch im katholischen Sinne in keinem Falle genügend erledigt wäre, indem ih von meinem Stand=- punkte aus unter keinem Bedinge der weltlichen Macht das Recht zu= gestehen kaun, einen fatholischen Geistlichen seines Amtes unfähig zu erflären. Das Amt hat der Staat ihm nicht gegeben, das Amt fann er ihm also niht nehmen und eben so wenig die Fähigkeit zu diesem Amte. Es beruht auf einem vollständigen Mißverständnisse und Ver- kennung der katholischen Kirche und ihres Kultus, wenn eme solche Ansicht Glauben findet. Die Bemerkungen, die vom Herrn Kultus- Minister zu Gunsteu der Vorschläge der Regierung gemacht worden, sind ebenfalls schon früher hinreihend widerlegt, und wenn derselbe bei Bezeichnung dessen, was unter Hoheitsreten verstanden werde, die Gefahren hervorhob, welche in einzelnen Fällen stattfinden können, namentlih bei dem état civil, wenn ein Geistlicher, der sih eines {weren Verbrechens t gemacht hätte, in dem Falle sein könnte, solche Staats-Aemter als Civil-Beamter nicht mehr bekleiden zu dür= fen, so liegt es ja in der Hand der Regierung, mit Einem Schlage das zu ordnen, indem sie, wie es in der Rhein - Provinz geschieht, den état civil proklamirt, ihn in die Hand des Bürgermeisters legt und auf diese Weise das Civil-Amt vom geistlichen Amte total sei- det. Wenn sie dies thut, wird sie außerordentlich viel Konflikte zwi- hen den verschiedenen dissidirenden Sekten vermeiden können, gerade diese Einrichtung wird Friede und Ruhe bei dea vielen religiösen Wirren unserer Tage hervorbringen oder den Anlaß dazu verringern. Jch stimme also gegen die Jdeen der Regierung und gegen das von der Abtheilung gestellte Amendement. L :

Abgeordn. Freiherr von Gaffron : Eben weil auch ih fest am Glauben meiner Väter hänge, fest an den Lehren der protestantischen Kirche und sie mir heilig sind, deswegen sind mir auch die Glaubens- Lehren unserer katholischen Brüder heilig. Niemand wünscht mehr als ich, die Einigkeit unter uns, Niemand findet es nothwendiger als ih, daß alle Bürger des preußischen Staates, ohne Rücksicht auf ihren Glauben, Hand in Hand einem Ziele entgegengehen, Ich habe oft in meinem Leben Beweise dafür geliefert, wie hoch ih die Glaubensfreiheit in allen Fällen {äße und achte, und wie fehr ih dem tadelnd entgegentreten würde, wenn die Regierung der Glau= bensfreiheit hemmend ent egenwirkte; was dem einen Kultus billig und recht ist, is es auch dem anderen, Aber eben so wie ih alle

Uebergriffe des Staates in das innerste Wesen der Kirche als unstatt=- haft betrachte, eben o vindizire ih auch dieses Reht dem Staate. Jch glaube, daß die Kirche auch nicht in das Gebiet des Staates eingreifen dürfe, und das sind die Fälle, von denen hier die Rede s, Wenn aber gesagt worden ist, der Geistliche, insofern er das Geseß verlebt, verfalle ihm als Staatsbürger, so is das nicht zutreffend in den hier beregten Fállen, denn er verleßt die Geseße als Geist- licher und nicht als Staatsbürger, und wenn dies so ist, so muß eine Bestimmung vorhanden sein, die diesen Fall vorsieht, damit nicht die nothwendige Einheit und Kraft des Staates dadurch gefährdet und gebrochen werde. Jch kann mi daher dem, was der geehrte Vorstßende der Abtheilung und der Abgeordnete der Ritterschaft aus Preußen, welcher, gleih mir, Mitglied der Abtheilung is}, ausgespro= hen haben, aus voller Seele anschließen. Ih hoffe und glaube, daß, wenn von unserer Seite diese Aeußerungen freimüthig und offen gethan werden, von der anderen Seite nicht geglaubt wird, daß wir die Absicht haben, die Eintracht der Konfessionen zu stören, ja ih glaube fest, daß durch den Vorschlag der Abtheilung, insofern die Geseße redlih und mit Vorsicht ausgeübt werden, wie wir vom reußischen Staate voraussebßen dürfen, indirekt diese Eintraht nur befördert werden kann, indem dadurch gegenseitige Verleßungen durch

einzelne Judividuen beseitigt werden. i

Abgeordn. Frhr. von Gudenau: Nur ein paar Worte will ich mir über das Amendement des Vorsißenden der Abtheilung zu fagen erlauben. Als einen Gegenstand von untergeordneter Wichtigkeit muß ich mir anzuführen erlauben, daß es mir auffällt, wie dem Amende-= ment in der Meinung beigetreten werden kann, daß Beleidigung und

Stiftung von Haß und Feindschaft für das erste Mal mit dreijähri= ger Strafarbeit und für den Rückfall noch strenger, wie der §. 148 des Entwurfs bestimmt, niht hart genug bestraft sei. J glaube, daß die geseßlichen Strafen hinreichen, ohne zur Amtsentsebung zu \chreiten. Dies möchte ih nur nebenher sagen. Der verehrte Vor= sißende der Abtheilung hat aber das Amendement gestellt in Bezug auf solche Geistliche, „die den Geseßen über die Verhältnisse ihrer Kirche zum Staate entgegenhandeln““, und gleich darauf hat der ver= ehrte Antragsteller das Wort genommen und gesprochen über die Bulle de salute animarum, Wenn der Antragsteller der Meinung is, daß nur solhe Geseße hier gemeint seien, welhe vom Staate im Ein= vernehmen mit dem Oberhaupte der katholischen Kirche in Betreff dieser Kirche gegeben worden sind, dann muß ih sagen, würde nichts dagegen zu erinnern sein, aber das verehrte Mitglied kfann das nicht gemeint haben, Hier heißt es: „die den Geseben, welche über das Verhältniß zum Staate bestehen, zuwidergehandelt haben‘; is also ein solhes Geseß gegeben, so gilt auch die Bestimmung des Amen- dements für alle zukünftigen Fälle; die Geseße giebt aber der Staat ohne Zuziehung der Kirche, und also hat der Staat, wenn er ohne Zuziehung der Kirche Gesebße giebt, die über das Verhältniß der Kirche verfügen sollen, und wenn er dann diejenigen als Verbrecher straft, die sie übertreten, alle Macht und alles Recht, und dann weiß ih nicht, warum man die Rechte der katholischen Kirche mit den hei- ligsten Zusicherungen garantirt bat, D. in der Bundes - Akte. Wenn der Staat einseitig alle seine Verhältnisse zu der Kirche regu- liren kann, so hat die Kirche selbst gar keine Rechte mehr, und also kann ih dem Amendement unmöglich beitreten.

__ Staats-Minister Eichhorn : Von mehreren geehrten Rednern ist die Unbestimmtheit des Vorschlages: „Beharrlicher Widerstand gegen die Anordnungen der Kirchenhoheit‘/, ganz besonders hervorgehoben worden, Man hat darauf hingewiesen, daß jedes Strafgeseb be- stimmt angeben müsse, worin das Vergehen bestehe, was bestraft werden s\ollz ein unbestimmtes Vergehen kann nicht mit einer bestimm- ten Strafe in Verbindung gebracht werden. Jch habe mir schon vorhin erlaubt, darauf aufmerksam zu machen, daß da, wo es sich um beharrlihen Widerstand gegen Anordnungen der Kirchenhoheit handelt, von einer eigentlihen Strafe nicht die Rede sein solle, son= dern es soll nur der Staatsgewalt möglich gemacht werden, den Wi- derstand zu überwinden, den sie in Behauptung ihrer Befugnisse fin= det, Diese Ueberwindung habe sich darin fundzugeben, daß, wenn be harrliher Widerstand erfolgt, der, welcher ihn ausübt, unfähig ge- macht werde, ihn fortzuseßen oder ferner zu üben. Tritt dieser Fall ein, so is die Unfähigmachung für den Geistlichen ein Uebel, und er kann sie nur als ein \solhes empfinden. Eben deshalb, weil sie ein Uebel ist, will abe der Staat sie nicht von vorn herein administra= tiv verfügen, sondern er will den Ausspruch über die Zulässig= feit dem Richter überlassen. Mehrere geehrte Redner warfen sodann die Frage auf, was is unter landesherrlichen Anordnungen gemeint ? Die Anordnungen, um die es sich handelt, sind alle bestimmt; sie sind vom Landesherrn ausgegangenz nicht eine Behörde, ein Landrath, eine Provinzial - Regierung vder ein Minister kann folche Anordnun- gen aufstellen. Es sind Anordnungen, die der König selbst in der Sphäre des Staatsgebietes zu treffen für nöthig gefunden. Weil diese Anordnungen, wie ein Redner bereits bemerkt hat, fluftuirend sind, fommen und gehen, wie die Nothwendigkeit sie von der Staatsgewalt fordert, so liegt darin die Schwierigkeit einer festen Bezeichnung und Aufzählung. “Man wird nun sagen, es gehöre daher die ganze betreffende Bestimmung auch nicht in das Strafrecht, allenfalls gehöre sie, wie ein geehrter Redner bemerkt, in eine Kirchen ordnung. Jn einer solchen fönnen aber nur Dinge, welche die Kirche in ihren inneren Verhältnissen angehen, nicht die Verhältnisse derselben zum Staate ihre Stelle finden. Wenn die Sache also niht hier im Zusammenhange des vorliegenden Geseb- Entwurfes erledigt würde, so müßte ein Spezial=- Geseh gegeben E immer wieder, weil es Entfernung vom Amte ausspricht und diese immer nur als ei wer die Natur eines Strafgeseves O empfunden werden kann, Ein geehrter Redner hat darauf hingewiesen, es sei leicht aus jeder Verlegenheit zu kommen, man nehme nur die Civilstands - Re= gister den Geistlihen ab. Eine solhe Maßregel würde jedo \o tief greifen, daß wohl hier in diesem Zusammenhange der Gegenstand niht in Erörterung gezogen werden kann. Es ist von dem geehrten Redner noch hinzugefügt worden, wenn die Trennung der staatlichen Befugnisse von den ausschließlich firchlichen in dem Amte des Geist lihen vorgenommen werden sollte, so dürfe der Staat dies nicht ein- seitig thun, sondern er habe sich zuvor mit den Kirchen =- Oberen zu verständigen. Hierzu bemerke ich, daß ein fortgeseßter Verkehr zwi- schen der Staats = Behörde und den Kirchen - Oberen in allen den Staat berührenden Fragen die wirkliche Praxis bildet. Die Staats= Behörde muthet aber der Kirhen-Behörde nie zu, in kirhlihen Prin=- zipien ihre Konzessionen zu machen, Es is vorhin gesagt worden namentlih in Bezug auf die katholische Kirche, sle hätte cine große innere Konsequenzz eben weil sie so konsequent is, muthet der Staat ihr nicht zu, ausdrüliche Zugeständnisse in Bezug auf Prinzipien zu machen, die sie nit in der Lage ist, zu gewähren. Wohl aber ge- staltet sich die Sache so: Wenn der Staat in seiner Sphäre bleibt und von seinem Standpunkte aus gewisse Anordnungen nothwendig Lpdeh, so sind die Kirchen-Oberen in der Regel so weise, daß sie die V welche den Staat drängt, stillshweigend anerkennen Sant eruhigen, wenn er der Nothwendigkeit Folge giebt, Diese

ungsweise der Kirchen-Oberen is ihnen sogar von dem Ober=

haupte der Kirche vorgezeihnet, es wird ihnen von dort her au

prudentia empfohlen, Das is der Weg, der allein in Aussicht zu

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nehmen ist. Dagegen eine wirkliche Ausscheidung der staatli - fugnisse von der ganzen Amtssphäre der Geistlichen nt e dis drülihe Verständigung über diese Abgränzung mit Kirchen - Oberen erscheint als eine Unmöglichkeit; ein diesfälliger Versuch würde zu nichts führen, könnte im Gegentheil nur störende Erörterungen her- vorrufen.

(Eine Stimme halblaut: Abstimmung!)

Ybgeordn. Graf von Schwerin: Jh habe zunächst zu erklä- ren, daß die Entwicelung, die der Herr Minister eben gemacht hat nit die Erwägungen gewesen sind, welche die Abtheilung bestimmt haben, Wir haben einen ganz bestimmten Unterschied gemacht und angenommen, nicht daß es der König vermöge des Hoheitsrechts ist der es ausspricht, sondern die bestehende Gesehgebung is es, auf welche besonders gefußt wird, und nun erwiedere ih de verehmr- ten Abgeordneten aus der Ritterschaft des Rheinlandes, daß das eben der Unterschied is, auf den es hier ankommt, Das Geseb de salute animarum ifst Ie insofern es das einzige Geseß ist, welches die Verhältnisse der katholischen Kirche zum Staate regulirt, dasjenige, was ih meinte. Wie die Geseße zu Stande kommen dürfen, gehört nicht in das Strafrecht, sondern in das Staatsrecht. Dies in Bezug der verschiedenen Kirhen im Strafrecht reguliren zu wollen, würde durchaus unreht sein; aber das gehört in das Straf- recht, und das is es auch, was die Abtheilung will, daß, insofern und insoweit das Gesebß besteht , der Staat allein das Recht haben muß, es zu handhaben und auh einen Geistlihen für eine Uebertre- tung desselben zu bestrafen, mit dieser Strafe, wie er bei den Beam- ten so weit geht, zu sagen: wenn du dieses Verbrechen begehst, mußt du deine Stelle verlieren, auch bei den Geistlichen so weit gehen zu Föunen, daß er sagt: wenn du das Geseb verleßest, darfst du innerhalb des Landes das geistlihe Amt niht mehr ausüben, Das war die Mei- nung der Abtheilung.

(Bravoruf.)

__ Abgeordn, Steinbeck: Zuvörderst eine persönlihe Bemerkung, die sih bezieht auf dasjenige, was der verehrte Vorsißende der Ab- theilung früher berührt hat. Er meinte, daß ih Unrecht gethan, indem ih von der Glaubensfreiheit gesprochen hätte, die hier berührt würde. Jch bemerke in dieser Beziehung, daß allerdings die Glau- bensfreiheit der fatholischen Kirche berührt wird; denn es handelt sich hier um einen Gegenstand, der zu den integrirenden Lehren der Kirche gehört, um das Sakrament der Priesterweihe, / /

(Einige Stimmen: Nein.) und was das geehrte Mitglied aus Westfalen, welhes die Debatte anhob, zuerst darüber angeführt hat, wird hinreihen, um dies dar- zuthun, Zweitens muß ih bemerken, daß das geehrte Mitglied aus Preußen mi mißverstanden, wean es glaubt, daß ih gemeint bin, Se. Majestät der König solle als summus episcopus unbedingt die Kirchen - Regulirung vornehmen, da doch für die evangelische Kirche das Repräsentations - System bestehe; sondern ih habe (da ih für dieje Kirche solhes System entschieden in Anspruch nehme) nur ge= meint: daß der Monarch als summus episcopus si an die Spihe Dis berufen sei. Nun wende ich mich zu dem, was der Herr

(inister der geistlichen Angelegenheiten vorgetragen. Er hat uns ein sehr klares und bestimmtes Bild der Kirchen - Politik gegebenz diese Kirchen-Politik ist es aber eben, die wir von der Kriminal-Verfassung ausgeschlossen sehen wollen. Wir wollen hier etwas ganz Bestimm= tes haben, und es is, wie der Herr Minister auseinandergeseßt hat, unmöglich, von dem Standpunkt der Kirchen-Politik aus etwas Be-= stimmtes zu geben, Sie is in dem unvermeidlihen Zustand steter öluctuation. Es is ferner früher in dem Vortrage des Herrn Mi- nisters bereits eine Aeußerung vorgekommen, ‘diè’ vorausseßen läßt, was von der Weisheit des Gouvernements auch zu erwarten steht: daß das Gouvernement von Seiteu der geistlihen Oberen der fatholishen Kirche Aeußerungen über den hier vorgetragenen Gegenstand vernommen hat. Mag es nun sein, daß diese Aeußerungen den Wünschen des Gouvernements vorange= gangen , daß das Gouvernement vielleicht nicht nöthig gehabt hat, jene Oberen erst zu befragen , sondern daß sie von freien Stüden diese Aeußerungen gegeben haben, so liegen ste doh jedenfalls jebt vor. Deshalb nun habe ih mich dem Antrage des verehrten Mit- gliedes aus Schlesien , welches eben seinen Platz verlassen hat , nicht angeschlossen, obgleich ih mit ihm in der Sache selbst ganz einver- standen bin. Nämlich “ich glaube, daß die Schritte, die erforderlich sind, um diesen Gegenstand, um den es sih handelt, in Bezug auf die fatholische Kirchen - Ordnung zur Erledigung zu bringen , sei= tens des Gouvernements bereits geschehen sind. Ob nur? aber in die Kirchen-Ordnung ih habe diesen Ausdruck gebraucht, doch besser und richtiger is der Ausdruck Kirchenrecht ob also die- ser Gegenstand in das Kirchenrecht oder in das Kriminalreht gehört, darüber noch zwei Worte. Wir haben eine bedeutende Anzahl Ge- sebe, die viel weniger wichtige Juteressen berühren, als das Kirchen- recht, und es sind neben den n@teriellen Bestimmungen für ihr Ver= legen Strafbestimmungen aufgestellt; das Kirchenrecht muß aber durchaus alle die Verhältnisse, um die es sih hier handelt, doch über kurz oder lang reguliren, und da sheint mir eben, daß an die Be- stimmung über die Verhältnisse sih auch die Strafbestimmung natur gemäß anschließt , und so wie jene Verhältnisse in Bezug auf die katholische Kirche nicht anders, als im Einverständnisse mit dem Ober=- haupte derselben regulirt werden können, werden dann auch die Straf- bestimmungen im Einverständniß mit diesem Oberhaupte sich leicht feststellen lassen. Was das Civilstandswesen betrifft, \o is allerdings seitens des Herrn Ministers geäußert worden, daß dieser Theil des Organismus unserer Verwaltung ein zu bedeutender und tiefgreifen- der sei, um sofort auf die Jdee einzugehen: durch Einführung einer abgesonderten Civilstands - Einrichtung alle Schwierigkeiten zu heben, um die es \\ch hier handelt, Dessenungeachtet dürfen wir wohl mit Sicherheit annehmen, daß dieser Gegenstand seitens des Gouverne- ments künftig verfolgt wird, da sich der Wunsch des Volkes , diese Einrichtung allgemein eingeführt zu sehen, vielfah ausgesprochen hat und alle Konfessionen in dieser Beziehung nur dasselbe Streben ha- ben, weil sie einsehen , daß eben diese Einrichtung allgemeine Bru= derliebe und Toleranz befördert und die Kirche in ihrer Freiheit fördert.

Abgeordn. Prüfer: Jh meinerseits gehöre zu denen, welche in der fraglichen Sache ein wirkliches Hoheitsreht anerkennen, und zwar ein Recht, eine Gewalt, welche aus den einzelnen Gewalten der be- stehenden Kirche ausfließt und in diesem Hoheitsrechte sich gewisser-

maßen centralisirt. Diese Centralisation halte ih aber zum Schuße des Staats, zum Frommen seiner Eingesessenen und besonders seiner einzelnen Konfessionen für unabweisbar nothwendig. Ohne mich hier auf weitere Deductionen einzulassen, weil deren hon genug voraus- gegangen sind, will ich hier nur bemerken, daß ih mich der vom ge- ehrten Redner der preußishen Ritterschaft, welher vorhin \prah, durhweg anschließe. Derselbe hob und, wie ich glaube, sehr richtig besonders zwei Momente hervor, welche bei unserer jeßigen Berathung vor= handen seien. Nämlich erstens, ob die Borlage, welche zuleßt von der Königl. Staats-Regierung gegeben worden i}, oder ob das Gutah=- ten der Abtheilung angenommen werden soll, Der Herr Minister der geistlihen Angelegenheiten hat uns die Versicherung gegeben, daß er selbst zwischen der Vorlage, welhe uns die Regierung gegeben, und zwischen dem Gutachten der Abtheilung nur eine außerordentlich

kleine Differenz finde, und ih glaube hierzu die Hoffnung aussprechen

zu können, daß diese Differenz sich gewiß ausgleihen und ein Einver- ständniß mit der hohen Versammlung sich ermöglichen lassen werde. In Bezug nun auf die OeE welche ich für die eine oder die andere Frage anzunehmen gedenke, so muß i, wie oben {hon ange= deutet, aussprechen, daß auch ih die Ansicht der Abtheilung theile, nur mit dem kleinen Vorbehalte, daß in dem Anfange des tien Pa- ragraphen, welcher in dem Abtheilungs-Gutachten unter dem §. 412 aufgenommen ist, eine kleine Aenderung vorgenommen wird. Es heißt nämlich hier: „Geistliche, welhe ihr geistlihes Amt benußen, um ge- gen die im Staate anerkannten Kirchen oder geduldeten Religions= Gesellschaften Haß und Feindschaft zu erregen u. st. w.“/; da finde ih do, daß diese Bezeichnung, „Haß und Feindschaft zu erre=- gen, eine ungeheuer Le und ausgedehnte genannt wer= den muß. Sie is zu relatio, als daß darunter niht das Allerärgste präsumirt werden könnte, und ih werde im Jn-

teresse der Geistlihen aller Konfessionen, und wenn man will, Relí=- gionen, den Antrag mir erlauben, daß der Eingang des §. 149 a.,

wie er im Vorschlage der Regierung mitgetheilt ist, hier an die Spiße

gestellt werde, weil er enthält, daß nur der Geistliche bestraft werden

kann, welcher {mäht oder verleumdet. Wenn diese Vorausseßung

nicht stattfindet, dürfte nah meinem Dafürhalten eine dergleichen Un=

tersuchung und Bestrafung nicht eintreten. Die Bezeichnung „Haß

und Feindschaft erregend““ möchte besten Willen und nihts weniger

als bösem Vorsaße doch vielleicht Jemanden in die Quere kommen

und dadurch in die unangenehmsten Verhältnisse gerathen kann.

Marschall: Es i zu ermitteln, ob der Vorschlag die erforder- liche Unterstüßung findet.

Abgeordn. von Auerswald: Darf ih an den Herrn Antrag- steller vorher noch die Frage richten, ob es seine Absicht ist, statt der Worte: „Haß und Feindschaft zu erregen“ die Worte zu seßen: „die Handlungen zu begehen, welhe im §. 148 mit Strafe bedroht sind“, oder ob er nur die Worte „Schmähung und Verleumdung“ hineinseßen will ?

Abgeordn. Prüfer: Ganz richtig, damit bin ich vollkommen ein- verstanden, insofern dadur eben auch die Worte: „Haß und Feind- chaft erregen“/ ausfallen.

Abgeordn. Camphausen:

(Nachdem der Abgeordn. Graf von Schwerin aufgerufen worden.) Jch habe {hon längst das Wort verlangt.

Marschall : Der Abgeordn. Camphausen is gerade jebt notirt, es handelt sich aber um die Frage, ob der eben gemachte Vorschlag Unterstüßung findet, und in Bezug hierauf hat der Abgeordnete Graf von Schwerin, als Vorsißender der Abtheilung, erflärt, daß er ihn unterstüße und seinen Vorschlag danach modifizirez das ist der Grund, warum er das Wort hat.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Das hat aber au Zeit, bis der Abgeordnete Camphausen sich geäußert haben wird, Jh lege feinen Werth darauf, jeßt gleih zu sprehen, und wenn der geehrte Abgeordnete einen Werth darauf legt, so stehe ih gecn zurü.

Abgeordn. Camphausen: Gar nicht.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch war der Meinung, es sei möglih, daß man ih vereinige mit dem Vorschlage des Abgeordneten, der eben gesprochen hat, und zwar in der Weise, daß im Eingange des Amendements der Abtheilung der §. 148 nah dem Regierungs-= vorshlage aufgenommen wird, so daß das Amendement etwa folgen- derweise lauten würde : „Geistlihe, welche in amtlihen Reden oder Erlassen sich der Handlungen schuldig machen, welche in §. 148 mit

Strafe bedroht sind, oder den Geseßen, die über das Verhältniß ihrer Kirhe zum Staate bestehen, beharrlich und wiederholt zuwiderhan- deln, können durch die Gerichte zur ferneren Ausübung geistlicher Handlungen innerhalb des Landes unfähig erklärt werden.

Abgeordn, Prüfer: Das is ganz in meinem Sinn.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch glaube, daß dem Sinne nah wesentlich dasselbe erreiht wird, was die Abtheilung erreichen wollte, und ich muß zugestehen, daß die Worte „Haß und Feind- saft erregen“ au unbestimmt sind und insofern durh den Vorschlag des Abgeordneten mehr das erreiht wird, was die Abtheilung wollte, alle Unbestimmtheit zu vermeiden. 5

Marschall: Es is also zu ermitteln, ob der Vorschlag die er- forderlihe Unterstüßung findet. i

(Wird unterstüßt.) Jh bitte, nun den Antrag zu fassen und mir zu übergeben, damit er zur. Abstimmung gebracht werden kann.

Abgeordn. Camphausen: Der Herr Minister is in seinem vor Kurzem vernommenen Vortrage auf die Vertheidigung des Sahes zurüdgekommen, den er im ersten Vortrage aufgestellt hatte, auf den Sat, daß die Entfernung eines Beamten nicht eine Strafe sei, son= dern daß sie nur darstelle das Ueberwinden eines Widerstandes, das Unfähigmachen, diesen Widerstand ferner zu leisten; in das Straf- recht habe sie gebraht werden müssen, weil sie immerhin ein Uebel sei, welches man auf administrativem Wege nicht füglich zufügen könne oder wolle. Jh bemerke, daß darin keiner der Punkte berührt ist, worüber wir heute uns zu streiten oder zu verständigen haben, Daß durch eine solhe Bestimmung der Staat den Widerstand, der ihm entgegengestellt wird, überwinden kann, ist niht zweifelhaft; ob er berechtigt sei, auf eine solhe Weise diesen Widerstand zu über- winden, das is die Frage. Ob man denjenigen, die den Widerstand geleistet haben, die Fortseßung unmöglih machen will, ist die andere Frage, die nicht gelöst is, und hinsichtlih deren die Meinungen sich entgegenstehen. Der Herr Minister hat aufgenommen, was ih über den Begriff der Hoheitsrechte gesagt hatte, und sich dem angeschlossen, daß dieser Begriff gewissermaßen einen Lebenslauf habe, daß er wachsen und sich ausdehnen könne. Während ih aber daraus die Folgerung gezogen hatte, daß deshalb in der Strafgeseßgebung genau bestimmt werden müsse, inwiefern man gegenwärtig gegen das Hoheitê- recht strafbare Handlungen begehen könne, zieht er die entgegengesebte Folgerung daraus, daß, weil durh das Wachsen dieses Begriffes nah einem Jahre oder nah fünf Jahren Etwas strafbar werden fönne, was heute nicht strafbar is, man deshalb heute eine Strafe androhen müsse. Diesem Saße widersprehe ich nohmals, wie id ihm früher widersprohen habe. Allerdings is uns angeführt wor=- den, daß man davon abgegangen sei, die Verfügung der Be- hörde als den Beweis des bestehenden Hoheitsrechtes und der Strafbarkeit der dagegen begangenen Handlungen anzuerfennen, daß der legte Vorschlag nur noch von Anordungen des Landes=- herrn handle: allein wir dürfen uns deshalb nit davon tren= nen, daß Staat und Kirche einander gegenüberstehen und gegen einander über stehen bleiben sollen, also möglicherweise, auch wenn der Landesherr die Ausdehnung der Rechte in Beziehung auf die Kirche in Anspruch nimmt. Ein verehrtes Mitglied, der Herr Vorsibende der Abtheilung, hat in seinem ersten Vortrage ein Wort ausgesprochen, welches Anklang in der Versammluug fanv z er sagte, dem Staate dürfe die Macht nit bestritten werden, gegenüber der Kirche zu sagen: Bis hierher und niht weiter. Dem stimme ih vollkommen beiz eine solhe Gewalt, eine solche Macht muß dem Staate zugestanden werden ; allein auh damit sind wir zur sung

niht gelangt; wir haben uns damit noch immer die Frage nicht beantwortet „, wieweit 2“ r K | dem Staate gegenüber zu sagen, bis hierher und nicht weiter,

Denn der Kirche muß ebenfalls zustehen,

(Einige Stimmen: Oh! von anderen Seiten: Bravo!)