1848 / 70 p. 8 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

unbeschränktes Recht der Steuer - Verwilligung und bei der Geseßgebung ein beschließendes Recht eingeräumt werde, auch ihre Verhandlungen öffentlich seien. Zur Wahl eines Landta s-Abgeord= neten berechtigt weder Vermögensbesiß, noch die Größe seiner Stéuêr= Entrichtung, sondern nur das Vertrauen seiner ihn erwählenden Mit= bürger; 12) Einführung eines auf Billigkeit und erechter Verthei= lung der Lasten beruhenden Steuergeseßes, unter Mitveratbung und Mitbeschließung der Landständez 13) unbedingte Reception des Groß= herzoglih hessishen Zehut- und Grundrenten-Ablösungsgeseßes von Í v _

Auf vorstehende Adresse erwiederte der Landgraf der unterzeih= neten Deputation mündlich, daß er die gestellten Anträge im Allge= meinen genehmige und noch eine \riftlihe Resolution erlassen werte. Das Amtsblatt vom 7. März enthält bereits - die Verordnungen in Bezug auf ein Geseh über Preßfreiheit, Amnestie für politische Vergehen, die Aufhebung der privilegirten Gerichtsstände, das Peti- tionsrecht und die Regulirung der privatrechtlichen Verhältnisse der Jsraeliten im Amte Homburg. t

L K L-e t G:

Paris, 5. März. Der Minister des Auswärtigen, Herr La=- martine, hat an die diplomatischen Agenten der französishen Re= publik folgendes Cirkular erlassen: i

Mui Héït? Sie kennen die Ereignisse von Paris, den Sieg des Bolfes, seinen Heldenmuth, seine Mäßigung, seine Beschwichtigung, die Wiederherstellung der Ruhe durch die Mitwirkung aller Bürger, wie wenn, in dieser Zwischenherrschaft der sichtbaren Gewalten, die allgemeine Ver- nunsft für sich allein die Regierung von Frankreich wäre.

5 Die französishe Revolution is in ihre definitive Periode eingetreten, Frankreich ist Republik; dic französische Republik bedarf der Anerkennung nicht, um zu existiren. Sie besteht durch natürlihes Recht, Sie ist der Wille eines großen Volkes, welches nur sich seine Berechtigung abverlangt, Da jedoch die französische Republik in die Familie der eingesezten Regie- rungen als eine geregelte Macht, und niht als ein die europäische Ruhe störendes Phänomen einzutreten wünscht, so is es angemessen, daß Sie der Regierung, bei welcher Sie akkreditirt sind, schleunig die Grundsäße und die Tendenzen kundmachen , welche fortan die äußere Politik der französischen Regierung bestimmen werden, i

_ Die Proklamirung der französischen Nepublik is durchaus kein An- griffsakt gegen irgend eine Negierungsform in der Welt, Die Regierungs- formen haben eben so legitime Verschiedenheiten, wie die Verschiedenheiten des Charakters, der geographischen Lage und der geistigen , sittliten und materiellen Entwickelung bei den Völfern. Die Nationen haben, wie die Jndividuen, verschiedene Alter, Die Grundsägze, welche sie regieren, haben auf einander folgende Phasen. Die monarchischen, aristokratischen, consti- tutionellen , republikanischen Regierungen sind der Ausdru dieser verschie- denen Stufen der Reife des Genius der Völker. Sie begehren mehr Frei- heit in dem Maße, wie sie sich fähig fühlen, mehr zu vertragen z sie ver- langen mehr Gleichheit und Volksherrschaft in dem Maße “wie sie von mehr Gerechtigkeit und Liebe für das Volk begeistert sind, ‘Dies ist eine Frage der Zeit, Ein Volk geht verloren, wenn es der Stunde dieser Reife vorgreift, wie es sich entehrt, wenn es sie unbenußt entweichen läßt, Die Monarchie und die Republik sind in den Augen wahrhafter Staatsmänner feine absoluten Grundsäge, welche sich guf den Tod bekämyfenz es sind Thatsachen , welche einen Gegensay bilden und Angesicht gegen Angesicht bestehen können, indem sie sich begreifen und sich achten, j ,

: De Krieg is also nicht der Grundsay der französishen Republik gleihwie er im Jahre 41792 ihre fatale und glorreiche Nothwendigkeit wurde, Nach einem halben Jahrhundert auf den Grundsay von 1792 oder auf den Eroberungsgrundsay des Kaiserreichs zurückehren, dies wäre fein Vorschreiten, es hieße in der Zeit rückwärts gehen. Die Revolution von gestern is ein Schritt vorwärts, nicht zurück, Die Welt und wir, wir wollen der Verbrüderung und dem Frieden entgegengehen.

Wenn die Lage der französischen Nepublik im Jahre 1792 den Krieg erklärte, so erflären die zwischen jenem Zeitraume unserer Geschichte und dem Zeitraume, worin wir leben, bestehenden Verschiedenheiten den Frieden, Suchen Sie diese Verschiedenheiten aufzufassen, um sie in ihrem Umkreise begreiflih zu machen.

Im Jahre 1792 war die Nation nicht eine einzige. Zwei Völker be-

standen auf dem nämlichen Boden. Ein schrelicher Kampf verlängerte sich noch zwischen den ihrer Vorrechte entseßten Klassen und zwischen den Klassen, welche Gleichheit und Freiheit erobert hatten. Die außer Besitz geseßten Klassen vereinten sich mit dem gefangenen Königthum und mit dem eifersüchtigen Auslande, um Frankreich seine Revolution abzuleugnen und um ihm die Monarchie, die Aristokratie und die Theofratie durch die Invasion wieder aufzulegen. Die Freiheit hat Alles frei gemacht. Die Gleichheit vor dem Geseßze hat Alles gleih gemacht, Die Verbrüderung, deren Anwendung wir verkünden und deren Wohlthaten die National - Ver- sammlung organisiren muß, wird Alles vereinigen. Es giebt keinen einzigen Bürger in Frankreich, welcher Meinung er auch angehöre, der sich niht um den Grundsay „das Vaterland vor Allem“ schaart, und der es nicht gerade durch diese Vereinigung allen Versuchen und Besorgnissen der Jnvasion unbezwingbar macht, Im Jahre 1792 war es nicht das gesammte Volk, welches in den Be- si seiner Regierung eingetreten war, es war blos die Mittel-Klasse, welche die Freiheit ausüben und dieselbe genießen wollte, Der Triumph der Mittel- Klasse war damals eigensüchtig, wie der Triumph jeder Oligarchie, Sie wollte die durh Alle errungenen Rechte für sich allein zurübehalten. Sie mußte, um dies zu bewirken, dem Regierungs-Antritte des Volkes eine starke Diversion machen, indem sie es auf die Schlachtfelder schleuderte, um es zu verhindern, in seine eigene Regierung einzutreten. Diese Diversion, es war der Krieg. Der Krieg war der Gedanke der Monarchisten und der Giron- distenz er war nicht der Gedanke der mehr vorgeschrittenen Demokraten, welt, wie tir, die aufrichtige, vollständige und regelmäßige Herrschaft des Volkes selbs wollten, indem sie unter diesem Namen alle Klassen, aus denen das Volk besteht, ohne Ausschließung und Bevorzugung verstanden.

Im Jahre 1792 war das Volk nur das Werkzeug der Revolution, es war nicht der Gegenstand derselben. Heute hat sich die Revolution durch das Volk und für dasselbe gemacht; es ist selbst die Revolution. Jndem es darin eintritt, bringt es seine neuen Bedürfnisse der Arbeit Ves, Gewerb- fleißes, des Unterrichts, des Ackerbaues, des Handels , der Sittlichkeit des Wohljeins,, des Eigenthums, des wohlfeilen Lebens, der Schifffahrt und ver Civilisation mít, welche sämmtlich Bedürfnisse des Friédèns find, Das Volk ist der Friede ; es is cin und dasselbe Wort, Ï

Jm Jahre 1792 waren die Jdeen von Frankreich und Europa nicht vorbereitet, die große Harmonie der Nationen zu begreifen und zur Wohl- that des menschlichen Geschlechts unter sich aufzunehmen, Der Gedanke des ablaufenden Jahrhunderts war nur in den Köpfen einiger Philosophen Heute is die Philosophie populair, Funfzig Jahre der Freiheit zu Keno, zu reden und zu schreiben, habeu ihr Ereigniß hervorgebracht. Die Bücher, die Journale, die Tribünen haben das Apoftolat der europäischen Vernunft bewirlt, Die Vernunft, übcrall herstrahlend, über die Gränzen der Völfer hingus, hat zwischen den Geistern diese große geistige Nationalität geschaf- fen, welche die Vollendung der französischen Revolution und die Errichtung der internationalen Verbrüderung auf dem Erdkreise sein wird. :

Kurz, im Jahre 1792 war die Freiheit eine Neuheik, die Gleichheit war ein Aergerniß, die Nepublik war eine Aufgabe. Das Anrecht der Völker, durch Fenelon, Montesquieu, Rousseau kaum entdeckt, war so schr vergessen, vergraben, durch die alten feudalen, dynastischen und priesterlichen Ucberlieferungen cntweiht, daß den Staatsmännern der alten Schule die rcchtmäßigste Einschreitung des Volkes in scinen Angelegenhciten eine Un- geheuerlihkeit bedünkte. Die Demokratie machte ugleih die Throne und die Grundlagen der Gesellschaft zittern. Heute iben sich die Thrône und die Völker an das Wort, an die Formen und än die regelmäßigen Agita- tionen der in verschiedenen Verhältnissen fast in allen Staaten ausgeübten Freiheit gewöhnt, Sie werden sich an die Republik gewöhnen , welche ihre vollständige Form bei den reiferen Nationen is, Sie werden anerkennen, daß es eine fonservirende Freiheit giebt; sie werden anerkennen, daß man in der Republik nicht blos eine bessere Ordnung, sondern daß man in dic-

ser Regierung Aller für Alle mchr wahrhafte Ordn ben k i der Regierung Einiger für bie MMIBE S A u l M

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Aber abgesehen von diesen uneigennügigen Betrachtungen sollte das alleinige Interesse der Befestigung und der Dauer der Republik schon den Staatzmännnern von Frankreich Fiedensgedanken einflößen. Nicht das Va- terland ist es, welches im Kriege die meiste Gefahr läuftz die Freiheit is es. Der Krieg is fast immer eine Diktatur. Die Soldaten vergessen die Institutionen über ven Männern, Der Ruhm blendet die Vaterlandsliebe. Der Zauber eines siegreichen Namens umschleiert das Attentat auf die National-Souverainetät, Die Republik will Ruhm, ohne Zweifel, aber sie will ihn für sich selbst und nicht für Câsare oder Napoleone.

Täuschen Sie Sich nichtsdestoweniger nicht. Diese Jdeen, welche die provísorische Regierung sie beauftragt, als Pfand der europäischen Sicher- heit den Mächten darzubieten , haben nicht zum Zwecke, der Republik für die Kühnheit, daß sie zu entstehen wagte, Verzeihung zu verschaffen, und noch weniger bezwecken sie, demüthig die Stelle eines großen Rechtes und eines großen Volkes in Europa zu verlangen. Sie haben einen edleren Zwe, den nämlich, die Souveraine und die Völker nachdenken zu machen, ihnen nicht zu gestatten, sich unfreiwillig über den Charafter unserer Revo- lution zu täuschen, dem Ereignisse sein wahres Licht und seine richtige Physiognomie und der Menschlichkeit Unterpfänder zu geben, bevor wir de- ren unseren Rechten und unserer Ehre geben, wenn sie mißkannt oder be- droht würden

Die französische Repubkik wird also den Krieg gegen Niemand beab- sichtigen. Sie hat nicht zu sagen nöthig, daß sie ihn annehmen wird, wenn man dem französischen Volfe Kriegsbedingungen stellt, Der Gedanke der Männer, welche in diesem Augenblicke Frankreich regieren, is folgender : Glüdlich Frankreich, wenn man ihm den Krieg erklärt, und wenn man es auf solche Weise zwingt, an Stärke und Ruhm, troß seiner Mäßigung, größer zu werden! Schrecfliche Verantwortlichkeit über Frankreich, wenn die Republik selbst den Krieg erklärt, ohne dazu herausgefordert zu sein! In dem ersteren Falle würden ihr friegerischer Geist, ihre Ungeduld, ihre während so vieler Friedensjahre angesammelte Kraft sie daheim unbesiegbar und. vielleicht jenseits ihrer Gränzen furchtbar machen, Jm zweiten Falle würde sie die Erinnerungen an ihre Eroberungen, welche die Nationalitäten abgeneigt machen, gegen sich wenden, und sie würde ihr erstes und ihr allge- meinstes Bündniß kompromittircn; den Geist der Völker und den Genius der Civilisation.

__ Nach diesen Grundsäßen, mein Herr, welhe die Grundsäge Franï- reichs bei kaltem Blute sind, Grundsäße, welcbe es ohne Furcht, wie ohne Troy seinen Freunden und seinen Feinden bieten kann, werden Sie wohl die folgenden Erklärungen sich einprägen wollen : : d Die Verträge von 1815 bestehen nicht mehr von Rechts wegen in den Augen der französischen Rep blik; die territorialen Umgränzungen dieser Verträge jedoth sind eine Thatsache, welche sie als Grundlage und als Aus- gangspunkt in ihren Beziehungen mit den anderen Mächten zuläßt.

Wenn aber die Verträge von 1815 nur noch als durch gemeinsame Uebereinstimmung abzuändernde Thatsachen existiren, und wenn die Repu- blif laut erflärt, baß sie das Recht und den Beruf hat, regelmäßig und friedlich zu diesen Abänderungen zu gelangen, so existiren der gesunde Ver- stand, die Mäßigung, das Gewissen und die Klugheit der Republik, und sind für Europa eine bessere und ehrenhaftere Garantie, als die Buchstaben dieser von ihm \o oft verlezten und abgeändertecu Verträge,

Suchen Sie, mein Herr, diese Emancipation der Republik von den Verträgen von 1815 begreiflich zu machen, ihre aufrichtige Zulassung zu bewirken und zu zeigen, daß diese Freimachung nichts mit der Nuhe von Europa Unverjöhnliches hat. j

So würde, wir sagen es laut, wenn die Stunde der Wiedergufrich- tung einiger in Europa oder anderswo unterdrücften Nationalitäten uns in den Verfügungen der Vorsehung geläutert zu haben schiene, wenn die

Schweiz, unsere treue Verbündete seit Franz 1., in der Bewegung des Wachsthums, welchen sie bei si bewerkstelligt, um dem Bunde der demo- kratishen Regierungen eine Kraft mehr zu leihen, beschränkt und bedroht wurde, wenn die unabhängigen Staaten Ztaliens angegrifsen würden, wenn man ihren inneren Umbildungen Gränzen oder Hindernisse auferlegen würde wenn man ihnen mit bewassneter Hand das Recht bestritte, sich zu verbün- den, um ein italienisches Vaterland zu befestigen die französische Repu- blik sich berechtigt glauben, selbst zu waffnen, um diese legitimen Bewegun- gei des Wachsthums und der Nationalität der Völker zu beschüyen. :

Die Republik, Sie sehen es, is mit dem ersten Schritte über die Aéèra der Aechtungeu und Diktaturen hinausgetreten. Sie ist entschlossen, die Freiheit im Jnnern niemals zu verhüllen, Sie is in gleicher Weise entschlossen, nie ihr demokratisches Prinzip nah außen zu verhüllen, Sie wird Niemand die Hand legen lassen zwischen das friedliche Strahlen ihrer Freiheit und den Blick der Völker. Sie verkündet sich als geistige und herzliche Verbündete aller Rechte, aller Fortschritte, aller legitimen Entwickelungen der Anstitutionen der Völker, welche nah dem nämlichen Grundsaße, wie der ihrige, leben wollen, Sie wird feine summe oder brandstiftende Propaganda bei den Nachbarn machen, Sie weiß, daß es feine dauerhaften Freiheiten giebt außer denen, welche von selbst aus ihrem eigenen Boden erwachsen, Aber sie wird durch die Wärme ihrer Ideen, durch das Schauspiel der Ordnung und des Friedens, welches sie der Welt zu geben hofft, den einzigen und rechtlichen Proselvtismus machen, den Proselytismus der Achtung und der Sympathie, Dies ist keinesweges der Krieg, dies is die Naturz dies is nicht die Welt in Brand stecken, es is von seinem Playe aus auf den Gesichtskeis der Völker strahlen, um ihnen zugleih voranzugehèn und sie zu leiten.

Wir wünschen für die Humanität, daß der Friede bewahrt werde, wir hoffen ès sogar, Eine einzige Kriegsfrage is vor einem Jahré zwischen Fränkreich und England gestellt worden, z Diese Kriegsfrage hatte nicht das republifanische Frankreich gestellt , sondern die Dynastie, Die Donastie nimmt mit sih die Gefahr des Krieges hinweg, welche sie durch den rein persönlichen Ehrgeiz ihrer Familien-Bündnisse in Spanien für Europa an- geregt hatie. So lastete diese häusliche Politik der gefallenen Dynastie, welche seit siebzehn Jahren auf unserer Nationalwürde lastete, zu gleicher Zeit, durch ihre Ansprüche auf cine Krone mehr in Madrid, guf unseren liberalen Bündnissen und auf dem Friedeu. Die Republik hat keinen Ehrgeiz, Die Republik hat keinen Nepotièmus; sie erbt nicht die Ansprüche einer Familie. Möge Spanien sich selbs regieren ; möge Spanien unab- hängig und frei sein. Frankreich rechnet für die Haltbarkeit dieses natür- lichen Bündnisses mehr auf die Gleichförmigkeit der Grundsätze, als guf die Successionen des Hauses Bourbon.

So is, mein Hérr, der Geist der Rathschläge ber Republik, So wird unveränderlih der Charakter der freien, starken und gemäßigten Politik sein, welche Sie zu vertreten haben werden,

Die Republik hat in der Geburt und inmitten einés nicht vom Volke veranlaßten Kampfes drei Worte ausgesprochen, welche ihre Seele enthüllt haben, und welche auf ihre Wiege tie Segnungen Gottes und der Menschen herabrufen werden: Freiheit, Gleichheit, Brüdcrschaft. Sic hat am andéren

age- durch die Abschaffung der Todesstrafe in politischen Dingen den wahr- haften Kommentar zu diesen drei Worten im Innern geliefert; geben Sie ihnen auch ihren wahren Kommentar im Auslande. Der Sinn dieser drei Worte, auf unsere auswärtigen Beziehungen angewendet, is folgender + Frei- machung Frankreichs von den Ketten, welche auf seinen Grundsäßen und auf seiner Würde lastetenz Wiedererlangung des Ranges, den cs im Ni- ocau der großen europäischen Mächte einnehmen mußz endlich Eiklärung von Bündniß und Freundschaft an alle Völkei. Wenn Frankreich seiner- seits das Bewußtsein des liberalen und civilisirenden Berufes im Jahrhun- dert hat, so liegt darin nicht eines jener Worte, welche Krieg andeuten, Wenn Europa klug und gerecht is, so liegt darin nicht eines jener Worte, welche nicht Frieden andeuten. obe Ma AEN Sie, mein Herr, die Versicherung meiner ausgezeichnetsten

achtung.

_Lamartinè, Mitglicd dèr provisorishen Regierung der Republik und

Minister der auswärtigen Angelegenheiten.“

Die Gesandten Preußens und Oesterreichs sollen Paris verlassen haben und angeblih auf ihren Landsißen in der Nähe der Hauptstadt die Justructionen ihrer Höfe erwarten. Die Legations - Secretaire besorgen die laufenden Geschäfte. Der österreichishe Gesandte soll alle seine Landsleute aufgefordert haben, Franfreih zu verlassen.

Die neuesten Depeschen, welche Lord Normanby von seiner Re- gierung erhalten und Herrn Lamartine mitgetheilt hat, sollen wieder- holentlich den Wunsch ausdrücken, den Frieden unter den beiden Re- gierungen und in Europa aufrecht zu halten,

Jun ihrer gestrigéw Sißung hat die provisorische Regierung als allgemeine Gkundsäge des zu erlassenden Dekrets über die National Versammlung bestimmt: 1) daß die National-Versammlung die Constiz tution dekretire; 2) daß die Wahl nach dem Maßstabe der Bevölkerung erfolgen soll; 3) daß die Vertreter des Volkes 900 an der Zahl sein sollen (s. die gestrige telegr. Depesche); 4) daß die Wahl eine di= refte und allgemeine sein solle, ohne irgend eine Bedingung vou Cen sus; 5) daß alle Franzosen im Alter von 21 Jahren Wähler und alle Franzosen im Alter von 25 Jahren wählbar sein sollen; 6) daß das Skrutinium geheim sein solle,

Das Journal des Débats hebt ausdrücklich hervor, daß die Güter der Königlichen Privat - Domaine und die Privatgüter der Prinzen und Prinzessinnen der evemaligen Königlichen Familie v or= läufig unter Sequester gestellt sind. Es wird also fürs erste noch nicht zum Verkauf derselben geschritten werden , wie man nach den ersten Gerüchten glauben fonnte.

Am vorigen Donnerstag richtete auch Victor Hugo auf der Place Royale einige Worte an das dort versammelte Volk. Man hörte Gemurmel und deu Ruf: „Er is Pair von Fraukreich!““ ¡„Davou weiß ih nichts“, erhob sich die starke Stimme eines Biousenmannes, „aber er is ein großer Mann.“ Hierauf antwortete die Menge durch den lauten Ruf: „Es lebe Victor Hugo!“ Die Nachricht von der Ernennung des Ex- Pairs zum Maice des 9ten pariser Stadtbezirks bestätigt jih nicht.

Wegen Brandstiftung sind 50 Personen festgenommen.

= Paris, 5. März. Armand Marrast, Mitglied der provi sorishen Regierung, sagte neulich am Grabe Armand Carrel's, bisher habe Frankreich sich dem Frieden unterzogen, jeßt sei es in der Hal- tung, deu Frieden Europa aufzuerlegen. Ohue hier auf die CEinklei dung näher einzugehen, welche der Redner nah den obwaltenden Unm ständen und in Anbetracht des Auditoriums, vor welchem er prach, seinen Gedanken geben zu müssen gläubte, is jedoch die Grund=-Jdee darin nicht zu verkennen, daß Frankreih nicht angreifen will. Und dies is auch in der That bis jeßt der in der prov 'sorische vorwaltende Gedanke. Herr Armand Marrast gehört nach der allgemeinen Meinung zu denjenigen, welhe vor Allem Aufrecht

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haltung der Ordnung und für jeßt wenigstens keinen Krieg wollen, und diese Meinung hat, wie gesagt, noch die meisten Stimmen in der provisorischen Regierung für sich. Unter den Mitgliedern derselben dürfen Lamartine, Tupont de l’Eure, Bethmont, Cremieux und Carnot als Gegner jedes gewaltsamen Auftretens gegen Europa gelten , und selbsst Garnier Pagès kann denselben beigezählt werden. Aber freilich ver= mag Niemand vorherzusagen, ob diese Männer uicht dem Drange der Be= wegung werden weichen müssen, und hon fangen vereinzelte Stim- men gegen einige der jezigen Machthaber an ih zu erheben, Sollte wirklich, wie man betreffende Gerüchte verbreitet, {on Zwie= spalt im Schoße der Regierung selbst herrschen, so wäre dies unter den gegenwärtigen Umständen das größte aller Uebel, die höchste Gefahr des Augenblicks. Es is zu fürhten, daß, wenn es jeßt ge- länge, Herrn Cremieux zu beseitigen (der unter seinen Kollegen selbt einen Geaner in Herrn Flocon zu haben scheint ), bald auch Hern Bethmont und nach ibm aúch Herr von Lamartine an die Reihe fommen fönnte , trcß der großen Popularität, welcher dieser Lebtere jeßt unter den Massen genießt , und des eben so großen CEinflujjes, den er auf dieselben noch ausübt. 4 : Ï

Zur Chre des Cassationshofes muß es gejagt werden, daß der= elbe eine Festigkeit bewiesen hat, die zumal unter den gegenwärtigen Umständen, wo ehemalige Adjutanten und Ordonnanz - Offiziere Lud wig Philipp's und der Prinzen, nachdem sie diesem Jahre lang die unèrschütterlihste Treue bveheuert und aus ihrer Stellung alle mög lihen Vortheile gezogen hatten, die ersten und zudringlichsten Stellen jäger bei der neuen Regierung sind und mit Versicherungen ihrer stets eht republikanisch gebliebenen Gesinnungen um sich werfen, dop= pelte Anerkennung verdient. Die höchste Magistratur von Frankreich, so wie der erste Präsident des Cafsatioushofes, haben erflärt, daß fie die Bezeichnung als „Bürger““ anstatt der in den jeßigen gesellschaft lichen Beziehungen gebräuchlichen „„Monsieur ‘’ nicht annehmen. Sie lassen senem Worte seine edle und wahrl\aftige Bedeutung, weigern sich aber, der alten aus der Zeit der ersten Republif wieder aufgefrischten Auwendung sih zu fügen, welche man demselben ge ben wiil. Auch der General-Prokurator beim Cafsatious-Hofe hat ein ebrenwerthes Festhalten an seinen Grundsäßen gezeigt. Er will, daß die Coustitution von der National - Versammlung abgefaßt und votirt werde; bis dahin behält er sich Alles vor und weigert sid, das Wort „Republik“ auszusprechen; aber er verspriht seinem Lande und der öffentlihen Sache seine loyale Mitwirkung. Put Takt und Gewandtheit beczührte Herr Dupin die gegenwärtigen Umstände nur im Vorbeigehen und wendete jih der Personenfrage zu. Diese Hal- tung des höchsten Gerichtshofs is von großer Wichtigkeit, Sie wird dazu beitragen, die jebige politische Lage Frankreichs auf ihren wah ren Boden zu stellen, und auch mächtig dazu mitwirken, die vollkom= men freie Meinungs-Aeußerung in der Presse, so wie ie Freiheit der Abstimmung bei den bevorstehenden allgemein.n Wahlen, zu sichern.

Daß jeßt auh Leute in die National - Garde sich einschleichen würden, welchen es um ganz andere Dinge als um Erhaltung der Sicherheit und Orduung zu tun wax, fonnte nicht verhütet werden. Jn der That i ein solcher National- Gardist neuer Schaffung vor=- gestern am Justiz - Palaste, wo er auf dem Posten stand und dorf zugleich den aufgest:llten Opferstock für die in den drei Tagen Ber= wundeten und die Hinterbliebenen der Gefallenen zu überwachen hatte, ertappt worden in dem Augenblicke, als er eben die in dem Opser= stocke enthaltene Summe, als deren Wächter er bestellt war, selbst in die Tasche stete, Die National -Gardisten des Postens kannten it ihrer Erbitterung über den Elenden kaum mehr eine Schranke. Au= genblicklih wollten sie an ihm, der ihre Uniform entehrt hatte, kurze Justiz übenz {hon hatten sie ihn genöthigt, niederzufnieen, um (7 \chossen zu werden, als es noch einigen Anwesenden gelang, dur ihre Vorstellungen dieselben von ihrem gleichfalls eigenmächtigt A geseßlichen Beginnen abzubringen und sie zu vermögen, 7a? 1A r Elenden dem Gerichte überlieferten. Er wurde in der Polizei- Prä fektur in Verwahrsam gebracht. Dort is Herr Allard Lu i Bor an der Spiße des Sicherheitsdienstes und hat bereits Gelegenheit gehabt, Individuen festnehmen zu lassen, welche durch Drohbriefe Geld zu erpressen gesucht hatten.

Großbritanien und Irland. London, 4. März. Heute fand wiederum eine Kabinets- Ver-

sammlung im auswärtigen Amte {t g Der Herzog und die Herzog von Sachsen - Koburg verließen heute Morgen London, um in Dover sich nah dem Festlaud wieder 1 ifffen. i einzuschisse Blätter theilen nunmehr die Einzelheiten der Flucht und der glücklihen Landung des französischen Königspaagres in Englaud ausführlih mit. Ludwig Philipp und die Königin Marie Amelie waren bei ihrer hastigen Abreise von den Tuilerieen von den Generalen Dumas und Rumiguny begleitet; außerdem war Niemand bei ihnen als cin Kammerdiener und eine deutsche Kammerfrau der Königin, Sie fuh=

ren zunächst nah Versailles, wo sie einen gewöhnlichen Wagen micthe= ten, der sie nah Dreux brachte, Hier übernachteten sie bei einem treuen

Landmanne, der ihuen Alles verschaffte, was zu einer vollständigen Ver=- fleidung nöthig war. Der König schnitt seinen Backenbart ab, legte seine Perrücke ab, sehte eine alte Müße auf und nahm einen un- \ceinbaren Mantel um. Seine Reisegefährten verkleidetén sich ebén so vollständig. Schon lange vor Tagesanbruch waren sie wieder auf der Reise. Sie s{lugen die Straße nach Avoreux ein, 12 bis 15 Stunden von Honsfleur, begleitet von dem treuen Landmanne, der sie sicher zur Küste zu geleiten schwor. Sie reisten meistens bei Nacht und kamen am Sonnabend 5 Uhr Morgens 1n Honsleur an, wo sie für einige Augenblicke im Hause eines ihnen be- fannten Herrn abstiegen. Dann fuhren }le nah dem Küsten- plaße Tourville, um si einzuschiffen ; aber das stürmische Wetter nöthigte sie, nah Honsleur zurückzukehren ; die Se blieb jo ungetum, daß Ludwig Philipp nicht wagke, mit der sehr ershöpsten Königin an Bord zu gehen. Inzwischen ließ man das Dampfs{1}} „Expreß _von Southampton nah Havre kommen, um eine französische Gesellschaft überzuseßen. Die Flüchtlinge gingen auf einem Fischerboote N Honfleur nah Havre; der König mußte zur Sicherheit für etnen Eng- länder gelten, und es ward ein Mann angenommen, Vet

D e 4 Í Dr D als Dolmetscher auftrat. Am Donnerstag 9 Uhr Abends ging der E E ver Königlichen Gesellschast 1n Dee. Am 3. März 7 Uhr Morgens fam der „Expreß“ von Newhaven in Sussex an, aber das \chlimme Wetter hinderte das vertriebzne Königspaar den Fuß vor Mittag an die gastliche Küste zu seßen, General Dumas und General Rumigny wären vorher in BVöten ge=- landet, Dumas nach London geeilt und Rumigny, der vertraute Freund des Königs, bereitete die Aufnahme der Gasellschaft in dem besten Gasthofe des Ortes vor, Als Ludwig Philipp gegen 12 Uhr am Quai ans Land stieg, rief er aus: „Gott Lob, ich stehe auf bri- tishem Boden!“ Auf seinem Wege zum „Bridge Juu begrüßtén ihn mehrere Einwohner, und er shüttelte ihnen die Hand. Ludwig Philipp sah bekümmert und vernachlässigt aus, sein Bart war mehrere Tage niht abgenommen. Ein Engländer, Herr Catt, der dem Könige in den Tuilerieen vorgestellt war, bot ihm fein Haus an. Ludwig Philipp lehnte es ab und fragte nah Herrn Packham, der lange Zeit gewerbliche Unternehmungen des Königs, nicht weit vom Schlosse Eu, geleitet hat und ihn erst eine Stunde vor Ausbruch der Revolution verlie. Er war in Brighton und eilte \sogleih zu seinem Königlichen Gönner, Er bot ihm glei sein Haus anz aber der König sagte: „Mr. Packham, ich bin Jhnen sehr verbunden, aber die guten Leuten hier haben mich \o freundlih behandelt, und ich fühle mih etwas angegriffen, o daß ih Jhr freundliches Anerbieten ablehnen muß. _ Fch will hier bleiben, bis ich Antwort von London bekomme.“ Der König gad m all sein Geld mit dey Bitte, hm dafür englisches Geld und Klcidungsstücke zu verschaffen. Der Berichterstatter der Chro- nicle ließ sich bei ihm einführen,

Die Königin schrieb Briefe und schien die Anwesenden gar nicht zu bemerken. Der Künig hat |o- gleich ein Schreiben an die Königin Victoria gesandt. Die Englän der haben dem flüchtigen Königspaare alle mögliche Aufmerksamkeit bewiesen. Graf Jarnac, der französische Gesandte in London, cilte sogleich nah Newhaven (einem Städtchen von 2000 Einwohnern). Herr Guizot is über Ostende nach Dover entkommen. ‘Er hatte

nichts bei sich, als ein Portefeuille, das er in seiner Haud trug.

Der König und die Königin sind heute bereits in Craydon gegen Mittag eingetroffen. Die Herzogin von Koburg s\hrie laut auf, als sie ihren Königlichen Vater sah. Ludwig Philipp vergoß Thränen, als er seine Kinder, die Herzogin August von Ko-= burg, den Herzog von Nemours in seine Arme s{chloß. * Die Umste- henden empfingen den König und seine Familie ehrfurchtêvoil, aber \hweigend. Sie fuhren hierauf in drei Wagen nach Claremont. König Ludwig Philipp T, hat den Namen eines Grafen von Neuilly ange- nommen. :

Die neuliche Angriffsrede des Herrn Anstey gegen Lord Pal=- merston’s Politik wurde von dem Minister geradezu als cin auswen= dig gelerntes Machwerk dargestellt, das den bekannten Herrn Urqu=- hart zum Verfasser habe. Lord Palmerston klärte dabei sein persön- liches Verhältniß zu diesem seinem bittersten Feinde auf. Er sagte! „Jch kann hier erwähnen, daß Herr Urquhäart 1835 zum Secretair der Gesandtschaft in Konstantinopel ernaunt wude. Tie Absicht, in welcher man einen Gesandten oder einen Gesandtschafts - Secretair an einen sremden Hof \chickt, is, däucht mir, die, den Frieden zwi=- {hen Großbritanien und anderen Staaten zu bewahren. Wenn wir Krieg haben wollen, so senden wir einen Mann anderer Art. Die Pflicht eines diplomatischen Agenten is, den Krieg abzulenken und den Frieden zu erhalten. Aber bald nachher zeigte mir einer meiner Unter= Secreraire einen Privatbrief, den er von Herrn Urquhart er- halten hatte, worin dieser sagte, Herr Bell (ein Engländer, der es sich in den Kopf geseßt, den Circassiern Hülfe zu ‘verschaffen und England mit Rußland in einen Krieg zu verwickeln, indem er ein Schiff, den „Vixen“, nah dír kaukasischen Küste schickte, das, wie er wußte, von den russischen Kriegsschiffen genommen werden mußte) hätte es sich ausreden lassen, das Schiff nach Circassien zu shicken; aber er, Herr Urquhart, hätte ihn bewogen, seinen Plan wieder auf- zunehmen und auszuführen, Jh hielt dics entweder für eine arge Les O A für einen großen Mangel an Discretion seitens daß er t S und hielt es deshalb nicht [ur rathsam, Jch schrieb Herr Wai, ns 99 Qr Dor Gesandtschaft blieb, Le E n Urguhart also einen Brief, worin ih ihm sagte, V o N E L nah England erhalten habe, so sei die= Wie welt diese Mittheilung s niht nach Konstantinopel zurückkehre.

Ea R E n mir zusammenhängt mit den unaus- geseßten bittersten Angriffen, welche das ehrenwerthe Mitglied für Stafford (Herr Urquhart) seitdem Us edrenwerthe Zuilgied qur nit,“ auf mich gemacht hat, weiß ih

X London, 3. März. hof E N and wenn ih von London nach Berlin P E Ua I A E ren Ereignisse, die jeßt ein bengchbartes Land aufs tiefste af n für Jeden ein außerordentliches Gefühl der Freude sein muß bia v jenem unbeständigen und stürmischen Dcean den Blick guf die FGlivere Grundlage britischer und deutsher Treue und Vaterlandsliebe wevs mit dem Bewußtsein, daß bis jeßt nur ein Land die Segnungen des Griedens und der Ordnung verwirkt hat. Der Ton der englischen Presse und Gesellschaft würde um Vieles feindseliger gegen die fran= zösishe Revolution ausgefallen sein, wenn nicht die dringende Noth- wendigkeit sich herausgestellt hätte, sowohl die provisorische Regie= rung zu unterstüßen, als auch für die Sicherheit der Engländer in Paris zu sorgen. Um sie nicht hloßzustellen und um den Franzosen feinen Vorwand zur Feindseligkeit zu geben, haben die Engländer fast durchgehends sih enthalten, ihre wahren Gedankcu und Besorgnisse auszudrücken. Die öffentlihe Meinung hier ist in einem Zustande großer Spannung und Erwartung, aber Niemand glaubt, daß wir schon die lebte dieser Unruhen gesehen haben, oder daß die bestehende Regierung Granfreichs mehr sei, als ein glückliher Zufall,

Î Jh kehre indeß zu den Angelegenheiten dieses Landes zurü. Es ist gewiß sehr zu beklagen, daß in dieser Krisis der Angelegen- heiten Europa?s das britische Kabinet so außerordentlich schwach ‘und vielleicht seiner wirklichen Auflösung nahe ist. Jun den leßten Tägen hat der Gesundheitszustand Lord John Russell's sehr ernstliche Be-

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sörgnisse unter seinen Freunden erregt, und man fürchtet, er werde * nicht mehr im Stände sein, die Anstrengungen seines hohen Amtes zu ertragen. Seine Aerzte ‘haben ihm gerade jegt, wo die parla- mentarishe Session ihren Höhepunkt erreiht hat, anbefohlen, unter allen Umständen auf einige Tage nach Hastings sih zurüzuziehen. Aber das Kabinet überhaupt ist eben so wenig gesund, wie sein Prémier-Minister. Das vérbesserte und geänderte Budget soll heute Abend zum zweitenmal vorgelegt werden, nachdem die Minister schon eine moralishe Niederlage darüber erlitten haben, und es ist sehr ungewiß, ob es in seiner gegenwärtigen Gestalt die Zustimmung des Unterhauses erhalten wird. Eine abgestuste Einkommensteuer ist ohne Frage die Besteuerungs- Art, welche das Land vorziehen würde, und es ist ein großes Unglück, daß Sir R. Peel nicht mit einem billige= ren System sogleih den Anfang gemacht hat. 208 tid 2A Symptome der Volfks- Agitation, zeigen sih gegenwärtig in fei- nem Theile England’s, und auch die englischen Arbeiter haben sich jeder Demonstration, ihren französischen Brüdern gegenüber, enthal- ten. Die vorherrshende Meinung geht hier selb| unter diesen Klassen dahin, daß Frankreich sich auf den Versuch eines ungeheuren sozialen und politischen Experiments gelegt habe, welches wobl für die übrige Welt sehr lehrreih, aber doch nicht eher befolgt und nachgeahmt wer- den fönne, als bis es mit einem Erfolg gekrönt ware. Möge Frank= reich gähren, Europa ist gerüstet, seine Fortschritte zu überwachen.

liederlande. Aus dem Haag, 9°. März, Das gestrige Journal de

la Haye enthält in Bezug auf die jüngsten Ereignisse in Paris einen Artifel, in welchem es namentlich auf die gemaßigte Sprache hinweist, welche Herr von Lamartine führt, indem er das Verhältniß der neubegründeten Republik zu den auswärtigen Mächten zu harak- terisiren sucht. Er geht dann näher auf das Verhältniß zwischen Belgien und Holland bei dieser Gelegenheit ein und äußert sich in Betreff der Stellung Beider zu Fraukreih im Wesentlichen folgen dermaßen : j

„Ju Erwartung, daß die Handlung der provisorischen Negierung ihren lovalen Aeußerungen entsprechen mögen, darf sich Frankreich nicht wundern, wenn die Nachbarstaaten Maßregeln ergreifen für den Fall , daß die ge- mäßigten Männer, deren Stimme in diesem Augenblicke noch zu Paris ge- hört zu werden scheint, etwa durch die Vertreter der extremen Meinungen, welche der Unabhängigkeit der anderen Nationen und dem Frieden der Welt feind sind, an der Spiße der Regierung verdrängt und erseyt werden sollten. Diese Maßregeln haben für Frankreich nichls Feindliches, sie sind einzig durch die (ste aller Pflichten vorgeschrieben, nämlich die der Selbsterhaltung. Belgien hat in dieser Beziehung bercits die Jnitiative ergriffen, und die bewunderungswürdige Einigkeit, welche sich bei dieser Gelegenheit zwischen der Regierang und allen anderen Getvalten gezeigt hat, die freiwillige Bewe- gung durch welche alle Parteien auf dem Altar des Vaterlandes den Zwiespalt ihrer Meinungen zum Opfer gebracht haben, sind eine sichere Bürgschaft für die Energie, mit welcher dieses Land jeden Angriff auf seine Unabhängigkeit, jeden Versuch , ihm den Play, welchen es gemäß den mit Europya abge- schlossenen. Verträgen einnimmt, zu entziehen , zurückzuweisen wissen wird. Holland freut \ich aufrichtig über diesen Aufschwung eines Nachbarvolkes, velches dadurch beweist, wie schr es der Nationalität würdig is, die es er- worben hat. Holland würde mit großem Bedauern jeden Versuch sehen, welcher durch Beunruhigung und Zwietracht der Geister natürlich die Kräfte des Staates schwächen und ihm die Macht benehmen würde, einen Angriff von außen zurüzuschlagen. Holland würde namentlich jede Demonstration von Unordnungen, welche ehemalige dynastische Erinnerungen zum Vorwand nehmen möchte, höchlich beklagen, tadeln und von sich weisen, Niemals soll die Fahne, welche die Farbe unserer Fürsten trägt, zur Standarte der Aufrührer werden, eben so wenig anderwärts, als hier. Holland und davon kann das Kabinet von Brüssel in. diesem Augenblicke sich überzeugk halten is der loyale Freund Belgiens. Es begreift sehr wohl die wah- ren Beziehungen, welche zwischen beiden Ländern bestehen und sie im ge- meinschastlihen Jnteresse zu temselben Zweck vereinigen müssen, Es weiß, daß beide Länder, um ihre Unabhängigkeit zu behaupten, der- eins der gegenseitigen Hülfe bedürftig sein können; daß eine Dro- hung gegen das eine augenblicklich eine Gefahr für das an- dere wird, und daß, um diesen Gefahren gewachsen zu scin, um nicht, wie vordem, nach einander die Beute eines eroberúden Staates zu werden, die Regierungen beider Länder ihre Thätigkeit nicht durch innere Zwietracht oder Versuche von Aufruhr und Anarchie lähmen und lindern lassen dürfen. Was Holland und Belgien, jedes für sich, an Hülfsquellen und außerordent- lichen Mitteln entwickelt haben, als sie das Unglück hatten, das Schwert gegen einander zu ziehen, kann den Maßstab für die ehrfurchtgebietende Stellung geben, welche sie einnehmen könnten, wenn sie, im Innern beruhigt, eines Tages berufen scin sollten, gemeinschaftlich ihre Nationalität zu verthcidigen und ihre An- strengungen gegen einen gemeinschaftlichen Feind zu vereinigen. Wenn die Holländer und die Belgier, wie wir nicht zweifeln, ihren respektiven Regie- rungen den loyalen und mächtigen Beistand ihrer Treue und ihrer Ergeben- heit in der europäischen Krisis, welche die jüngsten Ereignisse jeden Augen- blick ins Leben rufen können, leihen wollen, so sind diese beiden Länder vielleicht berufen, eine der schönsten Missionen zu erfüllen, welche die Staa- ten der Gegenwart, die gern den N®men wahrhaft civilisirter und vorwärts- schreitender Staaten verdienen möchten, erfüllen fönnen, nämlich die Mis- sion, den Frieden der Welt zu versichern,“

Bure mi

Kopenhageu , 4. März. (A. M.) Durch Reffript vom 9ten hat der König vom 1. April d. J. an gerechnet den Geheimen Staats- und Justiz-Minister von Stemann von den ihm bisher über- tragenen Aemtern als Justiz - Minister und Präsidenten der Königlich dänischen Kanzlei, als Königl. Commissair bei der Nationalbank, als Mitglied des Missions-Kolleguums, der Direction des Waisenhauses, so wie der Yeteringir-Kommission, in Gnaden entlassen; dagegen ver-= bleibt derselbe in seinen Aemtern als Geheimer Staats-Minister, als Kanzler der Köuigl. Orden und als Patrou der Schule zu Herluss= holm und is zum Ober-Kammerherrn ernannt worden. Eben so ist vom 4. April d. J. an gerehnet der Geheime Staats - Minister Oersted von den ihm bisher übertragenen Aemtern als General-Pro= cureur und Mitglied der Königlich dänischen Kanzlei in Gnaden ent lassen, verbleibt dagegen in seinem Amte als Geheimer Staats-Mi- nister, so wie er auch den ihm ertheilten Auftrag als Mitglied der Kommission , welche einen Geseb-Vorschlag in Uebereinstimmung mit dem Königl. Reskript vom 28. Januar d. F, die beabsichtigten Ver- änderungen in der Verfassung betreffend , auszuarbeiten hat, auszu- führen haben wird. Der Geheime Staats - Minister , Kammerherr vou Bardenfleht, ist vom 1. April an zum Justiz-Minister und Prä- sidenten der Königl. dänischen Kanzlei und zum Königl. Commissair bei der Nationalbank, so wie zum Mitgliede des Missious-Kollegiums, der Direction des Waisenhauses und der Veterinair-Kommission, und der Etatsrath und dritte Deputirte in der Königl. dänischen Kanzlei, Algreen-Ussing, zum General=Procureux bis weiter mit Beibehaltung seines bisherigen Amtes ernannt worden.

Schleswig, 6. März. Die bereits von einer Anzahl Bür= fer und Einwohner der Stadt Kiel an Se. Maj. den König abge= andte Petition um Gestattung freier Besprehung der Angelegenhci= ten des Gemeinwesens in Tagesblättern und Drucschriften, so wie um Aufhebung des Verbots der Versammlungen zu solchem Zweck, ist hier in einer gestern gehaltenen Versammlung von hiesigen Bürgern und Einwohnern gleichfalls unterzeihnet worden. Sie wird in den nächsten Tagen nah Kopenhagen abgeshickt werden.

Die Ernennung des Herzogs Karl zu Glücksburg zum General=- Major hat den hier länger gehegten Hoffnungen, daß der Statthalter-

Posten wieder werde beseßt werden, neue Nahrung gegeben,

Truppen Seiten,

Jesuiten

Militair

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Augsburg

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Genua, 1. März, aus Frankreih ungeheure Sensation erregt , niht mehr absehen, wie die Dinge noch gehen werden, obschon repu- blifanische Jdeen bei der Mehrzahl keinen Anklang finden. ( gestern Abend war hier großer Lärm vor dem Jesuiten - Kollegium.

francese!

Eine Menge warf gegen die Fenster mit Steinen und versuchte einzudringen. Das

pförtche erstürmt. Das Militgir chritt nicht. gegen die Plünderung ein, son= dern ließ das Volk machen.

Messina, 26. Febr. legene Citadelle mit Sturm genommen. über der Stadt, hielt sich noch. Es herrschte die größte Aufregung, und die Stadt wurde 42 Stunden mit ziemlichem Schaden bom=

Breslau «.+«

Leipzig in Courant im 14 Thlr. Fuss.

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Berl. Stett.

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do. Prior. Cötb, Bernb. Cr. Ob. Sch. Dresd. Görl. Düss. Elberf.

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(Schw. M.) Hier häben dié Nachrichten und läßt sich nun gar

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Geschrei ertönte von allen Evviva la Repubblica es seien 35 weiterê College eingezogen. nuova, man

rückten aus, furchtbares darunter deutlich zu vernehmen :

Der Anlaß war, daß cs hieß, hièr angekommen und in das Volks versammelte sich in Strada

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rückte aus, und umherziehende Patrouillen versheuchten die

drohende Menge, ohne Anwendung der Waffen, im Gegentheil, das Volk klatschte jeder neuen Abtheilung Soldaten heiter zu. Morgen aber zogen sie wieder vor den Palast.

Diesen y Das Andringen der war \o drohend geworden, daß die Väter durh ihre Hinter=- n sich geflüchtet haben. Der Eingang in das College wurde

Das Volk hat eine an der Stadt ge= Die große Citadelle, gegen=

Handels- und Börsen-Nachrichten. Berlin, den 9. März 1545.

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