1848 / 76 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

L C E E R S A 1 p

vollstem Vertrauen würden Se. Majestät dem Landtage entgegen- treten. Ihre Losung sei: „freie Völker“ ' Tréto Far en nur wenn Beide frei wären, könne die wahre Wohlfahrt gedei- ben! Die anderen Bitten könnten nur durch den Landtag ihre Lösung erhalten; ein näheres Eingehen darauf sei daher nicht nöthig.

Doch eines Ausdrucks der Adresse müßtén Se. Majestät erwähnen, desjenigen nämli, welcher gegen die allmäkige Entwickelung der Verfassung gerichtet sei; diesem könnten Sie nicht unbedingt beitreten. Es gäbe gewisse Dinge, die sich nicht übereilen ließen, wenn man niht Gefahr laufen wolle, sie auf den Kopf zu stellen. Das lehre ja auch die Geschichte des Nachbarlandes, wo sich innerhalb Menschengedenken funfzehn bes{chworene Verfassungen einander verdrängt hätten, wo erst neuerdings das selbstgeschaffene Gebäude zusammenge- fallen sei, Nicht in sechs Wochen dürfe man z. B. ein Haus bauen, welches zu bauen anderthalb Jahre erfordere; au nicht auf Sand dürfe man es bauen, wenn es bestehen Fo „Kühn und bedächtig“, das seien die Losungsworte jedes guten Feldherrn; ungestraft dürften ste nicht getrennt, nicht das Eine über dem Anderen vergessen werden! Das wollten auch Se. Majestät nicht vergessen. Die gute alte deutsche Ordnung dürfe nicht unbeachtet bleiben ; auch die Glie- derung der Stände sei deutsch; wer dagegen anstrebe, der seße sich Gefahren aus. Auch dafür fehle es niht an Bei- spielen: eben so der Besiß als althergebrachte Grundlage der Standschaft komme in Betracht. Doch alles dieses könne nur mit dem Landtag erledigt werden; wie Se. Majestät thm ver- traue, so möchte auch das Volk ihm vertrauen und „dadurch eine recht innige Vereinigung der Regierung, der Stände und des Volkes erwirken.“ Diese Einigkeit müsse das höchste Ziel des Strebens sein bis zum Landtage, während des Landtages. Nur durch festes Zusammenhalten könne übrigens das Unheil vom deutschen Vaterlande abgewendet werden, welches den Revolutions-Krieg über dasselbe gebracht hätte! Se. Majestät möchten die Verantwortlichkeiten des Zwiespaltes nicht über Sich nehmen.

Was überhaupt Deutschland betreffe, so liege dessen Schik- sal nicht in Ihrer Hand ; Alles aber, was Jhre Kraft vermöge, wollten Sie redlich und ernstlichst anwenden, damit auch diese Zeit der Krisis zu dessen Einigkeit, Kraft und Größe aus- [lage ; sie liege Ihnen so nahe am Herzen, als diejenige Preußens,

ießlich geruhten Se. Majestät, die Deputationen zu ermäch-

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chl igen, die

e Allerhöchste Antwort ihren Mitbürgern mitzutheilen.

Berlin, 15. März. Es hätten vor einigen Tagen unter den Zelten im Thiergarten Zusammenkünste stattgefunden, welche, da sie ¡n Volks - Versammlungen auszuarten drohten, einen geseßwidrigen Charafter annahmen. Jn Folge von Einladungen zu einer solchen Bersammlung, wo man namentlich die Wasse der Arbeiter aufzuregen gedachte, hatte sich vorgestern Abend eine große Menge Menschen im Thiergarten eingefunden. Das Einschreiten der Polizei - Behörde, welhe das größere Anwachsen der Menge und Unfug zu verhindern suchte, hatte deren Rückkehr in die Stadt zur Folge, wodurch jedoch in einigen Straßen ein Zusammenfluß größerer Massen veranlaßt wurde. Das zur Vorbeugung von Exzessen aufgestellte Militair zer- streute die Volkshaufen, welche sich auf den Straßen gebildet hatten, obne daß irgendwie erhebliche Exzesse vorfielen. Leider wurden aber, wie es bei solcher Gelegenheit niht zu vermeiden ist, mehrere Per-

fonen beschäd“gt. Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Sachsen. Dresden, 13, März. (Lpz. Z.) Se. Majestät der König hat den Staats - Minister von Könneriß aus dem Staatsdienst entlassen und auch die Entlassung der Staats- Minister von Zeschau, von Wietersheim, von Carlowiß und von Op vell beschlossen, zugleih jedoch angeordnet, daß sie die ihnen über- tragenen Departements so lange fortführen sollen, bis die ihnen in furzem zu gebenden Nachfolger eingetreten sein werden.

Königreich Württemberg. (Schwäb, Merk.) Dem Ministerium des Juuern is am 14. März die folgende Eingabe zu- gegangen 3

„Königl. Ministerium des Jnnern! Während das Ministerium, wel- ces nunmehr vou Sr. Majestät an die Spitze der öffentlichen Verwaltung gestellt is, die Entwickelung des nationalen Volkslebens, die Umgestaltung mancher bisherigen Einrichtungen und die Einführung neuer Institutionen, welche als zeitgemäß erachtet werden, sich zur Aufgabe stellt, hat dasselbe nicht minder manifestirt, daß es die Handhabung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, so wie den Schuy des Eigenthumes und die Achtung des Rech- tes als heilige Pflicht des Staates und seiner Regierung e:fenne, Ein Ministerium, welches von solcher Grundlage seines Wollens und Wirkens ausgeht und Gerechtigkeit an die Spige seines Programmes stellt, kann aufdie auf- richtige Mitwirkung eines jeden Baterlandsfreundes und treuen Staatsbürgers rechnen. Die unterzeichneten hier anwesenden Mitglieder der Kammer der Standes- herren drücfen nicht nux ihre Gesinnungen aus, sondern sind auch überzeugt, im Sinne ihrer Standesgenossen zu handeln, wenn sie erklären, daß sie der Regierung mit Vertrauen entgegenkommen, und daß sie solche in den oben bezeichneten Richtungen nach Kräften unterstüßen werden, Hiervon aus- gehend, legen wix hiermit die Erklärung nieder, daß wir den in Aussicht gestellten Vorlagen von Ablösungs-Geseßea mit Zutrauen entgegensehen und einer Recht und Billigkeir berücksichtigenden Ablösung, so wie etwaigen Rorlagen in Betreff der Jagden, bereitwillig entgegensehen. Verehrungs- voll 2c. Stuttgart, den 11, März 1848, Konstantin Fürst von Wald- b'urg-Zeil-Trauchburg, Vice-Präsident der Kammer der Standes- herren. Namens des fürstlichen Hauses Oettingen - Wallerstein: Karl Prinz zu Oettingen Wallerstein. Friedrich Graf Püdler- Limpurg. Graf von Rechberg. Graf von Neipperg.“

Großherzogthunt Baden. Karlsruhe, 12. März. (Karlsr. Ztg.) Gestern wurde den General-Offizieren des Groß- herzoglichen Armee-Corps, den aktiven sowohl wie den Pensionairen, auf dem Großherzoglichen Kriegs = Ministerium in Gegenwart des Kriegs-Ministerial-Präsidenten, General-Lieutenaut vou Zreydorff, die neue Eidesleistung abgenommen, nah welcher sämmtliche Truppen Treue dem Großherzog, Befolgung der Verfassung und der Landes=- geseße beschwören. Eben so wird dieser Aft morgen und üibermor= gen in den verschiedenen Garnisonsorten bei den Regimentern des Großherzoglichen Armee-Corps feierli stattfinden.

Großherzogthum Hessen und bei Nhein. (Hess. Z) Ju der Sißung der ersten Kammer am 9. März eröffnete das Prä- fidium der Kammer, daß drei von der zweiten Kammer eingegangene Mittheilungen vorgelegt, nämlih: 41) ein Geseß-Entwurf, die Frei- heit der Presse betrefseud, 2) Geseh -= Entwurf, die Aufhebung des Polizei-Strafgeseßbuchs betreffend, 3) Geseß-Entwurf, däs Petitions- und Versammlungsrecht betreffend, bereits an den zweiten Aus\chuß

724 gelangt seieu, und daß der Herr Minister des Jnnern seine Zustim= mung zu einer von der Geschäfts - Ordnung abweichenden rascheren Behandlung ertheilt habe. Nachdem der Herr Freiherr von Arens den Aus\huß-Beriht über die drei Entwürfe erstattet hatte, beschließt die?Kammer nah kurzer Diskussion, die Berathung über die Entwürfe, die Aufhébung des Polizei - Sträfgeseyes und das Peétitions- und Versammklungsrechk in der morgenden Sißung vorzunehmen, und es eröffnet sodann dás Präsidium die Berathung über den Géseß-Ent= wurf, die Freiheit der Presse betréfénd. | *

Der Ausschuß, in der Erwägung, daß H schon der Art, 35 der Verf. Urk. die Presse, unter Befolgung der gegen den Mißbrauch derselben be stehenden oder fünftig noch erfolgenden Gejeße, sur [rel erklärt, dergleichen die deutsche Presse gegen Mißbrauch sichernde Geseße aber bis jeyt nicht erlassen worden sind, wohl aber statt dessen die Presse durch Beschluß der deutshen Bundes -Versammlung unter Censur gestellt worden ist, daß \o- daun 2) die Censur kein gegen den Mißbrauch der Presse genügend sichern des Mittel darbietet und dur sie die Freiheit derselben auf eine theils willkürliche, theils zweckwidrige oder durh zweklose Weise beschränkt wird, daß ferner 3) fast in allen deutschen Landen schon seit ciner langen Reihe von Jahren die Freiheit der Presse dringend begehrt und gegen die sie willkürlih beshränkende Censur vielfache Beschwerden erhoben worden sind, und daß endlich 4) gegen den Mißbrauch der Presse nur allein durch zweckgemäße Repressiv-Geseße Schuß gewährt werden kann, beantragt, daß die erste Kammer den von der zweiten Kammer gesaßten Beschlüssen in allen Punkten beitreten, sodann aber noch weiter beschließen möge, die Großherzogliche Staats-Regierung zu bitten, nachdrücklichst dafür zu wirken, daß baldigst ein gegen den Mißbrauch der Presse sicherndes allgemeines deutsches Preßgeseß erlassen werden möge; weil der berichtende Ausschuß fest überzeugt 1st, daß nur durch ein solches, ganz Deutschland bindendes Gese eine zureichende Garantie gegen den Mißbrauch der Presse wird ge- schaffen werden können,

Jn der Berathung bemerkte Se, Großherzogl, Hoheit der erste Präsident:

„Jch erlaube mir einige kurze Bemerkungen in das Protokoll niederzu- legen, die sich weniger auf den gegenwärtigen Entwurf, sondern auf sämmt- liche, bercits eingelangte oder angekündigte Vorlagen bezieht. Der Mann von Ehre, der vor Allem das Prädikat der Nechtlichkeit für sich in Anspruch nimmt, handelt in allen Vorkommenheiten nah dem Gebot seiner Ueberzeu- gung und nach den Grundsäßen, welche ihm diese als die richtigen bezeich nen, J} er berufen, diese Grundsäße ins öffentliche Leben zu übertragen und ihnen darin Anwendung zu geben, so ist die Förderung und Sicherung des wahren Wohls des Staats und aller seiner Angehörigen das alleinige Ziel seîínes Strebens und Wirkens. Jch darf mir das Zeugniß geben, im Laufe meines ganzen Lebens und unter allen Ereignissen, die es bezeichnet haben, dies Ziel stets im Auge gehabt zu haben, und es zu er reichen, wird auch die fernere Aufgabe meines Strebens sein. Von diesem Sinne beseelt, würde ih Anstand genommen haben, den vorgelegten Geseßz- Entwürfen unbedingt meine Zustimmung zu ertheilen, denn es ist mir nicht volle Ueberzeugung, daß sie so das Wohl des Volkes sichern, als es meine Pflicht is, mitzuwirken, es zu fördern. Nicht gegen die Gewährung gewisser Freiheiten erkläre ih mich ih gönne und wünsche die möglichste Ausdehnung derselben aber gegen einen denkbaren Mißbrauch derselben halte ich, im Interesse der wahren Freiheit und Sicherung der Allgemein heit, es für bedenklich, sie ohne alle Beschränkung zu ertheilen, Wenn ich dennoch heute den vorgelegten Gesez-Entwürfen zustimme, so fühle ich mich dazu bestimmt, weil ih meine Ansicht nicht für unfehlbar halte, weil die vom Thron ausgehenden Zusicherungen die Wohlfahrt und das (lück des Landes zu fördern zum Zweck haben, weil die Weisheit unseres Negenten die mir vorschweb:nden Bedenken nicht unerwägt gelassen haben wird, und weil ih vertraue, daß der gesunde Sinn des Volkes es vor den Nachthei- len bewahren wird, die sonst ihm dadurch werden könnten.“

Der Freiherr von Breidenstein nahm Bezug auf die Verhandlung des Landtags von 1833, Er sei damals Ausschuß Referent gewesen, und es sei nah dem Antrage gegeu die Befreiung der Presse entschieden wor den, Man habe damals einen Zustand der Censur als möglich gedacht, deren Erfordernisse genügte. Auf der anderen Seite sei niht verkannt worden, daß der Zustand der Presse durch die Censur selbst schr traurig seiz man habe gehofft, daß der Bund die Angelegenhei- ten der Presse reguliren würde. Mittlerweile seien 15 Jahre vergangen und der Zustand derselbe geblieben. Es sei nichts zur Verbesserung der Cen surverhältnisse geschehen, vielleicht deswegen, weil nichts geschehen fonnte, Noch immer halte Redner die in jenem Bericht ausgesprochenen Ansichten fest und glaube noch immer, daß durch ein Censurgesez und Censurgerichte das Genügende geleistet werden könne. Da aber in dieser Art nichts mehr zu erwarten sei, so trete er der Proposition bei, weil Preßfreiheit wenigstens besser sci, als die jeßige Censur. Es komme auf eine Probe an. Wenn übrigens der Artikel sage: „Die Censur darf nie wieder eingeführt wer- den“, so drücke dies nux den festen Entschluß der Gegenwart aus, ohne einer dunllen Zukunft und deren Anforderungen zu präjudiziren.

Der Graf zu Solms-Laubach drückte scine Freude über die Auf- hebung der Censur aus. Die Erfahrung habe bewiesen, daß sie ein un- glücklich gewähltes Mittel sei, um die öffentliche Meinung in einem Zu- stande der Gesundheit zu erhalten. Hätten wir vor zwanzig Jahren ein Preßgeseß erhalten, so würden wir nicht die extremen Richtungen haben, die jeßt sich an manchen Orten geltend machen. Wer aufregen wolle, finde doch die Mittel hierzu, ohne daß ihn der Censor daran verhindern könne. Der Mann von Ehre vershmähe es, zur Feder zu greifen, wenn er sich tem Urtheile eines Mannes unterwerfen müsse, der möglicherweise wissen- \chaftlich und moralish tief unter ihm stehe. Die Censur habe edlere Kräfte der Tages-Literatur entzogen, und Redner sehe darin, daß diese der- selben wieder gewonnen würden, einen HFpivortheil der Preßfreiheit. Drin gend wünsche Redner aber die baldige Vorlegung eines Preßgeseßes, Durch die Presse begangene Verbrechen seien zwar schon jeßt strafbar, gewiß könne aber ein dem Arm der Strafgerichtsbarkeit unerreihbarer Mißbrauch mit der Presse getrieben werden, A

Freiherr von Gagern: Wenn von allgemeinen Gesichtspunkten und Denkweisen, wie Nedner das hohe Präsidium verstanden habe, die Rede sei, so müsse man im Auge behalten, daß der Erbgroßherzog Versprechungen bereits gegeben habe, es also nur auf den Modus und promptes Wort- halten ankomme. Redner glaube daher nicht nöthig zu haben, sich über Preßfreiheit und Strafgesepbuch weiter auszusprechen; cs scheine ihm Alles für die Zukunst gewahrt, Der Ministerial-Rath Eig enbrodt stellte hier- guf den Gesichtspunkt fest, oon welchem die Regierung bei dieser Vorlage ausgehe. Sie halte mit der großen Mehrheit des Volks das seitherige Be- stehen der Censur für verfassungswidrig, betrachte die Aufhebung nur als Rückgabe eines verfassungsmäßigen Rechts. Der Erbgroßherzog und Mitregent habe in der Proclamation vom ótei d. M, erklärt: „Die Presse is srei, die Censur hiermit aufgehoben.““ Die Regierung habe die Verpflichtung ge- fühlt, diese Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Zustandes in der Art unter die Garantieen der Verfassung zu stellen, daß jeder Zweifel durch ein ausdrücfliches, die Censur ausschließendes Gesez gehoben werde. Abgesehen von der Verfassungswidrigkeit der Censur, sei es aber auch gewiß, daß die- selbe sich überlebt habe, daß sie unhaltbar geworden [ci, und daß sie allgemein als eine Unwürdigkeit gefühlt werde, Hie Gefahr der Preßfreiheit sei nicht so groß, wie sie von mancher Seite angeseheu werde, es verhalte sich damit, wie mit jeder Freiheit. Gewähre man sie mit vollem Vertrauen , so werde man in der Regel auch mit Erwiederung des Vertrauens belohnt, Durch die Fassung des Art, 1 habe die Regie rung ihren festen Willen ausgesprochen , daß nie wieder die Censur einge führt werden dürfez sie habe sich, so fest es nur 1mmex geschehen könne, in dieser Hinsicht verpflichtet, Sie wünsche daher, daß das Gesey in dieser Weise angenommen werde. R

Bei der Abstimmung wurde der Geseßz-Entwurf mit der von der zivei- ten Kammer beschlossenen Modification und dem von derselben gestellten Destterium nach einer von dem Freiherrn von Münch - Bellinghau- sen angeregten kurzen Diskussion über die Frage: ob nicht ausdrücklich hier zu erwähnen sei, daß Verbrechen nach der bestehenden Geseßgebung zu be- strafen seien, einstimmig beigetreten, eben so wurde, nachdem der erste Präsident, der Graf zu Solms-Laubach , und Freiherr Riedesel sich zugleich, unter Hinweisung auf das allgemein gefühlte Bedürfniß gleichförmiger deut- scher Geseßgebung, welche mit dem Wechselrecht bereits begonnen habe, für ein deutsches Preßgeseg ausgesprochen und der Herr Regierungs - Com- míssair Ministerial - Rath Eigenbrodt erklärt hatte, die Regierung werde

dem nicht entgegen sein, der oben erwähnte Ausschuß-Antrag einstimmig angenommen,

Jn der 23, Sibung der zweiten Stände - Kammer am 11ten d. M. erhielt der Abgeordnete Zibß das Wort, um seinen Autrag zu motiviren, der die Entfernung Sr. Großh. Hoheit des Prinzen Emil und des Herrn von Unde aus der ersten Kammer und von allem Einflusse in Staatsangelegenheiten bezweckt.

Nicht aus persönlichen Gründen stelle er dieses Verlangen , sondern nur für das Beste des Landes. Die herrschende Aufregung sei zwar be- s{chwitigt durh die geshehenen Konzessionen , aber sie habe sih noch nicht gelegt und würde es nah der Stimmung in Rheinhessen nicht , so lange jene Herren noch in der ersten Kammer säßen, Die Maßregel sei auch feine harte, sondern nur eine wohlverdiente. Er (Redner) wäre kein Freund von Proscriptionen, aber diese Männer müßten entfernt werden, weil sie die Ruhe und Eintracht störien. Der Minister Frhr, von Gag ern erwiederte, er müsse geschehen lassen, daß der Antrag nach der Geschäftsordnung behandelt werde; alléîn ex glaube seiner Stellung einige Bemerkungén \{chuldig zu sein, welche wohl die Behandlung vereinfachen könnten, Natürlich finde ey es, daß das Volk mißtrauisch sei; es sei dies nur ein höherer Grad der Wachsamkeit für seine Rechte, der in den Umständen seine Rechtfertigung finde. Aber wenn man annehme, daß die Räthe des Mitregenten nicht Macht hätten, das Rechte und Gute durchzuführen, so müsse er dieses sür ein Mißtrauens-Votum halten und seine Mission als geendet ansehen. Redner versichert und rühmt mit Wärme, wie er sih des vollständigsten Vertrauens von Seiten Sr. Königl. Hoheit des Erbgroßherzogs-Mitregen- ten erfreue, und wie ihm von feiner Seite auch nur die mindesten Hinder- nisse in den Weg gelegt würden, bei den neuen Organisationen 2c. z wie vielmehr gerade Se. Großherzogl Hoheit der Prinz Emil selbst vollständig von der Nothwendigkeit des neuen Systems überzeugt und bereit wären, das- selbe zu unterstüßen. So habe die erste Kammer auch gleich die vorgeleg- ten drei wichtigen Geseges-Entwürfe angenommen. Der Herr Minister er- sucht deshalb den Nedner- vor ihm, auf seinen Antrag zu verzichten.

Der Präsident will die Kammer ersuchen, durch Aufstehen thre Ansicht zu erkennen zu geben. Der Minister von Gagern wünscht jede Demonstra tion vermieden und den Antrag nur einfach zurückgenommen. Abg, Zit entspricht dem, da er kein Mißtrauensvotum gegen die Regierung gewollt habe, glaubt aber, daß der Antrag mit vielen Unterschristen sich erneuern werde. Der Minister dankt für die Zurücknahme und bemerkt, auch er kenne die Slimmung und wisse, wie Rheinhessen der Freiheit, die nun eingeführt sei, wie nur ein freies Volk sie genießen könne, ergeben seiz daneben abe1 auch Ordnung und die Aufrechthaltung der Macht der Geseße wolle, Nie aber werde eine Proscriptions-Maßregel erfolgen, fo lange er im Amte sei,

Bezüglich ciner Jnterpellation des Herrn Abg. Ziy, die Anerkennung der französischen Republif betreffend, bemerkt noch der Minister, daß den Gesandte derselben sich bereits mit ihm in Communication geseßt habe und die Anerkennung sofort erfolgen werde, da er für jedes Volk das Necht an- erkenne und vindizire, seine Geschicke selbst zu bestimmen, Auf die Auf rechterhaltung des Friedens zähle er fest.

Herzogthum Holstein. (H. C.) Altona, 13. März. Heute wurde in einer Bürger - Versammlung nachstehende Petition an den König beschlossen, die bereits nah Kopenhagen abgesandt worden ift :

„Allerdurchlauchtigster , Großmächtigster , Allergnädigster König und Herr!

„Die unterzeichneten Bürger und Einwohner der Stadt Altona fühlen si in ihrem Gewissen verpflichtet, Angesichts der wéelterschütternden Sreig- nisse der lehten Tage und in Erfüllung der ihnen als Staatsbürgern ob liegenden Verpflichtungen, Ew, Majestät die folgende Vorlage zu machen:

Mit Recht wird echtes, gegenseitiges Vertrauen und eine wahre, auf dasselbe gebaute Einigkeit zwischen Volk und Regierung als die erste Be dingung freier Entwickelung, als die sicherste Schußzwehr des Staats gegen alle Feinde gepriesen. Der Mangel einer solchen Cinigkeit, eines jolchen Vertrauens, wie derselbe leider seit Jahren zwischen der Regierung und dem Volke der Herzogthümer für Jedermann erkennbar zu Lag liegt, sept uns der Gesaÿr aus, daß bie drohenden Tage der Sturme uns wehr- und machtlos gegen gewaltsame Umwälzungen finden werden. Es if nicht zu leugnen, daß jener Mangel an Vertrauen und Cinigkeit ent standen is dur die Handhabung des beklagenswerthen Systems, welches namentlich in den leßten Jahren von der Regierung eingehalten worden ist, Dieses System stellte sih der gesammten deutsch - nationalen Entwickelung der Bevölkerung der Herzogthümer feindlich gegenüber, legte auf das Land das Joch eines unerträglichen Polizei Regiments, knechtete die Presse, ver- nichtete das Recht freier Versammlung, lähmte die versa)sungsmapige Thâ- tigkeit der Stände und zeigt als seine Frucht den unverhaltenen Zwiespalt ¿wischen dem Königreiche und den Herzogthümern, Seit wenigen Tagen ist es vollends Jedermann klar geworden, daß ein solches System sofort ver- lassen werden muß, wenn an die Stelle der Zwietracht Vertrauen, an die S telle der Schwäche Kraft nach außen und innen treten soll. Die Unter- zeichneten wünschen die Rückkehr dieses Verirguens, Sie halten dieselbe aber nur unter der einen Voraussezung für möglich, daß es fernerhin un- möglich erscheine, der nationalen und freiheitlichen , selbstständigen deutschen Entwickelung der Herzogthümer irgend ein Hinderniß in den Weg zu legen. Von diesem Gedanken getragen, halten sich die Unterzeichneten verpflichtet, Ew. Majestät davon in Kenntniß zu segen, wie das allgemeine Verlangen in den Herzogthümern dahin geht:

Ew, Majestät wolle durch Aufhebung aller die Preßfreiheit betreffenden

Verbote sofort dem Lande unbedingte Preßfretheit sichern z

Ew, Majestät wolle ferner durch Aufhebung aller das freie Recht dex Versammlung betreffenden Verbote sofort dem Lande unbedingtes Associationsrecht mit Redefreiheit sichern z

Ew, Majestät wolle endlich sofort die geeigneten Maßregeln bezüglich einer Bewaffnung aller waffenfähigen Bürger ergreifen.

„Die Erfüllung dieser Forderungen erscheint nah den Erlassen dex deutschen Bundes - Versammlung vom 1. und 3. März d. J. sofort thun- lich, Jn derselben wüde die ganze Bevölkerung der Herzogthümer ein Pfand für die Bereitwilligkeit der Landes - Regierung erblicken, auch ihrer- seits zur Wiederherstellung des unbedingt nothwendigen Vertrauens das Zeitgemäße zu thun und den Weg zur Verwirklichung dessen zu bahnen, vas von den Unterthanen gewollt und erstrebt wird.

Zu diesen Ansprüchen zählen die Unterzeichneten : : S

die Herstellung einer gesonderten schleswig - holsteinischen Verfassung, au}

freiester volksthümlicher Grundlage, mit Verantwortlichkeit Der U

nister, gehandhabt von einer gemeinschaftlichen schleswig-holsteinijchen

Stände-Versammlung z j i:

die Herstellung einer Repräsentation des deutschen Volkes beim deutschen

Bunde z y

die Herstellung einer zeitgemäßen Gerichts - Verfassung mit dem Prinzip des Geschwornen-Gerichts, i:

„Ju den leztgedachten Beziehungen wird die Bevölkerung sich getro]! auf ihre verfassungsmäßigen Vertreter stüßen können, weshalb es sich jeßt nur um sofortige Erfüllung derjenigen gerechten Forderungen des Volks, deren längere Vorenthaltung leichthin die Wiederkehr des Vertrauens zw1- hen Volk und Fürst unmöglich machen, den Staat gefährden duürste,

„Jn der Erwartung, daß Ew. Majestät durch geeignete Maßnahmen den oben vorgelegten Forderungen der Unterzeichneten: L,

Auf sofortige Wiederherstellung unbedingter Preßsreiheit, auf „10 [0rHge Wiederherstellung unbedingter Versammlung® - Freiheit mit Rede- Freiheit, auf sofortige Bewaffnung aller wassenfähigen Bürger

entsprehen werden, verharren wir Ew, Majestät allerunterthänigste,““ (Folgen die Unterschriften,)

Freie Stadt Frankfurt. (Fr. J.) Seit dem 12. März

Mittags weht von dem Bundespalast auf der großen Eschenheimer= gasse die {warz = roth - goldene Fahne, als Zeichen der Anerkennung

von Seiten des Bundestages. Oesterreichische Monarchie

Von der italienischen Gränze, 3. März. Jn der Umgegend von Udine wird, sicherem Vernehmen nah, ein Reserve= lager von 30,000 Mann zusammengezogen werden, so daß sich die

zur Verfügung stehende Truppenmacht im österreichischen Jtälien gegen 150,000 Mann belaufen wird. Der Feldmarschall Radetky infpizirte in den leßten Wochen sämmtliche unter seinen Befehlen stehende Trup- pencorps und is wieder nah Mailand zurückgekehrt.

Ca ELELM

aris, 11. März. Heute werden im Moniteur zwei telez graphische Depeschen, die eine aus Marseille, die andere aus Toulon, beide vom 7. März, publizirt, mittelst deren die dortigen Marine- Behörden nah Paris melden, daß, nah Berichten, welhe mit den Schiffen „Philippe Auguste‘““ und „Titan“ aus Algier angelangt, der Herzog von Aumale und der Prinz von Joinville am 3, d. M. an Bord des „Solon“ sih eingeschifft und ihren Weg nah Gibraltar genommen hätten. „Jn Algier‘, fügt die erste der Depeschen hinzu, “war nichts Neues vorgegangen.’ Anderen Blättern zufolge, hätte der Herzog von Aumale am 2. März die Ausrufung der Republik in Frankrei erfahren , dieselbe darauf in Algier sofort ebenfalls ver- findet und vor seiner Einschiffung folgende Proclamation erlassen: „Bewohner Algeriens! Treu meinen Pflichten als Bürger und Soldat, bin ih auf meinem Posten geblieben, so lange ih meine Gegenwart als dem Dienste des Vaterlandes nüßlich halten konnte. Dieser Zustand be= steht nicht mehr. Herr General Cavaignac ist zum Generalgouver=- neur Algeriens ernanut worden. Bis zu seiner Ankunft zu Algier werden die Functionen eines Generalgouverneurs interimistisch voi Herrn General Changarnier erfüllt werden. Dem Nationalwillée1t unterworfen, entferne ih mi, allein aus der Tiefe der Verbannung werden alle meine Wünsche für Euer Wohlergehen und für deu Ruhm Frankreichs sein, dem ih länger hätte dienen mögen.“ General Changarnier hat interimistisch die Functionen eines General-Gouver- neurs übernommen. Die Presse will wissen, die beiden Prinzen würden sich nah Brasilieu begeben. Das algerishe Heer joll be-= reits der provisorishen Regierung seine Zustimmung ausgesprochen haben. Eine Deputation der algerishen Kolonisten hat der Provi- sorishen Regierung in Paris ihren Dank dafür abgestattet, daß sie dercu Recht anerkannt, an der National-Vertretung Theil zu nehmen, und zugleich um vollständige und unverzügliche Gleichstellung Alge- riens mit dem Mutterlande gebeten. Herr Pagnerre, der Secretair der Regierung, erklärt ihnen im Namen derselben, es solle allen Be- schwerden der algerishen Kolonisten abgeholfen werden, und diese Kolonie bilde nun einen Theil von Frankreich.

Der Mouiteur bringt heute die Anzeige, daß der belgische Gesandte, Fürst von Ligne, in einer offiziellen Konferenz mit Herrn von Lamartine demselben eine Depesche des belgischen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, Herrn d'Hoffschmidt, mitgetheilt habe, deren Sinn etwa folgender sei: „Jch bitte Sie, ohne Verzug sich zu Herrn von Lamartine zu begeben und ihm meine Zufriedenheit wegen der Loyalität und der Aufrichtigkeit seiner Erklärungen aus- zudrüden. Sagen Sie ihm gefälligst, daß dieselben von der Regie= rung des Königs lebhaft gewürdigt werden, und daß wir in unseren Beziehungen zu Frankreich dieselbe Aufrichtigkeit und dieselbe Loyalität bethätigen werden. Es liegt uns am Herzen, den freundschaftlichsten und wohlwollendsten Charakter in diesen Beziehungen zu bewahren.‘ Der Gesandte habe ferner die Mission, heißt es in dieser Mittheilung des Moniteur, der Regierung der Republik die Versicherung zu erthei- len, daß die in Belgien unter die Fahnen gerufenen Milizen keineit aggressiven noh feindseligen Zweck gegen die Republik, sondern nur den Zweck hätten, die belgishe Neutralität gegen alle Mächte sicher zu stellen. Der Gesandte habe übrigens die schoû gegebene Versicherung erneuert, daß die belgishe Regierung dis Republik anerkennen werde, sobald die National - Versammlung sie sanctiouirt haben würde, während er unterdessen die freund=z \chaftlihsten Beziehungen zwischen beiden Völkern zu unterhal= ten berufen sei. Herr von Lamartine - soll die lebafteste Be= friedigung über diese Mittheilungen geäußert und zugleich er- klärt haben, daß man uicht mit mehr Offenheit und Loyalität zu Werk gehen könne, als die belgische Regierung, zugleih die Versiche= rung ertheilend, daß die provisorische Regierung weder direkt nod) indireft irgend einen Akt gebieten werde, der im Stande wäre, die nachbarschaftlihen Verhältuisse zwischen beiden Ländern zu ören, Es heißt, daß nächstens ein beglaubigter Agent der franzöfischen Republik zu Brüssel ernannt werden soll, der indeß vorläufig blos inen offiziósen Charakter haben wird, Jun Paris hat sih zwar wirk= lich eine sogenannte belgishe Legion gebildet, deren ofen ausge- \prochener Zweck dahin geht, Belgien zu republikanisiren; nach leb- hafter Debatte foll sie aber ihre Operationen noch verschoben und ihren Führer Becker abgeseßt haben. i

Der englische Gesandte hat, dem Mouiteur zufolge, gestern Herrn von Lamartine zwei Depeschen Lord Palmerston?s mitgetheilt; die eine handelt von König Ludwig Philipp, seiner Familie und seinen Ministern, die sich auf britishen Boden geflüchtet, und beugt dem Gedanken vor, als ae m der Gastfreundschaft, welche die gestürzte Königsfamilie gefunden, irgend ein Beweis politischer Sym- path1e, die Frankreich über die guten Verhältnisse zwischen den beiden Völkern beunruhigen könnte. Lord Normauby wurde beauftragt, der provisorischen Regterung die Ueberzeugung beizubringen, daß die Rücksichten, welhe man einem großen Unglück widme, nur ein Zeichen von Gastfreundschaft seien. i

__ Der dänische Gesandte hat, nah demselben Blatt, ebenfalls gestern Herrn von Lamartine einen Besuch abgestattet und ihn der sreundlichen Gesinnungen seiner Regierung versichert, welche die Repu- Lamartine line Depesche n A Hou tragt worden, Herrn von Re jerina ‘die freu 1s in offiziöser Weise einzureichen, worin seine N D E „sreund\chastlihste Geneigtheit zu erkennen giebt , die Republik anzuerkennen. i

Der óösterreihis{che Ges » fv N; é ferenz nit e U Unt lua a, en ar: E Personen sehr befriedigend über die fclevfér sich darauf zu mehreren E S E dfertigen Absichten des fran zösischen Ministers geäußert haben. Lamartine scheine überzeugt, daß der Friede der Welt nicht werde gestört werden. zeugt, dap s htesige russische Legation hat von ihrer Regierung noch keine Weisung empfangen, aber schon rüsten sich alle russishe Ünterthanen Paris zu verlassen. Die Mehrzahl wird nächstens abreisen, um zu Bonn, Wiesbaden, Ems und Frankfurt die Befehle des Kaisers zu erwarten. /

Odilon = Barrot hat ein Schreiben an Garnier-Pagès gerichtet, worin er folgende zwei Punkte als unabweislihe Bedingungen zur Rettung der Ordnung aufstellt: „Die erste Bedingung if, sagt er, „zu verhüten, daß Jhre politische Revolution, sie möge politisch \o tiefgreifend sein, als Sie nur wollen, eine soziale werde und die Hand an das Eigenthum und die Familienbande lege. Die zweite Bedingung ist, daß der Aufruf an die allgemeinen Wahlen, als Ausdruck der Nationalsouverainität, ein aufrichtiger sei. Jh mag Trug und Lug eben so wenig auf der Straße, als von einem König herkommend z und Wahlen, die unter dem Einfluß der Gewalt stattsiuden, scheinen mir durchaus nicht denen vorzuziehen zu sein, die durch Corruptionsmittel geleitet worden. Was ich daher fordere, is Sicherheit für Eigenthum u Familie und volle Freiheit in den Primärwahlen. Sind Sie fest O ONON diese Bedingungen achten zu lassen, sogar dur die der

gierung zur Verfügung stehende Macht, so kann ih Jhnen nicht

725 nut meíne eigene moralische Mitwirkung zusichern, sondern auch die Sympathieen meiner Freunde. Niemand unter diesen, das fann ich Jhnen erklären, möchte die Mißgriffe der Emigranten und Giron- disten nahahmen. Mein leßtés Vort an die Kämmer und an das Volk war: Fluch dem, welcher einen Bürgerkrieg in Frankreich ent- zündet! Dieser Erklärung bleibe ih treu,“

ck Paris, 11. März. Man hatte schon seit aht Tagen bald in diesem, bald in jenem Blatte von Conspirationeu gelesen, welche im Gebeimen von den Gegnern der Republik angesponnen würden, um diese wieder zu stürzen und eine Restauration, sei es zu Gunsten Heinrich's V. (des Herzogs von Bordeaux), sci es zu Gunsten irgend eines der Mitglieder der ebén vertriebenen Dynastie, herbeizuführen. Eine erste Angabe, nach welcher junge Leute aus dem Faubourg St. Germain {on vor aht oder zehn Lagen plößlich mit weißeu Bin= den am Arme und untér dem Rufe: Es lebe Heinrich V.! in den Straßen erschienen sein sollten , wurde als erfunden naihgewiesen. Darauf richtete sich der Argwohn des Volkes besonders ge gen einen Theil der Offiziere der Linmentruppen , welche man beschuldigt , im Herzen gleichfalls der âlteren Linie der Bourbo- nen zugethan zu sein, und dies veranlaßte mehrere der neugebilde= ten vemokratishen Gesellschaften, besonders die, welche in der Sor= bonne ihre Sibungen hält und vorzugsweise aus Studenten, Arbei- tern und Bewohnern der nahe liegenden Quartiere besteht, einen förm- lichen Schritt bei der Regierung zu thun, um zu erklären, die Nepu- blif käme in Gefahr, wenn dem Vorhaben, welches mau der Regie= rung unterstellte, 30,000 Maun Linientruppen für den Dienst wieder nad Paris zu ziehen, Ausführung gegeben würde, Gestern erscte-

nen sie vor der provisorishen Regierung, in deren Namen Herr Ar=

mand Marrast erklärte, diese Absicht habe niemals bestanden, dage gen müsse aber die Regierung darauf denken, die Nationalgarde wic- der von dem mühseligen Dienst für die Ordnung, welcheu sie seit vierzehn Tagen versehe, zu befreien, um den Bürgern zu ge- statten, wieder zu ihren Geschäften zurüczukehren. Und zu diejem Zwecke gedenke sie den Dienst künftig dur eine aus National-Garde und Linie gemischte Truppe künftig versehen zu lassen. Dies fönne um so mehr mit Sicherheit und ohne Gefahr für die Republik ge- schehen, als durch die neue Organisation der National-Garde das demokratishe Element hinreichend stark in derseiben vertreten sei. Vorläufig aber solle nur der Dienst an den Barrieren von Paris durch die Linie versehen werden, da man diesen der National-Garde der umliegenden Gemeinden nicht länger zumuthen könne. Wie uun und ob und wann diese Maßregel ausgeführt werden wird, ist noch abzuwarten. f 3

Aber die Massen beharren inzwischen bei ihrem Mißtrauen gegen angeblihe geheime Untriebe, und einzelne Vorfälle, welche in den lebten Tagen sih ereignet haben, bestärkeu dasselbe. So hatte schon seit zwei Tagen das Benehmen eines Mannes in den Straßen des Gaubourg St. Germain die Aufmerksamkeit der republikanischen Be= hörde er:egt. Man hatte bemerkt, daß er in den Schenken der Wein= wirthe fleißige Besuche machte, viel Geld ausgab, Jedermann einlud, mit ihm zu trinken, während er stets mit Gold die Zeche 2g ate, e OUIE das Gespräh immer vorzüglih auf die E : Sreignisse zu lenken und sprach sich in einem der neuen Regierung feindseligen Sinne aus. Vorgestern nun blieb er in der Rue de Lille in der Nähe der dort liegenden Kaserne stehen und \chrie aus vollem Halse: Nieder mit der Republik! Dadurch zog er bald viele Personen herbei, von denen aber einige ihn festnahmen und zu dem Polizei-Kommissar des Quartiers, Herrn Martinet, führten. Der Verhaftete, über seine Person befragt, erklärte, Jtaliener zu sein, und zeigte einen ganz regelmäßigen Paß vor, der auf den Namen Luissani lautete, Er trug noch viel Gold bei sich und gab an, er reise in Geschäften für ein großes Haudlungshaus. Juzwischen be- merkte man, daß er troß seiner angeblih italienishen Abkunft ganz rein und ohne die geringste Spur des den Jtalienern eigen- thümlihen Accents das Französische sprach. Dies erregte natürlich neuen Verdacht, und man suchte weitere genauere Aufschlüsse von ihm zu erlangen. Allein er weigerte sich hartnäckig, scine Wohnung an= zugeben, Dessenungeachtet gelang es, dur allseitig eiugezogene Er= fundigungen zu erfahren, daß er vier Tage früher in dem bekannten großen Hotel Maurice in der Rue Rivoli eine Wohnung gemiethet, den Miethzins dafür vorausbezahlt, aber niht bezogen hatte. So weit is die Sache bekannt, die verdächtige Person aber is noch in Haft.

Andere vereinzelte Fälle, wo auch Jundividuen verhaftet wurdeu, die gegen die Republik sprachen, werden ebenfalls erzählt, und Manche gehen sogar so weit, die Nationalgarde selbst, oder doch einen gro- ßen Theil derselben, der Lauheit gegen die Republik, ja der Abuei= gung dagegen zu beschuldigen. Die natürliche Folge davon is, daß man sih gegenseitig {härfer und genauer überwacht.

Die finanziellen Dekrete, welche gestern erschienen sind, erfahren scharfe Kiitik, und diese Schäi® des Tadels wird sogar in einem Organe der neu erstandenen Presse in dem Journal Assemblée Nationale, mit einer Unerschrockenheit ausgesprochen, die wirklich bemerkenswerth if. „Wir erhalten heute“, heißt es in diesem Blatt, ‘ein Dekret oder vielmehr eine Sammlung von Dekreten, welche alle horsihtigen Leute in Erstarren verseßen und uns beweisen, wie sehr unser Vorgefühl gegründet war, als wir es laut erklärten, wie wir es heute thun, daß wir der provisorischen Regierung niemals das Recht zuerkennen und niemals zuerkennen werden, die Zukunft zu bin- den. Noch erregt vou dem CEindrucke, welchen uns dieser politische BVandalismus verursacht hat, werden wir alle unsere Anstrengungen aufbieten, um die Mäßigung unserer Sprache nah der unbestreit baren Macht unseres Rechtes zu bemessen. Jhr werdet also, ohne bas Land zu befragen, innerhalb der zehn Tage eurer Einseßung, eine zjeue definitive Constitution geshassen, cinen fast sicheren Krieg vorbe reitet, unsere Kolonieen ruinirt und fast das ganze bewegliche und unbeweg- lie Vermögen des Staates verschlungen haben. In Wahrheit , Jhr shleudert da eine befremdlihe Verwirrung in die Gemüther, Jhr öffnet einen Abgrund, der vielleicht in einem Jahrhundert nicht aus= gefüllt werden wird, einen Abgrund, in welchem ein Theil Frank. reichs zu Grunde gehen fann, der Euch zuerst verschlingen wird. Täushet Euch darum niht; indem Jhr das öffent- liche Vermögen in Gefahr biingt, greift Jhr das Privat- vermögen anz der Abstand zwischen den Gütern des Staats und dem Privat - Eigenthum is \o groß nicht. Durch die einzige Thatsache

mer Dekrete {hon entwerthet ihr um die Hälfte alle Güter, die ihr Wrkaufen wollt. Dann legt Jhr durch eine der unpolitishsten Maß- regeln, durch einen Beschluß, den Jhr gezwungen sein werdet, zurück= zunehmen, Hand an - die Sparkassenz Jhr thut der Ersparniß des Arbeiters Gewalt an, indem Jhr ihm Bedingungen auferlegt, die dem Willen, den er bei seiner Einlage hatte, entzo- gest sind. Als Jhr Eure muthvolle Sendung übernommen habt, habt Jhr Euch verdient gemaht um das Vaterland; die einmüthige Stimme aller Meinungen begrüßte Euren Eintritt ins Amt. Jedermann ließ Eurem Muthe und Eurer Thätigkeit voll- foinmene Gerechtigkeit widerfahren ; aber Jhr seid in eine Bahn ein- gêétreten, auf der man Euch unmöglich weiter mit Sympathie folgen fann. Die Hofirer werden Euch zu Grunde richten, wie sie die Re gierungen zu Grunde gerichtet haben, die Euch vorangegangen sind.

Habt Jhr denú keien Freund in Eurer Nähe, der Euch heute sage- was Alle am Tage nach Eurem Sturze laut aussprechen werden? Wir hatten für Mehrere unter Euch tiefe Sympathie: durch Euré übereilten Akte bietet Jhr ber öffentlihen Meinung Troß, begeht einen Eingriff in die Souverainetät der National -= Versammlung , stürzt Frankrei ins Verderben. An Frankreich appelliren wir, von ihm êr- warten wir die Heilung, wenn das Uebel niht unheilbar geworden is. Wozu denn alle diese entscheidenden Akte, warum Euch so sehr beeilen, warum Alles thun wollen und der Nationalversammlung nichts weiter überlassen, als die Alternative einer lächerlichen Gutheißung oder eines strengen |Tadels? Noch is es Zeit: zieht die Meinung des Landes zu Rathez erforsht die allgemeine Gesinnung! Man hin« tergeht Euh. Haltet ein auf dem verhängnißvollen Abhange, zu dem man Euch fortreißt.““

Dieses Beispiel von Unerschrockenheit könnte, einmal gegeben, wohl nah und nah auch Nachahmer finden, wenn die provisorishé Regierung der Republif anders nicht Gefahr in einer solchen Sprache erblickt für die öfentlihe Ruhe und derselben cin Zügel anlegt.

Großbritanien und Irland.

_ London, 10. März, Die Ruhe is jeßt überall, wo sie ge- stört war, wieder hergestellt , und die ganze Bewegung stellt fh als ein Manöver der Chartisten heraus, welche ihre Volks-Charte nicht in Vergessenheit gerathen lassen wollten. Jn Glasgow hatte eine starke militairishe Demonstration die Meuterer in Schrecken gesebßt, denn nahdem die Truppen gefeuert und zwei Jndividuen getödtet und vier verwundet hatten, hörten die Plünderungen soglei auf, und der Haufe zerstreute sich. Man fürchtet indeß für die nächste Woche, da zum 13ten ein allgemeiner sogenannter Strike der Arbei= ter, um eine Lohnerhöhung zu erzwingen, angekündigt ist,

Lord John Russell hat sich von seiner Krankheit während des furzen Aufenhalts in St. Leonards so weit erholt, daß er heute hon in der Stadt zurückerwartet wird.

Herr Guizot, welcher bis vorgestern troß der vielfahen Besuche, die er empfangen mußte, in strenger Zurückgezogenheit lebte, hat jeßt bei den Haupt - Mitgliedern der Regierung die Besuche er= wiedert.

Die Parlaments-Verhandlungen boten in den lebten Tagen ge- ringes Jntéresse. Auch gestern kam im Unterha use nichts Erheb= lihes vor. Man beschäftigte sich mit Berathung von Abänderungen einzelner Bestimmungen des irländishen Armengeseßes. Zu Anfang der Sihung fragte Herr A. Stafford an, ob die Minister retorsorische Maßregeln gegen Fraukreich zu ergreifen beabsichtigten, um die Ver= treibung einer Anzahl von englischen Arbeitern (meist Flachsarbeitern) aus den Fabriken zu Rouen zu ahnden und die Beitreibung des dei- selben] huldigen Arbeitslohnes zu erwirken, Sir G. Grey ver- neinte die Frage Namens der Regierung, berichtete über das, was die englischen Behörden für die vertriebenen Arbeiter gethan haben, und erklärte zugleih, daß Hetr Lamartine auf die Beschwerdé Lord Normanby's bereits die vollständigste Entschädigung und Genugthuung versprochen habe.

Die T imes bespricht in einem leitenden Artikel die gegenwär- tigen Bewegungen in Deutschland und freut sich über das dort er: wachte Streben, durch eine Revision der Akte des deutshen Bundes eine größere Einheit Deutschlands herbeizuführen. Sie erblickt in einem starken und einheitlihen Deutschland die sicherste Bürgschaft für Erhaltung des Friedens. „Was auch immer die lokale Wirkung der jeßigen Verwirrung in den Angelegenheiten Europa's auf einige der deutschen Staaten fein mag“, schreibt die Times, „wir hegen feinen Zweifel, daß das größte und dauerndste Ergebniß dieser Aen- derungen eine Befestigung des deutschen Bundes, welcher jeßt schnell zu einer Jdentitätmit dem Volke reift, sein wird. Das ist ein Zweck, der inni-= ger mit der Sicherheit, mit der Würde und mit dem Glücke des deutschen Volkes verbunden ist, als irgend eine hastige Ausdehnung der Rechte des Volks. Wir legen auf die geringen Unordnungen, welche auf einigen Punkten stattgefunden haben, wenig Gewicht. Es wurde ibnen durch \chuelle und verständige Konzessionen begegnet, und was noch übrig ist, is nur die augenblicklihe Aufregung, welche selbst in diesem Lande in Lärm und Unfug ausartete, Es ist jedoh nicht der Zustand irgend eines einzelnen Theiles von Deutschland, welcher uns in diesem Augenblide beschäftigt , sondern vielmehr die allgemeine Politik des Bundes, Die Forderung eines deutschen Parlaments, ge= bildet durch die Hinzufügung einer Art Bundes-Repräsentation zu dem Rathe der verbündeten Höfe, is mit Wärme aufgenommen worden ; und diese Jdee, welhe von Bassermann, einem Liberalen in Baden, ausging, erscheint jeßt in allen Verzeichnissen der Forderungen des Volkes, Es mag jedo bezweifelt werden, ob die Einführung eines mehr populairen Elements in Wirklichkeit dem Bundestage größere Stärke verleihen möchte. Für die Berathungen eines Bundes ist ein Senat und nicht eine Versammlung des Volks die passende Form; und der Augenblick is \{lecht gewählt zu einem Versuche, die Ver= fassung Deutschlands abzuändern. Zum Glück hat der Bundestag in Frankfurt bereits ein Zeichen gegeben, daß er entschlossen is, mit Ener= gie zu handeln. So früh als nur mögli hat er „in seiner Eigen- {haft als geseßlihes Organ der nationalen und politischen Einheit Deutschlands“ ein Manifest erlassen, und obgleich dieses Aktenstück sich etwas zu aus\chließlih mit der Pflicht und der Nothwendigkeit beschäftigt, Ordnung und Einigkeit zwischen den Fürsten und den Völkern im Jn- nern zu erhalten, fv kündigt es doch den Entschluß an, „sowohl für die Sicherheit Deutshlands nah außen als für die Beförderung der iationalen Juteressen und des nationalen Lebens im Junern zu sor- gen.“ Möge dies Versprechen gehalten werden; möge dieser Geist die langsamen Verhandlungen zu Frankfurt bescelen. Wir geben da- zu um so mehr unseren Beifall, als, wenn die Prinzipien des Bun=- des und die Formen seiner Vereinigung irgend etwas gelten, die Po- litif des Bundestages nicht die Politik Oesterreihs oder Preußens, sondern die Politik des Gesammtkörpers is, von welchem dieje nur Theile und Mitglieder sind. Ohne die Absicht zu haben, zu dem Aeußersten zu schreiten, sind der gegenwärtige Zustand von Europa, die natürliche Vorsicht für Vertheidigung und die angeregten großen Fragen Grund genug, in jedem Theile von Deutschland einen mänl- lichen, einigen und patriotischen Geist hervorzurufen. Le E zösische Regierung irgend mit dem wahren Zustande A S bekannt is und nicht blindlings von Máunern, M E Repu unwissender sind, als sie, fortgetriedeu wird, e Me d Uet ú

‘f S V aats | ht der Feindseligkeit eines Volks blik, welhe sie begründen will, m is deg Rbolûs - bck aussehen, wie dasjezige is, welches jenseits De 4 g shaart seyt, Bow-Church, Cheapside, die feierlihe Confir-

Heute fand in der Bw or Kirche vou Enaland, des mation des neu gewählten Primas n S 0 Nacht Erzbischofs von Canterbury, „S091 Bird Sumner, statt. 2 a em

8 Köni liche Kommissions-Schreiben vorgelesen war und auf öffeut= Sa x Aufruf sich Niemand gemeldet hatte, welcher Einspruch that, (Aale Ver Erzbischof den vorgeschriebenen Eid und ward feierli in- U liederlande.

Aus dem Haag, 9. März. Jn der heutigen Sibung wurde von der zweiten Kammer der General - Staaten folgende Kö- niglihe Botschaft in Betreff der Revision des Grundgeseßes entge-

gengenommen :