1848 / 97 p. 1 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

wissenschaftliche und Kunst - Nachrichten.

Histoire de la poésie provengale. Cours sait à la fa- culté des Lettres de Paris par M. Faurielï. Paris, 1846.

(Fortseyung. Vergl. Allg. Pr. Ztg. Nr. 94.)

So wie in der Piouene: im elften, zwölften und dreizehnten Jahrhun- dert der mittelalterlihe Geist zu seiner eigenthümlichsten Entfaltung tam, so wie in jener Zeit in den Sitten des geselligen Lebens und in der Kunst dieses Land dem übrigen Europa voranging, so war im Alterthum dasselbe südlihe Gallien einer der bedeutendsten Mittelpunkte antiker Bildung, so galt damals die Hauptstadt Massilia für die ausgezeichnetste Schule der Ur- banität, für den Sig aller Wissenschaften und Kunste, Man sagte von Massilia, hier sei niht Griechenland nah Gallien, sondern umgekehrt Gal- lien nah Griechenland verpflanzt. Die jungen Römer machten lieber dort ihre Studien, als in Athen. Von dieser Stadt aus verbreitete sich die griechische und in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung die römische Bildung über ganz Gallien. Die drei ersten Lehrer der latei- nischen Beredtsamkeit in Rom waren Gallier von Geburt, und das ganze Land war mit grammatischen und philosophischen Schulen bedeck. Die gallische Nationalität is überhaupt mit der griechischen vielfach verwandt; wir erblicken dieselbe geistige Beweglichkeit, dieselbe Émpfänglichkeit für nat- ven Lebensgenuß, denjelben Sinn für Alles, was dle Phantasie reizen und beschäftigen kann, Griechische Sitte und Lebensweise wurden deshalb bald in Gallien heimisch, das Volk nahm den lebhaftesten Antheil an dem |cchd- nen , die Sinne so bestehenden Kultus der heiteren griechischen Götter, es eignete sih die ganze poetische Lebensanschauung der Griechen an. Vie Griechen hatten für alle Ereignisse des täglichen Lebens Gesänge, alle 1hre Vergnügungen und Festlichkeiten tragen zugleich einen poetischen und pitto- resfen Charafter; man führte da fleine, volfsthümliche Vramen auf, in welcher sich drei verwandte Künste zur Darstellung eines heiteren oder rühb- renden Gegenstandes verbanden z ihnen war die Poesie keine jenseitige ideale Welt, sie brauchtea sich aus keiner prosaischen Wirklichkeit in ein Reich der Träume zu flüchten, sondern ihr ganzes Leben war künstlerisch gestaltet, und die alltäglichsten Geschäfte hatten bei ihnen zugleich eine poetische Seite, Mit griecbischer Lebenswei ben so viel Antheil hatten, nah Gallien.

Wenn nun auch im Mittelalter die geistige Bewegung der Völker eine neue Richtung nahm, so war deshalb nicht alle Wirkung der antiken Civi lisation aus dem Leben verschwunden, vielmehr bildet dieselbe ein wesent- liches Moment in dem Entwickelungs-Prozesse. Nirgends is dies anschau licher, als im südlichen Gallien. So himmelweit die Poesie des klassischen Alterthums von der Romantif der Troubadours verschieden ist, so zeigen sich doch bei näherer Untersuchung die deutlichsten Spuren des Cinflusses, welchen die alt-gallische Kultur auf die Gestaltung des mittelalterlichen Le- bens ausgeübt hat. Jm südlichen Gallien hatte sich die römische Civilisa- tion zwar vielfach modifizirt und entartet, doch immer noch am meisten ex- halten, und hier war sie bestimmt, unter neuen Formen wieder zu erblühen, Alles, was \ih hier in den Sitten Charakteristisches vorfindet, das ganze geistige Leben, der eigenthümliche Gehalt der provenzalischen Nationalität, i durch jene Einflüsse des Alterthums bedingt, Einige charakteristische Züge aus dem Bilde, welches Fauriel von dem geselligen Leben im achten und neunten Jahrhundert entwirft, bestätigen diese Behauptung. Vor Allem hatte sich das alte Heidenthum bis weit in die Zeiten der fränkischen Herr- schaft erhalten, und als endllich das Volk die falshen Götter verließ, o bewahrte es do viele Gebräuche und Ceremonien des griechisch - römischen Kultus, Diese hatten nur ihren primitiven Charakter verloren, jene Spiele, Tänze und theagtralischen Aufführungen waren zu öffentlichen Festen gewor- den, an denen das Volk mit Vorliebe hing. Diese Belustigungen traten sogar mit dem christlichen Kultus in Verbindungz sie fanden an Festtagen statt und bildeten gleichsam ein Ingredienz des Gottesdienstes. Die heid- nischen Tempel dienten der christlichen Gottesverchrung, und das Volt mischte hier allerhand heidnishe Gebräuche in den Ritus, Ès tanzte, fiel mit lasci- ven Liebesliedern in die frommen Psalmen der Priester ein, Ein Kapitulagre von Karl dem Großen rügt ausdrücklich diese Mißbräuche, und in einem rômi- schen Konzilienshluß vom Jahre 826 heißt es: „Es giebt Personen und besonders Frauen, welche an religiösen Festen in die Kirche gehen, nicht áus ehrbaren Absichten, sondern um zn tanzen und schändliche Lieder zu singen und Chöre aufzuführen, so daß, wenn sie mit leichten Sünden ge- fommen sind, sie mit schwereren beladen die Kirche verlassen.“ Jn Limoges antwortete das Volk am Feste des heiligen Martial auf jeden Sah der Li- turgie mit den Worten: „Heiliger Martial, bitte für uns, wir kanzen [ur Dich!“ Und hierauf wurde ein Rundianz aufgeführt, Alles dieses geschah in der Kirhe. An den meisten christlichen Festtagen fanden öffentliche Spiele statt; in ihnen präsidirten die- städtischen Magistrate, und in den öffentlihen Statuten war der ganze Pergang genau be- stimmt, Mertiwürdig ist die Hartnäckigkeit, mit welcher das Volk alle diese heidnishen Gebräuche bewahrte. Noch im siebzehnten Jahrhun- dert finden sich Klagen üb«r das gottlose Treiben in der Provence, über echt griechische Bacchanalien, die in mehreren Städten, besonders aber in Air, am Frohnleichnamsfest begangen wurden. Ein Konzil aus dem _sech- zehnten Jahrhundert verbietet diejelben Tänze in den Kirchen und auf den Kirchhöfen, wie das angeführte römische. Bei den Begräbnissen hatte sich die alte Sitte der Klageweiber und der Mädchen-Chöre erhalten, Alle dieje heiduischen Gebräuche waren deshalb so populair, weil sie die Sinne besta- chen und die Phantasie reizten, Auf gleiche Weise wie vom alten Heiden- thum zeigen sich viele Spuren von den Kunsten der Griechen und Römer; freilich hatte sih hier auch nur das erhalten, was, dem rohen Geschmack der

it gemäß, einen unmittelbar sinnlichen Eindruck machte. Faustiämpfer, Schauspieler , Flötenfpielerinnen und Seiltänzer durchzogen das Land und wurden überall mit Freuden empfangen. Di-se Künstler heißen bei den Römern joculatores, sie waren früh in der Provence in Aufnahme gekom- men, und man nannte sie dort joglars, jongleurs, sie wurden später die Spielleute ver Troubadours. Ein französischer Dichter des dreizehnten Jahr hunderts sagt mit Bitterkeit: „Als König Karl der Große alle Länder unter seine Botmäßigkeit gebracht hatte, da schenkte und vertheilte er ganz Provenee, welches reich an Wein, Waldung und Wasser, an die üppigen pielleute und Menestrels.“ An diese Reste der antifen Religion und Kunst knüpfen sich die ersten Versuche der provenzalischen Literaiur, Die Kirche hatte vergeblich gegen vie heidnishen Ceremonien im christlihen Gottesdienste gecifert, Da die Geistlichkeit diese Gebräuche dem Volte nicht abgewöhnen konnte, so versuchte sie, diejelben dem Christenthum zu akfommodiren und guf diese Weise zu Wg sie benugßte biblische Stoffe zu pantomimischen und dramatischen lufführungen, sie gestattete die Tänze und Chöre zux Ehre der Heiligen, sie duldete volksthümliche Gesänge in provenzalischer Sprache oder in einem verdorbenen Latein, welches das Volk noch verstand. Durch diese Schau- spiele, durch diese Lieder, die seinen Neigungen entsprachen, sollte es zum Besuch der Kirche gelock werden, Die Geistlichen nahmen sich in dieser Beziehung merkwürdige Freiheiten. Sie mischten unter solche Lieder, die bestimmt waren, Bestandtheile der Liturgie auszumachen, Zwiegespräche zwi- schen zwei Liebenden, das Lob der Nachtigall und Aehnliches, Endlich überseßzten sie die alten heiligen Legenden ins Provenzalische und schmüdck- ten den vorgefundenen Stoff so gut sie konnten aus, Diese Legenden wur- den von den herumwandernden Jongleurs “gesungen und beschäftigten die Einbildungskraft des Volkes. Die Denkmale dieser geistlichen und Mönchs- Poesie reichen bis in das neunte Jahrhundert hinauf.

Es gab aber noch ganz andere Gegenstände, die einer poetischen Ver- herrlihung werth waren, und die noch in weit höherem Grade die Svmpa- thie des Volkes in Anspruch nahmen, als die alten Legenden. Es sind dies die Kämpfe der Provenzalen und Aquitanier gegen die fränkische Herrschaft, von der sie {h zu ‘iederholten Malen befreiten, und vor Allem die fort- währenden Kriege der Christenheit gegen die sie von Spanien aus bedrohen- den Araber. Jn ersterer Beziéhnng findet sich ein merkwürdiges Denkmal des erwachten Nationalgefühls déèr Provenzalen in dem Epos Walther von Aquitanién, welches in Deutschland gewöhnlih Ecehard 1. von St. Gallen zugeschrieben ivird, das aber von einem Mönch Geraldus aus dem südlichen Frankreich herrührt. Fauriel macht es nun sehr wahrscheinli, daß Geral- dus den Stoff zu seinem Epos in Erzählungen und Sagen, die im Munde des Volkes lebten, schon vorfand, und dah er diesen Stoff nur lateinisch bearbeitete, Neben der Verherrlichung der provenzalischen Nationalität im Gegensag zur fränkischen, welche sich “n diesem Epos ausspricht, is es aud) wegen seiner Verwandtschaft mit dem Sagenkreis der Nibelungen höchst

je famen auch die shönen Künste, die an dersel- |

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merkwürdig. Viel wichtiger für die Entwickelung und Veredelung des poe- tischen Sinnes waren indessen die Kämpfe mit den Mauren, an denen das südliche Frankreich besonders sich betheiligte. Alles vereinigte sich hier, was für die poetische Anschauung eines Volkes von Bedeutung ist: die Begei- sterung für den Glauben und den Ruhm, ein rascher Wechsel von Siegen und Niederlagen, unvorhergesehene und außerordentliche Abenteuer, die in jenen Zeiten der Unwissenheit und des Aberglaubens leiht für Wunder gel- ten fonnten. Ereignisse aus diesen Kriegen bildeten den Stoff von Liedern und Romanzen, die an den Straßenecken und auf den öffentlichen Pläpen gesungen wurden, und in denen wir die ersten Anfänge der späteren pro- venzalishen Romane und Epopöen erblicken.

Der Zustand der provenzalischen Literatur war am Ende der ersten Periode nun folgender. Die Sprache selbst war hinreichend ausgebildet, um mit Leichtigkeit einer poetischen Auffassung zum Organ zu dienen. Es gab auch in dieser Sprache chon allerhand Gedichtez einige derselben waren dunfle Reminiscenzen an die volksthümliche Poesie der Griechen, die anderen enthielten den mehr oder weniger rohen, aber originellen Ausdruck von allem Wuuderbaren, das sich in dem religiösen Glauben und den historischen Traditionen der dama- ligen Zeit vorfand. Die besondere geistige Thätigkeit des Dichters wurde schon durch das Wort trobar (erfinden) bezeichnet, und man hatte für die Poesie hon ein System der Versification erfunden , welches sich auf die Verbindung des Reimes mit dem Rhvthmus gründet, Ob es endlich schon eine bestimmte Klasse in der Gesellschaft gab, die der Troubadours, welche lediglih der Dichtkunst ihr Leben widmete, läßt sich nicht bestimmen z gewiß ist es, daß die Jongleurs schon damals das Gewerbe von fahrenden Sän- gern ausubten,

_Zur eigentlichen Kunstpoesie echob sih erst die provenzalische Dicht- funst mit der Entwickelung des ritterlichen Geistes. Beide stehen in der innigsten Wechselwirkung, und die erstere ist eben weiter nichts, als der poe- tische Ausdruck für jene Jdeen, welche dem lehteren zu Grunde liegen. Die Zeit jenes Nitterwesens is das Jugendalter der germanischen Völkerz sie waren im elften Jahrhundert aus den Flegeljahren getreten , aus der Zeit der Rohheit, der wilden Thatenlust ohne geistige Jmpulse und der blos sinnlichen Triebez es erschloß sich ihnen ein tieferes Seelenleben, die Ge- müther begeisterten sih sür das Höhere, Jdeale. Die Tapferkeit, die erste ritterlihe Tugend, war nicht mehr ein zwectloses Aufsuchen von Gefahren, eine prahlerische Verachtung des Todes ohne weiteren Jubalt, sondern sie trat in die innigste Beziehung zum Schuße der Religion und der Frauen. Die alte Plumpheit und Ansgelassenheit wurde durch Geselligkeit und feine Sitte verdrängt. Die Zeit des Ritterwesens zeigt im Großen alle jene reizenden Thorheiten , jenes unbestimmte, phantasti)che Drängen und Trei- ben, die das Jünglingsalter bewegen. Es war in ihrer Art eine glüdliche Zeitz vergessen sind der Ernst und die Arbeit des Lebens, die männlichen Beschäftigungen mit der Wissenschaft und dem Staate, Man sang, liebte und tändelte ein ganzes Leben hindurchz alle Bestrebungen der Zeit tragen einen romantischen Charakter, die Kämpfe sind rein idealer Naturz ‘an ihnen ist mehr die Einbildungskraft als die Vernunft betheiligt.

Bei einer solchen geistigen Stimmung der Gemüther war es natürlich, daß in der Poesie die Liebe, die eigentliche Jünglings Leidenschaft, den er sten Nang einnehmen mußte, Von jener Zeit an dreht sich die ganze Lyrik um sie, und sie ist die Haupttriebfeder im Roman und im Epos, Wir kön- nen diese Erscheinung nicht besser als mit Gervinus? Worten erklären: „Das Weib“, sagt er, „bildet in der neueren Zeit die poetische Seite der Gesellshaft, weil das Weib heute, wie einst der griechische Bürger, den ge- meinen Berührungen des Lebens entzogen , weil es die Einwirkungen des Rangsinnes , den Verderbnissen durch niedrige Beschäftigung , der Unruhe und der Gewissenlosigkeit, der Erwerbsucht, nicht ausgeseßt, und weil von der Natur {hon das Weib mehr als der Mann gemacht ist, mit der höch- sten geselligen Ausbildung den Sinn für Natürlichkeit und die ursprüngliche Einfalt des Menschen zu vereinen und die legtere nicht dem erfünstelten, geselligen Leben aufzuopfern. Die geänderte Gestalt der äußeren Berhält- nisse in neuerer Zeit bedingte sogar diese Art von Gefühlen , die in diesen Dichtungen so aus\chließlich behandelt sind, mehr, als man glauben sollte. Die Hindernisse und Beschwerden unseres Lebens wehren uns den leichten Genuß und die rasche Befriedigung der Alten, sie schrecken uns in uns zu- rüd, jie erzeugen die unbestimmte Schnsucht nach einer Gefährtin, die uns die Lasten des Lebens tragen hilft, und diese Lasten kannte der Grieche so wenig, wie unser cheliches und häusliches Glü. Ohne das Weib wäre für jede feinfühlende Seele das heutige Leben nicht zu ertragen, und es war cine wunderbare und wohlmeinende Fügung des Schicksals und der Vorsehung, daß, als sie die Ordnungen der alten Welt und mit ihnen den Seelenadel der alten Männer zerstörte, sie die Frauen aus ihrer Unter- ordnung heraushob und zur Herrschaft über die Gemüther berief , ohne welche die neue Welt in Gemeinheit der Bestrebungen aufs tiefste hätte herabsinken müssen.“ l

So wie sich in der Provence zuerst das Ritterwesen ausbildete, so fand es auch in der provenzalischen Poesie seinen ersten und unmittelbarsten Aus- dru, In jenem Lande vereinigte sich Alles, was die Pflege der Dichtfunst begünstigen fonnte: ein mildes Klima, eine gesegnete Natur, allgemeiner Wohlstand, Liebe zu Spiel und Gesang, Protection der Großen nichts fehlte, was die Entwickelung der Poesie fórdern konnte, Die zahlreichen Schlösser der Edlen waren eben so viel Mittelpunkte für die Sängerz sie wurden hier überall gastlich aufgenommen und reich beschentt entlassen, Freigebigkeit ge- gen sie gehörte mit zu den ritterlichen Tugenden, Ein verdienstlicher For scher im Gebiet der provenzalischen Literatur (Diez, Leben der Troubadours) sagt in dieser Beziehung: „Zu keiner Zeit hatte man unker den Großen Sud-Frankreihs, Spaniens und Jtaliens so viele Verehrer und Beförderer der gebildeten Dichtkunst geschen, als zu Ende des zwölften und zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts. Tapferkeit und Aufwand waren die beiden Richtungen, wocin die Großen ihren Nebm suchtenz beide mußten sich in vollkommener Ritterlichleit vereinigen, Die Freigebigkeit übte man, zum Theil um des Ruhmes willen, mit Leidenschaft: wie die Könige ganze Pro- oinzen verschen:ten, die Barone stets ofene Tafel hielten und als ein laden- des Zeichen der Gastsreundschaft einen Helm über der Pforte ihres Schlos- ses anbrachten, so gab selvst dex dienende Ritter seinen lezten Psennig ohne Bedenken als Almojen hin.“

Nicht selten artete die Mildthätigkeit in unsinnige Verschwendung aus, Ein merkwürdiges Beispiel dieser Art erzählt Gottfried von Vigeois, Im Jahre 1174 beschied Heinrich U. von England eine Versammlung nach Beaucaire, um den Frieden zwischen Aragon und Toulouse zu vermitteluz weder der König von England noch der von Aragon erschien z allein es kam eine außerordentliche Menge von Freiherren und Rittern zusammen. Der Graf von Toulouse machte bei dieser Gelegenheit dem Baron Raimund von Agoult 100,000 Sols zum Geschenk, dieser aber licß die Summe so- gleich an 10,000 Ritter vertheilen, Ein anderer Edelmann, Bertran Ram- baut, ließ ein Stück Land bei Beaucaire pflügen und 30,000 Sols in Pfennigen daselbst aussäen, Wilhelm von Martel, der 300 Nitter in seinem Gefolge hatte, ließ alle Speisen in seiner Küche an dem Feuer von Wachs- Faeln zubereiten, Die Gräfin von Urgel hatte eine Krone, deren Werth man auf 40,000 Sols schägte, eingeschickt, um einen gewissen Wilhelm Mita, den man zum König der Spielleute ausrufen wollie, damit schhmüdcken zu lassen, Raimund von Venous machte den Beschluß damit, daß er drei- ßig Pferde herbeiführen und sie lebendig verbrennen ließ. Einzelne verschwen- Besiythum. Der Dauphin von Auvergne opferte seine halbe Grafschastz andere suchten sich durch Erpressungen und Gewaltthätigkeiten zu helfen, Ganz unbefangen erklärt sich Albert, Graf von Malaspina, gegen Rambaut von Vaqueiras , der ihn des Raubes be- züchtigt: „Das läugne ich nicht, allein ich habe nicht, um Schäße zu sam- meln, sondern um Freigebigkeit zu üben, nach fremdem Gute gegriffen.“

Die Troubadours sind eigentliche Hof-Dichter, sie waren entweder im Dienste eincs Großen, oder sie zogen von einem Schlosse zum anderen, die vornehmeren von einem oder mehreren Spielleuten ( jongleurs ), die ihre Lieder vortrugen, begleitet, Jhre Ankunft gab immer das Signal zu Fest- lichkeiten und geselligen Spielen ; Gunst und Beifall der Fürsten waren das Element , in dem sie lebten , ihr ganzes Dasein war ein Rausch, ein Tau-

den mannichfachsten Aufregungen und

mel, ejne ununterbrochene Reihe von i

Genüssen. Früh erschöpft und durch Gewissensskrupel beunruhigt, zogen sie sich dann, um ihre Rechnung mit dem Himmel zu schließen, in einen tren- gen Mönchsorden zurück und widmeten den Rest eines Leben, an welchem die Liebe und weltliche Freuden keinen Antheil mehr haben konnten, from- menUebungen, Die berühmtesten Troubadours, ‘von deren Lobe kaum noch ganz Spanien, Provence und Jtalien voll war, verschwinden so plöglich, Niemand weiß mehr, wann und wo sie starben, Jhr Leben gleirht einem

deten an die Sänger ihr ganzes

Strome, der nach einem stolzen, aber kurzen Laufe unmerklich sich im Sante verliert.

Die Denkmale, die uns von der Poesie der Troubadours übrig geblie- ben, bestehen theils in lyrischen, theils in epischen Gedichten, dramatische Werke von ihnen giebt es niht. Die Lyrik der Troubadours sagt, im Ganzen angesehen, unserem Geschmack nicht zu. Wie interessant auch ihre Poesie vom Standpunkte der Geschichte, ter Literatur oder der Civili!ation aus betrachtet sein mag, so entbehrt sie doch des höheren, ästhetischen Werths, eine gewisse Monotie is allen Werken der Troubadours eigen, ihre Ari, zu empfinden, is eine mehr conventionellez es giebt schr wenig Gedichte, tie sich dur Naivetät und Frische dex Empfindungen auszeichnen, Es fommi uns so vor, wie Diez richtig bemerkt, als wenn alle ihre Lieder von einem Verfasser herrührtenz überall begegnen wir denselben Vorstellungen, und nux in den Aeußerlichkeiten der Behandlung findet sich einige Mannichfaltigfeit, Die Einfachheit der Empfindungen is gewiß fein Mangel, sie müßte viel mehr auf uns, die wix durch die Verschwendung der Gefuhle in unserer modernen Lyrik übersättigt sind, den wohlthätigsten Eindruck machen, Aver es is eben nicht Einfachheit, sondern vielmehr Dürftigkeit und Leere, wo- durch die Lyrik der Troubadours uns verleidet wird, es hatte sich ihnen noch nicht der ganze innere Reichthum des Gemüths ershlossen. Aus ihren Ge- dichten sprit mehr der Verstand als das Gefühl, sie gewähren den Eindruck von etwas Gemachtem, Künstlichem, wir werden höchstens durch die Zierlich- keit der äußeren Ausführung, durch die Mannichfaltigkeit der Wendungen, ín denen ein und derselbe Gedanke ausgedrückt wird, überras{cht, Man wird sich leicht von dem Gesagten aus den Proben provenzalischer Dichtung, welhe Diez (Leben der Troubadours) und Fauriel in - dem vorliegenden Buche geben, überzeugen können, Freilich geht in diesen Uebersezungen auch noch der Reiz, den _jene Lieder dur den melodischen Klang der volltönenden, occitanischen Sprache hatten, ver- loren. L ;

Außerdem waren sie darauf berehnet, mit Znstrumentalbegleitung ge- sungen zu werden, Musik und Díchikunst gingen in jener Zeit Hand in Hand. Die Dichter komponirten selbs 1hre Lieder, überließen aber den Vortrag derselben den jongleurs3 der Charalter der Composition muß dem unserer Opern-Recitative ähnlich gewesen sein. Wir dürfen uns übrigens keinen großen Begriff von dem Werthe jener Compositionen machen, da der Juhalt der Gedichte für die musikalische Behandlung sehr wenig paßt Cin Text, wenn er sich zur Composition eignen soll, muß cinfach jein, er muß in wenig Worte den ganzen Znhalt eines Gefühls legen, jo dap es der Musik überlassen bleibt, in ihrer Weise diesen Jnhalt weiter zu gestalten, Jn der Lyrik der Troubadours dagegen wird mit sophistischer Kunst ein Ge- danke in das feinste Detail durchgesührt; aus ihr spricht nicht die Empfin dung selbst, sondern es wird darüber reflektint. Zu solcher Poesie kann nun die Musik nur als etwas rein Aecußerliches hinzutreten.

Die erste Rolle in der provenzalischen Lygrifk spielt die Liebe, und wir finden hier das getreue Bild von den sittlichen Zuständen der damaligen Zeit, Es is höchst merkwürdig, daß eines der wesentlichsten Momente der neuen Civilisation die enthusiastische Verehrung der Frauen nicht zur Heili- gung und Veredlung der Ehe führte, sondern im Gegentheil eine seindselige Richtung gegen dieselbe nahm. Jm südlichen Frankreich waren die Frauen lehnsfähig, und der Adel benußte deshalb die Vermählung lediglich als Mittel, seine Macht und seinen Reichthum zu vermehren, Die Ehen wur- den aus rein politischen Rücksichten eingegangen und aus gleichen Gründen wieder gelöst. Zu feiner Zeit kommen in den höchsten Klassen der Gesell- chaft mehr Scheidungen vor, da im katholischen Kirchenrecht durch seinc un- mäßige Ausdehnung der Ehehindernisse wegen Verwandtschaft es an einem erwünschten Vorwand zur Trennung nie fehlen fonnte. Zu? diese Schmach und Erniedrigung fanden die Frauen einige Entschädigung in der Liebe, in ihr und nicht in der Ehe fand die Exaltation für weibliche Anmuth und Schönheit ihren Ausdruckz sie war ein Kultus, das Höchste, dem alles An- dere geopfert werden mußte. Die Dame eines Nitters war seine unbedingte Gebieterin. Die Liebe galt als Grund aller Tugenden , und es var Be erste Pflicht cines Ritters, sich eine Dame zu wählen, deren Liebe und Ach- tung das einzige Ziel und der süßeste Lohn sür seme Thaten war. „Fn fet- nem Leben war es der feierlichste Augenblick, wenn nach langen Proben je ner Ergebenheit die Erwählte ihn endlich zu ihrem dienenden Ritter an- nahm. Das Ceremoniell bei dieser Handlung beweist von der großen Be- deutung, die man daran knüpftez es ist dasselbe, wie bei der Huldigung des Vasallen, in der er dem Lehnsherrn ewige reue versprach, Auf den Kuleen vor seiner Dame und seine Hände 1n die ihrigen gelegt, gelobte der Nitter, für immer der Ihre zu sein, er \{chwur, ihr bis zum Lode zu dienen und fie in allen Gefahren zu shuüben, Die Dame versprach, seinen Dienst anzuneh- men , sie gestand ihm ihre Liebe , gab ihm als Zeichen des eingegangenen Bundes einen Ning und einen Kuß, immer den ersten und oft den einzi-

en, welchen er überhaupt als Lohn seiner Dienste empfing. Häufig wurden diese Einigungen durch Priestersegen geweiht, Nur in diesen Verbindungen, wo jede Gunst der Frauen ein freiwilliges Geschenk war und nicht in dex Ehe, in der sie nichts verweigern , keine Opfer und keinen Dank sür 1hre Liebe fordern fonnten, wurden sie si ihrer Macht und ihrer Würde be- wußt. Daß die Licbe mit der Ehe unverträglich sei, war ein allgemein an- genommener Grundsay. Dies wird durch ein merkwurdiges Beiypiel bestä tigt. Eine Dame hatte einem Nitter versprochen, dann seine Dienste an zunehmen, wenn sie die Liebe eines Anderen, dem ihr He1z jeßt gehore, ver- lieren würde, Bald darauf vermählte sie sich mit diesem Leyteren. Der Ritter forderte nun die Erfüllung des Versprechens, und da sie sich dessen weigerte, beriefen sich Bride auf den Ausspruch der berühmten Eleonore von Poitiers. Diese verurtheilte die Dame, ihr Wort zu halten, da sie in der That die Liebe dessen verloren hätte, mit dem sie vermählt sei.

Der ideaten und zugleich abstrakten Richtung der Zeit hätte es nut ganz entsprocben, wenn aus jenen Verhältnissen alle Sinnlichkeit als Ent weihung verbannt gewesen wäre, und in einigen Liebeeliedern findet sich auch eine solche hoch roman.i che Auffassung. Eben so sind uns manche ZUge ais dem Leben einzelner Ritter überliefert, wo die höchste Exaltation un? Leidenschaft zugleich mit der reinsten Idealität verlunden is, So verliebte sich Jaufre Rudel, Prinz von Blaya, in die Gräfin von Tripolis, die er nie gesehen, von deren Anmuth und Tugend er nux, gehört hatte z zu ihrem Preis sang er manches Lied, und da er endlich der Sebn sucht, sie mit seinen Augen zu schauen, nicht mehr widerstehen konnte, sch1}te er sich nah Svrien ein, fiel unterweges in eine schwere Kranlheit und kgm in Tripolis nur an, um dort sein Leben auszuhauchen, selig, für diejen Preis das Glü erkauft zu haben, die s{chône Fürstin, den Gegenstand aller seiner Träume und Wünsche, zu sehen, und sie gerührt durch jeinen Tod zu erblicken, Gewöhnlich indessen bewegt sich die ritterliche Liebe, 19, wie die Minnepoesie der Troubadours, in welcher jene sich abspiegelt , in einer sehr unbestimmten und schwankenden Mitte zwischen der höchsten Jdealität und der Sinnlichkeit, Jn einer ganzen Reihe von exlaubten Gunstbezeugungen werden der leßteren viele Konzessionen gemacht, so is ja vor Allem der Kuß, der nach dem Geseyze der ritterlichen Galanterie gestattet war, zum großen Theil sinulicher Natur, er ist, wie die Liebe selbst und wie alles Mensch liche, eine Mischung von Sinnlichem und Geistigem, in welcher dex rein na- türliche Trieb durch die Weihe des Geistes zum idealen Gefühl vertlärt wirv. Wenn daher auch der romantischen Richtung ‘der Zeit gemaß jene Verhältnisse frei von aller Niedrigkeit und Gemeinheit waren, so sind sie

doch keinesweges immer ganz harmlos und unschuldig gewesen. Es giebt manche Beispiele von der Race

beleidigter Chegatten, und es ist höchst charakteristisch sür die damaligen Sitten, daß nicht blos die Troubadours, sondern alle Ritter gegen den Maun zu Gunsten der Liebenden Partei nah men. Guillem von Cabestaing, zugleich ein berühmter Troubadour, liebte Margarida von Roussilon und fand Erwiederung; aber ihr Gemahl Rai- mund entdeckte das Einverständniß, tödtete den Sänger, ließ dessen Herz xösten und segte es seiner Gemahlin vor, sie verzehrte. es arglos z da fragte er sie, wie ihr das Herz ihres Geliebten geschmedckt habe, und zeigte ihr das Haupt des Ermordeten, Margarida antwortete: so gut, daß keine andere Speise und kein anderer Trank ihr den Geschmack vom Munde vertreiben solle, den Guillem's Herz darauf zurügelassen , und nah diesen Worten stünzte sie sich vom Balkon deé Schlosses hinab. Der Ruf von dicjem Un- lück verbreitete sih durch das ganze Land, und König Alfons von Aragon Forberte alle seine Ritter und Barone auf, um Rache zu nehmen an Rai- mund, sein Schloß wurde zerstört, sein Gebiet verwüstet, und er selbs starb im Kerker, Die beiden Liebenden aber wurden von der Kirche zu Perpignan in derselben Gruft bestattet, und alle Ritter feierten den Jahrestag 1hres Todes, und die Liebenden wallfahrteten zu ihrem Grabe, um Gott um das Heil ihrer Seelen dort zu bitten.

(Schluß folgt.)

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0E Di

Amtlicher Theil.

Inland. Berlin, Verordnung über Aufhebung der Mahlsteuer und Ersaß derselben durch eine direkte Steuer. Provin Posen. Festung Posen in Belagerungszustand erklärt, ;

Deutsche Bundesstaaten. Herzogthum Holstein. NRends- burg. Erklärung des Herzogs von Augustenburg. Truppen - Bewe- gungen. Flensburg. Stimmung. Kiel, Rückgängige Bewe- gung der holsteinschen Vorhut. Nachrichten aus Schleswig. Freie Stadt Hamburg. Ankunst des Prinzen Waldemar von Preußen, Freie Stadt Frankfurt, Faelzug zu Ehren der deutschen Abge- ordneten und dabei gehaltene Reden. : i E

Oesterreichische Monarchie. Wien, Entlassung und Ernennungen Preßbur g. Der Gesepentwurf über das ungarische Ministerium ge- nehmigt. UE Aufregung in Pesth. Emancipation der Juden. Jun s- bruck. Nachrichten aus Ober - Jtalien. Triest. Berichtigung Nachrichten aus Venedig. Vermischtes, Briefe aus Wien Die : stände in Jtalien; das österreichische Ministeri MRE, LOLOR, Lie Qu

i talien; das österreichische Ministerium und die daneben beste- bib Sinslüssez das Preßgeseßz vorübergehende Aufregungz Zusicherung bi Se E a A A A auf e ne PAAAA zherzoge Ludwig und Johannz Erbieten des

Nußland und Polen. St. Petersburg, Verleihung des Rechts der Erwerbung unbeweglichen Eigenthums an gutsherrliche Bauern und

_ Leibeigene, Ausfgang des Eises auf dem Ladoga und der Newa,

Frankreich. P aris, Dekret über Freiwilligendienst in der Armee, Stadtgarde, Der englische Botschafter, Protestationen gegen die

_Angrisse auf die Presse, e

Grozjbritanien und Frland. E Parlaments-Verhandlungen.

Ae Verletzung des österreichischen Botschafter - Hotels, Handels - und Börsen: Nachrichten.

Beilagen.

London, Der Prinz von Preußen,

Se. Majestät der König haben Allerguädigst geruht :

Dem ersten Kassirer der Stgatsschulden-Tilgungskasse, Dietrich, den Titel eines Rechnungs-Rathes zu verleihen, ;

Die in neuerer Zeit in manchen Gegenden vorgekommeuen Ex- zesse und Angriffe gegen die Personen und das Eigenthum veranlassen den Justiz-Minister, dem (Tit.) es zur besonderen Pflicht zu machen, gegen derartige Geseßes-Uebertretungen mit aller Energie einzuschrei- ten und die Schuldigen so schleunig als möglich der verdienten Strafe entgegenzuführen.

Bon dem bewährten Pflichteifer der Justiz - Beamten erwartet der Justiz-Minister, daß dieselben unter keinen Umständen ihren Posten verlassen, und gerade jebt, in den Zeiten der Aufregung, ohue Rück= sicht auf ihre Person, überall dem Geseße Geltung zu verschaffen wissen werden.

Berlin, den 4. April 1848.

Der Justiz =- Minister Bornemann. An sämmtliche Königliche Obergerichte und den General - Prokurator zu Köln.

Monats=-Ueber sicht der preußischen Bank, gemäß § 99 der Bank - Ordnung vom 5. Oktober 1846. | A Geprägtes Geld und Barren Kassen-Anweisungen . Wechsel-Bestände

9,484,300 Rtôlr. 1970100 » 19,213,900 »

Die

Lombard-Darlehne Staats Paptere, und Aktiva

15,768,000 » verschiedene Forderungen 12,906,400

Banknoten im Umlauf

Deveositen-Kapitalien

Darlehn ves Staais in Kassen-Anweisungen (nach Ziückzahlung von 4,900,000 Rthlr.,

ctr. §. 29 der Bank= Ordnung vom 5.

Oktober 1846) : 1,100,000 Guthaben der Staatskassen, Justitute und e Privat - Personen, mit Einschluß des Giro- A C

Berlin, den 31. März 1848. Königl, preuß. Haupt = Bank = Direktorium. von Lamprecht. Witt. Reichenbach. Meyen. Schmidt. : E

R R G DRE

15,648,200 Kthlr. 29 110/000 »

7,898,000 (gez)

Das 10te Stück der Geseßb-Sammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält unter: : t Nr, 2941, Die provisorishe Berordnung vom Aten d. M., die Auf- hebung der Mahlsteuer und deren Ersatz durch eine di= rekte Steuer betreffend. E i: Berlin, den 6. April 1848. Gesehßsammlungs=Debits-Comtoir,

Angekommen: Se, Durchlaucht der L i . ( í h) Fürst zu Bentheim-= Tecklenburg=Rheda, von Rheda. E n A

Uichtamtlicher Theil.

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Berlin, 5 April Die Nr 1 E

ö , Z s M nte . 0 der Geset - Sammlun ci ie Q se Verordnung, die Gitbebunn der Mahlsteuer 1848 eren Srjas durch eine direkte Steuer betreffend, vom 4, April

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A4 L Meine

eußische Zeitung.

Berlin, Donnerstag den (ien April

Si ta ; S Vir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von _ Preußen 2c. 2c. ; verordnen auf den Autrag Unseres Staats-Ministeriums für den gan= zen Umfang Unserer Monarchie, was folgt :

des Abgabenwesens vom 30, Mai 1820 (G. Samml. S. 134) und des Gejebßes wegen Entrichtung einer Mahl = und Schlachtsteuer von _emselben Tage (G. Samml. S. 143) zur Hebung kommende Mahl= steucr hört in denjenigen Städten, deren verfassungsmäßige Vertreter bei der vorgeseßten Regierung darauf antragen werden, an dem von Unserem Finanz-Minister zu bestimmenden Tage guf. G. e

An Stelle der Mahlsteuer tritt eine direkte Steuer, deren Form der Wahl der betreffenden Kommune unter Genehmigung Unserer Minister des Junnuern und der Finanzen überlassen bleibt, Dieselbe ist in denjenigen Städten, wo direkte Kommunalsteuern bereits beste= hen, als Zuschlag zu den leßteren, wo dergleichen Steuern noch nicht bestehen, oder wo die Einrichtung der bestehenden Steuern die Auf= bringung der neuen Steuer im Wege des Zuschlages nicht oder nur zum Theil gestattet, nach Maßgabe eines von der Kommunal - Be- hörde der vorgeseßten Regierung einzureichenden, von Unseren Mi= nistern des Junern und der Finanzen zu genehmigenden Regulativs zu erheben. El :

Handarbeiter, Tagelöhner und alle ihren Erwerbs-Verhältnissen nah in ähnlicher Lage befindliche Personen sind von Eutrichtung der Steuer befreit. Den Kommunen bleibt es überlassen, diese Befreiung näher festzustellen. i

| | Die auf Grund des §. 1 h. des eseßes über die Einrichtung |

E y Q. A wig Die Steuer bildet für eine jede Stadt ein festes Kontingent, essen Betrag zwei Drittheilen des im Durchschnitt der drei Jahre 1842, 1845 und 1846 in der Stadt aufgekommenen Rohertrags der Mahlsteuer gleichkommt. | : 1

d | A, S. 4. L ae No angs. s Ges geschieht durch die Kommunal- Ae DeA des hierbei, so wie bei Reclamationen gegen die Veranlagung, zu beobachtenden Verfahrens kommen die in den beste=- D, beziehungsweise in den neu zu erlassenden Kommunagl=Steuer= NRegulagtiven enthaltenen Vorschriften zur Anwendung.

: G D, j ¿n Erhebung der Steuer liegt den Städten ob, welche dafür 4 Prozent von dem Kontingente in Abzug bringen. Die Kommu- nal-Behörde führt am 1sten jeden Monats ein Zwölftheil des von der Stadt aufzubringeuden Kontingents an die Staats-Kasse ab. Nück= stände und Ausfälle werden aus der Kommunal - Kasse vorgeschossen und erforderlihenfalls durch Wiederumlagen gededckt, N

sg. 0.

Wenn einzelne Städte die Fortdauer der Mahlsteuer vorziehen, so is der Kommunal - Behörde ein Drittheil des Rohertrages dieser Steuer behufs Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen durch Ausführung bffentliher Arbeiten oder auf andere den örtlichen Ver- hältnissen entsprechende Art zu überweisen, :

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Gegenwärtige Verordnung tritt außer Kraft, sobald über die mit der künftigen Volksvertretung zu vereinbarende anderweite Regu= lirung des Abgabenwesens auf verfassungsmäßige Weise Bestimmung getroffen is. ;

So geschehen Potsdam, den 4, April 1848.

Friedrich TWilhelm. chwerin. von Auerswald, Hansemann von Ney her.

Graf von S von Arnim,

Camphausen. Dr. Bornemann,

Provinz Posen. (Pos. Ztg.) Posen, 3. April, Der fommandirende Geueral hat die nachstehende Bekanntmachung er- lassen: E

„Wenn auch mit Gewißheit zu erwarten steht, daß in den nächsten Ta- gen die speziellen Befehle Sr. Majestät des Königs zur anderweitigen schleu- nigen Reorganisation des Großherzoathums Posen eintreffen werden, so er- heischt dennoch unter den obwaltenden politischen Verhältnissen die militai- rische Verfassung, daß die Festung Posen vou heute an als im Belagerungs- Zuastonde befindlich erklärt wird, Die Ausführung dieser Maßregel wird mit der großten Schonung und Milde erfolgen, Auch trete ich der hier und da laut gewordenen Befürchtung, als könne diese Erklärung des Belagerungs - Zustaudes zur Beschießung der Stadt Veranlassung geben, vorweg und ausdrücklich dadurch entgegen, daß dies durchaus nicht in der Absicht liegt. Nur ein enischieden auftretender Feind, der sich in die Statt drängt und sich darin hartnäig festseßt, oder ein Angriff der Fe- stungswerke von Seiten schon in der Stadt befindlicher bewaffneter Haufen würde den äußersten Fall einer Beschießung rechtfertigen. Die Absicht geht einzig und allein dahin , die Ruhe und Ordnung der Stadt zu sichern und sie gegen Feinde von Außen und Junen her zu vertheidigen. Der Belagerungs - Zustand einer Tostutig bringt a6 m ur die s)sen Fall ertheilten Instructionen, insbesondere dem Publikandum de dato Königsberg den 30, September 1809, mit \ih: 41) daß alle Versammlungen auf den Straßen und das Darchziehen dersel- ben in größeren Massen untersagt bleibt, 2) Daß das Tragen von Waf- fen, welcher Art sie auch scin mögen, so wie das Sammeln und Aufbe- wahren von Waffen-Vorräthen , verboten ist. Als Ausnahme gestatte ich nur, daß die hiesige Schüzengilde und die Schußwachen, welche bisher zur Aufrechthaltung der Ordnung beigetragen haben, sich der Gewehre bedienen, welche ihnen bewilligt worden sind. Der Magistrat wird die Mitglieder des Schüßen-Corps und der Schußwachen sofort mit Legitimations-Kauten ver- sehen, auf den Namen dessen lautend, welcher die Waffe zu füh ren berechtigt is. Wer außerdem Waffen zu führen beabsichtigt und dafür Gründe geltend machen kann, hat die Erlaubniß hierzu bei der Königlichen Kommandantur zu erbitten. 3) “Fremde und Auswärtige dürfen sih nur in der Stadt aufhalten, wenn sie sich vollständig zu legitimiren im Stande sind. 4) Vergehen aller der Militair-Gerichtsba1keit unterworfenen Perjonen ohne Ausnahme, wie aller mit Jnaktivitäts-Gehalt entlassenen, aller zur Disposition gestellten und al- ler mit Pension verabschiedeten Offiziere, aller Unteroffiziere und Soldaten der Linie und Landwehr des ersten und zweiten Aufgebots werden vom Tage der Bekanntmachung ab nach den Gesetzen bestraft, welche für den Kriegszustand er- theilt sind, Sollten gegen alles Erwarten Widersezungen von einzelnen Personen oder größeren Massen, z. B. bei der Aufforderung, die beisich führenden Waffen nie- derzulegen , vorkommen, so ‘werden cs die Kontravenienten sich selbst zuzu- schreiben haben, wenn sie arretixt und verhaftet, schlimmsten Falles durch

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1848.

den Gebrauch der Waffen überwältigt werden. Die Markttage werden durch obige Maßregeln durchaus nicht gestört. Sollten die Umstände es nöthi machen, daß der ¿Festungs-Kommandant von den ihm eingeräumten Skar nissen in größerer Ausdehnung Gebrauch machen und die volle Strenge 4 für folche Fälle gegebenen geseßlichen Bestimmungen eintreten ofen umi so wird solches der Einwohnerschaft vorher bekannt gemacht werden Y Posen, den 3. April 1848. s i Der kommandirende General von Colomb.“

Deutsche BunDesftaaten.

Serzogthum Solstein, (Alt. und Hamburg. Bl) Rendsburg, 31. März. Der Herzog von Augustenburg hat nach- stehende Erklärung an das Volk Schleswig - Holsteins erlassen :

¡Die gegenwärtigen ernsten Verhältnisse machen es mir zur Pflicht einfach und deutlih für Jeden unseres Volkes mich über meine Stellung zu unserer heiligen Sache zu erklären. Die feindseligen Maßregeln burt welche die Nechte unserer Herzogthümer zerbrochen, sind unserem Köni - Herzog durch das dänische Volk aufgezwungen worden. Der König ist in der Gewalt seiner wild erregten dänischen Umgebungz seine Entschließungen sind nicht frei; man bedient sich seiner Autorität, uns ungerechte Geseze vorzuschreiben. Dies sind nicht Redensarten, um den Schein zu bewahren

es ist notorische, offenkundige Thatsache. In dieser Lage hat \ich, unser gutes Recht zu schüßen, die provisorische Regierung gebildet. Sie hat in ihrer Proclamation den Sinn und den Entschluß unseres Volks ausgesprochen. Jhrer Erklärung stimme ih unbedingt und ohne Rückhalt bei, Dies wollen wir —— aber auch dieses vollaus und in ehrlicher Wahrheit: Ausrehthaltung der Rechte unseres Landes und Volks und der dadurch bedingten Rechte unseres angestammten Landesherrn, und festen redlichen Anschluß an die Cinheits- und Freiheits-Bestrebungen Deutsch- lands, dessen Geschichte und Schicksale unsere Herzogthümer theilen müssen und wollen, Für dieses Ziel sind wir Alle, bin auch ih bereit, wie ich bisher gethan, alle meine Krast einzuseßzen, Gut und Blut zu opfern und das Liebste, was der Mensch besißt, hinzugeben. Sollte aber unser Lan- desherr wieder frei scin und würde er die Rechte und die Nationalität der Herzogthümer in dem ausgesprochenen Sinne anerkennen und Gewähr lei- sten, dann werde ih, wie wir Alle, ihn freudig wieder in der Ausübung seiner landesherrlichen Gerechtsame unterstüßen,

Rendsburg, den 34. März 1848,

Christian August, Herzog zu

Das gestern hier formirte Bataillon ‘des Major von Schröder,

circa 800 Mann stark, wurde mit der Nr, 5 in die Herzogthümer aufgenommen und ging heute nah dem Norden ab. Der Capitain F. von Hedemann mit 300 Mann Jäger und das 1ste Freicorps von 250 Mann \chlo}en sih der Jnfanterie an, so daß die ganze heute nach dem Norden abgehende Mannschaft circa 1350 Mann stark ist. Das ganze Kommando des General - Major von Krohn beträgt jeßt circa 5000 Mann, / Flensburg, 31. März. Die Kokarde tragen hier fast nur jüngere Leute; die Flagge zeigt sich bis jebt allein in der Südhälfte der Stadt, die von jeher der Sache des Vaterlandes mehr zugeneigt gewesen. Die in dem nördlichen Theile der Stadt einquartierten Trup= pen werden von Manchen sehr unfreundlich aufgenommen, möglichst \hlecht behandelt und hin und wieder zur Untreue versucht, \o daß in dieser Hinsicht Wachsamkeit Noth thun dürfte. Eine Heins Tüde des Schicksals ist es, daß gerade der Bürger-Verein der Tummelplatz der im dänischen Sinne Jntriguirenden eines von den ersten Häusern sein mußte, welches gestern die schwarz-roth-goldene Fahne aufzog. Es wird verbürgt, daß eine Partie dänischen Militairs in Sonder= burg gelandet sei. Mie 2 April. In der Nacht vom 31. März auf den 1. April ist die aus den Turxnern , Studenten und» einer Abtheilung des fieler Jäger- Corps bestehende Vorhut unserer Armee vor der augen= bliélich überlegenen dänischen Truppenmacht von Apenrade bis eine Stunde nördiich von Flensburg zurückgegangen. Jn Flensburg ziehen sich allmälig unsere Truppen zusammen. È

In Jütland oll vielfah Unzufriedenheit mit den von den Ko= penhagenern verschuldeten kriegerischen Wirren herrschen.

Aus Schleswig vom 1. April schreibt mau: „Heute Morgen um 7 Uhr zog das hierselbjt gebildete Freicorps uater Jubel und Mu= sifbegleitung nordwärts von dannen, um, wie man memt, noch an demselben Tage Apenrade zu erreichen. S

Schleswig-Holstein,“

Eine muthige Schaar aus den verschicdeuartigsten Elementen, aber cinig in dem Einen Gedanken, der jeßt Alles beseeit, theure Rechte zu \hirmen und heilige Güter zu vertheidigen. Ju den Reihen derselben saßh man Familienväter und Jünglinge, nameutlih auch Schüler der Gelchrtenschule, im Ganzen etwa 99 an der Zahl, unter Führung des jungen Grafen Lucner. Die herrschende Begeisterung ist ringsum groß, doppelt er: freulich aber bei dem Geiste der Ruhe und Ordnung, der namentli auch in Schleswig herrsht und noch nicht den leisesten Erzeß hat oorfommen lassen, so daß in diesem Geiste der Zucht und Mäßigung die zurückgelassenen Zamilien dänish gesinnter Beamten und Offiziere die \{chönste Bürgschaft ihrer Sicherheit finden. Der Landsturm scheint sih immer vollständiger zu organisiren; hier und da zeigt sich eine beson= ders tüchtige Kraft darin, so besonders in Angeln, unter den Friesen und in e nigen anderen Gegenden, Treya u. \. f. An anderen Stellen haben sich Sicherheitswachen zum Schube der nächsten Umgebung gebildet ; viele Landleute zeigen große Aufopferung, bringen reiche Dorrathe oder erbicten sich zu werthvollen persönlichen Dienstlerjiungen. Ein uns benachbarter sehr geschäßter Prediger hat etne 2 tenste als Feld= Prediger der Regierung angeboten; moge das Tas Sottes den muthigen Kämpfern auf threr schweren Bahn voran:euhten und ihuen immer den rechten Weg zeigen! Täglich Schaaren vou

Freiwilligen und Kriegern, zum Theil in in dur ;

meistentheils werden sie von den Landleuten zu Wagen ua Glens=

burg befördert. Schwer liegt auf den G emltheru die Kunde vou der

gefänglichen Einziehung zwei.r namhaster Aauner, die aus verrathyeri=

hen Handlungen ergrissen jein holen über die dem

Ve: nehmen nach heute Gericht gehalten wird. Ju jo.cher Zeit sollte doch nichts als offene, männliche Ent)cheidung zwi= hen den streitenden Parteten möglich se.n, die Jeder, wenn sie Ueber= zeugung ist, ehren wird. Der Abgeordnete, L bergerichis = Advokat Dr. Gülich, ijt vou hier zu dex frankfurter Versammlung abgereist, wird also wohl in den ersten Tagen des übermorgen in Rendsburg beginnenden vereinigten Landtags vermißt werden, Als unyverbüigte Gerüchte sind wohl bis jeyt nach den Mittheilungen einiger von Ko= penhagen kommender Reisenden guzusehen, daß dex Kammerherr von

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