1848 / 98 p. 1 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

einer Constitution in den breitesten Grundlagen, wie sie versprochen ist, sein. Darum glaube ih, daß dieser §. 6 niht zu erörtern ist, denn sollte er erörtert werden, so würde ausgesprochen werden müssen, daß noch Vieles zu wünschen übrig ist.

Abgeordn, von Beckerath : Meine Herren! Die Absicht der Regierung bei dieser Vorlage ist es, eine Verheißung zu einem Ge- seß zu machen, und diese Absicht, glaube ich, können wir nur aner= fennen. Was nun das Verhältniß des Vereinigten Landtages zu der Vorlage betrifft, so scheint es mir, daß wir formell und materiell un- richtig verfahren würden, wenn wir nicht bejahend darauf eingingen. Formell denn so lange der Landtag versammelt is, is es seine Be auf Verlangen der Regierung zu Geseßes-Vorschlägen seinen

eirath zu geben; materiell weil der Landtag in der Adresse an

den König die constitutionelle Monarchie als die Staatsform Preu= ßens anerkannt hat. Die Regierung verlangt nun unseren Beirath zu einem Geseb, welches einen Theil jener Verfügung ausmacht; ih glaube, daß es ganz in unserer Pflicht liegt , dazu unseren Beirath, und zwar bejahend, zu ertheilen. Dagegen scheint es mir, daß wir über unser Bereich hinausgehen und der fünftigen volksvertretenden Versammlung vorgreisen würden, wenn wir Hand an den weiteren Aushau der Verfassung legen wollten. Unverkenubar hat die Ab= theilung ret, daß dieses eine Geseß nit die Verfassung bildet; es ist noch Vieles tbrig, um sie vollständig zu mahen. Vas aber ist niht unsere Sache. Die Regierung verlangt unjere Mitwirkung für einen bestimmten Gegenstand, über den wir nicht hinausgehen können, und ich trage darauf an, daß der Vorlage der Regierung bejahend beigetreten werde, :

Abgeordn. von Gudenau: Jch trete dem vorigen Redner voll- fommen bei. Das im §. 6 aufgenommene Wort „jedenfalls“ beweist, daß nur von einem Minimum die Rede sein kann und nicht von dem Ausschließen irgend eines anderen Rechtes, Wenn das Gutachten der Abtheilung angenommen würde, sheint mir, würde in diesem Geseß eine große Lücke enthalten sein. Es wäre dann hier von künftigen National - Versammlungen die Rede, während mit kei= nem Worte deren Berechtigung auch nur angedeutet würde. Dies scheint mir aber nothwendig zur allgemeinen Beruhigung, und ich glaube daher, daß wir den Paragraphen lediglih anzunehmen haben.

Marschall: Die Frage heißt :

Wird §. 6 von der Versammlung angenommen. Diejenigen, die ihn annehmen, würden dies durch Aufstehen zu er- kennen geben.

(Es erheben sich die meisten Mitglieder.)

Es hat si die große Mehrzahl dafür ausgesprochen, Jch habe an= zuzeigen, daß Se. Majestät der König die Mitglieder der Versamm- a jeßt nah dem Schlusse der Sißung sehen will, und ersuche des= halb die Mitglieder, sich in der rothen Gallerie neben dem Sißungs= Saale aufzustellen, da Se. Majestät der König sehr bald erscheinen wird. Nachdem dies geschehen, ersuche ih die Mitglieder, si wieder hier einzufinden, um zu vernehmen, welches die Mitglieder sind, welche der Abtheilung, die zu ernennen is, beitreten werden,

(Nach der Pause, in welcher die Abgeordneten Sr, Ma- jestät dem Könige in der Bilder gallerie vorge- stellt worden waren.)

Die Mitglieder, welche ih ersuche, der Abtheilung beizutreten, sind

folgende : Graf Löben, als Vorsibender. Fürst Lichnowsky. Graf York. Abgeordn. Milde. Abgeordn. von Patow. Abgeordn. Knoblauch. Abgeordn. von Roverbeck. Abgeordn. Roepell. Abgeordn, Petersen. Abgeordn. von Brodowski. Abgeordn. Michaelis. Abgeordn. Teßman. Abgeordn, von Vincke.

846 Abgeordn. Holzbrinck. Abgeordu. Weiß. Abgeordn. von Helldorf. Abgeordn. Gießler. Abgeordn. Lensing. Abgeordn. Frhr. von Gudenau. Es i} noh übrig, der Versammlung anzuzeigen, daß die nächste Sitzung morgen Vormittag um 10 Uhr stattfinden wird.

(Sihluß der Sißung 4 Uhr.)

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Jn den gestern für unsere guswärtigen Abonnenten abgesandten Exemplaren is in der Eil, mit welcher die nachträglih eingegangenen Ergänzungen zu dem stenographischen Bericht von der Druerei ex= pedirt werden mußten, Folgendes ausgelassen worden, welches auf Seite 842, Spalte 2, vor Zeile 43, hinter dem Abtheilungs - Gut- achten über §, 4, einzuschalten ist :

Fürst von Cichnowsky: Jch muß mih für den Antrag der Abtheilung erklären. Jndem die Regierung allen Preußen das Recht zuerkennt, sih friedlih und ohne Waffen zu versammeln, hat sie zu- gleih eine Einschränkung damit verbunden. Sie fordert, daß man sih nur in geschlossenen Räumen versammele. Es giebt allerdings zwei Arten, sh zu versammeln, in Häusern oder geschlossenen Räu- men, wie die modernen Gerichtshöfe, und auf freiem Felde, unter der Sonne, wie die alten März- und Mai-Tage, Diese leßtere Art Vereinigung wird. von der Regierung gänzlich ausgeschlossen. Es geschieht dies ohne Zweifel in der löblichen Absicht, Unordnungen zu vermeiden, Ruhe und Sicherheit nicht zu gefährden. Wird diese Absicht aber dadur erreiht, und ist diese Ausschließung billig und zulässig? ich glaube, Beides bezweifeln zu müssen. Auch ich bin nicht der Ansicht, daß es zulässig ist, sich auf Straßen, auf belebten öffentlihen Plätzen zu versammein, die Circulation zu hemmen, Unordnungen und Tumulte hierdurch zu verursachen, die leicht das Ziel überschreiten , welches von der Versammlung selbst ihren Berathungen gesteckt wurde. Muß man aber hieraus folgern, daß alle Versammlungen unter freiem Hiu mel , an offenen Orten verboten werden sollen ? sicher uiht. Jh gehe weiter und sage: Die Versammlungen quf freiem Felde sind vielleiht nicht die gefährliheren. Was mir eher Mißtrauen einflößen könnte, sind die Versammlungen einer geringeren Anzahl Personen in geschlossenen Räumen. Versammlungen, die unbekannt bleiben, denen nur Vertraute beiwohnen, und die bald, namentlich im Wieder= holungsfalle, den Charakter von geheimen Gesellschaften annehmen, in Komplotte ausarten. Wenn überhaupt Vereinigungen mir gefähr= l:ch schienen, so wären es diese geheimen, nicht aber die unter freiem Himmel, die jedenfalls nicht für lichtscheu gelten können. Was ich wünsche, ist ein Recht der Vereinigung, mit Oeffentlichkeit ausgeübt, und auf einem so breiten Maßstabe, daß auch jene daran Theil neh- men können, die nicht die Ansichten der Versammlung theilen, Diesen Erfolg, man muß es gestehen, erreicht man nur durch Versammlun= gen unter freiem Himmel; von diesen kann die gewählte Kommunal= Behörde Kenntniß nehmen und kaun \ie beschicken, nicht etwa durch bewasffnete Polizei- Agenten, sondern duxch bürgerliche Schußzwache, durch Konstabler, die nöthigenfalls zur Aufrechthaltung der Ord- nung beitragen, unter der Versammlung selbs, ja selbs zum Schub derselben und zur Vermeidung von Konflikten und Reibungen.

Jeder kann einer unter freiem Himmel, in unbeshränktem Raume gehaltenen Versammlung beiwohnen, Jeder kann hören, gehört wer=- den; nur durch den Austausch der Jdeen stumpfen sih die Extreme ab, bricht sich die nlihterne Wahrheit endlih Bahn. Eine Rücksicht bestimmt mih noch, für die Versammlungen in freiem Raume zu sprechen; ihnen wohnt stets ein Publikum beiz Publikum, das sind Zuhörer, nicht Theilnehmer. Der Gedanke an die Gegenwart eines Publikums seßt Schranken, die unter bloßen Theilnehmern sonst wegfallen. Dies is überall und in allen Versammlungen der Fall, hier in diesem Saale wie auf freiem Felde. Es if noch mehr

nöthig , als die sprechen und mitwirken; zu einer Versammlung ge- hören, um den Begriff der Oeffentlichkeit vollständig zu machen, auch die nur zuhören, nicht mitsprechen , niht mitstimmen. Der Begriff dieses ruhigen, vorurthe:lsfreien, streng richtenden Publikums is} aber in der Regel durch die verschlossenen Räume verdrängt.

Jch kann mih des Gedankens nicht erwehren, daß bei Abfas- sung dieses §. 4 der Regierung das Vorbild der belgischen Consti- tution, dieses Meisterwerkes freier Verfassungen, vorgeschwebt habe, Der §. 19 der belgischen Verfassung sagt : i j

„Die Belgier sind berechtigt, \sich friedlih und ohne Waffen zu

versammeln, ohne daß die Ausübung dieses Rechtes einer vorgän-

gigen Erlaubniß unterworfen wäre.“ 2 das wäre also wörtlich das in unserem §. 4. Enthaltene, mit einzigem Wegfall der Stelle über die „geschlossenen Räume.“

Es steht aber im belgischen Reglement noch Folgendes:

„indem sie sich den Geseben unterwerfen, welche die Ausübung

dieses Rechtes regeln können,“ : ferner :

„Diese Verfügung findet auf Versammlungen in freier Luft keine

Anwendungz sie bleiben gänzlich den Polizeigeseßen unterworfen.“

Diese Verordnung klingt schärfer als die uns vorgelegte, und doc halte ih sie für freier; die Polizei, ein meist mißliebig klingender Name, hat in einem wahrhaft constitutionellen Staate nicht das Volk zu bevormunden, nicht jede dem Gouvernement unangenehme Regung ausnahmselos zu unterdrücken und zu überwachen, Sie ist nur da, um Schuß gegen das Verbrechen zu gewähren, um die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten, Daher braucht, nah meiner Ansicht, ein solches Polizei-Geseß nur darin zu bestehen, daß die Kommunal - Behörden von [dem Vorhaben einer solchen Versammlung vorher stets rechtzeitig, ohne aber deshalb Erlaubniß nachzusuchen, informirt wUr= den. Jh wünschte, daß die vffentlichen Versammlungen bei uns einen Grad von Volksthümlichkeit, Gesetlichkeit und Freiheit erlangten, wie in England, diesem Urlande öffentlicher und indivi- dueller Freiheiten. Das isst der Zustand, den ih meinem Lande wünsche. Wenn in England irgend ein Meeting gehalten wird, so pflegt man in der Regel den Sheri\] oder Friedensrichter davon in Kenntniß zu seben, mit dem Ersuchen , der Versammlung vorsiben zu wollen. Der Sheriff nimmt dies |tets an, ohne im geringsten deshalb bei der Debatte betheiligt zu sein, sich in dieselbe zu mischen, oft ohne die Meinungen zu theilen, die ausgedrücckt werden, oder die Gründe gut zu heißen, welche die Versamwlung bewegen, sih zusam men zu thun. Er präsidirt unparteiüsh und hält Ordnung. Jch muß diesen Zustand der Dinge sehr nahahmenswert! finden und muß daher im Interesse der Freiheit, so wie der Ordnung auf Zu lassung solher Versammlungen antragen. Jch finde zwar allerdings die wenigen Beschränkungen, welche im Juteresse der Ordnung, und Ruhe nothwendig erscheinen, in dem Antrag der Abtheilung enthalten und werde mich daher demselben anschließen, wenn statt des Aus- drucks Obrigkeit „Kommunal-Behörde“ gesagt wird.

Candtags-Rommissar: Die Regierung hat im Allgemeinen ge funden, daß der Vorschlag der Abtheilung beinahe das ausdrücdt, was die Regierung bei dem Vorschlage gewollt und beabsichtigt hat. Er würde selbst nicht vollständig so weit gehen, als §. 4. gehen würde. Zur größeren Verdeutlichung der Absicht würde jedoch von dieser Seite gegen die Annahme des vorgeschlagenen Amendements nichts zu erinnern sein.

Marschall : Jh habe nicht deutlich entnommen, ob es die An sicht des Redners war, darauf anzutragen, daß das Wort „Obrig feit““ in „Kommunalbehörde“ zu verwandeln sei.

Abgeordn. Milde: Wenn der erlauchte Redner den Antrag mccht stellt, so werde ih ihn stellen.

Fürst von Cichnowsky : Jch bitte, daß es mir gestattet sei, den Antrag zu formuliren ; ih will nux den Wegfall des Ausdrudes : Obrigkeit; es gilt mir aber gleich, ob statt derselben Kommunagl- oder Polizei-Behörde gesagt wird,

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Das Abonnement beträgt: 2 Rthlr. für { Jahr. 4 Reblx. - § Agdr. 8 Athly. 1 Ion in allen Theilen der Monarchie ohne Preis - Erhöhung. Bei einzelnen Kummern wird der Bogen mit 25 Sgr. berechnet,

98.

Iu h 146

Amtlicher Theil.

Jnland. Berlin. Bericht des Staats - Ministeriums in Betreff der Mahlsteuer. Provinz Schlesien efanntmachung. Unterstüz-

_zungs-Verein in Glogau, Aufhebung der Feudal-Lasten. rovinz Posen, Bekanntmachung. Provinz Westfalen. fes Zur Abwehr übertriebener Angaben über die Ruhesprungen auf dem Lande, Rhein-Provinz. Erleichterungen in der Weinsteuer.

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Mpern. Vermischtes, Königreich Hannover, Stände - Verhandl En. Königreich Württemberg. Gesey wegen der Volksversamfnlungen: Herzog- thum Anhalt - Deßau. Ministerwechsel. Herzogthum Hols=- stein. Rendsburg, Eröffnung der Stände - Versammlung. Ver- mischtes. Freie Stadt Hamburg. Ankunft preußischer Truppen. Freie Stadt Frankfurt. Verhandlungen der vorbcrathenden Versammlung.

Oesterreichische Monarchie. Wien. Kolewrat und Jnzaghi. Aufhebung des Staats-Raths. Nachrichten aus Mailand. Preß- burg. Deputation an den Erzherzog Palatin. Vermischtes.

Rußland und Polen, Warschau, Truppenmusterung und Anrücken neuer Regimenter. n

Frankreich. Paris, Erklärung in Bezug auf die Verhältnisse zu Deutschland. Die deutschen Demokraten. Ordre an die bewegliche National - Garde und Aushebung von Mannschaften. Der Minister des Innern in den Büreaus der Presse. Tel, Dep,

Großbritanien und JFrland, London. Parlaments Verhandlun- gen; Militair -Budget. Adressen nach Deutschland, Die Times über Sardiuien und Frankreich. Bermischtes,

Belgien. Brüssel. Vermischtes.

Handels - und Börsen - Nachrichten.

Botlage,

3 . T1 of Amtlicher Theil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht :

Das erledigte Präsidium bei dem Ober-Landesgcricht zu Ratibor einstweilen dem bisherigen Staats-Anwalt beim Kammergericht, Ge heimen Justizrath August Wenbel, zu übertragen z und

Den Wirklichen Geheimen Rath von Franfenberg-Lud-= wigsdorff zu Posen auf seiueu Antcag seiner Stellung als Chef- Präsident des Ober-Appellationsgerichts und des Ober-Landesgerichts daselbs zu entheben und ihn zux Disposition zu stellen,

Bekanntm«@G n g:

Nach einer heute eingegangenen Mittheilung der Königlich dä- nischen General-Post-Direction wird das zu der Seepost-Verbindung zwischen Kopenhagen und Stettin bestimmte dänische Dampfschiff „Geiser“’ gegenwärtig zum Dienst in der dänischen Marine verwen= det. Die gedachte Verbindung fann demnach bis auf Weiteres nicht stattfinden.

Berlin, den 6. April 1848.

General-Post-Amt.

K'unst-Ausstellung im Akademie-Gebáude.

Die Eröffnung der Kunst - Ausstellung wird am Sonntag den 9tcn d. M,, Vormittags 11 Uhr, stattfinden und von dort an dieselbe täglich an den Wochentagen von 10 bis 5, an Sonn= und Festtagen oòn 11 bis 5 Uhr den Besuchen des funstliebenden Publifums ge-= öffnet sein.

Berlin, den 2. April 1848.

Direktorium und Senat der Königlichen Akademie der Künste.

Dr, G. Schadow, Direktor.

Angekommen: Se. Durchlaucht der General der Jufanterie und General-Gouverneur von Neu - Vorpommern, Fürst zu Put = bus, von Stettin,

Abgereist: Dex Präsideut von Aucerswald, nah Königsberg 1, Pr.

Ober -

der Provinz Preußen,

\tichtamtlicher Theil. In l a de

S DIEL | Wir haben bereits gestern die in dem neue= sten Stict An Geseß-Sammlung publizirte provisorische Verord= nung, die Aufhebung der Mahlsteuer und deren Ersaß durch eine di=

Berlin, 7. April.

refkte Steuer betressend, mitgetheilt. Heute sind wir in den Stand geseßt, die dieser Verordnung zu Grunde liegenden Motive durch Ver= öffentlichung des über dieselbe von Seiten des Staats - Ministeriums an des Königs Majestät erstatteten Berichts zur Kenntniß unserer Leser zu bringe", Dieser Bericht lautet: :

Vie 18 der Entwickelung begriffene Umgestaltung der Staats- Verfassung bedingt eine anderweite Regulirung des bestehenden Ab- gabenwesens. Diese Regulirung wird es sich vorzugsweise zur Aufgabe zu machen haben, die auf der minder wohlhabenden Klasse der Nation ruhende Steuerlast zu erleichtern. Von einer dereinstigen ruhigeren Gestalting der inneren und äußeren Verhältnisse der Monarchie is 2 he” n, daß diese Aufgabe ohne eine gleichzeitige allgemeine Erhöúv- hung der von dem wohlhabenden Theil der Bevölkerung zu zahlenden Abgabe1. „. lösen sein wird, N

Ew, Königl. Majestät Fürsorge hat diese Aufgabe {hon früher ige gefaßt. Der dem ersten Vereinigten Landtage vorgelegte eines Geseßes wegen Aufhebung der Mahl - und Shlacht- Beschränkung der Klassensteuer und Einführung einer Einkom- mcuj.cuer hatte dén Zweck, dur gleihmäßigere Vertheilung der von der Nation zu entrich:endeu Steuern den Beitrag der weniger Wohl= habenden zu ven Staatslasten zu vermindern. Nachdem dieser Ent wurf die ständische Zustimmung nicht gesunden hat, werden nah Ew. Königl. Majestät Allerhöchsten Bestimmung der künftigen Volksvertre- tung neue, zu demselben Ziele führende Vorschläge vorzulegen sein, mit deren Berathung sich das Staats-Ministerium, sobald es die Um- stände gestatten, beschäftigen wird,

Preußische

Berlin, Freitäg ven

Allgemeine

April

Dringende Verhältnisse machen es indessen rathsam, schon jebt eine Maßregel zu ergreifen, welche die Möglichkeit gewährt, die von (Ew. Königl. Majestät beabsichtigte Steuer=Ausgleichung da, wo es ein unmittelbares Bedürfniß erfordert, vorläusig und insoweit eintre= ten zu lassen, als dies ohne Zustimmung der Volksvertretung zu-= lässig ist. ; :

Durch die in den meisten größeren Städten der Monarchie zur Erhebung fommende Mahl- und Schlachtsteuer wird der dieser Steuer unterworfene Theil der Bevölkerung in stärkerem Maße belastet, als der klassensteuerpflichtige Theil der Nation. Zugleich trifft die Mahlsteuer, welche beinahe zur Hälfte ihres Ertrags durch die Abgabe vom Roggenmehl gebildet wird, “in einem nicht richtigen Verhältniß den Verbrauch der minder wohlhabenden Klassen. Diese Ungleichheit wird doppelt drückend in einex Zeit, wo die im Verkehr eingetretene und in den größeren Städten, den Siben des Handels und Gewerbfleißes, besonders fühlbare Stockung die Gelegenheit zum Erwerbe für die arbeitenden Klassen verringert hat.

Das Staats=-Ministerium i} dex Ueberzeugung, daß hierin eine alsbaldige Abhülfe dringend Noth thue. Diese Hülfe kann, ohne den Befugnissen der Volks-Vertretung zu nahe zu tretcn, darin ge= funden werden, daß in denjenigen Städten, welche darauf autragen, die Mahlsteuer aufgehoben und bis auf Höhe von zwei Drittheilen ihres bisherigen Ertrages durch eine direkte Steuer erseßt wird, de- ren Form der Wahl der einzelnen Kommunen überlassen bleibt, und welhe von den leßteren als ein Kontingent an die Staatskasse abzu führen ift. h

Daß nur die Aufhebung der Mahlsteuer und nicht zugleich der Wegfall der Schlachtsteuer ius Auge gefaßt wird, findet seine Recht= fertigung einerseits in dem Umstande, daß die Schlachtstener vor- zugsweije auf dem Verbrauch der wohlhabenderen Klassen ruht, ande= rerseits darin, daß die durch die jebigen außerordentlichen Verhält- nisse herbeigeführte Vermehrung der Staats-Ausgaben nicht gestattet, eine gropere Erleichterung zu gewähren, bevor nicht der Ersaß des Ausfalls in anderweiter Art völlig gesichert ist, So wenig, als cine solche Ausdehnung der Maßregel würde ferner deren Beschränkung auf die Aufhebung der Steuer vom Roggenmehl rathsam sein, da hierdurch der beabsichtigte Erfolg gefährdet und mancherlei Schwie= rigkeiten bei der Ausführung hervorgerufen werden würden.

Durch den Erlaß eiues Drittheils vou dem bisherigen Mahl=- steuer - Ertrage wird die Steuer - Ausgleichung zwischen dem mahl= und \chlachtsteuerpflichtigen und dem flassensteuerpflichtigen Theile des Landes angebahnt werden.

Darüber, daß der Ersaß der für die Staatskasse festzuhaltenden zwei Drittheile des Ertrages der Mahlsteuer durch eine direfte Steuer zu beschaffen sei, wird, im Hinblick auf die Berathungen über die diese Frage betreffenden, oben erwähnten Vorlagen an den ersten Vereinigten Landtag ein Zweifel nichk obwalten fönnen. Es wird nur dafür zu sorgen sein, daß die arbeitenden Klassen von dieser Steuer befreit bleiben, da der Zweck der Maßregel eben dahin geht, die Lage dieser Klassen zu erleichtern. Eine Bevorzugung der städti: hen Arbeiter-Bevölkerung vor dem der Klassen - Steuer unterliegen- den Arbeiter-Stande des flassensteuerpflichtigen Landes ist hierin nicht zu finden, da jene nach wie vor der Schlachtsteuer unterworfen bleibt

| und damit durchschnittlich * in demselben Verhältniß zu den Staats-

Lasten herangezogen wird, als diese durch die Klassen -Steuer.

Die Wahl der Form für die zu erhebende direkte Steuer den einzelnen Kommunen zu überlassen, empfiehlt sich aus mehr als einem Grunde. Zunächst durch den bei einer provisorischen und rasch durchzu führenden Maßregel doppelt erheblichen Vorzug der leiten Ausführ= barkeit. Jn der Mehrzahl der mahl=- und {hlahtsteuerpflihtigen Städte bestehen bereits direkte Kommunal=Steuern, an welche sich die neue Steuer mit Leichtigkeit anschließen läßt; wo dergleichen noch nicht bestehen, wird die Erhebung einer den besonderen Verhältnissen des Orts angepaßten Steuer weit weniger Schwierigkeiten finden, als die Einführung einer Steuer, deren Form auf einer die Berücksichtigung dieser besonderen Verhältnisse ausschließenden allgemeinen Anordnung beruben würde. Sodann werden guf diesem Wege alle Bedenken gegen die staatsrechtliche Zulässigkeit der Maßregel vermieden, da die Ersatz - Steuer für die Mahlsteuer als cin von jeder einzelnen Stadt für sich und in der ihr angemessen scheinenden Form aufzubringendes Kontingent behandelt wird; sie erhält dadurch den Charakter ciner nach. §. 13 des Gesebes iber die Einrichtung des Abgaben - Wesens vom 30. Mai 1820 allein von der Entschließung der Kommunen und der Genehmigung des Staates abhängigen Kommunal - Steuer.

Es bleibt endlich zu erwägen, daß es Städte geben kann, denen es nicht wünschenswert) erscheint, die Mahlsteuer aufgehoben und durch cine direkte Steuer erseßt zu sehen. Es würde den Grund= säßen der Billigkeit nicht entsprechen, die Arbeiter Bevölkerung fol- cher Städte von den Vortheilen auszuschließen, welche diesem Theile der Bevölkerung in denjenigen Städten zu Gute kommen werden, deren Verhältnisse die sofortige Aufhebung der Mahlsteuer gestatten. Zur Vermeidung dieser Unbilligkeit bietet sich der Ausweg dar, daß

in solchen Städten die Mahlteuer zwar wie bisher forterhoben, je- |

doch ein Drittheil des Rohertrags derselben der städtischen Behörde behufs Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen durch Aus-= führung öffentlicher Arbeiten oder auf andere den Lokal-Verhältuissen entsprehende Weise überwiesen wird. Bei- Ew. Königlichen Majestät trägt das Staats - Ministerium allerunterthänigst darauf an: die vorstehend entwidelten Maßregelu Allergnädigst genehmigen und die zu diesem Zweck im Entwurf beigefügte Verordnung huid- reist vollziehen zu wollen. Berlin, den 3. April 1848. Das Staats-Ministerium. (gez) Camphausén. G. von Schwerin. von Auerswald. Dr. Bornemann, von Arnim, Hansemann. vonReyher. An des Königs Majestät.

Der stenographishe Bericht über die

Berlíiu, 7. April. : uns beim

dritte Sißung des zweiten Vereinigten Landtags war Schluß unseres heutigen Blattes noch nicht zugekommen.

Zeitung.

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1848.

Provinz Schlesien. Der Ober - Präsident hat die nah- stehende Bekanntmachung erlassen:

„Ungeachtet wiederholter Ermahnungen haben an verschiedenen Orten der Provinz von neuem gesehwidrige Handlungen der Einsassen gegen die Gutsherren stattgefunden, um von diesen die Berzichtleistung auf die Rechte zu erzwingen, welche den Vominien gegen vie Rustikal - Besiger zustehen. Indem ich auf die bereits veröffentlichten Erklärungen der Königlichen Ober- Landesgerichte hinweise, nach welchen

alle derartigen erzwungenen Verzichtleistungen nicht nux vollkommen un-

gültig sind, sondern auch zurückgegeben werden müssen, warne ih die Landbewohner von neuem, sich fernerhin aller Ruhestörungen und ungeseylichen Handlungen zu enthalten, Sollte diese Warnung unbe- achtet bleiben und sollten in Folge dessen neuerdings Exzesse vorkemmen, o werden dieselben mit aller Kraft, nöthigenfalls mit Hülfe der bewaffne- ten Macht, unterdrückt werden , namentlich wird, wie dies bercits in Dyhrenfurth, Polentschine, Zobten, Schwentnig, Laskowiy, Jeltsch, Warten- berg und an anderen Orten geschehen is, für die Verhaftung der Schuldigen und deren Ablieferung an das Gericht gesorgt werden, Die Bestrafung fol- ccher Ruhestörer seitens der Gerichte wird nicht ausbleiben, und ich fordere daher alle Landbewohner hierdurch auf, die von ihnen beabsichtigte Erleich- terung ihrer Lage nicht auf ungesezlichem, sondern auf dem verfassungs- mäßigen Wege zu erstreben. Hiezu bieten die Kreis-Vermitielungs-Behörden die beste Gelegenheit, Diesen, deren sofortigen Zusammentritt die König- lie General - Kommission in allen Kreisen der Provinz, wo sich ein Be- dürfniß dazu zeigt, veranlaßt hat, mögen die Landbewohner ihre Wünsche, die sie bezüglih der Ablösung der gutsherrlich - bäuerlichen Verhältnisse he- gen, vortragen und auf diese Weise den allein erfolgreichen Weg zu deren Befriedigung einschlagen. Sie mögen sich durch die weit verbreiteten Ge- rüchte, daß des Königs Majestät durch eine Allerhöchste Kabinets-Ordre die Aufhe- bung aller sogenannten Dominialrechte bereits ausgesprochen habe, nicht täuschen lassen, da eine solche Bestimmung nicht ergangen ist und auch verfassungsmäßig ohne ständischen Beirath gar nicht erlassen werden konnte. Dagegen kön- nen die Landbewohner mit Sicherheit darauf rechnen , daß die Behörde selbst Veranlassung nehmen wird, den aus dem neuen Wahlgeseze hervor- gegangenen Vertretern aller Volksklassen eincn Gesez-Entwurf über die demn Bedürfnissen der Zeit entsprechendere Ablösung der Laudemien und anderer Dominial - Abgaben vorzulegen. Nach der Beschlußnahme dieser künftigen, aus Urwahlen hervorgegangenen Vertreter des Volks wird die gesezliche Re- gelung und Auflösung der gutsherrlichy-bäuerlichen Verhältnisse schleunigst erfol- gen, und dürfen sich die Landbewohner überzeugt halten, daß aus diesem Wege ihre gerechten Beschwerden in nicht zu serner Zeit Erledigung finden werden, Bis dahin werden sich die Land- Bewohner, dies erwarte ih mit Zuversicht, von allen Stdrungen jezt noch bestehender Rechte fern halten und die gute Sache nicht vurch Willkür, Zwang oder Eingriffe in das Eigenthumsrecht beschim- pfen. Die Kreis - Vermittelungs - Behörden aber werden sich, wie ich ver- trauen darf, ihrem schönen Berufe, das Vertrauen zwischen Gutseinsassen und Herrschaften dur gütliche Vereinbarung über Ablösung der Dominial- Abgaben aufs neue zu beleben, mit Eifer und Umsicht hingeben und dadurch wesentlih zur Beruhigung der aufgeregten Gemüther mitwirken.

Breëlau, den 3. April 1848.

Der Ober - Präsident der Provinz Schlesien, Pinder.

(Od. Ztg.) Jn Glogau hat si unter Vorsitz des Ober-Lan= desgerihtë-Vice-Präsidenten von Forckenbeck ein Verein gebildet zur Unterstüßung der in Glogau zurücbleibenden Familien der auêmar- shirten Angehörigen des Heeres.

Der Landrath Herr von Thielau auf Schreibendorf hat dur eine freiwillige Schenkungs-Urkunde die Gemeinden Ober - und Nie-

| der - Schreibendorf, Antheil Schreibendorf, Eventhal und Morißfelde,

aller Feudal =- Lasten enthoben, was obige Gemeinden unter dem 26. März, verbunden mit einer Danksagung, öffentlich bekannt machen.

Provinz Posen. Der fommandirende General und der Ober-Präsident haben die nachstehende Bekanntmachung erlassen : „Ein gestern zur Oeffentlichkeit gebrachter Aufruf an die ge=-

sammte deutsche Bevölkerung des Großherzogthums Posen vom 29sten d. M. stellt die Behauptung auf, daß das Herannahen des Feindes die Bewaffnung gebiete, so wie sie gegenwärtig auf irregulaire Weise in vielen Städten und auf dem platten Lande des Großherzogthums stattfindet. Von einem herannahenden Feinde is bis jeßt nichts be- fannt. Sollte aber ein Feind heranziehen, so würde die Be= waffnung, um ißr Wirksamkeit beizulegen, ganz anders or=- ganisirt und die höheren Befehle dazu abgewartet werden müssen. Eine Gefahr im Berzuge liegt hierin nicht, da im Groß=- herzogthum Posen disziplinirte Truppen

genug vorhanden sind, um bis zur weiteren Entwickelung der Streitkräfte den ersten Angriff abzuwehren. Die Unterzcichhneten erklären deshalb die eben bes zeichnete irregulaire Bewaffnung nicht nux für eine durchaus ungeseßlihe, sondern auch für eine gefährliche, da sie zu Mißverständ- nissen Veranlassung giebt und mit allen friedlichen Versicherungen im Widerspruche steht. Posen, den 31. März 1848, Der kommandirende General von Colomb. Der Ober - Präsident von Beurmann.“

Provinz Westfalen. Münster, 2. April. (We st fäl. Merk.) Mit dem Gefühle des tiefsten Schmerzes schen wir in Un- seren Tagen die zuerst in größerem Maße in mehreren süddeutschen Ländern gegebenen Beispiele gewaltsamen Andringens ín U rottungen gegen die Obrigkeit und gegen ki wohlhabenden Einwoh- ner sich auch in der Provinz Westfalen wiederholen, Es ist leider nur zu wahr, daß solche tumultuarische und verbrecherische rg nis hon an vielen Orten dieses Landes stattgesunden, haben, daß neben mandea kleineren auch in einzelnen Fällen erhebliche BeshL digungen des Eigenthums vorgefallen sind. Orößer noch ist das Entseten, welches diese Ereignisse den Bedrohten und Angegrissenen verur- Gen Und welches dadurch über die ruhige und wohlge- [Ele : wollte es leugnen,

si ( n brei 18 wird. Wer

1e Be »ölferung verbreite : | E E Geist des Ungehorsams und der Eigenmacht, weiter

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c; Zis ahin sühren müßte, alle gesellschaftlihe Ordnung zu ae E tas li zu olcher Befürchtung haben wir doch, Gott sei Dank, noch feine Ursache. Freilih war es den Behörden nicht móglidh, drohenden Angriffen überall zuvorzukommen; da, wie Jeder- mann weiß, welcher den Gang der Ereigni}je mit unbewölktem Auge verfolgt, solche Angriffe an vielen Orten fast gleichzeitig und auch da, man na der hioherigen Haltung aller Volk- klassen sie nicht ent- fernt ahnen fonnte, geschehen sind. Man is derselben aber überall sofort mit Erfolg entgegengetreten; man hat polizeiliche Gewalt und

das irgend disponible Militair kräftig angewendet; leßteres is