1848 / 103 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

( „Votum handelt, wodurch Sie im Allgenteinen dem atze Mr , o R unter den obwaltenden Verhältnissen die Mittel zu bien die es für geeignet halten wird. Es is von

dem ersten Redner an eführt, es würde eínen üblen Eindruck machen, nachdem man jeßt in olge der eingetretenen Veränderung der Staats- Verfassung überall Erleichterung der Lasten hoffe, der Landtag mit der Aussicht auf Erhöhung der Steuern oder auf Abschluß von An- leihen in seine Heimat entlassen werde. Aber wie, meine Herren, is denn Einer unter Jhnen, der e Oi hätte, wenn der Verkehr stockt, wenn Auer ente Bedürfnisse evident vorliegen, daß in ei- nem solhen Augenblicke nicht auch außerordentliche Mittel nöthig wären? Ein anderer Abgeordneter der sächsischen Ritter= haft hat mit einer Offenheit , die ih ehre, als Gegner des Ministeriums und insbesondere des Finanz=Ministers \ih erklärt ; es ist sehr natürlich, daß das verehrte Mitglied und ih politische Gegner sind, und ih habe nicht das Geringste dagegen einzuwenden. Das verehrte Mitglied hat gesucht, darzustellen, die Grundsäße des Abgeordneten mit denen des Ministers in Gegensaß zu bringen, Ich glaube, daß das verehrte Mitglied sich irrt; ih habe früher behaup- tet, daß es in den Gesepen begründet sei, daß der Landtag die Be-= willigung von Steuern haben müsse, auch in Kriegszeiten, au wenn, wie in dem Patent vom 3. Februar steht, Krieg erwartet werde. Nun is eben dieses Erwarten zwar noh nicht bestimmt, im Gegen- theil habe ich die Hoffnung, daß kein Krieg ausbrechen werde, aber ein Jeder denkt doch an eine Möglichkeit des Krieges, und daß auf diese Möglichkeit auch Bedacht genommen werden müsse; da haben wir, nicht auf das Patent, sondern auf die früheren Gesebe gestüßt, geglaubt, es könne das Ministerium außerordentliche Steuern nicht E ohne den Landtag um seine Bewilligung zu befragen. Oder schließt etwa das constitutionelle System aus, daß in außerordent= lichen Zeiten dem Ministerium ein Vertrauens-Votum gegeben werde? Ganz und gar nicht. Jm Gegentheil, das ist der wahre Sinn des Con- stitutionalismus, daß die Staatsgewalt, die Macht der Krone, in Ue- bereinstimmung mit dem Willen des Volkes gestärkt werde. Haben Sie nun, meine Herren, ein solhes Vertrauen zu dem Ministerium nicht, um ihm in schwierigen Zeiten die Mittel zu überlassen , so ist dem, was das Geseh erfordert, Genüge gethan, und das Ministerium wird demnächst nah einem solhen Votum seine constitutionelle Pflicht zu erfüllen wissen, (Bravo!) .

Wenn das verehrte Mitglied geglaubt hat, es würde nun cin gewisser Jndividualismus bei den Ministern herrschen, nicht die Norm des Staatsmannes befolgt werden, so habe ih darauf nur zu erwie- dern, daß es dem geehrten Mitgliede, wie jedem Anderen, freisteht, die Minister nicht für gehörige Staatsmänner zu halten, Alles das lös sich auf in das Votum der Majorität der Versammlung, Es ist von zwei verehrten Rednern die von dem Ministe= rium getroffene Maßregel hinsichtlich der Mahlsteuer getadelt worden, Wir, meine Herren, haben die Pflicht, die Ordnung aus= recht zu erhalten, und dies ist unser fester Wille. Wir wollen nicht, daß an die Stelle der Freiheit und der friedlichen Diskussion aller Interessen die Gewaltthätigkeit trete; aber auf der anderen Seite wollen wir auch, so viel wir können, ungerehte Verhältnisse {hon zeitig abändern. Die Klassensteuer beträgt durchschnittlich auf dem

Kopf 164 Sgr., die Mahl- und Schlachtsteuer dagegen durch\chnitt- lih auf den Kopf über 80 Sgr. Dasjenige, was dem Staate jeßt erlassen ist, {beträgt "ungefähr von beiden Steuern zusammen ";, und durch diesen Erlaß wird gerade derjenige Theil, der bisher nah den Steuersystem am meisten überbürdet war, erleichtert werdenz er wird es da, wo die Steuer beibehalten wird, ebenfalls und vielleicht noch um so mehr, weil der Nachlaß gerade diesem Theile zu Gute fommen soll. Dieser Nachlaß beträgt, wie gesagt, ungefähr 7 und das Ver= hältniß wird dann immer noch so bestehen bleiben, daß 164 Sgr. auf den Kopf der Klasseusteuerpflichtigen, gegen 40 Sgr. auf den Kopf der Mahl= und Schlachtsteuerpflichtigen bleiben. Was die ver- fassungsmäßige Befugniß des Ministeriums zum Erlaß dieser Anord- nung betrit, \o beziehe ih mich auf die desfallsige Erläuterung, welche veröffentliht worden ist. Statt nun in die vorgebrachten Pläne, zu welchen gewiß uoch manche andere hinzukommen könnten, näher einzugehen, spreche ih Jhnen aus, wie wir hoffen, daß bis zum Zusammentritt der nah dem neuen Wahlgeseß sih bildenden Bolksvertretung die Erhebung außerordentlicher Steuern und die Ausf= nahme vou drückenden und unvortheilhaften Auleihen vermieden wer- den könne,

Díe Unterstüßung der preußischen Bank und eine für den allge- meinen Verkehr geeignete Vermehrung der vorhandenen Circulations=- Mittel, in Verbindung mit den dem Staate zu Gebote stehenden bag= ren Fonds, wird nah unserer Ansicht die erforderlichen Mittel zur Bestreitung der Staatsbedürsnisse shassen und auf die Hebung des für die Erwerbszweige nöthigen Kredits günstig einwirken,

(Bravo!)

Schrecken Sie übrigens vor den 25 Millionen nicht zurück. Man hat in der Abtheilung gewünscht, eine Summe genannt zu sehen, und da dieser Wunsch dort allgemein ausgesprohen wurde, so haben wir demselben gewillfahrt; aber wenn auch hinsichtlich der Verpflichtung und hinsichtlih des Begrifss der Mitwirkung der Stände oder Bolks- vertreter zur Aufnahme von Anleihen die Garantieen damit gleich- zurechnen sind, \o is ês doch etwas Anderes in Beziehung auf deren JBirkung, Da kommt es ganz vorzüglich darauf an, daß die Summe groß genug sei, um die Wirkung, auch ohne den Staat in große Lasten zu bringen, herbeiführen zu fönnen. Möge Jhnen dies nur durch ein einziges Beispiel klar werden. Denken Sie si, daß in einem gewissen Bezirke mehrere Kreise zusammentreten und auf genügende Depots gegründete Papiere ausgeben, um dort als Circulationsmittel zu dienen; denken Sie sih_nun, daß, wenn etwa nachgegeben würde, diese Papiere sür gewisse Steuern innerhalb dieser Bezirke in Zahlung zu nehmen, so würde diese Maßregel im Wesent- lichen nur einen fleinen Verlust zur Folge haben, jedoch niht die Garantie über die ganze Summe als völlig wirksam in Verlust auf= lösen können, indem dagegen die gehörigen Maßregeln angeordnet sein würden. Indem ih Jhnen dies Beispiel anführe, will ih da- mit nicht sagen, daß gerade dieses Mittel das geeignetste wäre, um Unterstüßung zu gewähren; es kann dies in anderer Weise eben so gut geschehen und vielleicht noh zweckmäßiger. Jh will nur einzig und allein dieses Beispiel angeführt haben, damit Sie den großen Unterschied einsehen zwischen einer Anleihe, die zurückgezahlt werden muß, und einer Garantie, wo ein Ausfall bis zu einem gewissen Grade

ommen fann. : S e Zum Schluß, meine Herren, noch wenige Worte: Sie werden nun bald in ihre Heimat zurüikehren ; da bitte ih Sie, überall da hin zu wirken, daß ein Jeder mit Muth und Vertrauen den shwie- rigen Umständen entgegentrete; daß nicht diejenigen, die Vermögen haben, \sich zurückziehen und blos sparen. Wirken Sie dahin, daß ein Jeder, so viel es seine Vermögens - Verhältnisse erlauben, in ge- wohnter Weise lebe; daß man nicht aus Angst und Besorgniß den solidesten Bankhäusern und Kredit-Justituten, die Niemanden in Ver= lust bringen können, das bei ihnen niedergelegte Geld entzieht. Eine Furcht dieser Art is es vorzuge weise, was auf die D Ge- werbe wirkt, Aber noch etwas Anderes is es, wohin Sie wirken können, und wohin ein Jeder, der es gut mit dem Vaterlande meint,

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wirken kann. Dahin nämlich, daß ein Jeder begreife, daß jeder An=

riff auf das Eigenthum, Vos Drohung, jede Beg dae die Zustände verschlimmert; daß namentlich die Arbeiter es begreifen mö= gen, daß, wenn ihre Lage verbessert werden soll, wie es Niemaüd mehr wünschen kann, als die Mitglieder des Ministeriums und diese ganze hohe Versammlung, auch die wahre Freiheit herrschen und jeve Frage nur in friedlicher Diskussion gelöst werden darf. Jede Gewaltthätigkeit, ih wiederhole es, is eine Verschlimmerung der all gemeinen Lage und auch der Lage ter Arbeiter. Mögen also alle Klassen der Nation, die wohlhabenden wie die nihtwohlhabenden, die, welche durch Hände - Arbeit, und die, welche auf andere Weise ihr Brod verdienen, mögen sie zusammenwirken, daß die Freiheit in Preußen zugleich mit der Ordnung si fest begründe. Das ist das Wesentlichste, was zur Herstellung des allgemeinen Kredits, zur Her- stellung des allgemeinen Erwerbes erforderlich ist.

Marschall: Es ist zuvörderst zu ermitteln , ob der Vorschlag des Abgeordneten Schauß, zu einer Zwangs-Anleihe zum Betrage von 8 Millionen Rthlr. zum Zweck der Begründung von Lombard= und Dis= fonto - Banken zu schreiten, die erforderliche Unterstüßung findet, Er hat sie nicht gefunden. Jch habe noch zu bemerken, daß vor Eröff= nung der Sibung zugleich mit dem Abgeordneten Schauß si ein Abgeordneter gemeldet hat. Jch war verhindert , seinen Namen zu notiren, und bitte ihn, sich noch einmal zu melden. A

Abgeordn. Frhr. von Vincke: Die Versammlung hat bereits in

der Adresse das völlige Vertrauen zu der gegenwärtigen Regierung ausgesprochen; die Abtheilung hat bei näherer Erwägung der Vor= {läge, welhe das Ministerium uns gemacht hat , dieses Vertrauen im vollsten Maße getheilt, Wir haben aber dessenungeachtet geglaubt, daß gerade die Lage einer constitutionellen Regierung eine weitere Mittheilung, eine größere Oeffentlichkeit bedinge, als dies bei dem Vortrage der Allerhöchsten Botschaft in einer der vorigen Sißungen uns vergönnt war. Das Ministerium is uns darin bereitwillig ent- gegengekommen und hat uns, wie das Gutachten der Abtheilung näher nachweist, namentlich über den Zustand unserer Finanzen die allerumfassendsten Eröffnungen gemaht. Jh will mih zuerst auf diesen Punkt beschränken, um meine Ueberzeugung auszusprechen, daß die Finanzlage unseres Staates in diesem Augenblick, namentlich im Ver= hältniß zu allen anderen Staaten Europas, eine sehr glänzende genannt zu werden verdient. Wir haben in dem Staatsschabße, nachdem alles das, was das Gutachten erwähnt, abgerechnet worden, noch einen baaren Be- stand von 85 Millionen Thalern; dazu kommen noch die hon von einem anderen Reduer erwähnten drei Millionen Thaler. Jh bin freilich mit dem geehrten Mitgliede der sächsischen Ritterschaft in Betreff seiner Be= rechnung nicht völlig einverstanden. Er meinte, drei Millionen seien zur Realisation von Kassenanweisungen angewiesen, davon gehe eine Million ab. Diese eine Million i aber niht, wie angenommen wurde, bereits verausgabt, es hat sich vielmehr herausgestellt, was hier wohl erwähnt zu werden verdient, da es ein besonderes Ber- trauen zu dem Kredite des Staates ausspricht, daß die Realisirung von Kassenanweisungen im Monat März auf nur einige 70,000 Rthlr. und in den ersten aht Tagen des Monats April auf 17,000 Rthlr., insgesammt also auf noch nicht ganz 90,000 Rthlr., sich belaufen hatz es is daher nur so zu verstehen, daß jene eine Million zwar aus dem Staatsschaße bereits abgehoben, aber noch nicht verausgabt ist. Dagegen is die zurückgeflossene eine Million von den zu den Roggen-Ankäufen verwandten vier Millionen Thalern nur in der General = Staatskasse vereinnahmt; sie befindet sih also noch nicht wieder im Stgatsschaße, Fondern nur unter den Beständen der General-Stagtsfasse, welche für laufende Bedürfnisse reservirt bleiben missen, und daher nur unter den Resteinnahmen des Staats- shaßes. Außerdem kommen aber noh zu diesem Baarbestande von 11% Millionen die drei Millionen, welche der Bank überwiesen sind, und dann das Guthaben der General= Staatskasse an die Bank, welches sih ebenfalls auf über eine Million beläuft, so daß, wenn es darauf ankommt, die disponiblen baaren Mittel des Staates anzu-= geben, diese Summen zusammengerehnet sih auf mehr als 15 Mil- lionen belaufen würden. Dies muß, ih wiederhole es, als ein sehr günstiger Zustand angesehen werden, zumal, wenn man die im Ver= hältniß zu anderen Staaten so geringe Staatsschuld in Be- tracht zieht. Nachdem uns nun das Ministerium diese ausführlichen Mitthei= lungen gemacht hatte, die wir mit dem lebhaftesten Danke entgegen genommen haben, haben wir geglaubt, von demselben erwarten zu dürfen, daß es auh über den Gang, den es ferner einzuschlagen gedenkt, und über die Wege der Ausführung uns vollständige Eröffnungen machen würde. Die Abtheilung oder wenigstens ih für meine Person habe dics weniger im Jnteresse der Diskussion in dieser Versammlung für wünschenswerth erachtet, weil wir von der Ansicht ausgingen, daß die Versammlung zu dem Vertrauen, welches sie bereits in der Adresse ausgesprochen hat, sich auch heute bekennen, und nicht das Ministerium in seinen Maßgazhmen allzu ängstlich beschrän- fen würde, namentlich in der jeßigen Zeit, wo man fgum über den Zeitraum von 8 Tagen hinaus alle Eventualitäten in Europa zu übershauen vermag. Wir hâben aber geglaubt, daß es für das Land von der größten Wichtigkeit sei, wenn das Ministerium mindestens in allgemeinen Zügen den Weg andeutete, auf welchem es vorwärts zu schreiten gedenke. Wir können uns nicht verhehlen, daß, wenn selbst das Votum in dieser Versammlung, wie ih bose, einstimmig gaus- fallen wird, dies nicht gusreiht, um das Vertrauen im Lande zu gewinnen, welches das Ministerium in Anspruch nehmen muß. Es schien uns unbedingt erforderlich, daß man sih von neuem von der Wahrheit und praktischen Erfahrung der Regierung, und namentlich der Finanzmänner in derselben, anschaulich überzeuge, daß zu dem Ende, und dies is auch der G:ng in allen constitutionellen Staaten, die Minister allgemeine Andeutungen machen über den Weg, den sie einzuschlagen bereit sind zur Hebung der jeßigen Verlegenheiten, zur Beseitigung der gegenwärtigen Krisis.

Wir haben uns Glück gewünscht, daß dem Ministerium Eingang gefunden haben. Ju der Abtheilung war dies zwar noch nicht vollständig der Fall, weshalb auch 2 Mit glieder, das verehrte Mitglied für Breslau und ih, sich nicht mit der zweiten Frage einverstanden erklären konnten. Heute aber will ih gern gestehen, daß durch die Erklärungen, welche wir so eben aus dem Munde des Herrn Finanz = Ministers gehört haben, meine Be- denklichkeiten vollständig gehoben sind, A

Wie sich einige Redner bereits ausgesprochen haben, so hatte es au uns geschienen, als ob das Ministerium wesentlih bezwecke, im Lande einzelne Kredit - Associationen von Privaten sich bilden zu lassen, diesen die Ausgabe von Zetteln zu gestatten und dann diese Zettel zu garantiren. Wir haben diesen Weg für bedenklih gehalten, namentlich mit Rücksicht auf die geringe Zahl von Kapazitäten, die in den verschiedenen Lokalitäten des Staates in diesem Augenblicke vorhanden sind. Unter dem seitherigen Regime waren wir gewohnt, alle Kenntniß, alle Jutelligenz nur von Berlin aus zu hoffen

i (Gelächter.) und alles Heil nur von dorther zu erwarten, Dies Regime hat zur Folge gehabt, daß in den Provinzen an manchen Orten nicht die hin= länglichen Fähigkeiten vorhanden sind zur Handhabung eines so s{hwie- rigen, so viele Sachkenntniß und Gewandtheit, wie die Leitung von

diese Vorstellungen bei

Kredit - Associationen erfordernden Geschäfts, Dieser Zustand wird

sich freilih jeßt ändern, aber es kann doch niht mit einem Zauber- schlage geshehen. Aus dieser Erwägung der gegenwärtigen Lage und qus der Schwierigkeit einer solhen Finanz-Operation haben wir die Besorgniß geschöpft, daß einzelne Jnstitute dieser Art nicht mit der gehörigen Sorgfalt könnten geleitet werden, so daß ihre Zettel das Vertrauen verlieren würden, daß in Folge dessen die Kredit= losigkeit des einen Papiers nachtheilig auf die Sicherheit einer anderen Bank zurückwirken und in dem allgemeinen Strudel selbst das bis jeßt zu den Banknoten und Kassenanweisungen mit Recht bestehende Vertrauen erschüttern und eine beispiellose Verwirrung in den zirkuli= renden Mitteln herbeiführen müsse. Das Ministerium hat wohl in Folge dieser Bedenken es gerathen gefunden, sich über seine Pläne heute näher auszusprechen, und ih pflihte dem von dem Herrn Finanzminister in seinen Grundzügen entwickelten Plane jeßt voll- ständig bei. Er stimmt im Wesentlichen mit dem Plane überein, dessen Entstehen wir dem verehrten Mitgliede für Breslau verdan=- fen, und welchem ih mich sehr gern angeschlossen habe. Dieser Plan läuft darauf hinaus, daß man die vorhandenen baaren Mittel des Staatsschaßzes, also diese 12 oder 15 Millionen nicht voraus= gabe, sondern sie als Stammfonds für die Realisation der noch fer- ner auszugebenden Staatsnoten zusammenhalte, daß man diesen Fonds in Verbindung mit der Bank verwalte, ohne jedoch die Ver= waltungen zu verschmelzen, was nach den bestehenden leider sehr be- \{hränkenden Bestimmungen nicht gestattet wäre, vielmehr mit einem besonderen Ausschusse unter dem seitherigen Chef und unter Controlle des Herrn Finanzministers, Er würde benußt werden zur Kreirung neuer Cirkulationsmittel, welche ihre Sicherheit in diesem Realisa- tionsfonds mit Beiziehung der vorhandenen Staats-= und Eisenbahn- papiere, und, wenn es erforderli is, in speziellen Hypotheken auf die Staatsdomänen finden würden, damit sie in keiner Weise, wie dies freilich in andern Ländern und namentlih in Frankreih mit dei Assignaten der Fall gewesen ist, der nöthigen Sicherheit für die jedesmalige Realisation entbehren. Wir haben namentlich auch dar- auf hingedeutet, daß dicse Noten in kleineren Appoints von 1 bis 5 Thaler emittirt werden müssen, einmal, weil der Verkehr cebeu dieser kleinen Geldmittel bedarf, um die Zahlungen im Jnteresse der arbeitenden Klasse zu vermitteln, und dann, weil diese kleineren Appoints die Bürgschaft gewähren, daß sie nicht zu häufig und in großen Summen zur Realisation präsentirt werden, wodurch das baare Geld aus dem Realisations-Founds gezogen werden könnte. Um den Kredit in den Provinzen aufzuhelfen, würde es nöthig sein, Spezial- Bauken in den Provinzen zu bilden, aber diese müssen alle unter der zentralen Leitung der Staatsbank verwaltet und nur aus dieser mit deren Zetteln fundirt werden. Dies stimmt im Wesentlichen auch mit dem Vorschlage des geehrten Mitgliedes aus Berlin überein, Die Ausführung überhebt uns jeder Nothwendigkeit einer Anleihe und namentlich der bedenklichen Maßregel einer Zwangsanleih e, wobei ih noch einshalten muß, daß ich eine freiwillige Anleihe in jebiger Zeit für ganz unausführbar halte. Es überhebt uns auch der Nothwendigkeit einer neuen Steuer, in einem Zeitpunkt, wo dem Vernehmen nah in manchen Theilen des Staates die Passion, Steuern zu bezahlen, sehr abgenommen haben soll.

(Heiterkeit.)

Wir haben geglaubt, daß dieses Mittel praktisch und ausführbar und was sehr zu beachten is, zugleich angenehm is, zumal es sich vor allem darum handelt, dies Zirkulationsmittel an die Stelle des, wie wir gus den mancherlei Vorträgen in den verschiedensten Bildern gehört haben, in verschwiegene Höhlen verkrochenen baaren Geldes zu seßen, und den geshwächten Kredit dadurch zu beleben, Jh gläube, daß dadurch auch die Bedenklichkeiten , von denen wir gehört haben, wesentlich vermindert werden; selbst die des geehrten Ab- geordneten für die sächsishe Ritterschaft, dessen politishe Antipathie ¡ih sehr wohl begreife, die ihn aber, davon bin ih überzeugt, bei seinem loyalen Charakter nicht soweit führen wird, dem Gouverne- ment unnöthige Verlegenheiten zu bereiten.

Es wird namentlich nicht zweifelhaft sein können, daß man die Ergreifung dieser Maßregel nicht verschieben darf bis zum Zusammen= tritte der nächsten Versammlung, welche jedoch, wie ih hoffe, nit erst nah zwei oder drei Monaten , sondern wie ih höre, hon am 22, Mai zusammentreten wird, also an einem großen Tage von historischer Bedeutung. Denn gerade in dem jeßigen Augenblicke, wo jede Stunde drängt, wo jede Stunde neue Deputationen nach Berlin fördert, welche die Minister ungleich wichtigeren Staatsgeschäften entziehen, wo jede Stunde neue Kalamitäten her beiführt, wo es überall an Circulationsmitteln fehlt, dürfen wir nicht säumen, zu handeln, es handelt sih um das Wohl des Landes, um die Existenz jedes Einzelnen in dieser Versammlung, Diese zweite Maßregel ist noch viel dringender wie die erste. Es handelt sich nicht darum, Fabriken zu unterstüßen, die schon gefallen sind, Ban= quiers zu erhalten, welhe hon zu Grunde gingen, sondera im All- gemeinen den Kredit im Lande aufzuhelfen, nicht etwa blos für die Fabriken, die Judustrie, sondern auch für die Landwirthschaft und den Grundbesiß, dadur, daß man neue Circulationsmittel \ha}t, wo die alten geshwunden sind. Diese Maßregel is unerläßlich, sie muß ein- treten, wenn die Zahl der Bankerotte, welche so großes Unheil für den Verkehr geschaffen haben, sich nicht stündlich noch vermeh=- ren soll. | |

Die Bewilligung der 15 Millionen zum Zweck der Mobilmachung des Heeres ist nur eine eventuelle Maßregel, wir zürfen erwarten, daß sie erst dann eintreten wird, wenn es nothwendig 11, dap 11e aber unter allen Umständen früher eintreten wird, bevor das ver- hängnißvolle Wort „Zu spät“ ertönt, jeßt, wo wir nicht über den Zeitraum von acht Tagen hinausblicken können, wo an der östlichen wie an der westlihen Gränze sich Kriegsungewitter zusammenzieheu. Wir hören, daß der Einfall von einigen Tausend Deutschen zu er- warten is, um uns die Republik mit gewasfneter Hand zu bringen, wobei ohne Zweifel auch Franzosen sih betheiligen werden. Wenn auch von der provisorischen Regierung zu Paris desavouirt, fönnen sie doch uns mit Frankreich in einen Krieg verwickeln, denn wenn einmal ein Zusammentreffen stattgefunden hat, so wird die Regierung entweder dem Drängen der Massen in Paris nachgeben oder die Idee der französishen Ehre sie verleiten, sich der Sache anzunehmen. Wollen wir also die Ehre des Landes behaupten, jo muüjjen wir zei= gen, daß wir noch die alten Preußen sind, wir müssen die Regierung unterstüßen aus allen Kräften. S

(Lebhafter Beifall.)

Es handelt sih nicht blos um die Existenz des Staates, es han delt sich zugleih um die Geltung Preußens 1in Deutschland, um eine würdige Stellung im deutschen Bunde. Jn Darmstadt ijt in einer halben Stunde und in Stuttgart in eben so kurzer Zeit ein Ver- trauens-Votum ertheilt; soll Preußen geringeren Patriotiêmus be= weisen? Soll der lebte Vereinigte Landtag nicht mik Ehren seine Tage beschließen?

i (Bravo !) i

Es fann hiergegen fein Zweifel auffommen. Wenn wir dem Mini sterium vertrauen, so wollen wir, nahdem wir nun seine Pläne ken- nen gelernt und von der Zweckmäßigkeit derselben uns überzeugt ha- ben, diesem Vertrauen Krast geben durch unser Votum, Unsere Mi-

Zweite Beilage

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nister sind ja verantwortlihe Minister; noch kurze 6 Wochen, und sie Bauen denen, die nah uns kommen, eine s{hwere Rechenschaft ab- zulegen.

Versagen wir dies Votum, so is das Ministerium außer Stande, die Regierung länger zu führen; ih brauche niht zu sagen, wie \hwer es sein würde, ein neues Ministerium zu bilden, und ih weiß in der That nicht, welcher der geehrten Redner dazu in der Lage sich befinden würde,

(Heiterkeit.) Jch habe Niemanden persönlih zu nahe treten wollen; aber ih darf sagen, daß wir allen Grund haben, uns Glück zu wünschen, daß in dieser verhängnißvollen Zeit es Männer gegeben hat, die ihrer poli= tischen Meinung nah sihch in der Lage Mate diese Plätze einzu=- nehmen, und die Muth und Charakter hatten, dieses große persönliche Opfer dem ganzen Lande zu bringen.

L H 7 (Bravo!)

Diese Männer sind auch auf Dornen, nicht auf Rosen gebettet, erhöhen wir niht die Schwierigkeiten ihrer Stellung, \chenken wir ihnen Anerkennung und Vertrauen! Ein jedes Mißtrauensvotum würde ih als einen Verrath des Vaterlandes erkennen. Jh stimme für das Ministerium!

(Lang anhaltender stürmischer Beifall, kurze Pause, nohmaliger stür- mischer Beifall und Ruf zur Abstimmung; die Versammlung is o bewegt, daß eine Unterbrehung von 10 Minuten stattfindet.)

Abgeordn. Milde: Jch erkläre, nahdem mein verehrter Freund den Gegenstand vollkommen erschöpft, ich mich nur deshalb des Wor= tes begebe, weil nah den Erklärungen des Herrn Finanz =- Ministers ih vorausseßen kann, daß der von mir angeregte Plan von den Herren Ministern angenommen i} und ih jeder weiteren Auseinan- dersezung nah den gehabten Besprechungen mit dem Herrn Finanz=- Minister mih überheben fann.

Marschall: Der Abgeordnete Milde hat erklärt, daß er auf das Wort zu verzichten bereit sei, wenn die Versammlung die Ab- stimmung wünscht. Wenn dies von den übrigen Abgeord- neten, die sich um das Wort gemeldet hatten, auch angenommen werden fann, und wenn dem nicht widersprochen wird, so würden wir um so leichter zur Abstimmung kommen.

(Der Ruf zur Abstimmung wird sehr lebhaft.)

Referent Abgeordn, Knoblauch: Jch bemerke noch, daß es wünschenswerth wäre, wenn über beide Fragen auf einmal abgestimmt würde, was um so zulässiger erscheint, da auch diejenigen beiden Mitglieder der Abtheilung, welche über die zweite Frage früher ab- weichender Meinung waren, derselben gegenwärtig beistimmen.

Marschall: Jch bin dem nicht entgegen, daß beide Anträge der Abtheilung in einer Frage zur Abstimmung gebracht werden, Die Frage würde also heißen:

Beschließt die Versammlung, die Regierung zu ermächtigen,

1) auf außerordentlihem Wege zum äußeren und inneren Schuß der Monarchie eine Summe von 15 Millionen Thaler zu be=- schaffen ? zur Herstellung des Kredits im Junern und zur Erhaltung von Handel, Gewerbe und Landwirthschaft Garantieen bis zum Gesammtbetrage von 25 Millionen Thaler unter der Voraus= seßung zn übernehmen , daß möglichst gestrebt werde , Verluste für den Staat, welche diese Garantieen zur Folge haben fönn= ten, zu verhüten.

Diejenigen, welche die Frage bejahen, würden dies durch Auf= stehen zu erkennen geben.

(Dies geschieht.) Die Frage i mit einer an Einstimmigkeit gränzenden Majorität bejaht worden.

Candtags-Rommissar: Die anerkennenden Worte, welche wir von dem leßten der Herren Redner von dieser Tribüne aus gehört haben, und die er mit dem Talente ausgesprochen, welches {hon so oft die Bewunderung der Versammlung erregte, haben in Jhrer Ver- sammlung A»klang gefunden, und eine für den Staat hochwichtige Angelegenheit ist kurz und rasch erledigt worden. Die Regierung drückt den Dank für das Vertrauen aus, welches in der so eben statt- gehabten Abstimmung sih ausspriht. Jch knüpfe- daran eine Hoff- nung, welche zu den Motioen der Regierung gehörte, als sie die Pro- position vorlegte, nämlich die: das Land werde die Ueberzeugung ge= wiunen, daß die Mitglieder des Landtages selbst Glauben haben an das, was die Gegenwart uns gebracht hat, Vertrauen auf das, was die Zukunft uns bringen wird.

Ubgeordn. Graf von Gneisenau: Meine Herren! Aus den öffentlihen Blättern habe ih ersehen und vernommen, daß der Ma- gistrat vou Berlin Maßregeln tritt, um die Tagelöhner, welche nicht Ortsangehörige von Berlin sind, zu entfernen, YJunsofern eine folche Maßregel nur auf Ausländer in Anwendung gebracht wird, läßt sih dagegen nichts einwenden; sofern sie aber auch auf preu- ßishe Unterthanen angewendet wird, scheint sie eines geseßlichen Grundes zu entbehren und droht das übrige Land mit einem Heer Mittelloser zu überschwemmen. Das Geseß vom 31sten Dezember 1842 über die Aufnahme neuanziehender Personen sagt §. 2: „Keinem selbstständigen preußischen Uuterthan kann, insofern er im Stande ist, seinen Unterhalt nachzuweisen, der Aufenthalt versagt werden.“ Nun, meine Herren, unter den Zusagen, welhe Se. Majestät der König in leßter Zeit gemacht haben, is auch die der Gleichheit vor dem Geseß. Jch glaube, daß eine solche nicht blos in Hinsicht auf Personen besteht, sondern auch auf das Moralische speziell ausgedehnt werden müsse, Spezielle Ausnahme-Verordnungen können jeßt nicht mehr stattfinden. Es kann also, glaube ih, einer Kommune, sei sie auch noch so groß, nicht gestattet sein, von der allgemeinen Geseßgebung sich zu emanzipiren und Lasten auf das übrige Land zu wälzen. Wir alle wissen, meine Herren, daß der Druck der Zeit sowohl auf dem Lande, als auf den Einwohnern Berlins {wer lastet, Aber das übrige Land, und namentlich das platte, ist unschuldig an dem jeßigen Zustande. Es wäre daher eine große Ungerechtigkeit, wenn das übrige Land nun noch auf andere Art gedrückt werden sollte. Jch trage daher darauf an, daß der Herr Minister des Jnnern eine Aufklärung darüber geben wolle, was den Magistrat zu diesem Schritte berechtigt, und für die Zukunft Maßregeln trefen zu wollen, daß die Gleichheit vor dem Geseße in allen Kommunen eingeführt werde.

__ Staats-Minister von Auerswald: Jusofern der Sinn dieser mir niht vorher mitgetheilten Anfrage dahin geht, zu erfahren, ob das Ministerium entschlossen is, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln die Gesetze aufrecht zu erbalten, kann ih versichern, daß es in jeder, auch in der erwähnten Beziehung geschehen wirdz insofern aber beabsichtigt gewesen is , über spezielle Verhältnisse, die derselbe aus der Zeitung entnommen hat, hier Auskunft zu erhalten, so muß ih bemerken, daß ih mi dazu hier nit veranlaßt finde, weil der Thatbestand nicht klar vorliegt; ih darf übrigens mit Bestimmtheit vorausseßen, daß das Ministerium nicht in die Lage kommen wird,

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Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Mittwoch den 12. April.

einer Behörde, wie der Magistrat von Berlin, gegenüber, das ver- leßte Geseß aufrecht erhalten zu müssen.

Abgeordn. Mowes: Der geehrte Redner der sächsischen Rit- tershaft hat seinen Antrag hergeleitet aus einer angeblihen Verfü gung des Magistrats zu Berlin. Jh muß dem Herrn Minister darin beistimmen, daß dieser Gegenstand gegenwärtig hier einer Berathung nicht unterworfen werden kann, Jch erlaube mir aber zu bemerken, daß zur Aufrechthaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit der Stadt schon das Ministerium des Jnnern durch das Polizei - Präsi- dium sih veranlaßt gesehen hat, dahin zu verfügen: daß alle Per- sonen, die der Stadt Berlin niht angehören und ohne Arbeit sind, entfernt werden sollen, eine Maßregel, der Niemand wird widerspre- chen fönnen, da sie auf früheren Geseß-Grundlagen beruht und dur die Nothwendigkeit der Umstände dringend geboten wird. Mir i übrigens nicht bekannt, daß von Seiten des Magistrats eine \o all- gemeine Verfügung erlassen worden ist, daß alle fremden Arbeiter von hier zu entfernen seien. Auch ih halte den Magistrat nicht für berehtigt, von Geseßes-Vorschriften abzuweichen, wohl aber weiß i, daß außerordentliche Ereignisse außerordentlihe Maßregeln nöthig machen, und daß jener befugt is, alle diejenigen Personen, die in sei- nem Verwaltungskreise Arbeit erhalten haben, ohne der hiesigen Stadt anzugehören, aus der Arbeit zu entlassen. Alle Mittel, die dazu die- nen, daß in unserer Stadt Ruhe, Sicherheit und Ordnung hergestellt werden fann, müssen angewendet werden. Einer weiteren Rechkferti- gung der ergriffenen Maßregeln wird es an diesem Orte nicht be=

ürfen.

Abgeordn. von Saucken - Tarputschen : Meine Herren, der im Hinscheiden begriffene Landtag

(Aufregung.)

Meine Herren, er hält heute jeine leßte Versammlung und kann wohl so genannt werden, Der im Hinscheiden begriffene Landtag hat eben ein sehr bedeutendes, sehr wichtiges Vertrauens =- Votum der Staats =- Regierung gegeben. Er hat es, ernsten Bedenken der öf- fentlihen Meinung gegenüber, nur nah s{chweren Kämpfen gethan, um in so ernster, schuell fortwollender Zeit die Königliche Regierung zu fräftigen und zu stüßen, aber ih glaube in gleichem Sinne der hohen Versammlung es thun zu können; er fordert nunmehr aber auch vom Gouvernement, daß es sofort zum entschiedensten Handeln sich wende, um Ordnung und Rube, Ach!ung vor dem Geseß und Sicherheit des Eigenthums wieder herzustellen.

(Bravo.) Denn nur auf diesem Wege kann Preußen wieder in sih erstarken, wieder den Einfluß gewinnen, den es in Deutschland seiner Größe und Bedeutung nah haben muß und beanspruchen darf. Nur auf solche Weise kann es den Segen großer Errungenschaften genießen, ein leuchtend Beispiel, wie der besonnene Geist, herrshend über die

| Leidenschaft, die Sonder = Interessen dem Wohle der Gesammtheit zu

opfern weiß, und wie aus Kampf und Streit und aus dem Flammen- meere der entzündeten Geister Preußen verjüngt und höher -— ein Phönix aus der Asche steigt.

(Vielseitiges Bravo.) hs E von Thadden-Triglaff (vom Plaß): Wort.

Ich bitte ums

(Große Aufregung, viele Stimmen: Nein, nein!)

Jh will eine Frage an die verantwortlihen Herren Minister richten!

Marschall : Die Abgeordnetêèn von Niemojewski und von Nie- golewsêfti beharren darauf, das Wort zu erhalten. Sie müssen aber selbst einsehen, daß es unmöglich ist, in der Angelegenheit, über welche die Abstimmung stattgefunden hat, ibnen das Wort zu ertheilen, und ste erflären sich damit einverstanden, daß nur im Protokoll bemerkt werde, daß sie sich um das Wort gemeldet hatten. Das kann be- merkt werden.

(Ailgemeines Geräusch, so daß mañ nichts verstehen konnte.)

Abgeordn. Siebig: Einer hohen Versammlung kann ih nicht vorenthalten, meine Ansicht auszusprehen. Ueber Mahl- und Schlacht= steuer-Geseß . . «

(Allgemeine Aufregung.) Ich bitte um die Reds « (Wachsende Aufregung.) Die erste Erscheinung der Freiheit . . (Viele Stimmen: Von der Tribüne. Der Abgeordnete tritt herunter; große Aufregung; der Marschall giebt das Zeichen mit der Glocke.)

CLandtags-Rommissar: - Jh habe mi erhoben, um zu bemer- fen, daß die vorgelegten Allerhöchsten Propositionen erledigt sind, daß Petitionen von Seiten des Fandtags zur Erledigung nicht vorliegen und von Seiten der Regierung dem Vereinigten Landtage keine wei= teren Mittheilungen zu machen sind, so daß dem Schluß des Land- tags nihts entgegenstehen würde. Es wird die Versammlung zu er- wägen haben, inwiefern sie noch neue Gegenstände in Berathung zie- hen will,

(Sehr viele Stimmen: Nein, nein l)

Fürst Cichnowsky: Wir bitten Ew. Durchlaucht, auf den Schluß

des Landtags anzutragen, (Vielstimmiges Bravo !!) und ih bitte, meinen Antrag zur Unterstüßung bringen zu wollen.

Marschall: Es i mix unter mehreren anderen eine Petition von einigen dreißig Mitgliedern aus der Provinz Sachsen zugegan- gen, welche die Entlastung des Grund-Eigenthums von gutsherrlichen und anderen Lasten betrisst. Diesen Antrag habe ih der 2ten Ab- theilung zur Berichterstattung überwiesen. Die 2te Abtheilung ist zusammengetreten und hat beschlossen, mich zu veranlassen, an die Versammlung die Frage zu richten, ob sie überhaupt gemeint sei, sich auf die Berathung von Petitionen einzulassen.

(Viele Stimmen: Nein! Nein!) Es isst also hiernah eine Abstimmung als überflüssig zu erachten. Wir fommen nun zum Schluß des Landtags, und ih will nur noh wenige Worte hinzufügen. Die Mitglieder des ersten“ wie des leßten Vereinigten Landtags dürfen sih sagen, daß sie ihre Aufgabe darin erkannt haben, Sonder-Jnteressen nicht zu vertreten, Sonder=Jn- teressen zu vertreten, war es niemals an der Zeitz von nun an wird dies

weniger als jemals an der Zeit sein. So werde ih z. B. auf die mir zu- |

stehenden Gerechtsame in Bezug auf Gerichtsbarkeit, Polizeiverwaltung, Patronat und Steuerfreiheit verzichten, so wie ih {hon auf das Jagd- recht in Gemeinde -= Waldungen und auf Gemeinde = Feldern verzichtet habe, niht in Folge von Nöthigung, die ein Nichtigkeitsgrund sein würde, und die nicht stattgefunden hat, sondern weil ih glaube, daß solche Rechte in einem Lande, in welchem alle Konsequenzen des con- stitutionellen Systems wirklich gezogen werden, nicht an ihrem Plate sind. Alle Konsequenzen der constitutionellen Regierungsform müssen aber jeßt wirklich gezogen werden. Preußen kann niemals das thun, was in anderen dentshen Staaten seit mehr als 20 Jahren gesche- hen ist, welche tie constitutionelle Regierungsform angenommen, aber ihre wesentlihen Konsequenzen abgelehnt hatten, weshalb auch diese Vergangenheit der leßten 20 Jahre für Preußen niemals als Vor-

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bild aufgestellt werden konnte. Alle Konsequenzen der constitutionellen Regierungsformen müssen gezogen werden, niht mehr, das wäre _ge=- fährlih für die öffentlihe Wohlfahrt, niht weniger, denn jedes We- niger würde eine Reaction sein, und eine Reaction kann und darf nicht stattfinden. Das is meine feste und unerschütterlihe Ueberzeits gung. Wir Alle hoffen, und wer is unter uns, der es niht auch glauben wollte, daß sih in Preußen unter der wahrhaft constitütio= nell = monarchischen Regierungsform befriedigende Zustände herän=- bilden werden, Wir richten aber unseren Blick nicht allein auf Preus ßen, sondern mehr noch auf Deutschland. Keiner von uns is zu alt, als daß er sich niht dur den Gedanken an eine einheitliche Gez staltung Deutschlands, mit Bewahrung aller ahtunggebietenden Be= sonderheiten, sollte begeistert fühlen. Daß dies nicht auf vollkommen ruhigem Wege erreiht werden konnte, war zu erwarten. Wir wols len aber die Ueberzeugung festhalten, daß die Opfer, die von vielen Seiten gebracht werden müssen, nicht so groß sein werden, daß fie gegen das zu erreihende Ziel in Betracht kämen. Unserem Könige ist es in jedem Falle vorbehalten, hierzu auf eine tief eingreifende Weise mitzuwirken. Gott erhalte ihn. .Er lebe hoh! (Dreimaliges einstimmiges Hoch !)

Landtags-Rommissar: Auf Befehl Sr. Majestät des Königs erfläre ich den zweiten Vereinigten Landtag hiermit für geschlossen.

Marschall: Es is nur noch zu bemerken, daß das Protokoll der heutigen Sißung morgen Vormittag um 9 Uhr vor so vielèn oder o wenigen Mitgliedern, als sih hier in diesem Saalè einfino den, verlesen werden wird.

(Schluß der Sitzung nach 32 Uhr.)

Cichtamtlicher Theil.

Deutsche Bundesstaaten.

Herzogthum Braunschweig. (Magdb. Z) Brauns \chweig, 7. April. Seit dem Aten d. M. hat unsere Ständever=- sammlung ihre Sizungen bis zum Sten d. M. ausgeseßt. Ju dér Zwischenzeit werden die verschiedenen Kommissionen über die Vorlas grn berathen und ihre Berichte abfassen. Die Oeffentlichkeits= Frage wurde dur einstimmige Annahme des von der Regierung vorgeleg- ten Geseß-=Entwurfs sofort erledigt ;z heute erschicn derielbe in Gescße&- form, und die nächste Versammlung wird eine öffentlihe sein. Nach diesem Gesetze werden so viele awachsene Zuhörer zugelassen weden, als der für sie bestimmte Raum gestattet. Auch die landesfürstlichen Kommissarien, welhe nach dem Gutbefinden des Landesfürsten zu einzelnen Sessionen abgeordnet wurden, um die erlassé- ncn Propositionen und Entschließungen mit ihren Gründen näher zu entwickeln, und welhe früher bei den Beraths

\{hlagungen und Abstimmungen n'cht gegenwärtig sein durfs ten, werden nunmehr an den Berathungen theilnehmen und bei den Abstimmungen anwesend bleiben. Das den Ständen vorgelegte Ges seß über die Reform der Rechtspflege is nur eine in die Form eincs (Heseßes gebrachte Zusage, daß in dem Gerichts-Vezfahren überhaupt Mündlichkeit und Oeffentlichkeit und in Strafsachen Geschwornen- Gerichte eingeführt, die förmlihen Organisations = Geseße sebst aber dem ordentlichen, im nächsten Herbste zu versammeluden Landtage vorgelegt werden sollen, Ein proponirtes Geseß über Aufhebung dér Rechts-Ungleichheiten, welche Folge des G!laubens-Bekenntuisses sivd, enthält in furzen Worten die einfahe Bestimmung, daß alle diese Ungleichheiten, sie mögen aus dem öffentlichen oder Privat - Rechte hervorgehen, aufgehoben sein sollen. Auf die Landtags - Eröffnungs= rede is folgende Antwort beschlossen : „Durcblauchtigster Herzog, Gnädigster Herzog vnd Herr! Ew. Hobeit

haben gnädigst geruht, die Stände Jhres Herzogthums zu einem außer- ordentlichen Landtage zu berufen, um mit ihnen Gesche zu berathen, welche die wicht gsten politischen Rechte dem Lande verleihen sollen, und tiè Stände chägen sich glüclib, Dolmetscher der Dankgefuhle sein zu dürfen, welcbe für diese Verheißung die Brust jedes Biagunschweigers beleben. Es bedarf dozu ihrerseits nictt vieler Worte, denn Ew. Hoheit haben hochselbst die Beweise von Anhänglichkeit und Liebe enigegengenommen, welcbe allenrbal- ben an den Tag gelegt sind und besser als unsere Worte dié allgemein herr- schende Gesinnung ausdrückten, Liebe und Anhänglichkeit zu ihren Fürsten sind von jeher zu den Erbtugenden der Braunschweiger gezählt. Em. Hoheit haben um so gerechtere Ansprüche darauf, als Sie es waren, der Sie un- ter den Fürsten Deutschlands, während andere die Zeit noch verkanntcn, dér Erste mit als Vorkämpfer für den Fortschritt auftraten. Angeregt von die- sem erhabenen Beispiel, kann die Aufgabe Jhrer getreuen Stände nur darin bestehen, so viel an ihnen is, dazu beizutragen, daß Ew. Hoheit Wille zur segensreihen That werde; kann es ihr Bestreben nux sein, Angesichts der verliehenen Oeffentlichkeit zu bewähren, daß sie, alter Gewohnheit entspré- chend, ihrem s{hönen Berufe mit Ueberzeugungstreue nachzukommen bereit sei. Mögen Höchstdieselben den ersten Beweis für die Wahrheit diescs Versprechens in dem Ausdrucke des Vertrauens getreuer Stände finden, daß Ew. Hoheit außer den bereits zugesagten, auch ferner auf die Erreichung zeitgemäßer Reformen gerichteten Wünsche gern Folge geben werden. Es sind solche Wünsche, die, durch ganz Deutschland laut geworden, auch hier im Lande allgemein getheilt werden und als Bürgschaft, wie als Ergebniß einer freien Verfassung gelten. Sie betreffen die Umänderung des ständi- schen Wahl- Gesehes, die Gestattung des freien Einigungs- und Versamm- lungs-Rechts , die Beeidigung des Militairs auf die Verfassung, so wie in materieller Hinsicht Maßregeln zur Beförderung größerer Wohlfahrt unter Stadt- und Landbewohnern. Nach neuen Einrichtungen dieser und ähnlicher Art, deren vollständige Aufzählung überflüssig scheint, weil sie im Geiste der

vorgeschrittenen Zeit liegen, sehnt sih das Volk, und die Pflicht seiner Stände

ist es, die gerechten Wünsche des Volks vor dem Throne zu vertreten. Mit

gleichem Vertrauen sehen getreue Stände auch den Vorschlägen entgegen,

mittelst deren Ew. Hoheit die bei den Verhandlungen über den StaashauS-

halt auf dem vorigen ordentlichen Landtage unerledigt gebliebenen Punkte durch

Höchstihr Staats-Ministerium auszugleichen beabsichtigen, mik Jhnen überzeugt,

daß vor Allem in dieser Zeit großer Entscheidungen, wenn das Wohl des Vater-

landes gefördert werden soll, einmüthiges Zusammenwirken der Regierung

und der Stände Noth thut. Freiheit, Einheit und Unabhängigkeit Deutsch-

lands 1st das Ziel, zu dessen Erreichung alle Kräfte dienen sollen. Ew. Ho-

heit haben es ausgesprochen, und feinem Ziveifel dürfen Sie Raum geben,

ob auch dieser Zuruf Beherzigung finden werde. Mit der größten Bexeit=

willigkeit, so weit es der Bundespfliht entspricht, werden Jhtre

getreucn Stände die erforderlichen Mittel bewilligen, zu enem ehrenvollen

und mit Gottes Hülfe siegreichen Kampfe für das bedrähngte Schleswig-Lol-

stein, mit dessen tapferen Söhnen wir als treue deutsche Brüder vereint bleí-

ben wollen, so lange es noch eîn deutsches Vaterland giebt, Ew. Hoheit

edler Eifer für die Nationaliache Deutschlands is durch alle seine Gauen

einstimmig anerkannt, Sollten die Umstände es fügen , daß diese avf dem

Kampfplaze geltend gemacht werden müßten, so wird ihres Fürsten Muster

den Bewohnern dieses Herzogthums vorleucbten, sie werden nicht anstehen,

für die höchsten Güter freudig ihr Leben einzuseßen, anerkennend, daß sie

ur Vertheidigung der gerechten Sache des Kriegesruhms \sih würdig zeigen Hen: den Ew. Hoheit glorreiche Ahnen dem Lande erworben haben. Bn tiefster Ehrfurcht und von dem Gefühle dankkret Liebe durchdrungen, bebar- ren wir 2c,“