1848 / 41 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Bestreben der Versammlung, ein deutsches Gesammktland zu gründen, wird das Gleichgewiht von Europa verrückt werden, wenn Deutsch- land aus einem (2p fe Staate ein mächtiges Land wird. Diese Verrückung des Gleichgewichts wollen wir aber haben und darauf bestehen, bis der lebte Blutstropfen geflossen ist. Wenn die Ver- sammlung nicht thut für Schleswig, was gut und recht ist, so is der deutschen Sache das Haupt abgeschlagen. Der Redner verließ unter stürmischem Beifall die Rednerbühne. Franke von Rendsburg gab aus einem Briefe neuere Mittheilungen aus Schleswig. Nach diesen haben die Preußen am 5. Juni Apenrade wieder genommen. Das Amt Tondern is im Besib der deutschen Truppen, deren hannover- scher Theil gleichfalls nordwärts gerückt ist, Hätte man sich nur noch einige Tage in Jütland gehalten, so ware voraussichtlih das gegenwärtige Ministerium in Kopenhagen schon gefallen, von Schmerling, österreichisher Bundestagsgesandter, erklärte, daß er mit Entrüstung verommen habe, in welch \{chmachvoller Weise der frühere Bundestag die Sache verhandelt habe. Er sage sih los von einem solhen System. Doch es werde ein solches nicht wiederkeh- ren. Die Regierungen haben jeßt nur ein Juteresse, das Recht ihrer Völker mit aller Energie zu vertheidigen. Nach dem Autrage des Ausschusses werde das Vertrauen ausgesprochen, daß die Sache mit der Kraft der Waffen wie des Wortes werde geführt werden. Diesem Vertrauen könne er durch verschiedene Mittheilungen ent- sprehen. Der Versammlung werde bekannt sein, daß ein Gesandter im Namen des deutschen Bundes, für ganz Deutschland nach London geschickt worden sei, nachdem die englische Regierung ihre Vermittelung angeboten habe. Es sei von der Bundesversamm- lung für Grundbedingung jedes Friedens\hlusses erklärt worden, daß ganz Shleswig bei Deutschland bleibe, daß kein Theil Schleswigs abgetrennt werde, wenn nicht die Vevölkerung unver-= kennbar und unzweifelhaft das Gegentheil verlange, Es is ausge- sprochen worden, daß fein Theil Deutschlands aufgegeben werden dürfe: Schleswig aber foll erst aufgenommen werden und da müßte eine etwanige Willensäußerung berücksichtigt werden. Der Redner ist fest überzeugt, daß kein Theil Schleswigs sich losreißen werde; aber man solle es aussprechen, daß der Wille derer geachtet werden müsse, welche erklären, nicht zu Deutschland gehören zu wollen. Wer si trennen wolle, möge es thun, habe dann aber an Deutschlaud keinen Anspru mehr zu machen. Ein ehrenvoller Friede sei nur mit den Waffen zu erlangen, Mit Bedauern habe er gehört, daß aus strategi-= hen Gründen ein stegreihes Heer sih zurückzieben mußte. Bereits gestern seirihtig gesagt worden, daß der Mangel an Kriegsschiffen die Ursache war ; man habe feine Mittel Landungen zu verhindern, Die Bundes- Versammlung habe darauf hingewirft, daß dem General Wrangel eine möglichst große Truppenzahl zur Verfügung gestellt werde. Auch ist eine eigene Kommission des Bundestags abgeorduet worden, Die Bundes - Versammlung hofft, daß hinreichend Truppen zur Hand jein werden, um nicht blos den Dänen, sondern auch deren nordi \hen Bundesgenossen, welche ihnen wahrscheinli zur Hilfe kommen würden, zu widerstehen, Es sei die Weisung erfolgt, daß das Auf- gegebene wieder besckt werde, vorzüglich Nord=Schleswig. Man l\abe gestern darin etwas besonderes sehen wollen; man solle es nicht machen, wie im vorigen Jahrhundert, wo man am grünen Tische

Geldzüge leiten wollte. General Wrangel ift erfahren genug, um die nôthigen Schritte zu thun, aber wir sind hier niht in dem Falle, bestimmte Vorschriften zu geben. Sie haben, \chloß der Reduer, in

dem Berichte Vertrauen ausgesprochen; ih habe ihm begegnet, und thnen offen die von uns gethanen Schritte dargelegt, Jordan aus Berlin pricht seinen Dank aus, daß man jeßt erfahre, warum die Sache so lange verschoben worten sei; es sei geschehen, damit man

der Versammlung sazen könne, daß der Bundestag bereits alles ge- than habe. (Von der linken Seite Bravo, von auderer Seite Zeichen der Mißbilligung.) Auch er sei erfüllt von der Gesinnung des ersten Redners, aber eben deshalb gegen den Autrag des Ausschusses. Die Gründe habe bereits der erste Redner angedeutet; aber au nur angedeutet, Der Ausshuß-Antrag verlange das Wenigste, eben des- halb verlange er mehr. Wohl alle seien erstaunt “gewesen, als der Berichterstatter da€ Recht Deutschlands nicht aus der Gegenwart, sondern aus dem Staube alter Akten herausge- holt habe. Was joll es heißen, weun die National - Versammlung erst erflärt, daß Schleswigs Sache Deutschlauds Sache sei. Was würde man sagen, waun Jemand erst erklären wollte, daß sein Kopf auch wirklich sein Kopf sei. Vor zwei Jahren durste mau sih nicht entblöden, Deutschlands Recht anzuzweifelnz jeßt aber sei es auders geworden. Die Erklärung sei nicht entsprechend der Würde der höchsten Versammlung Deutschlands. Die Versammlung habe das Recht des parlamentarischen Ausdrucks beschränk: , etwas stark be- ränkt; darum fiude er nicht das rechte Wort für den Vorschlag. Welchen Begriff habe man von der Würde der Versammlung, wenn man blos die Crwartung ausspreche, und es dem Belieben anheim= stelle, ob Andere etwas thun wollen. Das sei das Gegentheil von Berwegenheit, (Ruf zur Ordnungz das sei Vorwurf der Feigheit ; Andere rufen: der Gegensaß is nur Muthlosigkeit; der Präsident erklärt den vom Redner gebrauchten Ausdru für ungeeignet.) Der Redner fuhr fort, wie könne man der Versicherung glauben, daß der Rückzug der Deutschen nur strategischen Gründen zuzumessen sei, Es sei bekannt, daß die Soldaten bei dem Einlangen des Befehls zum Rückzug vor Wuth geknirscht haben ; auf das heftigste, so daß er (der Redner) es hier mcht wiederholen könne, habe ein hoher Offizier sich über das Einmischen der Diplomaten ausgesprochen. Die deutsche Gutmüthigfeit solle man sich abgewöhnen. Dänemark habe Millio- nen deutschen Gutes weggenommen, ‘und man gebe die Contribution in Zütland auf. Es wüßlen Alle, daß nicht strategishe Gründe den Rückzug veranlaßt haben, sondern der Rath Englands und vielleicht die Drohungen einer djtlihen Macht. Was solle es heißen, von einem etwanigen Bloßstellen der Truppen zu sprechen, wo die größ- ten Kalamitäten für das Land drohen, wo hunderte von Familien Tad D eiblegeven lind, Der Redner is gegen den ersten yels des Antrages, für den leßten Theil substituirt er den Verbesse- rungsvorschlag, daß die National-Versammlung Rechenschaft von der Bundesversammlung wegen des Rückzugs der deutschen Truppen ver= langen solle. Jn dem Ausschußautrag findet der Redner einen Man= gel an Energie, der sih stets hinter Worte ste. Wurm von Hamburg bemerkte, daß er nicht glaube, daß ber Bericht = Er= statter oder die Mehrheit, mit welcher dex Redner nicht ge- stimmt habe, von unwürdigen Befürchtungen gusgegan bi ei Die Sthleswig - Holsteiner gingen niht von der Ba féng aus, daß Deutschland nur für sie in Krieg gegangen sei Nicht um einzelne Provinzen, niht um die Aemter Hadersleben ink Tondern handle es sih, sondern um die allgemeinen Interessen ; und

man fönne es -nicht mißdeuten, wenn diese in Erz

würden, Der Redner ist der Ansicht, daß Englands Vierten Deutschlands Jnteressen nit benachtheiligen werde, denn es sei kein Grund einer Sympathie für Dänemark anzunehmen, welchem noch das Benehmen von 1807 in Erinnerung sein werde, England habe feinen Grund, der Garantie vom Jahre 1724 sih zu erinnern, wo hannoverishe Jnteressen vor den englischen den Vorrang hatten, England hege nur die Besorgniß, daß Rußland als Schubherr Däne- marfs festen Fuß fassen möge, um den Schlüssel der Ostsee an sich zu bringen, Der Redner erinnert an die Handlungsweise Rußlands

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bezüglich der Dardanellen und des Vertrags von Hunkiar - Skelessi. Rußland wisse, daß die Jdee der skandinavischen Verbindung in den Gemüthern der nordischen Jugend wurzle, Rußland fürchte, daß sich Skandinavien als ein Bollwerk gegen Rußland verbinde, und dies wolle es vielleiht noch im leßten Augenblicke verhindern. Noch macht der Redner darauf aufmerksam, daß schon die provisorische Regierung in Schleswig dem nördlichen Theile Schleswigs angeboten habe, über das Verbleiben bei Deutschland abzustimmen, Dies könne auch Deutschland sagen und das sei d‘e Meinung der Mehrheit im Ausschusse gewesen.

Rießer von Hamburg legte einen Verbesserungsvorschlag vor, etwa des Jnhalts, daß 1) die Nationalversammlung von der Bun- desversammlung Aufschluß verlaugen solle über die bisherigen Vor- fälle in Schleswig, insbesondere den auffallenden Rückzug der Trup- pen. 2) Daß sofort energishe Maßregeln zur Aufuahme des Krie- ges beschlossen würden. 3) Daß die Nationalversammlung die Ge- nehmigung des Sriedensvertrages sich vorbehalte. Gisfkra von Wicn will annehmen, daß es bloß das Interesse des Volkes war, welches die Regierungen leitete. Aber die Besorgniß eines anderen sei vor=- handen, und eine Aufklärung nothwendig. Er wolle niht das Wort Rechenschaft, wie es Jordan vorschlagez Erläuterung werde genügen, Eine große Calamität habe stattgefunden , die Versammlung fei be- rufen, zu fragen, warum Nordschleswig aufgegeben worden jet, welches jeßt mit Opfer wieder genommen werden muß. Gerechtfertigt er- scheine der Ausspruch, daß ein Friedens{chluß auf den Tisch der Na- tienalversamnilung zur Genehmigung gelegt weiden müsse. Es müsse das Ansehen des deutschen Parlamentes unterstüßt werden durch einen solchen Beschluß. Nicht Fürstenwille, sondern Volkswille miisse Schlecwig mit Deutschland vereinigt haben. Auf das Cin- zelne solle man aber jeßt niht eingehen, das wäre un- fllug und dem Friedens\{lusse vorgreifend. von Raumer aus Berlin gab genauere Mittheilung über die Waffenstillstands- und Friedeusverhandlungen, insbesonde:e über die Vorschläge Preußens, Dänemarks und Englands. Der Redner is gleichfalls der Meinung, daß entschiedenes Auftreten noth thue, aber man dürfe Preußens eigenthümliche und bedenkliche Lage uicht vergessen, und darum müsse man au die Klugheit zu Rathe ziehen. Es stehe vielleicht ein Krieg mit Rußland in Aussicht, und dann müßten wahrsche ulih ebenfails die Truppen aus Schleswig zurückgezogen werden, damit richt Preu ßen bis zur Oder überschwemmt werde. Jn dem jeßigen Augenblicke sei wahrscheinlich in Kopenhagen Konferenz zwischen den Königen von Dänemark und Schweden und dm Großfürsten Konstantin von Rußland. Was Deutschland thun wolle, cs müsse mit der Entsch'e- denheit Klugheit verbinden. Zimmermann aus Spandau bedguert, daß dem Ausschusse nicht die Materialien zu Gebot gestanden, welche heute von zwei Rednern mitgetheilt worden scien. Es würde dann eine sicherere Grundlage gewonnen worden sein, als dur die wenigen Zeilen, welche jüngst dem Antrage vorausgeschickt worden seien, Duich die heutigen Mittheilungen sei die Sache in eine neue Phase getre ten. Der Präsident bemerkte dabei, daß zu dem zuerst vertheilten Bericht verschiedene Verbesserungsvorschläge und Petitionen gekommen seien, durh welche das Material geliefert wurde. Der Redner fuhr fort: die Sache Schleswig's sei eine deutsche; eine Erklärung darüber aber dürfe noch gegeben werden, ohne der Würde der Versammlung zu nahe zu treten. Denn es habe bei dem früheren Benehmen der Bundesbehörden noch zweifelhaft geschienen, ob Schleswig zu Deutsch land gerechnet werden solle. Der zweite Theil des Ausschußantrages gehe um die Sache herum. Der Vorbehalt der Genehmigung eines Jriedens\c{chlu}ses sei nothwendig. Auch müsse die vollständige Un theilbarkeit Schleswig?s ausgesprochen werden; so weit des Redners Quellen gingen, seien die Sympathieen Deutschlands überwiegend. Endlich müsse Auskunft über die bisherigen Maßregeln beim Bundes tag verlangt werden, Hiernach stellte der Redner ein Amendement. Michelsen aus Nordschleswig sprach die zuversichtlihe Erwartung aus, daß Deutschland den Schleëwigern die Hand reichen werde zum Schuße gegen den verfolgungssüchtigen Tertorismus der Dänen. Er hofft, daß die Federn der Diplomaten nicht verderben werden, was das Schwert gewonnen bat, Der Ausschußbericht stehe hinsichtlich des Au trages im Widerspruch mit den Motiven, wenn in leßteren ein Zweifel ausgesprochen sei, ob ga nz Schleswig bei Deutschland bleiben solle. Kein Dorf von Nordschleswig wolle Dänemark einverleibt werden; die provisorische Regierung habe zur Erklärung aufgefordert; der ganze Norden aber wolle bei Deutschland bleiben, Seit zehn Jahren habe eine dänische Propaganda mit mächtigen Mitteln zu wirken gesucht ; man habe die Presse verfolgt, die deutshen Schulen unterdrückt; dissenungeachtet aber habe man das Volk uicht verderben können. Es werde vielleicht in dem Augenblicke {werer halten, Erklärungen aller Gegenden zu bekommen, daß sie den deut\chen Bund wollen, der Bund nemlich sei als Schreckbild ausgemalt worden. (Mehrere Stunmen: das war er auch.) Gegen die Trennung vom Hauptlande seien alle. Man glaube irrthümlich, der nödliche Theil von Schles wig sei nicht deutsch, denn er sprece dänisch. Dort sei aber kein plößlicher Abschnitt; Deutsch und Dänisch gehen allmälig in ein ein- ander über. Die höhere Kultur sei deutsch bis an die Grenze und noch darüber hinaus. Als an manchen Orten, die dänisch sprechen, die deutsche Schule aufgehoben werden sollte, seien die Einwohner dagegen gewesen. Es sei fein Glü für die Nationalitäten, daß sich in Nord =Schleewig alles ineinander verlaufe, aber es sei einmal da. Schleswig wolle um keinen Preis zerrissen werden. Der Redner hofft, daß Deutschland für Schleswig stehen werde, wie Schleswig zu Deutschland stehen wolle. (Stürmischer Beifall.) Schüler von Jena i} der Ansicht, daß nicht bloß strategi\sche, sondern auch politishe Gründe den Rückzug veranlaßt hätten. Warum sei jeßt eine Kommission der Bundesversammlung abgesendet worden; doch wohl, weil das 10, Armeecorps nicht mobil gemaht worden sei. Zachariä von Göttingen verwahrte den Ausfhuß dagegen, als habe er das Recht von Schleswig = Holstein irgendwie in Zweifel gestellt : Man nenne den Ausschußantrag matt, und doch sei er derjenige der ersten Antragsteller, nux noch verstäikt. Man habe nur sagen wollen, daß nicht ganz Europa die Sache vom deutschen Standpunkte aus betrachtet; es sei zu bedenken, daß das Neht Schleswig - Holstein?s nicht das Recht des deutschen Bundes sei; deun Schleswig solle erst noch zum deutschen Bunde kommen. Der Redner ist damit einver- standen, daß die Genehmigung des Friedens\hlusses der National- versammlung vorbehalten bleibe, Ziegert von Minden i gleich= falls sür den Vorbehalt; die Regierungen könnten dabei nur an Macht gewinnen, wenn man sehe, daß die Völker hinter ihr stehen.

Stavenhagen von Berlin geht davon aus, daß es sih vor Allem darum handle, ob das Bundesheer in Schleswig stark genug sei; sei es nicht der Fall, dann müßte es verstärkt werden. Es sei aber noch von keinem General verlangt worden, daß er das ganze Gebiet, welches für seine Operationen bestimmt sei, stets vollständig beseßt halte, Es fönne ihm nicht vorgeschrieben werden, daß er in der Gegend jeden Ort beseßt halte. Die Versammlung könne nicht, wie bereits rihtig bemerkt worden, die Rolle des Hoffkriegsörathes spielen. Wenn die Truppen gus Schleswig gus strategishen Grün- den zurückgezogen worden seien, habe man die Truppen in Jütland, das nördlicher liege, außer Verbindung seten können. (O! oh! von der linken Seite) Man spreche so viel von dem Unglück für die | Bevölkerung; wer Krieg führen wolle, müsse darauf gefaßt sein.

Von einer Besebung des nördlichen Schleswigs durh die Dänen sei ihm nichts bekannt, es seien seines Wissens nur Patrouillen herüber=- gekommen. Man spreche jeßt so viel von Volksbewaffnungz es scheine nicht, daß dort dafür gesorgt sei, sonst hätte man jenen Pa- trouillen widerstehen können. Es sei so viel die Rede von dem ver- gossenen Blut . . , (Unterbrehung: der Präsident: ih muß den Redner bitten, zur Sache zu kommen), Der Redner betrachtet die Erklärung der Bundesversammlung für genügend und fommt guf einen früheren Verbesserungsvorschlag zurück, daß die Nationalver- sammlung, in Erwägung, daß die nöthigen Vorkehrungen bereits getroffen sind, zur Tagesordnung übergehen solle. (Unter ironischen Beifall der Linken verließ der Redner die Rednerbühne; Stimmen : das is ausgezeichnet, das is noch niht dagewesen.) Falk von Ottolangendorf ift überzeugt, daß Deutshland Schleswig schüßen werde. Noch aber habe man eine zweite wichtige Frage nicht besprochen, nämlich den Sundzoll ; zehn Millionen Deutsche blickten auf die Lösung dieser Grage, die bei dem Friedenss{chluß zu berüdck= sichtigen Jein würde. Er habe “bereits früber einen desfall- sigen selbstständigen Antrag, und jeßt ein Amendement gestellt. Auf die Erinnerung das Präsidenten, daß die Sache als getrennt zu betraten sein möchte, behielt sich der Redner vor, quf ses nen Antrag zurückzukommen, welchen er aber für dringlich erklärt wünscht, da eine Besprechung nihts mehr nüte, wenn der Friede geschlossen sei. Von mehreren Seiten wird Schluß der Debatte ver- langt. ODstendorf von Soest fordert mehr Entschiedenheit. Man habe zur Mäßigung gerathen; auch er sei der Meinung, aber nicht aus Besorgniß vor einem Kriege, sondern weil Mäßigung ein Zeichen von Kraft is. Gülich von Schleswig verwahrt seine Landsleute gegen den Vorwurf, als hätten sie eines Häufchens Eindringlinge, einer Patrouille sih niht erwehren können. Es feien nicht unbedeu- tende Streitkräfte eingerückt. Der Redner kommt auf die Versuche der Dänen durch Vorspiegelung größerer Freiheit und ausgedehnter politischer Rechte tie Schleswiger zu gewinnen, Mon habe {ie darauf hingewiesen, daß der verstorbene König von Dänemark die nor- wegishe Constitution gegeben habe. Sie hätten gefragt, warum er sie den Dänen uicht gegeben habe. Swleswig hat die Ver wahrung der Nationalität der angebotenen Freiheit vorgezogen , in der Zuversicht, daß deutshe Männer sich die Freiheit {on er= obern würden, (Bravo!) Die nördlichen Theile von Schleswig, bemerkte der Redner, fínd keine Corporationen für \sich, nur ganz Schleswig i} ein politischer Körper. Die Versammlung solle sich bestimmt aussprechen, daß ganz Schleswig in den Bund aufge= nommen werde, und die Genehmigung des Friedens\hlusses sich vor: behalten. Vogt von Gießen is gegen den Antrag des Ausschusses, weil er nur in allgemeinen Vegriffen sich bewegt, die verschiedene Geltung bei den verschiedenen Meinungen haben werden. Man soll nicht von vergilbten Pergainenten sprehen; das Recht, was wir haben, haben wir uns im Vorparlament genommen. Dieses Recht sei unser einziges Recht; das Recht der Pergamente liegt zu unsern Füßen, (Unterbrechung von der reten Seite.) Die Ehre Deutsch=- schlauds wird verschieden verstanden. Man muß unterscheiden zwischen dem preußischen Volk und den Ministern, wie man nicht immer thut, Lebtere will der Redner angreifenz er glaubt dies thun zu können, da neulich gesagt worden, daß die Minister constitutionell und der Versammlung verantwortlich seien. Man will, scheint es, daß die Minister der 38 Nationen (Gelächter) eine Art unsichtbarer Minister= bank bilden. Er nehme es an, und werde vielleicht öfter darauf zu= rückfommen. Heute sind von zwei Seiten Mittheilungen gemacht worden, leider erst heute. Die Mittheilungen gehen auseinander; der eine Redner spricht von strategischen Gründen, der andere deutet politische Rücksichten an, Friedensverhandlungen, vielleicht auch Rücksicht und Furcht vor Rußland, Die strategishen Rücksichten gelten dem Redner wie die technishen Gründe den Regierungen, aus denen fie in Vei waltungssachen Vorschläge ablehnen, Diese technischen Gründe sind wie der Friede Gottes; höher teun menscchliche Vernunft (Ge lächter.) Wir haben von einem nördlichen Fürstenkongreß gehört z wir wissen, was wir von Fürstenkongressen zu erwarten haben. Die preußischen Friedensvorschläge erscheinen dem Redner nicht von be-= sonderer Energie, er vermißt z. B. die Bestimmung wegen Theilung der Flotte, die zur Hälfte Schleswig-Holstein gehört, welches sie mit= bezahlt hat; desgleichen fehlt eine Stipulation wegen Aufhebung des Sundzolls, Man hat aus Jütland die Truppen zurückgezogen, einige Tage vor Cintreibung der Contribution; die Dänen haben aus Hohn Plakate angeschlagen, und dem General Wrangel nachgeschickt, mit der Bitte, seine Adresse zu schreiben, um das Geld ihm nachzusenden. Der Rückzugsbefehl ist dem Redner eine Folge der russischen Note, die an Berlin vorbei oder über Berlîin nah London zu gehen hatte. Man stellt einen Krieg mit Rußland in Aussicht; und nicht nach Osten, wo die Gefahr droht, sandte man die Truppen, sondern nach Westen, wo Frankreich die Bruderhand reichen will. Warum \cickt man wieder neue Truppen nah Rheinhessen, statt an die östliche Grenze? Der Begriff von der Ehre Deutschlands is verschieden. Der Redner und seine politischen Freunde verlangen auch Theilung der Flotte und Aufhebung des Sundzolls; die preußische Negierung, die diese Forderungen nicht stellt, legt sie anders aus. Da Jeder das Wort nach seinem Begriffe deutet, müß etwas Bestimmteres auëge- sprohen werden, woran man sich halten kaun, Der Redner \hließt sich dem Amendement von Jordan an. Jacob Grimm verlangt einen entschiedeneren Beschluß, als den Antrag des Ausschusses, Schleswig war {hon für Deutschland als Deutschland noch in der Schwäche war. Der Redner glaubt übrigens, daß nicht blos die Gegenwart maßgebend sei, sondern auch die Vergangenheit zu beachten sei; er glaubt, daß, wer die Vergangenheit niht achtet, bald von der Zukunft vergessen sein wird. (Bravo von .der rehten Seite.) Der Antrag des Redners geht darauf, daß der Krieg so lange fortgeführt werde, bis die Dänen Schleswigs Rechte anerkennen, dann, daß die Nationalversammlung ausspreche, daß sie sih die Einmischung fremder Völker in innere Angelegenheiten nicht gefallen lassen werde. Wait von Göttingen unterscheidetdie rechtliche unddie politische Frage. Er macht aguf- merksam auf den Beginn ciner skandinavishen Union: Schweden verbindet sich mit Dänemark, und selbst Norwegen, das keine Sym= pathie für die frühere dänische Gewalt hatte, will sich entschließen. Das aber wollen die europäishen Mächte verhindern. Nach der Ansicht des Redners wird England Deutschlands Verbündeter sein. Wenn die heutigen Mittheilungen manchem neu_ erschienen, so waren sie es, versichert der Redner, nicht für die Sihleswig = Holsteiner, Aehuliche Bedingungen habe Preußeu früher England gegenüber= gestellt; jeßt würden sie günstiger aufgenommen. Man habe Preu- ßen Vorwürfe gemacht; mau unterscheide zwischen den Ansichten des preußischen Volks und des Ministeriums bezüglich der Ehre Deutsch= lands, Das Ministerium würde si freuen, wenn in allen Dingen die Ansichten so zusammenträfen, wie hier. Man wolle es den ein- zelnen Theilen Schleswigs überlassen, sich zu bestimmenz das sei Gerechtigkeit. Ein Gebrauh davon werde niht gemaht werden, aber die Bedingung mußte gestellt werden. Wenn des Sundzolls niht erwähnt worden hei, so geschehe Ee zum Nachtheile gerade Preußens, welches vor allem dabei ein Jnteresse hat; es sei eine Aufopferung. Die Nationalversammlung habe nah den erhaltenen Mittheilungen kein Recht, kein moralisches Recht, Aufklärungen weiter zu verlangen. Die Schleswiger haben bescheiden ihre Forde=

rungen gestellt; der Ausshuß hat mit Recht diese Forderungen zu den seinigen gemaht, Darüber sei kein Vorwurf zu machen; aber auh niht, wenn man weiter gehen wolle; die Schleswiger wer- den sih freuen über eine vernünftige Erweiterung. Der Red- ner übernimmt die Vermittlung der verschiedeneu Anträge in dem Antrage: Die National - Versammlung erklärt, daß die shleswigshe Sache als eine Angelegenheit der deutschen Na- tion zu dem Bereich ihrer Wirksamkeit gehört und verlaugt, daß energische Maßregeln getroffen werden, un den Krieg mit Dä- nemark zu Ende zu führen, daß aber bei dem Abschlusse des Frie- dens mit der Krone Dänemarks das Recht der Herzogthümer Shleôwig und Holstein und die Ehre Deutschlands gewahrt und der Friedens\{chluß der National - Versammlung zur Genehmigung vorgelegt werde, Raveaux macht darauf aufmerksam, daß das Amendement von Rießer dasselbe enthalte, und eber in entshiedenerer Weise. Durch die heutigen Mittheilungen sei übrigens der erste Theil erledigt worden. Der Redner nimmt mit Dank an, daß der Bundestags - Präsidialgesandte sich losgesagt habe von dem alten \{chmacchvollen System und die Volkssouveränetät unbedingt anerkannt habe. Man müsse das nehmen, woher es komme. (Gelächter.) Er betrahte die Sache nicht blos von der spaßhasten Seite; er denke an die Geschichte vom verlornen Sohn, den man aufnehmen miisse, wenn er reumüthig zurükehre. Als Berichterstatter nahm Hek= \her nah Schluß der Debatte nohmals das Wort. Er verwahrte sih gegen die seinem Berichte gemachten Vorwürfe als unbegründet. Nach dem Inhalt des Berichts sei das Recht der Herzogthümer als unzweifelhaft hingestellt. Aber wo habe Deutschland ein un- zweideutiges unbedingt anzuerkennendes Recht, daß ganz Schles- wig einverleibt werde? Nur die leßtere Frage habe er bestrit- ten genannt und dabei bleibe er. Untersuße man, was die be- yauptete Unzweifelhaftigkeit rectfertige. Schleswig war stets mit Holstein verbunden, aber Schleswig hat nie zum deutschen Bunde gehört. Man berufe sich auf das Vorparlament; in dessen Ausspruch liege eine einseitige Erklärung und könne die genügen, und ein allerseits unbestrittenes Recht auf Anerkennung haben? (Unter- brehung). Unterbrechen sie mi nicht, neiue Herreu ; es ift leichter, mit Enthusiasmus zu sprechen, als die Verhältnisse ruhig zu betrah- ten, und dabei, um großes Unglück abzuwenden, den Schein auf sich laden, unpatriotish zu sein. (Bravo von mehreren Seiten.) Man berufe sih vielleicht, fuhr der Redner fort, auf einen Beschluß des Bundestagesz dieser saze nur, daß die staatsrechtliche Verbindung der beiden Herzogthümer gewahrt bleiben müsse. Die Vertrauens- männer hätten auf sofortige Aufnahme angetragen; der Bundestag jel nmicht darauf eingegangen. Man versichere die Sympathien von Nordschleswig; er könne sagen, daß da manche Zweifel bestehen, Der Redner kam nun auf die einzelnen Verbesserungsvorshläge und An- trâge, und sprach sih gegen alle aus. Er hob insbesondere die poli- tischen Verhältnisse hervor; daß man diejenigen berüctfsihtigen müsse, welche ein Recht oder wenigstens die Macht hätten, mitzusprechen, die man nicht ohne große Gefahr hinten anseben föune. Engiand habe sich in Deutschlands Interesse eingemisht, in leßter Reihe vielleiht in eigenem Juteresse,, damit Andere sich nicht einmischen. In Frankreich sei die Friedenspartei nicht stark, und habe jüngst einen Schlag erlitteu. Dänemark könne nit mehr bestehen, bei Personalunion und bei gänlicher Trennung; es sey in der Auf=- lösung begriffen, und darum denke man an den skandinavischen Bund, den Rußland zu verhindern strebe. Wolle man sofort ein beflrittenes Recht nehmen, das man am Ende niht behaup- ten könne? Es bestehen in England keine rihtigen Anfichten über die National =Versammlung, die für durchaus revolutio= nair gelte, und man würde es dort fehr bedenklid) fluden, deren Genehmigung bei dem Friedenss{hlusse vorbehalten zu sehen. Darum ist der Redner gegen den Vorbehalt ; ebenso gegen das Verlangen nach weiterer Auskunft; würde diese vollständig gegeben, so könnten vielleicht Ueberbleibsel alter Zerrisseuheit an dea Tag kommen, die besser uiht zur Sprache kämen. Nachdem der Präsideut noch be- züglich der Volksbewaffnung in Schleswig-Holstein bemerkt hatte, daß in dem „Altonaer Merkur“ eia desfallsiges Geseß enthalten sey, Ort U Ur Orduung der Fragenstellung. Der Ausschußantrag wurde abgelehnt. Sodann wurde der erste Theil des WWaizschen An trags zur Abstimmung gebracht und augenommen. Als die Abstim- mung über den zweiten Theil vorgenommen wurde, stellten viele Mit- glieder das Verlangen nach namentlicher Abstimmung. Es wurde eut= zegengehalten, daß es jeßt zu spät sey, da nach §. 42 der Geschäfts= ordnung ein solcher Antrag beim Schlusse der Debatte beautragt wer den müsse, und nah §. 40 bei Verkündigung der Reihenfolge der Fragen die Berathung für geschlossen zu betrachten sey. Vene- dey machte geltend, daß er vor der Fragestellung bezüglich des zwei ten Theils das Wort verlangt habe, um den Antrag zu stellen. Dies wurde bestätigt, aber behauptet, daß es immerhin zu spät ge wesen fei. Nach höch} stürmischer und ungeordneter Debatte, und nachdem die Abstimmung darüber ein zweifelhaftes Ergebniß geliefert hatte, wurde endlih auf Vorschlag des Präsidenten, unbeschadet des Prinzips, für den vorliegenden Fall die namentliche Abstimmung zu- gestanven. Bevor dazu geschricten wurde, machten der Vorsitzende und mehrere Vorstände von Ausschüssen verschiedene Mittheilungen, z. B. Bassermann, daß der Verfassungsausshuß die Berathung iber die Grundrechte des deutschen Volkes vollendet habe und in der nächsten Woche zur Vorlage bringen könne. Eine ähnliche Anzeige machte Neumann in Betreff der provisorischen Exekutivgewalt, Als nun die namentliche Abstimmung vorgenommen werden sollte, erklärte Venedey, seinen desfallsigen Antrag zurückziehen zu wollen. Nun nahm izn Jordan von Beilin auf, unterstüßt von mehr als 50 Mitgliedern, deren Vorhandensein nachzuweisen nochmals verlangt wurde. Das Ergebniß der Abstimmung war die Ablehnung mit 275 gegen 200 Stimmen. ——— t Jin

§SHannover. Hannover, 9, Juni, Die hiesige Zeitung enthält nachstehenden Auszug aus dem Berichte des General-Lieute- nants Halkett über die Gefehte im Sundewitt am 28sten und 29, Mai:

I. ‘Gefeht am 28, Mai.

Zn- Folge der Bewegung, welche die Armee der Alliirten in den Ta- gen vom 25sten bis 29, Mai machen sollte, um ih mehr in der Umgegend von Flensburg zu konzentriren, war auch für die Division des zehnten Bundes-Armee-Corps eine Veränderung in den Cantonnements nothwen- dig geworden, Diese sollte am 28, Mai stattfinden und zugleich mit ihr eine Ablösung der Abtheilungen der Division, welche vor Sonderburg stan- den und durch das fast tägliche Allarmiren sehr ermüdet waren, verbunden werden, Diese Ablösung bestand im Wesentlichen darin, daß die beiden oldenburger Bataillone, welche in Düppel und Satrup lagen, durch das E e leichte Bataillon aus Snabeck und das braunschweigische ai Sonder „Sravenstein abgelöst werden sollten, Das am 28sten Nane abgetit e BVo1posten-Detaschement, welches erst um 3 Uhr medlenburaiscen E iverden sollte, bestand unter dem Kommando des

: ors Quistorp aus 2 Compagnieen des mecklenburgi-

Lis C L Que P 2 Compagnieen des oldenburgischen 2ten Ba- catbons, L Ug Yannoverscher Kavallerie von den Königin Husaren, 2 Ge- \hüße mecklenburgischer Artillerie, s /

Am Mittage des 28sten hatten die ührt ; S

S, L le übrigen Abtheilungen der Division zum Theil den Cantonnements-We fel {hon S e j 7 sie im Marsche dazu, chs\el hon ausgeführt, zum Theil waren

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Es waren im Sundewüt: Das hannoversche 3te leichte Bataillon, das hannoversche zweite Bataillon 4ten Infanterie - Regiments, das hanno- versche zweite Bataillon 6ten Infanterie-Regiments, das braunschweigische 1ste Bataillon, das mecklenburgische Grenadier- Garde - Bataillon, das medck- lenburgische Musketier - Bataillon, die mecklenburgische Jäger- Abtheilung, das hannoversche Königin -Husaren - Regiment, die hanuoversche reitende Batterie, die braunschweigische Batterie, die mecklenburgische und die olden- burgische Batterie. Die übrigen Truppen waren zwischen dem Sundewitt, Appenrade und Gravenstein theils auf dem Marsche, theils im Quartiere, Vier Bataillone der Division waren zu Besaßungen der Städte Rendsburg, Kiel und Flensburg verwandt. :

*Dies war die Lage der Division, als gegen 12 Uhr die Dänen plöôß- lich mit großer Uebermacht aus ihrem Brükenkopfe bei Sonderburg debou- chirten, Sie hatten ihre Vorbereitungen mit großer Vorsicht und iu großer Stille betrieben, so daß das Sammeln der größeren Truppenzahl in Son- derburg von den Vorposten nicht in der Art bemerkt wurde, daß daraus auf ein größeres Unternehmen hâtte geschlossen werden können,

Das Vorposten - Detaschement wurde, troy eines mit großer Energie von den oldenburger Compagnieen unternommenen Bajonett - Angriffs / von dem an Zahl weit überlegenen Feinde, der auch bald zwei Batterieen eta- blirte, zurückgedrängt. Der braunschweigische Oberst von Specht, dessen Truppen zur Ablösung der oldenburgischen Bataillone bestimmt waren, und welcher das Kommando der auf Vorposten befindlichen Truppen übernom- men hatte, versuchte nun mit Hülfe des eben angekommenen hannoverschen 3ten leichten Bataillous (drei Compagnieen , die eine Compagnie war noch in Snabecck auf Vorposten) und des mecklenburgischen Garde-Grenadier-Bg- taillons dem Feinde Einhalt zu thun, Das hannoversche 3te leihte Ba- taillon löste zwei Compagnieen auf und unternahm mit der dritten Com- pagnie einen Bajonett-Angriff. Das mecklenburgische Garde-Grenadier-Ba- taillon versuchte ebenfalls durch einen Bajonett - Angriff dem Gefechte eine andere Wendung zu geben, Allein es konnte dieses um \o weniger gelin gen, als der Feind sih immer mehr und mehr in den Flanken ausdehnte und fortwährend mit seinen Kanonenböten ein lebhastes Feuer gegen un- sere Flanke unterhielt, Der Oberst von Specht zog daher die Vortrupven der Division in die für den Fall eines Angriffs den Truppen als Sammelylatz angewiesene Position bei der Windmühle von Nübel zurück. In dieser Position konzentrirten ih, nachdem durch das Anstecken des Fanals am Düppeler Berge das Zeichen dazu gegeben worden war, nah und nach die sämmtlichen disponiblen Abtheilungen der Division. Die beiden olden- burger Compagnieen des Vorposten - Detaschements wurden jedoch zur Ver- theidigung von Alsnoer zurückgeschickt, wo si {hon eine Compagnie be- fand, Einige Abtheilungen mußten \sich unter schr schwierigen Umständen in die Position zurückziehen. So ward die braunschweigische Compagnie des Capitains von Chrenbrook auf ihrem Rückzuge von Reventlow durch feindliche Tirailleure umzingelt, {lug sih aber hindurch und nahm dabei vom dritten dänischen Jäger - Corps einen Offizier und aht Mann ge- fangen. Eine noch sc{wierigere Aufgabe hatte die dritte oldenburgische Compagnie (Hauptmann Schlarbaum) zu lösen, der, von Eeernsund gus um das ganze Nübeloer herum marschirend, sich muthig dur die Feinde durchshlug, wovon am Schlusse des Berichts noch speziell die Rede sein wird.

Die allmälig in der Position bei Nübel vereinigten Truppen bestan- den aus:

1 Sn fantenme:

Brigade Specht, 2 Bataillone (hannoversches 3tes leichtes Bataillon, braunschweigisches 1stes Bataillon); Brigade Marschalck, 12 Bataillone (zwei Compagnieen des 2ten Bataillons des hannoverschen 4ten Tnfanterie-Regi- ments, das 2te Bataillon des hannoverschen 6ten Jufanterie - Regiments); Brigade NRanzow , 23 Bataillone (die beiden mecklenburger Bataillone , die 1ste, 2te und 7te oldenburger Compagnie). Jm Ganzen 67 Bataillone.

4 Artillerie. _ Hannoversche reitende Batterie, 6 Geschüße; braunschweigische Batte- rie, 6 Geschütze; mectlenburger Batterie, 4 Geschüße. Im Ganzen 16 Ge- \chütze, ; d Kavallerte.

Eine Schwadron des Königin-Husaren-Regiments, 1e Starke dieser bei Nübel konzentrirten Truppen betrug etiva 4000 Mann,

Von dein übrigen Truppen der Division standen :

Vas hannoversche lste Bataillon des 5ten Jnfanterie- Regiments und des hannoverschen 4ten Dragoner-Regiments in Apenradez das braunschweigi- sche 2te Bataillon in Flensburg z; zwei Compagnieen Oldenburger in Eckern- sund und Alsnoer, Die oldenburger Batterie in (Hravenstein, zur Verthei- digung des Uebergangspunktes bei Alsnoer. Die hannoversche Neunpfünder Batterie in Gravenstein in Reserve. Das hannoversche 1ste Dragoner-Re- giment in Feldstedt, die mecklenburger Dragoner in Baurup , zwei Schwa- dronen des hannoverschen KFönigin-Husaren-Negiments in Auenbüll und ein ¿Freticorps in Warníß deckteu die linke Flanke und die Straße nach Apenrade.

Die Position bei der nübeler Windmühle besteht aus eínec sanft ab- dachenden Höhe, die das nach Sonderburg zu liegende Terrain auf Kano- nenshußweite zwar vollkommen beherrscht, aber dadurch cigenthümlich toird, daß ihre Züge in allen Richtungen von Erdwällen und Hecken vielfach durchschnitten sind, welche in der mit der Position parallel laufenden Rich tungen die Truppenbewegungen häufig gänzlich verdecken. Jn dieser Posi- tion nun standen im ersten Treffen, außer den 16 Geschützen, auf dem rech- ten Flügel mit der Front gegen Nübel und Broacker die mecklenburger Bataillone; auf dem linken Flügel das 3te leichte Bataillon und die 42 Bataillone der Brigade Marschalck, Das braunschweigische 1e Bataillon und die oldenburgischen Compaguieen waren hinter dem Centrum in Reserve.

Während des Tiragilleur-Feuers vor der Front entspann sih bald, als die Feinde 2 Batterieen, welhe zum Theil aus Zwölfpfündern bestanden, gegen die Position aufführten, eine lange anhaltende Kunonade. Dieser (Geschüßkampf ward noch besonders dadurch interessant, daß die feindliche Zwölfpfünder-Batterie, durch das Terrain gedeckt, sich unbemerkt so in unsere rechte Flanke s{ob, daß sie unsere Geschüße plötzlich vollständig en Echarpe nahm und die Batterie-Commandeure dadurch veranlaßte, im heftigsten Feuer und auf einem beschränkten Terrain eine Positions Veränderung der Geschüße vorzunehmen, Es i als ein glücklicher Zufall anzusehen, daß unsere Artillerie unter diesen Umständen so geringe Verluste erlitten hat.

Während dessen avancirte der- Feind, an der Küste des Nübelnoers entlang marschirend, immer mehr in unserer rechten Flanke. Obgleich ih den rechten Flügel so viel wie möglich unterstüßte, so konnte bei der Ausdehnung des Terrains und bei dem Vortheile des Feindes, durch Kanoncnbvöte auf dem Nübelnoer sein Vorrücken längs der Küste unterstüßen zu können, das weitere Vordringen desselben in unsere rechte Flanke mcht verwehrt werden. Unte1 diesen Umständen, und da der Feind ebenfalls von Eckernsund aus cinen Angriff auf Alsnoer und Gravenstein unternahm, welcher, wceun er gelang, meine Rückzugslinie gefährdete, zog ih mich auf Agbüll zurück, wobei mir ein hon vorbereiteter Kolonnenwechsel schr zu statten kam. Dort auge- langt, gönnte ich den Truppen einige Stunden Ruhe und trat dann gegen 11 Uhr den Rückmarsch nah Quars an, wo die Division zwischen 1 und 2 Uhr ankam und Bivouaks bezog. - Die Arrièregarde, unter Befehl des General-Majors von Schnehen, bestehend aus der meccklenburger Jäger-Ab theilung, dem 2ten Bataillon 6ten hannoverschen Infanterie - Regiments, einer Schwadron Königin - Husaren und der- reitenden Batterie, blieb bei Agbüll stehen und hatte den Befehl, zwei Stunden später zu folgen, Da aber die während der Nacht ausgesandten Patrouillen meldeten, der Feind habe sih ebenfalls zurückgezogen, so blieb die Arrièregarde bei Aybüll stehen,

IT. Gefecht am 29, Mai. __ Am 29sten, Morgens 7 Uhr, gelangte Se. Excellenz der General von Wrangel von Apenrade bei den Vorposten in Gravenstein an und befahl eine Rekognoszirung des Feindes. Die Avantgarde des Generals von Schnehen rüdckte hierzu vor, traf den Feind in der Tages zuvor von uns verlassenen Position bei der Nübeler Windmühle und vertrieb ihn aus der- selben, Die riitende Batterie verfolgte den Feind durch ihr Feuer. Das nah Quars zurücgezogene Gros der Division war mit Tagesanbruch wieder auf der Straße gegen Nübel vorgerückt. Nur wenige Abtheilungen desselben nahmen indessen an dem Gefechte diefes Tages Antheil, Der Feind zog sich, ohne großen Widerstand zu leisten, zurück, Wir begnügten uns, den abziehenden Feind zu beobachten, eine eigentliche Verfolgung trat nicht ein, unsere Truppen waren zu ermüdet und hatten noch einen V arsch vor sih, um in die neuen Cantonnements zu gehen. Se, Excellenz der Ober-Befehlshaber der Armee hatte nämlich \{chon vor der vorgenommenen

Rekognoszirung und Zurücktreibung des Feindes beschlossen, den Theil des Sundewitts, den das zehnte Armee- Corps bis jet bei Düppel, Nübel 2c, beseßt gehabt hatte, aufzugeben und eine konzentrirtere Stellung zu nehmen,

Nach einer kurzen Ruhe rückte daher die Division in die neuen Can- tonnements ein, bei welchen die Vorpostenlinie von Atbüll über Fischbeck nach Feldstedt zu läuft,

Damit endeten die Ereignisse dieser zwei Gefechtstage. Wir haben einen Rükzug machen müssen, allein es war Folge der militairischen Lage der Division. Als am zweiten Tage die preußishe Brigade Möllendorf zur Unterstüßung für die Division heranrücte, nahmen wir die am ersten Tage aufgegebene Stellung wieder ein, Unsere Verluste (211 Mann an Todten, Verwundeten und Vermißten) sind verhältnißmäßig nicht uubedeu- tend gewesen, sie sind aber ein Beweis, daß die Truppen sih gut geschlagen haben. Es haben anstrengende und ermüdende Märsche stattgefunden, aber der Muth und die Ausdauer der Leute hat nicht im mindesten gelitten.

Schließlich kann ih es nicht unterlassen, noch spezieller das tapfere Benehmen des Hauptmann Schlarbaum und seiner braven Compagnie zu erwähnen. Gleichzeitig mit dem Hervorbrechen der dänischen Kolonnen aus dem Brückenkopfe legten sich eine Korvette, ein Dampfschiff und mehrere Kanonenböte in den Eckernsund und sperrten den Rückzug der von Alsnoer nah Eckernsund auf der Halbinsel Broacker vorgeschobenen oldenburgischen dritten Compagnie, kommandirt vom Hauptmann Schlarbaum. Dieser war sogleich entschlossen, sih durch die ihn von allen Seiten bedrohenden Feinde den Nückzug zu bahnen, Zu dem Ende ließ er den Ober-Lieutenant Leh- mann mit einem Halbzuge die Arrièregarde bilden und ging dann von Hefe zu Hecke querfeldein tiraillicrend zurü. Jedoch bald sah er sich von einer dänischen Kolonne ganz umfaßt; dec Commandeur bot ibm ehrenvolle- Ca- pitulation an, Diese ties er zurück und {lug sich mit dem Bajonett dürch den Feind durch. Ver Ober-Lieutencint Lehmann war hierbei von ihm ge- trennt, der Lieutenant von Rennenfkampf wurde daher detaschirt, um die Verbindung aufzusuchen, Nun wurde unter fortwährendem Tirailliren ein Weg zum Strande aufgesucht, Dies gelang endlich, und so kam der Hauptmann Schlarbaum mit seiner Compngnie, nah ununterbrohenem Kampfe seit 4 Uhr Nachmittags, um 117 Uhr Nachts bei Aybüll an, Die Lieutenants Lehmann und von Rennenkampf hatten wieder vereint {on vor ihrem Hauptmanne ihre Vorposten erreicht. Ersterer hatte siebenmal mit dem Ba- jonett angegriffen und einmal selbst mit seinen Leuten einen steilen Lehm- Abhang erklettern müssen, um seinen Gegnern mit dem Bajonett zu nahen.

Der Gesammtverlust der Compagnie bestand aus 3 Vermißten (die wohl \{chwer verwundet in die Hände des Feindes gefallen sind), 14 Ver- wundeten und dem Karren der Compagnie, der in einem Sumpfe stecken geblieben war, Die Pferde wurden jedoch mitgebracht, sie trugen einen Theil der Verwundeten,

Ferner enthält dasselbe Blatt folgenden Auszug aus der neuesten De- pesche des General-Lieutenants Halkett :

Hauptquartier Aubüll, den 6. Juni. Der Oberbefehlshaber der Armee hatte zu Ehren des Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs eine große Parade auf den 5ten d. M. angeordnet, beabsichtigte aber, die Dänen überall anzugreifen und sie möglichst zurückzudrängen. Der Angriff sollte in drei Kolonnen gegen Apenrade und gegen die im Sundewitt stehenden Dänen gleichzeitig und gemeinschaftlich ausgeführt werden. Zu dem Ende sollte die preußische Brigade Möllendorf um 10 Uhr auf der Straße von Bau nach Apenrade vordringen. Die preußische Brigade Bonin sollte sich hinter ihren Borposten konzentriren und um 10 Uhr auf der Straße über Ülderup und Satrup gegen Sonderburg vorgehen. Die Avautgarde (General - Major von Schnehen), die erste Infanterie-Brigade (General «Major von Mar- schalck) und die hannoversche Neunpfünder - Batterie des zehnten Bundes- Armee-Corps sollten sich bei Gravenstein versammeln und um 10 Uhr auf der Straße über Agbüll und Nübel gegen Sonderburg vordringen, Der Ober-Befehlshaber wollte sih bei der zweiten Kolonne (Brigade Bonin) aufhalten. E

Jn Folge dieser Disposition waren die eben genannten Truppen des zehnten Armee-Corps am 5ten d. M, zwischen 9 und 10 Uhr bei Gra- venstein versammelt, Statt des zur Avantgarde jeßt gehörenden 1sten Dra- goner-Regimeuts , welches zu einem Streiszuge abwesend i, waren zwei Schwadronen Königin-Husaren zur Avantgarde kommandirt, j

Da ich in Erfahrung gebracht hatte, daß die Brigade Bonin ziemlich weit rückwärts ihrer Vorposten ihr Rendezvous genommen hatte, so brach ih erst um 195 Uhr zum Angriff auf, Die Brigade Marschalck mit der Neunpfünder-Batterie und den beiden Husaren-Schwadronen nahmen heute die Tetez ihr folgte die Avantgarden-Brigade des General-Majors v. Schnehen, die ich mit einem oldenburger Bataillon verstärkt hatte, weil das 2te braun- \chweigishe Bataillon mit zu jenem schon früher angeführten Streifzuge verwendet worden war. Von Agbüll aus rüdckte die Avantgarde, nachden die Brigade Marschalck bei Nübel auf den Feind gestoßen war, links neben derselben auf einem früher von uns angelegten Kolonnen -Wege vor. Der Feind hatte die Position von Nübel mit ungefähr einem Bataillon und zwei Geschüßen beseßt. Die Brigade Marschalck nahm diese, unsere Neuu- pfünder - Batterie büßte dabei aber ein paar Zugpferde ein. Die Brigade Marschalck nahm dann auh das Dorf Nübel und zuleßt nach einem hart- näckigen Kampfe das Holz, die Büffel - Koppel. Von der nübeler Position aus war die Avantgarde in ziemlih gleiher Höhe mit der Brigade Marschalck in der Richtung auf Düppelkirche vorge- rüdt. Da indessen die zweite Kolonne (Brigade Bonin) noch immer uicht auf dem Wege von Ulderup über Satrup nach Sonderburg erschien, so mäßigte ih mein Vorgehen auf der nübeler Straße. Nachdem die Tete meiner Kolonne längere Zeit bei der in Besiß genommenen Büffel- koppel gestanden hatte, bemerkte ih um 14 Uhr die Tete der Brigade Bo- nin bei Satrup. Als die Brigade Bonin daun aus Satrup debouchirte, theilte sie sich ebenfalls in zwei Kolonnen; die rechte, aus etwa vier Ba- taillonen bestehend, schlug den von uns früher vorbereiteten Kolonnenweg von Satrup auf Düppelkirhe, die linke, von etwa drei Bataillonen, die Hauptstraße nah Sonderburg ein, Bei Düppelkirhe formirte ih aus mei- nen zwei Kolonnen wieder eine, Brigade Marschalck an der Tete.

Nachdem die Dänen von allen Seiten so in die Position der düpveler Windmühle zurügetrieben waren, versuchten die drei Kolonnen es, unter dem Schuge ihrer Artillerie noch weiter vorzurücken, allein die Dänen empfingen uns mit einem so heftigen Geschüßfeuer von den düppeler Schanzen aus, daß der Ober-Befehlshaber sich damit begnügte, den Feind in die Position hineingetrie- ben zu haben und die Truppen in die Stellung von Satrup und nübeler Windmühle zurückzog. Ju dieser Position haben nir die vorige Nacht zu- gebracht, Ein falscher Alläârm war Veranlassung, daß die Trupven in der- selben nur wenig Ruhe genossen haben. Wir bleiben heute in dieser Po- sition stehen und gehen morgen, wie ih vorläufig avertirt bin, in die Kan tonnements von Flensburg und Bau zurück, Die Brigade Bonin soll noch zunächst am Feinde im Sundewitt bleiben, Unsere Verluste sind leider nicht unbedeutend. Jch kann nicht genug die Entschlossenheit rühmen, womit die Bataillone heute angegriffen haben, was ih zu einem nicht gerin- gen Theile der energischen Führung des Obersten von Marschalck zuschreibe, Um so mehr thut es mir leid ,- daß derselbe auf einige Zeit des Brigade Kommandos beraubt sein wird, Der Oberstlieutenant von Elern, dem das Brigade-Kommando zugefallen wäre, is durch den Sturz seines von einer feindlichen Kugel blessirten Pferdes am Knie verleßt worden, und is das Kommando einstweilen auf den Oberstlieutenant Nupstein übergegangen, Nicht minder rühmend muß ich des General-Majors von Schnehen erwäh- nen, der den mühevollen Dienst eines Avantgarden-Commandeurs mit gro- ßer Sachkenntniß und unermüdlichem Eifer betreibt. :

Schließlich erlaube ih mir noch zu erwähnen, daß das 1 ste Dragoner- Regiment auf seinem Streifzuge gegen Logum-Kloster 1 Rittmeister, 1 Lieu- tenant und 35 Dragoner vom 6, dänischen Dragoner-Regimente zu Gefan- genen gemacht hat.