1881 / 20 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 24 Jan 1881 18:00:01 GMT) scan diff

trag abzulehnen. trat ziehen wolle, so wünsche er denselben zunächst in die Kommission zurückgewiesen zu sehen.

Der Abg. Dr. Hammacher äußerte, er könne der Vorlage fein so großes Gewicht beilegen, als dies Seitens der westfälishen Abgeordneten geschehe; der beste Beweis für die Nüglichkeit

der Vereinigung beider Gemeinden liege darin, daß die ge- j

wählten Vertreter der Stadtgemeinde Langenberg einstimmig, die der Gemeinde Oberbonsfeld mit allen gegen eine Stimme sih für die Vereinigung ausgesprochen hätten. Dieses Votum gewinne noch dadurch an Gewicht, daß man bei den Ge- meindewahlen auf die Parole: „Vereinigung“ gewähli habe, so daß auch die Gegner der Vereinigung jedenfalls alle Kräfte angestrengt haben würden, um ihre Freunde dur{hzu- bringen. Im Interesse einer gesunden Kommunalverwaltung sei die Vereinigung absolut nothwendig. Gerade in der wohl- habenden Bevölkerung von Langenberg sei der Wohlthätig- keits- und Gemeinsinn in hervorragender Weise ausgebildet, das sei von den verschiedensien Seiten anerkannt. Troßdem man nah der Vereinigung bedeutend höhere Kommunalsteuern werde zahlen müssen, sei man doch für eine solche, diese Hal- tung könne also niht aus unlauteren Motiven hervorgehen. Die Vereinigung der beiden Orte müsse also dringend empfohlen werden. Die Frage, zu welher Provinz die ver- einigten Gemeinden geschlagen werden sollten, stehe in zweiter Linie.

Der Abg. Berger erklärte sich gegen die Annektion ; die Ausführung des Abg. Hammacher bezüglih der Abstimmung der Gemeindevertretung sei niht zutreffend. Jm Fahre 1879 habe nur die erste und zweite Klasse gewählt; in der ersten Klasse hätten zwei Wittwen gewählt, vertreten durch ihre Söhne im Sinne der Annektion ; in der zweiten Klasse hätten die beiden Söhne wieder in diesem Sinne gewählt; das er- gebe schon vier Stimmen gegen die drei der dritten Klafse; aber eine Kundgebung des Volkswillens könne man nicht darin erblicken. Redner wies darauf hin, daß die Kommunal- steuern in Langenberg höher seien, als in Oberbonsfeld. Die Motive brächten keine neuen sahlihen Motive, sie wiesen gar niht nah, welches öffentlihe Interesse für die Vereinigung spreche. Jedenfalls seien aber die Nechtsverhält- nisse sehr wihtig; man müßte beim Amtsgerichte Hattingen einen Hülfsrichter anstellen, um die landrechtlihen Prozesse aus Oberbonsfeld zu erledigen; es fehle aber in dem Orte an einem Rechtsanwalt. Aus diesen Gründen habe sich auch das Appellgericht in Cöln gegen die Vereinigung ausgesprochen. Die Langenberger hätten freilih große Anstrengungen aemacht und seien sehr siegesgewiß. So habe ihm ein junger Mann aus Langenberg erzählt, die Vorlage werde diesmal auf jeden Fall angenommen werden, denn der frühere Negierungs-Präsident von Düsseldorf, der jeßige Finanz- Minister Bitter, vertrete dieselbe im Staats-Ministerium, der Abgeordnete des Kreises Mettmann, in welchem Langen- berg liege, Tiedemann, die rehte Hand des Reichs- fanzlers, werde die ganze freikonservative Partei dafür ins Feld führen; der Abg. Strücker (Elberfeld) sei aus Langenbz?rg gebürtig und werde die ganzen National- liberalen mit si ziehen. Endlih wohne ein Verwandter des Abg. Stöcker in Langenberg; dieser werde seinen Einfluß auf den Abg. Stöcker geltend machen, der dann auch die Konserva- tiven sür den Gesegentwurf stimmen werde. Die meisten Ab- geordneten läsen ja solche „kleine“ Vorlagen doch nicht, fon- dern folgten bei der Abstimmung den Parteiführern. Er bitte das Haus, die Angelegenheit gründlih zu prüfen und deshalb die Vorlage an die Gemeindekommission zu verweisen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-Reg.-Rath Herr- furth führte aus, daß die Bedeutung des vorliegenden Entwurfs eine so eng begrenzte sei, daß sie über die Grenzen der beiden Gemeinden kaum hinausgehe und die Jnteressen von Amt, Kreis odex Provinz nur sekundär berühre. Die neue Grenzlinie und anderweite Konfiguration sei allerdings nicht besonders günstig, aber au) nicht bedenklich; die Negierung habe wohl mit vollem Rechte auf die einstimmigen Beschllisse der legalen Ver- tretung beider Gemeinden entscheidendes Gewicht legen müssen. So lange si in einer Gemeinde ein Widerspruch gegen die Ver- einigung geltend gemacht habe, sei dem von der Regierung Nedeticiià getragen worden. Wegen der engen Begrenzung der lokalen Bedeutung dieser Sache sei den Beschlüssen des Kreises Boum und des westfälishen Provinzial-Landtages fein entsheidendes Gewicht beizumessen. Jn den Jahren 1875, 1876 und 1878 seien durch 3 Geseßze im Ganzen 23 Verände- rungen in Kreisen und Provinzen vorgenommen, {in der Mehr- zahl der Fälle in 14 troy des Widerspruchs der Lokal- interessenten. Bei diesen Präzedenzen empfehle sich die Ans nahme der Vorlage um so eher, als die kompetenten Vertre- tungen ja ihre Zustimmung ertheilt hätten.

Die Diskussion wurde geschlossen.

Der Aba. Tiedemann konstatirte zur Geschäftsordnung und bat zu Protokoll die Bemerkung zu nehmen, daß er uls Vertreter des bei dieser Frage lb,ochinteressirten Kreises Mett- mann niht zum Worte gekommen sei.

Der Abg. Dr. Windthorst bat zu konstatiren, daß er, wenn er zum Worte gekommen wäre, vom Rechtsstandpunkte aus gegen cine Vereinigung gesprochen hätte und zwar im Sinne des Appellationsgerichts zu Cöln.

Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst beantragte, Ueber- weisung der Vorlage an die um sieben Mitglieder zu verstär- kende Gemeindekommission.

Der Aba. Tiedemann bemerkte persönli dem Abg. Berger gegenüber, daß er in dieser Frage niht pro domo gesprochen haben würde, sondern als rein Sachkundiger, als welcher er in seiner Eigerschast als früherer Landrath des Kreises Mett- mann doch wohl angesehen werden müsse. An der Einbrin- gung der Vorlage habe er nicht mitgewirkt. e

Der Abg. Berger erklärte, das Leßtere sei auch nicht be- hauptet worden. habe nur ausgesprochen, daß das Geseh zur Annahme gelangen

würde, da der Abg. Tiedemann die rechte Hand des Reichs- |

fanzlers und maßgebend sür die Abstimmung der Freikonser- vativen sei.

Hierauf wurde die Vorlage an die um 7 Mitglieder zu verstärkende Gemeindekommission verwiesen.

Es solgte die erste und zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Ausdehnung der Wirksamkeit |

des nassauishen evangelische ÇCentralkirhenfonds und der nassauischen evangelishen Pfarrwittwen- und Waisen- fasse auf die vormals hessischen Theile des Konsistorialbezirks Wiesbaden. Nah dem Gesezentwurfe soll der nassauische Kirchenfonds au auf die ehemals hessishen Landestheile aus- gedchnt werden, weil die Pfarrer in den leßteren jeßt keine Möglitkeit hätten, für ihre Wittwen und Waisen zu sorgen.

Wenn man den Antrag Sombart in Be- ;

Der junge Mann, dessen er vorhin erwähnt, |

Die alten Pfarrer scien noch an dem hessishen Fon'zs

| betheiligt, es würden aber aus diesen Landestheilen neue ' Mitglieder niht aufgenommen.

Die inzwischen angestellten Geistlichen sollten nun zur nassauischen Kasse gewiesen werden, welche für die Belastung eine Rente von 5000 # aus Staats- mittelu erhalten habe. Die Synode des Konsistorialbezirks Wiesbaden habe si mit dieser Ausdehnung der Kasse in einem Kirchengeseß einverstanden erklärt.

Vom Abg. Dr. Petri, der dabei von acht anderen nassaui- s{en Abgeordneten unterstüßt wurde, lag ein Antrag vor, die Staatsrente von 5000 auf 7000 M zu erhöhen.

Der Abg. Dr. Petri seßte die Nothwendigkeit eines im Sinne des Amendements erhöhten Staatszushusses ausein- ander; nur dann könnten die von der Vorlage berührten Kassen ihre ausgedehnte Wirksamkeit au auf die ihr neu zu unterstellenden Landestheile erstrecken, ohne wohlerworbene Rechte zu schädigen und die bestehenden Fonds zu {wächen, Er erkenne die Notl wendigkeit einer Aenderung der dortigen Zustände durch die Regierungsvorlage an und s{lage vor, dieselbe einer Kommission von 7 Mitgliedern zur Vorberathung zu überweisen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath Barkhausen fürchtete von dieser Ueberweisung eine solche Ver- zögerung, daß das Gesetz in dieser Session niht zu Stande fommen würde. Die Staatsregierung habe sich auf den Stand- punkt gestellt, den das Haus im Jahre 1878 eingenommen habe, wonach es durch Bereitstellung eines Kapitals den hef- fischen Geistlihen ermöglicht werden sollte, in eine Wittwen- kasse zu treten; die Synode des Konsistorialbezirks Wiesbaden habe sich im gleihen Sinne ausgesprochen, au in Betreff der Höhe der Rente.

Auch der Abg. Bork befürwortete den Antrag Petri, die Vorlage an eine besondere Kommission von 7 Mitgliedern zu verweisen.

Das Haus beschloß demgemäß.

Es folgte der mündliche Bericht der Budgetkommission zu dem Rechenschaftsberichte über die Verwendung der flüssig gemachten Bestände der im §8. 94 der Hinterlegungsord- nung bezeichneten Fonts und der im §. 95 daselbst erwähn- ten Gelder sür die Zeit vom 1. Oktober 1879—80. Der Re- ferent Abg. Dr. Hammacher beantragte, durch Vorlegung des Rech enschastsberihts die geseßlih vorgeschriebene Nechenschast für geführt zu erachten.

Der Abg. Kieschke bemängelte den vorliegenden Bericht, der nicht ershöpfend genug sei und namentlih von der Art, wie sih der Hinterlegungsfonds im abgelaufenen Verwaltungs- jahre gestaltet habe, tein Wort enthalte. Nach der Absicit des Geseßes müsse aus dem Bericht doch so viel hervorgehen, daß man die Lage der Sache während des Geschäftsjahres einiger- maßen klar übersehen könne. Werde dies mcht erfordert, dann werde in künftigen Jahren Mangels versügbarer Be- stände überhaupt nichts zu berichten sein.

Der Finanz-Minister Bitter glaubte nit, daß eine aus- gedehntere Berichterstattung im Sinne des §. 96 der Hinter- legungsordnung liege. Er werde übrigens jede verlangte Auskunft über diese Verhältnisse stets zu ertheilen bereit sein.

Das Haus genehmigte den Kommissionsantrag.

Die Rechnungen der Kasse der Ober-Nechnungska m- mer wurden auf Antrag des Referenten der Nechnungskom- mission, Abg. Bödiker* dechargirt.

Namens der Butzetkommissién berichtete der Abg. Rickert über den Bericht, betreffend die bisherige Ausführung des 8. 4 des Gesetzes, betreffend den Erwerb mehrerer Privat- Eisenbahnen für den Staat, vom 20. Dezember 1879, und des 8. 5 des Gesetzes, betreffend den Erwerb des Rheinischen und des Berlin-Potsdam- Magdeburger Eisenbahnunternehmens für den Staat vom 14. Februar 1880.

Der Referent beantragte, den Bericht, nach welchem die Regierung zwar von dem laut §. 4 ihr zustehenden Rechte des

Erwerbes der Bahnen noch nicht Gebrauch gemacht habe, daß |

aber dur Kündigung der Obligationen und die Amortisa-

worden sei, durch Kenntnißnahme für erledigt zu erklären.

Der Abg Kieschke fand dagegen die Ersparnisse nicht be- |

deutend genug; wünschte auch zu wissen, ob man den Priori- tätsgläubigern baares Geld oder Konsols gegeben habe.

Der Finanz-Minister Bitter erwiderte, daß denjenigen | baares Geld gegeben sei, die die Annahme von Konsols ver- |

weigert hätten.

Der Abg. Kieschke erklärte, die Konsequenz daraus sei, | wie auch ein Bericht der Seehandlung ergebe, daß der Staat | bei der Begebung Courseinbußen, dagegen die Seehandlung |

Coursgewinn habe. Wie reime sich das zusammen ? Der Bericht wurde darauf für erledigt erklärt.

11 Uhr.

Jn der heutigen (44.) Sißung des Hauses der

Abgeordneten, welher die Staats-Minister Bitter und | Reskript vom 3. d. M. wiederum angewiesen, stets dessen ein-

| gedenk zu sein, daß Staatsbahnen, bei aller pflihtmäßigen | Oekonomie, es doch ganz besonders als ihre Aufgabe zu be-

von Puttkamer mit mehreren Kommissarien beiwohnten, voll- zog das Haus zunächst die ersie Berathung des Nachtrags «um Staatshaushalts-Etat für 1881/82. (S. unter Landtagsangelegenheiten.) Der Abg. Rickert gab seiner Verwunderung darüber Ausdruck, daß in diesem Sta- dium der Arbeiten des Hauses schon der dritte Nachtrag zum Etat eingebracht sei. Wie

das mit dem Vorschlag, der jezt wieder dem

Bundesrathe zugegangen sei, zweijährige Etatsperioden im

Reit, und dem entsprehend wohl auch in Preußen einzu- führen? Wenn \ih bei einjährigen Etatsperioden die finan- ziellen Bedürfnisse so wenig übersehen ließen, so würde das bei zweijährigen Perioden noch viel \{limmer sein. Er bitte,

den Nachtragsetat der Budgetkommission zu überweisen , wolle | sind nunmehr auch durch das Handels-Ministerium 5 Mit-

| glieder auf die Dauer von 3 Jahren ernannt worden. Unter

aber bemerken, daß ihm die Forderung für den Neubau eines Regierungsgebäudes in Breslau nicht genügend motivirt erscheine. Der Abg. Graf Clairon d'Haussonville erklärte sich mit

nicht mehr genügten.

Der Finanz-Minisier Bitter erklärte, Frage der zweijährigen Etatsperioden werde; die Entscheidung darüber liege im und selbst wenn dieser ih dafür aussprechen würde es sich immer noch fragen, ob Preußen eine zweijährige Etatsperiode wendig werden würde. Der Minister wies hierauf nah, daß im

daß er auf die nicht

auch in

Fogar im Jnteresse der Gesundheit der Beamten die Beschaffung eines neuen Diensigebäudes dringend geboten sei.

tionen eine jährli@e Zinsersparniß von 1 001 551 A erzielt | Abg,

| nicht als eine etatèamäßige, sondern nur a!s eine außer-

| angemessen sei,

vertrage sich |

| drei Mitglieder der Ueberweisung an die Budgetkommission einverstanden und | wies ausführlih nach, daß die Gebäude, in denen die Re- | | gierung in Breslau untergebracht sei, dem Bedürfnisse absolut ( 1 | der Sezession angeschlossen hat.

eingehen | Reichstage | sollte,

| Heidelberg ist die einzige deutshe Universität, Interesse der Geschäftsthätigkeit der Breslauer Regierung und |

Der Abg. Dr. Windthorst behielt sich seine materielle Stellung zum Nachtragsetat bis nach der Kommissions- berathung vor. Nachtragsetats seien nit zu vermeiden und seien auch kein Argument gegen zweijährige Etatsperioden. Ueber die Nothwendigkeit zweijähriger Budgetperioden würde sich unter geordneten Verhältnissen reden lassen, so lange aber die jeßigen ungeordneten Verhältnisse, namentlih der Kulturkampf fortbeständen, werde er sich niemals für zwei- jährige Perioden gewinnen lassen. Er bitte an Dienstwoh- nungen so viel wie möglich zu sparen; namentlich die Haltung des Breslauer Regierungs-Präsidenten im Kultur- kampf mache es ihm nicht leiht, demselben eine neue Dienst- wohnung zu bewilligen. Der Abg. Rickert freute sich, konstatiren zu können, daß der Abg. Windthorst wenigstens für die nächste Zeit niht gewillt sei, auf zweijährige Etatsperioden Snqugeyen, und daß der Finanz - Minister diese Frage für Preußen als unabhängig von der im Reiche bezeichnet habe.

Der Finanz-Viinister Bitter stellte fest, daß er, ohne auf die Frage der zweijährigen Budgetperiode materiell einzugehen, nur gesagt habe, daß die Frage für Preußen besonders entschieden werden müsse, wenn sich der Reichs- tag auch für das Reih für zweijährige Perioden aus- sprechen sollte. Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa führte auf Grund seiner lokalen Kenntniß aus, daß die Regierungsgebäude in Breslau durhaus unzulänglih seien. Gegen den Vorschlag zweijähriger Etatsperioden ver- halte si seine Partei keineswegs von vornherein ablehnend. Der Abg. Dr. Köhler bezweifelte die Dringlichkeit des Nach- tragsetats. Der Abg. Dr. Virchow bemängelte die Einbringung von Nachtragsetats, durch welche die Uebersichtlichkeit des Etats leide. Der Finanz-Minister Bitter erklärte auf eine Anregung des Abg. Dr. Virchow hin, daß er ein energischer Gegner aller Etatsüberschreitungen sei und dieselben nach Möglichkeit verhindere. Hierauf wurde der Nachtragsetat an die Budgetkommission zur Vorberathung überwiesen. Dasselbe geshah mit dem zweiten Nachtragsetat zum Staatshaushalt,

Hieran {loß sich die Fortsezung der zweiten Be- rathung des Entwurss des Staatshaushalts - Etats für 1881/82 und zwar zuerst des Finanz - Ministerin.m : dauernde Ausgaben Kap. 57 Tit. 3 und Kap. 58 Tit. 1, 2, 6 bis 8 und 12. Die Budgetkommission beantragte durch ihren Referenten, den Abg. Stengel, Kap. 57 Tit. 3 in welchem die Stelle eines vortragenden Rathes mehr gefor- dert werde, anzunehmen. Der Abg. Rickert bat, die Pofition abzulehnen, um so mehr, als von einer Reform der direkten Steuein, zu deren Bearbeitung der Beamte bestimmt sei nichts bemerkt werde. Der Finanz-Minister Bitter erklärte, da die Steuerreform gerade jeßt anfange, viel Arbeit zu machen, und daß die geforderte Nathssiele auch nicht allein durch die Mehrarbeit der Steuerreform motivirt werde, sondern über- haupt durch die vermehrte Arbeitslast im Finanz-Ministerium. Der Abg. Dr. Windthorst \sprach für die Bewilligung der Position; er hoffe, daß für die geforderte Stelle sih cine Kraft finden werde, die einen Aueweg aus dem Frrsal der Steuerreform finde. Der Abg. Frhr. von Minnigerode führte aus, daß die Freunde der wirthschaftlihen Reform die Raths- stelle bewilligen würden, während die prinzipiellen Geg- ner der Reform die von der Wechselwirkung der Reihs- und Staatsfinanzen nichts wissen wollten, diese Stelle verweigerten, um auch in diesem Punkte die Reform zu bekämpfen. Der Abg. Dr. Hänel sprach gegen die Position, um eine Wechselwirkung handle es fich gar nicht, die® Steuerreform werde lediglich vom Reichs- kanzler getragen, der seinen Willen den anderen Ministern diktire; höchstens könne man also! dem Reichskanzler neue Arbeitskräfte bewilligen. Der Finanz - Minister Bitter verwahrte \ich gegen die Behauptung, daß der Reichskanzler seinen Willen den Ministern diktire; er müsse bitten, daß sich der Aba. Hänel besser informire, ehe er solhe Behauptungen vor dem Lande aussprehe. Der Nickert plädirte nochmals dafür, die Raths stelle

etatèmäßige zu bewilligen. Hierauf entspann sich eine län- gere Geschästsordnungsdebatte über die Frage, ob es \ einzelne Aeußerungen von Mit- gliedern der Kommissionen im Hause und in der Presse zur Sprache zu bringen. Bei der Abstimmung wurde nach dem Antrag der Budgetkommission die Position be- willigt.

Bei Scchluß des Blattes begann die Berathung übr Kap. 58.

Den Königlichen Eisenbahn-Direktionen ist wiederholt

6 4 J E | bei Ausstellung der Fahrpläne eine sorgsame Berücsichti- Hierauf vertagte si das Haus um 5 Uhr auf Montag |

gung auch der lokalen Jnteressen zur Pflicht gemacht. Der

| Minister der öffentlihen Arbeiten hat die Königlichen Direk- | tionen, namentlich diejenigen, welche Staatsbahnen

bezw. Privatbahnen für Rechnung des Staats verwalten, durch

traten haben, den Verkehrsinteressen zu nüßgen und die

| Pflege des Lokalverkehrs \sih angelegen sein zu lassen. Die

Königlichen Direktionen haben diese Gesichtspunkte hon bei der nächsten Fahrplanaussielung die gebührende Berüdsichti- gung finden zu lajen.

Baden.

Karlsruhe, 20. Januar. (Cöln. Z.) Nach-

| dem die sieben Handelskammern des Landes, der Landeésaus-

{uß des Gewerbevereins und die Centralstelle des landwirth- schaftlichen Vereins die ihnen zukommenden Wahlen von 11 Mitgliedern des Eisenbahnrathes vorgenommen haben,

denselben befindet sich ein Mitglied der Ersten und der Zweiten Kammer , namhafte An- gehörige der national-liberalen Partei, nämlich die Abgg. Heilig, Friederich und Pflüger, der Leßtere bekanntlich der einzige unter den badishen Abgeordneten, der ih Die ersie Sitzung des Eisen- bahnrathes wird, dem Vernchmen nah, am 21. Februar statfinden, als Berathungsgegenstände werden Tarifange- legenheiten und der Sommerfahrplan bezeihnet. Vom 1. Juni ab wird Heidelberg Garnison erhalten, und

| zwar das bisher in Durlach stehende 2. Bataillon des 2. Ba- dadurch noth: |

dischen Wilhelm Nr. 110. der bisher

Die Universitäts-JFrrenklinik

Grenadier - Regiments Kaiser

eine Garnison fehlte.

| in Heidelberg weist eine niht unerhebliche Zahl sowohl an | Qranfen als von Studirenden auf (von Oktober 1878 bis

November 1880: 342 Kranke, 38 Studirende); die Besorgniß, als ob die Aufnahme in diese Klinik, eben ihres Lehrzweckes wegen, dem Widerstreben der Kranken bezw. ihrer Angehörigen begegnen werde, hat sih nicht als begründet erwiesen. Zum Prorektor für das Jahr 1881—82 hat die Universität Heidelberg den bekannten Germanisten Geheimen Hofrath Bartsch gewählt. Jn Mannheim hat am 17. Januar eine von den

M Handelskam-»ern rheinisher Städte, u. a. auchvon Cöln, Coblenz, Î Duisburg, Düsseldorf, beschickte Kommission getagt, um Vor-

berathungen über die im Jnteresse der Rheinschiffahrt zu veranlassenden Schritte zu thun, welche nöthig sein werden,

| wenn eine geseßlihe Regelung der Binnenschiffahrt in Angriff

genommen werden wird, wie dies das preußische Handels-

Ì Minisierium in Ausficht gestellt hat.

Hessen. Darmstadt, 22. Januar. Ueber das Be-

M finden der Frau Prinzessin Carl veröffentli&t die „Darmst.

Ztg.“ heute folgendes ärztlihes Bulletin : Das Algemein-

: befinden Jhrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Æ Carl ift vollständig befriedigend.

i ä Die Sehstörungen fangen allmählich an, si zu bessern. Neuß j. L. Gera, 21. Januar.

(Leipz. Ztg.) Vom

| Ober-Lan dgericht zu Jena is beshlosen worden, daß

fortan in jedem der beiden Shwurzerichtsbezirke der ver- einigten Thüringer Staaten jährlih drei öffentlihe Shwu r- gerichte stattfinden sollen. Für den diesseitigen T. Bezirk

/ (den östlichen), welcher die Landgerichtskreise Altenburg, Gera,

Rudolstadt, Weimar und Greiz umfaßt, sind als Zeit sür die ein- zelnen Assisen die Monate Februar, Juni und Oktober be- stimmt worden. Die Schwurgerichte im ersten, dem östlichen Bezirk, werden stets in Gera, die im zweiten oder westlichen Bezirk in Meiningen abgehalten.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 22. Januar. (Els.- Lothr. Ztg.) Der Landesaus\chuß seßte am 20. d. M.

s die Etatsberathung fort, und zwar mit der zweiten Lesung

des Etats der Verwaltung des öffentlichen Unterrichts (höheres und niederes Unterrichtswesen).

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Lesterreich:Ungarn. Wien, 24. Januar. (W. T. B.) Der Kardinal Kutschker ist von einem Schlaga.fall be- troffen worden ; sein Zustand ist bedenklich.

Großbritannien und JFrland. London, 22. Ja- nuar. (Allg. Corr.) Die irische Exekutive fährt fort, energish gegen die Landligen vorzugehen. Jn Listowell sind 43 und in Waterville 16 Ligisien wegen Aufruhr und Vershwörung unter Anklage gestelt worden. Einem eben veröffentlihten parlamentarishen Ausweise zufolge wurden dem General-Fnspektor der Königlichen irischen Konstabler im abgelaufenen Jahre niht wentger als 2590 agrarishe Ausschreitungen gemeldet. Von dieser Gesammtzahl famen 259 auf die Provinz Ulster, A601. aus Leltister, 1019 auf Muniiee und 961 aus Connaught. Die Besprehungen zwischen den Befehlshabern der Flotten- und Heeresstreitkräfte in Zrland haben, wie der „Standard“ erfährt, das Ergebniß gehabt, daß die Regierung ersucht wurde, eine Anzahl von Schleppdampfern und Kanonenbooten zur Ueberwachung der Küsten und für den s{&leunigen Transport kleiner Detachements Truppen und Polizisten nach Orten, wo deren Dienste erforderlich sind, herüberzusenden. Das in Kingstown als Wachtschiff stationirte gepanzerte Thurmschiff „Belleisle“ ist nah der Nordwe ¡küste Frlands abgesandt worden, um ein von Amerika auf der Fahrt nah Jrland be- griffenes, mit Waffen und Schießbedarf beladenes Schiff abzufangen. Es heißt, daß die kriegerishe Fraht an cinem Punkte der Küste von Donegal gelandet werden sol. Am Bord der „Belleisle““ befindet sih eine Abtheilung Marinesoldaten. Nur die dringendste Nothwendigkeit, schreibt man aus Dublin, kann fdie Admiralität bewogen haben, 1n dieser ungünstigen Witterung ein Thurmschiff nah einem ge- fährlihen Theile der atlantischen Küste zu entsenden.

Der Marquis von Huntly is an Stelle des Earls von Fife zum Kapitän des Corps der Gentlemen-4t-Arms ernannt worden.

Das Kolonial-Anit hat nachstehendes Telegramm von dem Premier der Kapkolonie, datirt Kapstadt, 21. Ja- nuar 1881, erhalten: Jn dieser Woche hat sih der Pondo- misen-Häuptling Umditshwa mit 800 Leuten ergeben. Jm Temtuland wurden 20 000 Stück Vich, 10000 Schafe und 1000 Pferde erbeutet und 150 Rebellen getödtet. Das Pondo- land ist den Berichten zufolge ruhig.

Aus Candahar wird dem Reutershen Bureau unterm 20. ds. gemeldet: Jn Folge der andauernden Un- ruhe unter den Stämmen im Nordwesten der Stadt ist ein Truppen-Detachement nach Maiwand gesandt worden. Die Chess aus Zamindawar befinden sich bei Gul Mahomed Khan in Girishk zum Besuch.

22. Januar. (W. T. B.) Nag ciner offiziellen Meldung vom 21. d. hat sich die englishe Garnison von Leydenberg den Boers ergeben. 23. Januar. (W. T. B.) Nach einer Meldung aus der Kapstadt, vom 22. d., haben die englishen Trup- pen, welche sih bei Potchefstroom verschanzt haben, einen Ausfall unternommen, bei welhem 4 Boers getödtet wurden. Die Boers verjuchten ebenfalls ein Lager aufzuschlagen, wurden aber daran verhindert. Nach einer Meldung aus dem Basutolande werden die Kolonialtruppen, welche Ver- stärkungen erhalten haben, die Offensiv-Operationen in Kurzem wieder aufnehmen.

Frankreih. Paris, 22. Januar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer erklärte der ¿Finanz-Minister Magnin in Beantwortung einer Anfrage des Deputirten Haentjens: Die Regierung behalte fih das Recht vor, den Augenblick für die Emission der amortisir- baren Rente zu wählen. Die Regierung werde niemals den Fondemarkt zu beeinflussen suchen, sondern wünsche ihn frei gewähren zu lassen, da er der Regierung als Kanal des öffentlihen Kredites diene. Der Deputirte Proust kündigte eine Interpellation über die auswärtige Politik an. Auf Wunsch des Ministers des Auswärtigen, Barthélemy St. Hilaire, wurde die Einbringung dieser Jnterpellation auf den 3, Februar anberaumt. Das Gelbbuh wird am 28. Ja- nuar zur Vertheilung gelangen.

l Das „Mémorial diplomatique“ hebt hervor, daß die Neibungen in der tunesischen Angelegenheit in der Sphäre der lokalen und privaten Jnteressen verblieben seien, ohne die freundschaftlichen Beziehungen Frankreihs und

—e3-

¡ Jtaliens zu kterühren.

Wenn man von den Uedertreibungen der Presse und gewissen parlamentarischen Veilleitäten in Jta- lien absehe, welhe darauf atzielten, dem Kabinet Ca:roli Ver- legenheiten zu bcreiten, so existire eine tunesishe Frage nit. Alle Mächte stimmten darin überein, daß weder die politische Lage von Tunis, noch dessen internationale Beziehungen eine Veränderung erfahren dürften.

Ftalien. Rom, 24. Januar. (W. T. B.) Der „Di- ritto“ tritt in einem Artifel den deut!chen Blättern ent- gegen, welche das jüngste Schreiben Garibaldi's dazu benußen, um aufs Neue Mißtrauen gegen das italienische Volk und die italienishe Regierung zu erregen. Der „Di- ritto“ bedauert lebhaft, daß die Blätter zur Nihtshnur für allgemeine Urtheile die Reden einzelner Fndividuen nehmen, ohne dabei der ruhigen und ernsten Ha!tung eines ganzen Volkes Rechnung zu tragen, welches bestrebt ist, seine Kräfte zu entwickeln und seine Jnstitutionen zu konsolidiren. Der „Diritto“ hebt zum Schlusse hervor, daß die italienishe Re- gierung in jedem Falle ihre Pflicht zu erfüllen wissen werde, ohne daß Andcre sie daran erinnern.

Griechenland. Athen, 22. Fanuar. (W. T. B.) Der diesseitige Gesandte in London, Contostavlos3, hat seine Entlassung cingereicht, das Demissionsgesuch is aber bis jeßt noch niht genehmigt worden. Durch ein heute ver- öffentlihtes königlihes Dekret ist, entsprehend dem De- krete über die Zusammensetung der Armee, die fofortige For- mation drei neuer Jnfanterie-Bataillone, cines Kavallerie-Regiments und eines Geniebataillons angeordnet worden. Die Effektivstärke der Armee beträgt gegenwärtig 65000 Mann. Der Kriegs - Mi- nister hat wegen Bildung von drei großen Militär- Depots, welche im Piräus, in Chalcis und in Missolunghi errihtet werden, ein Rundschreiben an sämmtliche Militär- behörden gerihtet. Wie verlautet, soll die griechische Regie- rung an ihre Vertreter im Auslande ein Rund- schreiben in Form einer Antwort auf die leßte Note der Pforte erlassen haben. Das Rundschreiben soll in festem Tone gehalten sein.

Der Minister des Jnnern hat in einem Erlaß an die Präfekten angeordnet, daß an diejenigen Personen, deren Namen in den militärishen Listen eingetragen sind, keine Pässe nach dem Auslande zu verabfolgen sind. Das Journal „Ephemeris“ will wissen, daß mehrere reiche Griehen die Absicht hätten, eine große Geld- summe zusammenzubringen, um ein Elite-Corps von 10 000 Mann unter dem Befehle des General Coroncos auf- zustellen, welhes einen“ Einfall in die Türkei unternehmen fole. Nah einer Meldung aus Janina sind die Albanesen mit circassishen Soldaten, welche nah ver- schiedenen Ortschaften ges ck worden waren, um albanesishe Reservisten zu ergreifen, in ein Handgemenge gerathen.

Wie die „Allgemeine Zeitung“ erfährt, erfolgte heute die Bezahlung der griechischen Schuld an den Prinzen Ludwig Ferdinand von Bayern im Betrage von 2 600 000 Fres. in Pariser Wechseln.

Dem „Diritto“ zufolge hat der Vertreter Griehen- lands in Rom der italienishen Regierung ein telegraphisches Rundschreiben des Ministerpräsidenten Kumunduros vom 20. d. mitgetheilt, in welchem die Situation resumirt und an Europa appellirt wird, damit dieses, so wie es das beshlossen habe, was bezüglih der helenishen Frage billig und angemessen sei, auch Mittel anwende, welche es zweck- dienlih erahten werde, um seine Beschlüsse zur Ausführung zu bringen und den Frieden im Orient auf soliden Srund- lagen zu sichern.

Es E E - O E E I I I A e B at Ey

Türkei. Konstantinopel, 22. Januar. (W. T. B.) Abedin Pascha ist zum Gouverneur von Adana und Jsmail Pascha zum Gouverneur von Kossowo ernannt worden. Leßterer begiebt sich morgen mit einem Bataillon nah Smyrna, zieht dort weitere 4 Bataillone an sich und mar- {irt sodann nah Salonichi und von dort nah Kossowo, um daselbst die bedrohte Ordnung aufrecht zu erhalten. Achmeit Rassim begleitet Jesmail Pascha als Regierungskommissar.

Es verlautet hier gerüchtweise, der Generaldirektor der Cisenbahn Salonichi-Mitroviya, Coo per, habe dem Minister der öffentlihen Arbeiten angezeigt, daß die Albanesen, welche ih der Stadt Scopia bemächtigt hätten, gedroht hätten, ihn und das ganze Eiscnbahnpersonal über die Klinge springen zu lassen und die Eisenbahnlinie zu zerstören, wenn Truppcn und Munition auf derselben befördert werden sollten. Er habe sich daher gezwungen gesehen, sämmtliche Stations- vorsteher zu benachrichtigen, daß jeder militärishe Transport abzulehnen sei.

Bei einer Besprechung der griehischen Frage äußert ih die „Times“ dahin, daß England, so lange kein offener Bruch zwishen Griechenland und der Türkei einge- treten sei, und so lange Unterhandlungen noch möglich seien, seine freundlichen Dienste beiden Parteien nicht versagen, an einem Kriege aber unter keinen Umständen si betheiligen werde.

Serbien. Belgrad, 21. Januar. (Wien. Z.) Der Justiz-Minister Pirotschanac hat in der Skupschtina eine Regierungsvorloge eingebraht, welhe die Garantirung der vollen Unahängigkeit des serbishen Richterstandes zum Gegenstande hat. Die übrigen dur die Thronrede an- gekündigten Vorlagen, welche die Einführung freisinniger Re- formen in Serbien zum Zwecke haben, werden der Skupschtina in kürzester Zeit unterbreitet werden. Troy dieses reichen Arbeitsmaterials glaubt man aber in Belgrad an eine kurze Dauer der Session, da die Regierungspartei über eine jo überwältigende Majorität verfügt, daß lange Debatten zweck- los erscheinen und muthmaßlih vermieden bleiben dürften.

§2, Januar. (Pol. C) Fürs Alexander von Bulgarien dankte dem Fürsten Milan auf tele- graphishem Wege für die sympathishe Art, wie Leßterer in seiner Thronrede des Besuches des Fürsten Alexander am serbishen Hose gedaht hat. Der Schwerpunkt der Thätigkeit der Skupschtina ruht gegenwärtig in deren Ausschüssen. Der Zustizausshuß hat bereits das Prinzip der Unabseßbarkeit und Unverleßbarkeit der Richter sowie der völligen Trennung der Justiz von der Verwaltung angenom- men. Die Regierungspartei in der Skupschtina hat sih von den Radikalen geschieden, indem erstere einen cigenen Klub gründete, welher gestern von über 100 Abgeordneten besucht wurde. Unter den Radikalen ist eine Spaltung eingetreten, und viele dersclben zogen ihre Unterschriften von dem ur- sprünglihen Programme der Radikalen zurück. Der ser- bische Delegirte Hr. Nesic kehrt Montag, mit Detail-Jnstruk-

tionen für die Vertragsverhandlungen mit Oester- reih-Ungarn versehen, wieder nah Wien zurü.

Montenegro. Aus St. Petersburg, 2

nuar, meldet „.W. T. Y“: Gegenlider dex Mel- dung russisher Blätter, daß die Pforte bei der Aenderung der montenegrinishen Grenze am Ufer des Bojanaflusses, wonach die Hügel und nicht der Thalweg die Demarkationslinie bilden jollten, von Desterreih und Deutschland unterstügt werde, bemerkt die „Agence Russe“, die internationale Kommission allein verhandle gegenwärtig über diese Fragen und, nahdem alle Mächte seit Regelung der Grenze sich zu Gunjten Montenegros ausgesprochen hätten, sei es niht wahrscheinlih, daß dieselben ihre Ansicht jezt wieder ändern wollten.

Nußlaud und Polen. St. Petersburg, 22. Januar. (W. T. B.) Von dem General Skobeleff liegt folgende offizielle Meldung vor: Jn der Nacht vom 15. zum 16. d. eroberten wir nach einer genügenden Befestigung unserer eigenen Positionen und unseres Lagers die 20 Faden von der feindlichen Mauer entfernten Positionen. Alle vou dem Feinde unternommenen hartnäckigen Versuche, uns aus den neu eingenommenen Positionen herauszushlagen, waren vergeblich. Am 16. d. Abends 7 Uhr üderfiel der Feind mit seiner ganzen Macht unser Centrum und die linke Flanke ; fast auf der ganzen Strecke entstand ein hartnäckiges Hand- gemenge. Der Feind wurde mit großen Verlusten von unseren Trancheen zurückgeshlagen und bis über die Festungswälle verfolgt. Sogleich nah dem zurückgeshlagenen Angriffe nahmen wir das fortifikatorishe Vorrücken mittelst der Sappe wieder auf, um unsere Vertheidigungslinie zu verstärken. Unser Verlust betrug 1 Offizier und 12 Soldaten todt und 4 Offiziere und 78 Soldaten verwundet. Die Arbeiten in den Trancheen sind shwierig, weil das Belagerungscorps zehnfach geringer ist als die Kräfte des Vertheidigers. Die Arbeiten der Sappeurs dauern noh fort ; der Kopf der Sappe befindet sich 17 Faden von der Festungsmauer entfernt. Am 17. d. be- trug unser Verlust 4 Soldaten todt und 1 Dffizier und 17 Soldaten verwundet.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 18. Ja- nuar. Der König empfing gestern Deputationen beider Kammern des Reichstages und ernannte auf deren Gesuch: den Landeshauptmann Grafen Lagerbjelke zum Präsidenten und den Staatsrath a. D. von Ehrenheim zum Vize-Präsidenten der Ersten Kammer, ferner den Grossisten Wijk zum Präsidenten und den Hofbesizer Jfvarson zum Vize-Präsidenten der Zweiten Kammer. Die bei der heutigen Eröffnung des NReichs- tages vom Könige verlesene Thronrede hat folgenden Wortlaut :

Gute Herren und {wedishe Männer! Während tes Jahres, daz seitdem verflossen ist, als ih in diesem Raume zuleßt zu Ihnen spra, hat eine milde Vorsehung ihre {bütende Hand über Bolk und Land gekalten, dieselben mit äußtrem Frieden und innerer Ruhe, mit reihen Ernten und wiedererwawendem G: werbéeleben aesfegnet.

Mit tiefer Dankbarkeit gegea Gott für diese großen Wohlthaten sche i der Zukunft mit Zuversicht entgegen, und treu unterstüßt durch Ihre Rathschläze, boffe ih so, wie meine Königliche Pflicht und mein Herz gemeinschaftlich gebieten, die Geschichte des geliebten Vaterlandes auf einer gesunden und segentringenden Bahn der Eant- wickelung vorwärts zu leiten.

Die Verhältnisse der vereinizten Reihe zu allen fremden Mächten lassen fortgesezt nichts zu wünscten Übrig. :

Mit unabläisizer Aufwerksamkeit folge ib den umfassenden Ar- beiten, die in mehrercn Zweigen der Gesetzzebung stattfinden, und id werde, soweit es in meiner Macht steht, deres Volleadang be- \{!eunigen.

Die Nothwendigkeit, das Steuerwesen und die Verthezidigungs8- kräfte des Landes auf eine befriedizeade Weise zu ordnen, wird von mic rit minder lebbaft anerkannt wie von Ihnen. Eine vollftän- dige Lösung dieser beiden, dur so viele Bande verknüpften Frazen, muß im Zusammenhange mit einander und unter gebührender Rück- sihtnahme auf bestehende Rechtsverhältnisse geswihen. Nachdem die vorbereitenden Arbeiten, welcbe ih habe ergreifen lassen, abgeschlossen worden sind, ist cs meine Absi5t, dem Reichttaze umfassend: Vor-, läge zur Ordnung dieser so bedeutungévollen Angelegenheiten Prüfung vorzulegen. Jch untershäßze keineëweges die S(Þwierig? Es die hierbei entgegentreten werden, aber die Ginigkeit zwische König und Volk, begründet auf Gerechtigkeit und Vaterlandsl? 0 “wtrb dieselben do \{ließlih zu überwinden vermögen, und „Fer ebenso weitumfassenden wie“ tief eingreifenden Arbeit einen f „d 5 füaftige Sicherheit und das Glüdck des Landes günstigen Aus Sun bereiten G

Im Hiablick auf die Vedeutung einer etleid S,

i Ce T g x 5 «rten Verbindung ¡wischen den nördlicsten Landestheilen und de Fihrigen Reiche bin ih gesonnen, Ihnen Vorschläge, b.treffend di» F rti guag der nôrd- liden Stawmbahn bis zur Aagerman-l\, vo aulegen. E E _ Die Mittel der Staatzka}e erlaut en, obne Erböbung der jeßigen Steuerbeträge, nur das von V nen zu verlanzen, wa3 zur Deckung unumgänglicher Staatébedürsr F, erford e E

il y “g (Fe erforderlich it, und geben darüber hinaus noch einen nitt * „Hedeutenden Betraa zur Ver- A tit f S E. abe dea Betrag zur Ver târtung des Srundfonts der Sta° ¡efafie, aud U Des Vin F er diefe Reichsversammlung herab-

eyen, Be 1 BECRS Le. ¿LONTEL erkläre, verbleibe ih Jhnen, gute Herren u@ s\chwedi)® KNänner, mit aller Közizlihea Gaade und Huld \tet3 wohl gewog! n.

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Amerika. Was’gington, 21. Januar. (Allg. Corr.) N 5 î Das Repräjenta\(tenhaus hat das Marinebudget angenommen.

San Francisco, 20. Januar. (Allg. Corr.) Jm kali-

fornishen Senat wurde cine Resolution auf den Tisch des Hauses gelegt, welche gegen die unlängst zwischen China und den Vereinigten Staaten abgeschlossenen Verträge Protest erhebt, Die Resolution wurde während der Debatte von den Republikanern bekämpft und von den Demokraten unterjtüßt.

ir. 2 des Eisenbahn-Verordnungs-Blatts, hberaus- gegeben im Königlichen Ministerium der öffentlihen Arbeiten, hat folgenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlihea Arbeiten: vom 28, Dezember 1880, betr. die Errichtung eines Central-Wagen- Abrehnungébureaus der Staate- urd unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen in Magdeburg; vom 3. Ja1nuar 1881, betr die Aufstellang der Fahrpläne; vom 6. Januar 1881, betrc. Grund- säße sür die Beshaffung und Ueberweisung von Dienstsiezeln und Diéenststempeln an die Behörden und Dienttstellen der Staatécifen- bahnverwaltung; vom 13. Januar 1881, betr die von dem Beamten der Staateanwaltschast den Eisenbahabchörden zu machenden Mit- theilungen; vom 15. Januar 1881 betr. Ecgänzung der Instruktion zu dem Reglement über die unentgeltlide Benutung der Staats- und unter Staatsoerwaltung stehenden Cisenbahnen zur Beförderung von Personen und Gütern vem 8. Juni 1889, Nathrichten. Nr. 3 des Justiz-Minifterial-Blatts hat folgenden Inkbalt: Allgemeine Veriüzung vom 14, Januar 1881, betreffend die Zurüczablung von Geldstrafen, Allgemeine Verfügung vom 18. Ja-

nuar 1881, betreffend die Statiftit über die Ergebnisse der Shwur- gerichte, Erkenntniß des Reich8gerichts vom 7. Oktober 1889.