1881 / 27 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 01 Feb 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Boers würden nach den zwischen civilisirten kriegführenden Nationen üblichen Regeln behandelt werden, auch soweit es sich um den Austausch von Gefangenen handele. General Colley habe telegraphisch angezeigt, daß die englishen Ver- wundeten von den Boers mit Höflichkeit und Humanität be- handelt würden. Hierauf wurde die Debatte über die irishe Ausnahmebill fortgeseßt.

1. Februar. Unterhaus. Um 1 Uhr Morgens beantragten die irishen Deputirten die Vertagung der De- batte. Gladstone erklärte, die Regierung müsse sih gegen den Antrag aussprehen. Parnell erwiderte, die Jrländer würden nicht nachgeben. Die Debatte wurde hierauf fortgeseßt.

Der Premier Gladstone empfing vorgestern eine Deputation schottisher Abgeordnete, welhe eine Denkschrift zu Gunsten der Anstellung eines Ministers für die \chottishen Angelegenheiten überreichte, und versprach, den Vorschlag in Erwägung zu ziehen.

1. Februar, Mittags. (W. T. B.) Die Sitzung des Unterhauses dauerte um 10 Uhr Vormittags ununter- brochen fort. Die irishen Deputirten hielten, wie bei der Sitzung vom 25. zum 26. v. M,, lange Reden und brachten immer neue Anträge auf Vertagung der Debatte ein, die sie auëführlih begründeten. Die Vertagungsanträge wurden, einer nah dem anderen, vom Hause abgelehnt.

FLantreih. Paris, 30. Januar. Das Journal officiel“ veröffentlicht das gestern von der Deputirtenkam- mer angenommene Gese über die Handelsmarine. Dasselbe bewilligt den Scbiffsbauern folgende Zuschüsse: für eiserne oder stählerne Schiffe 60 Frs. per Tonne ; für hölzerne Schiffe von 200 Tonnen und mehr 20 Frs. per Tonne ; für hölzerne Schiffe von unter 200 Tonnen 10 Frs. ; für gemischte Schiffe 40 Frs., für Maschinen und Zubehör 12 Frs. per 100 ks. Für die Schiffe, welche lange Seereisen machen, wird zehn Fahre hindurch eine Prämie von 1 Frs. 50 Cts. per Tonne und per 1000 zurückgelegte Seemeilen aus- gefeßt. Dieselbe nimmt für hölzerne Schiffe jährlih um 75 Cts3., für gemischte Schiffe um 75 Cts. und für eiserne Schiffe um 5 Cts. ab. Der Zushuß, welchen die Handels- marine auf diese Weise erhält, wird in den nächsten zehn «ahren sich ungefähr auf 100 Millionen belaufen, nämlich der Zuschuß an die Schiffsbauer auf 24 Millionen, die Prämie für die Schiffe auf 24 Millionen (worunter 8 Millionen während der beiden ersten und 16 Millionen während der nächsten 8 Jahre).

«Fnfolge des Thaumwetters ist die Seine um 2 m gestiegen

und hat überall die Ufergegenden übershwemmt. Auch aus dem nördlichen Frankreih werden Uebershwemmungen gemeldet: in Lisieux, Caen und Pont Evreux steht alles unter Wasser; Gensd'armen reiten durch die Straßen, im den Einwohnern, wo es nöthig ist, beizustehen; es fehlt an Lebensmitteln ; in Evreux steht das Wasser in den Straßen l m hoh; in Rennes sind Häuser eingestürzt, Artillerieab- theilungen und Pontonniers ziehen von Haus zu Haus und führen den Einwohnern Lebensmittel zu.

81. Fanuar. (W. L. B.) Bei der heute in der De- putirtenkammer fortgeseßten Berathung des Preßgeseßes wurde der Artikel 26, betreffend die Bestrafung von Beleidi- gungen des Präsidenten der Republik durch die Presse, ab- gelehnt.

Griemenland, Athen 31. Jaa W. D. B) In der heutigen Sizung der Deputirtenkammer theilte der Minister-Präsident Komunduros mit, daß er sih gegen fdenSchiedsgerichtsvorschlag ausgesprochen habe, die neueKon- erenz in Konstantinopel aber für noch verderblicher halte, als das Schiedsgericht. Nach offiziösen Jnformationen, welche der Regierung zugegangen, seien die Botschafter der Mächte in Konstantinopel gegenwärtig bemüht, von der Pforte in Erfahzung zu bringen, welches ihr leßter Entschluß sein werde. Trikupis interpellirte die Regierung über ihre Maßregeln und Ziele in Bezug auf die Vertheidigung des Landes. Komunduros antwortete, die Regierung treffe fort- gesezt militärische Vorbereitungen und sei mit der Beschaffung von Kriegsmaterial und mit der Herstellung von Wegen beschäftigt, um sich zur Okkupation der ihr zuge- sprochenen Gebiete geschickt zu machen.

Türkei. Konstantinopel, 31. Januar. Der „Polit. Corresp.“ wird von hier gemeldet, da man auf der Pforte für die verzögerte Antwort der Großmächte auf die letßte türktishe Cirkularnote England verantwortlich machen zu müssen glaubte, so habe sich der englische Geschäftsträger veranlaßt gesehen, der Pforte die ausdrückliche Versicherung zu ertheilen, daß England weder das europäische Konzert be- hindern ncch font geflissentlich Schwierigkeiten machen werde.

Bulgarien. Sofia, 31. Januar. (W. T. B.) Die Regierung ernannte den Minister des Auswärtigen, Stoie- che}, und den Jngenieur Harrower zu Delegirten für die Eijenbahnktommission.

Schweden

nuar. Kammâerherrn

und Nortwvegen.

Holst damit beauftragt,

Golland zum Seconde-Lieutenant Kavallerie-Brigade ernannt worden.?

Amerika. Washington, 28. Januar.

den Niagara bei Grand 7zéland ermächtigt. Mr.

Resolution an, Auskunft über die Hinds

jüngst eingebrachte Cvarts um Aut und Professor

nahm eine Staatssekretär Fischereikommission angeht. New

Christiania, 26. Ja- Unterm 21. d. hat der König den Ober-Jntendanten auf Oscarshall folhe Gegenstände zu sammeln, welche sih zu einem histo- rishen Museum eignen, beginnend mit der Selbständig- keit Norwegens unter der Regierung der jeßigen Dynastie. Der Kronprinz von Norwegen und Shweden ist zum Major in der norwegischen Armee ernannt und in dieser Eigenschaft bei dem Norwegischen Jägercorps und der Norwe- gischen Kavallerie-Brigade angestellt, und der Herzog von in der Norwegischen

(Allg. Corr.) Der Senat hat das Flottenbudget angenommen, desgleichen den Entwurf, der zur Herstellung einer Eisenbahnbrücke über Blaine brachte einen Entwurf ein zur Subventionirung amerikanischer Postidampferlinien und zur Förderung des amerikanischen Han- dels auf amerikanishen Schiffen. Das Nepräsentantenhaus welche den

Halifarer Beschuldigungen

- York 27. Januar. (Allg. Corr.) Die Apache- Fndianer in Neu-Meriko fahren fort, Mordthaten und Ausschreitungen gegen die Weißen zu verüben. Der Go u- verneur des Staates New-York dringt in seiner Bot- chaft an die Legislatur darauf, daß zur Unterdrückung der

San Fräncisco, 31. Januar, (W. E. B) - Dex König der Sandwichinseln, Kalakaua, ist gestern hier angekommen, um eine Reise nach mehreren Ländern Europas und Asiens anzutreten und wird sih zunächst nach Yokohama begeben. Der König hat \sich dahin ausgesprochen, daß er bemüht sei, fremde Einwanderer nah Hawaii zu ziehen, um durch dieselben die dem Aussterben nahe eingebo- rene Bevölkerung zu erseßen; die Einwanderung von Chi- nesen sei er niht gewillt zu begünstigen.

Afrika. Egypten. Aus Alexandrien wird dem Reutershen Bureau unterm 28. ds. berichtet: Der neue Scheikh-el-Bakri (Haupt aller Derwish-Ordens) hat, in Uebereinstimmung mit dem Khedive handelnd, Weisungen er- lafsen zur vollständigen Unterdrückung der Ceremonie des Ueber fahrens von Gläubigen anläßlih des bevor- stehenden Festes des Propheten; kurz alle Schaustellungen, die dazu angethan sind, den muselmanishen Fanatismus zu erregen und die Religion herabzuwürdigen, sind streng ver- boten. Es gilt jeßt als gewiß, daß die egyptische Baummwollerate die ersien Schäßungen um 30 Proz. übersteigen wird. Die gegenwärtige langsame Ankunft von Zufuhren wird durch den Umstand erklärt, daß die Fellahnen E ungebührlih sireng zur Zahlungckder Steuern angehalten werden.

Statistische Nachrichten.

Das soeben ausgegebene Dezemberhefst der Monatsh:fte zur Statistik des Deutschen Reichs, welche dazu bestimmt sind, die dem ftatistishen Amte obliegenden monatlichen Nachweise und die- jenigen kieineren Arbeiten, welche sih für das Quellenwerk „Statistik des Deutschen Reich5“ nicht eignen, zu veröffentlihen, enthält fol- gende Arbeiten: 1) die Ein- und Ausfuhr der wichtigeren Waarenartikel im Zollgebiet für Dezember und für das Jahr 1880; 2) die Produktion und Besteuerung des RNübtenzucckers im Cam- pagnejahr 1879/80, sowie vorläufige Ergebnisse für das laufende Campagnejahr bis Dezember 1880; 3) die Straffälle in Bezu auf Solle und Steuern im Gliatsjabr 1809/80) H) DUrW{Mntttovreise vou 30 wiGttigen Waaren aus den hauptsächlichen deutshen Großhandelspläten der- selben für die einzelnen Morate des Jahres 1880 und den Dur(h- \chnitt dieses Jahres, verglichen mit dem von 1879; 5) die Ehe- \chlicßungen, Geburten und Sterbefälle im Deutschen Reich im Jahre 1879; 6) die deutsche überseeishe Auswan- derung im Jahre 1880. Gleichzeitig mit diesem Hefte sind die ausführlichen Nachweise über den Waarenverkehr des deut- \chben Zollgebiets zur See sür das Jahr 1879 in einem be- fonderen Bande (XLVI, der Statistik des Deutschen Reichs) er- \cienen und binnen Kurzem wird der zweite Jahrgang (1881) des Statistischen Jahrbuchs für das Deutsche Reich (Verlag von Puttkammer und Mühlbrecht), dessen erster Jahrgang fo beifällig aufgenommen worden ist, ausgegeben werden.

Gewerve und Sandez,

Bekanntlih werden in den La Plata-Häfen für alle dort aus Brasilien eialaufenden Schiffe im Falle des Ausbruchs dcs gelben Fiebers in Brafilien Quarantä ne-Maßregeln angeordnet.

Zur Zeit ist in Anbetrat des bisherigen milden Auftretens jener Krankheit nur eine zweitägige Beobachtung festgeseßt worden.

Die seit einiger Zeit eingetretene außergewöhnlice Hitze legt indessen die Möglichkeit eines Zunehmens der Krankheit und dem- zufolge einer plößlihen Anordnung strengerer Maßregeln nahe.

Im vorigen Jahre war eine vierzehntägizge Quarantäne vorge \chtieben.*)

Mit RNülsiht auf die hiermit für den Sciffsverkehr von Europa her nach dem La Plata im Falle des Anlaufens brasiliani- \cher Häfen verbundenen Unzuträglichkeiten mag aufs Neue **) darauf hingewiesen werden, daß sämmtliche größeren deutschen, englischen und französisben Dampferlinien mindestens einmal monatli ein Schiff direkt nach dem La Plata cxpediren und auf diese Weise eine hinreichende Mösglickeit gewähren, der Eventualität einer Quarantäne auszuweicten.

Eenauere Angaben üker die Abgangêtermine werden bei den Verwaltungen der betreffenden Dampferlinien zu ecfragen sein.

Dem Geschäftéberite der Kieler Bank für das Jahr 1880 entnehmen wir folgende Mittheilungen: Der Bruttozewinn stellt si auf 100 909 Æ, erreicht also fast denjenigen dcs Vorjahres ; außer den gewöhnlichen Abschreibungen hat die Verwaltung im veraange- nen Jahre 5038 X für einen zweifelhaft gewordenen Posten zurückstellen müfsser, welbem Betrag indeß aus einer früher weggeschrieberen For- derung cin Eingang von 15204 gegenüber \tcht, und es verbleibt na Abzug der Unkosten und Abschreibung von 1083 Æ auf Inventar «nd Einrichtung ein Nettogewinn von 68263 #(. Bei angemessener Berücksichtigung des Reservefonds und nah Abzug der Tantième kfônnen den Aktionären 58 500 A = 92 /- oder 23 A 40 4H für jeden Dividendenschein ausgezahlt worden. Die Umsätze baben auf Depositenkonto eine beträhtlite Zunahme erfahren. Der Gesammt- umsatz stellt sih auf 114 496 391 M

Paris, 31. Januar. (W. T. B.) In der heute stattgehabten ersten Versammlung der Aktionäre der Panama- Kanal-Gesellshaft wurde der Bericht Lesseps' verlesen. In demselben wird die Unauéführbark:it des amerikanischen Projekts betreffs des Nicaragua-Kanals nacbgewiesen und das vollständige Einvernehmen mit den Vereinigten Staaten bezügliÞ des Panama- Kanals, vorausgesetzt, daß die Neutralität desselben gesichert ift, kon-

statirt. Die gesammten Ausgaben würden 600 000009 nicht über- schreiten. Sämmtliche vorgescblagene Resolutionen wurden einstim- mig angenommen. In einer für den 3. März in Aussidt genom- mcnen Versammlung foll der projektirte Gang der Arbeiten einer Prüfung unterzozen werden.

Verkehrs-Anstalten.

St. Goar, 31. Januar. (W. T. B.) Heute Nachmittag um 2 Uhr 20 Min. hat sih das Eis des Rheines in Bewegung ge- seßt; das Wasser ift nicht zu boch und der Eisgang ungefährlich.

Triest, 31. Januar. (W. T. B.) Der Llovddamvfe: „Ettore“ ist mit der ostindishen Ueberlandpost heute Vormittag aus Alexandrien bier eingetroffen.

Southampton, 31. Januar. (W. T. B.) Der Damvfer des Norddeutschen Lloyd „Braunschweig* ist hier einge- troffen,

®) conf. Reichs-Anzeiger Nr. 303 de 1879, M : . 963 dos 1879,

Berlin, 1, Februar 1881.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.) Bei der heute fortgeseßten Ziehung der 4. Klasse 163. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen: 1 Gewinn von 15 000 #4 auf Nr. 67 507.

5 Gewinne von 6000 # auf Nr. 14303, 19 052,

Viehseuche unverzüglich Schritte gethan werden.

41 Gewinne von 3000 # auf Nr. 5443. 8504. 8578. 9220. 10 620. 2906823. 231288. 24349 24487.

34038. 34368. 40508. 42302.

60619, 61329 635328. 637C7.

I T1004 2 T 67

87 658. 88051. 93612,

59 Gewinne von 1500 4 auf Nr. 2246. 2708. 4909. 7288, 7742, 12571. 12913. 12998. 15360. 17 090 17 410, 19045. 19363. 20-013, 21970. 23845. 24117. 99 980, 34238. 35 302. 374065. 40456. 44726. 46411. 46 542, 47 606. 47 186. 499529 514429 52311 56379 B58 140, 63322, 633998, 63953. 64116. 64898 G0LE 66 765. 68477. 70960. 73035. 73540. 4450 168573 %6 884, 77 379, 80231. 80365. 80760. 81669, 84819, 86 579. 89 464. 89872, 91524, 92296. 92583. 92659.

72 Gewinne von 600 /6 auf Nr. 218. 2661. 2867. 2922. 3224. 3843, 8363. 13-336. 13474. 14381. 16 959, 1/006, 19316. 21199 21373. 24810 25828 926 022 26184 2602/7. 27081 28450 28/720 307/49 S1 024. 32880, 99999. 350251. 35601. 3275/7. 42310 44207 44 698. 48088. 48887. 49749, 50497. 51 210. 51 407, 03890. 60231. 6GL380. 62024 63334 (41288 66 715. 66 886. 67 212. 67433. 68184. 69116. 69807. 70 852, 12/6. (8300 138425 4018S 444 W639 78 034. 78 039. 78422. 78523, 79204. 79869. 81478. 82 302. 82 525. 82 729. 82794. 84526. 88182.

3818. 4285.

15 643. 19062. 19 596. 27 473. 29346. 30 335. 51 891. 55 654. 60136. 64 006. 65 889. 69 998. 81 319. 82 050. 82 291.

Veber das Erdbeben in Bern schreibt die „Berner Poft“: Geftern Nachmittags wurde unsere Bundesstadt und Umgebung durch ein intensives Erdbeben in Bestürzung und Verwirrung geseßt. Um 2 Uhr 20 Minuten erfolzte eine eigenthümliche Detonation, wie wenn in weiter Ferne eine starke Explosion stattfinden würde, verbunden mit wellenförmigen Bewegungen von Westen nah Often, oder genatt ge- nommen jedenfalls von \{wach südwestliher nah nordöftlicher Rich- tung. Die Bewegungen waren so stark, daß Schränke, freistehende Oefen u. \. w. ins Shwanken geriethen und naher bei dem Haupt- stoß, der eher dem Zurücksbnellen eines gewaltsam vorwärts getrie- benen Gegenstandes glid, dann theils an die Wände zurückprallten , theils sonst vershoben wurden. So hat in einem Geschäfte ein folcher zurückprallender Schrank eine Wand eingestoßen; eine ganze Anzahl Häuser erhielten Risse, auf den höheren Thürmen kamen die Glock-:nshwengel in Bewegung und \{chlugen an die Glecken an; in den obersten Stock- werken besonders fielen die Gegenftände von Schränken, Tischen und Kommoden, und in denjenigen Swbulklassen, welche in den oberen Räumen der Sculhäuser si befinden, prallten die Kinder auf den Hauptstoß an die Rückwände der Scbulbänke zurü, daß sie vor Swrecken, als es dann uo in allen Fugen krachte, die Flucht er- griffen. ¿(Das proviforishe Schulgebäude im alten Kasernen hof erhielt ebenfalls Misse.) Vom Münsterthurm aus konnten gestern Nachmittag \chon ungefähr neunzig einzestürzte Ka- mine gezählt werden, am Zeitglockenthurm ist das Uhrwerk defekt geworden und der Thurm selbst hat einen Riß erhalten. Das Sculhaus bei der Linde wurde stark beschädigt, und andere Scâden an Gebäuden werden stets fort noch gemeldet. Es war der stärkste Erdstoß, der seit Menschengedenken hier verspürt wurde ; glücklicherweise dauerte die ganze Bewegung nur etwa sechs Sekunden (genaue Beobachter, welche von Anfang bis Ende die Bewegungen verfolgten, notiren zehn Sekunden). Am gleichen Tage Abends sech8 Uhr und am folgendea Morgen (28. Januar) um drei Uhr wurden wieder Erdstöße, aber bedeutend \{wächer bemerkt. Aus verschiedenen Theilen des Kantons wurden dem erwähnten Blatte Mittheilungen vom Erdbeben gemaht. Das Erdbeben wurde au in Genf bemerkt, do \ceint es dort weniger stark gewesen zu sein alle bisher veröffentlihten Nachrichten lassen darauf \chließen, daß es in Bern und Umgebunz am heftigsten aufgetreten ist.

Im Wallner-Theater seßte Hr. Helmerding gestern sein Gastspiel in zwei seiner beliebtesten Rollen fort. Er gab den »Doucet“ in „Berlin wird Wzeltstadt* und den „Poppelberg* in „Musikalish - deklamatorishe Akend - Unterhaltung“. Die beiden Kalisch’sben Possen, welche in früheren Jahren zugkräftige Kafsen- stüde der Wallner-Bühne waren, erinnecn gegenwärtig stark an tempi passati, wenn auch Ed. Jacobson durch neue Couplets sie mo- dernisirt hat. Helmerdings urwüchsiger, origineller Humor aber wußte den alten Gestalten neues Leben zu geben und erweckte durch seine wirkargêvolle Darstellung in dem wiederum ganz beseßten Hause die froheste Laune. In der Rolle des „Doucet“, die nah dem französi- schen Original feiner und sorgfältiger gezeichnet ist, wie die meisten Figuren der Berliner Posse, bot der Künstler cin sauber kolorirtes Genrebildhen. Allgemeine Heiterkeit und lauten Beifall fand ein Vers des Couplets, dessen Refrain 0n revient tonjours à ses premières amours lautet, und in welhem Hr. Helmerding auf sein zeitweises Zurücklehren zur Bühne anspielte. In dem zweiten der genannten Stücke zeigte Helmerding seine drastische Komik in der Verkörperung von Volkstypen mit dem vollen Gffekte früherer Jahre. Der Gaft wurde von den mitwirkenden beimiscen Mitgliedern des Wallner-Theaters, welche zum größten Theile ihre früheren Rollen innchatten, auf das Beste unterstütt, vornehmlich von den Damen Frls. Schwarz und Löffler und den HH. Meißner und Schmidt, zu denen fich nob in dem zweiten Stücke Hr. Blencke gesellte, der in ter Rolle des „Jäger Hannemann* auch gestern den früheren lebhaften Beifall erntete. Den beiden älteren Stücken vorauf ging gestern no cin dramatisher Scherz, wie ihn der Verfasser nennt, mit dem Titel „Paula's Geheimniß“ von Oékar Blumenthal. Vor s\trengen “Unforderurgen kat sich ter Verfasser selbst dur die Bezeibnung „dramatiswen Scherz“ salvirt. Die Idee, daß: ein junges Mädchen, weil sie nicht orthographish rictig {treiben kann, ihre Briefe an ihren Bräutigam vorher einem Freunde zur Korrektur giebt und dadur später, weil einer dieser Briefe ihrem jungcn Chemanne in die Hände fâit, sowohl bei diesem, wie bei ciner an- deren jungen Dame, welche die Verlobte jenes Briefkorrektors ge- worden, Eifersucht erwedlt, ist nicht neu auf der Bühne, von dem Verfasser aber nitt ecirmal s\cenisch wirksam verwendet, und was der Verfasser als Würze an Humor urd Wit hbinzugethan, matt seinen „dramatishen Scberz“, dem es \cwohl am Dramatischen, wie am Scyerze fehlt, nit besonders \{madckLhaft. Mit Ausnahme eini- ger Wortspiele, die belaht wurden, wurde die Novität ziemlich kübl aufgenommen, cbwohl sie von den Damen Frls, Mever, Kopp und Bêhm und den HH. Blendckde und Gallewsky gut gespielt wurde.

Im National-Theater fiadet morgen, Mittwoch, als Benefiz-Vorstellung deé Unterregisseurs Hen. Möbrdel und der Kassirer HH. Smidt und Radke die einmalige Aufführung des Töpferschen Scwauspiels „Gebrüder Foster“ statt; übermoraen werden die Wieder- holungen von „Größenwahn“ mit Frl. von Meersberg a. G. wieder aufgenommen. Hr. Friedr, Haase wird am National-Theater am 7, d, Mts. in dem Schauspiel „Sie ist wahasianig“ zum L'enefiz seines ehemaligen Mitgliedes, Frl. Anna Suhrlandt, auftreten ; be- kfanntlih ift der Harleigh in vorbenanntem Stücke eine Meister- leistung des Künstleré.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Sechs Beilagen

Berlin:

49 485. 54127. 62186.

(einshließliÞh Bêrsen-Beilage).

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 1. Februar. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (50.) Sizung seyte das Haus der Abgeordneten die dritte Berathung des Staats- haushalis-Etats pro 1881/82 fort. Die Kapitel 1—3 (Forsl- und Domänenwesen) wurden in Einnahmen und

usgaben genehmigt; desgleihen ohne Debatte vom Kapitel 4 (direkte Steuern) der Tit. 1 (Grundsteuer). Zu Titel 2 Ge- bäudesteuer, hatte der Abg. Dirichlet den Antrag eingebracht :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

„Die Königliche Staa!sregierung zu ersuten, bei Beginn der nächsten Session dem Landtage cine nah Stadt und Land geson- dert aufgestellte tabellaris#e Uebersicht vorzulegen, aus welcher die prozentualis&e Zu- oder Abnchme der Bevölkerung und der Klassen- und klaîsifizirten Einkemmerstzuer auf der einen Seite und diejenige der Gebäudesteuer und der Zahl der steuerpfli&tigen Gebäude ar dererseits nah Provinzen, Regierungsbezirken und Kreisen (Aemtern) vom Jahre 1863 ab bis zur leßten Veranlagung ersibtlich ift.“ : ;

Der Antragsteller motivirte diesen Antrag unter Hinweis darauf, daß derselbe nah keiner Nichtung hin präjudizire, an- dererseits aber bedeutende Mißstände eine solche Uebersicht, wie sie sein Antrag verlange, erheischten.

Der Regierungskommissar General-Direktor der direkten Steuern Burghart, wiederholte seine frühere Erklärung, daß die Regierung nicht abgeneigt sei, das Material zur Ver- fügung zu stellen, das fie sür cine Revision des Getäude- steuergeseßes sür erforderli erachte. Jndeß bitte er, den vor- liegenden Antrag abzulehnen, derselbe würde die Regierung mit einer ganz außerordentlichen Arbeit belasten und doch würde das gewünschte Material nur theilweise geliefert wer- den können. Für diese Statistik fehle es zur Zeit noch an einer festen Grundlage.

S: Antrag Dirichlet wurde abgelehnt und der Titel be- willigt.

Beim Etat des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten (Bergwerksverwaltung) erinnerte der Abg. Rickert an die auf seine Anregung hin #. Z. von dem Minister der öffent-

lichen Arbeiten in der Angelegenheit des „Neunkirchener Tage- | blatts“ abgegebene Erklärung, wonach derselbe in dieser Sache |

A t nor Bon Gre Mia 3 der Umages 8 Bericht einfordern werde und demnächst dem Hause Auskunft | regierung in einer Denkschrift die aus der Umgestaltung des

zu ertheilen bereit sei. Eine inzwischen durh die Zeitungen

5 10 (Fra vor 4 c T Mz; iTto d 5 N | E a A 9 & . gegangene Erklärung befage, daß der Minister den Bescheid | diese Untersuchungen nach der Erklärung der Staatsregierung

| noch nit abgeschlossen seien, möchte er sich doch die Frage an den Minister erlauben, ob dieselben niht {hon jeßt ergeben |

bereits ertheilt habe, und zwar in einem völlig korreften Einne. Unklar in diesem Bescheide sei ihm (dem Redner) nur der Paus gewesen, daß das Lesen innerhalb der Gruben nach wie vor verboten sci. Er hoffe, daß sich dieses Verbot nicht auf das „Neunkirchener Tageblatt“ beziehe.

Hierauf ergriff der Staats-Minister Mayba ch, wie folgt, das Wort:

Meine Herren! Mit Rücks:cht darauf, daß welchen der Hr. Abz. Ridckert erwähnte, bei der zweiten Berathun,

fach besproten worden ift, korrekt, Jhnen autfübrlib mitzuthcilen, was heit im Einvernehmen mit dem wohl an die Bergwerks- wie

id in der Angelegen» Herrn Minister des die Eisenbahnkcbhörden verfügt punkt korrekt eingenommen Seite habe dulden wollen, daß des Staats Fuxnktionen politis polizeibchörden übernehmen. Die Versügung lautet in dem betreffenden Theil Dem erstatteten Berichte zufolge ist die Köni Direktion bei dem Vorzehen mit der B:kanntmaä vember v. J. es ift das angefochtene welche den Gegeastand mit der Auffassung ,„, 1

durchaus : die Verkehrs- und Betriebsbehörden er Behöiden, Funktionen der Landes-

t

der Beschwerde bildet, in Uebereinstimmung des zur Bekämpfung sozialdemokratischer Agitationen cingeseten Comité3 der Arbeitgeber im Saargebiete“ von der Annahme autgegangen, daß das Neurkirchener Tageblatt „sozialdcmokratiscbe nderzen" an den Tag geleat babe, andererseits aber vo der Erwägung geleitet gewesen, daß es gebcten deire, im Sinne der Versländigung on 9 uu 7 nit d¿n Privatuntern:hmern im dortigcn Industriebezirke solidarisch zusammenzustehen, um beim Wiederhervortreten sozialdem-kratis&er Bestrebungen, wenn ein solches wahrnehmbar wird, alsbald mit gemiinsamen Maßnahmen dagegen cinzuscbreiten und erneuerten Versuchen, die verwerflihen Anschauungen diescr Richtung ia den Kreisen ter Arbciterbevslke- rung zu verbreiten mit Auétsi&t auf Erfclg begegnen 1 köaner. Ich kann cs rur billiger, menn tie Königliche Bergwerkédire kticn dieses, mit dera Ziele dts Reichégescies vem 21. Oktober 1878 zu- sammenfallenden Aufgaben foridauernd volle Aufmerksamkeit z wendet und folce in energishem Zusammenwirken mit den Prioat untecrziehmern zu erfüller t. In Beziehung auf d dieserhalb zu treffenden Mafinahmen haben aber die Staats behörden, weiche mit der Leitung di j hen Betriebsu

nchzungen und ! betraut sind, noch andere Gesichtepurkte ins Auge zu , wie die Privat- werksbesizer. Während cs dem Letteren nicht verwehrt isi, ianer- halb der allgemeinen geseßlihen Schranken nact: eigenem bestem Ermessen zu verfahren, batte für die Betriebsbehördcn in Be- traht zu kommen, daß seil dez Zustandekommen des erwähnten Abkemmens durch das gedac(te Reichtgesetz unter den dort Le-

x : è

use

"nto aa

n --- in Weise den Lardeépolizeibeböuden tas Einschreiten gegen sozial- demokratishe BVestr.! namentli auch engen Erzeugnisse der Presse, in sol@e Befirelungen zu Tage ticten zugewiesen ist.

Wie alle anderen Königlichen Behörden, so baben auch selhft- verständlich die Betriebsbebörden des Staates der zuständizen Lan- detpolizeibehö: de in Beziehung auf die Auëfübhrung jenes Reiché- geseßes ihre Unterstüßung zu gewähren, wo dies zur Siche- rung der Zwele dess-lben angezeigt erscheint. Dieselben würden aber über ihre Aufgabe hbinauêgehen , wollten sie selbständig und an Stelle k ei ¡nabmen treffen, die in die & bâre L

M) Ï

L stimmten VWoraussctzunger besonderer

ingen -—-

wilher

Im vorliegenden F2lle tat die Königliche nachtem sie t ) tébcschlusse und Königlichen Berg in dem Verhaltcz d ar na actut

Ÿ % 5% L

mun

E I-Z - Fr 2: MERLE “L B D A“ D L A TEZ S L M F E

Innern s\o- | : ) i | verwaltung diesen am 15, Februar 1880 aufgehoben, dagegen den- habe. Der Herr Abgeordnete wird daraus ersehen, daß der Staud- | it, und daß ich nah feiner |

| Minister

der Gegenstand, |

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 1. Februar

15 F E E I T E A D s

insoweit binaus, als daß darin enthaltene Verbot sid nit auf den Bereich der bezügliben Betri-:bsstätte beschränkt, woselbst die

Königlide Bergwerkédirektion zu Saarbrücken das Erforderliche |

zur Zifrehthaltung der Ordnung und Disziplin zu bestimmen hat, sondern darüber hinaus das Halten und Lesen des in Rede stehenden Blattes überhaupt alo aub außerhalb der Acbeitsäräume der Belegschaft untersagt, und si außer- dem geaen den Besuch von Wirthébäusern richtet, ia wel:hem das Blatt offen lizgt.

ur Fernhaltung des L btecen von der Arbeits\stäite bezw. des Lesens desseiben daseltst war die Königliche Berawerksdirektion zweifellos befugt und i v ürde es nit blos für unkcdenklie, jo:.dera im Interesse der Ordnung und cines ungestörten freund- lichen und friedlih-n Verktältaisses zwischen den Arbeitern un d:m Arbeitg.ber nüßlich ecathten, wznn öffentlide Blätter und deren Lektüre überhaupt von der Betriebsstätte ohne Unterschied der Richtung, welche die Bläiter verfolgen fern- gehalien werden.

Es ist darn am Swhlusse der Bebörde auf zegeben worten, daß | sie ihrez Ausclag ertferne und in Zufkfunst nach vormitgetheilter |

Anweisung verfahren solle, Die gleice Anweisung ist au an die Eisenbahndirektion ergangen, uvd i fann nur wiezerholen, daß ih in Vebereinstimmung mit tem Herrn Minister des Innern in diesem Falle durchaus forrekt gehandelt ¿u baben glaube.

Der Abg. Rikert bemerkte, aus den heutigen Erklärungen des Ministers ziehe er die Konsequenz, daß der Minister ebenso bereit sein werde, gegen diejenigen Beamten einzuschreiten, die ihre Befugnisse in unerhörter Weise überschritten. Unter den zu seiner Kenntniß ackommenen Thatsachen wolle er nur die eine erwähnen, daß ein Eisenbahnbeamter den Frauen der Arbeiter das Austragen des „Neunkirhener Tageblatts“ ver- boten habe. Er nehme an, daß der Minister den betreffenden Beamten ebenso reftifiziren werde, wie derselbe es in diesem Falle in anerkennenswerther Weise gethan habe.

Der Etat wurde genehmigt, ebenso die Etats der Lotterie- |

Verwaltung, der Seehandlung, Hütten- und Salinenverwaltung.

Es folate der Etat der Eisenbahnverwaltung.

Der Abg. Büchtemann erklärte, wie dem Hause bekannt sein werde, habe die Regierung einen gemeinschaftlichen Tarif für alle Staatsbahnen herauszugeben beabsichtigt. Fn der Budgetkommission habe er zur Zeit beantragt, daß die Staats-

Münzverwaltung, Berg-,

Tarifs hervorgehenden Aenderungen und deren Wirkungen für die cinzelnen Direktionsbezirke darlegen möchte. Wenngleich

hätten, daß durh die Reformen wahrscheinlich eine Herab- minderung der Einnahmen erfolgen werde, und ob der deshalb die betreffenden Aenderungen bis zum nächsten Landtag hinausschieben werde, oder ob derselbe beab- sichtige, sie vorher einzuführen. Seïne zweite Anfrage beziehe sich auf die Aufhebung des billigen Getreidetarifs, der von

5 E E ¿ch Nhei d Westfalen seit de März des Etats zur Sprache gcbr2cht wurde und auc in der Presse viel- | + amburg nach Nheinland und Westfalen seit dem 1. März

halte ih cs für meine Pflickt und für |

1879 eingeführt sei. Derselbe sei namentlich bestimmt, das überseeische und russische Getreide, welhes von Lübeck komme, auf der Staatsbahn zu befördern. Nun habe die Staatsbahn-

selben Tarif für die Weserhäfen bestehen lassen, wodur der Saß pro Centner und Meile für das Getreide von Bremen und den Weserhäfen um 1/; billiger sei als von Hamburg. Es habe

diese Aufhebung besonders in der Presse Widerspruch er-

| fahren, und er habe Gründe für diese Maßregel niht aus-

findig machen können. Es würde ih11 also von Interesse sein zu wissen, aus welhen Gründen diese Maßregel allein gegen Hamburg gerichtet sei, und ob es die Absicht sei, die Vexa- tionen, die auf vielen anderen Gebieten gegen Hamburg los-

| gelassen würden, jeßt auch auf das Eisenbahngebiet zu über- | tragen.

Er könne jih das kaum denken, weil die intendirte Maßregel sogar gegen die fiskalishen Jnteressen sich richte, und möchte die Staatsregierung deshalb um Aufklärung

| bitten.

Der Regierungskommissar Ober-Bau- und Ministerial- Direktor Schneider erwiderte, {hon in dcr Budgetkommission sei erklärt worden, daß die Regierung beabsichtige, eine größere Gleichmäßigkeit der Tarife herbeizuführen. Die Vorerhebungen dazu seien aber noch niht abgeschlossen. Der Ausnahmetarif von Hamburg ab sei aus dem Grunde aufgehoben worden, weil derselbe niht nöthig gewesen sei, denn es sei fast nichts nach diesem Tarif befördert worden. Jn vier Monaten vom Juni bis September seien nur 20 Wagenladungen nach den Stationen von Hamburg aus befördert worden, auf welche der Tarif Geltung g:habt habe. Der Tarif charakterisire sih als ein Differentialtarif, und da derselbe unnüß gewesen sei, sei der: selve beseitigt worden, denn es bestehe gewiß kein Jnteresse, unnüße Differentialtarife aufrecht zu erhalten.

Der Abg. Vüchtemann bemerkte, seine eigentlihe Frage sei unbeantwortet geblieben; er habe gefragt, ob die Absicht bestehe, schon vor dem Zusammentritt des Hauses im nächsten Jahre an die Aenderung der Taufe zu gehen, oder erst nach- dem die betreffende Denkschrift vom Hause berathen sein werde. Was die Aufhebung des Tarifs von Hamburg aus betreffe, so frage er, warum sei denn derselbe Tarif niht auch von Bremen aus aufgehoben worden? Es sei ja mögli, daß durch eine besondere Konjunktur gerade in den vier Monaten, die der Regierungskommissar angeführt habe, eine geringere Beförderung von Gütern nah dem Tarif stattgefunden habe, das schließe aber niht aus, daß auf Grund ciner anderen Konjunktur später cine größere Benußung dieses Tarifs statt- finden würde. So sei die Frage entschieden worden, ehe die Erhebungen über die Wirksamkeit des Tarifs geschlossen wor- den seien.

¿Ferner hatte zu diesem Titel der Abg. Büchtemann fol genden Antrag eingebracht :

Das Haus der Abzeordr G h 1bcan itruder,

Weiche 1h4wärter,

J er, Brem-

anr A As mnt V A L L L4H

M Maid 1wätt

è feinen Antrag Cs 20 000 Unterbeamte

A gp É S L. B. D C R E R D A c I A A L E I I E AN L Oi A I P A A E B AE A A E AME Ä E 4 Mrt EAKT A D B A AIOEA

|

nach wie vor etatsmäßig oder nur diätarish angestellt werden jollten. Mit der Frage der Verstaatlihung der Bahnen hänge | diese Angelegenheit direkt niht zusammen, denn die betreffen- | den Beamten seien bisher sowohl bei den Staatsbahnen wie | bei den Privatbahnen etatsmäßig angestellt. Er halte es für | nothwendig, daß diese Beamten etatsmäßig angestellt seien, | weil sie einen direkten Einfluß auf die Sicherheit des Betriebes | hätten und weil ihnen zum Theil die Handhabung der Bahn- | polizei obliege, und es alfo nöthig sei, daß sie ihre Beamten- | qualität im vollen Maße zur Geltung könnten. j

bringen | Ferner vermeide man durch etatsmäßige Ansteilung, daß diese

Beamten bei günstiger wirthschaftlicher Konjunktur durch hohe | Löhne verlockt, zu einem anderen Beruf übergingen. Au | den Bestrebungen der Sozialdemokratie würden dieselben, wenn sie sih als etatsmäßig angestellte Beamte fühlten, weniger zu- gänglih sein. Die Nothwendigkeit, die Gehälter dieser Be- amten nach örtlihen Verhältnissen zu modifiziren, erkenne er | an, das lasse sich aber auch bei ctatsmäßiger Anstellung er- | reichen, wenn man bie Gehälter n:ch Direktionsbezirken oder | nah Strecken verschiedenfah regele. Durch dassclbe Mittel | könne man auch den Zweck erreichen, einzelne Kategorien der

Beamten höher zu bejolden als es jegt der Fall sci. Er halte | es au nicht für unrichtig, daß die etatsmäßig angestellten | Beamten vor der zu großen bureaufkratischen Beeinflussung | threr Vorgeseßten mehr ges{chüßt seien, als die nur diätarisch

|

| beschäftigten. | Der Abg. von Tiedemann erklärte, die Budgetkommission | habe mit großer Mehrheit den Antrag des Abg. Büchtemann | abgelehnt. Die Behauptung, daß die Beamten in Zukunft | schlechter gestellt sein würden als jeßi, sei auch in der Kom- | mission {hon widerlegt worden. Die Beamtenqualität der- | selben bleibe au) nah wie vor dieselbe und was die dis- | ziplinäre Gewalt der Vorgesezten über diese Unterbeamten | anlange, so glaube er, daß gerade die diätarische Beschäfti- | gung zur Stärkung derselben beitrage und daß diese Beamten zur Erfüllung ihrer Pflicht, von der die Sicherheit des Be- | triebes abhange, auf diese Weise mehr angehalten werden | Tönnten. Die Hereinziehung politisher Motive hätte er am | wenigsten von der linken Seite erwartet , die selbst immer be- tone, daß man Niemandem Motive unterschieben dürfe, die | man nicht beweisen könne. Jm Jnteresse der Sache und des Landes liege es gewiß nicht, eine solche Agitation in Beaimten- kreise hineinzutragen , in denen sie noch nicht vorhanden sei. | Er bitte daher, den Antrag abzulehnen. | Der Negierungskon: missar Geh. Dber-Neg.-Nath Brefeld ent- gegnete, es liege der Regierung daran, daß die betreffenden Beanitcnkreise die Ueberzeugung behielten, daß ihr Wohl der Ver- waltung am Herzen liege; bis jeßt seien sie zusrieden, Beshwer- den seien an die Regierung uoch nicht gelangt, ob es in Zu- | kunft geschehen werde, bleibe abzuwarten. Dann bemerke er | auch, daß es sich nicht um 20 000 Beamte, sondern nicht ganz um 10000 handele. Schlechter gestellt würden die Beamten | dur die diäâtarishe Anstellung niht. Sie seien eigentlih | threr mecanishen Beschäftigung nah nur Arbeiter, aber weil die Sicherheit des Betriebes von ihnen zum Theil abhange, habe man ihnen die Beamtenqualität gegeben; doch seien sie Überall sowohl an den Privatbahnen wie an den Staatsbahnen auf Kündigung angestellt. Un- ridtig sei es auh, daß diese Beamten überall etats- mäßig angestellt seien, bei vielen Privatbahnen und einigen Staatsbahnen sei es nicht der Fall. Keine Eisenbahnverwal tung habe aber diese Beamten so günstig gestellt, als die staatlihe. An den Privatbahnen scien sie von der Willkür der Direkiion abhängig; an den Staatsbahnen könnten sie nur durch einen Beschluß des Direktoriums gekündigt werden, und gegen diesen Beschluß stehe noch die Beschwerde an den | Minister frei. Von Willkür sei also keine Nede. Die admini- strative Regelung dieser Beamtenverhältnisse habe vor etatsmäßigen Anstellung den Vorzug, daß die Gründe Billigkeit und der gerechten Vertheilung besser berücksichti, werden könnten. Der Minisier habe abcr auch selbst {hon erklärt, daß, wenn die geplante Neuerung sich nicht bewähren sollte, er sie dann ohne jede Anregung wieder aufheben werde. Der Abgeordnete Büchtemann bemerkte, wie der Regie- rungékommissar zu der Behauptung komme, es handle si nicht um 20 000, sondern um kaum 10 000 Beamte, sei ihm unverständlih. Seine Zahl sei richtia, vielleiht habe der Ne gierungskommissar nur die Beamten der alten Staatsbahnen un Auge gehabt. Daß keine Beschwerden einliefen, begreife er sehr gut. Die angestellten Beamten hätten keinen Grund ih zu beschweren, und die, die eben erst angestellt werden wollten, würden sih wohl davor hüten. Da finanzielle Mo- tive bei der Absicht der Negicrung niht nachzuweisen seien, fo müsse man nach anderen suchen und die könnten nur auf dem politischen Gebiet liegen. Von einer strammeren Anziehung des bureaukratishen Zügels zeuze auh der Eclaß des Mi niïtters, durch welchen den Eisenbahnbeamten Publikationen in der Presse untersagt würden. Wit der immerwährenden Versicherung des Wohlwollens sei Nichts geth1n Der RNegierungskommissar erwiderte, nach dem Erlaß von 1878 sei nur angeordnet, daß Bahnbeamte Publikationen vor ihrer Veröffentlihung der Centrcalstelle unterbreiten müßten ; das sei cine ganz natürlihe Anforderung. Es würde in der Presse vielfach derartigen Publikationen ein offiziöser Charakter beigelegt ; man glaube, daß fie die Auffassung der Central- stelle wiedergäben, von der sie in Wahrheit sehr abwichen : es könne nicht in der Absicht der Regierung liegen, Publikfa tionen der Beamten zu hindern; fie seien der Regierung sogar im Jnteresse der Wissenschajt sehr erwünscht. Der Abg. Dr. Windthorst betonte, daß im Allgemeinen Eisenbahnverwaltung zu sehr bestrebt sei, die diätarische eschäftigung einzuführen : cr könne diese Tendenz nichk billi gen; cine Neihe der hier genannten Beamten könne ohne Schädigung des Dienstes gewiß diätarish beschäftigt werden, sicher aber niht Weictensteller, Heizer und Bahnwärter, von denen die Sicherheit des Betriebes abhange. Man hätte daher im Antrage eine Unterscheidung eintreten lassen können : ex fönne momentan cine folhe Modifikation nicht eintreter lassen und werde daher jebt für den Antrag stimmen.

Gi c Ï da al 2 g! vol 9 Der Abg. Richter fragte an, ob die Veranlassung