1881 / 48 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Feb 1881 18:00:01 GMT) scan diff

1) von dem Etat der Auégabe: a. Verwaltung des Reichbheeres: Kapitel 24. Geldverpflegung der Truppen, Kapitel 25. Naturalverpflegung ; b, Marineverwroaltung :

RaPitel 52, Indie li d i di gz S Kapitel Indienftbaliung der Schiffe und worden ; die Wehrsteuer sei eine neue Art von Klassensteuer ;

| sei sie möglich, dann sei auch eine Reichseinkommensteuer | mögli, womit man auf einen ganz neuen Boden gelangen

Fahrzeuge, Kapitel 53. Naturalverpflegung, Kapitel 60. Werftbetrieb ; c. tas gesammte Extracrdinarium ; 2) von dem Etat der Einnahme: a, Kapitel 1. Zölle und Verbrauchssteuern 2c. ; b, Kapitel 18. U-eberscbüsse aus früheren Jahren;

Anleihe Nr. 13 der DrudLsawea —z

IT, im Uebrigen den Etat in zweiter Lesung im Plenum zu er- ; si, sondern auch für ihre Kostgänger, die Kommunen. Mit

| diesem Schritte würden die Eingriffe in das verfassungs- Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, nach der vorher ge- ,

ledigen.

hörten Rede des Reichs\haß-Sekretärs sei die Rente aus den

Zöllen um 26, der Matrikularbeitrag um 241/52 Millionen ; | des Reiches zu erweitern. Trinkgeld von 11/5 Millionen übrig, auf jeden Reichsbürger | tung; insbesondere gehöre dazu die steinshen Antrages fei also gleich Null. Der Staatssekretär ; i Das befremde ihn, denn | im preußishen Abgeordnetenhause sei es so feierlih wie mög- | sicherungswesens durch das Reich wünschenswerth. Aber ein haushalt keine Verbindung hätten, sondern unverkürzt zur Entlastung von direkten Steuern in den Einzelstaaten ver- ; | au RNeichsgeseze über das Eisenbahnwesen erlassen, und die

gestiegen, es bleibe also für die Steuerzahler nichts als ein

noch niht 4 Pfennige. Die praktishe Wirkung des Francken-

empfehle nun immer neue Steuern.

lich versichert worden, daß alle neuen Steuern mit dem Reichs-

Million Er-

wendet werden sollten. Von der 241/ n Million,

höhung kämen auf Heer und Marine 201/9 und dabei stehe im preußishen Etat ohne | auf diese Erhöhung der vorjährige Matrikularbeitrag. Da sei es allerdings geboten,

etat, welcher den Reichsetat bestimme. Nach der spontanen

Acußerung des Kanzlers habe man in Preußen auf lange Zeit | ; / | gebung hier eingebraht hätte.

hinaus sich des Friedens versichert zu halten. Diese Erklä-

rung sei um so erfreulicher, als im vorigen Fahre vor der | Bewilligung der Militärnovelle etwas andere Bilder gezeigt

seien. Jeßt würden aus ter Truppenvermehrung kaum

5000 Mann zur Verstärkung der Ostgrenze von Memel bis

Krakau verwendet. Eine nah Art des Krieg- in Sichtartikels

in der „Post“ erschienene militärishe Broschüre finde indeß, | daß selbst die Novelle nur Flickwerk sei, stelle viel höhere An- forderungen, hebe aber andererseits als selbstverständlich her- |

vor, daß cine Abkürzung der Dienstzeit nicht bloß zulässig sei, sondern unter Umständen bessere Ausbildung garantire. Er-

e

sparnisse hätten ja auch Plat gegriffen unmittelbar vor 1866

Rekrutenvakanzen würden sofort viele Mil- lionen ersparen. Ersparnisse wären hier um fo leichter, wenn man bei der ersten Einübung der Ersagtreserve recht zahlreihe Beurlaubungen eintreten ließe. Vergleiche

Und 18702

Resultat, daß 92 Millionen Mark Mehrbelastung aus den

staaten.

und Marine verschlungen. Von jenen 50 Millionen, die zur

Vertheilung gelangten, würden im ganzen Deutschen Reich |

kaum 20 Millionen zu Steuererlassen verwe 1det, in Preußen bekanntlich nur 14 Millionen. Die winzigen 20 Millionen ständen der Mehrbelastung von 92 gegenüber. Nun behaupte freilich der Reichskanzler, er habe Niemandem etwas versprochen ; aber jeder wisse noh, wie die Zukunstsbilder, die der Reichs- kanzler hier entrollt habe, selbst dem Abg. Hobrecht so exor- bitant erschienen seien, daß derselbe sie als „Zukunstsmujik“ bezeihnet habe. Und selbst die geringe Entlastung von 14 Millionen in Preußen habe große Mühc gekostet; der Reichskanzler habe sie ordentlih aufgebausht, um die Sache als etwas Rechtes erscheinen zu lassen. Und welcher Gründe habe man sich dazu bedient? Als die Zölle bewilligt seien, habc man vom „armen Manne“ gar nicht sprechen dürfen, da sei es der „sogenannte“ arme Mann gewesen, jeßt hätten im Abgeordnetenhause der Reichskanzler und die Konservativen gerade die Noth des armen Viannes für die Entlastung gel- tend gemacht, und im Falle der Verwerfung sogar mit der Kabinetsfrage gedroht! Das sei die Kehrseite der Medaille ; erst nehme man 92 Mill. vorzugéweise dem armen Mann aus der Tasche, um ihm nachher noch niht 20 wiederzugeben ! Die Preise aller Lebensmittel und Lebensbedürfnisse seien nach Einsühzung der neuen Zölle enorm in die Höhe gegangen, mithin der standard of life der Konsumenten herab- gedrückt worden. Der Bericht eines Konsumvereins zu Neustadt - Magdeburg, dessen Mitglieder vorzugs- weise den Arbeiterklassen angehörten, „berehne, daß allein der Schmalz- und Petroleumzoll seine Mitglieder mit 11 000 4 1880 belastet habe, zu dieser Vertheuerung fei noch die Vertheuerung der nothwendigen Lebensmittel aus allgemeinen Gründen gekommen. Alles sei 1880 gegen 1879 theurer geworden, mit Ausnahme des Rindfleisches, dessen Genuß sich niht mchr so viele Leute wie früher gönnen könn- ten, weil sie das Geld für noch nöthigere Lebensmittel ge- brauchten. Bon der gestiegenen Kauffähigkeit der Landwirthe dur die Kornzö.le, merke man in den Städten nichts. Das Brod sei theurer geworden. Der Reichskanzler erzähle freilich nach wie vor, daß die Russen den Zoll bezahlten. Der Lebens- unterhalt sei theurer geworden, nur die Einnahmen der arbeitenden Klassen hätten sih durhweg nicht gebessert. Die Arbeitgeber seien aber au nit besser daran. Die Exportkonjunktur, die im vori- gen Jahre noch um diese Zeit bestanden habe, sei in der Hauptsache wieder vershwunden. Die Preise ständen zum Theil niedriger noch ols vor Einsührung der Zölle, Tag- täglih fämen ihn Darstellungen von Geschäftsleuten zu Ge- sicht, wie brutal der neue. Tarif in alle Verhältnisse ein- greife, Viele angebliche Schußzölle seien in Wahrheit, da die (Hegeustände im Julande nicht beschafst werden könnten, Finanzzöólle, die besonders d'e Exportverhältnisse. \{hä- digten; cine unparteiisle Enquete würde schon heute die s{hwere Verirrung des neuen Tarifs klar legen. Deshalb hm: lze auch die Schutzollpartei im Lande überall, wie Butter an der Sonne. Fi immer weiteren Kreisen werde der Ruf im Lande laut: Keine neuen Steuern! Der Grund, daß in den Einzelstaaten auf Steuererlasse gedrungen werde, sei nicht stich- haltig; habe fich doch in Preußen, troy persönlicher FFnter- vention des Reichskanzlers, keine Majorität für irgend cinen Modus des Erlasses gefunden! Der preußische Finanz- Minister und die Konservativen wollten aus der Neform dér direkten Steuern allcin jeyt Mittel zu Erleiciterungen gewinnen, das habe aber mit den Reichs-

! steuerreformen gar nichts zu thun.

niht bewilligen wollen ! Motiven des preußischen Verwendungsgeseßes als drückend

NRücht

Liebe zum System werde man neue indirekte Steuern doch Die Brausteuer werde selbst in den

bezeichnet, die Quittungssteuer sei hier allseitig verurtheilt

würde. Nun wolle der Reichskanzler die Kosten für die Armen-

* pflege, Schullasten, Polizeiverwaltung der Gemeinden auf den Staat übernommen wissen, wie derselbe in einer größeren | Versammlung gesagt habe. 3) den Entwurf eines G-sepes, betreffend die Aufnahme einer ;

ersc Die Konsequenz dieser Wünsche sei die große Vermehrung der indirekien Steuern. Dadurch würden die Einzelstaaten Kostgänger des Reichs niht nur für

mäßige Recht der Partikularstaaten immer schärfer und der Laufschritt zum Einheitsstaat immer beschleunigter werden. Die Pläne des Reichskanzlers gingen dahin, die Machtsphäre Man befinde sh in Deutschland am Anfang einer zehnjährigen Geseßgebung in dieser Rich- erstaatlihung des Ver- ficherungswesens durch Gründung von Reichsversicherungs- anstalten. Das Unfallversiherungsgeseß sei nur der erste Schritt auf diesem Wege. Gewiß sei die Regelung des Ver-

anderes sei es, ein Reichsgesey darüber machen, ein anderes Reichsversicherungsanstalten begründen. Ein anderes sei es ja

Eisenbahnen in die Verwaltung des Reichs übernehmen. Die Stelle der Thronrede, wonach die gegenwärtige Gesehgebung

fu ! sih als unzureichend erwiesen habe, um die Arbeiter vor Ge- nah der Meinung des | preußischen Finanz-Ministers zu sparen, au bei dem Militär- | Ansicht zuerst Ausdruck gegeben, indem er {on im Jahre

fahren dur den Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit in Folge von Unfällen zu sichern, habe seinen vollen Beifail. Er habe dieser

1878 zuerst einen Anirag auf Reform der Hasftpflichtgeseß- Aber die Gründung einer Reichsversicherungsanstalt zu diesem Zweck sei seines Erachtens der allerunglüclihste Weg in dieser Nihtung. Da es gerade bei der Schäßung der Gefahren von Unfällen und der Schäßung der Schäden aus Unfällen auf individuelle Behandlung ankomme, so sei auf keinem Gebiet des Versicherungswesens die centralistishe und bureaukratiscze Schablone, wie sie das Reichsversiczerungswesen mit sih bringe, weniger angebracht. Die Probe auf die Reichsversicherungsanstalten sei gerade hier am unglücklihsten ausgefallen. Das könnte seiner Partei ja auch vollständig reht sein, wenn nur die Probe nicht auf Kosten der Arbeiter hin gemacht werden sollte. Gegenüber den Eroberungsplänen des Kanzlers für das Reich, halte er

es mit einem Ausspruch) des Kanzlers aus dem Fahre 1869.

Derselbe habe damals gesagt, man solle in einem germani-

schen Staate nicht fragen, was könne gemeinsam sein, wie weit man den Etat mit dem von 1879/80, so komme man zu dem : aus | großen Apfel, sondern man! müsse fragen, was müsse absolut neuen Reformen in dem Voranschlag für 1881/82 figurirten. Davon gingen 42 Millionen ans Reich, 50 an die Einzel- | Jene 42 Millionen würden fast allein, nämlich in Höhe von 32 Millionen, von den Mehrbedürfnissen für Heer ;

könne der große Mund des Gemeinwesens hineinbeißen in den

gemeinsam sein, und dasjenige, was nicht gemeinsam zu sein brauche, das solle man der speziellen Entwickelung überlassen, damit diene man der Freiheit, damit diene man der Wohlfahrt. Gerade wer die Reichseinheit in ihrem gegenwärtigen Umfange für völlig berechtigt erahte und sih der Segnungen derseiben erfreue, habe das stärkste Jnteresse daran, daß der Gedanke der Neichseinheit nicht überspannt werde, damit niht ein Nücfschlag den undberechtigten partikularistischen Bestrebungen zum Vortheil gereiche. Mißerfolge der Reichseinheit auf einem Gebiet hätten nachtheilige Rückwirkungen für die Reichs- interessen auf allen übrigen zur Folge. Wie die gegen- wärtige Politik auf der einen Seite bestrebt sei, die Macht- \phäre des Reiches nach allen Seiten zu erweitern, so scheine ihm diese Politik auch die Folge zu haben, daß diejenigen Fak- toren, welche in dieser Machtsphäre des Reichs mit dem Reichs- kanzler konfkurrirten, in ihrer Bedeutung immer mehr und mehr abges{chwächt würden. Es gelte dies sowohl vom Bundesrathe wie vom Reichstage. Der preußische Volkswirthschaftsrath sei ein- aeseßt zur Begutachtung von Gegenständen, die in die Reichs- fompetenz fielen. Den Vorwurf des Partifularismus habe man damit zu begegnen gesucht, daß dieser Volkswirthschasts- rath zu einer Reichsinstitution auswachsen folle. Seien aber die anderen Staaten mit einem solhen Volkswirthschaftsrath einverstanden, so hindere nichts, ihn alsbald als deutschen Volkswirthschaftsrath einzuführen. Oder wolle man dur das einseitige Vorgehen in Preußen einen Druck auf die übrigen Staaten ausüben? Jedenfalls sei dieser Volkswirthschaftsrath

eine Konkurrenz für alle Organe im Staats: und Reichsleben, ! ; l en il ; fomme nun jeßt noch das weitgehende Projekt der Ver':aat-

mit Ausnahme für den Reichskanzler selber. Dieser sei ja an

die Jnstitution insofern niht gebunden, als derselbe den Volks- | wirthschaftsrath, wenn er nicht wolle, gar nicht zu berufen

brauhe. Jndem der Reichskanzler aber die Mitglieder

des Volkswirthschaftsraths, und in

sichere derselbe sih in demselben eine Stütze für seine Politik.

Wie cxakt eine solhe Körperschaft nah der ganzen Art ihrer | | Woran der Volkswirthschaftsrath bewiesen; derselbe habe fast zu exakt | im Sinne des Reichskanzlers gearbeitet, um nach irgend einer ;

JFnscenirung für den Reichskanzler arbeite, das habe jeßt eben

Seite hin Bedeutung und Ansehen gewinnen zu können. Zweitens müsse er die Aufmerksamkeit lenken auf eine Mit-

theilung der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung.“ Jn diesem |

Hause sei allseitig der Wunsch hervorgetreten, im Fnteresse der Sicherung der Arbeiter gegen Unfälle, durch eseß die Unzeige-

pfliht von Unfällen herbeigeführt zu sehen. Noch in der vori- | gen Session habe der Minister Hofmann die Gewährung | Es sei dann auch ein solcher | ausge: i arbeitet und angenommen worden, derselbe sei sodann auch an | | torische zu kTönnen. Als im

dieses Verlangens zugesagt. J “auch Geseßentwurf vom preußishen Staats-Ministerium

den Bundesrath gelangt und von diesem angenommen worden. Gleihwohl fei dieser Geseßentwurf liegen geblieben und nicht an den Yieichstag gelanct. Wie sei dies möglich? vorigen Jahre dem Kanzler ein Beschluß des Bundesraths über die Stempelsteuer auf Postanwei:ungen

In diesem Falle scheine der Reichskanzler ein solches Vorgehen nicht für nöthig zu hal:en, den Beschluß des Bundesraths einfah unausgeführt. D .r Reichskanzler übe also hicr gewissermaßen ein Veto, das sih entgegenstelle dem übereinstimmenden Verlangen von Reichstag und Bundesrath, Diese Vorgänge träfen beide Körper-

habe.

schaften. Noch mehr Beachtung ader verdiene dasjenige, worin | die NReichspolitik geeignet sei, die Bedeutung des Reichstags

abzus{wächen. Da müsse er sagen, finde der Reichskanzler

leider in vollem Umfange die Unterstüßung des Bundesraths. *

Aus rein platonischer ;

‘einem deutschen Volfs- | wirthschaftsrath jedenfalls die Mehrheit der Mitglieder ernenne, |

y l J nicht gefallen ! habe, habe derselbe seine Entlassung angeboten und dadur ; erzielt, daß der Bundesrath seinen Beschluß zurückgenommen '

decselbe lasse |

Die leßte Session habe mit einer lebhaften Verhandlung über die Einverleibung der Unterelbe in den Zollverein geschlossen. Die Kommission des Reichstags habe nicht eine Aenderung der Elbschiffahrtsakte gewollt, welche diese Einverleibung ohne die Zustimmung des Reichstags ermöglicht habe. Ein scharfer Anprall zwischen Reichstag und Reichskanzler sei nur durch das Dazwischentreten des Abg. von Bennigsen vermieden, welcher vorgeschlagen habe, die Frage an die Kommission zurücfzuverweisen, d. h. sie bis zur nähsten Session in demjenigen Stadium zu belassen, worin sie sich befunden habe. Materiell aber habe der Reichstag in einer Abstimmung zu erkennen gegeben, daß er das bestehende Recht niht geän- dert haben wollte. Kaum aber sei der Reichstag entlassen, so beschließe der Bundesrath auf Antrag des Kanzlers die Ein- verleibung der Unterelbe in den Zollverein, als ob Verhand- [lungen des Reichstages in dieser ¿Frage gar nicht in Betracht kämen. Praktisch habe dieser Beshluß des Bundesraths zu- nächst keine Folge gehabt. Um so auffallender sei die Be- schleunigung, im Gegensaße zum Reichstage, diese Frage im Prinzip zu entscheiden. T sei dem Bundesrath ein Vorschlag / gemacht worden, diese Einverleibung ai:.ch prak- tish durchzuführen. Es entständen Mehrkosten und dieselben berührten den der Festseßung des Reichstags unterliegenden Etat des Hauptzollamts von Hamburg. Jn der Vorlage aber sei dieser Etat unverändert. Was beabsichtige man nun ? Solle, während der Reichstag beisammen sei, eine Etatsüber- \hreitung vorbereitet werden, mittelst deren man den Reichs- tag nachher vor ein fait accompli zu stellen beabsihtige? Jm vorigen Jahre seien eine Anzahl Vorlagen unerledigt geblie- ben, sie erschienen jeßt alle unverändert, als ob über dieselben im vorigen Jahre hier keinerlei Verhandlungen stattzefunden hätten, so z. B. das Küstenschiffahrtsgesez, das Brausteuer- geseß, die Stempelsteuervorlage, ja fogar die Besteue- rung der Dienstwohnungen. Fm vorigen Jahre habe si die große Mehrheit des Reichstages in einer Resolution gegen jede weitere Aenderung des Tabaksteuergeseßes ver- wahrt, gleihwoßl habe der Reichskanzler erklärt, der Tabak müsse noch mehr bluten. Auch jene Gesetzvorlage erscheine wieder, welche den einschneidendsten Eingriff in das deutsche Ver- fassungsreht darstelle. Der Gesetentwurf, betreffend die zweijährigen Etatsperioden, folle die Nachtheile der Kon- kurrenz zwischen Reichs- und Landtag beseitigen; aber ab- gesehen davon, vaß die Verhandlungen des Landtages denjenigen des Reichstages vorausgingen, nehme man bei den Vorlag®n a‘ U weltia NUC{i6 auf die Stimmung und die Wünsche der Volksvertretung. Die Iiesolution des Reichstages über die Tabaksteuer erfahre durch die Manöver der Straßburger Manufaktur eine eigen- thümliche Jllustration. Junerhalb der Reichsverwaltung felbst strebe e:vlih der Reichskanzler danach, feinen eigenen Willen immer ausschließlicher zu alleiniger Geltung zu bringen. Die Anbahnung eines fkollegialishen Verhältrisses in der NeiGsreaiclta [4 na wie vor ein pin des giderun. Alles im Nee fplye fit tmmer mehx auf die zwei Augen des Reichskanzlers zu, der \{ließlich doch auch nur ein Mensch sei und nicht Alles umfassen könne. Daraus folge eine gewisse stoß- und ruckweise Berwaltung : eine Veränderung der Richtung, die vielleiht bis dahin Reichstag, Bundesrath und Reichskanzler gemeinschaftlih inne gehalten hätten, werde wohl ins Gegentheil verkehrt, oder überhaupt aufgegeben. Das erzeuge zunächst eine Ver- wirrung der Verwaltung, eine zunehmende Desorganisation. Der Abschluß dieser Landtagssession habe ja ein drastisches Bild der Zustände gegeben. Diese Verwirrung bleibe aber niht innerhalb der Verwaltung, sie übertrage sih auf das Parlament, auf das Verhältniß der Parteien zu eîn- ander; sie habe zur Folge, daß troß aller Anstrengungen der Kräfte die Session auch im Sinne der Mehrheit so überaus wenig fruchtbringend verlaufe. Weiter übertrügen sih die Nachtheile auf das Land. Gewiß leide das Land unler der neuen Zollpolitik, gewiß auch unter der Steigerung der Steuerlast um 90 Millionen. Aber noch mehr leide die Ge- chästswelt unter den geschilderten politishen Zuständen. Die Tabaksindustrie könne niht zur Ruhe kommen, sie befinde sich geradezu in verzweifelter Lage; dem Brauereigewerbe gehe es nt viel _ bêeL. Die Handelsverhältnisse im Westen seien Jahre lang durch das Projekt der Sur- taxe beunruhigt. Das Reichseisenbahnprojekt s{chwebe noch immer und halte die Entwickelung des Eisenbahnwefens zurück. Eine Tarifvorlage, welche alle bisherigen Eisenbahn- tarife auf den Kopf stelle, shwebe {eit Fahren im Bundes- rathe und stelle alle Transportbedingungen in Frage. Dazu

lichung des Versicherungswesens für das Reich. Wo solle in allen folchen Branchen Jemand mehr thun, als was gerade noch der Tag von ihm fordere? Wer solle noch in dieser Geschäftswelt Sinn für Verbesserungen, für Fortschritte, für neue Unternehmungen behalten, wenn die ganze Zukunst so großer Erwerbszweige durch die poli- tischen - Zustände im _NUch U Frage gesteut tere litten die wirthschastlihen Verhältnijie Deutsch- Niht am Mangel an Kapital! Die Reichsbank jezt kaum Gelegenheit zu 17/z Proz. Wechsel zu diskontiren. Kapital sei genug vorhanden ; auch Urbeiter böten sich an, die gern beschäftigt wären. Was fehle, sei das Vertrauen zu neuen Unternehmungen, das Vertrauen, welches Arbeit und Kapital zur Produktion verbinden müsse. Dieses

lands? findé,

| Vertrauen werde verhindert durch das Ueberhandnehmen eines

persönlichen Regiments, welhes mit cinem sicheren stetigen Gange der öffentlihen Angelegenheiten immer weniger zu vereinbaren sei. Es hätten die Mittelparteien lange Zeit geglaubt, durch ein gewisses Entgegenkommen gegen den Reichskanzler oder Eingehen von Kompromissen oder dila- Behandlung das Schlimmere vielleiht abwenden Aber an diese Mittelparteien trete immer ernster die Frage heran, ob nicht jeßt, wo sie immer deut- licher sähen, wohin diese Politik führe, die Zustände sich unmer mehr vershlimmerten, man in immer heillosere Ver- wirrung gerathe, um sich eines Ausspruchs des Abg. Hänel zu bedienen, alle unabhängigen Männer sih vereinigen müßten, um dieser Politik gewisse Grenzen zu stecken, ihr ein gewisses Maß und Ziel zu geden. Nur wenn dies möglich sei, das sel seine feste Ueberzcuguna, würden die hohen Eigenschaften,

| welche den Reichskanzler auszeichneten, die, was er hier dank-

bar anerkenne, Deutschland manches Segensreiche gebracht hätten, noch für längere Zeit im Stande sein, für Deutsch- land fruchtbringend zu bleiben, Sei das nicht der Fall, gehe man auf dem betretenen Wege immer weiter, so ruinire si der Reichskanzler selbs und ruinire das Land.

A S S S4 s i Tf s

ierauf ergriff der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort:

Die Aeußerungen des Herrn Vorredners haben den uns in der Tagesordnung vorliegenden Gegenstand, das Budget, wenig berührt seit i hier bin ; i bin also auch wohl davon diépensirt, dem, was der Herr Staatssekretär des Schaßamtes darüber gesagt hat, etwas hinzuzufügen. Der Herr Vorredner hat ih wesentlih mit der Kritik meiner Person beschäftigt. Die Gesammtzahl, in welher das Wort „Reichskanzler“ in seiner Rede vorkommt zur Gesammtzahl der Worte seiner Rede überhaupt, wird das Resultat meiner Ansicht hin- reichend rechtfertigen. Nun, ih weiß nicht, zu welhem Zwecke diese Kritik dient, wenn nit zu meiner Belehrung, zu meiner Erziehung ich bin im 66. Jahre und im 20. Jahre meiner Amtsthätig- keit recht viel zu befsern ist an mir nicht mehr, man wird mich verbrauben müssen wie ich bin oder man wird mich beseitigen müssen. Jch habe meinerseits nie den Versuch gemacht, den Hrn. Abg. Richter zu erziehen, ih würde mich dazu nicht berufen halten, ih habe au nicht das Bestreben, ihn aus der Thôtigkeit, in der er sih befindet, zu verdrängen mir würten die Mittel dazu fehlen, ich habe auch keire Neigung dazu, aber mi aus der meinigen zu verdrängen, dazu, glaube id, werden ihm auch die Mittel fehlee. Ob er mi nun in der Weise wird einengen und zurechtdrücken können, wie er das am Schluß seiner Rede für wünschenswerth erklärte, wenn ih noch länger erhalten werden follte, weiß ich nit, bin aber für die Besorgtheit, mit der er meiner Gesundheit dabei gedacht hat, aufrichtig dankbar. Ich kann mi aber leider, wenn ih meine Pflicht thun will, nicht in dem Maße schonen, wie es der Fürsorge des Hrn. Richter wü: \chens- werth erscheint, ih muß meine Gesundheit einsezen.

Wenn derselbe gesagt hat, daß alle Uebel, die urs plagen, auch der Diskontosat, und ih weiß niht, was sonst noch, in der Un- sicherheit' unserer Zustände ihren Grund hätten, wenn er das Wort eines anderen Kollegen zitirt hat, von einer heillosen Verwirrung bei uns, nun, meine Herren, dann muß ih wiederholen, was ih an einer anderen Stelle gesagt habe und in Gegenwart des Hrn. Abg. Richter: sehen Sie sich doch vergleichend in anderen Ländern um! Wenn der Zustand, der bei uns herrscht, die geordnete Thätig- keit, die Sicherheit der Zukunst nach inen und nah außen, wenn das eine heillose Verwirrung ist, ja, wie sollen wir dann die Zustände in manchen anderen Ländern charakterisiren? Ich sehe in keinem europäischen Lande einen gleihea Zustand von Sicherheit und vou Beruhiguzg, mit dem man in die Zukunft blicken kann, wie im Deutschen Reih. Jch habe damals {on gesagt: meine Siellurg als auswärtiger Minister hindert mich an Exemplifikationenz; aber Ieder, der mit der Katte und der Zeitgeschichte der leßten 20 Jahre in der Hand meiner Bemerkung nahspüren will, der wird mir Recht geben müssen, und ich weiß nit, wozu diese Uebertreibung von „heil- loser Verwirrung" und „Ungewißheit und Unsiwderheit der Zukunft“; es glaubt im Lande Niemand daran und das ist doc die Hauptsache.

Die Leute im Lande wissen sehr gut, wie es ihnen geht, und Jeder, dem es nicht nach Wunsch geht, ist ja gern bereit, die Negie- rung dafür verantwortlih zu macben, und wenn ein Kandidat zur Wahl kommt und sagt ihm: an dem Allen ift die Regierung oder um mit dem Herrn Borredner zu sprechen der Reichskanzler huld, so maz er viele Gläubige finden; er wird in der Mehrzahl aber Leute finden, die sagen: gewiß hat er seine üblen Eigenschaften und Kehrsciten aber daß ich an allen diesen Uebeln {huld sei, davon wird man die Mehrheit nicht überzeugen. wie vor 12 Jahren und länger dem Kaiser Napoleon, der au, niht in seinem Lande, aber in Europa, als die Ursache alles Uebels angeklagt wurde von der Tartarei bis na Spanien hin und der bei weitem keine so böse Natur war, wie man ihm {huld gab, und ih möchte diescs Benefizium auch bei Hrn. Richter in Anspru nehmen: ich bin auch so \{linm nit, wie er mi{h schildert. Sein Angriff richtet sich in der Haupt- saÞbe, wenn er es recht überlegt, auch nicht so sehr gezen mi, gegen meine Person, gegen diejenige Thätizkeit vor mir, in welcher ih freieza Wilen habe, er richtet sich in der Hauptsache gegen die Ver- fassung des Deutschen Reichs. kennt feinen anderen verantwortlichen Beamten wie den Reichékanzler. Ich könnte kehaupten, daß meine verfassungemäßize Verantwort- libkeit lange nit so weit geht wie diejenige, die mir faftisch aufgelegt wird, ih könnte mich vielmehr und sagen: die Reich8politik geht mich in inneren Bee ziehungen gar nihts an, ih bin nur des Kaisers Exekutivbeamter Ich will das aber nicht thun, ih habe die Verantwortlichkeit von

Anfang an übernommen, ich habe die Verpflichtung überno mmey, |! die Beschlüsse? des Bundesraths, obscon ich in ihm in der Minorität | sein fan#3, zu vertreten, nur muß ih das mit meirer Verantwortlich- | Ich will sie annehmen, wie sie liegt in der ;

keit verträglich finden. öffentlihen Meinung. Es fanna akter Jedermann doch nur für seine eigeaen Entschließungen und Handlungen verantwortlih seir, es kann Niemand eine Verantwortlichkeit auferlegt werden und auch

zwungen werden ftanv.

gänzlich.

können, kann ihn fein Mensch verantwortlih machen. S Hr. Richter hat nun dem Wunsch Ausdruck gegeben, diese ver-

fassungämäßige Selbständi«k:it des Kanzlers nah mehreren Seiten |

hin cinzuschränken; ein Mal nach einer Seite hin, wo iz ja {on

eine beshränkte ist, wo er sie aber vollständig vershwiuden lassen ! des Bundesraths und !

will: das ist gegenüber den Beschlüssen des Reichstags die Verantwortlichkeit füc die Thätigkeit, die die Verfassung dem Kaiser in unserem Siaatsleben Es steht in der Verfassung, daß die Anordnung ihre Gültigkeit durch die Unterzeihn:ng des

erlangt, w:lcer damit die Verantwortlichkeit übernimmt. Anordnungen des Kaisers sind doch ohne Zweifel auch die Akte zu

rechnen, von denen die Verfassung sagt, daß sie im Namen des |

Kaisers ¿zu geschehen baben, also beispielsweise die Vorlage eines

bundéesräthlihen Beschlusses vor den Meicstag, wie Herr Richter | nach der „Norddeutschen Zeitung“ eine Thatsache ganz richtig ange- | führt hat, über die Unfallstatistik, über welhe Besc&lüsse vorlagen, | die weiter zu beförd:rn, im Namen des Kaisers, ih mit meiner WVer- | Ich habe deshalb | Man kann nun das Verfafsungsrecht | War der | Kaiser berechtigt, die Handlung zu nnterlassen? Oder war Se. |

artwortlichkeit nicht verträglich gefunden habe diese Handlung unterlassen. fragen: war ih berechtigt, diese Handlung zu unterlassen ?

Majesiât der Kaiser verfassungsmäßig verpflichtet den Beschlu f: des |

Bundetraths vorzulegen ? : d Ich habe diese Frage einmal bei Herstellung der Verfassung mit

einem schr scharfen Juristen erörtert, der lange in einer hohen jurifti- |

schen Steilung bei uns war und noch ist, Herrn Pape Der sagte mir ; der Kaiser hat kein Veto; ich sage, rerfassungsmäßig hat er «s nicht, aber denfen Sie sich den Fall, daf: dem Kaiser cine Maßregel zugemuthet wird, die er nicht glaubt erfüllen zu solche, di? cr glaubt érfüllcn zu können, sein zeitiger Karzler warnt

ihn aber und fagt: hierzu kann ich nit rathen, das kontrasignire

ich nicht.

einen anderen Kanzler zu sucen, scinen Widersireber zu catlafs:n ? Ist er verpflichtet, einen Jeden zum Kanzler zu nehmen, der ihm etwa von anderer Seite vorges{lagen wird? Wird er si den zweiten, dritten svchen, die Beide sagen: die WLerantwortlick keit hier- für, für diesen Gesetzentwurf können wir nit durch die Vorla e im Reichstage übernehmen? Darauf hat mir Hr. Pape geantwortít :

rhezs d, fiber fti Ke m) S N ‘Lee t E Lg A P M0: e c bo fi 22M ETE F e R 0 5 46 Zu 1 B Sie " f i As s *% J s La B S S E A A T S2 T R S T L L d a fa 2. S L A R 6 Ba lis 14s Vis Ha A Ams 4M 2 4 Butter r C Li ab

(T BCL Ld L L) s Vit S As iti P BEE pie s u d É E Las Mi 0 Ari Hd a2 R » O Wan s L ict E,

Es geht mir fceilih, |

Die Verfassung des Deutschen Reichs |

zurückziehen |

| Erstaunen fande, wovon sie sagten: 1 Herkommen hat sih bezüglich der Handhabung der Verfassung ncch ;

beilegt, ! des Kaisers | Reichskanzlers | Zu diesen ! | führen,

können, oder eine |

Sie haben Rechi, der Kaiser hat ein iudirektes und faktisches Veto. i

i ch geke so weit nicht einmal, sondern alle diese Sachen werden niht so haarscharf durchgedrückt. Nehmen Sie also einen konkreten Fall, an dem sich solhe Sachen am besten erläutern, nehmen Sie an, daß die Majorität des Bundesraths mit Zustimmung Preußens diescs Gesey besblossen hat, und wobei in Preußen der Formfehler gemacht worden ist, daß der zur Instruktion der Vertretuog im Bundesratbe berufene preußische Minister der Auéwärtigen Angele- aenheiten nicht zugezogen worden ist, um die Instruktion zur Zu- stimmung zu ertheilen; aber ich nehme an, Preußen hat zugestimmt, diefer Minister wäre zugezogen und wäre auch im preußischen Ministerium in der Minorität geblieben, und der Kaiser trägt ihm auf, nun diese Beschlüsse dem Bundesrath und dem Reichêtage vorzulegen, der Kanzler sagt: das glaube ih nicht verantworten, nicht verantwortlih vollziehen zu können, dann ift die erste Möglichkeit, daß Se. Majestät der Kaiser sagt: dann muß ih mir einen anderen Kanzler suchen, die ist nicht eingetreten, die zweite ist eingetreten, daß die Vorlage unterblieben ist. Dadurch is nun die Situation geschaffen, in der, wenn es einen Klageberechtigten giebt, ein solcher nur in der Majorität der Regierungen, im Bundesrath, die diesen Beschluß gefaßt haben, gesubt werden kann.

Cs ist nun der weitere Weg gegeben, ich glaube auch, daß solcher Wege in \{chweren Fragen bis ans Ende gegangen werden würde, aber wenn man jet die thatsählihe Probe machen wollte, was scließlih Rechtens wird, dann müßte in diesem vorliegenden Falle die Majorität des Bundesraths Se. Majestät dem Kaiser er- klären: hier harten wir Beschlüsse gefaßt, unser verfassungsmäßiges Recht ift, daß der Kaiser sie dem Reichstage vorlegt, und wir fordern tas, Der Kaiser könnte darauf antworten: ih will den Rechts- punkt nicht untersuchen, ob ih dazu verpflichtet bin, ih will anneh- men, ich wäre es, ih weigere mich uicht, aber ih habe augenblicklich keinen Kanzler, der bereit ist, das zu unterschreiben, fann dann dem Kanzler befohlen werden : Du sollst und mußt das unterschreiben ! ? tann er mit Gefängniß, wie bei Zeugenzwang, bedroht werden ? Wo bliebe da die Verantwortung ? Bleibt also der Kanzler bei seiner Weigerung, so kann die Majorität des Bundeéraths dem Kaiser sagen: Du mußt Dir einen Kanzler \{affen, diesen entlassen, wir verlangen, daß unser Beschluß vor den Reichstag gebracht werde, und die Verfassung ist gebrochen, wenn das nicht geschieht. Nun, meine Herren, warten wir dech ab, ob der Fall eintritt, ob der Klageberechtigte diesen Weg verfolgen will, und wenn er ihn verfolgt, ob Se. Majestät der Kaiser dann nicht doch bereit ift, zu sagen: gut, ic werde suchen, einen Kanzler zu bekommen, Der vereil e den Bell ‘eiter zu befördern. S0 will bier natur M eine Kritik der Gründe niht eingehen, die mich im konkreten Falle abgehalten haben, es waren eben Gründe, die sih nicht am grünen Tisch, sondern im grünen Lande draußen finden, die mich veranlaßt haben, die Durch- führung dieses Geseßes für unthunlih zu halten, ih hatte nicht die Sicterheit, daß diese Unmöglichkeit der Durchführung auch von der Majorität dieses Hauses angenommen würde, wollte aber das Land der Gefahr nicht autseßen, Gefahr war (s meines Erachtens dieses Gese zu bekommen; der Moment, wo i diese Gefahr ver- hüten konnte, war einzig und allein der der Vorlage im Namen des Kaisers; das verfassungsmäßige Re:nedium gegen diese Benußung o Wechsei, in der Person des Kanzlers, ein anderes sehe

nicht.

_Ich komme dabei, da ih eben den Reichstag berührte, auf mein Zusammerwirkea mit dem Reichstage. Das Ideal des Herrn Richter iheint zu sein ein {üchterner, vorsichtiger Kanzler, der sorgfältig hinhort: kann ih hier anstoßen, wenn ih diescs thue, kann ih da anstoßen, der einen ablehnenden Bescbluß des Reichstags nicht ab- wartet, sondern wie ich häufig bei Kollegen - erlebt habe, aufgeregt nach Hause kommt und sagt: mein Gott, das Gesetz ist verloren, der und dex it dagegen, und nach 3 Wochen ift es durchgegangen. Auf solche Konjekturalpolitik, auf solche Indizienberihte über das, was -im Reichstag etwa be- {lossen werden kann, weil die Stellung von denen, die am lautesten sprech n, aber nicht immer das entscheidende Gewicht haben, dagegen ift, auf die kann ich mich nit einlassen, und ich würde Ihnen wirk- [ih rathen, einen solchen ängstlib und besorgt nah jedem Win? hinhörenden Kanzler, wenn es dem Hrn. Richter möglich it, sich einen

| solchen zu ver) afen, auf dieser Stelle möglichst kurze Zeit zu dulden, Denn wenn ein leitender Minister—und ein solcher ist er im Reich—fkeine |

eigene Meinung hat und sie erst von anderen bören muß, was er glauben und thun foll, dann brauen Sie ihn car nicht. Was Hr. Ritter dabei vorsh!äzt, ist die Regierung des Landes durch den Reichstag, die Regierung des Landes durch sich selbs, wie man das in Frank- rei genannt hat und dur setne gewählten Vertreter. Ein FXanzlec, ein Minister, der nicht waat, etwas einzubringen, wovon er nicht

sicher rwoeiß, daß er es durchbrinat, der ist eben kein Minister, der | | fönnte ebenso gut mit dem weißen Zeichen hiec unter uns herum- | gehen und sich erkundigen, ob Sie erlauben, daß er diescs oder jenes | | einbringen will. Dazu bin ib nicht gemacht. die Reich2verfassung hat das nicht thun wollen für Handlungen, | welce von seinem freien Willen nicht abhängen, zu denen er ge- | (Fs muß daher der Verantwortende innerhalb | des Rayons seiner Verantwortlichkeit einer vollständigen Unabhängig- | keit und Freheit genießen, sont hört die Verantwortlic&keit auf, und | wer sie dazn im Reiche trägt, das weiß ih nicht, fe s{chwindet |

In wie weit ih die Unterordnung unter den Bundeêrath an- nehme, das habe ih vorher auseinanderzuseßen versut, ih habe aber zigleih damit geschlofsen, Laß noch sub judice lis est, der Prozeß ift nit ges{lossen,. Ob ib nah meiner verfassungsmäßigen Ueberzeu-

gung der Mehrheit des Bundeêraths mich fügen würde, wenn sie es | Sell ständigkeit, unsere Organisation in der Weise, daß wir al mich nibt autzusprechen, das ift eine | \ [ nad | Frage, die bisher nicht vorliegt; die Mehrheit hat es

So lange Hr. Richter also die Reichsverfassung nicht ändert, | müssen Sie felbst darauf bestehen, daß Sie einen in seinen Eat- | \{ließungen vollständig freien und selbständigen Kanzler baben, denn ! für alles das, worin er nicht frei und selbständig fich bat ertschließen |

verlangte, darüber habe i nit verlangt. Db ich bei Durcbseßung der Forderung berechtigt bin, meinen Wider- spruch aufrehtzuer halten -— darüber sage ih: noi den es fkünstig sehen. das uralte Ret, was {hen tie Rörner bei den Deutschen zu „Herkommen vyocant*,

ihrem nit ausgebildet. : Dann kat Hr. Ricter bei mir voch nach einer dritten Richtung

ämti«r.

geschmeihelt, daß das Stellvertretungsgesez mir eine willkommene | machen Sie mir Vors4tläne, und wern Gelegenheit gäbe, mich auf cinen mehr ornamentalen Standpunft, Sis h wie er sich auëdrüdte, zurückzuzichen und die Geschäfte und Thätig- |! ie mich vertreten, und das berühmte Arca- | die Reichéregierung einzu- | Auch da muß ich sagen, muß Hr. Richter, ehe ih mich den ; bôdsten Reichébeamlen unterordnen darf, doch die Verfassung ändern, ! | Kann ich dean vor Sie treten und sagen: ja, meine Herren, ich bin | sehr ¿wzifelhaft, ob ich dieses wohl verantworten kann, abcr der Herr | Staatssekretär aus diesem Ressort wzr der Meinung, und na An- |

keit denen zu überlassen, num der Majoritätsabstinmung aub in

leitung des Hrn. Richter habe ich mich d¿fsen Autorität gefügt. Wenn Sie es verhindern, ihun Sie mir einen Gefallen, dem Staatssekretär aber nicht? das wäre doch auc wieder eine ganz urmögliche Stellung, die Hr. Richter mir zumuthet, Die Herren Chefs der Reichtämter sind niht für mich verantwortlich, außer insoweit sie vermöge des Stellvertretungsgeseßzes substituirt sind,

sondern ih bin für ihre Handlungeu verantwortlib; ih babe dafür v , j

aufzukommen, daß cs Politiker siud, die sich mit der Gesammtrich- tung der Reichspolitik, so wie ib sie verantworten will, im Einver-

ständniß halten, und wenn ich dieses Einverständniß dauerad und ;

prin.ipiell bei einem von ihnen vermisse, so ift es meine Pflicht und Schuldigkeit, ihm zu sagen: wir können beide zusammen nicht im Amte bleiben. Das ift auch eine Aufgabe, der ih mi, wenn sie an mich heran- trat, niemals entzogen habe, es ist einfach meine Pflicht. J habe dazu nie so künstlite Maschinerien und Feuerwerke gebraucht, wie man mir zuschreibt, daß ic sie in der vorigen Woche absichtlich und

L i : | bere{net ins Werk gesezt hätte. Sie müssen nicht glauben, daß Gut nun, ist der Kaiser denn dann in diesem Falle verpflichtet, |

Minister heutzutage an ihrem Voften so kleben, wie mancher andere bhocbgestelte Beamte, bei dem auch der stärkste Wink nicht binreicht, um ihn zur Einsicht zu brinzen, daß es Zeit wäre. Ich habe no keinen Minister heutzutage gefunden, bei dem es nicht noth- wendig wäre, ihm ab und zu zuzureden, daß er auf seinem Posten doch no länger auéthalten möge, daß er fic nit daran stoßen möge, daß die harte und aufrcibeade Arbeit, die eine koakurrirende

f + 7E

j auf diesen berechti (ten Einwand nicht zurüzi

i steure ,

i ( liquet, wir wer- j Dergleichen entscheidet sich \chließlich durch |

Dieses |

Friftion mit miadestens drei parlamentarischen Kö-pern, einem Abgeordnetenhaus, einem Herrenhaus und einem Reichstag giebt, wo einer den anderen ablôft, ja nicht einmal auf die Ablösung wartet, sondern gleichzeitig fungiren, und wenn der Kampf beendigt ist, und wenn die Abgeordneten zufrieden in ihre Heimath zurück- kehren, dann kommt den andern Tag ein Rath zum Minifter und sagt: jeßt ist es Zeit, die Vorlagen für die nächste Sitzung zu be- arbeiten. Dabei ist das ganze Geschäft vielleicht ein sehr ehrenvolles aber fein sehr vergnüizlihes. Wer ift überhaupt in der Laze wie ein deutsher Minister, fh so öfentlich mit einer solhen Schärfe und in einer folhen Lonart kritifiren zu lassen, gegen wen gilt es außer- dem noch unter gebildeten Leuten, daß die Gewohnheit des gesell- \chaftlihen Lebens ihm gegenüber außer Geltung tritt. Man sagt einem Minister ohne das mind-ste Bedenken öffentlich Ding», die man, wenn er niht Minister wäre, fich geniren würde, ibm auch nur privatim zu sagen, wenn man ihm etwa in einem Salon begegnet, Jch würte das im Reichstage nicht sagen, wenn derselbe nicht auch auf diesem Gebiet, wie in allem Uebrigen, eine Ausnahmestellung in Deuts ch- land einnähme ih habe hier so scharf: Di-ge, wie in anderen Versammlungen mcines Wissens kaum zu hören gehabt, ih habe wenigstens ein versöbnlihes GedäLtniß bis jeßt für sie gehabt, aber im Ganzen werden Sie mir doch Recht geben, da® in unseren polis tischen öffentlihen Debatten die Tonart niht auf der Höhz steht, wie in unserem gewöhnlichen ge®zUlschaftlihen Verkehr und nament- lich den Ministern gegenüber. Auch unter einander kommt es mit- unter vor, aber darüber steht mir keine Kritik zu. Auch die mini- steriele Seite kritisire ich nit, ih bin dagegen abgehärtet durch langjährige Erfahrung und kann es aushalten: aber ih schildere hier nur die Gründe, die es maten, daß leit Miinisler an seinen Posten kleb und daß man mir Unrect thut, wenn man glau“t, es gehörte irgend eine künfst- lihe Anstrengung dazu, um einen Minister zu bewegen, daß er aus dem Posten weiht. Nicht jeder war gewohnt aa die Behandlung, daß offentlich in der Presse der unwissendste Korrespoadent einen alten erfahrenen Minister herunterreißt wie eincn dummen Jungen. Das lesen wir in jeder Zeitung alle Taze, und das mag man sich ja gefallen lassen. Darüber klagt man nicht so; aber können wir sagen, daßin unseren parlamentarischen Debatten den Mitzliedern der Regierung den Kommissaren gegenüber wird mitunter nech bärter verfabren aber den Mitgliedern der Regierung gegezübcr dieselbe Urbanität des Tones herrschte, durch die sih die gute Gesellshaft in Deutsch- land auszeihnet? Ich sage nicht nein, sondern ich überlasse Ihnen die Beantwoitung diesec Frage, ic sage nur, daß das Geschäft ein sehr mühsames und freudeloses, nticht blos Verdrießlichkeiten aus- geseßtes, sondern ein aufreibendes und anstrengeudeë ist. Das brin-t die Herren Minifter in die Stimmung, daß i: mit groëer Leichtiz- keit ihre Posten aufgeben, sobald sie ein anderes Motiv dafür finden kônnen, als das einsahe: ich will nicht mehr, ich mag nit mebr, es ist mir über.

U-brigens ist bei uns, was ib Hrn, Richter gegenüber als Zeugniß für meine kollegialische Liebenswürdigfeit anrufen darf, ter Wechsel nicht so rasch und so häufig gewefeo, wie in allen anderen Ländern, Zählen Sie doch die Zahl der Minifter, die seit meinem Antritt, seit 1862, über die Bühne gegangen sind, und addiren Sie die Nücktritte, die aus anderen als par!amentarishen Gründen er- folgt find, und Sie werden im Vergleich mit allen anderen Ländern für die Verträglichkeit der Minister in Deutstland ein außerordents- lih günstiges Fazit finden.

Ich halte also diese A:spielungea, die auf meine Uaverträzlich- keit und auf meine wechselnd2 Ueberzeugung gemat worden sind, für völlig unzutreffeud.

It erlaube mir kei dieser Gelegeuheit auf diese in der Presse und au hier so oft vorkommenden Vorwürfe noch mit cinem Worte zurückzufkommen, als hätte ih meine ÄAnsicbten über diese oder jene Sachen häufiz und \chrof} gewechselt. Nua, ich gehöre aüer! dings nicht zu Denen, die jemals im Leben geglaubt haben oder heute glauben, sie könnten nihts mehr lernen, - und wenn mir Einer sagt: vor zwanzig waren Sie mit mir aleiher Meinung, heute habe ih dieselbe Meinung no&, und Sie haben eine entgegengesetzte, so antworte ih ihm btarauf: ja, so fluz, wie Sie heute sind, war ich vor zwanzig Jahr:n auc, beute bin i klüger, ih hab: gelecnt in den zwanzig Jahren. Aber ih will mi

: ehen, daß ein Mensch, der nit lernt, nit fortschreitet mit seiner Zeit und also auch der Zeit nicht gewachsen bleibt; der bleibt zurück, wer feststeht auf dem

| Standpunkt, den er einmal gehabt hat. Ich will mich damit gar

n entiuldigen, sur mich@ hat immer nur ein: ein ziger Kompaß, ein cinziger Poslarstern nab. dem 10 bestanden: sas pPpubllea, J habe von Ano fang meiner Thâtigkeit an vielleiht oft rasch und - un- besonnen gehandelt, aber wenn ich Zeit hatte darüber nahzudenfen,

| mi immer der Frage untergeordnet: was ist für mein Baterland,

was ift so lange ich allein in Preuße1 war für meine Dyn stie, und heut zu Tage, was ift für die deutshe Nation das Nüb- liche, ckas Zwedmäßige, das Richtige? Dokirinär bin ih in meinem

| Leben nicht gewesen, alle Systeme, durh die die Parteien si ge-

trenni und gebunden fühlen, fommen für mib in zweiter Line, in exiter Linie -kommt die Natioa, ißre Steüung nach außen, ihre roße Nation in der Wel1 frei athmen können. Alles, was vachher fol- gen mag, liberale, reaktiorâre, konsez vative Verfassung meine Herren, ih gestehe ganz offen, das kommt mir in zwz:iter Linie, da: ift ein Luxus der Einrichtung, der an der Zeit ist, nachdem das Haus fest- gebaut dastcht. In diesen Parteifcagen kann zum Nuyen des Landes dem Einen oder dem Anderen näher tre T ih außerordentlich wohlfeil, Schaffen wir zu Außen gesicherten, im Innern festgefügten, durd

j verbundenen Bau und darn fragen Sie midt n , 4 s VLLNS ¿ 2c | in weler Weise mit mehr oder weniger lib:rale hin zu viel Selbständigkeit gefunden: gegenüber den Chefs der Reichs- Er hat, wenn ic ret gehört habe, fich mit der Hoffnung

rihtangen das Haus zu möbliren sei, und Sie wecteu

den, daß; ih antworte: Ja, ih babe darin kine vorg

herr, dem ich diene, beistimmt, so werden Sie bei mir prinzivielle Schwierigkeiten wesent- lih nit finden. Man kann cs so maten odir so, iebt viele Wege, die na Rom führen. Es giebt Zeiten, wo man liberal re- gieren muß, und Zeiten, wo man diktatorisch regieren muß ; es weh: felt Alles, hier giebt es keine Ewigkeit, Aber vo Ba Deutschen Reicbes, ron der Einigkeit der teutswen Nation, da ver- lange ich, daß sie fest und fturmfrei daftelea d niát blos eine passagere Feldbefestigung n2ch cinije: Seiten hin habe. Seiner Schöpfung und Konsolidation habe ih meine ganze politische Thâä- tigkeit vom ersten Auzenktlick, wo sie begann, untergecrdnit und wenr Sie mir cinen einzigen Moment zeigen, wo ih nit nad Richtung der Magnetnadel gesteuert habe, so können Si:

leiht nachweisen, daß ih geirrt hake, aber nihi rabwei

das nationale Ziel einen Augenblick aus den Augen vecl

ck% Eh der Lan!

4 - P. ck58 l n Lem f au Lv A L

Der Abg. Frhr. von Minnigerode trat den Ausführun- gen des Abg. Richter entgegen. Derselbe habe gemeint, der „arme Mann“ müsse die 92 Millionen Mehrbelastung aus der neuen Reform noch aufbringen. Halte denn der Abg. Richter ganz Deutschland für ein Konglomerat sogenannter armer Leute? Von seinem (des Abg. Richter) Standpunkt aus könne derselbe doch unmöglich zugeben, daß der seitherige Freihandel lauter arme L-ute in Deutschland geschaffen habe.

ie Neuordnung, wie sie dieses Jahr zeige, halte er (Redner) für praftish und zutreffend. Die geschaffene wirthschastliche Abtheilung entsprehe einem anerkannten Bedürfnisse. Die Erhöhung des Militäretats sei eine Folge der früheren Be- schlüsse des Hauses. Bezüglich der Marine erkenne er gen an, daß die allgemeinen Verhältnisse des deutshen Handels nah außen die Mehrindienststelung von Schiffen auch im Zu-

sammenhange mit der politishen Lage völlig rechtfertigten,.

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