1902 / 241 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Oct 1902 18:00:01 GMT) scan diff

Mit Anspruch auf Steuerfreiheit wurden ausgeführt im Monat September :

Branntwein, roh und gereinigt 26 124 h] A. h *)

Branntweinfabrikate . 1496 ,„ ,„

*) Hierunter sind au enthalten die Alkoholmengen, welche zur Erlangung der Steuerfreiheit nah dem Freihafengebiet Hamburg aus- geführt, aber auf inländische Lager zurückgenommen wurden, um von da n verarbeitetem Zustande wieder ausgeführt zu werden. Nicht aber find darunter nachgewiesen Branntwein und Branntweinfabrikate, die gegen Steuerfreiheit auf Ausfuhrlager (Bfr. O. § 58) gebracht wurden.

Berlin, den 11. Oktober 1902.

Kaiserliches Statistishes Amt. Dr. Wilhelmi.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem Bürgermeister Nollau in Remscheid den Titel „Dber-Bürgermeister“ zu verleihen, sowie

infolge der von der Stadtverordneten-Versammlung zu Schneidemühl getroffenen Wahl - den bisherigen Stadtrath Dr. jur. Karl Krause zu Posen als Ersten Bürgermeister der Stadt Schneidemühl und :

infolge der von der Stadtverordneten-Versammlung zu Castrop getroffenen Wahl den bisherigen Bürgermeister der Stadt Werne a.‘ d. Lippe Leonhard Wynen als Bürger- meister der Stadt Castrop für die geseßlihe Amtsdauer von zwölf Jahren zu bestätigen.

Tagesordnung

am Mittwoch, den 29. Oktober 1902, Nachmittags Uhr, in Cöln im Sißzungssaale der Königlichen enbahn-Direktion (Kaiser Friedrih-Ufer 1) stattfindende te Gesammt-Sitzung E Bezirks-Cisenbahnraths zu Cöln.

1. Mittheilungen der ge\chäftsführenden Direktion. IT. Neuwahl etnes Mitglieds des Landeseisenbahn- raths an Stelle des verstorbenen Gutsbesißers Lieven in Hilden und Neuwahl eines stellvertretenden Mit- glieds des ständigen Ausschusses an Stelle des Herrn

Lieven. 2 Î Vorlagen der Königlihen Eisenbahn - Direk-

ITIT. tionen: : i i

1) Empfiehlt es si, für Manila-Hanf Ausnahmetarife von Bremen und Hamburg nach Cöln und Mannkeim, event. auch Lands- berg a. W. und Breslau und vielleiht nah weiteren Stationen zu erstellen, welche für Bremen—Cöln mit 1,00 Æ pro 1009 kg = dem Sate London—Cöln, und für Bremen—Mannheim und eventl. Lands- berg a. W. und Breslau zum Spezialtarif 111, für Hamburg nah Bremener Einheiten und für etwaige weitere Empfangsstationen je nah der Entfernung in ähnlicher Weise gebildet sind?

Der ständige Ausschuß empfiehlt dem Bezirks-Eisenbahnrath, den Antrag zu befürworten. j

Berichterstatter : Die Eisenbahnverwaltung.

2) Aufhebung oder Aenderung des Ausnahmetarifs 5b für Basalt, Basaltpflastersteine u. \. w. im Gruprenverkehr VI11 (Cöln, St. Io- hann-Saarbrücken), im rheinishen Nachbarverkehr, im hessisch-links- und devtdrhenel n Verkehr und im wesldeutschen Privatbahnverkehr, soweit der Ausnahmetarif für Shwemmsteine gilt. ¿

Ein Bedürfniß zur Abänderung wird nicht anerkannt, vielmeht empfiehlt der ständige Auss{uß dem Bezirks-Eisenbahnrath, die unver- änderte Beibehaltung des bestehenden Tarifs zu befün1worten.

Berichterstatter : Rittergutépächter Jos. Stässen son. in Bendorf.

IV. Anträge von Mitgliedern:

1) Antrag des Herrn P Iren Dr. Böttinger in Elberfeld auf Verseßung des zur VDenaturierung bestimmten Spiritus in den Spezialtarif 111.

Der \tändige Ausschuß emvfiehlt dem Bezinks-Eisenbabnrath, den Antrag zu befürworten und gleichzeitig die Eisenbahnverwaltung zu ersuchen, das hierzu Erforderliche alsbald in die Wege zu leiten

Berichterstatter: Der Antragsteller.

2) Antrag des Gutébesitzers Herrn J. Pauli in Cöln auf Ein- legung eines Personenzugs auf Strecke Cêôln— Aachen in den Nach- miitacóftunden.

Der ständige Ausshuß empfiehlt dem Bezinks-Eisenbaknrath, den Antrag zu befürworten.

* Berichterstatter: Der Antragsleller.

3) Antrag des Herrn Ehrenamtmanns von Loebbeckde, Haus Nachrodt Kr. Altena, auf Herstellung eincs Verbindungszugs nach Côln an den Zug 1252, Morgens 10,02 ab Altena, bezw. 9,54 ab 8íserlohn, 12,04 in Elberfeld, 12,36 in Düsseldorf, sodaß dieser etwa 12,40 in Gôln einträfe, oder den Zug 1252 mit dem Zuge 72, 10,21 ab Hagen, bewo. 10,6 ab Barmen dcrart zu vercinigen, daß cine An- kunft in Côln um 1204 ermögliht winde

Der ständige Avsshuß empfiehlt dem Bezirks-Eisenbahnratb, ten Artrag zu befürworten.

Berichterstatter : Der Antragsteller.

4) Antrag des Herrn Landes: Oekonomiecraihs Havenstiein in Bonn auf Herstellung eines Anschlusses des Abendzugs Nr. 143 von Düren nach Eueékirchen an den Zog 181 von Euskirchen nach Bonn.

Der fländige Ausschuß empfiehlt dem Bezirks-Gisenbahnratkb, den Artrag zu befürworten.

Berichterstatter: Der Antragfleller.

5) Anträge des Herrn Lederfabrikanten Thomas Varain in Trier auf :

a. Einlepung cines S@hnellzwgs auf der Strecke Saargemünd— Saarbrücken— Trier Cöln als Fortseßung des vortantenen Schnell- zugs Straßburz—Saaraemünd Nr. 53 und als Gegenzug zu dem beitehenden Schnellzug Cöln—Straßburg Nr 152, mit etwa folgenden Fahrzeiten: Straßburg ab 4,10, Saargemünd ab 6.22, Saard:ücken ab 6,12, Trier ab 8.22. Côln an 11,12

In Straßburg Axrschluß von Zug D 75 1,50 ab Basel, 357 in Straßburg in Obermodern an 82. 79 von Karlörube— Rastatt. In Saarbrücken Anschluß von 82. 172 von München— Stuttgart n my In Cêln Ansckélaß an die Schnellzüge Nr. 9 und li nah Berlin (Abf. 11,27 und 11,22), Nr. 91 nah Vamburg (Abf. 11,11) sowie nah Elberfeld u. \. rw.

b. Einlegung cines Schnellwgs Cöln—Trier—Saarbrücken als Gegenzug zu S7. 1653, etwa, wie folgt, verkehresd: ab Côln 7,44 oder ab Cóôln 6,22, ab Trier 10.44 oder ab Trier 9.12, in Saatbrücken 1244 oder in Saarbrücken 11,22.

Im ersteren Falle in Cêôln Anschluß an die 82. von Lerlin, D 8 (in Gôln 5,45), Ne. 2 (in Côln 6,44), von Hambura Ne. 92 (in Côln 7,12), in Trier Zusammenshluß mit SZ. Koblenz—Mey Nr. 124, sowie Anschluß nach Luxemburg u. \. rw.

Im zweiten Falle in Cöln Anschluß an Zug D 8 von Berlin SZ. 189 von Leipzig—Gaßfsel—Elberfcid u. s. w., in Saarbrücken An- shivß nah Saargemünd, Neunkirhen—St. Wendel sowie an 82. 144 nah Mey Paris

Det ständige Ausschuß empfiehlt dem Bezirks-Eisenbahnrzth die Befätwortung ter beiten Anträge.

Berichterflatter: Eisenhüttenbesiter L. Röchling in Völklingen.

8) Antrag des Herrn Kommerzienraths Sepffardt in Krefeld auf Tialeguag cines neuen Zugpaatres auf der Strecke Wesel—Geldern—

für die 123 Cis drit

Venlo: Morgens 5 ab Venlo, in Wesel 8,48 zum Neseuß qu: Zug 603, 9,11 ab el nah Emmerich, Zug F 619, 8,57 ab Wesel nad Emmeri, Zug 805, 9,15 ab Wesel nah Bocholt, Zug 608 D ab Wesel nah Oberhausen, Zug 833, 10,38 ab Wesel nah ern.

ut Zurück Abends 8,42 ab Wesel, in Venlo 10,22 im Ans{luß an : Zug D 194, 8,12 in Wesel von Haltern— Hamburg, Zug 165, 8,33 in Wesel von Oberhausen, Zug 166, 8,28 in Wesel von Emmerich, Zug 812, 7,42 in Wesel von Bocholt. : ; :

Der ständige Auss{huß empfiehlt dem Bezirks-Eisenbahnrath die Befürwortung des Antrags.

Berichterstatter: Der Antragsteller.

V. Außerhalb der Tagesordnung werden zur Be- Ka Uns gestellt, falls nah. § 3 des Regulativs die Dringlichkeit anerkunnt werden sollte: i

7) Anträge des Herrn Kommerzienraths Kirdorf in Rheinelbe bei Gelsenkirchen auf: i

a. Herstellung einer Schnellzugverbindung auf der Strecke Essen— Steele—Hattingen—Barmen— Elberfeld mit Anschluß in Steele von und nah Bochum, i

b. Einlegung eines Schnellzugs Berlin—Hannover—Bohum— Düsseldorf—Cöln, Berlin ab ca. 3,00, Hannover ab ca.7,22, Bochum ab ca. 11,22, Cöln an ca. 1,28. : S

Der ständige Ausschuß, der seinerseits die Dringlichkeit anerkannt Hat empfiehlt dem Bezirks-Eisenbahnrath die Besürwortung beider

nträge. - *Beridtéuttalide Geheimer Bergrath Krabler.

8) Antrag des Vorsißenden der Handelskammer Duisburg, Herrn Otto Keller, auf Ausdehnung des vom Landes-Eisenbahnrath in der Sizung vom "13. Juni d r. angenommenen Ausnahmetarifs für überseeish eingeführtes Kupfer u. #. w. nach den rheinish-westfälischen Verbrauchsstationen, auch äuf die direkte überseeishe Einfuhr ‘von Kupfer u. \. w. über die Rheinhäfen, deren Bestimmung in den Tarifen vorbehalten bleiben soll.“

i Begründung:

Wenn die Absicht des vom Landes-Eifenbahnrath angenommenen Ausnahmetarifs gau ‘gerichtet sei, die deutshe See|chiffahrt zu fördern, so würde diescs Ziel insofern beeinträchtigt, als dur die Einführung des Tarifs naturgemäß den Hamburger und Bremener Seeschiffahrtslinien die Frachtmengen für den Rhein vermindert würden. Der Uebergang der Kupfereinfuhr von Rotterdam auf Hamburg oder Bremen würde außerdem nur dann von dauerntem Erfolg sein, wenn für die Weiterversendung von den deutshen Nord- seehäfen auch die Rheinseeschiffahrtélinien benußbar seien. Dies sei nur zu erreichen durch Erstellung billigerer Anschlußfrahten von den Nheinhäfen nah den Verbrauchsstationen. Kupfer würde jeßt nah den Säßen der «allgemeinen Wagenladungsklasse tarifiert. ürden diese Frachtsäße nah dem Vorgange des am 13. Juni d. J. vom Landes-Eifenbahnrath angenommenen Ausnahmetarifs ermäßigt, so könne die Mee den Uebergang der Kupfereinfuhr auf die deutschen Seehäfen wirksam unterstüßen.

(Dieser Antrag ist noch nicht im ständigen Aus\huß berathen.)

9) Antrag des Herrn Koumerzienratks Weßlar zu Eupen auf Herstellung eines Anschlusses von Malmedy nach Weismes an den Zuz St. Vith—Aacen Nr. 8653 in Weismes 6.42.

(Dieser Antrag ist noch nicht im ständigen Aus\{uß berathen.)

Cöln, den 3. Oktober 1902.

Königliche Eisenbahn-Direktion. S Stieger.

J:

Angekommen:

Seine Excellen§z@ Staats-Minister und Minister für Handel und‘Gewerhe #@#ôller, aus Westfalen;

Seine Exrcellenz“der Präsident des Dan gela Kirchenraths, Wirkliche Geheime Rath D. Dr. aus Wittenberg.

n Ober- arfhausen,

Nichkamlliches.

Deutsches Neich.

Preufsßen. Berlin, 13. Oktober.

Bei Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin waren am Sonnabend Abend zur Tafel geladen: Jhre Durchs lauhten dcr Prinz und die Prinzessin Ecnst von Sachsen- Altenburg, der Prinz und die Prinzessin Emanuel zu Salm- Salm, Seine Durchlaucht der Erbprinz und Jhre Königliche Hoheit die Erbprinzessin zu Wied. Gestern Mittag wohnten Jhre Majestät der Eröffnung der diesjährigen Kurse dcs Victoria-Lyceums zu Berlin bei.

Dicjenigen Persönlichkeiten, welde durch Abaabe von

Karien Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin ihre Glüfwünsche zu Allerhöchstderen Geburtstage darzubringen beabsichtigen, können dic Karten am Dienstag, den 21. d. M., von Vormittags 10 Uhr bis Abends 6 Uhr und am Mittwoch, den 22 d. M., bis 12 Uhr Mittags im Königlichen Schlosse zu Berlin, Portal 1V links, und in Potsdam im Königlichen Stadtschlosse in der Ecke beim Lust-

garten, am Aufgange zur früheren Wohnung Jhrer Majestäten, abgeben.

…_ Der Kaiserliche Gesandte in Luxemburg Graf von Pückler ist von dem ihm Allerhöchst bewilliaten Urlaub auf seinen

Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommcn.

_ Der Kaiserliche Gesandte in Kepenhagen von Schoen ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen

Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ geht S. M. S. „Stein“ heute von Spezia nah Port Augusta (Ztalien) in See. __S. M. S. „Vineta“ ist am 9. Oktober in La Guayra eingetroffen z _ Der Ablösungstransport für die Schiffe auf der ostasiatishen Station, Transporifährer: Kapitänleutnant Glaue, ift mit dem Dampfer „Kiautschou“ am 10. Of- tober in Gibraltar angefommen und hat an demselben Tage die Neise nah Genua fortgeseßt.

Sathsen-Altenburg.

Seine Hoheit der Herzog ist am Sonnabend aus der S Hummelshain wieder nach Altenburg zurück- gekehrt.

Lübe.

Seine Ade Hoheit der Srofherzog von Olden- burg traf am Sonnabend Vormittag, wie „W. T. B.“ meldet, in Lübeck ein und fuhr in Begleitung des Ministers Wil lich nah dem Rathhause. Am Eingange ‘des Rathhauses begrüßte der Bürgermeister Dr. Brehmer Seine Le Hoheit und geleitete Höchstdenselben in den Audienzsaal des Senats, wo ein festlicher Empfang und Vorstellung stattfand. Jn der Kriegsstube des Rathhauses wurde ein Frühstück* eingenommen. Dann folgte die Besichtigung des Justizgebäudes. Später wurde eine Kanalfahrt unternommen.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser hat dem Landesvertheidigungs-Minister, Feld- zeugmeister Grafen Welsersheimb, anläßlich dessen fünfzig- jährigen Dienstjubiläums die Brillanten zum Großkreuz des Leopoldordens verliehen und ihm zugleich ein Handschreiben über- reichen lassen, in dem Allerhöchstderselbe des mehr als zwanzig- jährigen Wirkens des Ministers in dieser Stellung und dessen Verdienste um die Ausgestaltung der Landwehr mit Befriedigung

edenkt.

s In S. E O ist es, dem „W. T. B.“ zufolge, aus Anlaß des gestern daselbst abgehaltenen christlihch-sozialen Parteitages zu heftigen Zusammenstößen zwischen Klerikalen und Freisinnigen gekommen. Dr. Lueger war mit über 3000 Anhängern, die fünf Extrazüge füllten, von Wien nach St. Póoelten gekommen. Die freisinnigen Stadt- bewohner, gleihfalls mehrere Tausend Personen, empfingen die Christlih - Sozialen mit Kundgebungen, die in den Abendstunden zu gefährlihen Zusammenstößen führten. Die Chrisilih-Sozialen unternahmen einen förmlichen Angriff auf die St. Poeltener, worauf diese mit einzelnen Steinwürfen

antworteten. Die Gendarmerie war machilos, vier Kom- pagnien Jnfanterie stellten mit gefälltem Bajonett die Ruhe wieder her.

Die Christlih-Sozialen fuhren alsdann nah Wien zurück, während die Freisnni en cine Kundgebung für den Burgermeister Völkl und gegen Dr. Lueger veranstalteten.

In Anwesenheit des Erzherzogs Joseph August als Vertreters des Königs Franz Joseph, der Mitglieder der Negierung, des Ober- und des Unterhauses, sowie zahl- reicher Abordnungen von Komitaten und Städten wurde gestern in Klausenburg das Denkmal des Königs Matthias Corvinus feierli enthüllt. Gegenüber einer Meldung einzelner Blätter, daß dort gestern Abend Kundgebungen gegen das Spielen der österreichischen Volkshymne stattgefunden hätten, erklärt das e ngarige Correspondenzbureau“, daß es sih nur um eine Kundgebung einer flcinen Gruppe junger Leute gehandelt habe, die kaum bemerkt worden sei und jedes aggressiven Charakters entbehrt habe. Der beste Beweis, daß die Demonstration kaum bemerkt wurde, sei, daß keine Ver- haftung stattgefunden habe.

Großbritannien und Jrland. '

Im Auswärtigen Amt wurde gorgelten Mittag ein Kabinetsrath abgehalten, an dem. auch AustenChamber- lain und Wyndham, zum ersten Mal seit ihrem Eintritt ins Kabinct, theilnahmen. Wie „W. T. B.“ vernimmt, be- schästigte sih der Kabinetsrath mit der Unterrichts-Bill, die jeßt den Hauptgegenstand der Erörterung in parlamentarischeu Kreisen bildet.

Das Mitglied des Unterhauses Black hatte in eincm Schreiben die Frage an Lord Rosebery gerichtet, ob er die Meinungsverschiedenheiten zwishen \sich und Sir Henry Campbell Bannerman für so \{hwerwiegend halte, daß sie ein etwaiges Zusammenarbeiten bei der. Bildung eines liveralen Kabinetts verhindern könntcn. Lord Nosebery

erwiderte, er halte an seiner in Chesterfield fklar- gelegten olitik : fest. Ec frage: Hat Sir Hentÿ Canpbell Bannerman seine Verurtheilung dieser Politik

zurückgezogen? Wenn nicht, so sei die Lage unverändert. Die Fragen bezüglich der Uebernahme eines Porteseuilles oder der Führershast berührten ihn niht. Als Black in einem weiteren Briefe in Lord Nosebery drang, erwiderte dieser, er lehne es ab, Hypothesen mitzutheilen eber zu sagen, was er thun werde, wenn Sir Henry Campbell Bannerman Dinge" thue, die cr bisher nicht gethan habe.

Frankreich.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Sachsen sind am Sonnabend, wie „W. T. B.“ meldet, incognito in Paris eingetroffen und von dem deutschen Bot- schafter Fürsten von Radolin, dem Gesandten von Schloezer und den übrigen Mitgliedern der deutshen Bot- haft am Bahnhof empfangen worden.

_ Der Präsident Loubet traf gestern Vormittag zur Grund- steinlegung der Brücke über den Nhônesluß in Valence ein. Troy des shlechten Wetters hatte sich eine zahlreiche Volls- mene am Bahnhof und in den Straßen angesammelt, die den Präsidenten mit lebhaften Zurufen begrüßte. Bei dem Empfange in der Präfektur stellte der General-Vicar für den crlrankten Bischof die Geistlichkeit vor und äußerte wit einer Anspielung auf - den Zweck der Neise des Präsidenten, daß dieser überall zur Unterdrückung jeglichen Haders Brücken {lagen möge. Jn semer Erwiderung t flärte der Präsident Loubet, er habe die Zuversicht, daß die Geisilihkeit die Regierung unterstützen werde, indem sie Achtung vor dem Geseze predige. Der General Grasset, der die Offiziere der Garnison vorstellte, sagte, daß das Offizier: kforps, wenn es auch mehrfach unverdient kcitisiert und wenn auch andererseits thatsächlich einige Fälle von Pflihb vergessenheit vorgekommen seien, die Truppen immerfort Treue zur Fahne und zur Regierung und der Nepublik lehre. Der Präsident Loubet erwiderte, er kenne keine Jnstitution, dic (egen Kritiken geshüht sei, ader er wünsche im Jnt

der Armee, daß auch sie selbst, wenn sie Kritik üde, nach den Giundsäzen der Gerechtigkeit vérsahre.

Auf cine Ansprahe des Vorsißenden des pro: testantishen Konsistoriums erwiderte der Prä

Loubet: Zeit die Anhänglichkeit, welche Sie alle

Jch kenne seit la: d Regierung und der . Wir wissen, daß dit Nevubüik keine festere die Anbänger des cs

Glaubens. Es beruht auf der Uéeberlieserung und den Geseyen

diese Anhänglihkeit bei Ihnen steti fortpflan; t. E san p «A bee E erechtigkeit und Brüderlichkeit herrsche, s ist dies der Katehismus des wahren Republikaners.

u Ehren des Pcasidenten veranstaltete die Handelskammer Lag Mag ein Festmahl, bei dem der Präsident Loubet “ne Rede hielt, die sih- lediglih mit den Intexesfen der Gndustrie und des Handels der Stadt und der Umgegend veschäftigte. Er sprah darin sein Bedauern aus, daß die Qandwirthschaft keine organisierte A besige, wie andel und Jndustrie, um die Fragen der Produktion und Landarbeiter zu prüfen, damit auf diese D die Harmonie zwischen Kapital und Arbeit wieder hergestellt und allen nteressen Schuß gesichert werde. |

Bei dem von der Stadt gegebenen Bankett hielt der dräsident Loubet eine Rede, in welcher er von den Leistungen ver Solidarität sprah und ausführte : '

Diese würden nur fruchtbar sein, wenn der Geist republi- qnischer Brüderlichkeit alle beseele, und wir müssen versuchen, die Mohlfahrt und die Größe der Republik nur durch den fozialen Frieden zu sichern, der Nepublik, die, treu ihrem Ursprunge, tolerant t, die Achtung hat vor allen Glaubensbekenntnissen, eine Freundin der Freien Diskussion und des freien Gedankens t, die von Leidenschaft beseelt für die Gerechtigkeit und Freiheit, eine unbeugsame Hüterin des Geseßes und der öffentlichen Ordnung ist. Sie 1st die Regierung des Landes durch alle und für alle. Deshalb verlangt die Republik von einem Jeden von uns ein Opfer, welches zwar hart ist, aber ohne das weder die Wohlfahrt des Einzelnen noch der Allgemeinheit denkbar ift, nämlich, daß wir unsere Privatinterefsen stets zurücktreten lassen hinter das gemeinjame Wohl und die gemeinsame Chre.

Der Präsident {loß mit einem Hoch auf die Stadt.

Der Justiz-Minister Vallé hielt gestern in Vesou l bei einem von dem republikanishen Comité gegebenen Bankett eine Rede, in der er hervorhob :

Die lezten Wahlen hätten gezeigt, daß das Land Achtung vor dem Vereinsgeseß wünshe. Demgemäß habe die Regierung die An-

‘wendung des leyteren auf die Kongregationen betrieben, troß 9 Geschreis A Reaktionäâré und der Behauptung gewisser Republikaner, daß die Freiheit durch das esey verletzt

werde, und troy der Verleumdungen der Nationalisten, daß man die Armee vernichten wolle; in Wirklichkeit wollten - diese Leute nur freie Hand haben, die Geseye zu verlegen. Die Regierung lehne es ab, diese Freiheit zu bewilligen, und werde, unterstüßt von dem Willen des Landes, ihr Programm ausführen, nämli: Herabsezung* der Militärdienstzeit auf zwei Jahre, Einführung einer allgemeinen Ein- fommensteuer, Abschaffung des Geseyes Falloux und Piüfung der Frage wegen Schaffung von Arbeiterpensionen.

Bei einem gestern in Carmaux aus Anlaß der Wieder- wahl des Deputirten Jaurès veranstalteten Bankett der sozialistishen Partei hielt Millerand eine Rede, in der er erklärte : i

Die sozialistishe Partei verfolge in der äußeren wie in der inneren Politik friedlihe Ziele. Die Französishe Republik wolle den Frieden. Pflicht und Ehre der Republik und namentlich auch - der sozialistishen Partei beständen darin, ent- shieden danah zu streben, daß die Konflikte, für deren Beilegung es bisber gelrenze habe, daß der Krieg das einzige Mittel sei, guf friedlichem ege beigelegt würden. Der Haager Kongreß habe keine vergeblihe Arbeit gethan. Auch seien die Beziehungen zwischen den Völkern so mannigfah geworden, daß ein Weltbrand fast unmöglih ershcine, und es fei nur erforderlih, die Verträge, welche die Nationen durch wechselseitige Interessen verbänden, zu vervielfachen, um damit den Krieg in das Reih des Traumes zu verweisen. Das sei der einzige Weg, auf dem die Welt dazu gelangen werde, niht mehr zu verstehen, daß noch andere Waffen existieren könntèn als Recht und Billigkeit, um Konflikte zu lösen. Nur so könne sich allmählich in dem Bewußtsein das Bild einer Zukunft erheben, welche den Nationen, die eine brutale Mißachtung des Völkerrechts erlitten hätten, den nothwendigen Ersay an Recht und Gerechtigkeit vorbehalte.

Millerand berührte dann dik Frage der inneren Politik, die wirthschaftlichen Fragen und? namentlich die Frage der Arbeiter-Altersversicherung, in der Frankreich sich von seinen deutschen Nachbarn habe überholen lassen, und {loß mit einem dringenden Appell an alle Republikaner, sih eng an einander zu schließen, um die soziale Reform durchzuführen.

Jn einer öffentlihen Versammlung, die - gestern in Carmaux abgehalten wurde, hielt Jaurès cine Nede, in der er den Ausstand der Art und Weise zuschrieb, wie die Gesetze über die UArbcit auf Lohnkürzungen angewendet würden. Der gegenwärtige Ausstand könne nur dann zu einem günstigen Ergebniß führen, wenn keine Gewaltthätigkeiten vorkämen : an den öffentlihen Gewalten sei cs, den Konflikt zu lösen; diese würden ein Verbrechen begehen, wenn sie gegenwärtig pietenigen im Stiche lassen würden, die sie immer unterstüßt ätten.

Rufßilaud.

Die Königin und der Prinz Christoph von Griechen- land find, wie dem „W T. B.“ berichtet wird, gestern Abend von St. Petersburg nah Athen abgereist.

Der Finanz-Minister Witte hat am Sonnabend Abend seine Reise von Wladiwostok nah Port Arthur fortgeseßt.

Der „Russischen Telegraphen-Agentur“ wird aus Yalta gemeldet, daß die Nachricht, wonach dort cine türkische Gefandt- ren eingetroffen sei (\. dic vorgestrige Nummer d. BL) un- nglig ijt.

__ Aus Sebastopol wird der „Nowoje Wremja" gemeldet, daß der rumänische Kreuzer Elisabeth“ mit dem eral- Jnspektor der rumänischen Marine Koslineki an Bord dort eingetroffen sei, um den Besuch des russishen Geschwaders in Constanza zu erwidern.

Jtalien.

In Palazzolo sull’ Oglio bielt gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, Luzzatti eine Rede, in der er auf seine bereits \rüher gemachten Vorschläge, betreffend die Abhaltung eines Kongresses von Delegirtendereuropäishen Staaten, M iprehen kam, auf dem alle die aecringfügigen Zollfragen, welhe diese Staaten von einander trennten, igt und die großen Gefahren der Trusts erörtert werden sollten. 6s Ziel, zu dem er gelangen wolle, sei folgendes: Auf âlle haupisählihen Produkte solle die Kompensations- fllausel angewendet werden, die in dem jüngst in Brüssel ge-

enen internationalen Uebereinkommen gee fa, das den Zweck verfolge, mit - Hilfe eben dieser Klausel die Wirkung Kartelle auf Preis und A des Zudckers

E aceitigen. Luzzatti sagte, in Deutshland hätten de- tende Nationalökonomen sih für diese 5 y die au in S günstig au

Borden sei, er die italienische g die Förderung der Angel t übernehmen werde, so werde

he damit den Nuhm gewinnen, ein gutes Werk zu thun.

Spauien.

Das offizióse Journal „Correo españtol“ schreibt, der Bau eines Geschwaders sei wünschenswerth, die finanzielle Lage gestatte aber keine Anleihe in der erforder- lichen Höhe von &5- bis 600 Millionen. Der Führer der Kon- servativen Silvela habe erklärt, seine Partei widerseße sich einem Kreditunternehmen unter Sicherstellung der Bergwerke

von Almaden nicht, sie werde aber jede andere Anleihe be- kämpfen.

Schweiz.

___ Mit Rücfsiht auf die Möglichkeit unvorhergeschener Er- eignisse, die das Einschreiten einer eidgenössishen bewaffneten Macht in Genf erforderlich machen könnten, hat, dem „W. T. B.“ zufolge, der Bundesrath vorgestern von der Bundesver})ammlung die Vollmacht erbeten, eintretenden Falls zur Aufrechterhaltung der öffentlihen Ordnung in Genf Truppen in der Stärke . von über 2000 Mann einzuberufen und solange als nöthig in Dienst zu behalten. Die Bundes- versammlung hat die Vollmacht sofort ertheilt. Die außer- ordentliche Herbstsession der Bundesversammlung wurde vorgestern geschlossen.

Türkei. '

Der Khedive Abbas Pascha ist Konstantinopel nah Egypten abgereist. _ Das Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“ meldet aus Kon- stantinopel vom G en Tage, es solle zwischen einer großen bulgarischen ande und türkishen Truppen bei Petric oberhalb Serres ein Zusammenstoß stattgefunden haben, über den jedoch bisher keine genaueren Nachrichten vorlägen. Die bulgarishe Bande solle hier- bei 100 Mann an Todten, Verwundeten und Gefangenen verloren haben; auch die türkischen Truppen sollten Verluste aehabt haben. Vorgestern seien zwei Bataillone mittels Eisenbahn von Saloniki nah Demir-Hissar transportiert worden, von wo sie in nördliher Richtung abmarschiert seien.

Ueber einen kleineren Zusammenstoß bei Dschumaja fehlten bisher Einzelheiten.

vorgestern von

Serbien.

Sämmtliche Minister sind, nah einer Meldung des „W. T. B.“, am Sonnabend Abend von Belgrad nah Nisch abgereist, wo gestern in einem SERLTLLI O unter Vorsiß des Königs wichtige Angelegenheiten zur Berathung gelangten.

Jn Belgrad fand Yftern auf dem Fürst Michael-Plahß unter dem Borsig des Mhnsionierten Generals Djuknitsch cine von etwa 5000 Personen besuhte macedonische

Versammlung stat. Es wurde eine Resolution an- genommen,- welhe die Entrüstung der Versammlung über die Gemwaltakte ausspriht, denen die serbische

Bevölkerung Macedoniens und Altserbiens ausgeseßt sei. Die Resolution fordert gleichzeitig die serbishe Regierung auf, alles aufzubieten, um das Schicfsal der dortigen Serben zu lindern, deren Leiden den Serben im Königreiche Serbien nicht gleichgültig sein könnten. Jn der Re- solution heißt es dann weiter: Falls die serbishe Regierung nicht in der Lage sein sollte, den in Macedonien und Alt- serbien lebenden Serben die Sicherheit ihres Lebens und Vermögens zu erwirken, lehnten Serbien und das serbische Volk jedwede Verantwortung für die Ereignisse ab, die dort eintreten und die Serbien unabwendbar zu einer Aktion drängen müßten; denn das serbishe Volk. dürfe niht zu- geben, daß sein Stamm in Altserbien und Macedonien ver- nichtet werde.

Bulgarien.

Infolge der zunehmenden Erregung in den bulgarischen Grenzgebieien und wegen wiederholter suche von Banden, die Grenze zu überschreiten, sind, wie das Wiener „Telegr.- Korresp.-Bureau“ aus Sofia meldet, Theile von drei Neserveklassen bchufs Verstärkung der Grenzkordons im Militärbezirk Küstendil einberufen worden. Die Zahl der cinberufenen Reservisten beträgt 1500 bis 2000. Es verlautet, daß über Dubnihta dcr Belagerungszustand verhängt sei.

Jn einer Sonderausgabe der „Riformi“ wird berichtet, daß die Aufständishen am 9. d. M. Dshumaja blociert und drei türkishe Kanonen genommen hätten. Mehrere Dörfer mit türkischen Einwohnern seien zerstört worden. Eine Bestätigung der Nachricht fehle noch.

Der General Zontscheff, der Vize-Präsident des macc- donischen Comités, der nach seiner ersten Flucht aus Drenovo aufs neue verhaftet und wiederum dort interniert worden war, ist, dem „W. T. B.“ zufolge, am 8. Oktober abermals ent wichen. Er soll sich nach Macedonien gewandt haben.

Schweden und Norwegen.

Der Justiz-Minister Berger hat, wie dem „W. T. B.“ aus Stockholm mitgetheilt wird, der am 10. d. M. zum Zwecke der Ausarbeitung einer Vorlage, betreffend die Ein- führung des proportionellen Wahlrechts, eingeseßten Ko m mission mitgetheilt, daß die Regierung gewillt sei, jede- Zensusbestimmung und jeden Unterschied zwishen dem Ver- iretungsreht der Städte und der Landbezirke aufzuheben. Da- gegen müsse sie für die Wahlberehtigung das Alter von 25 Jahren, sowie erfüllte Wehrpflicht und Steuerpslicht ver- langen. Aufgabe der Kommission sei nur die Schaffung cines proportionellen Wahlverfahrens. i

Das norwegische Storthing ist am Sonnabcnd Vor- mittag in Christiania zusammengetreten und hat sein Präsidium wiedergewählt.

Asien. Die Pariser Blätter veröffentlichen ein aus Bangkok datierics Telegramm von in Siam lebenden Franzosen

und französishen Schußbefohlenen, in dem gegen den französish-siamesishen Vertrag Einspruch er- hoben wird, weil er für den Einfluß und die Jntercssen Frank: reichs verderblich sei.

Afrika.

Dem „Neuter'shen Bureau“ wird aus Pretoria vom 10. d. M. gemeldet, es sci dort cine Bekanntmachung erlassen worden, in welcher die im dortigen Distrikt ansässigen A u 6-

länder aufsgefördert würden, ihre Entshädigungs- orderungen für direkte Verluste, die sie dur érlitten hätten, geltend zu Diej Aus-

länder, welche die Südafrikanische R ten unterstüßt , seien gungen a losen.

if während der Feind- von der GewährungSon

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Kleid und rothem

Die Rr. 43 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 10. Oktober 1992 hat folgenden Inhalt: 1) Konfulatwesen: Entlassungen. 2) Bank- Wesen: Status der deutshen Notenbanken Ende September 1902. 3) Handels- und Gewerbe-Wesen: Bekanntmachung, betreffend die für die Pflanzeneinfuhr geöffneten ausfändischen Zollstellen. 4) Zoll- und Steuer-Wesen: Bestellung eines Stationskontroleurs; WVer- änderungen in dem. Stande oder den Befugnissen der Zoll- und

Steuerstellen. 5) Polizei-Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichs8gebiet.

Kunst und Wissenschaft.

v. A. In dem Vorraum zur Gemälde- Galerie des Alten Museums sind die Neuerwerbungen der leßten Monate ausgestellt. Zum theil find es vom Kaiser Friedrich Diens Beccie angekaufte und dem Museum zu dauernder Auéstellung überwiesene Werke, zum theil eigene Erwerbungen des Museums. Zu leßteren gevart das wunderbare Bild Cranach’s „Die Nuhe auf der Flucht nah aypten das aus dem Besiß der Fras Wedler in ten ange- kaust ist. Das köstliche kleine Gemälde gehört zu den frühesten be- laubigien Delbildern des Meisters und is das erste, das er mit einem Zeichen versehen hat. Es stammt aus dem Jahre 1504. Als Lucas Cranach diese Arbeit \{chuf, zählte er 32 Jahre, stand also im besten Mannesalter und auch {ou ‘auf der Höbe seines künstlerischen Könnens. Ja, es läßt fi sagen, daß er an Lebendigkeit, Weichheit und Kraft später seine frühen Bilder nicht mehr erreicht hat. Schon im Vergleih mit den in unserem Museum befindliten Werken Cranach's läßt sh dies deutlih erkennen. Fast alle, mit Ausnahme des „Kurfürst Albrecht von Brandenburg als Heiliger Hieronymus im Walde" und des ¿Jungbrunnens“, haben eine gewisse Trockenheit, Steifheit, Nüchternheit, die dieser neu erworbenen Arbeit völlig feblen. In ibr findet sih eine ursprünglihe Frische, Innigkeit des Aus=- drucks, Weichheit der Malerei, Tiefe und Kraft der Farben, die an Lucas Cranach fast überraschen und seine künstlerische Persönlichkeit in einem neuen, vortheilhaften Lichte zeigen. , Die Darstellung des Lane ist folgende: Maria in rothem tantel hält mit E Ausdruck das af ihrem Schoß stehende nackte Kind, das sich vorneigt, um na einem Erdbeerstrauß zu greifen, den ihm ein Engel hinhält. Mehr in der Mitte steht Josef in blauem Kleid und rothem Mantel. Diese Gruppe wird von spielenden und musizierenden Engeln umgeben, die der Künstler in einer reizend naturalistishen Manier estaltet hat. Es sind mehr oder minder derbe Kinder, dabei aber von naiver Fröplichkeit erfüllt, die ibnen wirklich etwas Engelhaftes giebt. Eine ergige Waldlandschaft, deren Gestaltung Zeugniß von dem fkraftvollen Naturempfinden Cranahh's ablegt, bildet den Hintergrund. Besonders markig sind die Bâume behandelt, die s{lanke Birke und die dunkeln Tannen. Das kleine Bild ift von einem Hauch kräftigen deutschen Wesens und natürlicher Innigkeit erfüllt.

Von den andern Neuerwerbungen interessiert vor allem der Kopf des Meisters von Fleinalle dur seine brutale, energische Charakteristik. Die Berliner Galerie besißt noch zwei Gemälde des unter dem Namen Meister von Fleinalle bekaunten Künstlers : eine Kreuzabnahme und ein Porträt, das aber das neuerworbene an Kraft und Lebendizkeit bei weitem nicht errciht. Dies i} in seiner naturalistischen Wiedergabe des stumpfen, ungeistigen Vèodells ein wahres Meisterstück. Eine zweite angefaufte niederländische Arbeit ift eine „Beweinung Christi“ von einem niederländishen Meister um 1450.

Auch einen Trecentisten Simone Martini aus Siena finden wir mit einer Grablegung vertreten. Die fleine Arbeit ift dur die Feinheit und den Reichthum der Farben, durch die {öne Abend- stimmung und die Bewegtheit der Gruppen sehr interessant. Von Ruisdale, von dem die Berliner Galerie eine so große Anzabl prächtiger Gemälde besißt, ist ein kleines Bild, eine Landschaft mit Flußufer, eine Ruine und \{öône Baumgruppe im Vordergrund, er- worben.

Zuleßt sei noch der lebendige Schilderer Venedigs, Francesco Guardi, der Schüler Canaletto's erwähnt. Er zeigt eine bewegte Menschengruppe, die auf der Guidecca dem Aufsteigen eines Luft- ballons zushaut. Die Farben auf diesem Gemälde sind gedämpft, sie haben niht das Shimmernde, Sprühende, das besonders seinen Kanalbildern eigen. Doch der besondere Reiz, der ihn auszeichnet, die ‘gn Vertheilung von Licht und Schatten find auch hier zu finden.

Theater und Musik.

Schiller - Theater N.

Das Sthiller-Theater im Osten bat sih durch eine woblgelungene Einstudierung von Grillparzer's „Sappho“ verdient gemacht; die Schwesteranstalt im Norden brahte am Sonnabend desselben Dichters „Esth er* - Fragment auf die Bühne und erzielte mit der Aufführung eine starke Wirkung. Die beiden ersten Akte enthalten wenig mehr als die Exposition; als geborener Dramatiker hat der Dichter aber schon in diese Exposition fo viel reih pulsierendes Leben zu legen und in ihr, wenn das Hauptmotiv, der Kampf Esther's für ihr Volk, auh nur erst leise anklingt, so viele dramatishe, psychologish interessante

äden zu s{hürzen gewußt, daf, als der Vorbang nch nah dem weiten

fte senkte, allgemein ein berehtigtes Bedauern darüber zu herrschen schien, daß die „Esther“ ein Fragment geblieben. Die Darstellung war s{auspielerisch durchaus ahtenswerth. Herr Montor wußte die er- wachende Leidenschaft des Königs ebenso ledenêwahr zu zeichnen, wie seine umdüsterte Menschenverahtung, die im Monolog des ersten Afts so ergreifenden Auëdruck findet. rg Pay vom Deutschen Theater, die für cine erfrankte Kollegin liebenswürdig eintrat, erntete als „CEflher“ an der Stätte ihrer früheren Thâtigkeit woklverdienten Beifall: au Herrn Rolan's Darstellung als Haaian war wirkungs- v wenngleih gelegentlich der „Theaterböf t* zu stark marfiert erschien.

Den yreiten Theil des Abends füllte Calderon*'s „Zwei Eisen im Feuer“ in der Bearbeitung von Friedrich Adler. Die Atler's@e geschickte Umarbeltong des intriguen „Mantel- und Degen-Stülkes* erleichtert dessen Aufführung und bringt es jedenfalls dem moternen Publikum näher; daß dies zum theil auf Kosten der intimsten Reize des Originals geschieht, ift unvermeidlih. Die Wieder- gabe des Stuckes hob sich beträhtiüih über cine Durcbschnittsleistung, einige Scenen wurden sogar « ih e: so die Garten- scene wischen Donna Beata und Donna Clara und die Schlußiscene,

in der Don Diego als genialer Lump sich den en Maschen der ibm geleaten Nee gewandt entwindet. Das Zujammenspiel war durchweg flott und a lichen. Neben den Damen Pauly und

Horwih verdienen Herr Montor als Don Diego und Herr Schmasow als Rodrigo besonders hervorgehoden zu werden.

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m Könialichen Opernhause wird Fräulein Geraldine Fartar, deres: dauernter Vertrag mit ter Königlichen Oper vom

November ad nt, in der heutigen Aafführang von Senate an Stelle der Intitposition am Auftreten verdinderten de Nuovina die Titelpartie fingen Morgen, Dienttag. geht

„Tristan und Jolde* von Richard Wagner unter De. Mus Leitung der Beseyung in Scene: Tristan: Herr Grü :

und ia Jjolte: Fräulei faiGingee; Brangäne: Frau Goeye: : dert Defsmann; tag atte: Here Mötlinger; Melct : Herr

ger. Im Königlichen Sthauspielhause gelangt morgen Grill- parzet's Trauerspiel „Die Ahnfrau* zur Aufführung.

Das eve —y Interims-Theater in

Stuttgart, das in der knen Zeit von se Monaten durh die Architelicn Eisealctr ust igle erbaut warte, ist, wie „W. T. B.* berichtet,