der bisherige Privatdozent in der fetegiGen Fakultät der Universität zu Münster i. W. Dr. Franz Diekamp zum außerordentlichen Professor in derselben Fakultät und Y
der bisherige Privatdozent in der philosophischen Rie der Universität zu Münster i. W., Professor Dr. Fulius Schwering zum außerordentlihen Professor in derselben Fakultät ernannt worden.
Nichlamfliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 25. Oktober.
Seine Mazjestät der Kaiser und König sind gestern Nachmittag um 51/4 Uhr wohlbehalten auf Schloß Blankenburg eingetroffen.
s n der am 23. d. M. unter dem Vorsiß des Staals3- Ministers, Staatssekretärs des FJnnern Pr. Grafen von Posadowsky-Wehner abgehaltenen Plenarsißzung des Bundesraths wurde den Ausschußanträgen, be- treffend Bewilli E eines Veredelungsverkehrs zur Her- stellung von Ba werk für die Pferdefütterung, be- treffend Feststellung des Gesammtkontingents an Zuer für das Betriebsjahr 1903/04, betreffend die Abänderung von Tarasäßen, sowie betreffend den Zollverwaltungskosten-Etat für das Großherzogthum Luxemburg, die Zustimmung ertheilt. erner wurde über den Rekurs eines Reichsbeamten gegen L Zwangsverseßzung in den Ruhestand und über Eingaben Beschluß gefaßt. : i M Heute hielt der Ausshuß für Rehnungswesen eine Sißgung.
Jn der Zeit vom 1. April 1902 bis zum Schlusse des Monats September 1902 sind nah dem „Centralblatt für das Deutsche Reih“ folgende Einnahmen (einschließlih der ge-
undeten Beträge) an abt dig und gemeinschaftlichen R Saa Are U U men des Deutschen Reichs zur Anschreibung gelangt: _ lle 248 174 707 t. (gegen das E — 4279732 M6), Tabaksteuer 5 381 149 # (— 55368 H), Zuckersteuer und uschlag 47671716 Æ (— 2333006 M), Salzsteuer 23 114 870 M. (+ 315 779 C), Maischbottichsteuer 870 501 M + 2210568 M), Verbrauhsabgabe von Branntwein und Bujcbtag 67 804203 M (+ 1924421 M), Brennsteuer 688 M (+ 858200 Æ), Schaumweinsteuer 959283 M + 99283 M), Schaumwein - Nachsteuer 2202737 M (+ 2 202 737 é), Brausteuer 15 711 590 MÆ (— 1113 000 M), ebergangsabgabe von Bier 1788912 #Æ (— 84525 M), Summe 413688356 F (4 605357 M). Stempelsteucr für: a. Werthpapiere 13 270 292 M (+ 5 931 406 M), b. Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 6 322 637 s (+ 33 646 U c. Loose zu: Privatlotterien 3399 949 M (+ 326 298 M), Staatslotterien 15 132588 # (+ 186933 M), d. Schiffs- frahturkunden 392 847 M (+ 19 919 Fe), Spielkartenstempel 697 836 M6 (+ 66247 M), Wechselstempelsteuer 5954 927 M (— 474141 M), Post: und Telegraphen - Verwaltung 210 083 709 M (+ 11 229 437 M), Reichs-Eisenbahn-Verwal- tung 45 275 000 M (4- 1658000 MÆ). S
Die zur Reichskasse gelangte Jst - Einnahme, abzüglich der Ausfuhrvergütungen 2c. und der Verwaltungskosten, beträgt bei den nachbezeihneten Einnahmen: Zölle 224 721 856 M (— 1 330 308 M), Tabadcksteuer 4 967 302 M (— 201 360 M), Zuckersteuer und Zuschlag 39 078 479 M (— 8029 201 M), pri 99 186 922 M (4 64 802 M), Maischbottichsteuer 5 787 482 Æ (+ 2638379 MÆ), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag 59 379 270 A (— 1 192667 M), Brennsteuer 8688 A (+ 858200 H), Schaumweinsteuer einschließlich der Nachsteuer 2231 925 M (4+ 2231 925 M), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 14 872 894 M (— 1017 693 K), Summe 373 184 818 M (— 5 977 923 M). — Spiclkartenstempel 764 625 M (4+ 58232 M).
Die Nr. 4 des 1. Jahrgangs der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversichc- rung“ vom Oktober 1902 enthält
1) das Verzeichniß der zur Beaufsichtigung privater Versicherung6sunternchmungen zuständigen Landes- behörden und derjenigen Behörden, bei welchen die Ent- scheidungen der Landesbehörden anzufechten sind; ch
9) Nachweisungen der bis jeßt ernannten Haupt- bevollmächtigten ausländiswer Unternchmungen und derjenigen ausländischen Unternehmungen, die mit dem 1. Januar 1902 den Geschäftsbetrieb im Jnland aufgegeben haben; , j E
3) Mittheilungen über Zulassungen um Geschäft 6- betrieb, Untersagungen des Geschäftsbetriebs und Genehmigung von Aenderungen des Geschäftsplans ausländisher Unternehmungen; i
4) sodann werden folgende Rechtsgrundsäße mitgetheilt:
Die in verschiedenen höheren Schulen einer Großstadt bestehenden Wittwen- und Waisenkassen für die Mit- glieder der einzelnen Lehrerkollegien find als Versicherungs: unternchmungen nicht anzusehen, da es sih hier nur um den Zusammenshluß einer ganz geringen sestgeshlossenen An ahl von individuell bestimmten Personen zum Zwecke gemeinsamer Tragung gewisser Verluste und Schäden handelt. Es fehlt das Merkmal des „Betriebs“ einer Versicherungsunternehmung.
Für die von dem Versicherungsnehmer abzugebende Be- scheinigung über den Empfang der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (F 10 des Privatversicherungs- gesehes) bedarf cs niht der Verwendung eines beionderen
ormulars Vieimehr genügt eine auf dem Antragsformular findliche, besonders datierte und besonders unterschricdbene Ecflärung.
Bei soldzen Versicherungen gegen Einbruch6- diebsiahl, deren RbsGluy auf der Börje Ori algt, ist es, wenn die Allgemeinen D UN R Eangen in Police enthalten sind, nicht erforderli, dah dem herungs- nehmer vor dem Abschluß des Vertrags cin Exemplar der Versicherungsbedingungen ( gi wird. (8 10 Abs. 1 und 3 des Privatoersicherungsgesches.)
; faatlevuia Regenten Privatbahnen in d
insihtlih der Voraussezung für einen nah oden Privatversicherungsgeseßes befugten Ge- Pa kfiobuteied at das Kaiserliche Aussichtsamt sich dahin ausgesprochen, daß eine Gesellschaft, die nohch tur vor dem Inkrafttreten des Geseßes in den bisherigen fonzes}tonsfreien Staaten mit der Einrichtung eines Versicherungsgejchäfts be- gonnen hat, aber niht über vorbereitende Handlungen, wie die Bestellung von O 2c. hinausgekommen ist, einen nah S 92 zu shüßenden Besißstand nicht erlangt. Hieran würden auch selbst vereinzelte Versiherungsabschlüsse nichts ändern. Ein geshäftsmäßiges, durch einen Makler er- olgendes Vermitteln von Versicherungsverträgen fir ausländische Unternehmungen im Jnland ist nur erlaubt, soweit diese Vermit:elungsthätigkeit für solhe ausländischen Unternehmungen erfolgt, die zum Geschäftsbetrieb im Jnlande befugt sind. Unerheblich ist, ob die Maklerthätigkeit auf An- suchen inländischer Versicherungslustiger oder der ausländischen Unternehmung eintritt. , l : 5) Endlich werden zwei Senats-Entscheidungen mitgetheilt, welche die Frage der Zillmerei bei der Todesfall- rämien ebung eines Haftpflichtver)iherungs-
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(herer betreffen.
versiherung und der Rückerstattung von bei vorzeitiger BA vertrags durch den Ver
An Stelle des zum Senats-Präsidentew bei dem Kammer- gericht ernannten bisherigen Kammergerichtsraths Eichhorn ist der Kammeérgerichtsrath Bohm zum Mitgliede des Disziplinarhofs für die nicht rihterlihen Beamten ernannt worden.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Staats- und Kriegs: inister, General der Jnfanterie Freiherr von Hausen ist von Berlin abgereist.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Lu chs“ mit dem Chef des Kreuzer-Geshwaders, Vize-Admiral Geißler, gestern in Hankau eingetroffen und geht am 27. Oktober von dort nah Nanking ab. | / :
S. M. S. „Seeadler “ ist am 23. Oktober in Schanghai angekommen und gestern wieder von dort in See gegangen.
Oesterreich-Ungarn.
Das österreihische Abgeordnetenhaus nahm gestern, wie „W. T. Se berichtet, den Antrag des Mißbilligungsaus\chusses, dem Abgeordneten Berger die Mißbilligung des Hauses aus- zusprechen, an. Bei der Verbandlung des Ttringlichen Antrags des Abg. Kl ofac, betreffend die Arbeitslosigkeit in Prag, erklärte der Eisenbahn-MinifterD)r.vonWittek, die Regierung sei bemüht, der noth- leidenden Industrie innerhalb der Grenzen, welche durch den ve1fassungs- mäßigen Kcedit gezogen seien, ihre Hilfe zuzuwenden. Die Staats- bahnverwaltung habe im Jabre 1901——1902 Bestellungen von rund 60 Millionen Éronen gemacht und werde au fernerhin nah Möglich- keit hierin fortfahren. Die Anschaffungen für die im Bau begriffene Alpenbabn seien jedoch nur theilweije möglich, einerseits aus budgetären, andere! seits aus technischen Gründen. Er gebe zu, daß die vor der Ver-
nvestitionsausgaben sich die möglihste Zurückbaltung auferlegten, müsse aber ganz entschieden der Behauptung widersprechen, daß der sichere, - ordnungsmäßige Betrieb hierdurch gefährdet werde, was schon deshalb ausgeshlofsen sei, weil die Privatbahnen unter einer außerordentli scharfen Kontrole ständen. Dir Fabrpark der Privatbahnen weise im Großcn und Ganzen einen befriedigenten Stand aur. Der weiteren modernen Ausgestaltung ständen allerdings Hindernisse, wie die durch die all- gemeine Depression hervorgerufene, außerordeutlich empfindliche Ver- minderung der Einnahmcn, entgegen. Er werde nichtsdestoweniger bemüht sein, die Privatbahnen un Sinne einer Beschleunigung der &1- neuerung tes Fahrparkes zu beeinflussen. Die Dringlichkeit des Antrages sowie der Antrag selbst wurden darauf mit der Aenderung einstimmig angenommen, daß die Sanierunçsaktion im Interesse der gesammten beimishen Arbeiterschaît eingeleitet werdeu solle. Die Abgg. Romanczuk uxrd Breiter begründeten sodann in längeren Neden die Diingalichkcit der Anträge, betreffend den Feldarbeiter- Ausstand in Galizien, und \s{ilderten die schlechten Lohns virbältnisse der lan wirtbs{haftlihen Arbeitershast sowie teren tresilose Lage. Die Kleinbauein bekloaten sich über Eewalt- tbâtigkcitcn der Gendarmerie und des Militärs, über ungerechte Verhaftungen und verzögerte Haftentlassungen ven Unschuldigey. Der Abg. Romanczuk erklärte. falls ten Ruthenen nicht endlih Ge- rcchtigkeit und Schuß gewährt werte, würden die ruthenishen Ab- geordneten an die offentlihe Meinung Europas appellicren. Der Abg. Breiter verlangte die Viestrafung der Schuldigen und eine Untersubung der Lage der Bauern in Galizien
Im Ausschusse tes ungarischen Unterhauses zur Vor- teratbung ter Vorloge über die Intienststellung der Ersayteservisten er!lärte gesiern der Mirisier für die Laudcêvertheidigung Freiberr von Fejérvárv, taß die Regierung pflichtigeméß zwar alles aufbieten werde, tamit tie Vorlagen, betreffend tie Stärkvong der Webrmacht, im Unterbause angenommen würden, andererjeits aber verscbließe sie sich nicht der Erwäaung einiger begründet scheinenden Wünsche, welche im Ausschuß zur Spiache gekommen seien. Die Regierung könne \ih jedo derzeit bezüglich dieser Wüpnscte nit endgültig äußern bevor sie sich niht mit der österreihishen Regierung, die dem Riichsrath einen gleichen Geseteatwurf vorgelegt dabe, ins Einvernehmen geseyt habe. Der Wiinister ersehte dabter ten Autschuß, bis zu jenem beffentlich nicht fernen Zeiipunkt die Siyungen zu vertagen.
Gestern hielten die Studenten in Budapest abermals eine Versammlung ab, um gegen den Geseh- ntwurf über die Jnanspruchnohme der Ersahreserve zu protesticren. Nach der- selben kam es zwischen ihnen und Polizisten zu Zusammen- stóßen. Dic Studenten wurden in die Universität zurück- gedrängt und warfen von hier aus mit Kohlenfti den auf die Polizei. Nachdem oppositionelle Abgeordnete die Studenten über die Vorgänge im Wehrausschusse benachrichligt hatten,
trat wieder Ruhe ein. Frankreich.
Jn dem gestern abgehaltenen Ministerrath theilte, dem „W T. B.“ zufolge, der Minifter des Aucwärtigen Delcassé mit, China habe neuerdings verlangt, daß die Mächte ihre Truppenabtheilungen aus Schanghai zurück- ziehen möcitex: Die französishe Regierung habe geantwortet, „dab se L M dem Wunsche Chinas Ju entsprechen, falls auch die ufung übrigen inter- nationalen Truppen na vorheriger Verständigung gleichzeitig erfolge. Frankreich behalte sich außerdem das Recht vor, von neuem sein Truppenkontingent nah Schanghai zu er wenn die übrigen Mächte in Schanghai Truppen aus\schiffen sollten. Der Minister-Präsident Combes theilte mit, daß er am Nachmittag den Ausschuß des Jnternationalen Berg-
arbeiterverbandes empfangen werde, dir ihn um eine Unter-
redung ersuht habe, und gab ferner eine Darlegung -der Lage in dan verschiedenen Kohlenbecken. . Er versicherte, die Aus- ständigen in-Dünkirchen seien gegenwärtig bei der Abstimmung darüber, ob die Arbeit wieder aufgenommen werden solle. Jn Calais und Boulogne arbeiteten sämmtliche Hafenarbeiter wieder. 3
Die Deputirtenkammer erörterte gestern den von den Führern der Mehrheitsparteien eingebrachten Antrag, die Mitglieder der Kommission zur Berathung der Fragen des Vereins- und Kongregationenwesens oie die der Kommission zur Berathung der Arbeits- und sozialen Fürsorgefragen in öffentliher Sihung durch Listenwahl (scrutin de liste) zu wählen. Der Deputirte Thierry bekämpfte den Antrag, der die Abgeordneten der Minderheit aus den Kommissionen Etc Ren suche. Die Kammer nahm ie den Antrag, betreffend die Ernennung einer Kommission für Vereins- und Kongregationenwesen, an, lehnte aber den zweiten Theil desselben ab und beschloß alsdann, am Donnerstag die Budget-Kommission zu ernennen. Der Finanz-Minister No uvier brachte \cließlich einen Geseßentwurf ein, betreffend die Rati- fikation der Brüsseler Zuckerkonvention. Der Gesetz- entwurf wurde der Budget-Kommission überwiesen.
Das Zuchtpolizeigeriht in Brest sprah gestern das Urtheil über die Ruhestörer bei den Kundgebungen in Saint-Méen und Plougouvelin. Der Abbé Salaun wurde wegen Gemwaltthätigkeiten gegen die Regierungs- kommissare zu 4 Monaten ‘Gefängniß und mehrere Frauen wurden zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt.
Spanien.
Aus Barcelona meldet „W. T. B.“, daß die cata- lanishen Deputirten und die Le der Partei der „Nationalen Union“ eine ershmelzung beider Parteien auf der Grundlage der Einheit des Vaterlandes und des Schußes der Jnteressen der einzelnen Gebiete des- selben beschlossen hätten.
Amerika.
Eine in New York eingetroffene Depeshe aus La Victoria besagt, wie „W. T. B.“ erfährt, der Präsident Castro habe am verflossenen Mittwoch die Aufständischen in der Nähe von San Mateo angegriffen und hoffe, sie ein- ließen zu können. Der Bruder des Präsidenten, Carmelo, habe in der Schlacht bei La Victoria ein Bein verloren.
Nach einer Depesche des „New York Herald“ aus Port of Spain hat Venezuela, wie dem „W. T. B.“ mit-
etheilt wird, bei der deutschen Gesandtschaft gegen das r\heinen des deutschen Kanonenboots „Panther“ auf dem Orinoko Einspruch erhoben. Der „Panther“ habe von Port of Spain 125 Postbeutel und zehn deusche Frauen, die seit drei Monaten von ihren Familien getrennt gewesen seien, mitgenommen. Die deutsche Gesandtschaft habe geantwortet, die Blockade habe niemals ex1stiert, und Deutschland beabsichtige, seine Jnteressen in Venezuela zu
schüßen. Asien.
Der „Times“ wird, wie „W. T. B.“ „erfährt, aus Peking gemeldet, daß die Bedingungen, die Deutschland für dic Räumung SGaugh as estellt habe, folgen e seien: Erstens betone Deutschland, es wolle, da die Bescgung und die Räumung von Schanghai gemeinschaftlich gan seien, auch an jeder späteren Beseßung theilnehmen. Zweitens solle China sih verpflichten, keiner anderen Macht irgend welches D s- recht politischer, militärischer, märitimer oder wirthschaft Natur im Yangtsethal zu gewähren, wobei die Bestimmung, betreffend die öfonomischen Vorrechte , sich nur auf Staaten, nicht auf Einzelpersonen beziehen solle. rittens solle China sich verpflichten, keiner anderen Macht das Recht einzu- räumen, irgend einen Punkt am Yangtse zu besegen, der den Fluß unterhalb oder oberhalb Schanghais be- herrsche. Die französischen Bedingungen seien ähnliche. China habe am 15. Oktober beiden Gesandischaften dic formelle Annahme dieser Bedingungen bekanntgegeben.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Reichs- tages befindet sih in der Ersten Beilage.
— Jn der heutigen (203.) Sihung des Reichstages,
welcher der Staatssekretär des Jnnern Pr. Graf von Posa- dowsky, der Minister für Landwirthschaft 2c. vonPodb elsfi und der Staatssekretär d.s Reichs-Schayamts Freiherr von Thiclmann beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Entwurfs cines Zolltarifgeseßes bei den Vieh- und Fleishzöllen, deren Bindung dur cinen Minimalzoll im Gesey selbst die Kommisfion ebenfalls vorgeschlagen hat, fort- gcseht. : ach dem Kommissiontvorshlag sollen die Zölle sür Nindvieh, Schafe und Schweine nicht unter 14,40 sür cinen Doppelzentner, für Fleis, autschließlih Schweinespeck nicht unter 36, 48 und 96 M vertrazömäßig ermäßigt werden, je nachdem das Fleisch entweder fris, au gefroren oder einfa zubereitet oder zum feineren Tafelgenvß - bereitet ist. N dem geltenden Zolltarif wird Vieh pro Stöck verzollt; die Zollsäße betragen für Bullen (Sticie) und Kühe je 9, für Zungvieh 6, für Kälber unter 6 Wochen 3, für Ochsen 30 M; veitragêmäßig sind die Zölle für Jungvied auf 5, für Ochsen auf 25,50 M ermäßigt. Nach ter Vorlage sollten die Zölle für Bullen und Kübe auf 25, für Jungvieh auf 16, für Kalber auf 4 M erhöht werden und ein Gewicht&zoll für Ochsen mit 12 M für cinen Doppelzentner Lebendecewricht platgreifen. Schafe tragen gegenwärtig 1 M Zoll, Lämmer 0,50 4; die Vorlage verdoppelt diese Säye. Schweine Yeben im geltenden Tarif mit 6 (vertragèmäßig 5) Mark, Spanferkel unter 10 kg mit 1 „M Zoll pro Stück; die Vor- lage s{lägt durchweg 10 M Zoll für den Doppelzentner Lebend- gewit vor. 7
Die Kommission hat für alle drei Vieharten den gleichen Zollsay und zwar von 18 M für einen Doppelzentner Lebendgewicht vor-
geschlagen. L i;
Die Zölle für Fleisch betragen zur Zeit 20 „« für frisches und einfach zudereitcies Fleisch; der Say ist für frisches eincfleish und einfach zubereitetes Fleish mit Ausnahme von Speck auf 17, für aateres frisches Fleilsh auf 15 M in den Verträgen crmäßigt. Für zum feineren Tafelgenuß wvorbereitetes Fleisch ist der irtige Zoll 60 «4 Die Zollsäye der Vorlage 30, 36 und 75 4 für friiheck, einfach zubercitetes und zum seinerca Tajcigenuß juberciteies Flei | sind von der Kommission auf 45, 60 und 120 „& heraufgeseyt und | ein besonderer Zollsay von 36 „M für Schweinespeck führt worten.
Nach dem Antrage des Abg. Freiherrn von Wangenheim-
Dorip 0d. ) jollen die Sätze, wie fie die Kommission in dea S A M hat, A der Zell für Sehweinespeck 6 nden werden.
cine Aninerkung im benden Zolltarif Pcíties | fei für Bewohner des E lele Pev-
| „Otten“ | frole des Bundeoraths die Cinlafsung ton Zugochsen von 24 bis
. Jahren zum Zollsaß von 20 & pro Stück gestattet, a zum fene wirthschäftlihen Betfebe nachweislih nothwendig find. Die Vorlage wollte diese vertragsmäßig gebundene Begünstigung für die ersten 6 Jahre der Geltung des neuen Tarifs weiter bestehen lassen, aber der Zollsay soll 30 Æ.- pro Stück betragen. ‘Die Kommission hat die Befristung gestrichen. Dagegen ist eine weitere Anmerkung, wonach Bullen von Höhenvieh, welche zu Zuchtzwecken vom Staate oder mit staatlicher Genehmigung eingeführt werden, zum Zollsaß' von 9 A pro Stück eingelassen werden dürfen, von der Kommission acceptiert worden.
Referent Abg. Herold (Zentr.) berichtet über die Kommissions- verhandlungen und rekapituliert die dort vorgebrahten Gründe für und wider die Regierungsvorlage sowie für die dazu gestellten Ab- änderung8anträge. :
Abg. Bebel (Soz.): Die Kommission hat das Verlangen ihrer Minorität, über diese Position, eine der wichtigsten des Zoll- tarifs, einen \ch{riftlihen Berit zu erstatten, abgelehnt. UÜeber diese wichtigen, tagelangen Verhandlungen in der Kommission hat der Berichterstatter in einer kleinen halben Stunde be- rihtet. (Zuruf rechts: Das ist genug!) Ihnen mag das genug sein : Sie wünschten am liebsten, es würde garnicht gesprolen. Wir aber haben das ‘entgegengeseßte Interesse, daß so wichtige Gegenstände möglichst gründlich besprochen werden und das Volk genau weiß. was es zu erwarten hat, wenn die Kommissionsbeschlüsse gts kraft erlangen. Die Mindestölle bei diesen Positionen sind von der Regierung als unannehmbar bezeichnet worden. Auf diese Erklärung antwortete der Reichstag damit, daß eine erhebliche Mehrheit \sih für die Mindestzölle aus\prach ; also eine klare, nette Ab- sage an die Regierung und den Reichékanzler. Lebten wir in konsti- tutionellen Verhältnissen, so wäre nach diesem Beschluß der Reichékanzler sofort zum Kaiser gegangen und hätte entweder die Auflösung des Reichstages beantragt, oder er hätte, wenn man darauf nicht eingehen wollte, als der einzige verantwortlihe NReichsbeamte sein Mandat niedergelegt. Die Regierung und der Reichékanzler haben von dieser einzig forrefkten Maßnahme abgesehen, und so sprechen wir heute bei wihtigen Fn über Minimalzölle, denen die Regierung nicht zustimmen wird.
uh die Mehrheit, die doch aus Männern besteht, wird an ihren aus wohblerwegenen Gründen gefaßten Entshlüssen in jedem Stadium der Verhandlung festhalten. Es is also alles unnüße Arbeit, sowohl für diejenigen, die hier die Neden halten, wie für diejenigen, die verdammt ind, sie anzuhören. Der Reichs- kanzler sagte am 16. Dftober, daß die Erhöhung oder Erweiterung der Mindestzölle das Zustandekommen der Handelsverträge un- möglich macht; die Regierung sei in puncto Mindestsäße bis an die äußerste Grenze gegangen, wo das Zustandekommen von Handelsverträgen noch möglih ers{heint. In kurzer Zeit werden wir deshalb Veranlassung nehmen, an die Mehrheit ernstlich die Frage zu richten, ob und wie lange sie dieses Spiel noch weiter treiben will. Wir treiben hier keine Obstruktion, wir werden uns ganz streng an die Geschäftsordnung halten und nur geschäfts- ordnungëmäßige Mittel anwenden und haben auch nichts weiter nöthig. Das verlangen wir aber, daß jede Position des Tarifs gründlich berathen wird, und daß das Volk bei jeder Position genau erfäh1t, wie die einzelnen Abgeordneten zu jeder Position stehen ; des- halb beantragen wir namentlihe Abstimmung. Das ist so loyal, wie nur denkbar, und man thut uns Unreht, wenn man ein solches lovales Verhalten mit dem bösen Namen Obstruktion bezeicnet. Wean man es allerdings so macht wie neulich, wo Sie, nahdem einer Ihrer Redner unsere Partei auf das Schärfste vro- vozient hatte, uns das Wort abschnitten, dann werden wir allerdings nicht vor einer Maßregel zurücks{hrecken, die Sie mit dem Namen der Obstruktion belegen, die wir aber nur als einen Akt der Nothwehr bezeibnen. Wir bekämpfen die Regierungsvorlage wie die Kommissionsvorlage. Beide sind nichts weiter als eine un- frredtseutigte Begünstigung der Agrarier. Eine Nothlage besteht eineêwegs bloß in der Landwirtbschaft, sondern auch im Ge- werbe. Daß eine große Unzufriedenheit mit den bestehenden sozialen Zuständen vorhanden is, dafür \priht am meisten die Existenz meiner Partei, die mit 58 Köpfen in diesem Hause vertreten ist. Mag aber die Nothlage in der Lantwirthschaft noch \o greß sein, der Landwirth kann \ich wenigstens satt essen, die Arbeiter und fleinen Handwerker können das leider oftmals niht, namentlih wenn ein harter Winter kommt. Auf der anderen Seite ist es unbestreitbar, daß in der Landwirthschaft in dem leßten Jahr- zebnt eine gewisse . Besserung ihrer Verhältnisse eingetreten ist. Das beweist die Steigerung der Grund- und Bodenwertbe, der Nück- gang der Zwangsverkäufe und die Steigerung der Steuerkraft. Die Vorautseßzung für einea Aufs{hwung ist freilih, daß die Produktions- mittel durh rationelle Verbesserung geboben werden. Ich betcachte die Landwirtbschaft als eines der interessantesten Gewerbe, aber zu- leich «als eines der shwierigsten, das nur von Sachverständigen entsprechend betrieben werden fann. Diese Sachkenntniß fehlt aber leider den allermeisten Landwirthen. Wenn man \ich früber darüber beklagte, daß die Landwirtbschaft stiefmütterlid behandelt würde, so muß man jeyt sagen: die Landwirtbschaft ist ein derzogencs Lieblingskind der Regierung. (Graf Kani: Die Groß- irduitrie ist das Lieblingékind.) Wodurch is denn die Groß iadustrie staatlid unterstüßt? (Grzf Kaniß: Durch die Handels- berträge !) Das bestreite ih auf das Allerentiiedenste, man hätte aller- dings in Bezug auf die Jndustriezölle noch größere Konzessionen bei den Vandeléverträgen machen können, obne Schaden für die Industrie. Die Vilfe, tie der Landwirtbschaft in den leyten Jabren gewährt worten it, namentlih in Preußen, beläuft sich auf ungezäblte Millionen. Läge die Landwirtbs&baft wirtlih so darnieder, wie man bebauptet, so wäre es niht zu erflären, daß die Zabl der Betricbe und zwar nicht bloß der kleinen, sontern au der mittleren und der größeren in ten letiten Zahren sih vermehrt hat. Aus ibrer Vermebrung geht herver, daß diz Landwirthschaft sich in einem Aufstieg befindet.
(Vei Schluß des Blattes spricht der Redner fort.)
Juternationale Tuberkulose-Konferenz.
111.*)
Die heutige Sizung des Großen Raths der Tuberkulose-Kon- i, die unter dem Vorsiy von Scherwinsly-Moskau stattfand, wacde mit der Verlesung des folgenten Telegramms Seiner tajestät des Kaisers und Königs eröffnet: Í
__ Ih \preche dem Internationalen Zentralbureau zur Bekämvfung drt Tuberkulose für den freundlichen Gruß Meinen besten Dank aus. 4 freue Mich, daß es gelungen ist, durch die Begründung des Internationalen Zentralbureaus einen festen Stütypunkt für das srmeinsame Vorgehen aller Kulturländer gegen die verheerente Volks- sezhe und ugleih cin neucs Bindeglied für die zivilifierten Völker mit ibren au die Wohlfahrt der Menschbeit gerichteten Bestrebangen [: [hafen Mein lebhaftes Interesse und Meine wärmsten Wünsche ‘leiten die treue und segenêreiche Arbeit der in diesem Kampfe stetcaten Vertreter von Wissenschaft und Praxis.
Wilhelm, 1. R.“
Der Vorsitzende knüpfte an die Verlesung Worte lebhaften Taafis fúr E Impuls, den die Bewegung durch derartige An- tungen finde Die Konferenz trat alötana in die Tagebordaung Ga. Aatvord - Christiania begründete folgende Thesen zur Frage der Bekämpfung der Tuberkulose im Kindesalter: ¿5 Wenn ck s in Wieklichteit so verbält, daß in 8 von 10 Fällen tas Iat idituum dic tuderkulôie Infektion von Kindheit an wit fich berum- S da müssen bor allen Dingen die Kinder gegen die bacilläre Beils on deshügt werden. Dic Pflegeansialten haben also großen-
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dèatin i aroße Bedeutang, daß so viele Ansteckfun z8quellen
—
®) Vergl. die Nrn. 250 und 251 des „Neichs- und Staais-
_berrilligter
von den Kindern extfernt werden. ‘b. Die prophylaktische Aufgabe während “ und nah den ‘Pubertätbiahren muß -niht allein das Biel haben, der Infektion vorzubeugen — denn wie oft ist der junge Mensch niht {on infiziert! —, sondern ebenso sehr das Ucberhandrehmen oder .die Entwickelung einer eventuellen Disposition zu hindern suchen; die moderne Sanatorienbehandlung, jedenfalls ihre Prinzipien müßten daher öfters als bisher, ganz prop ylaktish gesehen, in wie außer dem Pau zur Anwendung gelangen. Hier wird deshalb eine der wichtigsten ufgaben der Schulhyaiene liegen.“ s
Professor Egger - Basel berihtete über die in Basel getroffenen Maßnahmen gegen die Kindertuberkulose und faßte seine Ausführungen in folgende Schlußsäße zusammen: „Da die Kindertuberkulose häufig in Formen auftritt, bei denen eine Behandlung überhaupt ohne Erfolg bleibt, so is eine weitgehende Prophylaxe von größter Wichtigkeit. Die Behandlung der Lungentuberkulose in Anstalten joll wie bei den Erwachsenen im frühesten Stadium beginnen. Kinder mit geshlossener Lungentuberkulose können gut in _Rekonvaleszentenheimen mitverpflegt werden; Patienten mit offener Tuberkulose (Lungen-, Knochentuberkulose) sollen in besonderen Anstalten isoliert werden.“
Professor Derecq-Paris führte eb jeder Organisínus, der von einer inneren oder äußeren Krankheit heimgesucht worden, als besonders empfänglih für den Koh’schen Bacillus zu betrachten sei. Das Stadium der Rekonvalescenz werde vom Arzt in hygienischer oder prophylaktisher Hinsicht niht immer hinreihend überwaht. Man pflege die Natur selbs die Schäden ausbessern zu lassen, welhe Folge der Krankheit sind und den Gesammtzustand des Kranken vershlecktert habén. MRekonvalescenten, die von Tuberkulose ganz frei waren, seien infiziert worden, während sie bei geringer Vorsicht niht Gefahr laufen würden, sei es in Familien, Rekonvaleszentenhäusern, in Werk- stätten, Eisenbahnen 2c., die Krankheit zu erwerben.
Ueber den Werth von Seeheilstätten \prahen Armaingaud- Bordeaux und Ewald-Berlin. Becher-Berlin betonte die Wichtigkeit der Erholungsstätten. Aus den Erfahrungen, die in den Er- holungsstätten vom NRotben Kreuz während der leßten drei Jahre ge- wonnen worden, ließen \ih die folgenden Leitsäße für die Bedeutung der Erholungsstätten im Kampfe gegen die Tuberkulose als Volks- krankheit ableiten: „1) Die Erholungsstätten haben unter ihren tuber- kulösen Pfleglingen viele, die für die festen Lungenheilstätten vorge- merkt sind, auf die Aufnahme in die Lungenheilstätte aber noch warten müssen. Die Kranken verbringen diese Wartezeit in der Erholungs- stätte. Sie sind dort bei weitem besser aufgehoben als in ihren Wohnungen. Eine Verschlechterung ihres Zustandes, wie er häufig während der Wartezeit “ zu beobachten is, wird dur die CGrholungéstättenpflege am ehesten verhindert. 2) Unter den
fleglingen der Erholungss\tätten Bi viele, die zuvor in Lungen- eilstätten waren, eine erneute Heilstättenkur \sich aber versagen müssen; andere Kranke suchen unmittelbar nach der Entlassung aus der Lungenheilstätte die Erholungss\tätte glei{sam zur Nach- kur auf. Nach diesen beiden Richtungen hin, zu 1 und 2, bilden die Erholungsstätten eine Ergänzung der Lungenheil- stätten. 3) Unter den Lungenkranken in den Erholungss\tätten lassen sich leiht diejenigen herauserkennen, bei denen aller Voraussicht nah «cine Kur in einer Lungenheilstätte Erfolg haben würde. Die Erbolungs- stätten dienen sonach weiter für die Auslese der geeigneten Heilstätten- kranken. 4) Die Erholungss\tätten nehmen Lungenkranke in allen Stadien auf, au Scbwerkranke. Sie sind zuglei Asyle für siehe Tuberkulöse. 5) Es bietet sih in den Erholungsftätten eine sebr günstige Gelegen- heit zur Belehrung der Kranken und zu ihrer Erziehung zu Maß- nahmen gegen die Tuberkulose-Vers{bleppung. 6) Die Ergebnisse der Erholungéstättenpflege bei einem Theile der Tuberkulösen — die Sommerkur befähigt die Kranken, über Winter zu arbeiten — be- weisen, daß die Ero gosilteen auch als Heilanstalten einen nicht unbeträhtliden Werth haben. 7) Ein Vorzug der Erholungsstätten ist ihre Wohlfeilbeit.“
Im weiteren Verlauf der Sißung gelangten Danktelegramme
brer Majestät der Kaiserin und Königin sowie Ihrer
ajestäten des Königs von Großbritannien und Irland, des Königs von Shweden und Norwegen, des Königs von Dänemark und des Königs der Belaier, des Präsidenten der französishen Republik und des Präsidenten der shweize- rischen Eidgenossenshaft zur Verlesung. Nachdem sotann Espina y Capo-Madrid cine Reihe von Forderungen bezügli der Sana- torien für arme Tuberkulöse aufgestellt hatte, nahm Professor von Leube- Würzburg das Wort zur Frage der Errichtung von Tuberkulose- Svitälern. Er legte seinen Ausführungen die folgenden Leit- säße zu Grunde: „1) Bis jezt i| nur einem verbältniß- mäßig fleinen Theil der Tuberkulösen die Frucht des allgemeinen Aufshwungs der Fürsorge für Lungenkranke zu theil geworden. Die größere Mehrzahl der Tuberkulösen, die ih in den späteren Stadien der Erkrankung befinden, entbehrt bis jeßt des Segens der modernen Verbesserung der Tuberkulosebehandlung ganz oder wird derselben nur in untergeordnetem ene theilbaftig. 2) Um diesem Mißstand entgegenzuwirken, dürfte ins Auge zu fassen sein: a. Errichtung von eigenen Tuberkulose-Spitälern von seiten der Gemeinden in gesunder, womöglich waldiger Gegend in der Näbe der Städte, oder wenigstens b, Errichtung von eigenen Tuberkulose-Stationen bezw. Pavillons in den allgemeinen Kranken- häusern. Beim Neubau von Krankenhäusern is darauf zu dringen und auf Situierung der betreffenden Stationen nah Süden und an die Peripberie der Krankenhausanlage, ferner auf Reservierung eines größeren, an tie Tuberkulose-Pavillons stoßenden Gartenterrains mit Liegebetten u. a. Rücksicht zu nehmen.“ — In der Diékussion über diefe Frage theilte der General. Arzt Schaper mit, was in der biesigen Charits bisber für die Lungenkranken gethan und was weiter in Verbindung mit der Erbauung sogenannter Haus- fanatorien geschehen soll.
Statistik und Volkswirthschaft.
Als ein stattlicher Band von 746 Seiten erschien soeben der Bericht über den VI. Jnternatioalen Wohnungskongreß (Berlin, Carl Heymann's Verlag), der vom 15. bis 19. Juni d. J. in Düsseldorf getagt hat. Wie in tem Vorwort mitgetheilt wird, batten 490 Behörden, Korporationen , Vereinigungen und Einzel- personen die Mitgliedschaft des Kongreffes erworben, ton denen 388 auf Deutschland und 102 auf das Auéland entfielen. In beacbtends- werth boder Zahl waren Frankreich (21), Belgien (20) und Helland (16) vertreten. Die übrigen in Betradt kommenden Länder sind Däne- mark, Finland, Großbritannien, Lurcmburg, Norwegen, Oester« reich, Rußland, Sbweden, die Schweiz, Ungarn und die Vereinigten Staaten von Amerika, die zumeist aud durh Delegirte ihrer Res gierungen vertretea waren, ein erfreuliches Zeichen dafür, welbe Be- achtung jeyt überall der Wohnungéfrage wird. Die inanzierung des Kongresses ist unter Beihilfe des Reichsamis des Innern erfoigt, in dessen Etat cin vem Reichstag für dicsen Zrwreck
irag von 6000 M cingéeflellt worden war. Der Bericht enthält die sämmilichen dem Kongreß erstatteten s{hrift- lichen Vorberibte, 43 an ter Zahl, die ein außerortentlih reichbaltiges Material wu ten fragen. welche zur Ver- bandlung standen, avch aus dem Auslante. beibringen, und ein ausführ- liches Protokoll der Verhantlungen selbt, denen olgende 3 Haupt- themata zu Grunde lagen: 1) die Abbängigkeit der ungêmicthen ben Bodenpreis, Baukosten und Bestcuerong, 2) die Sclbfthilfe der Wokbnungsbedürttigen auf dem Sebicte tes W ens und I) die
gon De, emeinde . Zur Vorbereitung nächsten, im ë lagenten Korgiesses ist eln internationales
Zur Arbeiterbewegung.
Die Landschaftsgärtner Berlins und der Vororte nahmen in einer am Donnerstag Abend abgc haltenen Versammlung einen neuen Lohntarif an, den sie, der „Voss. Zta.“ zufolge, im nächsten Frühjahr zur. Durchführung bringen wollen. Die Versammlung be- auftragte zugleich die Lohnkommission, dem Verband der gewerbe=- treibenden Landschaftsgärtner Berlins und der Vororte den Tarif zur Annahme zu unterbreiten, damit der Durhführung des leßteren nichts im Wege stehe. Die Hauptpunkte des Tarifs find: Mindeststunden- lohn 50 bei zehnstündiger tägliher Arbeitszeit von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends, bei Ueberstunden und Sonntagsarbeit 15 Zuschlag für die Stunde, Fahrgeldvergütung von dem Plate aus, auf dem die Arbeitsparole ausgegeben wird, Shußvorrihtungen gegen dié Wiiterungsverhältnisse u. \. w.
Die Besprehung des Minister-Präsidenten Combes mit dem National-Comité der französischen Grubenarbeiter (vgl. Nr. 251 d. Bl.) dauerte zwei Stunden. Es kamen alle Forde- rungen der Grubenarbeiter zur Sprache. Das Comité erklärte sich zur Annahme eines Schiedsgerichts bereit, das über die Festseßung von Mindestlöhnen und die Regekung dér Arbeitszeit entscheiden solle. Die Frage der Ernennung der Schiedsrichter wurde noch nicht erörtert. — Jm Koblenbecken von Pas. de-Calais ift die Lage des Aus\tands unverändert. In DrocourtundCourriòres ist die Naht vom Donnerstag auf Freitag unruhig verlaufen. Mehrere Fenstersheiben wurden eingeworfen und eine Pecson ver- haftet. In Lens sind zwei von nit feiernden Arbeitern bewohnte Häuser verwüstet worden. — Die Dockarbeiter in Dünkirhen haben mit 1711 gegen 481 Stimmen be- schlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die Vertreter der Fach- vereine theilten den Behörden das Ergebniß der Abstimmung mit und wiesen darauf hin, daß sie mit den Leuten, welche Ausschreitungen verübt haben, nichts zu thun hätten. Sie fügten hinzu, h sie auf die Mitwirkung der Staat8gewalt bei der Durchführung der Ent N rechneten. In einer Bekanntmachung erklärt der Präfekt, daß die Schuldigen bestraft werden würden. Die Freiheit der Arbeit werde ges{hüßt und die Stadt und der Hafen gegen Thätlichkeiten arbeits\{euen Gesindels ge- sichert werden. Er rechne darauf, daß die Bevölkerung sich ruhig ver- halte, um eine Unterbrehung der Arbeit zu vermeiden. Heute früh ist die Wiederaufnahme der Arbeit ohne Ruhestörung erfolgt. — Jn Havre wurde gestern in einer Versammlung von 1500 verschiedenen Korporationen angehörenden Arbeitern, die von dem National- verband der Dockarbeiter einberufen war, eine Tage8ordnung ange- nommen, in welcher \sich die Arbeiter verpflihten, sh mit ihren Kameraden in Dünkirhen und mit den Grubenarbeitern hinsichtlich ihrer Forderungen folidarisch zu erklären. Die Theilnehmer an der Versammlung trennten \ich unter Hochrufen auf den allgemeinen Ausstand. — In Marseille waren heute früh alle Arbeiter bei der Deffnung der Docks und der Werften zugegen. Fast alle Kohlen- träger haben si bereit erklärt, die Ausladung der Schiffe wieder vorzunehmen. Ueberall herrscht Ruhe.
Die Arbeiter der Raaber Eisenbahnwagenfabrik (vzl. Nr. 232 d. Bl.) haben, wie die „Köln. Ztg.“ aus Budapest erfährt, die Arbeit wieder aufgenommen, nachdem ihnen ein Mindestlohn von 30 Heller für die Stunde zugesichert worden war.
In Triest befinden \ih demselben Blatte zufolge die Heizer der Lloyddèmpfer im Ausstande. Zahblreihe Matrosen sind ebenfalls in den Ausstand getreten. Die Behörden sind bemüht, zu vermitteln.
In Livorno stellten, nah einer weiteren Nachricht der „Köln. t am Donnerstag die Spediteure und Fractverlader die Arbeit ein, da für im Hafen eingetroffene 8000 t Getreide sowohl auf der Meridional- wie auf der Mittelmeerbahn vollständiger Wagen- mangel herrs{hte. Der Ausftand droht einen großen Umfang an- zunehmen, falls beide Gesells{baften nidt sofort Abhilfe schaffen, da bedeutende Schiffsladungen Koblen angekündigt sind.
Die ‘allgemeine Wiederaufnahme der Arbeit in den Anthracit - kfoblengebieten Pennsylvaniens (vgl. Nr. 251 d. Bl.) wird, wie dem „W. T. B.“ aus Wilkesbarre telegraphiert wird, niht vor Montag erwartet. Der Schiedsspruch der Kommission foll heute feierlih im Weißen Hause verkündet werden. Der Präsident Noosevelt machte die Mitglieder der Kommission auf die Wichtigkeit einer Be- s{leunigung aufmerksam.
Kunft und Wissenschaft.
Seine Majestät der Kaiser hat, wie ,W. T. B.* meldet, dem General-Administrator der National-Bibliothek in Paris und Jnstitutsmitglied Läopold Delisle die Große Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verlieben. Der deutsche Botschafter Fürst von Radolin überreichte gestern Deliéle die Auszeichnung.
Der Deutsche Kunstverein in Berlin beendet im Dezember sein zehntes Geschäftsjahr. Die mit vielem Beifall begrüßte Einrich- tung, daß seinen Mitgliedern der unentgeltliche Besuch einer Reibe der nambaftesten Kunstsalons gewährt wird, hat der Vorstand aub dies- mal getroffen, und es ist ibm gelungen, auch den Salon von Jacques Catéper (Behrenstraße 17) und die Hofkunsthandlung von Keller u. Reiner (Potsdamerstraße 122) für den Verein zu gewinnen. Die legßt- genannte Kunsthandlung wird vom 26. d. M. an die Ausstellung von
tax Klinger's „Beethoven“ und später Sonderautstellungen von Werken Eckmann's, Greiner's und Thoma's veranstalten. Die Aus- stellung der von dem Kunstverein zu seiner Verloosung angekauften ca. 40 Kunstwerke wird Anfang Dezember in einem der Kunslsalons stattfinden; dieselbe wird das dies- jährige Vereinsblatt den Mitgliedern zugesandt werten. Es it eine farbige Lithographie „Flora“ von Ludwig von Hofmann, mit Hilfe von acht verschiedenen Platten hergestellt, die der Künstler alle eigenhändig gezeichnet hat. Der Eintritt in den Verein kann jederzeit erfolgen und ermöglicht sofort den Genuß aller Vergünstigungen:; nur die Betheiligung an der Verloosung if davon abhängig, daß die Mitgliedschaft vor dem 15. November d. J. erworben wird.
um Zeit
Theater und Musik.
Im Königlichen Opernhause wird morgen „Lohengrin* ge- gcben Am Montag geht „Fra Diavolo* in Scene Die vier- dundertste Aufführung des „Fitelio* ist verschoben worden Am Mittweh, ten 29. Oktober, findet auf Allerdödsten Befehl aus Anla der Anwesenteit Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Dänemark Théñtre paré-Vorstellung siatt. Zur Aufführung ge- langt „Carmen“. Jn der Rolle des Eëcamillo beginnt der baveri! Kammersänger Herr Bertram sein Gastspiel. Im Königlichen Schauspielhause bunten Rock* aufgeführt.
Im Neuen Königlichen Opern- Theater wirt «Macdeth* gegeben. Am Montag und Dienstag finden die Veor- stellungen von „König Heinrich 1V.* (1. und 11. Theil) stati
Im Dentschen Theater wird „Monna Vanna“ außer morgen Abend und am Montag noch am Mittwoch, Donnerstag und Freitag gegeben; am Dien#tag gelangt „Fausi* zur Aufführu Am Sonn- abend gebt Max Bernsteia's neues Schauspiel „D'Mall* zum erften Mal in Scene und witd am nähsifolgenten Sonntag Abend wieder- belt. Als Natdwittags-Vorstellung ift für morgen „Die versunkene Glode“, für nû In Sonniag „Die Hoffnung“ angeseyt.
Das Deut Fe heater bereitet als nächste Neuheit die Ersi- Avffüdroeag r ax Bernstein's Schauspiel in 4 Akten D’ Mali“ für ten 1. November vor Im Berliner Theater wird „Ali-Heitelbera“ am Montag, Donnerstag und nächsien Sonntag, das Lustspiel „Wiecnerinnen“
wird morgen „Im
mcrgen
omitó eingeseßt, in welcdem Deutschland dur den General- Sefrette des dietiäbrigen Kongresses, Profesor 1r. H. Albrecht in Gref- |
* vom 23. und U. d. M.
Lichterfelte vertreten |
morgen, am Mittreoh und Sonnabend zur Aufführung gelangen. Am Dienétag wird zum ersien Male „Rudmlose Helden* von Bussoa gegeben und Freitag twiederbolt werden. Morgen Natmnitiag gebt „Wilhelm Tell*, nächsiea Sonntag Nachmittag „Das Kütkechen von Heildrona" in Scene