1848 / 147 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

j erst über die ganze Regelung der Steuern aussprechen Bais Se Mie dahin ir feinen Haushalt Mittel bedarf, die dí- reften und indirekten Steuern, wie sie gegenwärtig bestanden, für das Halbjahr auszuschreiben, 2) Die bestehenden Zuschläge nach Maß des Erfordernisses einzuheben. 3) Die Urbarial- und Zehentlasten haben aufzuhören, und der Gesammtbetrag der Grundsteuer is nah Maßgabe des Grundes gleichmäßig zu vertheilen. 4) Die Judensteuer ist aufgehoben, Rückstände sind auf or- dentlichem Wege einzubringen.“ Es handelt sich nun um die formelle Frage, ob dies ein Gesey oder ein bloßer Beschluß sein solle, Gesey-Ent- würfe müssen der Regel nah dreimal verlesen werden, Erst das zweite Mal findet eine Debatte über die einzelnen Punkte statt, Dylevski, De- mel und Nieger sprechen sih dafür aus, daß dies ein Es Geseh sei, Die ganze Kammer stimmt bei, und die Debatte wird also vertagt. Boxro sch beantragt, man möge, der Dringlichkeit der Sache wegen, gleich zur zweiten Verlesung schreiten und gleich heute debattiren. Löhner spricht sich entschieden dagegen aus, Form sei eine todte Sache, der Geist müsse sie aber lebendig machen ; darum eben ist er hier für die Form. Diese Form sei aus England gebracht, und in parlamentarischen Debatten sei England zu achten. Der Gegenstand sei ein zu wichtiger und jeder einzelne Sap genau in Bedenken zu nehmen; was die Bürger des Staates ein Halbjahr zu leisten haben, sei wohl werth, daß man es einige Tage lang berathe. (Allgemeiner Bei- fall) Maier und Dylevski schließen sich ihm an. Secretair Streit versichert, den Geseßesvorshlag noch heute Nacht dem Drucke zu übergeben, so daß er noch morgen Vormittags werde an die Mitglieder vertheilt wer- den können. Dylevski beantragt, die heutige Lesung als die erste zu betrachten und die zwei anderen in den zwei nächstfolgenden Sizungen vor- zunehmen, Dieser Antrag erhält Majorität, Borrosch's fällt.

Der Petitions - Ausschuß kömmt nun wieder zum Refcrate. Brünner Wahlmänner und der wiener demokratische Verein bitten um Ausschreibung neuer Wahlen für jene Abgeordnete, welhe Staatsämter angeuommen ha- ben, Der Petitions - Ausschuß stimmt bei, mit dem Punkte, daß diese Be- stimmung rückwirfend sei, Löhner begründet in einer ausführlichen Rede den Antrag, daß derjenige Abgeordnete, der ein Amt annähme, freiwillig aus der Versammlung trete. Er müsse entweder ein schlechter Beamter oder ein nachlässiger Abgeordneter sein, wenn er beide Aufgaben lösen wolle, Fleischer macht den Zusaß, daß das Geseß auch auf jene Abgeordnete ausgedehnt werde, von denen ihre Kommittenten nicht gewußt, daß sie Be- amte seien, oder die es verheimlicht und blos einen zweiten Charakter, wie z. B, Schriftsteller, vorgeshüßt haben. La sser bemerkt, daß die Minister in England auch Deputirte seien, Löhner entgegnet, daß der Minister in England, um im Unterhause sprechen zu können, Depututer sein müssez im Oberhause könne er wohl von des Königs Gnaden sprechen, im Unterhause dürfe man nur von Volkes Gnaden das Wort nehmen, Borrosch schließt sich Löhner an, durch das Gegentheil sänke man abermals nur in den con- stitutionellen Schein. Er findet es namentlich sonderbar, daß Minister mit- stimmen, Demel will, daß das Gese nicht rücwirkend sei. Haim warnt, man möge sich nicht übereilen, dies gehöre in die Conftitution, Der Pe- titions-Ausschuß könnte sonst über die wichtigsten Constitutionsfragen Refe- trate vorbringen, und man würde bestimmen, ehe eigentlich der Gegenstand an der Reihenjolge wäre, Man möge sih an die Geschäftsordnung halten. Fe- dorowitsch is der gleichen Ansicht, Die brünner Wahlmänner haben nur petitionirt um neue Wahl für ihren Deputirten, man möge daher hier nur auf den speziellen Fall eingehen. Lubomirski ist für Löhner, jedoch nicht dafür, daß der Abgeordnete sogleih bei der Annahme eines Amtes aus der Kammer trete, sondern so lange in derselben bleibe, bis eine neue Wahl erfolgt is, Maier (als Abgeordneter von Brünn) beantragt, daß, da er die Stelle eines Unterstaatssecretairs angenommen, eine neue Wahl für Vrünn ausgeschrieben werden möge. Wird stark unterstüßt. Feodo- rowitsch’s und Maier's Anträge erhalten Majorität, die anderen sind demnach erledigt. Cavalkabo beantragt, daß, da die Abstimmung nur für den speziellen brünner Fall war, das Prinzip aber ein Theil der Con- stitution sei, das Gesuch des demokratischen Bereins dem Constitutionsaus- usse zugewiesen werde. Brestel verwahrt sich, daß man die konstituirende Ver- sammlung mit einer konstituirten verwechsele. Man habe bei der ganzen A auf die Constitution hingewiesen, es habe sich hier aber niht um den Ab- geordneten einer künftigen Versammlung, sondern ver jegigen gehandelt. Habe man jedoch das brünner Gesuch bewilligt, so werde man konsequent den Gesuch jedes Bezirkes willfahren müssen, Löhner bedauert, daß hier durch die Abstimmung das Prinzip nicht hierher gehörig erkannt, jedoch über einen Abgeordneten ein Urtheil durh eine Abstimmung gefällt wurde, Er findet dies der Ehre der Kammer nicht angemessen, Er meldet übrigens an, daß er morgen zwei gleiche Gesuche von wiener Bezirken einbringen werde, und daß mithin dem Petitions - Ausschusse nur neue Arbeit aufgebürket sei. Brestel beantragt, der heute vorgebrachte Antrag des Petitions-Ausschusses sei als Geseß-Entwurs zu betrachten und die heutige Kundgebung als erste Lesung anzunehmen. Borrosch beantragt, der Antrag des Petitions- Ausschusses möge dem Constitutions - Ausschusse zugewiesen und diesem die Frist von 14 Tagen zur Vorbringung eines Gesetzes bestimmt werden. Goldmark amendirt die Zeit von blos 8 Tagen für den Constitutions- Ausschuß. Das leßte Amendement kommt zuerst zur Abstimmung und bleibt in der Minorität. Borrosch's Antrag erbält die Majorität, Die Sizung is geschlossen.

Wien, 24. Sept. (Bresl, Ztg.) Eben eingehende Nach- rihten aus dem Hauptquartiere des Banus von Croatien, J llachich, aus Lenkieltödy vom 22sten melden; „Der Banus is von Kiß- Vomarum unaufhaltsam und ohne Widerstand dort eingerückt, Alle ungarischen National-Garden zerstreuten si{ch oder warfen die Waffen weg, das wenige regulaire Militair weigerte sih bis jeßt zu kämpfen oder zog sich zurück. Unter sol%en Umständen traf der Erzherzog Palatinus vonPesth beider sogenannten ungarischen Armee in Vesprim ein. Er sandte den Grafen Zichy an den Banus und lud ihn zweimal zu einer Un- terredung nah Szemeß ein, allein er weigerte sich standhaft, sich ohne Anerkennung seiner gerechten Forderungen für die Gesammt- Monarchie in Unterhandlungen einzulassen; überdies erklärte der Ba- nus noch feierlichs, daß alles Linien-Militair, welches si auf seinem Marsche nicht den Befehlen des österreichischen Kriegs - Ministeriums unterwirft, von ihm als Rebellen behandelt werden wird. S-.ine Vereinigung mit den bei Weißkirhen heranrückenden Gränzern und Serbern ist so gut als vollbraht. Unter solhen Umständen schlug der Prinz Stephan den Weg nah Wien ein, wo er zum nicht ge- ringen Schrecken der demokratischen Ungarn heute Vormittags um 10 Uhr eingetroffen ist.“

Nach Berichten aus Mailand vom 19ten d. ist es uun als offiziell bekannt , daß der Waffenstillstand im Einverständniß mit den Großmächten von England und Frankreich auf weitere 20 Tage ver=- längert ist, Es herrschte Ruhe, Es hieß, der Marschall Radebky habe zwei Couriere aus Turin erhalten. Karl Albert is seit dem 14tèn in Turin, wird aber in Alessandria zurückerwartet.

Tri est, 22, Sept. (Oest. Lloyd.) Heute Mittag hat die amerifanishe Schrauben-Dampfsregate „Princeton““ mit 9 Kanonen und 178 Mann, in 9 Stunden von Venedig kommend, auf unserer

Rhede Anker geworfen.

Baden. Karlsruhe, 23, Sept. (Karlsr. Ztg.) Ju der vergangenen Nacht wurde an mehreren Orten die Eisenbahn durch Aushebung der Schienen 2c. unterbrohen, um den Transport der ent- sendeten Truppen zu hindern. Dieselbe wurde jedo alsbald wieder hergestellt, und die gestern Abend abgeordneten Truppen befinden \{ch nun im Oberlande, um dem Aufruhr ein \{nelles Ende zu machen.

Diesen Abend zwischen 6 und 7 Uhr sind mehrere Bataillone Reichstruppen auf der Eisenbahn hier vorbeipassirt. Die Mannschaft sang und legte die freudigste Stimmung an den Tag,

Wie man vernimmt, is La ein Offizier von hier abgegan- gen, um den aus Schleswig - Holstein zurückehrenden badischen Ba- taillonen, welche er theils in Hannover, theils in Hamburg treffen wird, den Befehl zu bringen, 4“ sie den Rückmarsch niht, wie frü- her angeordnet war, zu Fuß, sondern per Eisenbahn bewerkstelligen

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sollen, Auf diese Art werden die betreffenden Truppen in wenigen Tagen zur Stelle sein,

Seit gestern hat hier die Bürgerwehr wieder den Wahdienst angetreten. Die Haupt- und die Schlöoßwache, fast sämmtliche Thore, die Zeughaus - Wache 2c. sind von Bürgerwehr beseßt; au die Ar= tillerie der Bürgerwehr \st in Bereitschaft.

Mit Ausnahme des kleinen Bezirks um Lörra übrigens, wohin der Einfall von außen geschah, \heint sich das ganze Land in unge- störter Ruhe zu befinden; auch aus dem Seekreise vernimmt man nihts von Ruhestörungen.

Schliengen, 22. Sept., Morgens 6 Uhr. (Karlsr. Ztg.) Unser armes Oberland ist seit gestern wieder ein Schauplaß eines Aufruhrs. Gestern war Jahrmarkt in Lörrach, verdächtige Reden fielen {on Nachmittags, Abends aber zog, von der ohne ihre Hauptleute versammelten lörraher Bürgerwehr freudig empfangen, Struve in Lörrach ein. Jn einer Anrede vom Rathhause versprach er nun dies zweite Mal die rechte Freiheit Deutschlands, und for- derte das Volk auf, sich ihm anzuschließen mit ausdauerndem Muth. Jn allen Gauen Deutschlands werde es am selben Tage losbrechen. Er befahl, das Eigenthum zu schonen, stellte als Führer „General Löwenfel2“ vor und {loß mit einem Lebehoch auf Deutschland.

Alsbald wurden die Beamten in ihren Häusern, der als kräftiger Kämpfer für geordnete Freiheit bekannte praktishe Arzt Kaiser auf der Straße verhaftet (später soll er gegen Bürgschaft in sein Haus entlassen worden sein), die Kasse der Obereinuehmerei geplündert und auf Leopoldehöhe die Zollbeamten ebenfalls von einer Rotte Frei- schärler verhaftet, niht minder zwei Eilwagen angehalten und die Reisenden genöthigt, sich anderswie fortzuhelfen, :

Nachts stürmte und trommelte es in den Ortschaften des Wie- senthales, und reitende Boten ans der lôrracher Bürgerwehr ‘eilten in die Dörfer, mit „Befehl“ an die Bürgermeister, unverzüglich die Mannschaft vom 18ten bis 40sten Jahre ins Hauptquartier nah Lör- rach zu senden. Jn einem Dorfe hielt man, nicht sehr für diese neue, befohlene Freischaarenfreiheit eingenommen, eine Bürgerver=- sammlung und beschloß, jedenfalls noch zu warten, was andere Ge- meinden thun würden,

Mecklenburg-Schwerin. Rosto ck, 19, Sept. (H. C.) Das von E. E. Rath dem Großherzoge vorgelegte provisorische Wahlgeseg zur Herstellung einer neuen Bürger - Repräsentation is von demselben laudesherrlih bestätigt worden, Jm betreffenden Re- \fripte is jedoch gleichzeitig ausgesprochen, daß es in der Allerhöchsten Absicht liege, durch die neue Landes-Verfassung auch allgemeine Grund- züge einer Gemeinde - Ordnung für das ganze Land festzustellen, und daß daher etwanige hiesige Verhandlungen über eine Reform der hie- sigen Stadt-Verfassung, insoweit sie mit den erwähnten Grundzügen niht übereinstimmen sollten, von keinem wesentlihen Nußen sein fönnten.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 23.Sept. (W. Z.) Durch die neueste Nummer des Regierungsdblattes ist ein Nachtrag zu dem Regulativ vom 24. Juni 1823 als provisorishes Geseß ver- öffentliht worden. Dasselbe is hervorgerufen darch die Beschlüsse des deutschen Reichstags zu Frankfurt a. M. und die darauf gebau- ten Anordnungen der Centralgewalt, wonach alle deutshe Staaten \{leunigst darauf Bedacht nehmen sollen, daß sie im Falle eines Krie= ges zwei Prozent der gegenwärtigen Bevölkerung als eingeübte Mann=- schaft ins Feld rücken lassen können. Die Nothwendigkeit dieser Maßregel, welhe von Vielen gauz irriger Weise dahin verstanden wordes ist, als sollten die stehenden Heere auf die Stärke von zwei Prozent der gegenwärtigen Bevölkerung gebracht werden, wird Jeder einsehen, der erwägt, daß Deu!schland bei den mannigfachen Verwickelungen mit dem Auslande leiht zu gleicher Zeit in Krieg mit mehreren mächtigen Nachbaarstaaten verwickelt werden könnte. Je mächtiger Deutshland dem Auslande gegenüber dasteht, um so wahr= \cheinliher is es, daß ein solher Krieg vermieden werden wird, um so gewisser is es aber au, daß im Falle er sich dennoch entzünden sollte, der Sieg an die vaterländischen Fahnen geknüpft sein und all das namenlose Elend von Deulschland fern gehalten werden wird, welches nunglüclih geführte Kriege über ganze Nationen bringen, in= dem sie mit der Ehre und der Macht nah außen zugleih im Junern den Wohlstand ganzer Klassen der Bevölkerung auf eine lange Reihe von Jahren veruihten. Nur zu oft ist Deutschland schon der Tum- melplaß für fremde Heere gewesen, weil es zur rechten Stunde ver- säumte, das zu thun, was ihm zu thun oblag. Und auch jeßt haben mächtige Nachbarstaaten schon seit längerer Zeit sogar ihre stehenden Heere bedeutend verstärkt, Nachbarstaaten, welhe zum Theil eine un- freundlihe Sprache gegen Deutschland führen und nur sehr schlecht das Mißbehagen verbergen, mit welchem sie auf das Streben Deutsh- lands, ein fräftiger Bundesstaat zu werden, hinblicken. j

Die Aufgabe, welche sh die Großherzogliche Staats-Regierung bei dem Nachtrage zum Regulativ vom 24. Juni 1823 stellte, ging hauptsächlich dahin, der unabweisbaren Pflicht gegen das gemeinjame Vaterland mt möglichst geringen Opfern der Staatskasse und mit möglichst geringen Störungen für die Bewohner des Großherzog- thums zu genügen, Dies i} aber der Fall, wenn die an und für sich zum aftiven Dienst verbundene, nur einstweilen zurücgestellte, zur zweiten Reserve gehörige Mannschaft successive eingezogen und eingeübt wird, dagegen aber wenigstens der größte Theil des jeyt bei der Fahne befindlichen Militairs beurlaubt wird. Danach wird längere Zeit hindurch der aktive Militairbestand größtentheils nur dur einzuübende Rekruten gebildet werden, welche bei ihrer Ent- lassung durch andere ebenfalls einzuübende Rekruten so lange ersegt werden, bis die ganze zum aftiven Militairdienst pflichtige junge Mannschaft eingeübt ist. Die Absicht ist dabei darauf gerichtet, daß die neu eintreteude Mannschaft nicht ganz durhsondere, wie man zu sagen pflegt, nur aus dem Groben heraus eingeübt, und deshalb falls es nicht zum Kriege kommt nah kurzer Zeit nah ihrer Einziehung wieder in die Heimat entlassen wird. Wie lange die Zeit der Einübung sein wird, läßt sich im voraus nit genau bestimmen, indem dies theils von der Anstelligkeit der Rekruten, theils auch von der Jahreszeit abhängt. Doch is zu hof fen, daß bei guter Jahreszeit (d. h. so lauge Uebungen im Freien stattfinden können) die ÜUebungszeit selten die Dauer von 6 Wochen überschreiten wird. Wenn man dagegen einwenden wollte, daß man in dieser Weise der auferlegten Pflicht nur unvollständig genüge, \o mag einmal dem Drange der Zeit und Umstände, so wie den Finanz- Verhältnissen billige Rehnung getragen, dann aber auch erwogen werden, daß im Falle eines Krieges {w:rlich sogleih die ganze vom Großherzogthume zu stellende Mannschaft auf einmal zum Felddienst ausrücken würde, Die Haupt - Ausgabe für den Staat wird in der Anschaffung von Waffen und Munitions-Gegenständen bestehen; denn hier is es unerläßlich, daß dieselben für die vollen im Falle eines Krieges zu stelleuden zwei Prozent der Bevölkerung in aus- reihendem Maße vorhanden sind. Allein hierbei is zu bedenken, daß diese Ausgabe nur einmal und nicht blos für einen vorüber- gehenden Zweck zu bestreiten is.

Daß die Einstellungspflicht nicht blos auf die nah dem Regulative vom 24. Juni 1823 Militairpflichtigen, sondern auch auf diejeni- gen bezogen wird, welche zwar zum Kriegsdienst tüchtig sind, aber

zufolge besonderer Privilegien eine Befreiung oder Zurüdstellung ge- nießen, entspriht ebensowohl dem Beschluß des Reichstages , als der eigeren Ansicht der Staats-Regierung über die Grundlagen, auf welhen hin iu Zukunft die Militair-Pfliht und der Militair-Dienst zu ordnen sein wird. Wenn in Zukunft vielleicht ohne alle Aus- nahme im einzelnen Fall die Regel gelten kann, daß jeder zum Waf-

* fendienst Geeignete denselben au erlernen muß, um dem Vaterlande,

sobald es seiner bedarf, zu dienen, so würde die absolute Durhfül:- rung dieser Regel bei dem gegenwärtigen Provisorium hier und da zu Härten führen, welche aus dem Grunde kaum zu verantworten wären, weil man fih bis jeßt bei der Wahl der Berufsart, Bewer- bung und Verleibung von Aemtern nur an die bestehende Gesebge=- bung anschließen konnte. So würde es z. B. kaum thunlih sein, einen sonst dienstfähigen bercits angestellten Schullehrer seinem Be- rufe zu entziehen. Aus diesem Grunde vornehmlich wurde bestimmt, daß die zur zweiten Reserve Gehörigen, einshließlich der nach der bisherigen Geseßgebung vom Militair - Dienst Befreiten eingezogen werden dürfen. Es versteht si aber von selbst, daß Dispensatio= nen von der allgemeinen Vorschrift ohne die allerdringentsten Gründe nicht ertheilt werden.

Möchte das Geseß überall im reten Sinne aufgenommen und ihm auch da gern Folge gegeben werden, wo es für den Augen- blick störend in die Privat-Verhältnisse eingreifen muß! Schon eine rihtige Berehnung des wahren Vortheils spricht nah dém, was im Eingange über die Veranlassung zum Geseße bemerkt wurde, dafür. Wer einen Aufwand macht, um seine Wohnung so herzustellen, daß sie Negen und Stürmen troßt, is ein besserer Haushalter , als der, welher Regen und Wind freien Eingang gestattet, oder mit der Herrichtung des nöthigen Schußes wartet, bis das Ge- witter über ihn gekommen und ihm einen Theil des Seini- gen zerstört hat. Aber auch noch aus edleren Motiven is auf eíne gerechte Würdigung der fraglihen Bestimmungen zu hoffen, Das Reden von den bewegenden Jdeen der Zeit, von Vaterlandsliebe und deutscher Einheit hat wenig Werth, wenn der Einzelne sein Wohl von dem Wohl des Ganzen trennt und niht gern Opfer bringt, wenn das Vaterland solche fordert. O

Das Geseß, hervorgerufen durch die besonderen Zeitereignisse, ist nur provisorisch in Ausübung der der Staatéregierung desfalls verfassungsmäßig zustehenden Besugniß gegeben. Dem Landtage wird über die definitive Regelung der Militairpfliht und des Militair- dienstes ein Geseß- Entwurf vorgelegt werden, wozu die Grundzüge bereits ausgearbeitet sind. Darüber das Nähere in dem nächsten

Blatte. von Wydenbrugk. Schleswig-Holstein. Rendsburg, 23. Sept. (Alt. Merk.) Die provisorishe Regierung hat nachstehende Bekannt-

machung, die Vertretung der s{leswig-ho!steinishen Schiffer im Aus= lande betreffend, erlassen:

„„Damit den \chleswig-holsteinischen Schiffern während der Dauer des zwischen Deutschland und Dänemark abgeschlossenen Waffenstillstandes eine genügende Vertretung im Auslande zu Theil werde, ‘ist die provisorische Regierung bchufs eines den s{leswig-holsteinishen Schiffern durch die ham- burgischen Konsular - Agenten zu gewährenden Beistandes mit dem Senate der freien und Hansestadt Hamburg in Unterhandlung getreten. Der Senat ist dem diesseits gestellten Ersuchen bereitwilligst entgegengekommen, indem derselbe die provisorische Nezierung davon in Kenntniß geseht hat, daß nach dem Art. 6 des hamburgischen Konsular-Reglements die hamburgischen Kon- suln bereits überall angewiesen sind, auch den Unterthanen anderer deutscien Staaten bei mangelnder Vertretung Beistand zu gewähren und deren Zn- teressen zu vermitteln. Es wird dieses hiermit zur öffentlichen Kunde ge- bracht, und den Betreffenden demgemäß anheimgegeben, in vorkommenden Fällen sich der Vermittelung und des Beistandes der Konsular-Agenten der freien und Hansestadt Hamburg zu bedienen, durch welche eventuell nament- lih die Beglaubigung der Manifeste vorzunehmen ist,

Kiel, 24. Sept. (Börs. H.) Jn der gestrigen Sißung der Landes - Versammlung theilte der Kommissar ein Schreiben des Ge- nerals von Bonin an die provisorische Regierung ( Sthleswig , 22. Sept.) mit, des Juhalts, daß es durchaus nicht in der Absicht gele- gen, die Fortificationen des kieler Hasens in etnen weniger verthei- digungsfähigen Zustand zu seßen daß die Geschüße von Labóe ur deshalb nah Friedrihsort geschafft seien, um sie während der Waf= fenruhe vor den Einflüssen der Witterung zu {hüßen. Etrforderlichen- falls würden die Geschüße in möglichst furzer Zeit zurückgeschafft werden. Dies könne um so weniger beunruhigen, als ja die Waffen=- stillsstands - Bedingungen den stalus quo der Fortifications - Arbeiten festseßten und dieser Bedingung durch die militairishe Bewachung der fraglichen Arbeiten an allen Orten nachgekommen werde. Er werde gewiß niht in eine Schwächung der Vertheidigungskraft des L ¿ willigen. 5 i E vovlforisthe Regierung hat an das schleswigsche Oberge- riht Befehl ertheilt, Untersuchung und gerihtlihes Verfahren wegen der propagandistishen Umtriebe der Dänen in Schleswig und na- mentlich in Betreff der bei dem Könige in Sonderburg zur Cour gewesenen Herren (einige früßere nordshleswigshe Stände-Deputirte werden genannt) einzuleiten.

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Musland.

Hesterreih. Karlstadt, 18. Sept. (Dest, Lloyd.) Die nah Ungarn vorgedrungeune kroatishe Armee schreitet ohne Wis derstand gegen Buda-Pesth vor, und das Königl. ungarische Militair er- giebt sich dem Ansehen uns: res Banus überall, wo es mit demselben zusammenstößt, und dieser {hickt es immer unverweilt uach Steyer- mark zur Verfügung des K. Kriegs-Ministeriums. Die leßten Berichte von unserer Armee sind aus Kesthely datirt. Man sagt, daß der Banus vou Croalicu dur eine Zuschrist von Pesth aufgefordert sei, seineu Zug dahin wenigstens aufzuhalten, indem durch den Wechsel des Ministeriums ein gütlicher Vergleich unausweichliþ zu Stande fommen müsse. Jellachih blieb aber nicht stechen, sondern geht vor= wärts, denn er ist auf Alles gerüstet; man spriht davon, daß si bei Stuhlweißenburg, bei Pesth und Ofen eine große Streitmacht ge= sammelt habe, welche die froatishe Armee zurückwerfen will, Hier sieht man noch immer Truppenmärsche, Munitions- und Waffffen- Transporte ; die Requisition von Lebensmitteln, Vieh und Vorspann hat jedoh schon geendet, Auch is die Getraide-Ausfuhr nach Krain wieder erlaubt.

Aus dem Banat, 13. Sept. (Oest. Lloyd.) Patriarh

Rajacsih ließ am 40. d. M. zwei Aufrufe an die E Mo E dieselben durch die Geistlichkeit in allen

j r , Der Jnhalt des ersteren i} : serbischen Kirchen bekannt machen Es dauert bereits drei Monate

i e, tapfere Serben! | C lang E Krieg et Strengt euch noch einmal an und erkämpsft den uns allen willkommenen Frieden, Ganz Croatien und Slavonien ist aufgestanden, die serbische Woiwodschaft_muß auch ganz aufstehen, so wixd der Feind bald fallen und Jedem das Seinige 4 müssen

Im Namen Gottes, des Volkes, unseres Ruhmes und Glückes, be- schw ih Jedermann, daß er ih zur Befreiung des Volkes und des Va- landes bezile! Aber zugleich beshwöre ih bei Gott einen Jeden, daß er N Ce ämpfe, und als Oberpriester der orthodoxen Kirche

s Mensch E a ben Serben und rechtgläubigen Sohn das nachstehende Ang-

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thema ausspreche: Verflucht sei derjenige, der ohne äußerste Noth räuberisch Brand legt und Beute macht! Verflucht, der unschuldiges Blut vergießt, Weiber, Mädchen und Kinder mordet und s{lachtet!! Jm Gegentheile Segen Goites über einen Jeden, der als Mauer gegen den Feind dasteht, der die mit Mühe und Schweiß erworbenen Güter seiner Mitbürger sont, der die Unschuld der Weiber und Kinder beshügt und vertheidigt. Wenn der Feind auch Brand legt, wenn er auch mordet, so überlaßt ihn der Rache Gottes, dem ¿luche der Welt, Wir müssen in der That beweisen, daß wir feine Räuber sind, wie uns der Feind nennt, sondern daß wir tapfere Hel- den und ehrliche Menschen sind! Steht Alle auf, und seid wahre Helden! Der Segen Gottes geleite euch!“ 4:

Der zweite Aufruf lautet: „Mit Betrübniß mußte ih vernehmen, daß die Söhne der orthodoxen Kirche, mit ihren Brüdern, welche der römisch- katholischen Kirche angehören, si zerwerfen und sie verfolgen. Jeßt ist der Zeitpunkt da, wo ihr Alle einen Körper bilden sollt. Zeder soll scine Kirche von ganzem Herzen lieben und verehren, aber seine Mitbrüder nicht hassen, weil sie einer anderen Kirche angehören, Deswegen verbiete ih auf das strengste jegliche Jnsulte auf unsere römisch -katholischen Mitbrüder, sie mögen in Worten oder Handlungen geschehen,““

Frankrei. Paris, 24. Sept. Der heutige Moniteur enthält folgende Erklärungen : „Gerüchte von Modisicationen im Kabinet, von ei- nigen Journalen wiederholt, beschäftigen seit mehreren Tagen das Publiz fum. Diese Gerüchte haben nicht den geringsten Grund. Das Kabinet is seit seiner Bildung stets vollkommen einig gewesen, und keines seiner Mitglieder denkt daran, den Posten zu verlassen, auf welchen ihn das Vertrauen der National-Versammlung und des Chefs der vollziehen- den Gewalt berufen hat, Das Journal L'Assemblée natio- nale spricht von ciner gegen die Versammlung in der Rue de Poi- tiers gerichteten Verschwörung. Es sollte die Ermordung der Mitglie- der dieses Vereins beabsichtigt sein, Der Chef der vollziehenden Ge- walt wäre angeblich selbst das Ziel eines der frevelhafteften Attentate gewesen. Diese Nachrichten sind durchaus fals ; keine Demonstration hat zu solchen Erzählungen auch nur einen Vorwand geben fönnen, Die guteu Bürger, statt sih zum Echo dieser treulosen Erfindungen zu machen, sollten gegen dieselben auf ihrer Hut sein und nicht so unvorsichtigerweise die Mitschuld au Gerüchten auf sich nehmen, die in der That dazu geeignet sind, die Bevölkerung in Bestürzung und Schrecken zu versetzen.“

Dasselbe Blatt berichtet: „Vorgestern, den 22sten d. , gab der Bürger Polizei - Piäfekt zum Gedächtniß der Proklamirung der sranzösischen Republik, welhe befanntliÞh am 22. Septe:nber 1792 stattfand, der Regierung ein großes Diner. Beim Nach'isch erinnerte der Bürger Ducoux ín wenig Worten an jeue großen Phasen unserer Geschichte und brachte einen Toast auf die Befestigung unserer Re- publik und auf ihre ewige Dauer, Dieser Toast fand den lebhasfte- sten Beifall, Die Musik der republikauishen Garde spielte während des Diners die patriotischen Melodieen, welche mit dem Geist und den Acclamationen der Gäste in vortresfliher Harmonie standen, Dem Diner folgte eine Soiree, zu welcher sich alle Offiziere der Nationalgarden des Seine-Departements und eines Theils der Gar- mjou einsanden, Die Gesandten der sremden Mächte, eine g1oße Anzahl Volks-Repräsentauten und Bürger aus allen Klassen und allen Zweigen der Staats = Veiwaltung waren unter der Menge der Ein- geladenen, Fünf- bis sehstausend Bürger belebten diese Soiree durch ihre Gegenwart, und sie war die zahlreichste, die seit einigen Mo- naten stattgefunden.“

Der National fsagt in Betreff der kurzen Rede des Generals Cavaignac in der vorgestrigen Sißung, daß dieselbe die Bedeutung eines Ereiguisses habe und die Politik der Regierung in klaren Aus- drücken darthue. Es sei gewiß, daß Cavaiguac haudeln werde, wie er spreche. „Die Fahne der Republik zu erniedrigen““, fährt das Blatt fort, „wäre Verrath, sie nur einen Augenblick zu verlassen, shändlihe Schwäche. Den Zutritt aber zu derselben einem Jeden zu erleichteru, der sich ihr mit guter Treue nähert, ist eine Handlung großer Weisheit und verständiger Politik. Gewiß war die Mehrheit der Natiou vor dem 24, Februar uicht republikanish, wir haben uns in dieser Hinsicht nie getäuscht, und deswegen wollten wir die Hand nicht bieten zu einer Verschmelzung, welche große Gefahr geboten hätte, wenn sie eine voreilige gewesen wäre. Aber wir hatten Zu- trauen zu dem Grundsaße, welchen wir ausgerufen hatten. Wir wuß-= ten, daß die demokratiswe Regierung der aufrichtige Ausdruck if der Juteressen, der Bediirfuisse, der Gefühle Aller, und wir waren über- zeugt, daß früher oder später ganz Frankreich zu derselben seine Zu- fluht nehmen würde, wie zu einem Hafen nah manchem Sturme, Diese moralische Revolution, welche die Gewalt der Dinge nothwen- dig herbeiführen muß, ist noch nicht vollendet z_ allein die Bewegung hat angefangen, und weit davon entfernt, ihr Hindernise in den Weg zu legen, is es die Pflicht echter Patrioten, dieselbe auf jede Weise zu fördern.“ 2 Das Journal des Débats sagt über die Wahl Louis Bos naparte’s: „Wir fangen leider an, uns an die Sonderbarkeiten des allgemeinen Stimmrechtes zu gewöhnen, das, wie die Konkurrenz, eine gcheimnißvolle Quelle is, aus der zu gleicher Zeit Gutes und Böses, Leben und Tod entspringen. Wie kann man ih z. B. Rechenschaft ablegen von der- Ernernung Bonaparte?s? Wenn man die Sache logisch untersuht, so war es eine Laune, und es würde verlorene Arbeit sein ; denn es ijt die Natur der Laune, unlogisch zu sein. Was is der Zweck und die Bedeutung dieser sonderbaren WMehr= heit? Finden wir in derselben entweder einen Zweck oder ein Mittel ? einen Schritt vorwärts oder rückæärts? ein Bedürfniß der Ordnung oder der Unordnung? Ju der That, wir wissen hier nur zu sagen, daß wir nichts wissen.“

Die mit der Untersuchung gegen die Juni - Jusurgenten beguf- tragten Militair - Kommissionen haben ihre Arbeiten beendigt. Sie hatten mehr als 12,000 Aftenheste zu prüfen, welche eben so viele Angeklagte betrafen, Da aber viele der Angeschuldigten sofort frei=- gelassen wurden, so hatten die Kommissionen nur über das Loos von 10,838 Angeklagten zu entscheiden, Es wurden 6267 derselben frei- gelassen, 4316 zur Transportation verurtheilt und 255 vor die Kriegs- gerichte verwiesen, Jn den Forts sißen noch etwa 1600 der zur Transportation Verurtheilten ; die übrigen befinden sih {hon auf den Schiffen, die se nah dem Transportatious-Orte bringen sollen.

Zur Verlängerung des Waffenstillitandes in Jtalien soll nach der Democratie pacifique hauptsächlih die Erklärung des franzbsi- {hen Ministers des Auswäitigen beigetragen haben, daß Frankrei nicht in der Lage sei, eine Armee ins Feld rückcn zu lassen.

Im Departement der Oberen Loire is General Rulhière zum Volïs-Repräsentanten gewählt worden,

Das Siè cle sagt über die neuen Wahlen: „Die Ultra - De- mokraten haben unter dem Einflusse ihrer Leidenschaften wenigstens gewußt, wie sie handelu sollten, und sie haben mit Einheit gehandelt, Das Einverständniß der Häupter wurde von der Partei dermaßen nahgeahmt, daß wir in verschiedenen Bezirken die Kandidaten des Sozialismus einander auf den Listen nachfolgen sehen, mit einem Unterschiede von nur wenigen Stimmen, und es erhielten sogar die=- selben oft eine gleihe Anzahl Stimmen, Wenn diese furchtbare Uebereinstimmung einerseits fortbestehen bleibt, während auf der an- deren die Zwietracht unter dem Einflusse der unverständigsten Selbst- sucht herrscht, dann wird es nicht {wer , vorauszusehen, wohin uns das allgemeine Stimmrecht bald führen wird.“

Das Commerce enthält einen Artikel gegen Proudhon, der

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bei der Verfassungs =- Debatte eine Menge Ameidements vorbringen will, wie z. B. die „Organisation des Austaushes“’ und die „Auf- hebung des gemünzten Geldes. Der Comnerce meint, Herr Scribe sei hon früher auf den Gedanken gekonmen, indem er Ro- bert den Teufel singen ließ: „Das Gold is eie Chimäre!‘““ Herr Proudhon will keinen Präsidenten der Republik, au keine Konsuln, aber eine Versammlung, welche zu gleicher Zéit die geseßgebende und die ausübende Gewalt in sich vereinige. „Also die Verwirrung der Gewalten!“ meint der Commerce; „Aber varum niht? Herr Proudhon hat sich ja gerühmt, ein Anarchist zu sein.“ Derselbe will ferner, im Falle der Verwerfung dieses Vorschlazes, daß der Präsi dent der Republik von den Wählern des Seim = Departements mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt werte. „Ind warum“, fragt der Commerce, „nicht eben so gut von den Vählern der Art êche, des Cantal, der unteren Pyrenäen, warum? vieleicht, weil die Sei- newähler ihu zum Vertreter gewählt haben? Uid wenn man bedenkt, daß leider Herr Prodhon, Herr Cabet und tuti quanti in diesem Augenblicke die einzigen volksthümlichen Schriftseller sind, die einzi- gen Erzieher des Volkes, wenn man bedenkt, daß Herr Proudhon niht weniger in Frankrei gelesen wird, als Funklin in den Verei- nigten Staaten es wurde, sollte man da nt wirklih au der Zu- funft verzweifeln?

Großbritanien und Jrland. London, 23, Sept, Es bestätigt sich nah der leßten Nachricht aus Dublin, daß vor den Assisen von Clonmel für jeßt nur gegen OBrien, M’Manus und drei Pächter als Theilnehmer an dem Gefechte bei Ballingarry ver- fahren werden wird. Sechzehn der in Haft befindlichen Jnsurgen- ten sollen zufolge eines Geheimeraths-Befehls am 18teu d. M. ge=- gen Caution in Freiheit geseßt werden. Aus Clonmel wird berih- tet, daß dort das gerid tlihe Verfahren gegen die Führer des Auf- standes am 21sten com Oberrichter mit einer Anrede an die Jury eröffnet ward. Vorläufig ward blos die Anklage gegen Smith O'Brien und vier seiner Genossen, M'Manus, Orchand, Tighe und Patrick O’'Donnell, von der Jury für begründet erklärt. Die weitläufige Anklage-Akte ward verlesen. Die fünf Angeklagten wur- den sodann in den Saal geflihrt und ihnen Abschriften der Auklage= Afte mitgetheilt. Auch wurden sie über die von ihnen gewählten Vertheidiger befragt. Am at weis Tage wollte die Jury die An- flage-Bill gegen Meagher in Erwägung ziehen. Man glaubt, daß Lord J. Russell, der von dem Anwalte Sir O'Brien's als Zeuge vorgefordert ist, vor dem Gericht erscheinen werde, :

Jn mehreren unter der Admiralität stehenden Dienstzweigen, fo wie in den Ausgaben für das Admiralitäte-Büreau selbst, sollen an- sehnlihe Ersparungen eintreten; auh will man die Mannschaft von 14 Kriegssh;ffen verschiedener Klassen, die auf dem Kriegsfuße ste- hen, sofort entlassen und weitere Verminderungen des Cffektivstandes der Flotte sollen nachfolgen.

Der Führer der Tory- und Protectionisten-Partei, Lord George Bentinck, ist vorgestern unweit seines Landsißes auf dem Wege nach dem 2 Stunden entfernten Gute des Lord Manners, wo er speisen wollte, am Schlagflusse gestorben, Da er zu Fuß und allein war, L E man erst um 8 Uhr Abends die auf dem Fußwege liegende

eihe.

Gestern hat vor dem Central - Kriminalgeriht die Prozedur ge- gen die 16 gefangenen Chartisten wegen Aufruhrs begonneu. Heute wurden die Verhandlungen fortgeseßt. |

_ Nach dem Wochenberihte der Bank hat ihr Metall - Vorrath wieder um 156,199 Pfd, St, zugenommen, während der Noten- Umlauf si fast um eben so viel vermindert hatte.

_ Nußland und Polen. St. Petersburg, 21. Sept. Die Cholera, welche gegen die Mitte des Juni - Monats begann, ist nun fast zu Ende, und die allgemeine Ansicht geht dahin, daß der diesjährige Einbruch weit bösartiger gewesen ist, als im Jahre 1831. Jn dcn ersten skebzehn Tagen starben hier nicht wentger als achte- halbtausend Menschen. Weit verderblicher, als die Seuche, war aber der panishe Schreck, der sich der Bevölkerung, insbesondere der nie- deren Stände, bemächtigte, Nicht weniger als 100,000 von diesen flohen, von Angst überwältigt, aus der Stadt, ohne Lebensmittel, ja zum Theil ohne Kleidung, sich auf die Umgegend stürzend, wo sie mit Abscheu von den Do fbewohnern zurückgewiesen wurden. Ohne Obdach und ohne Nahrung siad sie, in Folge hiervon, bei Tausenden umgefommen, und die Wege wurden zum Theil durch die Haufen ih- rer Leihen unfahrbar. Wie Viele auf diese Weise ums Leben ka- men, is unbekaunt, aber gewiß, daß ihre Zahl größer ist, als die der in der Stadt von der Cholera Befallenen, obgleih von diesen in der schlimmsten Zeit täglih 1500 starben. Alle öffentlichen Arbeiten hat- ten aufgehört; der Kaiser aber, wie gewöhnlich, hinderte , fast alle Tage die Stadt besuchend, durch seine Gegenwart, Ruhe und Ent- schiedenheit die bei solhen Gelegenheiten so häufigen Tumulte und Zer= störungen. Auch in Astrachan ist die Seuche äußerst bösartig gewc- sen, Es wird hier behauptet, daß am ersten Tage des Ausbruchs die in der Stadt sehr zahlreihen Krähen sämmtlich starben. Seit dem 14. Juli haben sich aber wieder welche bei uns eingefunden,

Belgien. Brüssel, 24. Sept, Vorgestern Abend traf Ba= ron Rothschild von Paris hier ein. Er hatte eine Privat - Audienz beim König, worauf er wieder nah Paris zurüdeiltez er wird aber bis morgen wieder hier erwartet.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 19. Sept, (Börs. H.) Die Reichsstände haben heute, geführt von dem Land- marschall und den Sprechern , den König feierlih zu seiner Rückkehr von Malmö bewillklommt. Die Rede des Landmarschalls sprach die besondere Freude der Stände aus, daß dem König sein Friedene werk gelungen sei. Der König beantwortete diese Stelle der Adresse be- sonders ausführlich und legte das größte Verdienst des E'nflusses, den er auf die „Beilegung des beklagenewerthen Zwistes““ habe aus- üben fönnen, der shnellen Bereitwilligkeit bei, mit welher Shwedens Stände und Norwegens Storthing ihn unterstüßt. Obgleich nun un- erwartete Hindernisse gegen die Ausführung der malmber Convention sih erhöben, hege er doch die feste Zuversicht, daß alle Bedenklichkei- ten {winden und die Treue eingegangener Verpflichtungen und die Stimme der Vernunft sih geltend machen werde. | Eine Bekanntmachung des Königs vom 16ten d. bebt die am P a für die Abwesenheit des Königs ernanute Regierung wie-

er auf.

Scbweiz. Tagsaßung. Sipung vom 21, September. Die Tagsazung berieth heute darüber, was gegenüber den Repressalien von Radeßky zu thun sei. Die Kommission brate folgenden An- E welcher angenommen wurde: „Die eidgenössishe Ta saßung, nah Einsicht einer sowohl vom Staatsrath des Kantons Tessin, als von Seiten der Kaiserlich österreichishen Gesandtschaft in der Schweiz dem Vorort übermachten Note des Herrn Feldmarschalls Radebky an- den Staatsrath des Kantons Tessin, d, d. 15. September a. c., so wie der sub 16. September darauf ertheilten Antwort und der Zuschrift des Staatsraths des Kantons Tessin an den eidgenössischen Vorort, d, d. 16, September 1848, beschließt : Art. 1. Ber eidge- nössishe Vorort wird Mags durch das Mittel des {chweizerishen Ge=- shäftsträgers in Wien bei der Kaiserl, österreichischen Regierung gegen die

von Feldmarschall Radebky in der angeführten Note angedrohten und amt=- lihen Mittheilungen zufolge hon unterm 17, September wirkli in Voll- ziehung geseßten Maßregeln nahdrucksans Beschn erde zu erheben und auf unverzügliche Aufhebung derselben zu dringen. Dabei wird der Vorort, mit Benußung sämmtlicher hierauf bezüglicher Akten, darauf hinweisen, daß die Schweiz, selb mit bedeutenden Aufopferungen und entgegengeseßte Erlebnisse vergessend, sih bestrebt habe, während der kriegerishen Vorgänge in der Lombardei so wie immer und nah allen Seiten hin ihre völkerrehtlihen Verpflichtungen zu erfüllen, und daß die Anerkennung dieses Bestrebens selbst von der Kaiserl. öster- reihishen Regierung durch Zuschrift ihres Gesandten bei der Eid- genossenschaft uoch unterm 16. September unzweideutig ausgesprochen worden sei, daß auh die Beschwerden des Herrn Feldmarschalls Ra- debky, betreffend Umtriebe lombardischer Flüchtlinge im Kanton Tessin, welche zu jeneu Maßregeln Veranlassung gegeben haben sollen, nicht als begründet anerkannt werden fönnenz daß aber endlich selbst dann, wein jene Beschwerden gegründet wären, diese Maßregeln dadurch keinesweges geretfertigt würden. Art. 2. Von der an die Kaiserl. Regierung in Folge obigen Auftrages erlassenen Note wird der Vor- ort seinerzeit dem h. Gesandten derselben bei der Eidgenossenschaft Kenntniß geben, Art. 3. Zur Wahrung \{weizerisher Juteressen sendet die Tagsaßung zwei Repräsentanten in den Kanton Tessin ab. Art. 4. Denselben wird eine Brigade eidgenössisher Truppen unter eidgenössishem Kommando, für einstweilen bestehend aus zwei Bataillonen Jnfanterie und einer Compagnie Scharfschüßen,

| dur welche die gegenwärtig im Kanton Tessin aufgestellten Truppen

-

abgelöst werden, zur Verfügung gestellt. Art. 5. Für die Zeit einer allfälligen Vertagung der Tagsaßung wird der Vorort bevollmächtigt, im Sinne dieser Beschlüsse die im Interesse der Eidgenossenschaft allfällig weiter erforderlichen Schritte zu thun.“ Ein Schreiben der Regierung von Tessin berichtet, daß die Drohungen Radebky's in Ausführung getreten scien; das vertragömäßig von der Lombardei zu liefernde und {on bezahlte Salz werde verweigert, der Posten- lauf gehemmt; die ausgewiesenen Tessiner träfen zu Hunderten ein; Allen sei gesagt worden, daß sie ihre Ausweisung nur den Maßre=- geln ihrer Regierung zu danken hätten, was offenbar eine Aufreizung zum Aufstand gegen dieselbe sei, welhe aber ihren Zweck verfehle.

Italieu. Palermo, 15. Sept. (D. A. Z.) Das Par- lament hat die Bildung von sieven Lagern beschlossen, nämlich : 1) bei Milazzoz 2) bei Taorminaz 3) bei Catania; 4) bei Syracusaz 5) bei Girgeuti; 6) bei Trapani und 7) bei Palermo. Jn den Gebirgen über Milazzo in Patti sammelt Lamasa, dessen unermüdete muthvolle Hingebung für sein Vaterland bis jeßt Niemand verdächtigte, die ge- slohenen und zerstreuten Vertheidiger Messina?s und Milazzo'sz es \cheint aber, daß es ihm auch dort nicht gelingen werde, seine Leute irgend einer Regel oder Ordnung zu unterwerfen.

Turin, 17. Sept, Ueber die Verlängerung des Waffenstill- standes hat die Regierung noch keine offizielle Bekanutmachung er- lassen, alle übiigen Zeichen deuten auf Krieg. Die Rüslungen werden mit größter Thätigkeit fortgeseßt. Gestern kamen General Chiodo, Chef des Generalstabes, und der General-Jntendant hier anz heute reisten sie auf Befehl des Kriegs = Ministers nah Alessandria zurü. Die lombardischen Generale Lerchi, Sobrero, Passero erhalten wieder Kommandos. Von der National - Garde wird der jüngere Theil 35,000 Mann wirklich mobilisirt.

Spanien. Madrid, 19, Sept. Der Heraldo enthält heute Folgendes: „Es scheint außer Zweifel zu sein, daß der Kaiser von Rußland binnen furzem auf amtlihem Wege die Regierung un- serer rechtmäßigen Königin nah der langen Unterbrehung unserer freundschaftlihen Verhältnisse anerkennen mird. Der General Zarco del Valle ist, wie es heißt, nah St. Petersburg abgegangen, wv diese

Angelegenheit zum Abschlusse gebracht werden soll, Mit der Aner- fennung von Seiten des nordishen Kolosses treten wir in Bezug auf Europa in dieselbe Lage zurück, in welcher wir uns bei dem Abster- ben des Vaters unserer Königin befanden, und dem Karlismus wixd scine leßte Hoffnung entzogen.“/

Eïn in der Gaceta veröffentlihtes Dekret verfügt, daß zehn verschiedene Regimenter durch eben so viele Bataillone verstärkt und ein vollständiges Regiment neu errihtet werden solle. Die Offizier- E sollen mit Militairs, die auf halbem Solde standen, besegt werden.

Am 14ten wurden in Malaga. einige dreißig Personen, die der progressistishen Partei angehören, verhaftet. Ein französisches, nach Jtalien bestimmtes Schiff, das mit Waffen und Kriegsbedürfnissen beladen war, lief in den Hafen von Malaga ein. Sogleich ließen die Behörden am Landungsplaße Truppen aufstellen, um die Aus=- \hiffung der Waffen zu verhindern. Der französishe Konsul ließ dagegen 24 Soldaten von der Besabung eines dortigen französischen Kriegsschiffes sich an Bord jenes Fahrzeuges begeben, um, wie er ankündigte, einen etwaigen Angriff mit Gewalt zurückzuweisen. Nach 24 Stunden segelte das Schiff weiter. (España.)

Bis gestern Mittag waren an der asiatischen Cholera als erkrankt angemeldet 1659 Personen, Zugang von gestern bis heute Mittag 18. Zusammen 1677, Davon sind gestorben 992, genesen 290, in ärztliher Behandlung 395. i

Berlin, den 27, September 1848.

Königliches Polizei-Präsidium.

Meteorologische Beobachtungen.

l 1848. Morgens | Nachmittags | Abends | Nach emmaliger

26. Sept. | 6 Ubr. | 2 Ube. 10 Ubr. | Beobachtung. Luftdruck ..... 333,49'""Par-|333,63""Par. 334,02'"Par. |Quellwärme T7,9° R. Luflwärme -...- |-+- 10,2° R. | + 156° R. + 9,1% R. Flasswärme 11 R. Thaupunkt «.... -+- T0 R-| +- 9,6° R.| +— R. ident i Dunstsättigung . 81 pCi. 62 pCt. 96 pCct. Ausdünstung Wetter ....... bezogen, bezogen bezogen. Niederschlag 0,096“‘Rb, Wind nein S0. S0. 80. Wüärmewechsel + 16,1 ° Wolkenzug... S0. | T

Tawgesmittel : 333,75" Par... + 16° R... +8,3° R. : 80 pCt. SO.

Üönigliche Schauspiele.

Donnerstag, 28, Sept. Jm Opernhause. 104te Abonnements- Vorstellung: Oberon, König der Elfen, romantische Feen-Oper in 3 Abth. , ‘nach dem Englischen des J. R. Planché, für die deutsche Bühne überseßt von Th. Hell. Musik von C. M. von Weber. Ballets von Hoguet. Anfang halb 7 Uhr,

Freitag, 29. Sept. Jm Opernhause. 159|e Schauspielhaus- Abonnements - Vorstellung, Zum erstenmale: Ein deutsches Herz, Trauerspiel in 5 Akten, von Gotthold Logau, Anfang halb 7 Uhr.

Königsftädtisches Theater. éa Donnerstag, 28. o E L RaEE, wiederholt: Der Ball zu erbrunn, Lustspiel in 3 Akten, von C. Blum. Hierauf: Ln erstenmale wiederholt: Bummler p Gie Le ville-«Scherz in 1 Akt, von R. Hahn. ih ‘Sdhauspiel in 5 Freitag, 29. Sept. Martin, der Findl"0, Meyer : Akten, nah Eugen Sue's Noman bearbeitet von L e