Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Geh. Ober-Regie- rungs-RNath Körte erwiderte, die Verhältnisse, welhe dem Vor- redner Anlaß zu Ausführungen gegeben hätten, seien that- sählich durch die Vereinbarungen geregelt, welhe {hon vor Wochen in umfassendster Weise von der Reichseisenbahn- verwaltung getroffen seien. Die sedes materiae sei neben dem Jnteresse der Landesvertretung insbesondere der Art. 44, wonach die Eisenbahnverwaltungen verpflichtet seien , direkte Expedition im Personen- und Güterverkehr unter Gestattung des Uebergangs der Transportmittel von einer E auf die andere einzurihten. Das Reichseisenbahnamt sei ih der ihm obliegenden Aufgaben gegen Staats- und Privatbahnen vollkommen bewußt. Bei der Prüfung der beabsihtigten Aufhe- bung oder Einstellung von Zügen habe es den Umstand in Erwä- gung gezogen, ob dadur etwa eine Schädigung des allge- meinen Verkehrs zu befürchten sei. Die Rücksicht, ob die Maß- regel für die eine oder die andere betheiligte Verwaltung finanzielle Nachtheile zur Folge haben könne, sei hinter dieje Erwägung zurückgetreten. Das Augenmerk der Behörden habe fih darauf zu richten, ob dem Publikum ein direkter Verkehr ershwert oder aufgehoben worden sei. Eine \chnellere Beför- deru: g in einzelnen Fällen sei nicht allein maßgebend ; ent- scheidend allein bei der Prüfung sei die Frage, ob die Liefe- rungsfrist eingehalten sei. Diese Grundsäße seien auch gegen- über der Rheinischen Bahn zur Anwendung gekommen. Er hoffe, daß bei objektiver Beurtheilung der Verhältnisse das Verhalten des Reichseisenbahnamts als ein durchaus fkor- rektes werde anerkannt werden. Dasselbe sei stets in gleicher Weise verfahren und könne nach Lage der Geseßgebung und auc später Angelegenheiten gleicher Art nicht anders behandeln.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode machte darauf auf- merksam, daß derartige Erscheinungen, wie sie der Abg. Sonnemann gerügt habe, schon früher bei den Privatbahnen hervorgetreten seien, daß man aber damals Seitens der Freunde des Abg. Sonnemann keine Kritik geübt habe.
_ Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Gesandte von Nostiz-Wallwiy erklärte, daß die Jnitiative zur anderweitigen Fnstradirung von Gütern auf den sächsischen Staatsbahnen von Seiten der sähsishen Staatsbahnen, nicht von Seiten der sächsishen Regierung ausgegangen sei. Es habe bisher ein Verkehr von Sachsen nah Frankfurt über Hof in Konkurrenz mit der Thüringischen Bahn und den an- schließenden Bahnen bestanden. Dieser Verkehr sei, wenn er (Redner) recht berichtet sei, in Verfolg der zwischen der preußischen Staatsbahnverwaltung und den süddeutshen Anschlußbahnen getroffenen Vereinbarung von der letzteren der sächsischen Staatsbahnverwaltung gekündigt worden.
_Der Abg. Berger bedauerte, daß der Vertreter des
Reichs-Eisenbahnamts sich über den vom Abg. Sonnemann an- geführten speziellen Fall nicht geäußert habe. Die Ansicht desselben, daß das Reichs-Eisenbahnamt nur darüber zu wachen habe, daß das öffentliche Verkehrsinteresse durch die Konkurrenz der verschiedenen Bahnen nicht geschädigt werde, sei als be- rehtigt nicht anzuerkennen, vielmehr sei es die Pflicht der ge- nannten Behörde, auch die berechtigten Jnteressen der Privat- bahnen zu schüßen. Art. 42 der Verfassung schreibe aus- drücklih vor, daß die deutschen Eisenbahnen im Jntcresse des allgemeinen Verkehrs, wie ein einheitlihes Neß zu verwalten seien. Hieraus folge die Pflicht, daß die Güter auf dem kürzesten O ihren Bestimmungsort befördert würden. Erfolge die eförderung aus Rücksichten der Konkurrenz auf großen Umwegen, so sei dies eine Vershwendung von Be- triebskraft, welcher entgegenzutreten die Pfliht der Aufsichts- behörde sei. __ Der Geheime Ober-Regierungs-Rath Körte glaubte daran festhalten zu müssen, daß das Reichs-Eisenbahnamt, sofern nicht das öffentliche Verkehrsinteresse geschädigt werde, den konkurrirenden Bahnen gegenüber eine völlig neutrale Stellung einzunehmen habe. Ob die Eisenbahnsendungen auf einer etwas kürzeren oder längeren Route an ihren Bestimmungsort gelangten, könne für die Behörde kein Grund zum Einschreiten fein, wenn darunter die Schnelligkeit und Promptheit der Beförde- rung nicht leide.
Der Abg. Rickert {loß \sich der Auffassung des Abg. Berger an, wenn er sich auch nicht verhehle, daß dessen For- derung vorläufig ein frommer Wunsch bleiben werde. Eine bereitwilligere Berücksichtigung hoffe er in Bezug auf die schon im vorigen Jahre angeregte Frage zu finden, ob es nicht möglich sei, eine Erleichterung des Baues von Lokal- und Sekundärbahnen dadurch herbeizuführen, daß die Militär- und die Postverwaltung ihre Anforderungen an die Leistungen dieser Bahnen ermäßigten. Jm vorigen Jahre habe der Ver- treter des Reichs-Eisenbahnamtes erklärt, daß zu dem genann- ten Zweck Verhandlungen mit der Post- und der Militärver- waltung eingeleitet seien, er frage, wie weit diese Verhand- lungen gediehen seien.
,_Der Geheime Ober-Regierungs-Rath Körte erwiderte, der Reichskanzler sei geseßlih ermächtigt, den Sekundärbahnen gewisse Erleichterungen zu gewähren. Znfolge dessen sei au ein Re- gulativ erlassen, in welchem den Sekundärbahnen gewisse Erleich- terungen im Bau zugestanden seien; außerdem sei aber auch durch Verhandlungen mit der Post- und Telegraphenver- waltung eine Verständigung dahin erzielt worden, daß für die Beförderung von Postsachen den Sekundärbahnen eine gewisse Entschädigung gewährt werden solle. Weiteres habe bisher nicht erreiht werden können.
Der Abg. Frhr. Nordeck zu Rabenau theilte die Ansicht des Abg. Berger, daß, es im Hinblick auf den Art. 42 der Verfassung eine unabweisliche Pflicht des Reichseisenbahn-Amts sei, die dur eine einseitige Konkurrenz geshädigten Bahnen zu s{hügen. Das Vorgehen der preußischen Eisenbahnverwal- tung gegen die vom Staate e Hessische Ludwigsbahn habe sehr s{were politische Folgen gehabt, denen gegenüber der finanzielle Vortheil, den Preußen vielleicht erzielt habe,
ar nicht in Betracht kommen könne. Was die Frage der ¿ofalbahnen betreffe, sei die Nothwendigkeit einer stärkeren Entwickelung dieser Verkehrsstraßen allseitig anerkannt. Es handele sih nunmehr darum, endli an die praktishe Aus- führung zu gehen. Wenn das Reichseisenbahn-Amt sich be- mühe, in diesem Sinne energish vorzugehen, so werde es der Unterstützung des Landes sicher sein.
Der Abg. Sonnemann konstatirte, daß die Darstellung des jächsishen Ministers im Allgemeinen feine eigenen An- gaben nur bestätigt habe. Wenn der Abg. von Minnigerode be- haupte, daß man früher nie daran gedacht habe, den Koali- tionen der Privatbahnen zur Ableitung des Verkehrs auf be- stimmte Linien entgegenzutreten, so müsse er dies für seine eigene Person bestreiten. Gewähre man in dieser Richtung den großen Eisenbahnkomplexen freie Hand, so sei es bald mit den kleinen und mittleren Bahnen völlig vorbei, Er
der Reichsbehörde sei es, die Rehte Aller zu \{üßen, sanktionire man den Grundsaß: Macht gehe vor Recht !
Der Abg. Graf Udo zu Stolberg (Rastenburg) hielt es für das Ergebniß einer natürlihen Entwickelung, daß die Kon- kurrenz, welche früher zwishen den Privatbahnen bestanden
amt bei seiner jeßigen Kompetenz gar niht im Stande. Das
auf dem Wege der Verträge.
_Die Debatte wurde hierauf geschlossen und der Etat des Reichs: Eisenbahnamts bewilligt.
10 602 500 Æ, Rechnungshof : 465 453 #6 Diese Etats wurden ohne Debatte unverändert bewilligt. ;
Bei Kap. 74 des Etats allgemeine Pensionsfonds (18 399 903 F), Verwaltung des Reichsheeres, Preußen 16 042100 M, SCahsen 888 763 4, Württemberg 729 950 M brahte der Abg. Richter (Hagen) ein eigenthümliches Ver- fahren des Militär-Fnvalidendcpartements zur Sprache. Die
in Ruhestand getreten seien, zum Theil ihren Wohnungsgeld- zushuß bei Bemessung ihrer Pension angerechnet, zum Theil niht. Als maßgebend für diese Unterscheidung betrachte die Militärbehörde den Umstand, ob sie nach dem M 1873 noch aftive Offiziere gewesen seien oder nicht.
ur einen bis zum Reihhsgeriht hinauf geführten Prozeß sei nun definitiv entschieden, daß die Verwaltung verpflichtet sei, jedem Landwehrbezirks-Commandeur, welcher als solcher Wohnungsgeldzushuß erhalten habe, denselben bei der Pen- sion anzurehnen, ohne Rücksicht darauf, ob derselbe als Offi- zier vor oder nah dem Jahre 1873 pensionirt worden sei. Troßdem erkläre die Verwaltung, daß sie sih dem Erkenntniß des Reichsgerihts vom 6. November 1879 niht anschließen
einen neuen Prozeß „durch alle Fnstanzen hindurch zu ver- folgen. Eine derartige Rüsichtslosigkeit gegen alte Offiziere,
waltung, sei unerhört; gegenüber einer solhen Verwaltung würden die Arbeiter dur eine Reichsversicherungsanstalt aus dem Regen in die Traufe kommen.
__ Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, gierungs - Rath Dr. Schulz entgegnete, ein des Reichsinvaliden - Departements sei nicht anwesend, die Frage sei aber zwischen dieser Behörde und dem Reichs- schaßamt Gegenstand einer Korrespondenz gewesen und beide seien in vollem Einverständnisse vorgegangen. Es habe in einem einzigen Ln ein Offizier den Anspru auf Wohnungs- geldzushuß dur ein Erkenntniß des Reichsgerichts zugesprochen erhalten. Die verbündeten Regierungen hielten aber dieses
Geheime Re-
Unrichtigkeit nahweisen. Sollte das Reichsgeriht gegen sein (des Redners) Erwarten bei seiner Entscheidung beharren, jo müßte allerdings eine Verfügung des Reichsinvaliden- Departements ergehen, welche den Anspruch auf Wohnungs- geldzushuß anerkenne. Der einzelne Fall habe den verbün- deten dba dazu bis jeßt keine Veranlassung gegeben.
Der Abg. Frhx. von Malzahn (Gültz) konstatirte, daß die Thatsachen, die der Abg. Richter angeführt habe, im Wesent- lihen richtig seien; er habe sie hon im vorigen Jahre ge- kannt und habe damals denselben Eindruck wie der Abg. Richter gehabt, daß die Militärverwaltung auf Grund des einen erfolgten Erkenntnisses freiwillig die Ansprüche der übrigen in gleiher Lage befindlichen Offiziere anerkennen müßte. Er habe die Sache nah genauer Ueberlegung damals niht zur Sprache gebraht und würde es auch heute nicht ge- than haben. Er müsse nämli anerkennen, daß die Militär- und Finanzverwaltung formell im Rechte sei, daß ihr au materielle Gründe zur Seite ständen, wenn sie es
Reichsfinanzen zu belasten, und wenn fie erst einen zweiten Prozeß abwarten wolle. Das allerdings halte er für nöthig, daß sie, wenn das zweite Erkenntniß in demselben Sinne er-
währen müsse. Seiner Meinung nah werde das auc das Ende vom Liede sein.
Der Abg. Richter betonte, daß jede Sparsamkeit ihre würde ihr Ruf vernichtet sein.
prinzipielle Frage entschieden worden sei. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staatssekretär Scholz entgegnete, er müsse ausdrücklih
daß es der Verwaltung nicht anstehe,
auf Grund
erlassen. Ein Urtheil des höchsten Gerichtshofes sei häu Die Finanzverwaltung halte es für ihre Pflicht, erst eine weitere Entscheidung des Reichsgerichts abzuwarten.
Der Abg. Freiherr von Malßahn (Gült) erklärte, ein
je nohmals anerkennen, daß die Verwaltung nur ihre Pflicht erfülle, wenn sie sich beim ersten Erkenntniß nicht beruhige, sondern noch ein zweites abwarten wolle.
Der Etat wurde bewilligt.
Es folgte der Etat des Reichs-Jnvalidenfonds. Kapitel 77 der Ausgaben, Verwaltung 66160 M, Kapitel 78, gusQus zu den Kosten Penfionen für 1870/71 24 930 368 #4,
apitel 80, Jnvalidenpensionen für die Kriege vor 1870 4 361 826 M, Kapitel 81, Ehrenzulagen für die Jnhaber des Eisernen Kreuzes 41 508 6, Kapitel 82, Pensionen für ehe- malige französishe Militärs 747 914 c, Kapitel 83, Gnaden-
wurden ohne Debatte bewilligt.
Die Einnahmen aus dem Spielkartenstempel 1 106 000 Æ, wurden bewilligt, desgl. die Einnahmen aus der Wechselstempelsteuer 6 106 900
Bei dem Einnahmekapitel „statistishe Gebühr“ konstatirte der mg, Schlutow, daß einzelne im vorigen Jahre eaierten _Wünsche des Handelsstandes , betreffend die atistishe Gebühr für Massengüter, Berücksichtigung gefunden hätten. Man könne aber die Kategorie der Massengüter noch weiter fassen, er bitte namentlich zwei für Stettin wichtige Artikel, Mehl und Rüböl, in dieselbe aufzunehmen.
… Der Staats-Minister von Boetticher erwiderte, durch Be- \chluß des Bundesraths vom 24. Februar d. J. sei, wie er
einer einzelnen Entscheidung allgemeine Verfügungen zu g
SLAud wie der Abg. Richter meine, liege nicht vor, und er | mu})
pensionen 350 000 Æ, Kapitel 84, Jnvalideninstitute 517 578 M, |
ablehne, auf Grund eines einzelnen n freiwillig die |
folge, den übrigen Offizieren freiwillig diese Ansprüche ge- | die Frage der Sonntagsheiligun
| worden, in diesem Jahre von den
warne den Reichstag, ein solches Vorgehen zu billigen ; VR : mittheilen könne, onft ;
habe, Sun mes auf die Staatsbahnkomplerxe übergegangen sei. | Diesem Uebelstande entgegenzutreten, sei das Reihs-Eisenbahn- |
rihtige Mittel zur Abhülfe sei die gegenseitige Verständigung |
Es folgte der Etat der Reihs\huld: dauernde Ausgaben ! Einnahme 45 #4 Ausgaben | E
Landwehr-Bezirks-Commandeure erhielten, wenn sie vollständig |
könne, und zwinge hierdurch jeden der alten Herren, für \ich |
denen das Prozeßführen niht so leiht werde wie der Ver- |
Vertreter ;
Erkenntniß für unrihtig und würden in weiteren Fällen diese | damals, wie es die Verwaltung gewollt habe, und wie es
| au der Leistung der Post entsprehe, den Saß von 5 Pfen-
auch Mehl in die Kategorie der Massen ger zugelassen worden. Mit Oel werde das bei aller | ereitwilligkeit, dem Handelsstande entgegenzukommen, nit | mögli sein. Die Ausfuhr desselben, die allein in Betracht komme, sei eine geringe, sie betrage im Jahre 1880 nur 180 936 Doppelcentner. Auch die Eisenbahnverwaltung be- fördere Del nicht als Massengut zu ermäßigten Frachten.
Der Titel wurde bewilligt.
Es folgte der Etat der Reihspost- uud Telegra- phenverwaltung. Bei Kap. 3 Tit. 1 der Einnahme , (Porto und Telegrammgebühren 124 500 000 4) bemerkte der | Abg. von Puttkamer (Lübben), das Vorgehen der Postverwal-
tung zur B einer größeren Sonntagsruhe im vorigen Fahre habe auf der linken Seite dieses Hauses wenig
ntgegenkommen gefunden. Der Abg. Moering habe sogar seiner Partei als Vertreter des „Hinterlandes“ kein kompeten-
tes Urtheil zugestehen wollen. Jn Hamburg schienen aller- ; dings die Ansprüche an Sonntags- und Feiertagsheiligung sehr | geringe zu sein; in diesem Jahre fielen sogar die Frühjahrs- | rennen auf die Osterfeiertage. Seine Partei und das Centrum | hätten die Postverwaltung unterstüßt und er erlaube si die
Ünfrage, ob die Maßregel der einmaligen Briefbestellung in | Berlin zur Ausführung gekommen sei und ob man daran | denke, derselben weitere Ausdehnung zu geben.
Der Bundeskommissar Geheime Ober-Postrath Mießner erwiderte, aus dem Postbuch für Berlin, welhes den Mit- gliedern zugehe, gehe hervor, daß Sonntags eine zweimalige Briefbestellung um 71/2 und 81/2 Uhr stattfinde. Das bedeute eine wesentlihe Beshränkung gegen früher, wo die zweite Be- stellung erst um 111/, Uhr begonnen habe. Den Forderungen des Verkehrs sei genügt, da die Briefsendungen, die mit den Schnellzügen aus Cöln und Frankfurt a. M. einträfen, um 81/2 Uhr noch zur Austragung gelangten. Andererseits sei die Briefbestellung um 10 Ühr, wo der Gottesdienst beginne, beendigt. Die Verwaltung werde den Standpunkt beibehalten, die Sonntagsruhe nah Möglichkeit zu befördern.
Der Abg. Hermes bemängelte die Portosäße für Druck- sahen. Es jet unmotivirt, daß Drucksachen bis zu 50 g nur 3 S, über 50 g aber sofort 10 Z Porto kosteten.
| man mit.
| | | |
|
Ÿ
Druckfsahen von 50 bis 100 g einen Zwischensaß von 5
| oder 6 S.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staatssekretär Dr, Stephan entgegnete, eine Erfüllung des eben ge- äußerten Wunsches wäre gleihbedeutend mit einer Verminderung der Einnahmen des Reichs, die \ih am wenigsten zu einer Zeit empfehlen würde, wo Einführung neuer Steuern beschäftigt sei. Der Mancçel einer arithmetishen Progression in den Portosäßen für Drucksachen erkläre sih daraus , daß bei Einführung der neuen Münzen statt der 4 alten Pfennige 3 neue als Minimalsa:; eingeführt worden seien. Hätte man
nigen gewählt, dann würde kein so großer Sprung in dem nächst höheren Porto vorhanden sein. Ein allgemeines Be- dürfniß zu einer Aenderung liege niht vor und er vermöge nicht abzusehen, wann dieselbe eintreten könnte.
Der Abg. Freiherr Nordeck zur Rabenau fragte an, ob nicht die Errichtung von Postsparkassen in Aussicht stehe, die sih in anderen Ländern vortrefflih bewährt hätten. Ferner regte der Redner den Gedanken der Gründung einer Grund- val reu an, die man mit den Fonds der Sparkassen dotiren
nnte.
Der Staatésekretär Dr, Stephan erklärte, daß die Post- verwaltung von der großen Bedeutung der Postsparkassen durchdrungen sei und denselben fortgeseßt ihre Aufmerksamkeit widme. Man dürfe aber auch die großen Schwierigkeiten nicht verkennen, die der Einführung dieser Jnstitution in Deutsch- land entgegenständen.
__ Der Aba. Moering bemerkte, der Abg. von Puttkamer sei auf einen lapsus linguae zurüdckgekommen, der ihm im vori- gen JOYre passirt sei. Sollte dem geehrten Kollegen einmal lehnlihes begegnen, so verspreche er ihm, es ihm ein Jahr später niht mehr vorhalten zu wollen. Jm vorigen Jahre sei
vom Centrum angeregt eutshkonscrvativen. Seine
| Partei wolle die Sonntagsheiligung nicht so weit treiben, daß
: E | Handel und Wandel darunter litten. Eine puritani - Grenze habe; wenn eine Lebensversicherungsanstalt so ver- | 8 L Le La Mit ha
fahren wollte, wie in diesem Falle die Reichsverwaltung, so | Amerika gelebt habe, zur Scheinheiligkeit und Völlerei. Davor j : vernicht Das Reichsgericht habe natür- | aas b lih nur einen Spezialfall entscheiden können, aber es sei nit |
in Abrede gestellt worden, daß in diesem speziellen Falle die | Postsparkassen anderer Länder nur deshalb so florirten, weil in
tagéheiligung führe, wie Jeder wisse, der in England oder
wolle seine Partei Deutschland bewahren. Der Abg. Richter (Hagen) führte aus, man vergäße, daß die
| denselben nicht ein so entwickeltes System von Kommunalspar-
{hon auf Grund genauerer Jnstruktionen abgeändert worden. | | die
é | kassen und freien Genossenschaften vorhanden sei. Die aus)precen, !
| richteten Bestrebungen gescheitert seien.
sten vo ost- verwaltung habe Recht, es si reiflich zu überlegen, ehe sie den anderen Sparsystemen Konkurrenz mache. Die Errichtung
| einer Reichs-Grundkreditanstalt in Verbindung mit den Post-
spärkassen sei der unglückseligste agrarishe Gedanke, den er gehört habe, der Grundkredit brauche lange Fristen; e Spareinlagen würden aber immer nur auf kurze Kündigungen gemaht. Was so"te entstehen, wenn in un- ruhiger Zeit die Spareinlagen plöglich in großer Zahl ge- kündigt würden? So s{hwerwiegenden Fragen erweise man keinen Gefallen, wenn man sie flüchtig bei der Etatsberathung anrege. Der Staatssekretär Dr. Stephan sehe unsere Finanz-
| lage doch wohl zu {warz an, wenn derselbe glaube, sie ge-
statte keine Aenderung des Portos. Sollte derselbe die Absicht ehabt haben, den neuen Steuern eine kleine Empfehlung zu
heil werden ju lassen, so bitte er denselben, nicht zu ver- ejjen, daß die neuen Steuern nach der Uebereinkunft der Finanz-Minister in Coburg das Reich gar nichts angingen, ondern zur Ueberweisung an die Einze: staaten bestimmt seien.
Der Abg. Frhr. Nordeck zur Rabenau stellte in Ab- rede, daß genügend Sparkassen vorhanden seien.
Der Abg. Dr, Majunke erklärte, daß seine Freunde keine puritanishe Sonntagsheiligung im Sinne hätten ; daß sich die FUtarenen von Handel und Verkehr mit der Sonntagsfeier in
inklang bringen ließen, zeige das Beispiel der Briefbestel- lung in Berlin.
Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, der Abg. von Nor- deck verwehsele Posisparkassen mit Annahmestellen. Damit, daß der Abg. von Nordeck das Wort Grundkredit ausspreche, derselbe doch für die Landbevölkerung noch nichts gethan.
erselbe scheine es mit seiner Wahlrede sehr eilig zu n. Daß der Landkredit am allerwenigsten eine Centralisation vertrage, beweise der Umstand, daß bis jet alle darauf ge-
Der Abg. von Puttkamer (Lübben) erklärte, wenn der
Um diesen großen Sprung zu vermeiden, empfehle er für
Abg. Möring aus seiner (des Redners) Aeußerung ein Symptom der konservativ-klerikalen Allianz zu erkennen meine, so erwidere er demselben, daß seine Partei stets mit dem Centrum zusammengehen werde, wenn es sich um große sitt- lihe Prinzipien handele. Einen puritanishen Sonntag wünsche seine Partei au nicht. :
Der Abg. Hermes lenkte die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Konvention mit den Niederlanden wegen der Postauf- träge; es sei in derselben eine Bestimmung enthalten, die si auf den Quittungsstempel zu beziehen scheine. Es sei näm- li bestimmt, daß bei Postaufträgen aus Deutschland der Auf- traggeber, d. h. der Deutsche, bei Postaufsträgen aus den Niederlanden der Schuldner, das heiße wiederum der Deutsche den Stempel zu zahlen habe. Sonst sei do bei solhen Be- stimmungen immer Gegenseitigkeit vorhanden. Es sei außer- dem beztimmt, daß alle Gebühren dem Austragslande ver- blieben. Wenn also der Deutsche in jedem Falle den Stempel bezahlen müsse, dann würden solche Postaufträge nur von den Niederlanden aus erfolgen, also dieser Staat alle Ge- bühren einziehen. Er frage, wie man einen solchen Vertrag überhaupt habe abschließen können ? Oder solle dies nur ein Ausweg aus den Schwierigkeiten sein, in welche die Post- verwaltung durch die Einführung des Quittungsstempel ge- rathen wäre ? : :
Der Staatssekretär Dr. Stephan erwiderte, dies Abkom- men mit den Niederlanden habe mit dem projektirten Geseß, betreffend den Quittungsstempel für Postanweisungen, gar nichts zu thun, wie {hon daraus hervorgehe, daß die Ver- handlungen über dieses Uebereinkommen {hon lange vor denen über den Quittungsstempel stattgefunden hätten. Es sei das eine Forderung der in den Niederlanden bestehenden Geseß- gebung und dieses so überaus nüßlihe Uebereinkommen wäre überhaupt niht zu Stande gekommen, wenn man diesen Passus niht angenommen hätte. Fn der Praxis werde sih die Sache so ausgleichen, daß derjenige, welcher die Stempelsteuer zu zahlen habe, so viel mehr zu seiner Forderung zuschlage resp. von derselben abziehe.
Der Abg. Berger bedauerte, daß man den Etat der Post- verwaltung nit in einer Kommission vorberathen habe; er verlange eine Gleichstellung der Postsekretäre im Gehalt mit den Kreis- und Regierungssekretären ; der Minister der öffent- lihen Arbeiten in Preußen, Maybach, habe einen ähnlichen S bezüglih der Eisenbahnsekretäre als berechtigt an- erkannt. :
Der Bundeskommissar Geh. Ober-Postrath Mießner sprach dem Vorredner den Dank der Postverwaltung für seine Besorgniß für die Postbeamten aus. Eine Erhöhung der Gehälter könne nur stattfinden, wenn sie in allen Verwaltungen stattfinde. Die Postsekretäre ständen im Range und ihrer dienstlihen Stellung den Regierungssekretären nit gleich; den leßteren entsprähen ungefähr die Ober-Post- und Ober- e deren Gehalt dem der Regierungssekretäre entspreche.
Auf den Antrag der Abgg. Rickert und Berger wurden die Titel des Etats, welche Gehälter enthalten, an die Budget- kommission verwiesen.
Der Rest des Etats der Post und Telegraphenverwaltung wurde ohne Debatte erledigt.
Das Haus vertagte \sih hierauf um 41/2 Uhr auf Don- nerstag 12 Uhr.
Neichstags- Angelegenheiten.
Dem Reichstage ift folgender Bericht über die Thätigkeit des Reichskommissars für das Auswandererwesen während des Jahres 1880 vorgelegt worden: S
Die Auéwanderung über die drei deutshen Häfen Hamburg, Bremen und Stettin hat während des verflossenen Jahres in einem so hohen Grade gegen die der leßtvergangenen Jahre zugenommen, daß die Zahl der beförderten Auswanderer \ich fast auf das Drei- fache der im Jahre 1879 beförderten erhöht hat, und, sctt Überhaupt eine regelmäßige Statistik der Auswandererbeförderung aus deutschen Häfen besteht, nur durch die im Jahre 1872 beförderte Anzahl er- reiht und übertroffen worden ift, i
Wie durchschnittlich in jedem Jahre, weisen aub in dem ver- flofsenen die Monate April, Mai und Oktobec die größte Anzahl der beförderten Auëwanderer auf. In den ersten Tagen des Monats April war die Zustrômung der Autwanderer eine so große, daß die vorhandenen Dampfschiffe je ihrer Beförderung nicht mehr aus- reiten; so konnten beispielsweise die in Bremen eingetroffenen Auswanderer in zwei gleichzeitig expedirten Dampfern nicht befördert werden, sondern es mußten circa 400 Autwanderer mehrere Tage in reiten liegen bleiben, ehe ihre Beförderung bewerkstellizt werden
onnte,
Die Ursachen einer so ungewöhnlich starken Auswanderung, be- sonders nach Nordamerika, dücften zunächst in den gebesserten amerifanischen Verhältnissen und darin zu finden sein, val nament- lih dem Landmanne dort die Möglichkeit geboten ift, bei aus- dauerndem Fleiße in verhältnißmäßig kurzer Zeit eigenen Besiß zu erwerben, zur Selbständigkeit und zu einer gewissen Woblhabenheit zu gelangen. Ein Hauptbeweggrund zur Auswanderung, der wohl die meisten fortgehenden Personen zu diesem Schritte veranlaßt, ist aber die bereits s\tattabende Ansässigkeit von Ange- bôrigen und Bekannten der Auswanderer in Amerika, welche leßtere nah \ich ziehen. Es mangelt den in Amerika bereits ansässigen Deutschen an Arbeitskräften, und werden deshalb durch Ueberredung und Vorspiegelung wirklicher und s{einbarer Vortheile, viele der noch hier qurigebliehenen Angehörigen und Bekannten veranlaßt, die bisherige Heimath zu verlassen, und pflegen sich solben Leuten meistentheils noch eine Anzahl anderer aus demselben Ort oder der Umgegend anzuschließen. In sehr vielen Fällen wird von den in Umerida ansässigen Veulschen für die, welche sie nachzuziehen wünschen, das Geld für die Ueberfahrt dort bezahlt und werden den leßteren die in Amerika gelösten Schiffsbillets zugesandt. So sind im ver- flossenen Jahre etwa 16/5 sämmtlicher Ausgewanderten auf in Ame- rifka von dort Ansässigen gelöfte Fah1billets befördert worden. Es ist aber auch eine nicht unbedeutende Anzabl kleinerer in Deutsch- land ansässiger Grundbesitzer, nahdem sie ihren bisherigen Besiy veräußert hatten, ausgewandert und sind nah Aeußerungen dieser Leute eine große Avzahl gleicher Kategorie nur dadur noch zurück- gehalten, daß es ihnen nicht gelungen ist, ihre kleinen Besißungen und Gebäude einigermaßen preiswerth abzugeben. Es ift gegen die Vorjahre überhaupt eine verhältnißmäßig sehr qroße Anzahl solcher Leute ausgewandert, die au hier anscheinend in niht ungünstigen pekuniären Verhältnissen gelebt haben.
Die so ganz ungewöhnlich starke Einwanderung und die vielleicht in Wirklichkeit stattgehabt: Ueberfüllung einiger Schiffe auswärtiger Dampferltnien hatte den nordamerikanishen Einwanderungsbehörden Veranlassung gegeben, ebenfalls gegen verschiedene Dampfer der beiden deutschen Linien, wegen Ueberfüllung der Passagierräume Hagbar aufzutreten. Es haben sich diese Klagen aber als nit be-
ründet erwiesen, Kein Auswandererschif hat einen der deutschen Gin- Sifungthäfen mit einer höheren Anzabl Passagiere t als die Ge- ehe es gestatten, Ob und wie E agiere von diesen Schiffen bei threm Anlaufen von Havre resp. Southampton noch an Bord ge-
nommen werden, entzieht sich der Kontrole des Reichskommifsars, in Gleicdem die im verflossenen Jahre vorgekommenen Fälle, wo deutsche nach Amerika bestimmte Schiffe, welhe im Einschiffungshafen nur eine geringere Anzabl Passagiere tifangen hatten, Christiania an- liefen, um dort weitere Pafsagiere einzuschiffen.
Das nordamerikanishe Gesetz bestimmt, daß für jeden erwach- senen Zwischendeckspafsagier cin Raum von 14 Quadratfuß englis bei 71/3 Guß Höhe der Pafsagierräume vorhanden sein muß; dem analog bestimmt das in Hamburg geltende Gesetz, daß bei Beförderungen von Auswanderern nah Nordamerika die in dem amerikanischen Geseße hinsihtlih des zu gewährenden Raumes enthaltenen Beftimmungen erfüllt werden müssen, wohin- gegen das Bremer Gesey au sür Beförderungen na Nordamerika nur die Gewährung von 12 Bremer Quadratfuß Deckfläche für jeden erwachsenen Pafsagier vérlangt, und dabei den Expedienten nur an- empfiehlt, zur Vermeidung etwaiger Nachtheile, falls die Gesetze des Bestimmungshafens einen größeren Raum vorschreiben, diese Gesetze zu befolgen. In Folge dessen werden in Hamburg für jeden er- wacbsenen Passagier 14 Quadratfuß englisch reine Deckfläche gegeben, während in Bremen nur 12 Bremer Quadratfuß gegeben werden.
Schon in früheren Jahren waren Seitens des Reichskommissars bei der Bremer Auswandererbehörde Schritte gethan, um dieselbe zu bewegen, in Uebereinftimmung mit der betreffenden Hamburger Ver- ordnung, die Gewährung von 14 Quadratfuß english Deckfläche, für jeden va Nordamerika beförderten erwachsenen Passagier, obligato- risch zu maden. Diese Schritte führten jedoch damals zu keinem Resultate. In den letzten sechs Jahren trat nun ein Bedürfniß zur weiteren Verfolgung der Angelegenheit nicht Hervor, da bei der verhältnißmäßig nur geringen Auswanderung stets überflüssig viel Raum für die Passagiere vorhanden warz; als jedoch im verflossenen Frühjahre die Auswanderung aus den deutshen Häfen so große Di- mensionen annahm, wurde jener Antrag bei der Bremer Auëwan- dererbehörde erneuert. Leßtere hat jedoch Bedenken getragen, dem Antrage, wenigstens zur Zeit, stattzugeben. Nach Ansicht der ge- dachten Behörde dürfte es (wie in der Erwiderung desselben aus geführt wird) an sih {on nicht unbedenklih sein, die Normen der eigenen Geseßgebung nah den im Einzelnen nicht näher bezeichneten und wandelbaren Vorschriften sremder-Geseße, deren genaue Kenntniß man bei deu eigenen Staatsbürgern nicht O könne, zu be- stimmen; man werde vielmehr in dieser Beziehung kaum weiter gehen können, als (wie es die Bremische Verordnung thue) die Beobachtung der Vorschriften zu empfehlen, wobei man si in der Regel darauf werde verlassen können, daß die Schiffsexpedienten im eigenen Juateresse, um im Bestimmungéhafen keine Weitläufigkeiten zu haben, der Empfehlung nachkommen werden. Gine förmliche Abänderung des Bremer Gesetzes aber dahin, daß in dasselbe die nordamerikanischen Vorschriften als absolute Norm aufzunehmen seien, erscheine im gegenwärtigen Zeit- punkte um so weniger rathsam, da einmal die Anwendbarkeit der nordamerikanishen Bestimmungen auf Dampfer und auf fremde Schiffe gegenwärtig den Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten bilde, und sodann ter in Rede stehende Punkt zur Zeit geseßzgeberischen Revisionsverhandlungen in den Vereinigten Staaten unterliege. Die allerdings hôchs wünschenswerthe Uebereinstimmung der Vorschriften des deutschen Abfahrtshafens mit denen der nordamerikanis&en Be- stimmungshäfen, als den für die Auswanderung hauptsächlich in Betracht kommenden Plätzen, dürfte am zweckmäßigsten wohl auf dem Wege einer Konvention zwischen dem Deutschen Reiche und den Vereinigten Staaten von Nordamerika zu erreichen sein.
Die Revision der Auswandererschiffe, der inneren Einrichtung und Proviantausrüstung derselben, ferner der Auswandererlogirhäuser, der Empfangnahme und As der Auwanderer durch den Reichskommisjar, hat ganz in derselben Weise wie in den früheren Jahren, mit der größten Sorgfalt und Genauigkeit stattgefunden. Die zur Aufnahme der Passagiere bestimmten Räumlichkeiten sind vor jeder Reise aus8gemefsen und die Anzahl Passagiere, die in jedem Raum untergebracht werden durften, festgestellt worden, da die Ein- theilung des verfügbaren Raums je nach der Anzahl der vor- handenen Passagiere und dex einzelnen Kategorien derselben dem Wewsel unterworfen war, und oft auch die Kajüten und Salons, oder ein Theil derselben mit Zwischendeck8s- pafsagieren belegt wurden, Sämmtliche expedirte Aus8wanderer- \cbiffe, sowohl Segel- als Dampfschiffe sind, soweit es die gleich- zeitige Beaufsichtigung der drei deutshen Häfen zuließ, persönlich durch den Reihs8kommissar revidirt worden, und ist von ihm darauf
ehalten worden, daß die zum Schutze der Auswanderer erlassenen Birorbunngen auf das Genaueste befolgt wurden. Ueberhaupt hat er in ea Hinsicht das Interesse der Auswanderer wahrgenommen. Die Proviantvorräthe wurden jedesmal in Bezug auf Quantität und Qualität sorgfältig geprüft und nur völlig guter Proviant zugelassen. Die etwa nöthigen Anordnungen für die Hospitalräume und die Separatabtheilungen für einzeln reisende Viänner und Frauen sind
troffen und deren Ausführung überwaht. Mehrfah sind im In- eresse der Auswanderer auf Veranlaffung des Reichskommissars kleinere Verbesserungen und Erleichterungen sowohl an Bord der Sciffe als bei Ginschiffung der Auswanderer eingeführt worden.
Wie alljährlih, so sind au im verflossenen Jahre mannigfach geringfügigere, oft auch ganz unbegründete Klagen Seitens der Aus- wanderer erhoben worden. Zumeist handelte es si dabei um Her- auêgabe von Hand- und Pafsagegeldern, Aus8wanderereffekten resp. Geld für angeblich aufgedrungene Reiseutensilien, sowie Verschaffung direkter, anstalt irrthümlih von Auswanderern angenommener Passage für die indirekte Fahrt, wie auch von Gatshädigung für Aufenthalts- kosten bei verzögerter Beförderung. Derartige Differenzen wurden jedo stets ohne jede Weiterung ge|chlihtet, und dabei das Recht der Auswanderer stets gewahrt. Jn Hamburg werden solhe Klagen meistens zunähft bei dem Nachweisungsbureau der Auswanderer- behörde vorgebracht, welches in sehr anerkennenswerther Weise stets bemüht ift, etwaige Differenzen in Güte beizulegen und das Inter- esse der Auswanderer wahrzunehmen, dieselben überhaupt in jeder Hinsicht mit Auskunft, Rath und That unterstüßt. i
In einem Falle wurde ein Expedient, welcher österreichische Auswanderer, die wegen zu geringer Geldmittel ihre Reise nach Amerika nicht aueführen konnten, nah England befördert hatte, von wo sie nah dem Einschiffungs8hafen zurückehrten, veranlaßt, diesel- ben auf seine Kosten nah ihrer Heimath zurückzubefördern. Weiter
ingen wiederholt Klagen aus dem Binnenlande gegen indirekt be- Keverndo Grpedienten wegen unbefugter Auswandererbeförderung ein, Diese Klagen wurden der zuständigen Behörde überwiesen, um die Beschuldigten zur Verantwortung zu ziehen ; es ist iu den Unter- uchungen jedoch festgestellt worden, daß die beförderten Auswanderer ch ohne Eo voryerige Aufforderung brieflih an die resp. Erpedien- ten gewendet und erst im Einschiffungshafen selbst, nach ihrer An- kunft dort, die Ueberfahrtöverträge abgeschlossen hatten. Eine Ver- bindung mit irgend welchen Agenten im Binnenlande V, von den zur Untersuhung gezogenen Grxpedienten in Abrede geste t worden und hat denselben sona eine Uebertretung ihrer Befugnisse nicht nachgewiesen werden können.
Ein Fall, in welhem es vorkam, daß in einer Schiffsladung si Lumpenballen, die zwar peprebl, aber unrein waren, erhitt hatten, ab zu dem Antrage Veranlassung, die Bestimmung über die den
f\agierschiffen verbotene Ladung dahin zu erweitern, daß auch die
rladung gepreßter Lumpen, wenn sie niht gewashen und gehbria etrocknet sind, auf Auswandererschiffen verboten sei. Diesem Antrage fit Folge gegeben worden. /
Die Auowandererdampfer waren bisber ve g für die Reisen von Hamburg resp. Bremen nach New-York eine Proviantausrüstung für 40 Tage an Bord zu nehmen. Seit Einführung der bezüglichen Verordnungen im März 1869, find nua aber in Folge der Vervoll- fommnung der Dampfshiffahrt diese Reisen derart abgekürzt worden, daß: dieselben meistens in 13 bis 14 Tagen zurück-
elegt werden und in den leßten zehn Jahren die längste dieser
eisen nur 17 Tage in Anspru nahm. Die Folge hiervon war, daß die Dampfschiffe stets ganz enorme Quantiiäten an Proviant von ihren Reisen wieder mit zurückbrahten. Dieser Proviant ift
dann naturgemäß meiftens nicht mehr so gut, [als der eben frish an
Bord genommene, hinwieder aber auch nicht in einem Grade tadelhaft, daß eine Verwerfung desselben gerechtfertigt werden könnte. Da es für die Ausroanderer nun aber unbeftritten vortheilhafter ift, wenn für jede Reise frisher Proviant an Bord genommen wird, ift die betreffende Verordnung in Hamburg dahin abgeändert worden, daß während der Zeit vom 1. März bis zum 15. Oktober für Dampf- cie, welhe nah der Ostküste der Bereinigten Staaten von Nord- amerika gehen, wean sie mindestens 10 Knoten Fahrt machen, eine Pana ents auf 30 Tage als genügend anzusehen sei. Einz hnliche Bestimmung liegt zur Zeit in Bremen dem Senate und der Bürgerschaft zur Genehmigung vor.
In Hamburg is} eine neue Quarantäne-Instruktion für Cur- haven erlassen worden, durch welde auc die ausgehenden Aus- wandererschiffe, sofern si Krankheiten an Bord gezeigt haben sollten, berührt werden. ‘
Den diesem Bericht beiliegenden Tabellen entnehmen wir folgende Daten über den Umfang der Auswandererbewegung im Jahre 1880 im Vergleich mit den Vorjahren: A. Die im Jahre 1880 von Bremen, Hamburg, Stetiin und Antwerpen auégewanderten Deut - schen nah Herkunfts«- und Bestimmungélände:n: Aus dem König- reie Preußen wanderten im Jahre 1889 aus 39 669 männliche, 28 010 weiblihe Personen, zusammen 67079 Personen; aus dem übrigen Deutshen Reiche 24 109 männl., 14402 weibl. Per- sonen, zusammen 38 511 Personen; im Ganzen zusammen aus dem Deutschen Reiche 106 190 Personen, gegen im Ganzen in 1879 33 327 Personen, 1878 24217 Personen, 1877 21964 Personen, 1876 28 368 Personen, 1875 30773 Personen, 1874 45 112 Personen, 1873 103 638 Personen, 1872 125 650 Personen. Von diesen Aus- wanderern gingen 1880 über Bremen 51 627 Personen, über Hamburg 42 787 Perfonen, über Stettin 552 Personen, über Antwerpen 11 224 Personen. Es wurden befördert nach den Vereinigten Staaten von Amerika 61 871 männlicbe, 41 244 weibliche Personen; nab Britisch- Nordamerika 123 männl., 99 weibl. Personen; nach Ceatral-Amerika und Mexiko 16 männl., 3 weibl. Personen; nach Westindien 90 männl, 10 weibl, Personen; nach Brasilien 1226 männl., 893 weibl. Personen; nach den argentinishen Staaten 126 mänul,, 63 weibl. Personen; nach Peru 11 männl, 1 weibl. Person; nach Chile 80 männl, 42 weibl. Per- sonen; nach anderen südamerikanishen Staaten 69 männl., 28 weibl. Personen, nach Afrika 26 männl., 1 weibl, Person, rah Asien 28 männl., 8 weibl. Personen, nach Australien 112 mäunl., 20 weibl. Personen.
B. Die im Jahre 1880 von deutschen Hâfea aus nach über- seeishen Ländern heförderten fremden Auswanderer: Ueber Bremen gingen 28 703 Perfonen (davon 14 406 aus Oesterreich-Ungarn, 2986 ans Schweden und Norwegen 2c.), über Hamburg 26 100 Personen (davon 14233 aus Oesterreih-Ungarn, 4857 aus dem euro- päischen Rußland 2c.), zusammen über Bremen und Ham- burg 54803 Personen, Diese wurden befördert: nach den Vereinigten Staaten von Amerika 54022 Personen, nah British Nordamerika 79 Personen; nah Centrakl-Amerika nnd Mexiko 4 Personen; nach Westindien 44 Personen; nah Brasilien 352 Personen; nah den Argentinishen Staaten 189 Personen ; nah Peru d Personen, nach Chile 37 Personen; nach anderen südameri- kanishen Staaten 33 Personen; nach Afrika 10 Perfonzn; nah Asien 11 Personen; nach Australien 17 Personen,
C. Im Ganzen wurden Auswanderer aus deutschen und fremden Staaten über Hamburg und Bremen befördert: in 1880 149 217 Personen, in 1879 51 518 Personen, in 1878 46 286 Personen, in 1877 41 749 Personen, in 1876 50398 Personen, in 1875 56 313 Personen, in 1874 74076 Personen, in 1873 132417 Percfonen, in 1872 154 824 Personen.
Der Etat für das Königlich sächsishe Reihs-Mili- tär-Kontingent hat 192201 4 (+ 9045 A) Einnahmen (für Rehnung der Bundesstaaten mit Aus\{luß von Bayern).
Die fortdauernden Aus8gaben betragen 21402028 /(. (+ 2345 162 Æ), und zwar: Kap. 14 Krieg8minifterium 95 739 M (+ 3360 #4), Kap. 15 Militär-Kassenwesen 21165 #, Kap. 16 Militär - Intendantur 107490 4, Kap. 17 Militär Geistlichkeit 32920 A (—- 1280 6), Kap. 18 Militär-Justizverwaltung 53 860 4 (+ 3210 A), Kap. 19 Höhere Truppenbefehlshaber 156 684 M4 (+ 150 A4), Kap. 20 Gouverneure, Kommandanten und Plaßmajore 17 988 #, Kap. 21 Adjutantur-Offiziere und Offiziere in besonderen Stellungen 57 900 4, Kap 22 Generalstab 94 830 4 (+ 73009 M), Kap. 23 Ingenieur-Corps 65 082 #6 (+ 3900 4), Kap. 24 Geldver-
flegung der Truppen 7 153 782 #6 (+ 869 510,4). Für, wie in den ent- prechenden Positionen bei Preußen in Folge der geseßlich vorgeschriebenen Neuerrihtung von 6 Infanterie-Bataillonen und 2 Feldbatterien (— 3398 Mann), Kap. 25 Naturalverpflegung 5 981 238 M (+4 737 672 M), Kap. 26 Bekleidung und Ausrüstung der Truppen 1703774 M (+ 209 785 M), Kap. 27 Garnisonverwaltungs- und Serviswesen 2556 275 Æ (+ 302439 4), Kav. 28 Garnison-Bauwesen 4050 4 (+ 4950 M), Kap. 29 Militär-Medizinalwesen 422 694 e 34351 4M), Kap. 30 Verwaltung des Train-Depots und Jn- tandbaltung der Feldzeräthe 31480 M (+ 1000 M), Kap. 31 Verpflegung der Ersaß- und Reserve - Mannschaften 166497 4 (+ 31400 #, Kap. 32 Ankauf der Remontepferde 506 580 M (+ 14 386 4), Kap. 33 Verwaltung der Remontedepots —, Kap. 34 Reisekosten und Tagegelder, Vorspann- und Transportkosten 251 482 A (+ 17122 A), Kap. 35 Militär-Erziehungs- und Bil- dung8wesen 303 916 A (+ 4495 4), Kap. 36 Militär-Gefängniß- wesen 78 615 #Æ (— 10000 M), Kap. 37 Artillerie- und Waffen- wesen 798 633 A (4+ 59550 H), Kap. 38 Technische Institute der Artillerie 38 730 4, Kap. 39 Bau und Unterhaltung der Festungen 31 865 M (4+ 1675 M), Kap. 40 Wohnungsgeldzuscbüfse 527 970 A4 4+ 36402 M), Kap. 41 Unterstüßungsfonds 3390 #, Kap. 42 Zuf zur Militär-Wittwenkasse 132836 K (+ 12125 M), ap. 43 Verschiedene Au8gzaben 4572 M .
Zu einmaligen Ausgaben sind 3206800 #M (+ 2772644 M) ausgeworfen. Die Mehrausgaben gegen den laufenden Etat entstehen au hier meift dur die Neuformationen. l
Der Etat für das Königlich württembergisheReichs- Militär-Kontingent hat 142102 M (+ 12150 4) Ein- na En (für Rechnung der Bundesstaaten mit Ausnahme von
ayern).
Die fortdauernden Ausgaben belaufen sich auf 14 464 958 A (4 723 102 A); auc hier sind die Mehrausgaben meift dur die geseßlihe Neuformation von 2 Batterien Feld- Artillerie veranlaßt. Die Ausgaben betragen im Einzelnen:
Kap. 14 Kriegs-Ministerium 92310 Æ, Kap. 15 Militär- Kassenwesen 13 350 «, Kap. 16 Militär-IJntendantur 116 518 M, Kap. 17 Militär-Geistlichkeit 10 620 A, Kap. 18 Militär-Juasftiz- verwaltung 64 900 M (+ 4309 4), Kap. 19 Höhere Truppenbefehls8- haber 139 770 M, Kap. 20 Gouverneure, Kommandanten und Pla y- majore 15 480 \(, Kap. 21 Adjutantur-Offiziere und Offiziere in be- sonderen Stellungen 52 800 4, Kap. 22 Generalstab 57 550 M, Kap. 23 Ingenieur-Corps 38 316 „ä, Kap. 24 Geldverpflegung der Truppen 4 970 145 M (4- 254 833 M), Kap. 25 Naturalverpflegung 4 049 672 M (4+ 275 029 M), Kap. 26 Bekleidung und Ausrüstung der Truppen 1134812 M (4- 70 808 4), Kap. 27 Garnisonverwal- tungs- und Serviêwesen 1497 017 4 (+6666 4), Kap. 28 Garni- son-Bauwesen 24 026 M (4 24 026 4), Kap. 29 Militär-Medizinal- wesen 297 923 (— 513 4), Kap. 30 Verwaltung des Train-Depots und Instandhaltung der Feldgeräthe 27 803 4, Kap. 31 Verpflegung der Ersat- und Reservemannschaften 2c. 92973 M (4 14 033 H), Kap. 32 Ankauf der Remontepferde 360035 M (4- 10 433 4), Kap. 33 Verwaltung der Remonte-Depots —, Kap. 34 Reisekosten und Tagegelder, Vorspann- und Transportkosten 288 435 4 (4+ 21 959 „4), Kap. 35 Militär-Erziehunas- und Bildungswesen 61 499 4 (4+ 53 4) Kap. 36 Militärgefängnißn5esen 48 635 M, (+ 10 516 4), Kap. 37
Artillerie- und ffenwesen 507 826 M (4 29 200 A), Kap. 38