1881 / 64 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Mar 1881 18:00:01 GMT) scan diff

veränderte Bewilligung des auf Grund der Einnahmen im Oktober 1880 bis Januar 1881 für das neue Etatsjahr auf 901 300 000 #4 brutto und 188 250000 # netto veran- {lagten Ertrages. Bezüglih der dem Punkt 1 des Etats beigefügten erläuternden Bemerkung, wonach „die Aenderungen, welche in Folge des beabsichtigten Einschlusses der Stadt Altona in die Zolllinie eintreten würden, bei dieser Berehnung un- berücksichtigt gelassen seien, da eine genauere Veranschlagung derselben zur Zeit unthunlih sei, auch der Tag des Zoll- anshlusses noch nicht feststehe“, habe die Reichsregierung in der Kommission erklärt, daß eine stillshweigende Erledigung der Zollanshlußfrage damit nicht habe erbeigesührt werden sollen, sowie daß bei Ausführung des Projekts die Bewilligung des Reichstags in Anspruch genommen werden würde. Der Staatssekretär des Reichsshaßamts Scholz widersprach der leßt- gedachten Anschauung, ? in der Kommission sei \. Z. nur erklärt worden, daß falls die in Rede stehende Maßnahme im Laufe des Etatsjahres zu Stande komme, nah der Auffassung der Regierung keine Kosten dadurch erwachsen würden, die von der Be- willigung dieses Hauses abhingen. Auf Antrag des Abg. Dr. Hänel, dem si die Abgg. von Bennigsen, Dr. Las- ker, Dr. Delbrück und Dr. Windthorst anschlossen, wurde so- dann unter Widerspru des Abg. Freiherrn von Minnige- rode Titel 1 zur nohmaligen Vorberathung auf Grund der eben abgegebenen Erklärungen des Staats-Sekretärs an die Budgetkommission zurückgewiesen , unbeschadet der weiteren Durchberathung des Etats.

Bei Schluß des Berichts machten die Abgg. Dr. Buhl und Haerle auf die Nachtheile aufmerksam, welche die massen- hafte zollsreie Einfuhr von Weintrauben zur Weinbereitung dem inländishen Weinbau zusüge. Der Direktor im Reichs- \haßamte Burchard erklärte, daß die Aufmerksamkeit der ver- bündeten Regierungen dem Gegenstande dieser Beschwerde bereits zugewendet sei.

In der gestrigen Sihung des Brandenburgischen Provinzial - Landtags verlas der Vorsißende, Graf von Arnim-Boißenburg, folgende Adresse an Se. Majestät den Kaiser und König:

Oer zu seinen Situngen hier versammelte Landtag ter Provinz Brandenburg bat den alleruntert. änigst unterzeibneten Vorsißenten beauftragt, Ew. Majestät in tiefster Chrfurt die Geföhle der hohen Theilnakme av dem schweren Verluft auszuspreden, welchen Aler- höstdiesclben dur das furchtbare Ercigniß erlitten, das den Gnfel unseres unverg.ßliden, in Gott ruhe: den Königs Friedrich Wilkelm 1 und den Ew. Majestät persönlich befreundeten Beher1 scher des mächtigen Nachtarreiches hinweggerafft hat. Die Vertreter un- serer Provinz, die gewohnt ist, in Freud und Leid, in outen und in bösen Tagen allezeit treu zu ihrem Kaiserlichen Herrn zu stehen, vzr-

einicen ih in dem Herzentwunshe: Gott süße, Eott segne Eco. Majestät!

Die Bestimmung des 8. 714 der deutschen Civilprozeß- ordnung, wonach Früchte, auch bevor sie von dem Boden getrennt sind, gepfändet werden können, findet nach cinem Urtheil des Reichsgerichts, 11. Strafsenats, vom 4. Januar d. J., auf Bäume, die noch auf dem Stamme stehen (stehen- des Holz) keine Anwendung; der Gerichtsvollzieher ist daher nicht eit: stehendes Holz auf Grund eines generellen Arrest- befehls mit Beschlag zu bel-gen, und die Entziehung der un- befugt vom Gerichtsvollzieher beshlagnahmten Bäume aus der vermeint.ihen V?rstrickung is niht als Arrestbruch zu be- strafen. Vielmehr bedarf es zur Beschlagnahme von Bäumen auf dem Stamm einer besonderen richterlihen Verfügung, durch welche der Arrest vollzogen wird.

Die Zeiteintheilung für die diecjährigen Frühjahr s- besichtigungen des Garde-Corps is, wie folgt, Aller- höchst genehmigt worden: 3. Mai. Besichtigung der Ba- taillone des 1. Garde-Regiments z. F. im Slisgatten zu Potédam. 13. Mai. Besichtigung des Garde-Jäger-Ba- taillons und der Unteroffiziershule im Lustgarten, sowie des 1. Garde-Regiments z. F. auf dem Bornstedter Felde zu

Potsdam. 14. Mai. Besichtigung des Garde-Pionier- Bataillons, des 2. Bataillons Eisenbahn-Regiments und des 3. varde - Regiments z. F. auf dem Exerzier-

plaße westlih der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. 16. Mai. Besichtigung des Garde-Schüßen-Bataillons, des Kaiser Alexan- der:Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1 und des Kaiser Franz- Garde: Grenadier-Regiments Nr. 2 auf dem Exerzierplay öst- lih der Tempelhofer Chaussee b-i Berlin. 17. Mai. Be- sichtigung des 1. Bataillons Garde-Fuß-Artillerie-Regiments, des 4. Garde-Regiments z. F. und des 3. Garde:Grenadier- Regiments Königin Elisabeth auf dem Exerzierplay an der Potsdamer Chaussee bei Spandau. 18. Mai. Besichtigung des 2. Garde-Regiments z. F. und des Garde:-Füsilier-Regiments, auf dem Exerzierplay westlich der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. 19. Mai. Marsch des 4. Garde-Regiments z. F., des 3. Garde:Grenadier-Regiments Königin Elisabeth von Spandau nah Berlin, und des 1. Bataillons des Kaiser Aléxander:Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1 von hier nah Spandau zur Wahrnehmung des Wachtdienstes. 23. Mai. Besichtigung der 1. Garde-Jnfanterie-Brigade auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam. 24. Mai. Besichtigung der kombinirten Garde - Jnfanterie - Brigade (Kaiser Franz-Grenadier-Regiment Nr. 2 und 3. Garde- Regiment z. F.) auf dem Exerzierplay östlih der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. 25. Mai. Marsch der 3. und 4. Es- cadron des Regiments der Gardes du Corps na Potsdam. 97. Mai. Besichtigung der 2. Garde - Jnjanterie- Brigade auf dem Exerzierplay wésilih der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. 28. Mai. Besichtigung der 3, Garde - Jnfanterie - Brigade auf dem Exerzierplaß östlich der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. 830. Mai. Große Parade auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin. Eisenbahntransporte des 1. Bataillons Garde-Fuß- Artillerie:-:Regiments nah Berlin und nah der Parade Rück-

die auf einem Mißverständniß beruhe; -

marsch nach Potsdam. 31. Mai. Große Parade im Lust- |

garten zu Potsdam. Nückmarsh der betreffenden Truppen nach Spandau resp. Berlin. 10. Juni. Besichtigung der Garde-Feld- Artillerie-Brigade auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin. 14. Juni. 1. Garde-Dragoner-Regiments auf dem Exerzirplaß südlich der

Besichtigung des Garde-Kürassier und des |

der Bataillone schließen mit dem 3. Mai, die der Escadrons mit dem 25. Mai ab. Die Besichtigungen in Berlin beginnen um 10 Uhr, in Potsdam, wenn im Lustgarten um 9/4 Uhr, D N dem Bornstedter Felde und in Spandau um 93 4 E:

Der General-Lieutenant von Strubberg, General-

nspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens, hat

0 os Anklam zur Besichtigung der dortigen Kriegsschule egeben.

Das „Mar. V. Bl.“ veröffentlicht Notizen über Jndienststellungen: S. M „Comet“ ist am 12. März cr. in Kiel in Dienst gestellt. Stellung in Shiffsreserve: S. M. S. „Gazelle“ ift am 24. Februar cr. in Wilhelmshaven in die 2. Reserve ge- stellt. Schiffsbewegungen: (Das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nah dem Orte Abgang von dort.) S. M. S. „Ariadne“ 6/9. 80. Callao 3/1. 81. 3/1. Bucht von Ancon 20/1. 20/1. Callao. (Poststation : Callao.) S. M. Knbt. „Cyclop“ 9/2. Aden. (Poststation : Gibraltar.) S. M. S. „Freya“ 22/12. 80. Hongkong. Leßte Nachricht von dort 2/2. cr. (Poststation: Hongkong.) S. M. Av. „Habicht“ 27/2. Melbourne. Beabsichtigte am 7/3. die Reise fortzuseßen. (Poststation: Auckland auf Neu- seeland.) S. M. S. „Hertha“ 10/3. Melbourne. (Post- station: bis 25/3. Yokohama leßte Post 25/3. 21/2, Noqcmittags via Brindisi —, vom 26/3. ab Hongkong.) S. M. Knbt. „Hyäne“ 20/10. 80. Aufs land 17/11. 80. nach Apia. (Poststation: Aden.) S. M. Knbt. „Zltis“ 25/11. 80. Shanghai 25/1. 81. 31/1. Honzkong. (Poststation: Hongkong.) S. M. Av. „„Lo- reley“ 10/11. 80. Konstantinopel. Leßte Nachricht von dort 3/3. (Poststation: Konstantinopel.) S. M. Av. „Möwe“ 2/3. Melbourne. (Posistation: Auckland auf Neuseeland.) S. M. Knbt. „Nautilus“ 22/11. 80. Wellington (Neuseeland). (Post- station: Aden.) S. M. S. „Nymphe“ 18/1. Curaçao 17/2. na Jamaika. (Poststation: Norfolk.) S. M. S. „Victoria“ 11/2, Madeira 12/2. nach Sierra Leona. (Poststation : Porto Grande Cap Verdishe Jnseln.) S. M. S. „Vincta“ 25/11. 80. Yofohama. Leßte Naqhricht von dort 6/1. cr. (Posistation: Hongkong.) S. M. Knbt. „Wolf® 2/11. 80, Tientsin. Lebte Nahricht von dort 10/12. 80. (Poststation : Hongkong.)

S, M. Kanonenboot „Nautil us“, 4 Geschüße, Kom- wandant Korv -Kapt. Chüden , ist am 11. Dezember 1880 in Apia, S. M. Kanonenboot „Hyäne“, 4 Geschüße, Komman- dant Kaptlt. v. Gloeden, am 11. Dezember 1880 ebendaselbst eingetroffen.

S. M. S. „Nymphe“, 9 Geschüße, Kommandant Korv.-Kapt. Schröder, ist am 20. Februar cr. in Port Royal eingetroffen und beabsichtigte am 28. dess. Mts. nah Havanna in See zu gehen.

S. M. Kanonenboot „Cyclop“, 4 Geschüße, Komman- dant Kaptlt. von Schuckmann 1k., hat am 2. März cr. vor Port Saîïd geankert.

Wiesbaden, 15. März. (W. T. B.) Der nassaui- \che Kommunalkandtag beschloß, eine Beileidsadresse an Se. Majeflät den Kaiser zu richten, in welcher der Entrüstung über die Ermordung des Kaisers Alexander Ausdruck gegeben werden soll.

Bayern. München, 14. März. (Allg. Ztg.) Jn der heutigen Sißung der Kammer der Reichsräthe wurde der neu eintretende erblihe Reihsrath Graf von Prey- fing beeidigt. Durch hierauf mit Einstimmigkeit be- \{lossene unveränderte Annahme der Gesetzentwürfe, be- treffend die Disziplin der richterlichen Beamten, den Vollzug des Reichsvieh-Seuchengeseßes, die Körordnung und das Landtagswahlgeseß in der Fassung der Abgeordnetenkam- mer sind Gesammtbeschlüsse beider Kammern erzielt. Bei der Berathung der Wahlgeseß-Novelle hatten nur der Referent Reichs- rath van Neumayr und der Minister des Jnnern, von Pfeufer, das Wort genommen, um die unveränderte Annahme zu em- pfehlen. Die Beschwerde der Nürnberger Genofssenschaftsbuch- druckerei wurde, entgegen dem Beschlusse der Abgeordneten- fammer, gemäß dem Ausschußantrag ohne Debatte als formell unzulässig erklärt.

15. März. (W. T. B.) Jm Austrage des Königs reist heute Abend Prinz Arnulf nah St. Petersburg

ab, um an den dort stattfindenden Beisetungsfeierlichkeiten theilzunehmen.

Sachsen. Dreéden, 15. März. Das „Dresd, Journ.” meldet: Jm Allerhöchsten Auftrage wird sich der General- Adjutant , General-Lieutenant von Carlowiß morgen Abend nach St. Petersburg begeben, um dem Kaiser Alexander 111. die Theilnahme Sr. Majestät des Königs auszusprehen und ihn gleichzeitig zu der erfolgten Thron- besteigung zu beglückwünschen, sowie auch den Beisetzungs- feierlihkeiten beizuwohnen. Wie wir vernehmen, hat die Allerhöchsten Orts ursprünglich bestandene Absicht, die Mission

folgende . Knbt.

Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg zu über- |

tragen, mit Rücksicht auf den leider fortdauernd besorgniß- erregenden Gesundheitszustand des Prinzen Albert wieder aufgegeben werden müsen.

Württemberg. Stuttgart, 15. März. (W. T. B.) Der anläßlih des Ablebens des Kaisers Alexander in der griehishen Kapclle des Schlosses stattgehabten Trauerfeierlichkeit wohnten der Thronfolger Prinz Wil- helm mit Gemahlin, die Prinzessin Katharine, die Groß: fürstin Wjera, Nichte des verstorbenen Kaisers, die Mitglieder der russishen Gesandtschast, die Minister, General von Schacht- meyer und andere höhere Militärs bei.

Baden. Karlsruhe, 15. März. (W. T. B.) Dem heutigen Trauergottesdiens|t zum Gedächtniß des Kaisers Alexander in der griechishen Kapelle des Wil- helmpalais wohnten der Großherzog und die Großherzogin,

| der Kronprinz von Schweden, die Prinzessin Victoria, die

Hasenhaide bei Berlin. 15. Mai. Besichtigungdes 2. Garde- |

Ülanen- und des 2. Garde-Dragoner-Regiments auf dem | burg, überbrachte die Glückwünsche des Kaisers Franz

Exerzierplay südlih der Hasenhaide bei Berlin. 17. Mai. Besichtigung des Regiments der Gardes du Corps und des 3.

Garde:Ulanen - Regiments auf dem Bornstedter Felde bei '

Potsdam. 18. Mai. Besichtigung des Garde-Husaren- und des 1. Garde-Ulanen-Regiments auf dem Vornstedter Felde bei Potsdam.

der Gardes du Corps in ihre Garnisonen. Die Besichtigungen

RNückmarschch der 3. und 4. Escadron Regiments |

übrigen hier anwesenden Mitglieder der Großherzoglichen Fa: milie, die Hofchargen, die Generalität und ondere Notabili- täten bei. Der österreichishe Gesandte, Freiherr v. Potten-

| Josef zur Verlobung der Prinzcssin Victoria.

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esen. Darmsiadt, 15. März. (W. T. B.) Der Großherzog begiebt sich am nächsten Freitag nah St. Peters- burg.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 14. März. Der seinem Jnhalte na bereits telegraphish gemeldete Allgemeine

' gewissen,

Erlaß, betreffend den Geschäftsbetrieb ausländischer Versicherungsgesellshaften, hat nah der „Els.-Lothr. Ztg.“ folgenden Wortlaut:

Durch Ober-Präsidialverfügung vom 19. Juli 1872 ift dahin Anordnunz getroffen worden, daß dem Geschäftsbetrieb ausländischer (nicht deutscher) Versicherungsgesellshaften in Elsaß-Lothringen unter in der Verfügung näher bezeihneten Vorausseßungen kein Hinderniß zu bereiten sei. Von der Führung des Nachweises, daß die betreffende Gesellschaft in Elsaß-Lothringen staatlih anerkannt sei, hat jene Verfügung die Duldung des Geschäftébetriebes nicht abhängig gemacht. :

För den Erlaß der fraglihen Anordnung war bestimm:nd, daß im Gebiete des Reichslandes in den ersten Jahren der deutscen Verwaltung einheimisb2 Versicherungsanstalten von mehr als lokaler Bedeutung nit ktestanden und daß mit Rücksicht hierauf die unbes- {hränkte Zulassung des Geschästsbetriebes ausländischer Versicherungê- gesellschaften, insbesondere auch der in Elsaß-Lothringen vorherrschend vertretenen französishen Gesellsbaften im Interesse des versiherung- fuchenden Publikums für erforderli erachtet wurde.

Dieser Grund der Anordnung hat seine Bedeutung verloren, nachdem inzwishen die Bildung einheimischer Versicherungsgesell- schaften begonnen hat, deren Geschäftsbetcieb auf ganz Elsaß Lothrin- gen berechnet ist. Daß diese einheimischen Gesellsaften unbefugter Konkurrenz des Autlandes ausgeseßt sind, entspricht nicht den Inter- essen des Landes. Ihr Geschäftsbetrieb bietet den Vortheil, daß die von den Landesbewohnern gezahlten Prämien im Lande bleiben ; nit minder kommt in Betracht, daß einheimishe Gesellschaften für die Erfüllung der Versicherungsverträge ungleih größere Sicbetßeit ge- währen, als Gesellschaften, deren Vermögen im Auslande belègen ift.

Mit Rücksicht auf die bezeihnete Aenderung der Verhältnisse ist es daßer geboten, daß die Verwaltung von dem bisher befolgten Grundsaße zurückommt und den Geschäftsbetrieb ausländischer Ver- sicherungsgesellscaften künftizhin nur insoweit gestattet, als diesem Geschäftsbetrieb eine rechtlihe Befugniß zur Seite steht.

Na Lage der Geseßgebung find autländisbe Versicherung2- gesellshasten auf Aktien und ausländische Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit an und für sich zum Geschäftsbetrieb in Els{aß- Lothringen nicht berechtigt. :

Was insbesondere ausländische Aktiengesell’baften anlangt, so ist deren Stelluyg turch das Geseß vom 30. Mai 1857 (buV. des lois X1 série, Nr. 4578) dahin geregelt, daß sie nur dann alz Rechté- subjekte anerkanrt und zum Gesctästsbetrieb in Elsaß-Lothringen zugelassen werden können, wenn sie entweder durch landetIerrliche Verordnunz oder durch interna tionale Vereinkarung mit dem Lande welcem se angehörev, ausdrücklid für das Inland ermächtigt wor- den sind. Vergl. Dalloz. Recueil 1860 I. S. 444 und 1I. S. 126 u. ff.; 1861 II. S. 1877, ;

Ausländische Versicherungsgesel) haften auf Segenseitigkeit be- dürfen, insof.rn sie nah den Geschen ihres Domkizils den Aktien- gésellshaften darin gleihgestellt sind, daß fie wie diese ein selbstän- dizes von der Persönlichkeit der einzelnen Gesellschafter verschiedenes Rechtssubjekt bilden, mit Rücksicht auf diese Gleichstellung gleichfalls der bezeihneten Ermächtigung. Bei ausländischen Lebene versicherungs- geselischaf!en auf Gegenseitigkeit ist die staatliche Ermächtigung auch dann für erforderli zu erachten, wenn die Eigenschaft juristischer Personen nicht in Frage stcht. Es folgt dics aus dem Umstande, daß auc der Geschäftsbetcieb inländisher Gesellschaften gleicher Art nach Art. 66 des Gesezes üker die Gesellshaften vom 24. Juli 18€7 durch jene Ermächtigung bedingt ift.

G-gen ausländisbe Versicherungsgesellswaften, welche ohne die hiernach erforderliche Ermächtigung in Elsaß-Lothringen thätiz sind, ift mit den geseßlichen Mitteln einzuschreiten. Ic ersucbe Sie, die Vertreter der nit ermäcbtigten autländisben Gesellstaften ent- sprechend zu verständigen und dense lben zu eröffnen, daß die Fort- seßung ihres Gescbäftsbetriebes übe r ben 1. Mai d. Js. hinaus richt werde geduldet werden. y |

Auf Versicherungsgesell\cha ten, welche in Oesterrei, Belgien, Jtalizn, Eagland und in der Schweiz domizilirt sind, findet die vorstehende Anordnung keine Anwendung, da diese (Gesellschaften kraft internationaler Vereinbarungen anerkanat und zum Gesch{häfts- betriebe zugelassen sind. E

Straßburg, den 11. März 1881.

Der Unter-Staatssekretär: von Pommer- Esche. An die Herren Bezirkspräsidenten,

Oesterreich-Ungarn. Wien, 15. März. (W. T. B.) Dem heute in der hiesigen russischen Kirche abgehaltenen Trauergottesdien ste wohnten der Kaiser, die Mitglieder der Kaiserlihen Familie, das diplomatishe Corps und viele Mitglieder der Aristokratie bei, der Kaiser und die Erzherzoge Karl Ludwig und Wilhelm trugen russische Uniform. Der Kaiser wurde vom russischen Botschafter am Eingang empfan- gen und sprah demselben sein tiefstes Beileid aus.

Das Abgeordnetenhaus wählte heute mit 163 Stimmen den Abg. Fürsten Lobkowiß zum ersten Vize- Präsidenten, der Abgeordnete Demel erhielt 149 Stimnien.

Jn der heutigen Versammlung der Verfassungs- partei wurde einstimmig folgende Resolution angenommen : Indem die Verfassungsparte ihren Abscheu und ihre Ent- rüstung über das fluhwürdige Attentat gegen den Kaiser von Rußland auedrückt, vermag sie auf die An- regung, diese Gesinnung durch einen Antrag im Hause nach- träglih auszusprehen, als verspätet und ihrer Stellung als Minorität niht entsprehend, niht einzugeben.

Schweiz. Bern, 15. März. (W. T. B.) Der Bundesrath richtete an die hiesige russishe Gesandt- schaft ein Schreiben, in welhem er seine Bestürzung und Entrüstung über das s{händlihe, shreckliche Attentat aus- sprah und dieselbe ersuhte, der Kaiserlihen Familie den Auédruck seiner s{merzlihen S sicherung seiner Hochachtung mitzutheilen.

Niederlande. Haag, 15. März. (W. T. B.) Die Zweite Kammer genehmigte heute einen Antrag, dur welchen die Regierung aufgefordert wird, der russischen Regierung ihre Entrüstung und Theilnahme wegen der Ermordung des Kaisers Alexander auszusprehen. Jn der russischen Kapelle fand ein Trauergottesdien st statt, welhem die Vertreter der Regierung und das diploma- tishe Corps beiwohnten.

Belgien. Brüssel, 15. März. (W. T. B.) Jn der heutigen Sitzung des Repräsentantenhauses gedacte der Präsident des furhtbaren Verbrechens gegen den aiser Alexander und des s{hmerzlihen Eindrucktes, welchen daf- selbe im ganzen Lande hervorgerufen habe. Er sei überzeugt, der Dolmetscher der Kammer und des Landes zu sein, indem er dem Gefühle des Abscheues über dieses Verbrechen Aus- druck gebe. (Zustimmung auf allen Bänken des Hauses.) Der Minister dcs Auswärtigen, Frère-Orban, erinnerte sodann an die großen Reformen, die in Rußland mit dem Namen des Kaisers Alexander verknüpft seien, und hob hervor, daß derselbe gerade in dem Zeitpunkte von dem Ver ter getroffen worden sei, als er hâtte die Segnungen dieser Re- formen genießen sollen.

mpathie und dcr Ver-

Großbritannien und Jrland. London, 15. März, (W. T. B.) Jm Unterhause beantragte heute der Premier Gladstone eine Adresse an die Königin, in welcher dem Abscheu über das gegen den Kaiser von Rußland begangene Verbrehen und der aufrihtigen Theilnahme des Hauses an allen Empfindungen, welche die Frevelthat hervor- rufen müsse, Ausdruck gegeben wird. Gladstone wies auf die shwarze Undankbarkeit hin, welche allein solhes Ver- brechen ersinnen und ausführen fonnte. Das ganze Leben des Kaisers Alexander sei dem Wohle seiner Unterthanen gewidmet gewesen. Die Herrschaft Alexanders II. werde ewig in der Geschichte Rußlands und der europäischen Civilisation als eine erlauchte und denkwürdige Herr- schast fortleben. Kaiser Alexander habe viel für Rußland gethan. Gladstone gedahte sodann der Aufhebung der Leib- eigenschaft, der Einführung der Lokalverwaltung und der Ein- sezung der Geschworenengerichte. Die Liebe des russischen Volkes, die Sympathie und Bewunderung der gesammten Welt werde ewig dem Namen Alexandcrs Il. gesichert bleiben. Northcote unterstüßte in beredten Worten den Antrag, welcher einstimmig angenommen wurde. Ebenso wurde der Antrag auf Erlaß einer Kondolenzadresse an die Herzogin vonEdinburgh und der Antrag auf Ueberreichung derselben durch den Marquis Tavistock und Graf Percy angenommen.

Im Oberhause beantragte der Staatssekretär des Aus- wärtigen, Lord Granville, von Beaconsfield mit warmen Worten unterstüßt, eine Adresse an die Königin, um dem Kummer und der Entrüstung über die Ermordung des Kaisers von Rußland Ausdruck zu geben. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Ebenso wurde der Erlaß einer Adresse an die Herzogin von Edinburgh und deren Ueber- reihung durch die Herzöge von Bedford und Richmond geneh- migt. Hierauf wurde die irishe Waffen bill in zweiter Lesung angenommen,

16. März. (W. T. B.) Sheridan, welcher zu den Mitangeklagten in dem Prozesse gegen die irischen Agita- tor gehört, ist gestern verhaftet und nah Dublin gebracht worden.

Frankreich. Paris, 15. März. (W. T. B.) Die „République française“ beglückwünsht den Senat und die Kammer zu ihrem gestrigen Beschlusse, die Sißung auf- zuheben, um auf diese Weise öffentliches Zeugniß abzulegen von dem Antheile, den Frankreih an dem Mißgeschicke Nu ß- lands nehme, und von der tiefen Entrüstung gegen die unheilvollen Verschwörer. Die „République française“ {ließt ihren Artifel mit Wünschen für die Entwickelung der Wohl- fahrt des großen russischen Volkes. Das Fournal „La Paix“, die Journale „Temps“, „Débats“, der „Moni - teur“ und die meisten anderen Blätter der Rechten und der Linken brandmarken ebenfalls das Attentat und rühmen den edelmüthigen Charakter des verstorbenen Kaisers und die patriotishen Gesinnungen und häuslihen Tugenden Kaiser Alexanders 111.

Im Senat interpellicte Batbie die Regierung über die Maßregeln, welche gegen die jesuitishen Profe f\- soren ergriffen worden seien, welche einzeln in ihre früheren Kollegien zurückgekehrt seien. Der Minister-Präsident Ferry rechtfertigte die ergriffenen Maßregeln und erklärte, vor Ostern müßten alle jesuitishen Professoren durch weltliche Geistliche erseßt werden. Hierauf wurde die einfache Tages- ordnung angenommen.

In der Deputirtenkammer beschwerte fich Talandier (Jntransigent), daß er gestern zu dem Antrage Dubodau, gegen den er habe protestiren wollen, vergeblih das Wort verlangt habe. Der Präsident Gambetta erklärte, cr würde, falls Talandier gegen den fast einstimmigen Beschluß der Kammer protestirt hätte, die Bestimmungen der Geschäfts- ordnung in voller Strenge zur Anwendung gebracht haben. Gambetta erinnerte zugleih daran, daß auch die Legislatur des Kaiserreichs bei Gelegenheit der Ermordung des Präsidenten Lincoln auf Antrag Rouhers die Sißung aufgehoben habe.

Gegen die intransigenten Journale und gegen den „Citoyen“ soll dem Vernehmen nah wegen Verherr- lihung eines qualifizirten Verbrechens die gerichtliche Ver- folgung eingeleitet werden.

Vie „National“ und „Liberté“ melden, wäre das Kabinet mit der Prüfung der Mittel bescläftigt, die geeignet wären, den franzöfischen Interessen in Tunis Achtung zu verschaffen. Der „Tem ps“ meldet: Die französishe Kolonie in Tunis habe dem dortigen französishen Konsul ein Kunst- werk verchrt, als Zeichen ihrer Erkenntlichkeit für seine feste, geshickte und patriotische Haltung. Gleichzeitig habe dieselbe cine Adresse überreiht, in welcher die französische Regierung ersucht wird, energish die Jnteressen Frankreichs zu ver- theidigen.

16. März. (W. T. B.) Das „Journal des Des bats“ tritt ter Annahme auswärtiger Blätter entgegen, daß die Milliardenanleihe eine kriegerishe Bedeutung habe. Ueber den ganzen Betrag der Anleihe seien zum Voraus ge- naue Bestimmungen getroffen worden; durch die Ausführung öffentliher Arbeiten würden 612 Millionen in Anspruch ge- nommen, der Rest sei zur Regelung von bereits gemachten oder von den Kammern beschlossenen Auégaben bestimmt. Jn dew vom Finanzminister an den Präsidenten Grévy unterm 1. Juni 1880 über das Liquidationskonto erstatteten Berichte sei eine ausführliche Darlegung hierüber enthalten.

_— (Cöln. Ztg.) Den neuesten Verfügungen des Kriegs-Ministers zufolge soll in Zukunst die Garnison von Paris folgendermaßen zusammengeseßt werden: 3 Jn- fanterie-:Divisionen, also 12 Regimenter oder 36 Bataillone ; 6 Gruppen von detachirten Bataillonen mit 4 Bataillonen für jede Gruppe, zusammen 24 Bataillone. Die drei Jnfanterie-

Divisionen sollen von dem 3., 4. und 5. Armee-Corps detachirt werden.

Spanien. Madrid, 15. März. (W. T. B.) Die amtliche „Gaceta“ publizirt das Geseh, betreffend die Ra- tififation des mit Oesterreich abgeshlossenen Handels- und Schiffahrtsvertrages. König Alfons hat dem Kaiser Alexander 11! von Rußland telegraphisch sein

Beileid ausgesprohen. Am Hofe ist eine 24tägige Trauer angeordnet worden.

Jtalien. Rom, 16. März. (W. T. B.) Anläßlich des Ablebens des Kaisers Alexander 11, von Nußland ist eine Wtägige Hoftrauer angeordnet worden. Der Finanz: Minister Magliani legte in der Deputirtenkammer das definitive Budget pro 1881 vor.

Der Botschafter in St. Petersburg, Ritter von Nigra, ist beauftragt, der Bestattung des Kaisers

Alexander als außerordentliher Gesandter beizuwohnen. Die heute nah St. Petersburg abreisende Spezialmission besteht aus dem Flügeladjutanten des Königs, Admiral Martin, Major Leiteriz und Ordonnanzoffizier Peruzzi. Der Herzog von Aosta wird si& später zur Krönungsfeierlichkeit nah St. Petersburg begeben.

Türkei. Konstantinopel, 13. März. (Allg. Corr.) Die in Thessalien gegenwärtig stationirte gesammte Trup - penmacht besteht aus 33 Bataillonen Nizams, 17 Bataillonen Redifs ersten Aufgebots, 2 Regimentern Kavallerie und 35 742 Mann Artillerie und Sappeure. Während der leßten paar Tage sind Torpedos im Fa von Volo versenkt wor- den. Die oftrumelische egierung hat das Projekt, die Reserven zu organisiren, aufgegeben. Aleko Pascha hat seine Absicht kundgegeben, einen zweimonatlihen Urlaub nahzu- suchen. Der bulgarische Agent bei der Pforte, Alabanoff, hält seinen Protest gegen die von der Pforte beabsihtigte Bil- dung eines besonderen Amtes für die Correspondenz mit den privilegirten Provinzen aufrecht und erklärt, er würde Mit- theilungen, die an ihn niht von Assim Pascha, dem Minister für NLuswärtige Angelegenheiten, gerichtet sind, unbeantwortet lassen. Er hat den Botschaftern der Mächte vorgestellt, daß ein solches Amt die politise Autonomie Bulgariens gefährden würde. Es verlautet, daß es dem Kurdenchef Scheich

Obeidullah endli gelungen ist, den Beistand der Truppen |

des berühmten Kurdenchefs Hamsa Agha zu erlangen.

Zwei Bischöfe und 12 Priester der Anti-Hassunitensekte haben | anstrengung vom Leidenden gesprochen, waren die leßten,

ih dem Monsignor Vanutelli unterworfen, der ihnen im Namen des Papstes Absolution gewährte und sie ermächtigte, in den rômis:fatholishen Kirchen Konstantinopels zu funkiio- niren. Das armenisch-katholishe Shis8ma is nun- mehr fast zu Ende. Es verbleiben noch immer einige \{chis- matische Priester, aber sie haben keinen Bischof an ihrer e und die Anti-Hassuiten-Kirhe is von Gensd’armen eseßt.

15. März: - Dis „Neue freie Presse“ läßt sich von hier melden: Gestern und heute fanden bei dem deutschen Botschafter, Grafen L Sitzungen in der griechisch- türkischen Frage |tatt. Die türkischen Delegirten legten eine Karte vor, auf welcher das Maximum der Konzesfionen der Pforte verzeihnet ist, welche cinen sehr versöhnlichen Geist bekunden.

16. März. (W. T. B.) Heute fand eine Be- sprechung der Botschafter und türkischen Delegirten in der griehischen Frage statt. Niza Bey, der Sohn Neuf O ist zum türkischen Gesandten in Cettinje ernannt worden.

Numänien. Bukarest, 9. März. Der „Pol. Corr.“ wird von hier geshrieben: „Gestern wurde in der Kammer die hon lange erwartete Jnterpellation bezüglich der Donau- Frage eingebracht. Die Anfrage war vom Abg. N. Jonescu in eine ziemlich umfassende Erörterung eingekleidet worden, deren Hauptinhalt auf den Gedanken hinausläuft, daß zwar Rumänien feine staatlihe Existenz zumeist der Jntervention Oesterreich:Ungarns verdanke, daß aber dieser Umstand nicht genüge, um das Land über den Stand der Donau-Frage zu beruhigen. Der Minister des Aeußeren Hr. Boerescu be- merkte, daß dur Vorlage der Akten in einer noch {chweben- den Frage deren gedeihlihe Lösung bedeutend erschwert werden müßte, gab aber auch gleichzeitig die Ver- sicherung, daß die Regierung niht daran denke, in der Donau- Frage die materiellen Landesinteressen den Rücksichten der äußeren Politik zum Opfer zu bringen. Was den bisherigen Verlauf der kommissionelen Verhandlungen anbelange, \o sei es Rumänien nicht gelungen, die für den untersten Lauf der Donau zur Regelung der internationalen Schiffahrt geschaffene Institution auch auf die Donau-Strecke von Galaß bis zum Eisernen Thore auszudehnen, nachdem der Vertreter Bulgariens es für angezeigt erachtet hatte, sih für die Strecke zu Gunsten einer aus 3Gliedern bestehenden Uferstaaten-Kommission auszusprechen, und die Mächte der österreichish-ungarishen Monarchie die Rechte eines Uferstaates zugestanden hatten, Die weitere Forderung N. Jonescu's, welcher sich mit der Fnterpellationsbeant- wortung nicht zufriedengab, die Regierung möge wenigstens in vertrauliher Sißung der Kammer den Wortlaut der Fn- struktion für den Vertreter Rumäniens in der Donaukommis- sion mittheilen, wurde von dem Minister-Präsidenten Bra- tiano kurzweg dahin beantwortet, daß die Regierung keine weiteren Aufklärungen geben könne und wolle. Damit war der Zwischenfall erledigt.“

15. März. (W. T. B.) Sämmtliche Journale geben der Entrüstung über das St. Petersburger Attentat Ausdruck. Fürst Karl und der Minister-

Präsident richteten Kondolenztelegramme an den Kaiser Alexander 111. Heute fand in der Serindar-: Kirche ein Trauer- gottesdienst für den verstorbenen Kaiser von Rußland statt, welchem der Minister des Auswärtigen, die beiden Metro- politen, die Präsidenten der beiden Kammern und das ge- sammte diplomatishe Corps beiwohnten. Der Fürst und die Fürstin waren durch den Hofmarschall und einen Adjutanten vertreten. Das amtliche Blatt veröffentlicht die Auslie f e- rungéfkonvention mit Belgien.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 15. März. (W. T. B.) Ueber die Katastrophe vom 13. d. M. berichtet der Offizier beim Cadrebataillon des Leibgarde - Reserve- Regiments Nowikoff als Augenzeuge in der „Neuen Zeit“ Folgendes: Der Kaiser hatte sich über die abgehaltene Wachtparade zufrieden ausgesprohen und war in heiterer Stimmung. Nowikoff und zwei seiner Kameraden schritten, aus der Michaelmanége kommend, auf die Newski-Perspektive zu und befanden sich in der Nähe der Kasanbrücke, als sie cine hestige Detonation vernahmen. Nowitkoff eilte längs des Quais des Katharinenkanals zu der Stelle, von woher er die Explosion vernahm und erblidte, als er noch etwa 30 Schritte von dieser Stelle entfernt war, eine Menschengruppe. Eine dichte Schneewolke, mit Splittern vermengt, erhob sih, und cine zweite Explosion erfolgie. Nowikoff lief noch rascher als bisher auf die Stelle zu und sah, daß Matrosen von der 8. Flotten- Equipage Jemanden festhielten und dabei etwas laut riefen, was ihm nicht verständlich war. Der Schnee war aufgewühlt und bedeckdt mit verschiedenen Fragmenten von Verwundeten ; auf dem Boden lag ein getödteter Kn be, ein s{werverleßter Kosak, noch eine Person und dabei im Schnee der Kaiser ohne Müte, ohne Mantel, in der Uniform des Sappeurbataillons. Die Füße des Kaisers waren ze: shmettert, die Kleidung zer- fett, das Blut strömte von den Beinen und särbte den Schnee. Nowikoff warf sich weinend zum Kaiser nieder mit den Wor- ten: „Mein Gott, was hat man mit Ew. Majestät gemacht !“

Der Kaiser lag unbeweglih. Die Matrosen traten hinzu. Mit ihrer Hülfe richtete Nowikoff den Kaiser auf, ihn mit dem rechten Arm um den Leib fassend, den linken auf die Brust legend; die Matrosen hielten tie Füße, ohne die Gewehre aus der Hand zu legen. So wurden einige Schritte gemacht. Der Kaiser sagte zwei Mal, bemüht, die Hand an die Stirn zu erheben, welche voll Blut war: „falt, kalt“. Nowikoff mit dem einen Arm den Kaiser haltend, versuchte mit dem anderen ein Tuch aus der Tasche zu ziehen, um dasselbe dem Kaiser um das Haupt zu winden. Jn diesem Augenblick fuhr der Großfürst, Michael heran. „Sascha, wie fühlst Du Dih?“ fragte er, si zum Antl1ÿ des Kaisers niederbeugend. Was der Kaiser antwortete, war {wer zu verstehen ; kein Stöhnen entstieg seiner Brust. Der Großfürst befahl den Matrosen, die Gewchre fortzuwerfen, und jemandem die Müße abnehmend, bedeckte er damit das Haupt des Kaisers, welcher weitergetragen wurde. Das Volk strómte von allen Seiten hinzu, viele fielen auf die Knie, sich bekreuzigend und shluczend. Die Pferde des Obersten Dworschißki waren durch die Detonation heu geworden und zur Theaterbrüdcke fortgerannt. Der Stabskapitän Frank eilte ihnen nach. Jn der Nähe standen einige Lohnschlitten, die aber zum Transport des Leidenden ungeeignet waren. Nowikoff fragte den Großfürsten, ob er gestatte, den Kaiser behufs Anlegung eines Ver- bandes in das nächste Haus zu transpor‘iren. Der Kaiser, augenscheinlich noch bei Besinnung, flüsterte dies hörend: „traget ins Palais, dort sterben!“ und noch etwas Unverständlihes. Diese Worte, mit der legten Krasft-

fein Laut mehr wurde vernommen. Die Pferde Dworschißki's waren unterdessen herbeigeholt worden. Der Kaiser wurde, auf beiden Seiten unterstüßt, in den Wagen gehoben und saß vornüber gebeugt. Anfangs wurde Schritt gefahren, da aber die Kräfte den Kaiser verließen, wurde befohlen, \hnell zu fahren. Die Fahrt ging den Moikakanal entlang, über die Stallhofbrüce, durch die Moschkoff-Gasse und die große Millionaja. Eine große Menschenmenge lief hinterher, in höchster Aufregung fih bekreuzigend. Der Kaiser wurde dann in das Palais getragen.

Der vollständige Name des Verbrecher s ist Nicolai Jwa- nof Russakoff, aus Tischwin gebürtig, 19 Jahre alt. Der- selbe genoß seine erste Ausbildung in der Kreisshule zu Wy- tegra, besuchte dann die Realschule in Tscherepowiß und trat 1879 in das Berginstitut zu St. Petersburg ein, besuchte je- doch seit Dezember 1880 keine Vorlesungen mehr. Bei der Katastrophe am 13. d. wurden im Ganzen 18 Personen ver- wundet, 2 starben.

Die „Cölnische Zeitung“ berichtet aus St. Pet ers- burg über die Katastrophe noch Folgendes, vom 14 d. Dex Leichnam des Kaisers wurde heute, Morgens 4 Uhr, einbal- samirt und dann in der Uniform des Preobraschenski'schen Leibgarde-Regiments mit allen Generalsabzeichen um 7 Uhr früh vom Hofphotographen Lewißky abgenommen. Das Gesicht des Kaisers ist nur uneryeblich verlegt und nicht entstellt. Das linke Augenlid is geshrammt, der reMte Backenknochen zeigt einen rothen dunklen Fleck. Auf der linken Gesichtsseite sind unzählige kleine Glassplitter in die Backe eingedrungen, An der Stirn zwischen den Augenbrauen und am Kinn sind leichle Beulen sihtbar. Das linke Bein hing nur noch an Fasern und wurde deshalb abgenommen und durch ein künstliches erseß*. Viele Anzeichen sprechen dafür, daß die geshleuderten Sprengstoffe nur mit Glas umhüllt waren; durch diese Art der Verpackung sollte eine leichtere Explodirfähigkeit der Bombe und größere Bösartigkeit der Wun- den erzielt werden. Vor dem Attentate hatten, wie bereits ge- meldet, zwei Nächte lang Haussuchungen stattgefunden ; einen Tag vor dem Attentat soll man einen bedeutenden politischen Verbrecher, auf dem man {on lange vergeblich fahndete, auf- gegriffen haben. Jn der Paulsfestung, wohin man ihn führte, erflärte er im Verhör, es sei ihm nun alles gleih, man könne ihn hängen, seine Vorbereitungen habe er so sicher getroffen, daß an ein Mißlingen des Streiches nicht zu denken sei. Es hat hier einen sehr guten Eindruck gemacht, daß der neue Kaiser unbekümmert erklärte, er werde nah den Prinzipien seines Vaters regieren.

Trauergeläute von allen Kirchen zeigt den Beginn der Trauerfeierlihkeiten an. Die Hof- und Staatswürden- träger und die Vertreter der Armee und Marine sind einge- laden worden, der heute Abend 8 Uhr stattfindenden Ueber- führung der Leiche des Kaisers nach der Stloßkirche beizuwohnen. Jn dieser bleibt die Leiche des Kaisers 14 Tage hindurch ausgestellt. Die dazu Geladenen sind aufgefordert worden, an den jeden Abend 9 Uhr dort stattfindenden Gebeten theilzunehmen.

Der „Regierungsanzeiger“ meldet über die gestrige Huldigung für Se. Majestät den Kaiser Alexander [T, im Winterpalais: Um 1 Uhr traten Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, der Großfürst-Thronfolger und die Mitglieder der Kaiserlichen Familie aus den inneren Ge- mächern zu der versammelten Generalität und den hohen Würdenträgern, welhe behufs Eidesleistung und Huldigung in den Sälen des Winterpalais versammelt waren. Jm Nikolaisaale bei der Wache des Chevalier- garde-Regiments wandte sich der Kaiser mit hoh denk- würdigen Worten an die versammelten Generale und Offiziere. Nachdem der Kaiser denselben Namens des hinge- schiedenen Kaisers seinen Dank für ihre treuen Dienste aus- gesprochen hatte, geruhte er zu bemerken, daß er, indem er in jolch {chwerer Minute die Regierung antrete, dem Heile und der Wohlfahrt Rußlands dienen werde. Er hoffe seiner Liebe würdig zu sein und sei überzeugt, daß die Armee gleichfalls ibm und dem Thronfolger mit derselben Treue und demselben Pflichteifer dienen werde, wie sie dem verstorbenen Herrscher gedient habe. Hierauf dankte der Kaiser nohmals für die treuen Dienste Namens seines verstorbenen Vaters. Die Worte des Kaisers wurden mit begeisterten Hurrahs au}sgc- nommen.

Ein heute erlassener Kaiserlicher Ukas befiehlt auf Grund des Manifestes vom 19. Februar 1861, daß die Bauern, welhe früher als Leibeigene keinen Treueid leisteten, nunmehr gemäß den Gesetzen, welche für alle Bürger gleich seien, den Eid der Treue leisten sollen, und beauftragt den Senat mit der Ausführung dieses Ukases. Der Große fürst Wladimir ist zum Kommandanten des Gardecorps und der Truppen des St. Petersburger Militärbezirks ernannt worden. Bei der gestern stattgehabten Huldigung verlas der Justiz-Minizter das Manifest über die Thronbe- steigung des Kaisers Alexanders 111. und {ritt dann zur Abnahme des Huldigungseides.

15. März, Abends. (W. T. B.) Ein Extrablatt des „Regierungsanzeigers“ veröffentlicht folgende Mittheilung