1881 / 67 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 Mar 1881 18:00:01 GMT) scan diff

vung der tkéatkräftiecn Empfehlung und Förderung, deren sich die Stiftung von Seiten des prreußiscen VBeamtenvereins zu erfreuen gehabt bat. Dos Ergebaiß der Sammlungen is ein îo günstiges, daß die Stistung mit eine:n Grundtfapital von über 150 000 M ins Leben tritt. Wenn damit ollerdings aub dem sehr aroßen Bedürf- niß nit genügt wird, so ift do zunäbst ein fester Grundstein gelegt wordev, auf dem nun weiter gebaut werden kann. Bei der allgemeiren Theilnahme, welche der Stiftung bisher von allen Seiten zugewendet worden ist, und bei dem woblthätizen Zweck, welcher ihr f&on fo vieie Gönner und Freunde verschafft hat, darf auch ferner auf eine neuere allmählicbe Erhöhung des Kapitals wohl mit Zuversicht gerechnet werden. Ja dieser Vorausseßung legte Geheimrath Mießner den Entwurf zu «inem Statut der Stiftung vor, in dessen Verathung man alsdann eintrat. Aus demselben, wie er demnäcit zur An- nahme gelangte, beben wir bervror, daß der Zweck der Stiftung, für wel{e das Protektorat Sr. Mojestät des Kaisers urd Königs in Au sicht steht, dabin gebt, erwachsenen unverheiratheten und unver- forgten Töchtern preußischer unmittelbarer Staatébeamten, welche im Bereiche der Civilverwaltung eine böbere oder Sukbalternstelle befleidet haben, nach dem Tode ihres Vaters, wenn sie das 17. Lebentjahr vollendet haben, „zur Förderung ibres wirth- schaftlichen Wobles, sowie zu ihrer Ausbildung“ Unterstüßungen zu gewähren. Hierzu sollen die Zinsen des Stiftunesvermögens ver- wendet werden. Die Verwaltung der Stiftung erfolgt unentgeltlich durch ein Kuratorium von drei Mitgliedern, welche von Sr. Majestät dem Kaiser und Könige jedesmal auf die Dauer ron fünf Jahren ernannt werden. In Vorscblag gebracht und zur Annabme bereit find: Präsident der Seehardlung Rötger als Vorsißendcr, Geheim- Rath Mief.ner als Stellvertreter und Landgerichts-Präfident Barde- leben. Die Kassengeschäfte mird die Haupt - Seehandlungé kasse welce damit schon jetzt betraut ist, weiterführen. Um die Interessen der hinterktliebenen Töchter von Beamten in den Provinzen zu wakbren, wird in jeder Provinz als Beirath und als Organ tes Kura- toriums eine Provinzialkommission aus drei Staatsbeamten, von denen jedenfalls einer dem Justizbereih und einer dem Sukaltern- fa angehören foll, eingeseßt. Die Mitglieder, welche das Amt als Ehrenamt führen, werden rom Ober - Präsidenten ernannt. Für die Recbnuncs-Abr ahme wird vom Minister des Innern eine Revisiont- Kommission, ebenfalls aus drei Mitgliedern btestebend, gebildet. Die Bewilligung der Unterstüßungen erfolgt dur das Kuratcrium. Wenn dieselben auch zunächst sür Fälle der Noth und Bedrängniß be- stimmt sind, so sollen dech auc in besonters dazu geeigneten Fällen an junge Damen zur Auêbildung und zur Vorbereitung für einen fünftigen Erwerbézweig Stipendien auf zwei, höcbsters drei Jahre verliehen werden. Am 1. Oktober 1881 wird die Stiftung in Wirk- samkeit treten. _

In dem Bericht über das Scinkelfest des Arcbitektenrereins ist bereits der zur Erinnerung an Strack und Gropius arrangirten Ausstellung von Arbeiten ihrer Hand gedacht worden, die als lebendige Ergänzung der in der Festrede gegebenen Charakteristik der genannten Meistec zur Seite trat. Zu einer eingebhenderen Würdigung der hier wver- einigten Zeichnungen und Entwürfe ließ das Geräush des Festabends den Beschauer indeß kaum gelangen, und erft ein er- neuter Besub ermöglichte einen ruhtgen Ueberblick über tas Vor- bandene. Was die Veranstalter der Uusftellung zusammengebracht haiten, gab allerdings fein unb¿dingt vollständiges Bild der ge- fammten Produktion beider Arcitekten; aber es gerügte doc voll- auf, um auch weiteren Kreisen als denen der nächsten Facbgenossen von der besonderen Eigenart ihres künstlerishen Wesens, von ihren Zielen und ihrem Können eiye urmittelbar lebendige und bei der Marnigfaltigkeit der dargebotenen Beispiele zuglei im Wcsentlichen erschöpfende Vorstellung zu gewähren.

Duccþ die Entwürfe zu einem Opernhaus für Frankfurt a. M. vnd zu einem Kunstauétstellungägebäude an der Sommerstraße in Berlin, durch eine An1abl seiner Entwürfe kircbliher Bauten und der sib zum Theil in gleichfalls gothishen Stilformen bewegenden Scloßbauten, dur die farbigen Detailblätter zu der Berliner Nationalgçalerie, durch die großen Interieurs aus Schloß Babels- berg, durch die auf ten Umbau des kronprinzlichen Palais zu Berlin bezügliben Blätter, durch die Zeichnungen zu den Borsigschen Bauten sowie endli durch die E: trürfe zu der Sieg:éssäule uud einer Reihe anderer Monumente, vor allem des für Franz I. zu Prag projectiuten ur.d verschiedencr Grabdenkmäler, war das architektonische Schaffen Strat8 nach den verschiedensten Richtungen hin charafteristisch repräsentint. Die Formenwelt, in der seine künst- leriswe Phantasie sih am meisten heimisch füblte, sowie die Art und Weise seine? Kcmponirens urd jeiner Detaildurchbildung offenkarte sich ferner in eir dringli&\ter Weise in den zahlreichen zart unden aut- gefütrten Eiozelblättern von Entwürfen zu ganzen Zimmereinri&tungen, ¡u Fontânen und Gartenbankanlagen, zu Taufbecken und steinernen Pracbtvasen, zu Tafclauf'äßen, Kronlercbtery, Lampen und anderen Geräihen und Gefäßen, in denen die Erfindung meist ven dem antiken Verbild aut çeht urd oft cine direkte Heranziehung der antiken Form für tas moderne Vedürfaiß anstrebt. Den leßten und nicht am wenigften be;eihnenden Zug zu dim Bilte des Künsilers aber fügten ließli die Zeichnungen und Aguarellen hinzu, in denen er si ganz in die Welt der Artike rersenkt und in mannigfachen Rekon- strukt'onéversucben deren Herrlihtcit in Tempeln, Theatern und öffentlichen Denkmälern und in der festlihen Erscheinung des Volkcs selber vor seinem geistigen Auge zu neuem Leben zu erwecken strebt.

In cbenso bestimmten Zügen brachte die Ausstellung in den ar- chiteftonisben Entnürfen von Groxius tas vngleih markigere Wescn der Arbeiten dieses Künstlers, das sich Lon in der enerc isden, fisten und s\icberen Vortragé- und Darfiellungtweise seiner Blätter carak- teristisch auëspricbt, zur klarcn Anscbauuog. Neken den Entwürfen zu eincm Verliner Dom, zu einer großen Landesbiktliothek und zu eincm Kunfstautstellungsgebäude, zu den Küler Universitätébauten und den fürzliw vollendeten Neubauten der klinishen Unterrichttanstalten in der Ziegelstraße zu Berlin, zu dem neuen, erst allmählich aus einer Reibe von Entwürfen zu scinecr jetigen Gestalt ent- wicCelten Kunslgewetbe-Museum, zu einigen Grabkapellen und zu ter mit fartigen Mojolifen ges{mückten arcitektonischen Umrabmung des fünftigen Gräfedenkmals repräsentirte sie das reiche S (offen des Meisters auf dem Gebict des Priratboues wenigstens dur tie LThotographicn dieser Häuser sowie dur eine Arzahl von Detailblättern, die, zumeist aus Wand- und Plafontdckoraticnen be- stehend, im Verein mit dem Entwurf zu dem Situngésaal d:s pro- risorisen Reichttagégebäudes und zu dim des Verwraltungägebtäudes der Berlin-Hamburger Eisenbahn zugleich ein charakterisch«s Bild der farbigen Wirkurgen caben, auf die Gropius in seiner Dikoration autaing. Als der Scblufßistein (eines Scaffens aber präsentirte sich entli na der in weiteren Kreisen bisber kaum bekannte Er.twurf, der ibm in der Konkurrenz um den Bau eines Leivziger Konzert hauses den erfen Preis eintrug und eine seiner freiesten und volle entetst.n Sck&öêpfunçen ron glei boher Sc&önhbeit der Eesammt- kompcsition wie der Details in Aussicht stellte.

Je \twerer es gerade dem Architekten gegenüber fällt, ron dem Ganzen scines Schaffens und von dem eigenthümlich individuellen Gepräge seiner fkünstlerishen Persönlichkeit eire zutreffende, klar b:- ftimmte Vorstellung zu gewinnen, um so mehr ift es zu bedauern, daß diese interessante und lehrreihe Auést.llurg nit auc dem grêße- ren Publikum zugänglih gemackt und auf eine längere Zeit auége- dehnt worden ist. Während auf ten akademischen allgemeiven Kunst- autftellungen, auf dexen man in den leuten Jahren auc der Archi- teftur eiven weiteren Raum gewährt bat, selbft die bestdargestellten Grtrwefirfe arcitefktoniswer Schöpfungen durcþ die ibnen unmittelbar gefellten Werke der Plastik und Malerei für das Auge des Be- sck%auirs erdrüdt werden , umfaßendere Autstellungen auts{hließli arditeltonisher Arbeiten aber das nicht factgenössishe Publikum mehr oder minder ermüten müssen und damit ihren Zweck gleichfalls ver- feblen, dürfte gerade cine Auéstellvng ron verhältnißmäßig be-

s{chränfktim Umfang, tie das Schaffen einer oder zweier Meister in gii@lonenim Vilde vorfükrte, sih als das geeignetste Mittel erweisen,

das oft beklagte geringe Interesse weiterer Kreise des gebilteten Publikums fêr arcitektonischz Leistungen ur.d dawit für die Archi- tektur überbaurt in frucbibarfter Weise arzuregen und zu steigern. Ein Versuch nab dieser Seite hin wâre gewiß der Mühe werth, und namentli dürfte cs sib empfcblen, dzß aus Architekten- Kreisen beraus zum echrenten Andenken. verstorbener bedeutender Meister ähn- lie ôffentlihe Auéftellungen ihres gesammteu künstleciswen Nach- lasses ins Augce gefaßt würden, wie fie für tas Gebiet der Malerci von der Direktion der Nationalgalerie seit einigen Jahren mit bestem Erfolg veranstaltet werden.

Wie der soeben erschienene Statistisbe Rückblick auf die Königlichen Theatec zu Berlin, Hannover, Cassel und Wiesbaden auf das Jahr 1880 auétweist, wurden in dem an- gegebenen Zeitraum in Berlin im Banzen 539 Vorstellungen ge- geben, 282 vom Schaufpiel, 215 von der Oper, 26 vcm Ballet und 16 gemischter Art. Im Opernhause fanden 258 Vorstellungen, dar- unter 8 den Abend füllende Schauspielaufführungen, im Schauspiel- bause 281 Aufführungen und darunter 5 den Abend füllende Opern- vorstcllungen ftatt. An verschiedenen Stücken kamen 78 zur Dar- ftellung, an verscbiedenen Opern 50, an verschiedenen Ballets, Diver- tifsements und Solotänzen 17. An 69 Tagen wurde nicht gespielt. Das Sc(auspiel hatte vom 21. Juni bis 25. August, die Oper vom 22. Juni bis 24. August und das Ballet vom 20. Juni bis 24. August Ferien. Zum ersten Male wurden 11 Stücke mit zu- fammen 35 Akten und 3 Opern aufgeführt (im Schauspiel u. A.: „Gröfin Lea“ und „Verschämte Arbeit®* vcn Paul Lindau, „Der Bibliothekar“ von G. von Moser, „Auf der Brautfahrt“ von H. Vürger, „Ein deutswber Standesherr“ von K. von Moy und „Der Sekretär“ von E. Wichert; in der Oper: „Der Raitenfänger von Hameln" von V. E. Neßler, „Carmen“ von G. Bizet, und „Nero“ von A. Rubinstein), reu einstudirt 4 Stücke (dar- unter „Ein Sommernachtstraum“ und „Jchann von Paris) und 2 Oxern. Die Klassiker waren wie folgt vertreten: im Schauspiel; Lessing mit 9, Goethe mit 8, Swiller mit 21, Kleist mit 5, Shake- \peare mit 29 Aufführungen (im Ganzen 72); in der Oper: Glu ck mit 2, Mozart mit 19, Beethoven mil 7, Weber mit 11, Mebul mit 4, Spontini mit 4 Aufführuvgen (im Ganzen 47). Als Gäste er- ienen u. A.: im Schauspiel: Fr. Nicmann-Seebah, Frl. Con- rad aus Brünn (jeßt M tglied), Frl. Barkany aus Hamburg (jeßt Mitglied) Hr. Dettmer aus Dresden; in der Oper: Hr. Niemann (64 mal), Fr. Lvcca (5 mal), Sgra. Patti (4 mal), Sgr. Nicolini (4 1nal), Miß Minnie Hau (2 mal), Frl. Gabrielli aus Agram (iett angestellt). Auszescbiceden sind u. A.: Hr. Klein nah Wien, Hr. Goriß nach Neru-Strelizk. In der Oper wurde Hr. Kabl als Kapellmeister angestellt. Der „Barbier von Sevilla“ von Rossini wurde am 25. Mai 1880 zum 200. Male aufgeführt. Von außergewöhrlihen Veranstaltungen seien die Matinée zu Gunsten der obers{lisisben Notbleidenden (am 11. Januar) und die Aufführung des „Faust“ zum Vortheil des Gocthedeaïkmals (am 2. Juni) erwähnt.

Im Königlichen Theater zu Hannover wurden wäkßrend des verflossenen Jahres im Ganzen 260 Vorstellungen gegeben, und zwar 69 Trauer- und Scauspiel-, 118 Opern-, 73 Lustspiel-, Possen- Vorstellungen mit Gesang und Vaudevilles, Die Zahl dec ver- schiedenen Trauer- und Schauspiele betrug 44, der Opern 43, der Lustspiele, Vaudevilles und Gesang: possen 44, der Baüets 8, Zum ersten Male wurden 16 Stücke mit zusammen 67 Akten, 3 Opern, 1 Vaudeville und 1 Ballet gegeben. Neu einstudirt wurden 5 Stüde, 5 Opern und 1 Gesangépofse. Vorstellungen klassiswer Werke fanden 80 statt, nämlih 44 Schau- spielaufführungen, (von Lessiag 4, von Gocthe 2, Swiller 11, Kleist 2, Shakespeare 23, Moïtère 2), und 36 Opernvorstellungen (von (§luck 6, Mozart 14, Beethoven 4, Weber 9, Méhul 3). In den Monaten März und April brachte die Intendantur die „Königtdramen“ von Shakespeare in Hronologisher Reihenfolge zur Darstelung; Ende Mai und Anfang Juni fand eine Wiederholung derselben im Ext:ra- Abonnement zu ermäßigten Pr-isen statt. An 106 Abenden war das Theater ges{lofsen.

Das Königliche Theater zu Cassel gab im Iahre 1380 283 Vorstellungen, und zwar gebörten von diesen 118 dem Schau- und Lustspiel, 108 der Oper, 26 dem Schwank, der Posse, dem Volks- ffÜück odcr Zaukermärcben anz auferdem aber fanden ivcl. eines Concerts roch an 33 Abenden gemischte Aufführungen statt. An Novitäten wurden dargestellt 9 Stück? mit zusammen 38 Akten, 3 Opern, 3 Possen und Scbwänke und 1 Weihnachtêmärchen. Neu eir ftudirt wurden 19 Scau- und Lustspicle, 6 Opern, 9 Possen und Vaudevillcs, 1 Volksfiück und 1 Feenspiel. Die Klassiker waren im Schauspiel mit 62 Aufführungen (Lessing 7, Goethe 5, Schiller 15, Kleist 4, Shakespeare 21, Molièce 5, Moreto 1, Calderon 1, Sopkolles 2), in der Oper mit 25 Auf- fübrungen (G'uck 2, Mozart 11, Becthoren 2, Weber 5, Méhul 2, Chzerubini 2, Spontini 1) vertreten.

Des Königliche Theater in Wiesbaden war an 110 Tagen ge- \{lossen. Vorstellunçen fanden 247 statt, 120 Schauspiel-, 110 Opern- und 17 gemisbte Aufführungen, welhe 94 verscbiedere Stücke, 48 verschiedene Opern und 12 verschiedene Ballets umfaßten. Zum ersten Male wurden 23 Stücke mit 62 Akten, 1 Oper und 5 Ballets aufgeführt, neu einstudirt 14 Stüdte, 4 Opern und 2 Ballets, Die Zabl der Aufführungen fklassisher Werke betrug 58, 35 S bau- spi.l- und 23 Opern: Vorstellungen (Lessing 2, Goethe 7, Stiller 7, Kleist 1, Shak-:speare 17, Mcreto 1, Eluck 5, Mozart 12, Beethoven 1, Weber 4, Méhul 1). *

Der Verein ehemaliger Kameraden des Ulanen- Regiments Kaiser Alexander von Rußland (1. Brandens- burgischen) Nr. 3, welter am Mittwoch, den 16, d., im Restaurant „Alt Berlin*, Stralauerstrafße Ne. 57, seine dicämonatliche Vereins- syuva abbielt, ehrte zunächst den verewigten Chef des Regiments, Se. Majestät ten Kaiser Alexanter 11, dur Erheben von den Siyzen. Sotarn wrrde beschlcssen: eines Lorbeerkranz mit einer Scleife in den preußischen und russisben Nationalfarben dvr die Deputa- tion des Regiments na St. Petersburg zu übersenden. Die S(lei- fenseite der preußischen Farbe trägt in goldenen Bucbstaten die Jn- \{brift: „Seinem alverehrten Chef, Sr. Majestat dem Kaiser Alexander gewidmet.“ Auf der anderen Seite: „Vom Verein che- maliger Kameraden des Ulanen-Regiments Kaisec Al xander von Rußland (1. Brandenb.) Nr. 3,°

Ein „Verein deutsher Mascbineningeneure* kat si unter den Auspizien hervorragendster Vertriter des Maschincnwesens und mit dem Sitze in Berlin konstituirt, Derselbe bezweckt die För- derung der gemeinsamen Interessen des gesammten Maschinenbau- facdes in tecknisher uxrd wirthscaftlider Beziehung und zwar 1) dur periodishe Versammlungen, in dencn Vorträge über alle die Interessen des Vereins berührende Ecgern stände gehalten und von den Mitgliedern Mittheilungen über ihre in der Praxis gewonnenen Er- fahiung: n gemacht werden sollen, 2) dur Veröffentlitun«aen seiner Vertandlungen, sowie über alle das Fach interessirenden Neuerungen und litcrarishen Erscheinungen, 3) dur Ausschreiben von Preis- aufgaben. Dec Verein zählte bei seiner Konstituirung be- reits 140 Mitglieder aus allen Theilen Deutschlands. Or- dentlide Mitglieder können nur ¿ee Maschinentechniker wer- den, welhe wenigstens 30 Jahre alt sind und sich in selbständiger und wverantwortlidber Stellung kefindenz; für tie Aufnahme außerordentlider Mitglieder ift ein Alter voa min- destens 24 Jabren und akademische Vorbildung Bedingung. Der Verein bezweckt damit, seinen Voten über öffentliche Angelegenbeiten ein größeres Gewicht zu verlceiben. Die konstituirende Versammlung fand om 11, d, Mte. im Arcbitektenhause zu Berlin ftatt; Ke wurde vem Geh. Ki mmerzien-Rath S&wartkopf als Alterspräsidenten eröffnet, Direktecr Stabl-Stettin stellte in einigen Worten tas3 Verkältniß des reuen Vereins zu dem bereits bestebendea Verein

deutscher Ingenieure klar und legte den Statuten:ntwurf, welcher von einer Kommission bearbeitet war, vor. Nach einer lebhaften Diskussion, an welcer sich besonders die Herren Ged. Admiralitäts-Rath Brix-Berlin, Geh. Kcmmerzien Rath Sbwarßkopff-Berlin, Direktor Stahl-Stettin, Mascbinenmeister Tenne-Oldenburg, Direktor Jünger- mann- Berlin, Mascbinen-Inspektor Kloß-Berlin und Reg. Mascbinen- meister Schrey-Berlin betheiligten, wurden die Statuten endgültig festgesckt. Als Vorsißender wurde hierauf der Civilingenieur Veit- meyer, Mitglied des Kaiserlichen Patent-Amtes und der Königlichen Akademie für Bauwesen, als erster Stellvertreter Direktor St- hl- Stettin, als zweiter Stellvertreter Eisenbabn-Di&#ktor Gust-Berlin, als Sätelmeifter Kommissions-Rath F. C. Glaser gewählt. Die regelmäßigen Versammlungen sind für den ersten Freitaz jeden Mo- nats in Autsiht genommen; die Geschäftsführung des Vereins be- findet fih in Berlin W,, Linderstr. 80.

In den Bereih der „Allgemeinen deutschen Patent- und Mustersbußausstellung zuFrankfurt a. M.* ist aub der binter dem Palmenhause belegene Skating-Rin fk hineingezogen worden, der aber in eine wirklihe Eisbahn verwandelt werden soli. Man hat die Aëphalttahn, wie sie bereits vorhanden, bestehen lasen: und ihren Umfang mit einem wasserdihten Rand versehen, mit an- deren Worten: ein flahes, für Wasser undurchlässiges Becken her- gestellt. Längs der beiden \{mäleren Stirnseiten desselben werden nun zwei weite Röhren gelegt, welbe unter fi dur eine ganze Reite parallel laufender Röhren von kleinerem Durchmesser verbun- den sind. Quer über diese Röhren hinwez, also parallel laufend mit den erstgenannten größeren Röhren, werden alsdann aufreht stehende Holzleisten, Traver}en, kefestigt, wclchbe das ganze Röhren- system um ctwas überragen. Das Bassin wird nun in der Weise mit Wasser gefüllt, daß seine Oberfläche die Oberkante dieser Holz- leisten um etwa 15 ecm überragt. Die beiden mehrzenannten größe- ren Röhren stehen {ließli mit eirer kräftigen Maschine in Ver- bindung, welche auf der einen Seite kalte Luft von 3009 R.. in dieselben hineinpreßt und sie gleiczeitig auf der andern Seite wieder berauësaugt (System Linde), Sotald das Eis so dick ge- worden fein wird, daß es die Oberkante der Holzleisten erreicht hat, foll das übrige Wasser akgelassen werden, so daß man nunmehr eine auf di:sen Trägern aufliegende, in den Zwisbenräumen aber frei schwebende, elastishe Eisdecke vor sid hat. Das durch die Be- rührung mit den s{arfkantigen Stablshuhen abgeshabte und rauh gewordene Eis foll von Zeit zu Zeit vermittelst eines rotirenden Messers, dor Apparat ist ähnli den Rasenmähmastinen konstruirt wieder geglättet und je nach Bedürfniß durch darüber gcsprittes Wasser erneuert werden. Ein Theil der kalten Luft wird zur Ab- kühlung des: ganzen Raumes verwendet werden und hofft man die Temperatur ständig auf + 14° R, halten zu können.

- Im Königliben Opernhause ging gestern die vieraktige Tomische Oper : „Der Widerspenstigen Zähmung“ von Her- mann Göß, neu einstudirt, in Scene. Die liebenswürdige Arbeit des früh verftorbenen, talentrollen Komponisten wurde, wenn wir nit irren, vor vier Jahren zum ersten Male im Königlichen Opern- hause aufgeführt, mit Frl. Minni Hauck in der Titelroile als eKatharina“. Seitdem war das Werk leider ni%t mehr auf dem Repertoire erschienen. Au kei dieser Oper bestätigt si, daß die Bearbeitung dichterisher Meisterwerke zu Overntexten ein gefähr- liches Unternehmen ist; von dem Reize des Shakeipeare’shen Lust- spieles geht in dem von Widmann verfaßten Buche der Oper gar Vieles verloren, fo manches Triviale mat die frischen poetisben Farben erblassen, und rur die interessante, flangshône Musik ist es, welche dem stellenweise ret matten und treckenen Libretto wieder Kolorit und Leben giebt, Die Musik ist, wenn au selten von zündender Wir- kung, do sowohl in dem vokalen Theile wie in der Instrumen- tirung stets geschmackvoll, gebildet und anmuthig. Zu diesen bedeuten- den Vorzügen des musikalishen Dramas selbst gesellte si eine ganz vorzügliche Darstellung und Inscenirung, welche von einer überaus sorgfältigen Einstudirung der Oper zeugen, und sich foæwobl in der Repräsentation der einzelnen Rollen wie des Ensembles bekundeten, Die sehr \chwierige Titelrolle wurde ron Frl. Lehmann dargestellt und von dieser beliebten und begabten Künstlerin zur besten Wirkung gebracht. Neben ihr zeichnete fi Hr. Oberhauser in der Rolle des „Petrucbio* in Spiel und Gesang in der vortheilhafteften Weise aus. Beiden wurde wieder- holt lebhafter Beifall géesvendet. Aber auc die kleineren Partien batten in Frl. Gabrielli (Bianka) und der Hrrn. Frickte (Baptista), Salomon (Hortensio) und Ernst (Lucentio) Vertreter, welche, wie auc die Chóôre, volles Lob verdienen, und zu dem Gelingen der von der zablreih versammelten Zuhörershaft mit warmer Anerkennung aufgenommenen Vorstellung ihr wesentlihes Theil beitrugen.

__— ImKöniglihenScchauspielhause ging gestern ein Stau- spiel in vier Akten: „Die weiße und die rothe Rose“, von Ernst Grua, zum ersten Male in Scene. Das Stück des in jugend- lichem Alter verstorbenen Dichters fand eine recht günstige Auf- nahme, die ebensowohl diesem wie der treflihen Darstellung und forgfältigen Inscenirung zu danken ist. Der Beifall des Pablikums wuchs ron Akt zu Akt, wie denn auch das Interesse an

den Vorçcängea auf der Bühne sich in normaler Weise steigerte. Die Handlung des Scauspie!s ist einfah und flar, die vorzeführten Charaktere sind zwar nicht neu, aber,

durch die leben8wabre Zeihaung fesselnd, erwerben sie in ihrem Zusammenwirken unsere Sympathie. Gegenftand der Handlung ist nicht, wie der Titel glauben machen köante, der gesbibtlide Kampf der wißen und rothen Rose; vielmehr spielt {h das Stück in den Salons einer aristokratisten Familie der Gegenwart ab. Der Dialog ift flar, zuweilen {wungvoll und poetisb, und der scenishe Aufbau 1äßt troy cinizer Viängel erkennen, daß Ernst Grua ein für das dra- matishe Genre besonders beanlagter Dichter war. Am meisten gc- fielen offenbar der zweite und dritte Aft, die allerdings sowohl in der Ecfindung wie in der Komposition die gelungensten sind. Um die Darstellung matten sich in erster Linie die Damen Frl. Abih, Frl. Mever und Frau Keßler sowie die Herren Liedtke, Deb- nide, Müller und Drach verdient, während Frau Frieb-Blurnauer und Hr. Oberländer ihre Episodenrollen kräftig und voll Humor zur Geltung bradten.

Im Flora-Etablissement zu Charlottenburg wird noch im Laufe dieses Monats eine Aus tellung blühender hbollän- disher Zwiebelgewächse ftatthz2ben. Die Qualität der Blumen soll eine ebenso vorzüglibe und das Qu-ntum ein noch arößer-6 sein als in früheren Jahrer. Es kommen wiederum mebrere Neuheiten zur Autéste!:ung, und werden Seitens der Herren J. D. Zocher und Voorbelm Schneevoogt, Hotliieferanten Sr. Majestät d\s Königs von Preußen, aus Haarlem, ein-, zwei-, trei- und vierjährige Hyazinthenzwiebeln sowie Brut anuégeitellt werden, um die Kultur und das Wachsen der Hyazinthen zur Anschauunz zu bringen.

Im Central-Skatinz-Rink wird noch ein großer El ite-

M asfenball, und zwar am räwsten Miitwoch, den 23. d. (Mitt-

faflen), stattfinden, wozu si die Licektion dur den Beifall, welchen

diese Elitebâlle in der Karreoalésaison geiunden haben, veranlaßt sieht,

Zu diesem Ball finden nur Personen im Ballanzug oder Maéke utritt,

Redacteur: Riedel,

Verlag der Expedition (Kessel). Truck: W. Elsnct Fünf Beilagen (eins@ließlih Börsen-Beilage),

außerdem ein Berzeichniß gekündigter Schuldverschreibungen der Staats-Auleihe vom Zahre 1853.

Geriinz

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Nichtamtliches.

Preuf.en. Berlin, 19. März. Jn der gestrigen (18.) Sibung sehte der Reichstag die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1881/82 und zwar mit der Diskussion des der Budgetkommission überwiesenen Etats der Zölle und Verbrauchssteuern fort. Bei Kapitel T. der Einnahmen Titel 7 (Aversen der Hansestädte 6 790 540 #4) bemerkte der Abg. von Kardorff, am gestrigen Tage habe der Abg. Dr. von Treitshke eine sehr einfahe Anfrage an die Reichsregierung gerichtet, die Frage, ob die Verhandlungen über den Zollans{hluß der Hansestädte, über welche ja vielfach in öffentlihen Blättern gesprochen sei, thren Fortgang nähmen, ob die darauf bezüglichen Gerüchte begründet seien oder nicht ; derselbe habe an diese einfahe Anfrage allerdings einen warmen patriotischen Appell an das Nationalgefühl der Hanseaten gerichtet, sich nit länger der Vereinigung mit dem Gesammtvaterlande zu entziehen. Auf diese Anfrage habe zunächst der Staatssekretär des Fnnern erwidert, daß dem Bundesrathe von s{webenden Verhandlungen nichts bekannt sei, und darauf habe sich das Bundesrathsmitglied für

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Hamburg zu einer Rede veranlaßt gefühlt, die nah feiner (des - Redners) Auffassung an zorni- ce: Leidenschaftlihkeit nichts zu wünshen übrig lafe.

Er habe das Gefühl gehabt, daß er seit seinen Sculjahren si kaum je so abgekanzelt gefühlt habe, wie gestern. Wenn von dem Mitgliede des Bundesraths für Hamburg dem Hause die Frage vorgelegt sei, habe man erwogen, welche Opfer der Anschluß fordern würde, welcher kolossale Auswand nöthig werde, ihn zu effektuiren, habe man bedacht, daß das Kapital Hamburgs auswandern könne, daß die jeßt über Hamburg gehenden Güter aus anderen Häfen verfrachtet werden könnten dann sehe doch der Herr die Mitglieder dieses Hauses wie unmündige Kinder an, wenn derselbe glaube, daß dem Hause alle diese Dinge bisher fern gelegen hätten. Die Sachen seien reiflich erwogen, es seien statistishe Erhebungen angestellt, es lägen sehr werthvolle Arbeiten vor. Jene Fragen klängen, als ob die ganze Agitation für den Zollanshluß plöglich eingetreten wäre. Es handele sich hier indeß um Fragen von sehr altem Datum. Schon 1867 sei an den Reichs- kanzler eine Petition von 1400 der ersten deutschen Fabri- kanten gelangt, datirt aus Chemniß, welche denselben ersucht habe, mit allen geseßlich zulässigen Mitteln den Zollanshluß der Hansestädte zu betreiben, und auseinandergeseßt habe die schweren Schäden und Nachtheile des derzeitigen Zustandes ; es werde u. A. gesagt: der Auss{chluß der Hansestädie aus der deutshen Gemeinschaft sei ein s{hwerer Nachtheil für die Wirthschaftsverhältnisse Deutshlands. Dann sei die Petion aus Altona gekommen, und stelle die Forderung, daß diese Stadt als preußisches Gebiet sofort in den Zolvcrein inkorporirt werden möge. Aehnliche Petitionen seien im Anschluß an diese erste im Jahre 1878 aus Spremberg vom Centralverein der Wollenwaarenfavrikanten eingegangen. Weitere Petitionen seien aus Grünberg von demselben Verein gekommen, der eine Nesolution einstimmig angenommen habe, den Antrag

an das preußische Abgeordnetenhaus zu stellen, die wirthschastlihen Mißstände dieser Zollauss{lüsse zu be- seitigen und das preußishe Gebiet wenigstens \0-

fort anzuschließen. Auf demselben Boden bewege si auch eine Resolution in Leipzig vom 6. Januar 1881. Diese Resolution danke dem Fürsten Reichskanzler für seine bisherigen Bestrebungen in dieser Richtung, und bitte den Reichskanzler, dieselben fortzuseßen, bis kommerzielle Einheit im deutschen Vaterlande hergestellt scin werde. Ferner hätten die gewerblihen Jndustrielen in Düsseldorf einstimmig in ungesähr demselben Sinne resolvirt. (Redner las den Wort- laut der Resolution vor.) Der leßtgenannte Verband setze voraus, daß die Neichsregierung Alles aufbieten werde, um Deutschland mit dem europäishen Kontinent und mit Eng- land konkurrenzfähig zu machen. Das Ulles sei doch nicht ein einseitiges Parteiverlangen, sondern ein solches, welches in den weitesten Kreisen des deutschen Vaterlandes getheilt werde, daß diese beiden Häfen endlich dem Gesammtvaterlande er- {lossen würden. Er selbst habe schon vor geraumer Zeit darauf hingewiesen, welhe große Schädigung die deut- sche Spiritusindustrie erfahre durch die Freihafenstellung. Er seibst habe schon vor geraumer Zeit darauf hingewiesen, welhe großen Schädigungen die deutshe Spiritusindustrie dadur erfahre, daß in Hamburg innerhalb des Freihafen- gebietes sich Jndustrien gebildet hätten , welche lediglih russi- hen Sprit verarbeiteten. Während Hamburg früher der erste Exportplaß für deutschen Sprit gewesen sei, habe dieser Export nah und nah so nachgelassen, daß derselbe bis auf ein Mini- mum herabgesunken sei. Vor wenigen Jahren und in diesem Jahre hätten sich die Hamburger damit gebrüstet, daß sie sehr viel deutshen Spiritus gekaust hätten. Sehr natürlih, weil sie keinen russishen bekommen hätten. Der russishe Sprit werde aus Roggen gemacht und wenn Roggen 9 K koste, kônne Rußland keinen Sprit liefern. Jn diesem Jahre seien die Hamburger allerdings so gnädig gewesen, deutschen Spiritus abzunehmen. Er gebe zu, daß sür die Hansestädte in mancher Beziehung Nachtheile eintreten würden, daß z. B. das sehr einträglihe Auswanderungsgeschäft sich sehr vermindern werde, wenn dem deutshen Vaterlande mchr Arbeit geschaffen werde und wenn die Häfen ihre Pflicht erfüllten, deutsche Waaren zu exportiren, statt daß sie jeßt Stapelpläße für rus- sische, französishe und andere Waaren seien. (Heiterkeit). Der Abg. Vtieier (Bremen) finde das sehr lächerlich. Er begreife das sehr gut, derselbe schlage zwei Fliegen mit einer Klappe ; derselbe bestelle seine Schiffe in England, um nicht der deut- schen Arbeit einen Verdienst zuzuwenden und den deutschen Arbeitsmarkt nit zu beschäftigen, wobei derselbe vielleicht den Vortheil habe, daß er {nell und billiger bekomme, zugleich aber auch die Brodlosigkeit vermehre und die Auswanderung bestärkt werde. Der Senator Versmann habe gestern auseinander- gesedt, daß, wenn die Reicheregierung irgendwie die Ab- iht gehabt hätte, Verhandlungen einzuleiten, tann hätte der Provinzial-Steuerdirektor in Hamburg die Jnitiative ergreifen müssen, um mit dem dortigen Senat die nöthigen Festsetzungen

seine Schiffe sehr solide,

Berlin, Sonnabend, den 19. März

zu machen. Was würde der Senat dazu gesagt haben ? Der- jelbe hätte sfih auf sein verfassungsmäßiges Recht berufen, allein die Jnitiative zu ergreifen, und es als einen Aft der Vergewaltigung erklärt, wenn Deutschland sie ergriffen hätte. Es liege ihm nun namentlich noch daran, cine Mythe und Legende zu beseitigen, die anscheinend auch die Rede des Se- nators Verêmann durchleuchtet habe, als ob dur Artikel 78 der Verfassung („diejenigen Vorschriften der Reichsverfassung, durch welche bestimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältniß zur Gesammheit festgestellt seien, könnten nur mit Zustimmung des berechtigten Bundesstaates ab- geändert werden“) im Gegensay zur norddeutschen Bundesverfassung Hamburg und Bremen jegzt ein Neservatrecht erobert hätten, welches ihnen also das gebracht habe, daß niemals obne ihre Einwilligung Schritte von Deutschland geschehen fönnten, um ien Zollanshluß zu bewirken. So liege die Sache doch nicht. Die Verhandlung im Neichstag über Artikel 78 habe klar gestellt, daß der Norddeutshe Bund die Freihafenstelung der Hansestädte niht als Reservatrecht anertannt habe. Weder in den Protokollen und Verhand- lungen noch in den Entwürfen, die der Annahme der nord- deutschen Bundesverfassung vorausgegangen wären, finde \sich irgend ein Passus, wie derselbe im Schlußsaß der Reichsver- fassung (Artikel 78) enthalten sei. Fm Norddeutschen Bunde sei also die Aufhebung der Freihafenstelung an die Zustim- mung der Hansestädte niht gebunden gewesen. Bei der Ver- handlung über Artikel e evi der Abg. Hänel das zU ha

Berdienst, ausgeführt E DdE O auf diesen Artikel nur die Staaten berufen könnten, mit wel- chen die betr. Verträge abgeschlossen seien, also nur

Bayern, Württemberg und Baden, Hessen nicht. Dieser Artikel fönne nur auf die Gegenstände bezogen werden, welhe im Tenor der norddeutshen Verfassung nicht enthalten seien. Kein durch die norddeutshe Verfassung geregeltes Verhältniß Tfônne unter diesen Artikel 78 zu beziehen jemals versucht werden,“ Fn demselben Sinne habe diesen Artikel auch der Abg. Lasker interpretirt. Die Sache liege also heute noch wie damals; es sei beiden Städten tewmpus utile gegeben, inner- halb dessen sie auf ihren eigenen Antrag in den Zollverband aufgenommen werden wollten. Nun lasse sich darüber streiten, wie weit ein solches tempus utile auszudehnen, ob es {on abgelaufen sei. Nach seiner Auffassung längst; aber darüber möge ja die Meinung verschieden fein, ob die beiden Städte es möglicherweise noch etwas hinshleppen könnten. Der Senator Versmann habe nun gestern gesagt, Hamburg wäre schon längst zum Anschluß bereit gewesen, wenn Deutsch- land bei der Freihandelspolitif geblieben wäre, aber nach dem Umschwung zum Schußzoll sei die Sache ganz unmöglih und werde erst wieder möglich nach der Rückehr zum Freihandel. Das würde sehr plausibel klingen, wenn derselbe nur den geringsten Schritt der Senate zu der Nichtung zum Zoll- anshluß aus der Zeit “nachweisen könnte, in“ der Deutschland mit vollen Segeln in den radikalen Freihandel hineingesteuert habe. Nichts von dem sei der Fall gewesen. Nun meine er allerdings, daß, je länger die Herren ihren Ans{luß ver- zögerten, derselbe desto ungünstiger für sie sein werde. Es sei die alte Geschichte mit den sybillinishen Büchern. Es sei sehr leiht zu sagen, daß man die Sache lieber noch einige Zeit hingeben lassen solle, vielleiht entschließe man sih den Antrag zu stellen. Aber das Warten habe eine Grenze, wenn man die {weren Umstände, unter denen die Produktion des Vater- landes seufze, und jene Petitionen der Fabrikanten beachte, die doh nicht in der Jagd nah irgend welchen Phantasmen oder weil sie sih irgend welhe unmögliche Dinge vorspiegelten, den Eintritt der Hansesiädte in den Zollverein verlangten, sondern weil sie von ihrer Freihafenstellung reelle Nachtheile verspürten dadur, daß in Hamburg und Bremen ein großer Theil englischer, französisher u. a. Waaren zum Export ge- bracht würden. Es lägen da französisWher Zucker, englische

Kalikots und Wollenwaaren, russisher Sprit 2c. Für alle diese Artikel könnten die Hansestädte ihrer eigentlichen

Pflicht, als deutshe Häfen zu fungiren, niht nachkommen, und je länger diese offenen Wunden fortbluteten, um so schwerer werde die Bedrängniß im Jnland, um so häufiger werde der Schrei nah Jnkorporirung der beiden Städte ausgestoßen. Man roarne davor und mahne zur Vorsicht, weil die Kosten ganz enorm seien; aber cine von ihm auf- gemachhie Kostenrehnung, die auf ganz zuverlässigem Material beruhe, komme nur auf !/; der Summe, die der Bevollmäch- tigte für Hamburg berchnet habe. Also damit mache man seine Partei niht bange. Auch wolle er ruhig abwarten, ob die Kapitalien auswandern würden und der Großbetrieb, der jeßt von Hamburg nach außerseeishen Pläßen gehen würde, andere Hä- fen aufzusuchen und von dort aus nah der Südsee oder anderen europäischen Pläßen zu handeln gezwungen sein werde. Es werde gar nichts auswandern, jondern nur deutshes Produkt statt des ausländischen verfrahtet werden. Als Marseille, Livorno und die amerikanischen Freihäfen ihre Stellung hät- ten aufgeben müssen, da sei überall und jedesmal zuerst großes Entschen und nah dem Eintritt in das Zollgebiet sei ihr Handel frästig aufgeblüht. Auch Lübeck habe diese Wahrheit bestätigt. Wie nah dem Abg. Richter die Fort- schrittspartei, so würden auch die konservativen Parteien cine Wahlparole ausgeben, um die Abgeordneten zu einer klaren deu!lihen Antwort darüber zu zwingen, ob sie die mit Mühe wieder in rationelle Bahnen eingelenkte wirthshaftlihe Politik unterstüßen wollten oder nicht, ob fie die Freihafenstellung der Hansestädte beibehalten oder mit allen verfassungsmäßigen und geseßlih zulässigen Mitteln für ihre Einverleibung in den Zollverein wirken wollten. Er zweifle, ob die Antwort im großen deutschen Vaterlande zu Gunsten des Abg. Richter ausfallen werde. Der Senator Verêmann habe gestern gesagt, die Hansestädte würden den Schaß, nämlich den Freihandel, hüten, bis das gesammte Vaterland in der Lage sein würde, mit ihnen an diesem Schay theilnehmen zu können, also bis Deutschland wieder zum e E E D den zurüickgekchrt sei. Er frage, wer solle die deutshe Handelspolitik machen ? Eiwa die Hansestädte? Würde das in Deutschland populär sein und von Deutschland ertragen werden , daß diese Politik nach dem immerhin verhältnißmäßig engherzigen Gesichts:

S1, punkte der Hamburgischen Kaufmannswelt gemaht werde ? Ganz gewiß nicht! Die Hamburgischen Jnteressen seien sehr bedeutende und sehr s{chwerwiegende, aber winzig im Verhält- niß zur Gesammtproduktion des ganzen deutschen Vaterlandes. Diesen Gesammtinteressen hätten au die Hamburger si unter- zuordnen, und er hoffe, daß diese Unterordnung im freund- \chaftlihen Wege geschehe; er hoffe es für die Hansestädte, er hosse es für das Gedeihen des wirthschaftlihen Lebens der ganzen deutschen Nation.

Der Abg. Dr. Delbrück bedauerte, daß in diesem Augen- blick eine Diskussion über die Freihafenstellung begonnen wor- den fei, weil er glaube, daß diese wichtige Frage durch eine Verständigung Hamburgs und des Deutschen Reiches in ent- sprechender Weise günstiger gelöit werden würde, als dur eine Distussion hier im Hause. Was zunächst die Verfassungs- frage betreffe, so müsse er hervorheben, daß die Freihafen- stellung den Hanseftädten garantirt sei. Ob sie zur einheit- lihen Organisation Deut)hlands beitrage, sci eine andere Frage, aber die Stellung sei auch keine aufgezwungene. Der Auffassung des Abg. Hänel des Art. 78, wie sie der Abg. von Kardorff erwähnt habe, wolle er niht widersprechen. Aber er theile auch die Auffassung des Abg. Lasker, wonach dur den zweiten Saß des Artikels im bestehenden Rechts- zustand nichts geändert sei, und gerade dieser zweite Sat sei seinerzeit durch den Bevollmächtigten für Sachsen eingebracht worden. Es sei ein Sag, der nie und nirgends bestritten sei und der damals ausdrüdcklich aufgenommen sei, weil derselbe Anwendung finden sollte sowohl auf die Verhältnisse des Nord- deutschen Bundes als auch des Deutschen Reiches. Er komme jeßt zum Arkikel 34. Als es sich im Norddeutshen Bunde darum gehandelt babe, die Zollverhältnisse mit den Hanse- städten zu ordnen, da sei in Lübeck sofort die Neigung vor- handen gewesen, in den Zollverband einzutreten, ebenso in Bremen, welches seit 1854 vom Zollgebiet umshlossen gewesen sei. Die ZoUeinrichtungen Bremens seien erhalten und in den Norddeutschen Bund aufgenommen. Bei Hamburg habe man erst nah Anschluß von Lauenburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg gleichartige Jnteressen geshaffen und denselben durch Anschluß mehrerer hamburgisher Gebietstheile und großartige Einrichtungen für die Zollabfertigung genügt. Diese Einrichtungen seien 1870 zum Abschluß gebraht wor- den, er habe dieselben nie als Definitivum angesehen. Wenn der Abg. von Treitschke gestern gesagt habe, daß die handels- politische Lage in früheren Jahren einen Anschluß erleichtert hätte; jo liege darin ein Vorwurf für ibn, derx da- mals an der Spiße des Neichskanzler-Amts gestanden habe. Er hätte keinen Augenblick gezaudert, die Jnitiative zu ergreifen, wenn ihm über die Art der nothwendigen Einrich- tungen etwas an die Hand gegeben worden wäre. Er habe sih damals die Frage wohl vorgelegt, ob es eine dringende Aufgabe für das Reich sei, auf den Unschluß zu dringen. Er fei froh, daß er damals der Ausführung nicht näher getreten ei, denn wenn es auch keine Frage sei, daß der Anschluß da- mals leiter gewesen wäre, nicht etwa deshalb, weil jetzt der Zoll höher sei, sondern weil die Zal der zollpflihtigen Gegenstände bedeutend größer sei, als damals, man habe frü- her eine große Menge zollfreier Gegenstände gehabt, so würde man jeßt in einer verzweifelten Lage sein, da die neuer- dings zollpflihtig gewordenen Artikel ganz andere Abferti- gungseinrichtungen erforderten, Deshalb möchte er glauben, daß der gegenwärtige Zustand vielmehr geeignet für den An- chluß sei. Er möchte sagen, doch er wolle damit feinen Vor-

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wurf machen, s{limmer als jezt könne - der _ZU- stand niht werden. Die Frage dürfe niht in einem Prozeß zwischen Reih und Hansestädten erörtert werden,

sondern jie müsse so gestelt werden -- liege es im Jnteresse des Deutschen Neiches, den Zustand aufrecht zu erhalten oder ihm radikal ein Ende zu machen, indem man die Hansestädte ein- fah anschließe, ein Paar Hafenregulative gebe und einige Zoll- beamte mehr hinshicke? Er sei niht der Meinung, daß dies im Gésammhlinteresse liege, daß eine große Nation Exporthäfen bedürfe mit überall denselben Zolleinrihtungen. Das sei ein allgemeiner Saß, der den jedesmaligen Verhältnissen angepaßt werden müsse. England habe keine Freihäfen, weil es nur eine beshränkte Anzahl zollpflihtiger Artikel habe. Ganz Eng- land sei ein Freihafen mit einigen Docks für zollpflihtige Ge- genstände. Auf frühere englishe Zustände könne man nicht exemplifiziren, denn gerade sie seten durh die Zollreformen beseitigt worden. Frankreih habe keinen Exporthafen in dem Sinne von Bremen und Hamburg, der Exportplaß sei dort kein Hafen, sondern eine Binnenstadt Paris. Wenn Deutschland in gleiher Weise centralifirt wäre, wie Frank- reih, so würde dasselbe vielleiht von Berlin gelten, in diese Bahnen wollten die Herren aber gewiß selbst niht lenken. Jtalien habe keinen Export fabrizirter Waaren im weitesten Sinne, sondern handele mehr mit Naturprodukten. Der allgemeine theoretishe Saß sei also unhaltbar. Wenn man meine, daß die deutsche Jndustrie ein Necht habe, den Anschluß zu fordern, er glaube, daß die Jndustrie nihts mit dem Anschluß zu thun habe —, wenn man die Hansestädte an- s{hließe, könne man sie niht behandeln, wie etwa Stettin, Danzig oder Königsberg, denn damit wäre der ganze Handels- stand der Städte zu Grunde gerichtet. Der Handelsstand Hamburgs unterscheide sich in Nichts von dem Handelsstande der ganzen Welt, derselve wolle billig einkaufen und theuer verkaufen. Der Handel gehe hauptsächlih nah überseeischen Ländern, die Abnehmer dort wollten von Deutschland keine theureren Waaren, als aus anderen Ländern, damit würde der deutshe Export vernichtet werden. Die heimische Jndustrie, vor der er alle Achtung habe, sei doch nicht in allen Artikeln der englishen und französishen ebenbürtig. Die assortirten Ladungen nach überseeischen Häfen dürf- ten also nit beschränkt sein auf deutshe Erzeug- nisse, weil die Kunden diese niht immer wünschten, sone dern es müßten auch ausländisGe Waaren mitgegebey werden. Den Anschluß der Hansestädte habe er sich immer so gedacht, daß ihnen die Möglichkeit dieses Geschäfts in keiner Weise beshränkt werde, daß sie englische, franzöfishe oder andere Waaren unverzollt bei \sich liegen ließen und nah Betarf exportiren könnten. Wolle man dies nicht, so höre dieses