1881 / 73 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Mar 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Im Beurlaubtenstande. Berlin, 22. März. von dem Knesebeck, Pr. Lt. von der Res. des Hus. Regts. Nr. 7, der Gharafter als Rittm. verlichen.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Ber- lin, 17. März. Sch{mied, Zeugbauptm. vom Art. Depot in Ulm, mit Pens. verabschiedet. 19. März. Blanck, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 79 und vom Nebenetat des Großen Ge- neralstabes, infolge seines Gesubes um Verabschiedung, mit Pension und seiner bisher. Unif. zur Disp. geftellt. :

Im Sanitäts-Corps. Berlin, 22. März. Dr. von Lauer, Gen. Stabsarzt ter Armee, der Rang als Gen. Lt. vec- liehen.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußeu. Berlin, 26. März. Fhre Kaiserlichen und Königlihen Majestäten besuchten gestern mit Jhren Königlichen Hoheiten dem Großherzoge und der Groß- herzogin von Baden die Blumenausstellung der Flora in Charlottenburg.

Se Majestät der Kaiser und König haben auf die Glückwunschadresse, welche Allerhöchstdemselben zum 22. d. M. A hiesige Magistrat überreicht hatte, die folgende Antwort ertheilt :

Die Glück- nund Segenêwünsche, welche der Magistrat in seiner Zuschrift Mir zu Meinem Geburtsfeste dargebracht hat, haben Mir wiederum einen Mich stets von neuem érfreuenden Veweis8 gegeben, mit welch’ wohlthuender Theilnahme Freud und Leid, was Wir be" gegnet, in Meiner Haupt- und Residenzstadt mitempfunden wird. Fch danke dem Magistrat her;lih für den Ausdrvck treuer Anhäng- libfeit. Möge de: selbe fih überzeugt balten, daß Ich ungeachtet Meires Bemühens, den Pflichten Meines Kaiserlichen und Königlichen Berufs für das Vaterland na Meinen Kräften gerecht zu werden, das Streben der Stadtverwaltung unautgescßt mit dem Wunsche begleite, daß dasselbe zur Förderung der Woblfakrt Berlins ge- reihen möge !

Berlin, den 24. März 1881,

Wilhelm.

Der Bundesrath hielt am 25. d. M. unter dem Vorsiße des Staats-Ministers von Boettiher eine Plenar- sißung ab, in welcher zunächst Mittheilungen des Präsidenten des Reichstags über die unveränderte" Annahme des Geseßz- entwurfs über die Begründung der Revision in E Rechtsstreitigkeiten , sowie des Geseßentwurfs über die Zu- ständigkeit des Reichsgerichts für Streitfragen zwishen Senat und Bürgerschaft Hamburgs zur Vorlage gelangten.

Von der Geschäftsübersiht des Reichsgerichts für das Jahr 1880 wurde Kenntniß genommen und ein Antrag, betreffend die Dechargirung der Rehnung der Kasse des Rechnungshofs für 1878/79, dem Ausschusse für Rehnungs- wesen überwiesen.

Hierauf wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Fest- stellung des Reichshaushalts:-Etats für 1881/82, nah den Beschlüssen des Reichstags genehmigt; ebenso der Geseß- entwurf, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltuvgen der Post und Telegraphen, der Marine und des RNeichsheeres. Die zu dem ersteren Geseßentwurfe vom Reichstage beschlossenen Resolutionen wurden den zustän- digen Ausschüssen überwiesen.

Auf den Bericht des IX. Ausschusses wurde der Geseß- entwurf über die Oeffentlichkeit der Verhandlungen und die Geschäftssprache des Landesausschusses von Elsaß-Lothringen in erster und zweiter Lesung, und auf den Bericht des VT. Aus- schusses der Geseßentwurf über die Abänderung von Bestim- mungcn des Gerichtskostengeseßes und der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher in erster Lesung angenommen, hierbei jedoch die Berathung einiger zu leßterem Geseßentwurfe in- zwischen Seitens der Königlih sähsishen Regierung ein- gebrachten Zusaßanträge für die zweite Lesung vorbehalten.

Den Schluß machte die Ernennung von Kommissarien zur Berathung von Vorlagen im Reichstage sowie die Vorlegung von Eingaben.

Jn der heutigen (22.) Sißung des Reichstages, welcher mehrere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kom- missarien desselben beiwohnten, trat das Haus zunächst ein in die zweite Berathung des Geseßentwurfes, betreffend die Abänderung des Gesehes vom 13. Februar 1875 über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden, auf Grund des Berichtes der VI. Kommission. Der Referent der Kommission, der Abg. Frhr. von Malyahn-Gült, begründete kurz die von der Kommission teschlossenen Abänderungen. Der Staats-Minister von Boetticher er- klärte sich im Allgemeinen mit den Vorschlägen der Koms- mission einverstanden, nur scheine ihm die Bestimmung be- denfklih, daß, sowcit in den einzelnen Bundesstaaten Organe der Selbstverwaltung beständen, diese in bestimm- ten Fällen die Entscheidung über die Höhe der Liquidationen für geleisteten Vorspann haben sollten. Derartige Organe der Selbstverwaltung beständen in fast allen Bundesstaaten in den Gemeindebehörden, und grade diesen wolle man doch die Entscheidung über die Höhe der Liquidation nit überlassen, sondern man wolle grade diese Entscheidung in die Hände höherer Verwaltungsinstanzen legen. Die Anträge der Kommission ließen darüber Zweifel, ob das mög- lih sein würde. Auf Grund dieser Erklärung entspann \ich eine Diskussion, in der mehrere Abgeordnete die Zurückverweisung an die Kommission beantragten. Diese Anträge wurden aber zurückgezogen, nahdem der Referent darauf aufmerksam ge- macht hatte, daß die Kommission troy wiederholtcr Berathun u keiner andern Fassung gelangt sei, und daß man ja E

is zur dritten Lesung die Stellungnahme der Regierung zu

den Beschllissen des Hauses ersehen werde. Hierauf wurden die Anträge der Kommission ohne weitere Debatte genehmigt.

Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, be- treffend die Küstenfracht fahrt, auf Grund der in zweiter Berathung unverändert angenommenen Vorlage. Der Abg. Meier (Schaumburg-Lippe) beantragte, den Entwurf von der Tagesordnung abzusehen und nochmals an die Kommisfion zu verweisen, weil S noch mehrere Petitionen zu dem Gegenstande eingegangen seien. Das Haus trat nach kurzer Debatte diesem Antrage bei und ging sodann zur ersten Be- rathung eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung über.

Der Abg. Ackermann trat in längerem Vortrage für die Vorlage ein, dur deren Einbringung die Regierung sich den Dank des Hauses und der gewerbtreibenden Bevölkerung verdient habe. Redncr wies zunähst die Behauptung zurü, daß die Rekonstruktion der Fnnungen ein Zeichen der Reaktion sei. Es sei die höchste Zeit , Schritte zur Belebung des fkorporativen Geistes im Handwerk zu thun. Der Redner ging sodann auf die einzelnen Bestimmungen des Entwurfs ein, mit denen er sih größten- theils einverstanden erklärte. Es sei zu bedauern, daß keine Maßregel gefunden sei, um diejenigen Har dwerker zu zwingen, Beiträge zu den Kosten der Fahshulen und der Kranken- und Sterbekassen zu leisten, welhe sich den Jnnungen aus Unverstand oder Renitenz fern halten würden. Für bedenklich erklärte der Redner die Bestimmung über die Bildung von Jnnungsverbänden und Fnnungsausschüssen, sowie die Ernennung von Ehrenmitgliedern der Jnnungen. Die Resolutionen des Volkswirthschaftsraths betreffs Ein- führung von Arbeitsbüchern auch für Arbeiter über 21 Jahre und Einschränkung der Konkurrenz der Ge- fängnißarbeit würden ebenfalls in sorgfältige Erwägung zu nehmen sein. Der Redner beantragte schließlich, die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgliedern zu über- weisen. Der Abg. Dr. Baumbach führte aus, daß die liberalen Parteien kein geringeres Jnteresse für den Handwerkerstand hätten als die Konservativen, nur glaubten sie, daß sich alle angeblichen Zwecke der Neubelebungen der Jnnungen auch {hon nach der jeßigen Lung und auf dem Boden der Gewerbefrei- heit erreichen ließen. Redner wies auf die segensreihe Wirksamkeit der Gewerbevereine und der freien Erwerbsgenossenschaften hin und machte auf die großen Fortschritte des Kunsthand- werkes in den leßten Jahren aufmerksam. Es sei anzuer- Écnnen, daß die Vorlage gegenüber den Anträgen der Kon- servativen und vielen auf Einführung der Zwangsinnung ge- rihteten Petitionen eine gewisse Mäpigung bewahre. Mit der kommissarishen Berathung des Geseßentwurfes erkläre er ih einverstanden. Der Abg. Dr. Frhr. von Hertling nahm bei Schluß des Blattes das Wort und trat im Allgemeinen für die Vorlage ein.

Einzelne Eisenbahnverwaltungen habon unter Beru- fung auf die Rechtsprehung des Reichsgerichts in Fällen, in denen nach Abschnitt 111. Alinea 3 ff. der Allgeweinen Tarif- vorschriften die dort aufgeführten Güter der Spezialtarife auch ohne besonderen Antrag der Versender in bedeckten Wagen befördert worden sind, die Hastung für den Schaden abgelehnt, welchen die Güter in Folge mangelhafter Beschaffen- heit der bedeckten Wagen durch Witterungseinflüfse erlitten haben. Die Ablehnung der Haftpfliht in solhen Fällen er- cheint jedo, wie ein Cirkularerlaß des Ministers der öffent- lihen Arbeiten vom 15. d. M. ausführt, niht gerechtfertigt.

„Wenn die Eisenbahnverwaltungen nah Maßgabe der citirten Bestimmungen die Verpflihtung übernommen haben, Güter der fraglichen Art unter bestimmten L in bedeckten Wagen zu transportiren, so können sie sich für den Fall, daß diese Vorausseßungen zutreffen und demgemäß bedeckte Wagen zur Beförderung gestellt werden, auch der Hasft- pfliht für die durch* die Verladung in bedeckten Wagen abzu- wendende Gefahr ebensowenig entziehen, wie solche ihnen hin- sichtlih derjenigen Transporte obliegt, welhe unbedingt in be- deckten Wagen stattzufinden haben.

Die entgegenstehende Auffassung der Eisenb«bnverwal- tungen wird auch dur die bisher bekannt ge l2W4en Ent- scheidungen des Reichsg:rihts nitt begrün®et, das Er- kenntniß vom 18. November 1879 sich auf einen Fall aus der Zeit der Geltung der gegenwärtigen Tarifbestimmungen be- zieht, und sih aus den Band XXV. Seite 170 der Entschei- dungen des Reichs-Ober-Handelsgerihts und Band 1, Seite 15 der Entscheidungen des Reichsgerichts abgedruckten Entschei- dungsgründen nicht ergiebt, daß die Allgemeinen Tarifvor- Ua wie sie gegenwärtig in Geltung stehen, zu Grunde iegen.“

Die im Reichs - Eisenbahn - Amte aufgcstellte Uebersiht der Betriebs - Ergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat Februar d. Js., welche in der gestrigen Nummer des „Reichs-Anzeigers“ veröffentlicht wor- den 1}, ergiebt für die 82 Bahnen, welhe auch shon im entsprehenden Monate des Vorjahres im Betriebe waren und zur Vergleihung gezogen werden konnten, nachstehende theilweise auf provisorishen Ermittelungen beruhende Daten: die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war im Februar d. J. im Ganzen bei 31 Bahnen = 37,81 Proc. der Gesammtzahl höher und bei 51 Bahnen = 62,19 Proc. der Gesammtzahl geringer, als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer bei 26 Bahnen = 31,71 Proc. der Gesammtzahl höher, und bei 56 Bahnen = 68,29 Proc. der Gesammtzahl (darunter 13 Bahnen mit ver- mehrter Betriebélänge) geringer als in demselben Monat des Vorjahres. Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war vom 1, Januar bis Ende Februar d. J. im Ganzen bei 24 Bahnen = 29,27 Proc. der Gesammtzahl höher und bei 58 Bahnen = 70,73 Proc. der Gesammtzahl geringer, als in demselben Zeitraum des Vorjahres, und auf das Kilo- meter bei 20 Bahnen = 24,339 Proc. der Gesammtzahl höher und bci 62 Bahnen = 75,61 Proc. der Gesammt:- zahl (darunter 15 Bahnen mit vermehrter Betricbélänge) geringer, als in demselben Zeitraume des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen, aus\cließlih der vom Staate für eigene Rehnung verwalteten, betrug Ende Februar d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 1212606500 M (409 350 900 ( Stamm- aftien, 45450000 Æ& Prioritäts-Stammakiien und 757 805600 M Prioritäte-Obligationen) und die Län ge derjenigen Strecken, für welhe das Kapital bestimmt ist, 4091,70 km, so daß auf je 1km 296 357 F entfallen. Bei den unter Privat- verwaltung stehenden Privatbahnen betrug Ende Februar d. J. das gesammte konzessionirte Anlage- kapital 1403 501 657 M (556 319950 Æ Stammaktien, 216 876 900 M4 Prioritäts-Stammaktien und 630 304 807 M Prioritäts:Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapital bestimmt ist, 6943,11 km, so daß auf je 1 km 202143 A entfallen,

Die Mea der Post- und Telegraphen- sowie der Reichseisenbahn-Verwaltung und die Ein- nahmen an Wechselstempelsteuer laben für die Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schlusse des Monats Februar 1881 (verglihen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) betragen : Post - und Telegraphenverwaltung 123 572 378 M (+ 4489 891 M), Reichseisenbahn - Verwal-

tung 35852 000 M (—- 1 645 627 M), Wechselstempelsteuer 5910117 M (+ 72 638 M).

Wahrsagekarten fallen an sich nach einem Urtheil des Neichsgerichts, IIIl. Strafsenats, vom 29. Dezember v. J., nicht unter den Spielkartenstempel; sind aber die Wahrsagekarten mit Kartenzeichen versehen, welche sie zu einem der gewöhnlichen Kartenspiele tauglich machen, so sind sie stempelpflichtig.

Dur Allerhöchste Kabinetsordre vom 22. d. Mts. sind mit der Führung der am 1, April cr. neu zu formirenden Regimenter 2c. folgende Stabsoffiziere beauftragt wor- den : Jnfanterie-Regiment Nr. 97: Oberst-Lieutenant am Ende, bisher Bataillons-Commandeur im 4. Badischen Jnfanterie- Regiment Prinz Wilhelm Nr. 112. FJnfanterie-Regiment Nr. 98: Oberst-Lieutenant von Papprit, bisher Bataillons-Com- mandeur im 6. Brandenburgischen Jnfanterie-Regiment Nr. 52, Infanterie-Regiment Nr. 99: Oberst-Lieutenant Bergmann, bisher Bataillons-Commandeur im 1. Westpreußishen Gre- nadier-Regiment Nr. 6. Jnfanterie-Regiment Nr. 128: Dberst- Lieutenant von Kczewski, bisher Bataillons-Commandeur im 2, Ostpreußishen Grenadier-Regiment Nr. 3. FJnfanterie- Regiment Nr. 129: Oberst-Lieutenant von Aschhoff, bisher Commandeur des Pommershen Jäger-Bataillons Nr. 2, Infanterie-Regiment Nr. 130: Oberst-Lieutenant von Goetze, bisher Commandeur des Rheinischen Jäger - Bataillons Nr. 8, FJnfanterie-Regiment Nr. 131: ODberst-Lieutenant Melms, bisher Bataillons-Commandeur im 2, Hanseatischen Infanterie-Regiment Nr. 76. Infanterie-Regiment Nr. 132: Oberst-Lieutenant am Ende, bisher Commandeur des See- Bataillons. Füsilier - Bataillon des Jnfanterie- Regiments Nr. 116: Major von Freyhold, bisher im 6. Reinishen Jn- fanterie-Negiment Nr. 68, als etatsmäßiger Stabsoffizier. Feld-Artillerie-Regiment Nr. 31: Oberst-Lieutenant Köhler, bisher Abtheilungs-Commandeur im 1. Brandenburgischen Feld-Artillerie-Regiment Nr. 3 (General - Feldzeugmeister). Fuß: Artillerie-Regiment Nr. 11: Major Linker, bisher à la suite des Fuß-Artillerie-Regiments Nr. 15 und erster Artille- rie-Offizier vom Plat in Straßburg i. E. Pionier-Bataillon Nr. 16: Major Weber, bisher Commandeur des Ostpreußi- schen Pionier-Bataillons Nr, 1.

Königsberg, 25. März. Die Rede, mit welcher der Königliche Kommissarius, Ober-Präsident von Horn, heute den 4, Provinzial - Landtag von Ostpreußen geschlossen hat, lautet wie folgt .

Hochgeehrte Herren !

Nacvdem Sie die Arbeiten, welhe dem vierten ostpreußiscen Provinzial-Landtage oblagen, auf die würdigste Weise eingeleitct hatten dur eine patriotis&e Kundgebung, welche dem Herzen unseres geliebten Kaisers, Königs und Herrn sicherlich woblgethan hat, haben Sie untér Benutzung der Lorarbeiten Ihrer Kommissioren, die in zablreiden Situngen eincn Theil der Vorlagen einer cingehenden Erörterung unterzogen t aben, die Ihrer Berathung und Ves&luß- nahme ürerwiescnen mannigfachen Angelegenheiten in verbältnißmäßig kurzer Zeit erledigt.

Die Prôfung der Ihrer Feststellung unterliegenden Rechnungen früherer Jahre über die Verwendung der Mittel des Provinzialver- bandes für die verschiedenen der kommunalen Provinzialverwaltung vorbehaltenen Dienstzweige und die eingehende Durchberathung der Spezialetats der provinziellen Anstalten und Fonds, wie des Provinzial- Haushaltéetats haben zu d:m befriedigenden Ergebuiß geführt, daß Sie Ihre verwalfinden Organe hinsicbilich ter cesühtrten Ver- waltung haben entlaften und mit unwesertl-chen Ausnabmen alle diejenigen Mittel haben bereit stellen können, welche Ihr Ausscuß zur Fortführung der laufenden Geschäfte und zur Deckung einmaliger und außeroidentliber Ausgaben zu fordern für geboten erachtet hat.

Auf den verschiedensten Gebieten der kommunalen Provinzial- verwaltung haben Sie cine Reibe von Entscheidungen getroffen, welche theils die ron Ihrem Aus\4uß verbreiteten Angelegenheiten ¡um Abs&luß gebracht haben, theils Ihren verwaltenden Organen eine geeignete Grundlage zur weiteren Thätigkeit bieten.

Wenn ib aus der Reibe der Beschlüsse diejenigen heraushebe, welcte die reihlide Ausstattung des Foads für Landesmeliorationen, die Biwilligung eines erböhten Zuschusses für die Erziehung und Autbildung von Idioten, die Erweiterung der Irren-H.il- und Lflege- anstalt zu Allenberz und die künftige Ecricbtung einer zweiten An: stalt für Geisteékranke zum Gegenstande haben, so gescbieht dies des- halb, weil Ihnen für diese Beschlüsse der besondere Dank der Pro- vinz gebührt.

Nicht minderer Dank gebührt Ihnen für die wohlwollende Unter- stützung, welche sie verschiedenen gemeinnützigen Anstalten und wissen- schaftliden Bestrebungen haben zu Theil werden lassen ; Bestrebungen, welche hervorgegangen aus rübmlihir Neigung zur Wissenschaft in ibrer mannigfachen Gestaltung, ein ehrendes Zeugniß für das geistige Leben unserer Provinz geben, aber ungeactet der uneigennüzigsten Hingebuvg der NMänrver, welche denselben dienen, foctzesept dec pfle- genden und spendenden Hand der Vertreter der Provinz bedürfen.

Wenn sie cinem der wichtigsten Gegenstände Ihrer Lerathungen, der Fraze rach Gestaltung und Einrichtung des Wilbelm- und Augusta Siechenhauses und der damit in Zusammenhang gebrachten, auf die künftige Regelung des Landarme:wesers tezüglihen Fragen zu einer d:finitiven Beschlußnahme noch rit gelangt sind, so mag der hierdurch bedingte Aufschub bedauert, aber eine Bixubizurg darin çcefunten werden, daß die von Ihnen gepflogenen Erörterungen nicht vergeblich gewesen sein können, sondern zur allseitigen Klärung dec Axsiddten wesentiid werden beigetragen habcn, so daß der fünfte ostpreußische Provinzial-Landtag diese Angelegenheit in einer der Würde und den Juteressen der Provinz wie den Interessen der hülfs- bedürftigen Siechen gleih angemessenen Weise zur Erledigung wird bringen fönnen.

Haben Ste in ter cben erwähnten Angelegenbeit decn Vorschlägen Ihres Ausschusses nicht folgen mögen, so ist do soust in Zhren diesjährizen Berathungen wiederum das Einvernehmen des Landtazes mit seinem Aussck&uß, welches die nothwentize Vorbedinzung für eine ersprießlide Wiiksamkeit der verwaltenden Organe ift, in allen wesentlichen Dingen hervorgetreten, und Sie haben dem Provinzial- ausscuß in seiner G:sammiheit einen Beweis Jhres fortgeseßten Vertrauens geboten, intem Sie dicjenigen Männer, welhe nach dec Bestimmung des Gesetzes und des Looscs aus demselben autzuscheiden hatten, urd deren Vertreter der üterwoiegenden Mehrzahl nah wie- deram in den Uuéshuß berufen haben.

Hocbgeehrte Herren! Die Grwägung, daß Sie, wenn ni&t außer- gewöhnliche Ereignisse Jhr Zusammentreten im Laufe dieses Jahres rcckmals notwendig machen, zum lehten Male auf Gruad der Ihnen früher anvertrautea“ Mandate ala Vertreter der Provinz versammelt fird, legt einen RüdckLblick auf den zurückgelegten Weg nabe.

Nicht Allen, welte im Jahre 1876 neben Ihnen rüstig die Hand an das Werk legten, um tie neugeshaffene Provinzialordnung zur Auéführung zu bringen, ift es gleid Ihnen vergönnt, das Er- gebniß setkjähriger Thätigkeit zu überblicken. Abgeseben von Den- jenigen, welche sih veranlaßt gesehen haben, ihr Mandat niederzu- legen, ift tie Zahl Derer nicht gering, welhe von weiterer Mitarbeit tür das Wobl ter Prorinz dur den Tod abgerufen worden sind. Ich glaube ebenscwohl meinen Gefühlen der Pietät wie den Jhrigen zu entsprechen, wenn ich in dieser Stunde ebrend der Abgeordnetea Hannemann, Bernecker, Rupret, Guttmann, Becker, Gisevius, Heidemann, Jeglir bki, von Kraay und Beerbohm gedenke,

Sie aber, meine Herren, welbe rom Beginne an der auf Grund der Provinzialordnung çewmäblten Vertretung der Provirz angektört haben, und diejenig:en von Ibnen, welche nach und nach an Stelle der Ausgesciedenen in dieselbe eingetreten sind, dürfen Angesichts der erbeblichen Aufgaber, welde dieser Vertretung geftellt waren, mit Befriedigung auf Ibr Wirken zurückblicken. Es ift dieser Vertretung die schwierige Aufgabe geftellt gewesen, in Gemeinschaft mit den Ver- tretern der Schwesterprovinz Westpreußen die kommunale Provinzial- verwaltung nach den, von dem Gesctze gegebenen Grundzügen neu aufzubauen und ten hervortreterden Bedürfnissen gemäß weiter zu gestalten und zu entwickeln. Es ist Ihnen dabei die in der Geschichte des provinziellen Lebens selteve und zuglei peinliche Aufgabe zuge- fallen, die Abtrennung eines Tkeiles der alten Provinz Preußen mit allen dieser Veränderung voraufgegan2nen Zweifeln uad Behin- derungen und mit der ihr folgenden Auseinandersezung zu über- winden und durzuführen und den zurückbleibenden Theil wiederum als selbständiges Eanzes zu gestalten.

Die Vertretung unserer Provinz und der:n virwalterde Oraane haben sich diesen Aufgaben voll gewatsen gezeigt und die ihrer Für- forge zufallenden provinziellen Anaeleger heiten in den Weg ruhiger Fortertwideiung geleitet. Wir dürfen daber mit der Zuversicht in die Zukunft blicken, daß die Vertretung Ostpreufens, Sie oder Ihre Nachfolger, auch in der Folge in guter oder \{werer Zeit das Rich- e zu finden wissen, wird zum Heile dieser alten und theucrn

rovinz.

Kraft der mir eitheilien Ermächtigung s\cli-efe ih biermit den vierten ostpreußishen Provinzial-Landtag.

Bayern. München, 24. März. Die „Allg. Ztg.“ meldet: Se. Majestät der König haben geruht, den Lega- tionssekretär in Berlin, Freiherrn von der Pfordten, unter Beförderung zum Legationssekretär erster Klasse zur Gesandtschaft am italienishen Hofe zu verseßen, und den Ministerialpraktikanten, Freiherrn von Podewils-Dürnißt, zum Legationssekretär in Berlin zu ernennen.

Die längere Dauer des dermaligen Landtags wird es möglih machen, daß demselben auch na) der Etat für die bayerishe Armee pro 1881/82 zur Beschlußfassung wird vor- gelegt werden können. Es wird also hiezu einer nohmaligen Berufung der Kammer zu einer Sommer-Session, wie es seit einigen Fahren der Fall war, nicht bedürfen.

Württemberg. Stuttgart, 24 März. (St.-A.f.W.) Die Handels- und Gewerbekammer Stuttgart hat an den Reichstag eine Eingabe gerichtet, betreffend den Geseßentwurf über die Unfallversicherung der Arbeiter. Es werden einige Verbesserungsvorshläge gemacht, so die Herabseßung der Frist für Bewilligung des Schadenersaßes auf eine at- tägige Erwerbsunfähigkeit (Carenzzeit), während der Entwurf eine vierwöchige Zeit statuirt (8. 8). Die Eingabe begründet dies damit, daß nach der Statistik der Unfallversiherung von den verunglüdten Arbeitern 25 Proz. zwischen dem 1. und 10. Krankentag, 33 Proz. zwischen dem 10. und 20. Kranken- tag, 17 Proz. zwischen dem 20. und 30. Krankentag genesen, also durchs@nittlich 72 Proz. innerhalb dieser kritishen Zeit, während welcher der Arbeiter gerade die meisten Kurkosten und Abgaben zu bestreiten hat. Dem bestehenden Gesetze ge- genüber müßte daher die vorgeshlagene Versicherungeart als ein Rückschritt ersheinen, wenn sich §8. 5 auf die binnen vier Wochen geheilten Verleßungen, also auf 70—80 Prozent der Unglücksfälle niht erstreen und damit den Arbeitcr und Unternehmer zwingen würde, sich nochmals anderweitig zu versichern. Ferner wird bezüglih der Beitragspflicht die Er- seßung des Landarmenverbandes durch das Reich und die M eBung aller Arbeiter, auch der mit den niedersten

ohnsäßen, zur Prämienzahlung befürwortet. Es dürste das Gerechtigkeitsgefühl des Arbeiters verleßen, wenn er, weil er über 750 # verdient, zur Zahlung einer Prämie gezwungen würde, während seinem trägen, leihtsinnigen Neben- mann eine Anweisung auf die Armenkasse ausgestellt würde. Die Handelskammer beantragt demgemäß zu §. 13: Repar- tirung der Prämienzahlung auf die Arbeiter mit dem niedersten Jahresverdienst zu einem Drittel unter gleichzeitiger Leistung des zweiten Drittels durch das Reich (des dritten durch den Unternehmer); während der Entwurf hier 2/4 dem Unternehmer, 1/; dem Reiche zuscheidet; ferner auf die Arbeiter mit einem FJahresverdienst bis zu 1000 M zu 1/2, und auf die mit einem höheren Lohne zu 2/; in der Weise, daß der Arbeitgeber für die anderen Bruchtheile von 1/, bezw. 1/2 aufzukommen hätte, während der Entwurf dort den Versicherten nur mit 1/3, hier nur mit der Hälfte beiziehen will. Endlich erachtet die Handelékammer als be- sonders wünschenswerth: a. die authentishe Jnterpretation der Geseßesvorlage bezüglih der Versicherung der Arbeiterinnen (Wittwen) und ihrer Hinterbliebenen; b, Aufnahme der bei Maschinen dauernd oder regelmäßig beschäftigten landwirth- schaftlichen Arbeiter, deren besonderen Verhältnissen vielleicht die Einführung einer kurzzeitigen Versiherungsart Rechnung tragen könnte; c, eine Erläuterung des 8. 8, wonach sür die Leistungen der Kasse die verbliebene Erwerbsfähigkeit im All- gemeinen ohne Rüclsikt auf die Art der bisherigen Beschäfti- gung maßgebend sein soll.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 25. März. Aus Skt. Petersburg, 24. März, wird der „Pr.sse“ gemeldet: „Erz- herzog Karl Ludwig ist Nachmittags hier angekommen ; er wurde von sämmtlichen Großsürsten erwartet: des Kaisers Bruder und dessen Oheime trugen österreichische Uniform ohne Trauer, der Erzherzog russishe Uniform in tiefster Trauer. Der Minister Posziet und General-Adjutant Jansonow waren auf dem Bahnhofe anwesend; ferner der Ceremo- nienmeister Graf Cassini und der Polizeimeister - Gehülfe Welnißky. Der Erzherzog hatte Thränen in den Augen, als er die Brüder und Oheime des Kaisers lüßte und jedem be- sonders sein Beileid über den Tod des treuen Freundes des österreichischen Kaisers ausdrückte. Großfürst Wladimir stellle die jüngeren Großfürsten, die Söhne der Großfürsten Nikolaus, Michael und Konstantin, dann beide Herzöge Leuchtenberg und den Herzoa Oldenburg dem Erzherzog vor; er war ungemein bewegt. Der Erzherzog überbringt ein Kaiserliches Schreiben“.

__— Die „W. Z.“ meldet aus Kairo, 23. März: Kron- prinz Erzherzog Rudolf hat sich von dem Khedive verab- schiedet und ist über Suez nah Port-Said abgereist.

Pe st, 24. März. (Pest. L.). Die Kaiserin verläßtam Mon- tag, 28. d. Nachmittags, nah einem sehswöchentlihen Aufent- halte in England Combermere-Abbey in Shropshire und begiebt sich von der Bahnstation Whithurh aus nach London, wo- selbst ein mehrstündiger Aufenthalt genommen wird. Von der Station Lille aus wird Jhre Majestät sich über Paris, wo die Hohe Reisende unter dem Jnkognito einer Gräfin Hohenembs zwei Tage verweilen sol, nah Brüssel begeben.

Auch auf der Rückfahrt wird die Hohe Frau nur 3—4 Stun- den am Brüsseler Hofe Aufenthalt nehmen und dann die Reise über München, wo ein eintäaiger Besu in Aussicht genom- men wurde, die Reise nah Wien fortseßen, woselbst die An- kunft am 3. oder 4. April erfolgt.

Schweiz. Bern, 25. März. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland hat dem Bundesrathe mittelst Handschreibens vom 16. d. den Hintritt seines Vaters und seine Thronbesteigung mitgetheilt, sowie der Hoffnung Aus- druck gegeben, daß der Bundesrath auc für ihn die freund- shaftlihen Gesinnungen hegen werde, welche derselbe dem verstorbenen Kaiser stets bewiesen habe und denen seinerseits zu entjprehen er sich angelegen sein lassen werde. Gleich- zeitig erfolgte die Anzeige, daß der außerordentlihe Gesandte bei der Eidgenossenschaft, Gehèime Rath von Hamburger, in dieser Eigenschast bestätigt sei.

Großbritannien und Jrland. London, 25, März. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Oberhauses kündigte Lord Cairns an, daß er am nähsten Donnerstag die Aufmerksamkeit des Hauses auf die mit den Boern getroffene Abmathung zu lenken und von der Regierung Aufklärung zu verlangen beabsichtige.

Im Unterhause wurde die Berathung des Antrages Stanhope's betreffs Afghanistans fortgesezt. Der Staatssekretär für Fndien, Hartington, wies die von der Oppositionspartei vorgebrahten Argumente zurück und er- klärte: Rußland habe in Afghanistan niemals militärisch intervenirt: es habe nur auf diplomatishem Wege inter- venirt, als der Krieg mit England auzgebrochen sei. Er habe geglaubt, cin unabhängiges Afghanistan wäre der beste Schuß gegen den Vormarsh Rußlands in der Richtung auf Fndien. Rußland wisse, daß Enaland Afghanistan als außerhalb der Sphäre Rußlands liegend betrachte; es wisse ferner sehr wohl, daß scine diplomatishe oder militärische Einmischung in Afghanistan gleihbedeutend sei mit dem Bruch der freundschaftlicen Beziehungen zu England und daß England sich berechtigt halte, einer Einmishung mit allen Mitteln entgegen zu treten und Maßregeln zu ergreifen, um seine Grenze zu schüßen sowie den Afghanen zur Erhaltung ihrer Unabhängigkeit gegen jeden beizustehen. Der Antrag Stanhope's wurde hierauf mit 336 gegen 216 Stimmen ab: gelehnt. Die Majorität zu Gunsten der Regierung betrug somit 120 Stimmen.

Frankreich. Paris, 24. März. (Cöln. Ztg.) Jn Folge des Streites des Polizeipräfekten mit dem Pariser Gemeinderathe hat die Regierung grundsäßlih beschlossen, die Beamten der Polizeipräfektur, die jeßt von der Stadt Paris abhängen, zu Staatsbeamten zu machen. Gambetta wohnte gestern dem Diner bei dem Polizeipräfekten an.

0 I G S An dem gestern Abend Gambetta zu Ehren gegebenen Banket der Syndikatskammer nahmen gegen 600 Personen Theil. Die bei dem Banket von Gambetta gehaltene Nede war speziell der Aufgabe der Syndikatskammern gewidmet und gab den friedlihen Gesinnungen Ausdruck. Gambetta er- klärte, man müsse dem Handel Sicherheit für den fol- genten Tag bieten. Der Redner protestirte gegen die Nachrichten, welche bezweckten, die konstitutionelle Autorität des Präsidenten Grévy, dem er ein langes Leben wünsche, zu \{chwächen. ({Beifall.) Die bevorstehenden Wahlen würden den Staat vor dén Winkelzügen s{chüßen, gegen welhe man kämpfe, indem der Demokratie volle Freiheit des öffentlihen Lebens gewährt werde. Er hoffe, die Kammer werde, nachdem sie sich als Befreierin gezeigt, eine reformirende Kammer sein und an dem gemeinsamen Werke der Republik und des Vater- landes mitarbeiten können. (Beifall.)

Jn der gestrigen Senatssißung richtete Gavardie (Legitimist) eine Anfrage an die Regierung über die Orient - frage und sprah \sih gegen die griechenfreundliche Politik aus, welhe nur dem Einflusse Gambetta's zuzu- schreiben sei. Der Minister des Auswärtigen wurde von mehreren Seiten aufgefordert, niht zu antworten. Demnächst wurde die Sißung aufgehoben,

Eine Marfseiller Korrespondenz der „Agence Havas“ spricht sih zu Gunsten der Absichten der Ztaliener aus, Tripolis zu erforschen und \sih daselbst festzuseßen. Man könne es den Jtalienern nicht verdenken, wenn sie daran dächten, sich in Tripolis festzuseßen; die Ztaliener möchten aber ihrerseits sih etwas weniger mit Tunis beschäftigen, wo sich Frankreich bercits vor ihnen festgeseßt habe.

Spanien, Faro, 6. Di (V. T. B) Jn einer zu Gunsten der Abschaffung der Sklaverei abge- haltenen Versammlung wurde cine Resolution angenom- men, welche die Abschaffung der Sklaverei bezweckt. Gleich: zeitig gab die Versammlung ihrem Bedauern über die Ermor- dung des Kaisers Alexander Il, des Befreiers von 20 Millionen Leibeignen Ausdruck.

Griechenland. Athen, 25. März. (W. T. B.) Bei der Truppenrevue am 6. April wird der König den neugebil- deten Bataillonen die Fahnen verleihen; 12000 Mann werden an der Rewue theilnehmen. Ein öster- reihisher Dampfer hat gestern hier 150 Kisten mit Waffen und Torpedos gelandet, der Dampfer „Fraissinet“ 200 Maulthiere, cin englisher Dampfer zwei Batterien Armstrong- Geschüße und viel anderes Kriegsmaterial. Das neue Ka- nonenboot „Spezia“, das Torpedoschiff „Jpsara“ und andere Torpedoboote werden deinnächst im Piräus erwartet. Der Marine-Minister hat außer der Einziehung von 3000 Matrosen, welche die Effektivstärke bilden, die Anwerbung von weiteren 2000 freiwilligen Matrosen angeordnet. Der Kriegs- Minister hat die Bildung neuer Bataillone bcfohlen.

Türkei. Konstantinopel, 25. März. (W. T. B.) Ein von hier aus verbreitetes Telegramm der „Agence Havas“ will wissen, die Pforte habe in der gestrigen Sitzung, betreffend die griechische 'Grenzfrage, bedeutende Kon- zessionen namentlich in Thessalien gemacht, die indeß noc nit näher bekannt seien. Sicher sei dagegen, ‘daß die Pforte Kreta angeboten habe.

Die „Times“ vom 26. schreibt, die öffentlihe Mei- nung in England würde der Regierung niht gestatten, Griechenland materielle Unterstüßung zu gewähren, falls es die Türkei angreifen, oder die neuen Rathschläge der Mächte mißachten sollte. Wenn Griechenland mit leichtem

Herzen einen Krieg beginne, welher hätte vermieden werden |

können, dürfe es nicht erwarten, daß die Mächte zu seinem Gunsten interveniren würden, wenn es besiegt würde. Die „Agence Havas“ läßt fih unter dem 25. aus

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1 Konstantinopel melden, die Türken hätten bei d:m leßten den | Botschaftern gemahten Vorschlage Kreta mit einem Theile von Thessalien oder fast ganz Thessalien ohne Kreta an- geboten, die Botschafter neigten der ersten Alternative zu mit Ausnahme des englishen Botschafters Göschen, der die An- nahme der zweiten Alternative empfehle und derselben noch die Abtretuna von Prevesa hinzugefügt haben wolle. R März. (W, T. B.) Wie verlautet, hätte die Pforte in Folge Widerspruhs eines Theils des Minister- raths ihr Anerbieten bezüglich der Abtretung von Kreta wieder zurlickgezogen und dasselbe durch einen neuen Vor- \hlag erseßt, welher als eine Kompensation angelehen würde und von den Botschaftern den Regierungen unter- breitet worden wäre. ___ Saloniwi, 24 März. (Pest. L) in Uesküb 11 Häupter der albanesishen Liga ver- haftet. Dieselben werden unter starker Militäresforte hicr- hergebracht.

_Numänien. Bukarest, 24. März. Der W. „Pr.“ meldet man von hier: „Bei Hofe trifft man Vorkehrungen zum Empfange des Kronprinzen Rudolf. Der Fürst in- Ipizirte bereits die Sommerresidenz Cotrotscheni zu diesem Zwece, wohin dex Hof provisorish übersiedeln wird, so lange der Kronprinz als Gast hier weilt“,

26. März. (W. T. B.) Der Kultus-Minister Conta hat seine Demission gegeben. Jn der Sizung der Depu- tirtentfkammer richtete Majorescu an den Minister- Präsidenten eine Jnterpellation darüber, welche Maßregeln von Seiten der Regierung zur Sicherung der konstitutionellen Monarchie getroffen worden seien mit Rü&siht auf das Attentat Pietraru's, sowie mit Rücksicht darauf, daß in Jassy eine Verbindung von Nihilisten entdeck worden sei, welche Beziehungen zu Rußland unterhalte und die Grundsäße der rumänishen Jugend zu erschüttern versuze. Der Minister- Präsident Bratiano wies die von dem Fnterpellanten aus- gesprochenen Befürchtungen als grundlos zurück. Die Regie- rung werde sich zu Nepressivmaßregeln nur dann entschließen, wenn die Sicherheit des Staates gefährdet erscheinen sollte. Die Freiheit der Presse werde die Negierung stets ahten. Die Präfekten seien indeß bereits dahin instruirt, ihre Aufmerk- jamkeit auf die fremden Fndividuen, deren Treiben Verdacht errege, zu rihten. Von dem Finanz-Minister ist der Depu- tirtenkammer eine Vorlage, betreffend die Errichtung von Acterbau-Vorschußkassen, zugegangen.

Bulgarien. Sofia, 24. März. (W. Pr.) Der durch den serbischen diplomatishen Agenten Oberst S. Gruics gemachte Versuch, einen Handelsvertrag zwishen Ser- bien und Bulgarien abzuschließen, ist gescheitert. Heute ist das Gebäude des Kassationsgerihtshofes sammt dem Archiv abgebrannt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 25. März. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Deutsche Kronprinz besuchte heute die Stätte, an welcher das Attentat gegen den Kaiser Alexander Il. be- gangen wurde.

__— 26. März. (W. T. B) Jm Verein mit russishen Offizieren hatten gestern Offiziere und Chargirte der preu - ßishen Regimenter, deren Chef der verstorbene Kaiser war, tie Ehrenwache am Sarge des Kaisers, und zwar ein Major und ein Wachtmeister vom Ulanen-Regiment Kaiser Alexander von Rußland (1. Brandenburgischen) Nr. 3, ein Hauptmann und ein Sergeant vom Kaiser Alexander Garde- Grenadier-Negiment Nr. 1, sowie ein Rittmeister und ein Unter- offizier vom Brandenburgishen Kürassier-Regiment (Kaiser Nikolaus 1. von Rußland) Nr. 6. Der gestrigen Abend- messe in der Peter:Pauls- Kathedrale wohnten die fürstlichen Gäste und die Großfürsten Wladimir, Alexis und Sergius, sowie die Brüder des verstorbenen Kaisers, die Großfürsten Nikolaus, Konstantin und Michael, mit ihren Söhnen bei. Der Prinz von Wi1les führte die Großfürstin Marie Paulowna, der deutshe Kronprinz führte die Herzogin von Edinburgh.

Der „Regierun gsbote“ schreibt: Am 22. d. ist in St. Petersburg eine gewisse Sophie Perowskaja verhaftet worden, auf die man seit dem Jahre 1878 bereits fahndete. Laut dem eigenen Geständniß derselben war sie unter dem Namen Suchorukow an dem Moskauer Attentat vom 1. De- zember 1879 auf den verstorbenen Kaiser betheiligt und hat jeßt nach der Verhaftung Jeliaboffs das Attentat vom 13. d. geleitet. Sie wird mit den anderen Theilnehmern an dem leßten Attentat zusammen vor Gericht gestellt werden.

Amerika. Washington, 23. März. (Allg. Corr.) Das Kabinet diskutirte gestern wiederum die Frage betreffs einer außerordentlihen Session des Kongresses, aber das Resultat der Berathungen ist niht in die Oeffentlichkeit ge- drungen.

Vorgestern wurden

Kunst, Wissenschaft und Literatue.

Der Komponist Nikolaus Rutbinfstein, Anton Rubinfteins, it am 23. d. in Paris geftorben.

Der Bogtländiscbe Ulterthumsforschende Verein zu Hohenleuben bat seinen 50. und 51. Jahreêberiht publizirt, wel&em der 2. und 3. Jahresbericht des Geschicbts6- und Alter- thumäforschenden Vereins zu Scbleiz angehängt ifl. Das im Auftrage des Direktoriums vom S.kretär des erstecen V.reins, Pfarrer M. Dietriy in Hchenleuben, herausgegebene Bändchen enthält außerdem interessante fultur- und a'terthumzzechicht- livze Beiträge übec die Dämonensagen des Erzgebicges von Dr. Sob. Aug. Ernst Köhler, über die ältesten Stadtrechte ter Reußishen Städte von Dr, Julius Alberti (worin die Stadtrechte von Zeulenroda vom Jahre 1438, Hirshberg vom Jahre 1479 und Gera vom Jahre 1487 wörtlich mitzetheilt werden) und über die Familie „von Plauea* in Scbleiz, von demselben. Davn folgt ein Bericht übec reuere, im Jateresse des voatländischen Vereins ausgeführte Gräberaufdeckungen bei Ranis und Oberopparag, von R Eisel, Der Vogtländiste Alterthumtforshende Verein ¡äblte beim Abschluß des 51, Jabreéberihts 148 Mitglieder und 13 Ebrenmitglieder, Jn dén Monatsversammlungea entfaltete sib, wie das Verzeichniß der in den beiden Jahren 1879 und 1889 gehaltenen Vorträge beweist, ein reger wissenschaftliher Eifer. Die Lioiträge handelten : über die in der Kirche zu Hohenleuben bifino- lie Familiengruft des vormals Gräflichen, teßt Fürstlichen pas Köftriy sowie über die in decselben kteigeseßten Leichen, über die Scpriftzeichen des Mittelalters, liter die herrs{haftlihe Gruft zu Saalburg, über die Sovhiendukaten, über die Thiere in der Mytho-

Bruder

logie, ia den Sagen und dem Aberglauben des Volkes, über die Chemie im Dienste der Alterthumtéwissensbaft, über Bedeutung der Pflanzennamen für Geschichte und Alterthumskunde, über ein prä- bistorishes Instrument aus Bronze und Eisen, über die Kriegslasten in der Pfleze MReichenfels während des 30 jährigen