1881 / 75 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Mar 1881 18:00:01 GMT) scan diff

An der Berathung der Vorlaazen In einer Kommission werde seine Partei sich bereitwillig betheiligen, ohne hieraus jedoch einen Schluß auf ihre Zustammung zu den Vorlagen selbst ziehen zu lassen.

Der Abg. Dr. Loewe (Bochum) bemerkte, man sei in Deutschland mit den direkten Steuern noch nicht auf dem Punkt angelangt, daß sie ganz unerträglih wären ; aber Jeder- mann sage doch s{chon, was der Staat verlange, wolle man zahlen; aber wenn der Bürgermeister mit den Schullasten U. f. w. komme, das sei unbequem. Man habe in Deutsch- land das kühne Experiment gemacht, einen monarchischen Föderativstaat zu begründen; man stehe in Deutschland auf dem Boden von Verträgen. Deshalb habe man das große Interesse, das Neich so zu stellen, daß es nit blos seine Be- dürfnisse selbst decken könne, sondern wie früher der Zollverein, den Einzelstaaten etwas herauszahlen könne. Auch er sei für Entlastung der unteren Stufen der Klassensteuer. Bei der Entlastung der Kommunen, wie sie jeßt beabsichtigt sei, werde man uicht stehen bleiben können. Der Reichskanzler habe ja öfter durhblicken lassen, daß derselbe auch einer Wiedereinführung der Schlaht- und Mahlsteuer niht abhold sei. Dagegen müsse er (Redner) - aber entschieden Verwahrung einlegen ; durch eine solche Steuer würden niht nur Erwachsene, sondern schon die Kinder zum Sqchmuggel herangebildet, sie sei die unmoralischste Steuer, die er kenne. Jhrer Abschaffung habe man es zu verdanken, daß, trogdem in den legten Fahren eine bedeutende Preis- steigerung auf allen Gebieten stattgesunden habe, das Noggen- brod niht theurer geworden sei. Das Weizenbrod habe ja nie einen festen Preis und könne hier nicht in Betracht kom- men. Wenn man aber von eincr Erleichterung und Ueber- weisung spreche, so müsse man sich Avor lem klar werden, wem Steuern zu erlasscn seien und wem die Erträge zu Üüber- weisen seien. Man habe die Auswanderung mit Necht als ein bemerkenswerthes und beklagenswerthes wirthschaftlihes Symptom hervorgehoben. Aber woraus seße sih der Aus- wandererstrom zusammen? Nur zum kleinsten Theile aus Fabrikarbeitern, vielleicht aus einer sehr geringen Zahl von abgewirthschafteten Handwerkern, einigen Doktoren u. st. w., zum allergrößten Theile aber werde der Strom aus der ländlichen Bevölkerung gebildet, und zwar aus Landestheilen stammend, die ohnehin {wach bevölkert seien. Worauf weise dies hin? Auf einen Nothstand in den länd- lichen Verhältnissen. Jn der That fehle es dort auf dem Lande an der so nothwendigen Möglichkeit der Schaffung von dauerhaftem Grundbesitz. Sehr erfreulih sei es, daß der Reichskanzler hervorgehoben, wie sehr er (der Neichskanzler) si für Besserung dieser Verhältnisse interessire. Das Ziel, die Erleichterung der ärmeren Klassen herbeizuführen, werde wohl allseitig gebilligt; denn namentli "der tleinere Grund- besi, der Bauernstand, leide am meisten durch die direk- ten Steuern; an diese Klasse müsse man namentlich denken. Deshalb müsse er sih auch gegen die Wehrsteuer erklären, die das platte Land doppelt ungerecht treffen werde. Ein- mal würden der Landwirthschaft schon viele Kräfte entzogen, dann wolle man auch noch die ZurüCgebliebenen besteuern. Namentlich ungerecht wirke die Steuer auf die Ersaßreservisten, welche jeßt nicht mehr ganz militärfrei seien und für welche

lamm. -

Snserate für dea Deutschen RNeichs| u. Köntgl. Prenß. Staats-Anzeiger und has Geu2ral-Handelg- regiftec nimmt an! die Königli®ze Expedition dea Bentshzn Reichs-Anzeigers (83d üöniglig Prenfischen Staats-Anzelges; ú Bexliu, L. M. Wilhelm-Straße Liz, 32, 51 6

s B T E Zip ————

WSubbastationen, Uufgebnte, Vor- ladungen und dergl. K, Würltemb. Amtsgeri%t Neutlingen.

[880] Oeffentliche Zustellung. Emil Heinri Ludwig Pfundt, Bucbinder,

Udolph Kätele, Notbgerber, sämmtlich hier, tlagen | und

nun abwesend mit unbekanntcm Aufenthaltsort, wegin Schadentersaiz aus einem zum Nachtheil der Kläger begangeven Diebstahl mit dem Antrage auf Verurtheilung der Beklazten zu Bezahlung von 25 4M \ an 2c. Pfandt, 41 Bübler und

E [8600]

sowie zu Erstattung von Kosten eines erwirkten Arrestbefebls und laden die Beklagte zur mlind-

liche Amtsgericht zu Reutlingen auf Dieusiag, den 3. Mai 1881, Bormittags 9 Uhr. Zum Zwedcke der öffentlichen Zustellung wird dic- ser Auszug der Klage bekannt gemacht. Reutlingen, den 26. März 1881.

oln, Gerichts\{reiber des Königlichen Amtsgerichts, St.-V.

[8887]

Aufgebot cincs Sparkaffenbuchs.

Der Orlsrorstand der Dorfgemcinde Lobez, Kreis Pleschen, hat das Aufgebot des angeblich verloren gegangenen Quittungsbuhs Nr. 557 der städtischen Sparkasse zu Pleschen über 873 4 30 «4 Sw@ul- lardpadctgelder der Gemeinde Lobez beantragt.

Der Inhaber dieses Quittungsbucbcs wird daher aufgefordert, spätestens 1n dem auf den 7, Matemues 1881, Vormittags 11 Uhr, im biesigen Gerichtsgebäude anteraumten Aufgebots- tecmine seine Rechte bei dem unterzeichneten Gericht

[85911

der wirthschaftlihe Vortheil der Befreiung vom Militärdienst auf- hôre. Die Brausteuer könne nur unter gleichzeitiger Erhöhung der Branntweinsteuer erhöht werden. Wenn er auch die Bier- bummelei nicht für einen Vortheil halte, so müsse er doc sagen, das Bier habe in der Verdrängung des Branntweins erhebliche Dienste geleistet. Merkwürdig sei es, daß dem Reichstag ein Gesetz vorgelegt werde, welches den Branntweingenuß indirekt fördere, und zugleich ein Geseß gegen die Trunksuht. Wenn ein Geseß, wie das leßtere nothwendig sei, dann sollte man sich doch bedenken, das bessere Getränk, das Bier, theurer zu machen. Eine Bestimmung des Brausteuergeseßes halte er allerdings für empfehlenzwerth, und vielleicht lasse sie sih ab- sondern, nämlich das Verbot der Surrogate, Das Geseßz über die Stempelabgaben enthalte, abgesehen vom Quittungs- stempel, nur eine Ausgleihung in der Besteuerung; er könne es deshalb acceptiren. Aber sont müsse er sagen: es sei kein Moment vorhanden, welches den Reichstag dränge, neue Steuern zu bewilligen ; derselbe habe ja noch nit einmal er- fahren, wie die bereits bewilligten Steuern wirkten.

Der Abg. Wiggers (Parchim) wollte auf die Denkschrift niht näher eingehen; sie bringe ja nichts Neues; auc) die Nede des Reichskanzlers sei nur eine Wiederholung dessen, was derselbe shon oft gesagt habe. Seine (des Redners) theoretischen Ausführungen über direkte und indirekte Steuern würden auch keine Wirkung auf den Reichskanzler ausüben, denn der Respekt des Reichskanzlers vor der Wissenschaft sei ja nicht bedeutend. Seine Partei würde Steuern und Steuer- erhöhungen nicht verweigern, wenn es sich darum handelte, Bedürfnisse des Reiches zu befriedigen. Dieser Nachweis sei niht erbracht worden, es würde nur stets gesagt, die Einzelstaaten brauchten Geld. Die Staaten müßten innerhalb ihrer eigenen Kompetenz auch die Mittel aufbringen, welhe sie brauchten. Viele Einzel- siaaten hätten geglaubt, daß man die Ueber- {üsse im Reiche zur Beseitigung der Matrikularbeiträge ver- wenden wollte; diese Hoffnung sei unersüllt geblieben. Die Pläne des Reichskanzlers seien so umfassend; derselbe beab- sihtige ja auch eine Alters- und JFnvalidenversorgung; aber die Denkschrift über die Neform der Steuern ser so dürftig, daß man damit nicht zufrieden sein könne. Von eincin Steuer- reformplan verlange er, daß man in Ziffern ausdrückte, was man einnehmen und was man davon bestreiten wolle. Welche Steuern sollten denn noch kommen, um Alles zu decken? Das Tabaksmonopol, vielleicht auch das Zuckermonopol. Man sei auf einen s{limmen Weg gerathen, der zum Staatsfozialismus führe. Wenn das Reich immer weitere Verpflihtungen auf sich nehme, immer größere Mittel beanspruche und alles in seiner Hand konzentrire, die Eisenbahnen, die Versicherung 2c., wenn einmal ein Krieg die Maschine ins Stocken bringe, wenn die Einnahmen ausblieben, was solle dann daraus werden © Wie sollten die Verbindlichkeiten DeckEung finden? Dann werde ein Krach kommen, wie man noch niemals einen wirthschaft- lihen Krach erlebt habe. Der Abg. Stumm habe neulich ein Körnchen Wahrheit in dem Saße entdeckt, daß die Prinzipien des Freihandels und der Fortschrittspartei zum Nihilismus und zur Sozialdemokratie führten ; es liege aber ein großes Korn Wahrheit darin, wenn man behaupte, daß die Bestrebungen

G F G

e entliher

1, Steckbriefs und Untersuchungo-Zachen. 5. Indzetrielle Etablizzements, Fabriken

3, Sabhastationez, Auígebotes, Vorladungouan n. ergl,

3. Verkünfs, Verpachtungen, Suboinsi “te,

4. Vorlooatung, Anzoztisation, Ziuzzahlung n. 6. v. von üftceutlicheu Paniaren,

E S S N

Weber hat das Aufzebot diescs inzwischen ver- loren gegangenen Pfandscheins beantragt. Der unbekannte Inhaber desselben wird auf- gefordert, seire Rechte spätestens in dem auf Dienstag, den 11. Oftober 1881, Morgens 9 Uhr, Gustav Adolph Bübler, Posamentier, und Gustav | anberaumten Aufgebotstermine dahier anzumelden den Pfandscein gegen die ledige volljährige Lisette Göbel von hier, | soler für kcaftles erklärt würde. Den 22, März 1881, Ober-Amtêrichter

_Zur Beglautigung: Gerichtsschreiber Bienz,

¡E Iran des Heinrich Wagner, Anna Marie, (25 lichen Verbandlung des Rechtbstreits vor tas König- do, L N E gat aucYase Rühl zu Großrechtenbach das auf ihren Namen und auf ein Einlagefapital von 127 4 22 4 lautende Sparkassenbub Air. 13,744 der hiesigen Kreisspar- fasse verloren hate. Sie hat auf Grund dessen das Aufgebot ter vorbezeineten Urkunde beantragt. | [8883] L Demgemäß wird der Inhaber derselben aufgefordert,

scine Mecbte spätestens in dem auf Freitag, den 14. Oktober 1881, Vorm. 10 Uhr, vor dem unterzeihnetey Amtsgericht anftehenden Termine an- zumelden und die Urkunde vorzulegen, widrigen- falls die Kraftloserklärung derselben erfolgen wird.

Weylar, den 15. März 1881, Königliches Amtsgericht.

des Rentiers Peter Wilhelm Mangels zu Odis-

egen den Sechstelböfner Sohann Friedri Söhl zu Mittelstenabe, Beklagten, w:0en Forderung,

der Sozialdemokraten Und des Reichskanzlers nah2 verwandt

und Groapaaudsl, 7, Literariscio Anzceufan,

6, Theater-Auesigen, ? Formilion- Neachzichtan. |

303, Kartenktlatt 2,

voczulegen, widrigenfalls

Buob, dingliche Rechte, intbesondere

Aufgebot. lo;en geht,

Osten, den 11, März 1881. Oeclyeu.

dorf wohnend,

In Sachen heim, Klägcrs, Uhr.

Steinhänser.

anzumelden und das Buch vorzulegen, widrigenfalls wird Termin zum öffentlichen meistbietenden Ver- | [8832]

die Kraftloserklärung des Buches erfolgen wird, Plescheu, den 19. März 1881. Königliches Amtsgericht.

m E

_Jakob Weber, Weber in Bühl, hat am 6. Novbr. 1820 gegen Peter Metzgers Kinder in Reutlingen | aus - cinen Pfandschein über 265 Fl. ausgestellt, welcer am 10. Januar 1854 auf die Pflegichait der Josef Jobners Kinder dabier und am 10, Novbr. 1872 an Ludwig Wendelstein dahier übergegangen ist.

werden.

faufe der dem Schuldner gehörigen !/e-Höfnerstelle zu Viittelstenahe auf Dounerstag, 5, Mai d. J., , 3 Uhr Nachmittaas, im Katt'shen Gasthause zu. Mittelstenahe an- beraumt, zu welchem Kaufliebhaber damit geladen

Die zu verkaufende Stelle nummer 4 zu MViittelstenahe belegen und besteht

1) einem aus Fachtwwerk erbauten und mit Stroh bedeckten Wohnhause, enthaltend: 2 Stuben, 2 Kammern, deerden und landwirthsch@aftlihe Räume,

Gegerwärtig: Amtsrichter Meyer als Richter,

ist unter Haus- Ja Sacbea,

Anzeiger. 7

. Verschiadene Bolanatuiachkungen.

i Iu der Börzeun» beilags. 2

2) den unter Artikel 4 der Grundsteuermutter- rolle von Mitt?elstenahe beschriebenen Grund- \stücken, Parzellen 20, 21, 135, 136, Karten- blatt 1, Parzellen 95, 135, 138, 139, 140, | Ahrenêdorf und der unter Artikel 3 der Grund-

Parzelle 54, Karten-

blatt 3, Parzelle 4, Kartenklatt 4, von im Ganzen 14 ba 87a 92 am und einem ed, Katastral-Reinertrage von jährlich 27 Thaler. ZugleiÞ werden alle Dicjenigen, obigen Immobilien Eigenthums-, rechtlicbe, fidcikommissariste, Pfand- und andere Servituten und Realberechtigungen zu haben vermeinen, damit çe- laden, solcbe pätestens im obigen Termine anzu- melden, widrigenfalls für den sich nicht Meldenden im Verhältnisse zum neuen Erwercer das Recht ver-

Der Aus\c(lußktescheid wird nur durch Anschlag an der Gerichtétafel bekannt gewaht werden.

Königliches Amtsgericht I.

ie Dub E des Fegusmanas ager gg Sm eti Josef Hubert Berger, Helene Friederike, geb. Reuter, h 4 top T'o2 S Stbeidlingkmüuble, Dber-Bärgermeisterei Düssel Tegel na&stebende Hölzer aus dem Forstrevier Tezel agt gegen ibren genannten, in | kauft werden. Konkars befindli&en Ehemann, Inkaber der Firma U. 95 96 97, a8 R Ne Sthe Bevgaen L eee, u gegen den M Wiry zu | 70 Stanae as z üfeldorf in sciner Eigenscaft als Koukursver- | Kloben, 85 do. Knüppel, 457 do. Stubben, 45 do walter auf Gütertrennung und ladet die Beklagten | Peiser 1. Klaße Aus 4 o , zur mündlichen Verbantlung des Rechtsstreits vor res SARNE, nug dem Belau! Nöntgbdamm die I. Civilkammer Körigl. Landgerichts zu Düssel dorf auf den 23. Mai 1881, Bormittags 9

Der Gerich1s\screiber des Königl. Landgerichts 1

Iusliz-Anwärter Möllenbrink als Gerichtz?sc{reiber.

betreffend das von der Vormundschaft für die un- eheliche; Kinder der unverehelichten Varia Schröder zu Kuabstedt, später verelihten Braue in Oftersote,

seien. Beide ständen auf dem Boden der Staatsindustrie,

nur in Bezug auf die Organisation der Verwaltung seien sie verschiedener Meinung. Vielleicht erlebe man es noch, daß

die Herren, welche das Sozialistengeseß gemacht hätten, selbst unter dasselbe gestellt würden. Eine Erleichterung der

Steuern sei in keinem Einzelsiaate eingetreten. eine Politik der Ueberweisung von Reichsmitteln an die Einzelstaaten voraus, daß in allen Staaten konstitutionelle Verfassungen seien; das sei aber nicht der Fall. Jn Mecllen- burg z. B. habe die Bevölkerung keinen Einfluß auf die Fest- stellung des Etats; die vom Reiche kommenden Ueberschüjse flössen in die Großherzogliche Kasse. Er halte es für ein falsches finanzielles System, wenn man die Einzelstaaten auf die ungewissen Summen, welche sie vom Reiche erhalten sollten, hinweije. Wenn man die Einzelstaaten in dieser Beziehung allzusehr vom Reiche abhängig mache, so hebe man den Bundes- staat auf und setze den Einheitsstaat an seine Stelle. Die Stempelabgabe-Vorlage habe man mit dem populären Namen „Börsensteuer“ belegt; das sei sie aber niht, denn die Börse werde diese Abgaben nicht zahlen. Könnte man die Börse treffen, dann würde au er gegen eine solhe Steuer nichts haven. Jetzt müsse er sie verwersen.

Der Präjident zeigte den Eingang eines Antrages des Abg. von Benda an, die Vorlagen mit der Denkschrift einer Kon1mission von 21 Mitgliedern zu überweisen.

Ein Vertagungsantrag wurde angenommen.

Der Abg. Dr. Lasker bemerkte (persönlih), er habe den Tabak allerdings als ein steuerfähiges Objekt bezeichnet, aber allerdings hinzugeseßt, man hätte ihn in Deutschland jett schon genügend besteuert. Er habe auch keine Erhöhung der direkten Steuern empfohlen, sondern gesagt, man brauche in Deutschland augenblicklich gar keine neuen Steuern. Daß er mit der Denkschrift einverstanden sei, aber sie nur deshalb nit billige, weil sie von einem politishen Gegner ausgegangen sei, sei aus seiner Rede nicht hervorgegangen ; einmal treibe er keine solche persönliche Politik; dann habe er aber auch ausdrüdcklich ge- sagt, daß er auf die Gedanken der Denkschrift niht neidish sei. Wenn der Finanz-Minister Bitter bebauptet habe, es be- stände gar kein Plan im Finanz-Ministerium, so müsse er bemerken, er habe ihn aus den Zeitungen kennen gelernt und niht dur irgend welche Fndiskcetion. Die Herren meinten,. wenn sie etwas vershwiegen und amtlich nit zugeständen, sei es aus der Welt geschafft. Jn der Denkschrift des Finanz- Ministers, die an die Beamten herumgeschickt werde, stehe das aa von dem, was in der Denkschrist des Reichskanzlers che.

__ Der Abg. Stumm verwahrte sih gegen die Auffassung seiner (des Redners) Aeußerungen Seitens des Abg. Lasker. Er (Nedner) habe nicht gesagt, daß die Vertheuerung der Lebensbedürfnisse des armen Mannes bei der Durchführung der vorliegenden Steuerreform thatsächlih 111, A betragen werde, sondern er habe nur erwähnt, daß dieser Betrag sich herausstellen würde, falls die Prämissen, die von der linken Seite dieses Hauses geltend gemacht würden, richtig seien.

A T a vertagte sich das Haus um 41/2 Uhr auf Dienstag. t.

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Insexaie remen ant die Anuoncen-Frpedtttorcu tes „Vuvalivenvaunt“, RNuvolf Mosse, HaasenFcin & Vogler, G, L. Danube & Co, E, St&lotte, Büttner c LWintex, sowte alle übrigen größeren AKuuszeent-Bnureans,

jährigen Kinder beantragte AufgeboteverfabLen be- züglih ter an den Anbauer Johann Blank in Uhrenétdorf veikauften Anbauerstele Nr. 3 in

steuer-Mutterrolle aufgeführten Immobilicn, erschienen bei Aufruf 2. X. Vorgelesen, genehmigt. __ welche an | ist folgendes Ausschlußurtheil verkündet : Näher-, lehn- Alle Diejenigen, welhe dem Aufgebct vom 4, Januar 1881 zuwider im heutigen Termine Recbte der im Aufgebot bezeichneten Art an den daselbst genannten Grundstücken nicht angemeldet haben, werden hierdurch solcher Rechte im Verhbält- niß zum neuen Erwerber der gedachten Grunkstücke für veclustig erklärt. Beglaubigt : Mener. Wöllenbrink, Für den Auszug: Meyer, Amtsrichtcr.

Verkäufe, Verpachtungen, Submisfionen 2c.

Mittwoh, decn 6. April cr., Vormittags 10 Uhr soklen im Drewitz'shen Kaffeehause zu

unter freier Konku.renz, öffentlih meistbietend ver- 70 Stangen 11]., 50 do. 111. Klasse, ca. 465 m

Jagen 6, §8, 13, 42, 44, 45, 50, 51, Kiefern: 3 Stück Baußbolz, 393 rm Kloben, 100 rm Knüppel, 296 rm Stubben, 1 rxm Meiser 1. Klasse, Birken: 19 Stü Nuyenden, 12 rm Kloben, 2 rm Knüppel, 32 1m Meijer 111. Klasse. Erlen : 200 rm Kloben, 149 rm Knüppel, 120 1m Reiser 111. Klasse. Aus dem Belauf Hermédorf Jagen £4, 85, 86, 96, 97, 107, 111, 112. Kiefern: 27 St&ck Bauholz. Birken: 29 Stüûk Nuyenden. Aus dem Belauf Tegelsce

Oeffentli§e Siyung des Königlihen Amtsgerichts | Jazen 73, 91, 92, Kiefera: 733 Stück Stangen 1. Osterholz, den 12. März 1881.

bis V. Klasse, 16 rm Reiser 11, Klasse. Eichen: 20 rm Reiser 11. Klasse. Birken: 27 Stangen I. und 11, Klasse, 19 Stück Nuvcnden, 20 1m Reiser 11, und 32 rm Reiser 111. Klasse, Erlen : 32 rm 111, Klasse und Weicblaubholz: 32 1m Reifer 11. Klasse. Die Wlaufsförfter sind angewtesen, Kauflustigen diese Hölzer vor tem Termine im Walde vorzuweisen. Die Verkaufsbedingungen werden bei Eröffnung des Tecmines bekannt gemacht, können aber wie au das Versteigerungs - Protokoll 3 Tage vorher {on

und dem Müller Johann Braue in Ofstersode in | bei mir eingesehen werden. Tegel, den 26. 2 Feuerfäckter mit 2 Feuer- | väterliher Gewalt seiner mil seiner wil. Ebefrau | 1881, est rer I. E E

Maria, geboreae Schrôder, gezeugten beiden minder -

Der Oberförster Seidel,

Freilich seße.

M 75

Dritte Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 29. Mrz

e ———— Ri

Ii.

Reichstags :- Angelegenheiten.

Der dem Reichftag vorliegende Entwurf cines Gesepes, be- treffend die Bestrafung der Trunkenheit, hat folgenden tlaut: : Bedi 20 il helm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c. f i verordnen im Namen des Reichs, nah erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

8. 1.

it Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu zwei Wocheu wird bestraft, wer in einem niht unverschuldeten Zu- stande ärgernißerregender Trunkenheit an öffentlichen Orten betrof-

wird. :

M Fst der Beschuldigte in den lehten drei Jahren wegen dieser Uebertretung mehrmals rechtskräftig verurtheilt worden, oder ist der- selbe dem Trunke gewohnheitsmäßig ergeben, so tritt Haft ein.

Die der Militärgerichtsbarkeit unterworfenen Militärpersonen find in deù Fällen des Absayes 1 und 2 mit Arrest bis zur gesePlich zulässigen Dauer zu bestrafen. Die Bestrafung kann im Disziplinar- wege nach Maßgabe des §. 3 des Einführungsgeseßes zum Militär- Strafgesezbuh für das Deutsche Reich vom 20, Juni 1872 erfolgea.

8. 2.

Wer fich in einen bis zur Ausschließung der freien Willens- a gesteigerten Zustand von Trunkenheit verseßt und in demselben cine Handlung begeht, welche, in freier Willensbestimmung begangen, seine strafrechtliche Nerurtheilung zur Folge haben würde, wird nach ren nacfolgenden Bestimmungen bestraft.

Die Strafe is nach demjenigen Gesetze feftzuseßen, welches auf die in freier Willensbestimmung begangene Handlung Anwendung finden würde. :

An die Stelle einer hiernach angedrohten Todesftrafe oder lebenslänglichen Freiheitsstrafe tritt Gefängnißstrafe nicht unter einem Jahre. In den übrigen Fällen ist die Strafe zwisben einem Viertheil des Mindestbetrages und der Hälfte des Höcstb etrages der angedrohten Strafe zu bestimmen, wobei an die Stelle einer Zucht- hausstrafe Gefängnikstrafe von gleicher Dauer tritt. Soweit bei

reiheitsftrafen das Viertheil des Mindestbetrages 6 Monate und A die Hälfte a g A 5 Jahre übersteigt, tritt eine

rmäßigung auf die angegebenen Beträge ein. ; F Bi Vorschrift des vorstehenden Absatzes findet auf fahrlässig begangene Handlungen, sowie auf Uebertretungen feine Anwendung. íSmgleichen bleibt sie außer Anwendung, wenn der Thäter in der auf Begehung der strafbaren Handlung gerichteten Absicht sich in den bezeichneten Zustand verseht hat.

8. 3,

Die auf Grund des §. 1 Absay 2 erkannte Haftstraße ist durch S{mälerung der Kost zu {härfen. In den Fällen des §. 2 kann bei der Res n e Gefängniß- oder Haftstrafe auf eine ol%e Schärfung erkannt werden. | A Schmälerung erfolgt in der Weise, daß die Kost auf Wasser und Brod beschränkt wird. Die Schärfung kommt am vierten, abten, zwölften und demnächst an_ jedem dritten Tage, nah sech8 Wochen überhaupt in Wegfall. Sie wird nicht vollftreckt, insoweit der körperlihe Zustand des Verurtheilten die Scchmälerung nit zuläßt.

4 4

Auf die vorbezeichnete Strafschärfung kann auch außer den Fällen dieses Gesetzes erkannt werden, wenn der Verurtheilte die That, wegen welcher er bestraft wird, in einem nicht un verschuldeten Zustande von Trunkenheit begangen hat.

L

n denjenigen Fällen, in welchen uach den Bestimmungen der 88, i rioe e Fine der Strafe vorgeschrieben oder geaen ist, kann der Verurtheilte zu Arbeiten, welche seinen Fähigkeiten und Verhältnissen angemessen sind, innerhalb und außerhalb der Strafanstalt angehalten werden. Auch kann erkaunt werden, daß die verurtheilte Person na verbüßter Strafe der Landespolizeibehörde zu überweisen sei (Strafgeseßbuch §. 362). An Stelle der Unter- bringung in ein Arbeitshaus kann in diesen Fällen Unterbringung in eine zur Heilung oder Verwahrung von Trunksüchtigen bestimmte Anstalt eintreten.

Y. 6.

Mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu zwei Wochen wird bestraft, wer bei Verrichtungen, welche zur Ver- bütung von Gefahr für Leben oder Gesundheit Anderer oder vou Feuersgefahr besondere Aufmerksamkeit erfordern, si betrinkt oder betrunken in anderen als in Nothfällen solhe Verrihtungen vor- nimmt.

Urkandlich 2c.

Gegeben 2c.

Begründung.

Allgemeine Begründung.

Gegenwärtiger Rechtszuftand im Deutschen Rei.

Das Reichsstrafrecht erwähnt der Trunkenheit nur in wenigen Vorschriften. Die Seemannsordnung vom 27, Dezember 1872 & 84 bestraft Trunkenheit im Scbiffsdienste. Na dem Militär- Strafzeseßbu vom 20. Juni 1872 bildet bei strafbaren Dan Rngen egen die Pflichten der militärischen Unterordnung sowie bei allen n Ausübung des Dienstes begangenen strafbaren Haudlungen bie selbft- vershuldete runfenheit des Thäters keinen Straf ild erungsgrea! 49), Dasselbe Gese verhängt ferner Strafen, wenn si gp aus Feigheit dur absitli% veranlaßte Trunkenheit dem Gefecht oder vor dem

einde einer soastigen, mit Gefahr für seine erson verbundenen

ienstleistung zu entziehen sucht (S. 85), sowie wenn jemand im Dienste oder, nachdem er zum Dienste befehligt worden, sih du: ch Trunkenheit zur Ausführung seiner Dienstverrihtung untauglih mat (8. 151, vergl. auch §. 141). Das Strafgeseybuh endlich be- drobt in 88, 361, 362 mit Haft und Ueberweisung an die Landes- polizeibehörde denjenigen, der sich dem Spiel, Trunk oder VMükßiggang dergestalt hingiebt, daß er in einen Zaftand geräth, in welzem p seinem Unterhalt oder zum Unterhalte derjenigen, zu deren Grcnäh- rung er verpflichtet ist, durch Dns der Behörde fremde

ülfe in Anspru genommen werden muß. L eit i der Kreis der im Reichsstrafrecht enthaltenen Re- pressivmaßregeln gegen die Trunkenheit erschöpft.

Es wird später erörtert werden, ob diese Bestimmungen dem Bedürfnisse genügen. Zunächst ist noch eine allgemeine Vorschrift in Betracht zu ziehen, welche die in einem gewissen Stadium der Trunken- beit herbeigeführten Rechtsverlezungen mitbetrifft. Nah §. 51 des Strafgeseßbuchs ist nämlich eine strafbare Handlung nit vorhanden, wenn der Thäter zur Zeit der Begehung der Handlung fich in einem Zustande von Bewußllosigkeit oder ranfhafter Stôrung der Geistes8- tbätiakeit befand, durch welchea seine freie Willensbestimmung aus- geschlossen war. Diese in Beziehung auf andere Zustände der Be-

wußtlosigkeit selbstverständlice Bestimmung hat in ihrer Anwendung auf Fälle der Trunkenheit zu dem vom Gesetzgeber sicerlih nicht ewollten Ergebnisse geführt, daß eine große Zahl der in hocgradiger runkenheit begangenen Verbrechen der ftrafrechtlihen Ahndung fi vollständig entzieht. In einer sehr erheblihen Zahl der Untersuchungen, welche na- mentlich Tödtung, Körperverleßung, tödtlichen Angriff gegen Beamte und sonstige Gewaltthätigkeiten zum Gegenstande haben, wird vom Beschuldigten \innlo'e Trunkenheit eingewendet und in nicht seltenen e erfolgt Freisprehnng auf Grund der Annahme, daß der Thâter ch in einem Zustande Defua s. der die E aus8- \chließe. Zur Jllustration dés bestehenden Rechtszustandes möge fol- gender Fall aus jüngster Zeit dienen. / :

Ein bereits sieben mal wegen Hausfriedensbruhs beziehungs- weise Widerstandes gegen die Staatsgewalt Bestrafter, welcher einem aus Anlaß einer Nauserei gegen ihn einschreitenden Beamten ein Fingerglied abgebissen hatte, ist vollständig freigesprochen worden, weil na ärztlihem Gutachten die Folgen des Alkoholismus, dem sein Vater ergeben gewesen, sch in der Weise auf ihn fortgeerbt hätten, daß er hon bei mäßigem Alkoholgenuß in den Zustand der Unzurechnungsfähigkeit gerathen sei. Seine Unterbringung in ein S L ist abgelehnt worden, weil er {ih als geistegesund er- wies. E

Vei ter Betrachtung dieses Falles, welchem ähnliche an die Seite gestellt werden könnten, zeigt sib, daß die \trafre1!liche Praxis der Gesellschaft und insbesondere aud dem zum Schuße der Bedrohten eins{reitenden Beamten gegen Betrunkene den Rebtss{uß nicht in gleichem Umfange wie gegen andere Personen gewährt; dazu tritt, daß die Gesetze nicht gestatten, den Menschen, welcher seine Neigung zum Alkohol und die Gefährlichkeit seines Rausches thatsächlich be- wiesen hat, cinzasperren, ihn unter Aufsicht zu stellen oder sonst gegen die von ihm der Rechtssicherheit drohende Gefahr i1gend welche Vor- kehrungen zu treffen, Mit Grund hat eine ausländische Zeitung bei Besprechung eines ähnlichen Vorfalles die Frage aufgeworfen, ob es fi rectfertig:, die Trunksucht durch Gewährung von Straffreiheit bei Verbrechen für den trunksüchtigen Verbrecher und seine Nach- kommenschaft zu prämiiren und so das Laster zu fördern. Die In- teressen der öffentlichen Moral wie der allgemeinen Rechtssich erheit erheischen gebieterish die Beseitigung solchen Mißstandes.

Ursachen dieses Zustandeë.

Es bedarf eines näheren Eingehens auf die mannigfaltigen Ur- sachen dieses Zustandes, um denselben erklärlich zu finden.

a, Auslegung des §. 51 des Strafgeseßbuchs.

Zunächst if der Vorschrift des §. 51 des Strafgeseßbuchs eine Auslegung gegeben, welche zweifellos vom Geseßgeber nicht beabsich- tigt war. Die Motive zu §. 49 (jeßt 8. 51) fübtren aus, daß der Ausdruck „krankhaste Störung der Geistesthätigkeit“ gewählt worden, um damit die verschiedenen Formen geistiger Krankheit zu umfassen. Dagegen sollten unter ,„Bewußtlosigkeit“ „diejenigen auf die Willens- freiheit \tôrend einwirkenden Zustände bezeicnet werden, welche ge» wöhnlich uit als Krankheit aufgefaßt werden. 5

Der böchste Grad der Betrunkenheit is in dem gewöhnlichen Wortsinne keine Krankheit. Betrunkenheit foll daber nur im Falle gänzlicher Bewußtlosigkeit unter die Vorschrift des §. 51 fallen.

Zum klaren Ausdruck ist diese Absibt nicht gelangt, denn der dur übermäßigen Alkoholgenuß herbeigeführte Zustand wird als Abweichung von dem gesunden Lebensprozesse mit dem Worte „krank- haft“ bezeihnet werden können. Hieraus erklärt sid die Anwenèung des 8. 51 auf Fälle ho&gradiger Exaltation, in welcher der Trunkene des Bewußtseins nicht gänzlich beraubt war.

b, Beurtheilung des Falles einer in verbrecherischer Absicht herbeigeführten Bewußtlosigkeit

ndem der §. 51 die Zurechnung für das Verhaiten in einem die l S E Ln ipinuni aus\{ließenden Zustand aufhebt, läßt er die Verantwortlichkeit bestehen für eine im Zustande der Willens- freiheit stattgefundene Thätigkeit, deren Wirkung im Zustande der Millensunfreiheit eintritt, Dies gilt für Omissivdelikte sowie für den viel erörterten Fall, daß Jemand si in den Zustand der Bewußt- losigkeit mit der auf Herbeiführung der Rechtsverleßung gerichteten Absicht verseßt, indem er si selbst als Werkzeug eines verbreche- rischen Entschlusses benußt. Thatsächlih läßt sich eine in einem der- artigen Falle eingetretene Strafverfolyuung nicht nachweisen, Der Grund mag in der Seltenheit desselben oder in der Schwierigkeit des Beweises liegen, möglicherweise aber aub in dem Umstande, daß von mebreren Seiten die Möglichkeit des Falles oder seine Straf- barkeit bestritten ift.

E theilung der Fälle einer dur sinnlofe Trun- i eiti fahrlässig herbeigeführten Rehtsverlegung.

n nun au, abgesehen voa dem eben besprochen-n Falle, nach Un A N des 8, 51 des Strafgeseßbuchs eine in finn- loser Trunkenheit begangene Handlung dem Thäter als eine vorsäß- liche nicht zugerechnet wird, so ist damit noch nicht die Bestrafung der Fahrlässigkeit ausgeschlossen, welche darin zu finden ift, daf; der Thäter in nicht entschuldbarer Weise in jenen Zustand gelangt ift, der den rechtéwidrigen Erfolg verursacht hat. Allein dieser in der Theorie faft allgemein anerkannte Say hat in der Praxis eine hâu- fige Anwendung nicht gefunden. Es erklärt sich diese Erscheinung

iedenen Ursachen. _

Ia B Tres der Verbrechen und Vergeben, deren fahrlässige Be-

ehung strafbar ift, ecscheint im Strafgeseßbuch eng begrenzt. Die pâtere Gesetzgebung hat zwar diesen Kreis nicht unerheblich erweitert; dessenungeachtei bleibt bei Handlungen, welche im Falle der vorsätlihen Begehung als Verbrechwen oder Vergehen qualifizirt sind, die Strafbarkeit der Fahrlässigkeit eine verhältnißmäßig seltene R J tritt, daß für einen dur fahrlässiges Verhalten ver- ursahten Erfolg der Thäter nur dann verantwortlih gemacht werden fann, wenn er den Erfolg vorbersah oder bei Anwendung der \{ul- digen Aufmerksamkeit hätte vorhersehen können. Die aus einer Ver- setzung in sinnlose Trunkenheit entstehenden Folgen liegen aber na der vorherrschenden Theorie keineswegs immer innerhalb des Bereichs einer im Zustande der Nüchternheit möglichen Vorausficht oder Be- rechuun

er dem subjektiven Moment der Vershuldun bedarf es zur Distraiaag der is L istande vollständiger Trunkenheit herbeigeführ- ten Rechtsverletzungen des objektiven Erfordernisses eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen der Versetzung in jenen Zustand und der eingetretenen Rechtswidrigkeit. Gine Rechtöverlezung entsteht nun regelmäßig dur ein usammenwirken remer Ereignisse, Dann ift jedes dieser Greignîse Ursache. Die Doktrin \{reckt theilweise vor dieser Konsequenz zurück. Berner z. B. unterscheidet Ursache und Ver- anlassung. Na von Bar ist ein Mensch als Ursache einer Erschei- nuna nur anzusehea, insofern er als die Bedingung gedacht wird, dur welche der sonst als regelmäßig edahte Verlauf der Erschei- nungen des menschlichen Lebens ein anderer wird, Wenn mehrere regelwidrige Thätigkeiten zusammen einen s{adenden Erfolg hervor- bringen, soll regelmäßig nur die leyte dieser Thätigkeiten als Ursache

elten. Binding identifizirt p - einer Veränderung mit eränderung des Gleicbgewichts zwischen den sie abhaltenden und den

zu ihr hinwirkenden Bedingungen zu Gunsten der letzteren. H

Mever will nur diejenizen Bedingungen als Ursache gelten lafsen,

welche den vorbandenen Verhältnifsen die Richtung auf den Erfolg gab. Es leuchtet cin, daß solhe Ansichten die Ahndung der aus Fahrlässigkeit hervorgegangenen Rechtsverleßungen überhaupt, ins- besondere aber im Falle vollständiger Trunkenheit des Thâters ein- \chränken. Eine Beeinflufsung der Rehtsübung durch die Ansichten angesehener Rechtslehrer ist von vornherein anzunehmen und in die- sem Falle auch dur ein näheres Eingehen auf die veröffentlichten Entscheidungen nachweisbar.

d. Mangel eines Antrags auf Strafverfolgung.

In einzelnen Fällen sind {were Körperverletungen straffrei ge- blieben, weil, nahdem der Thäter den Einwand vollständiger Trun- kenheit erwiesen batte, zur Verfolgung der Fahrlässigkeit (auf Grund des 8. 232 des Strafg: seßbuchs) der erforderliche Antrag fehlte und wegen Ablaufs der Frist niht mehr gestellt werden konnte.

e. Schwierigkeiten des Beweises.

Dazu treten die Schwierigkeiten des Beweises. Das Gese stellt, abweichend vom englischen und dem früher sächsischen Ret, feine Vermuthung für das Vorhandensein des Zustandes freier Willensbestimmung auf. Von einer in dieser Beziehung dem Ange- \chuldigten obliegenden Last des Gegenbeweises kann daher nicht die Rede sein; vielmehr \teht dem Richter der Thatfrage frei, diese zu verneinea, so oft gegen die Annahme jenes Zustandes auch nur erheb- liche Zweifel obwalten.

Jn den wichtigeren Fällen werden zu den Verhandlungen ge- wöhnlich ärztliche Sachverständige zugezogen. Vielfach sind nun Klagen darüber laut geworden, daß einzelne Aerzte sich gar zu geneigt zeigen, Zweifel anzuregen und zu V O Theilweise beruhen solche Gutachten auf übertriebenen Vorstellungen über die in Huma- nität und Gesittuvg erzielten Fortschritte; s wird dabei übersehen, daß in zahlreichen Volks\chichten die verbrecherischen Triebe dur die Staatsgewalt nur unter Druck gehalten werden und in urwüchsiger Robheit und Wildheit zum Ausbruche gelangen, wenn der Alkohol die Leidenschaft entfesselt. : :

Ueberdem ist die Lage der Gutachter insofern eine {hwierige, als sie meistens nicht auf Grund eigener Wahrnehmungen, sondern nah dem Bilde zu urtheilen haben, welches das mehr oder weniger treue Gedächtniß der nicht immer unbefangenen Zeugen wiedergiebt, Nor allem aber is nicht außer Acht zu lassen, daß auch bei vollftän- diger Klarlegung aller der sinnlichen Wahrnehmung erreicbbaren Thats- umstände über die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Betrunkenen unlösbare Zweifel bestehen können. Denn es giebt kein sicheres Keanzeicben, nach welchem die Grenze gezogen werden könnte zwischen demjenigen Sta- dium des Rausches, in welchem das Bewußtsein noch erhalten ist, und dem- jenigen, in welhem das Bewußtsein aufgehoben ist. Ein genaues Unterscheidungszeichen für beide Phasen will zwar von Krafft-Ebing im Stande ter Rückcrinnerung finden, die für den Zustand des ÁÄn- getrunkenseins eine intakte, mindestens summarische, für den Zustand der bis zur Bewußtlosigkeit gesteigerten Berauschung eine, in Betreff gewisser Zeitabschnitte oder der ganzen Periode, total fehlende sei. Allein selbs wenn dieses Merkmal als allgemein zutreffend anerkannt wäre, was nicht der Fall ist, würde dasselbe aus naheliegenden Gründex für das Strafverfahren von geringem Werthe fein. :

Aus dem Zusammenwirken aller dieser Ursacen erklärt ich die Erscheinung, daß viele von Betrunkenen begangene Verbrehen, au wenn die Trunkenheit nicht zur völligen Bewu ;tlosigkeit, selbft nicht einmal zur Trübung des Bewußtseins gesteigert war, ganz traflos bleiben, und daß der Verbrecher für die in der Trunkenheit verübte That um so eher auf Straflosigkeit zu rednen hat, je s{werer die Rechtsverleßung und je härter die Strafe ist, mit welcher das Gesetz das Verbrechen bedrobt.

Daß dieser Zustand mit seinen {on dargelegten Konsequenzen nicht geduldet werden kann, bedarf keiner Ausführung. Aus den er- örterten Ursachen desselben ergiebt sich ferner, daß eine gründliche Heilung der Uebelstände nur auf dem Wege der Geseßh- gebung erzielt werden kann. Behufs Ermittelung und Prüfung der geeigneten Mittel erscheint es jedoch Se zunächst das frühere Recht Deutschlands und die Gesetzgebung des Auslandes in Betracht zu ziehen.

Aelteres Recht in Deutschland.

Die Re(tsanschanung, welche zu den dargelegten Ergebnissen ge- führt hat, ist neueren Ursprungs. Weder das rèmisce, noch das ältere deutsde Recht ließen die absolute Trunkenheit als Strafauf- hebungsgrund, sondern unter Umständen höchstens als Strafmilderungs- grund gelten. Das kanonishe Recht, na welchem solche Trunken- heit zwar die Zurechnungsfähigkeit aus\{ließt, die Verseßung în Trunkenheit aber als ftraibare Verschuldung angesehen wird, übte hier auf die gemeinre{tliche Praxis feinen Einfluß. Diese ertannte ¡war die obrietas involuntaria als Strafaufhebungsgrund an, berüd- sihtigte aber die voluntaria theils gar nicht, theils nur als Milderungsgrund. . : E ns rft eitdem sih die philosophisbe Spekulation mit den Pro- blemen des Strafrechts befaßte, entwickelte sih in Deutschland all- mählich eine andere Theorie über die Bestrafung der in voller Trunkenheit begangenen Rechtsverleßungen. Indem man auf das Moment der subjektiven Verschuldung das entscheidende Gewicht legte, untershied man, ob die Trunkenheit

1) P R

2) fahrlässig, S i

3) E Abge, den rechtswidrigen Erfolg im Zuftande der Bewußtlofgkeit herbe U &

4 ne solhe Ab vorsäßli A aut GA und ließ im —y zul Straflosigkeit, im Falle zu 3 die Strafe des dolosen Deliktes, in den übrigen Fällen die Strafe des kulposen VDeliktes oder Straflosigkeit eintreten, je nachdem der eingetretene Erfolg dem Thäter als verschuldet zuzurechnen sei oder nicht. S

Die Kodifikation des Landesstrafrechts.

ueren Kodifikationen des deutschen Landesstrafrechts stehen e LI weniger unter dem Einflufse dieser Theorie. Eine An- näberung an dieselbe findet sich {on im preußischen Allgemeinen Landrecht, welches die in voller Trunkenheit verursachten Rechtsver- lezungen bei vorsäglih berbeigeführter Willendunteetde mit der Strafe des vorsäylichen Verbrechens, bei grober Verschuldung des Zustandes mit geringeren Strafen nah dem Maße der Vershuldung ahndete. Das auf den Pruiazen der Feuerbahshen Strafrets- theorie beruhende bayeriswe Stra gesetbuch (1813) und das ibm nath- gebildete oldenburgisde (1814) enthalten \{chon die Unterscheidun p der nenen Theorie mit ihren Folgerungen, nur daß für die was n unter Nr. 2 und 4 bezeichneten Fälle nicht bestimmt war. welcbe Strafe, ob die des vorsäylichen oder des fahrlässigen Verbrechens, einzutreten habe, eine Lücke, welche die Doktrin im Sinne det neuen Theorie ergänzte. Bei der großen Ansdehnung, bis zu welcher nach diesen Gesetbüchern die Fahrlässigkeit unter Strafe gest llt ift, und bei den ver- bältnißmäßig hohen Strafsäyen derselben mögen si in der Praxis Unzu- träglihkeiten nit berausgeftellt haben. Bedenklicher erschien die Annahme der neuen Theorie, als die Gesetzgebung die Ribtung ein- s{lua, die Strafen durchgängig zu mildern und das Gebiet der Strafbarkeit fahrlässigen Handelns einzuschränken. Zunächst zeigt si daber noch eine gewisse Scheu, die vershuldete Trunkenheit ausdrück- lih als Strafauss{ließungkgrund anzuerkennen. So bezeicbnen das braunschweigishe (1240) und das honnövers(e (1840) Strafgeschbrch