1902 / 275 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Nov 1902 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 219. Sißung vom 21. November 1902. 12 Uhr.

Tagesordnung : Rersebung der zweiten Berathung des Entwurfs eines Zolltarifgeseßes bei dem von der

Kommission vorgeschlagenen § 11a und den dazu gestellten Anträgen.

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Abg. Trimborn (Zentr.): Der Gedanke, die Mehrerträge aus den Lebensmittelzöllen zu Gunsten der Erleichterung einer Wittwen- und Waisenversicherung zu verwenden, ist zuerst aus den Reihen meiner Freunde heraus vom Abg. Müller-Fulda ausgesprohen worden bei der Etatsberathung des Jahres 1900. Am 5. Mai 1901 hat der Reichskanzler seinerseits erklärt, daß er bei einer voraussihtlih erheb- lihen Steigerung der Einnahmen aus den Zöllen vorschlagen würde, folhe Mehreinnahmen speziell aus den Zöllen für Lebensmittel ganz wesentlißh zu Wohlfahrtseinrihtungen im MNeih und zum Besten der weniger günstig gestellten Klassen der Be- völkerung zu verwenden. Meine Freunde vermissen \{chmerzlich, daß diese Erklärung in der Vorlage niht zum Ausdruck gekommen ift, infolge dessen haben wir in der Kommission den Gedanken auf egriffen und ihn zur Annahme gebracht. Die von mir vorge chlagene Fassung des § 11a unterscheidet si von der Kommissionsfassung in zwei Punkien. Erstens werden die Mehrerträgnisse aus den Zöllen auf Gerste und ge ausgeschieden und der Antrag beschränkt \ich ledigli auf Weizen, Noggen, Fleisch und Mehl, also auf die reinen Lebensmittel, wozu Hafer und Gerste nicht zu rechnen sind. Die zweite Aenderung be- zieht sih auf die Ermittelung der Dur(schnittsperiode. Ich offe, damit die Annahme unseres Antrags dem Hause und der Negierung zu erleichtern. Die Wittwen- und Waisenversiherung als Krönung unserer Neichs-Arbeiterversiherung einzuführen, ist ein alter Lieblings- gedanke meiner Freunde und namentli des Abg. Hite, der leider E Krankheit verhindert is, an diesen Verhandlungen theilzunehmen. Au der Abg. von Stumm hat si stets dafür erwärmt. Die Frage, ob diese Stelle geeignet ist, die Wittwen- und Waisenversicherung zu be- handeln, muß ih bejahen. Nichts drückt den Arbeiter mehr als die Sorge, was nah seinem plößlichen Tode aus Frau und Kindern wird. Mehr als !/; ist auf öffentlihe Unterstüßung oder private Wohl- thätigkeit angewiesen, ca. ?/ führt ein fümmerlihes Dasein. Die Art der Ausführung denke ih mir so, daß zunächst die Zoll- übershüsse in einem großen Fonds thesauriert werden, und daß in der Zwischenzeit ein Geseß erlassen wird, das die Wittwen- und Waifenversicherung auf Grund der gesammten Erfahrungen regelt. Dur die Bestimmung, daß das Gese spätestens am 1. Januar 1910 in Kraft treten soll, ist das Inslebentreten der Wittwen- und E ana abfolut sichergestellt. Der Anschluß dieser Versicherung an die Invalidenversicherung ist naturgemäß. Die Waisen sind die Allerunglücklichsten, für die in erster Linie gesorgt werden muß. Dann muß in zweiter Linie für die Kinder der Wittwen und s\cließlich in dritter Linie für die Wittwen selbs gesorgt werden. Allerdings wird nur diejenige Wittwe zu unterstützen sein, die nah dem Invaliden - Versicherungsgcseß als erwerbs- unfähig gilt; die erwerbsfähige Wittwe zu unterstüßen, liegt für uns, wenigstens zunächst, keine Veranlassung vor. Bei dieser Bescränkung wird die Unterstüßung für erwerbsunfähige Wittwen um so höher sein können. In der Kommission habe ih, wie alle Sozialpolitiker, auch den Gedanken erörtert, daß neben dem Reichsbetrage auch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeiter in Betracht kommen könnten. Das war natürlich eine unverbindliche Erwägung eines Abgeordneten, mit der ih uicht sagen wollte, daß unter allen Umständen solche Beiträge vorzusehen seien. Im Gegentheil haben meine Freunde lebhafte Bedenken dagegen, daß Landwirthschaft und Handwerk mit neuen Beiträgen für eine Reichéversicherung belastet werden. Für uns scheidet die Frage solcher Beiträge vollkommen aus. Keiner meiner Freunde bindet sich durch die Zustimmung zu dieser Versicherung dahin, daß in dem künftigen Gesetz Beiträge der Arbeit- geber und Arbeiter vorgesehen werden sollen. Auch obne solche Bei- tragsleistung wird ih boffentlih eine recht füblbare Unterstützung er- zielen lassen. Man wendet ein, auf die s{wankenden Zolleinnahmen ließesih olche Einrichtung nicht gründen. Aber durch die Thesaurierung der Zollerträge bis1910 wird für die Shwankungen ein Ausgleichsfonds ge- schaffen. Ferner wendet man ein, diese Versicherung sei nur eine Entlastung der kommunalen Armenverwaltung. Aber wir wollen gerade den Wittwen und Waisen einen Rechtsanspruch geben, dèr sie von dem Odium der Armenunterstügung befreit. Die Versorgung der Wittwen und Waisen ift gerade durch unsere Produktionéverbältnisse derart be- gründet, daß man sie nicht auf dem Fundament der Armenunterstüßung aufbauen darf. Wie viele vershämte Wittwen scheuen si beute, an die Armenverwaltung beranzutreten, die keine Bedenken tragen würden, einen Rechtéanspruch geltend zu machen, den ibnen das Gesetz giebt. Die meisten Schwierigkeiten macht der Einwand, daß: die Laage der

«Ac Der Reichefinanzen so_ist, daß wir die Mebrerträge der Zölle nit ent behren können. Dem stelle ih die Erklärung des Reichékan:lers vom 5. Mai 1901 entgegen, die toch nit obne Rücksicht auf finamielle Verhältnisse ergangen ist. Wir wollen eben mit aller Energie ver- bindern, daß die Einnabmen aus diesen Lebentmittelzöllen u allge» meinen Staatäzrwecken verwendet werden. Die Nahrungsmittelzôlle sollen feine Finanzzölle sein, sondern lediglid Schutzölle für den Schi der Landwirthschaft. Die Resolution Rettich ist gut gemeint, al dem (Ernst der Sachlage entspricht sie niht. Wenn jeßt die Wittwe und Waisenversorgung Gese wird, dann wird dieser Reichêtag immer von seinem wirtbs{haftliden Standpunkt aus beurtheilt sich ein unvergänalihes Rubmesblatt erworben baben. Abg. Noesidcke - Dessau (b. k. F.): Wir müssen dem Zentrum

Jeregt zu haben; ih balte auch den Gedanken

Frage mit dem Zolltarif nicht für verfeblt,

den Antrog stimmen kann. Unsere Arbeiter-

unvollfommen, so lange nicht au die

; der Hinterbliebenen durchgesübrt ist. Die Arbeiter

können nicht so viel zurücklegen, um selbst für die Versorauna der Pinterbliebenen zu sorgen. Selbst in den Industrieuveigen mit besseren Löhnen ift das niht möglih. Es ist schon verwunkderlich, die Ar a mit ihren geringen Einnahmen durhkommen machen In lindustrie beträgt der

B. nur 506 at und Gesellschaft

i e Acmenpflege darf man die be- aen niht verweisen. Wir baben um so rpilidtung, von Neichêrwegen einwareiïen, als die Arbeits-

möglihfeit der uen mehr und mehr geseulih eingeschränkt worden ift, und man am liebsten dazu übergeben mêchte, die Thätigkeit der Frauen in den Fabriken ganz zu untersagen. Dafür müssen wir ibnen Ersay hafen. Wie die Beamten ein Recht auf Versorgung ibrer et bliebenen haben, so müssen auch die Hinterbliebenen der Arbeiter einen solden gesetzlichen Anspruch erbalten. Die Sorge der Arbeiter für ihre Hinterbliebenen ist viel größer als die Sorge dafur, was aus

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ibnen se i wenn fie ein hodes Alter erreichen; und do , en

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j beitern für diesen Fall cine Versicherung geacbe Wenn ich clso auvch der Tendenz des Antrages zustimme und den Beginn mit 1910 sogar für viel zu sehr hinau?geschoben halte, so kann ih mih doch der Befürchtung nicht erwehren, dah der vom Zentrum vorgeschlagene Weg nicht gangbar ist. Man will die Mehr- erträge der erhöhten Lebensmittelzölle für tiesen Zweck verwenden. Ih bin aud der Meinung, daß, wenn wir die minterbemittelten Klassen belasten, wir zur entsprechentea Entlastung verpflichtet sind Die Entlastung muß aber avch zum mindesten der Belastung ent- sprechen, und davon ist der Zentroméantrag weit entferat. Von allen Parteien ift die konservative die einzige, die jeyt und in Zukunft von einer Wittwen- und Waisenversicherung wissen will; außer- dem haben wir gehört, daß ein Theil des Zentrums sehr aroße Bedenken hat gegen die Belasturg der lantrirthshaftlihen Unter- nebmer mit neuen Beiträgen für diesen Zweek. Freiberr von Richt- hofen erklärte seiner Zeit bei der Berathung der entsprechenden

Resolution des Herrn von Stumm, daß die Landwirthschaft weitere Lasten nicht tragen könne, und fprah dieselbe Meinung auch für die Industrie aus. Waren die Herren {hon damals dagegen, fo müssen sie es heute erst recht sein, weil inzwischen über die Industrie die Krise hereingebrochen ist. Das Zentrum aber stellt si den Konser- vativen entgegen und erklärt ihnen mit aller Deutlichkeit, das: die höheren Getreidezölle nur zu stande kommen sollen, wenn die chr- erträge für diesen Zweck verwendet werden. Ih fürchte nur, daß das Fes niht fest bleiben wird, daß es vielmehr troß jener Er- lärung des Herrn von Richthofen \ih auf die Resolution Mettich einigen wird, die ¿evt fo harmlos von dieser Seite eingebraht wird. Der Wunsch nach Verständigung ist auf der Rechten und im Zentrum zu groß, man wird dieser Eg zu Liebe alles Trennende aus dem Wege räumen. Wunderbarer Weise findet si felbst in liberalen Blättern die Meinung, pap die Obstruktion der Sozialdemokraten die Einigung zwischen den Mehrheitsparteien und der Regierung gefördert

abe. Nein, die Herren waren sich von allem Anfang an voll bewußt, daß sie schließlich auch mit dem von der Regierung Gebotenen zufrieden sein könnten, und sie haben \sich nur nach Kräften bemüht, foviel wie mögli herauszushlagen. Die Gelder für die Versicherung sollen aus dem genommen werden, was die Arbeiter vorher selbst aufgebracht haben; von einer den Arbeitern zu gewährenden Wohlthat ist daher nicht wohl zu reden. Der Zweck, aus der Erhöhung der Lebensmittel- zölle Cinnahmequellen zu machen, soll garniht vorhanden gewesen fein, wenigstens hat Herr Trimborn soeben mit allem Nachdruck bestritten, daß die Neichsfinanzen damit aufgebessert werden sollen. Das Verhältniß von Einfuhr und Konsum beim Getreide ist ungefähr 1 : 6; bei Vieh und Fleish 1 : 10; in Geld ausgedrüdckt, wird also der Mehrbetrag etwa 78, die gesammte Preiserhöhung des Konsums aber 600 Millionen für die Bevölkerung betragen. Wir sollen 73 Zolleinnahme zurück- legen und thesaurieren für eine Wittwen- und Waisenversorgung; wir follen aber dieselben Arbeiter mit einer Konsumvertheuerung um 601 schädigen, und das nennen die Herren einen Ausgleich für die Mehr- belastung. Dabei sind die Laften, die dem Arbeiter durch die in- direkten Steuern auferlegt sind, garniht in Rechnung gestellt. Bei den Löhnen, die heute gezahlt werden, bedeutet das eine Mehrbelastung, die geeignet ist, die Existenz der Familie in Frage zu stellen. Damit macht man also der Arbeitershaft ein Danaergeschenk. Herr Müller- Fulda ist sich auch vollflommen bewußt gewesen, welche geringe Ent- Md dem Arbeiter gegenüber der ibm angesonnenen ungeheuren Mehrbelastung damit geboten wird. Es sicht fast so aus, als ob man den Arbeiter irreführen wollte, wenn man ihm erklärt, man wolle ihn glüdcklich machen mit 75 4, ihm aber gleichzeitig 604 6 aus der Tasche zieht. Das Zentrum hat aber andere Gründe; es ist sich der Un- popularität feiner Zollpolitik bei der Arbeiterschaft vollkommen bewußt, und es braucht eine Schamdecke; diese stellt der Antrag dar. Je näher wir aber der Verabschiedung des Zolltarifs kommen, desto mehr wird sih au das Zentrum der Regierung nähern und {ließlich vielleicht den leßten Rest wieder über Bord werfen. Herr von Miquel hat s. Zt. überzeugend dargethan, daß \ich die Getreidezölle für diesen Zweck absolut niht eignen, da sie ihren Zweck erst dann richtig erreihen, wenn ihr finanzieller Effekt auf ein Minimum gesunken ist. Dann bleibt zwar für die Wittwen und Waisen nihts mehr übrig, aber die Konsumvertheuerung ist da und niht wieder zu beseitigen. Herr Trimborn hat si energisch an die verbündeten Regierungen gewandt, ihren Widerstand aufzugeben, und \ich dabei auf den Reichskanzler berufen. Gewiß hat dieser dem Gedanken Sympathie bewiesen, aber damit hat er sih noch nicht im mindesten festoelegt, am wenigsten auf eine bestimmte Summe. In der Kom- mission hat man die nothwendige Summe auf 100 Millionen geschäßt. Ich glaube nicht, daß das ausreicht, denn mit einer Wittwen- reate von jährli) 100 M können wir uns doch nicht begnügen. Schon die Invalidenrenten, so gering sie sind, betragen doch mindestens 116 4; für die besser situierten Arbeiter in den böberen Klasse: sind im Beharrungszustande Renten bis zu 500 46 zu zahlen. Mit 100 Wittwenrente kann doch wahrlich nit viel angefangen werden. Andererseits wollen Sie (rechts) ja den Gerstenzoll erhöhen, aber ich glaube, Sie werden, wenn es noth thut, auch diese Absicht wieder fallen lassen und \sich mit den 3 M4 begnügen, wenn nicht die verbündeten Negierungen, um namentlich die Bayern zu- frieden zu stellen, \sih auf eine Grböhung einlassen. Ziebt man allein die Negierungêvorlage in Betracht, so ergiebt \ih ein Betrag von etwa 80 Millionen Mark. Ständen diese dauernd zur Verfügung, dann ginge es vielleiht, aber eine ole Reichsverpflihtung kann doh niht auf so \{wankende Einnahmen gegründet werden. Der Vorschlag Trimborn ermäßigt den eventuell zur Verfügung stehenden Betrag noch ganz bedeutend, etwa um 20 Millionen: dann bleiben nur noch 60 Millionen übrig. Solche Lasten müssen die leistungsfähigen Schultern tragen. Die verbündeten Regierungen sind aber auch noch aus dem Grunde gegen den Antrag, weil, wenn über- haupt neue Etunahmen aus dem Tarif \sih ergeben, diese sehr noth- wendig für den allgemeinen Reichésäckel gebraucht werden, da schon der Etat für 1902 einen Fehlbetrag von 244 Millionen aufweist. Die Zuckerkonvention wird weitere Ausfälle verursacen, die In- validenverforgung braucht jährlih böbere Zuschüsse, und die Offiziers-

| pension will man ja auch erböben. Dazu kommt die gegenwärtig

berrshende Ungunst der wirthschaftlichen Verbältnifse, sodaß im nächsten Etat eine niht gedeckte Summe von 150 Millionen figurieren soll. Bei solcher Lage, wo man große Schulden macen muß, Geld in fsolhem Betrage aufzuspeihern, würde bei jedem Privatmann, der so wirthschaften wollte, einfach für unsinnig angesehen werden. Was bleibt also übrig Aus den Arbeitern würde auf dem Wege der Bier- und Tabadsösteuererböbung wieder beraus- gepreit werden, was ihre Relikten an Versorgung erbalten bätten. Auf solche Dinge kann sich die Freisinnige Vereinigung, die i bier verirete, nit einlassen. Wir können die Einnabmen. die sich event. aus dem Zolltarif ergeben, niht beute {on zur Vertheilung bringen. Dieselbe Stellung würden wir au einnehmen müßen gegenüder dem Antrag Richter, der ebenfalls das Fell cines Bären vertbeilen will, den man noch nit erlegt bat. Die Neuregelung der Zueersteuer ist rfolgt zum guten Theil auf Grund von Vorschlägen der liberalen Seite. Wir können diesen Zolltarif nit dadurch s{hmadckhaît machen oder dem Volke versüßen, daß wir plöylih die Zuckersteuer abschaffen.

taatssekretär des Neihs-Schayzamts Freiherr von Thiels

Der Herr Abg. Trimborn hat seine Rede damit er allen Parteien dieses Hauses cin gleiches Inte er Wittwen und Waisen zuschrieb, und Wenn der Herr Abga. Moesicke dieses Hauses von diesem Juteresse au tenn der Antrag, der zeigt deullid, daß die dieses Hauses der Fürsorge für die Wittwen und Waisen è gleide Interesse witmet wie die anderen Parteies. (Zurufe Deiterfeit linfs.)

Meine Herren, nicht minder können Sie überzeuat sein, daß die verbündelen Regierungen, wie der Herr Reichikaniler bereits vor ein- einhalb Jahren bler im Hause audzeiprochen hat, das Wobl ter minderdemittelten Volksklassen feit im Auge behalten, und tak die Fürsorge für die Wittwen und Waisen naheliegend und naturgemäß das nädiie Ziel bleibt, nachdem dur tie Alters- unt JIadaliden-

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tersiherung ter Arbeiter und tur die Unfallversicherong für bie |

Mäaner und Familienväter bereits eia befriedigender Zustand ge- schaffen worden isl. Nun, meine Herren möchte ih dem Herra bg. Tiimborn aber cine Frage vorlegen. Wie denkt ex d die

Verwirklichung dieses Getankens, der uns alle beseelt wenn er, und ¡war mit erbobener Stimme, cine Einschränkung machie dabin. weder

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1 er noh irgend einer seiner Parteigenosien wolle fi deute im geringsten

dafür binden, daß, sei es der Arbeitgeber, sei es der Arbeiter au den kleinsten Zushuß zu dieser Versicherung in Zukunft werde [leisten haben. Dies, meine Herren, fasse ich auf als den Aue, sl der Absicht, die Wittwen- und Waisenversicherung solle, solange pi noch fernere Mittel in noh späterer Zukunft hinzukommen, eint ; allein basiert werden auf die Mehrerträge des neuen Zolltarifs ij gewisse Nahrungsmittel. Jh habe in der Kommission Ihnen biva gesagt, meine Herren, daß keiner von uns weder im Bundesrath n im Hause sagen fann, wie hoch diese Mehrerträge gu ü annähernd sein werden, Wir haben, wie ih mich datnalg Y drüdckte, eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Wir kennen nob nig die Höhe der Zollsäte für den Fall, daß das Gefeß in Kraft tritt; denn meine Herren, daß diejenigen Minimalzölle, welche Sie für Getreiy Vieh und Fleisch bes{chlossen haben, die Zustimmung der verbündetey Regierungen nicht finden werden, ist Ihnen bereits von diesem Vik aus, nicht von mir, aber von anderer Seite gesagt worden. wissen ferner niht für den Fall, daß beispielsweise die Säße ty Regierungsvorlage in Kraft treten, wie der einheimische Körner dadurch beeinflußt werden wird, wir wissen niht, um eine mie bis größere Fläche mit Noggen oder Weizen bebaut werden kann, als; gegenwärtig der Fall ist, und wir wissen ferner nicht, 4 hoch und wie schnell die Bevölkerung des Reichs anwasen wit All diese Unsicherhciten machen es unmögli, die Summe, die n \ dem Kommissionsbes{chluß im § 11a für eine Wittwen- und Waisyy verforgung zur Verfügung stehen würde, au nur einigermaßen sidy zu s{häßen. Eine rein mechanishe Berechnung, indem man auf gegenwärtigen Konsum und die gegenwärtige durhsnittliche Einfuhr an Getreide, Vieh und Fleish die Säge der Regierungsvorlage h wendet, eine rein mechanishe Berehnung also, die praktis vielleidt als Anhalt dienen kann, aber keine siheren Ziffern giebt, zeit als Endresultat die Summe von 82 Millionen. Ich habe dz bereits in der Kommission gesagt, und wenn ih nit irre, hat de Herr Abg. Noeside die gleiche Ziffer angeführt. Wenn nun dies 82 Millionen vom Jahre 1903 oder 1904 an thesauriert werden ih. nehme dabei an, daß die Handelsverträge, welche wir auf Grund eines hier zu stande kommenden Tarifs abschließen werden, in den jenigen von diesen Grundpositionen, für welhe Minimalzölle nit beschlossen sind, keine wesentlißen Veränderungen hervorrufen, daz wäre sonst eine fernene Unsicherheit wenn also diese Summen für 7 Jahre thesauriert werden, so ergäbe daz ein Grundkapital von rund § Milliarde Mark. Nach dem beute eist vertheilten Antrag des Herrn Abg. Trimborn, welcher die Gerste, den Hafer, das Federvieh, Eier, Butter und Käse diese Posten snd es, glaube ich aus dem § 11a fortlassen will, würde sid die Summe des Kapitalgrundstocks jedoch nur auf rund 4 Milliarde stellen. Diese Ziffern sind felbstverständlih runde und zum thl gegriffene; sie können nur eine ungefähre Vergleichung er möglichen. Ob es möglich sein wird, die Wittwen- und Waisen versicherung, wenn jeder Beitrag des Arbeiters und des Arbeitgebers forifällt, mit diesem Grundstock einer halben oder gar einer dritt Milliarde durchzuführen, is eine Frage, die beute ebensowenig jemand am Bundesrathstish, wie in diesem Hause beaulworiz fann. Man könnte ja freilich sagen: es wird den Wittw, die dann vorhanden sein werden, eben so viel gegeben, als diz bereiten Mittel zulassen. Ob damit den Wittwen und ibren Kinderz den Waisen, gedient sein würde, das weiß ih nit. - Denn wenn A die jährliche Vertheilungssumme \ich auf 50 Millionen stellte, daw die Zinsen und vielleicht ein Amortisationsbetrag aus dem aufgesparten Kapitalgrundstock träte, so hätten wir eine Summe von rund - sagt wir 60, allerböhstens 70 Millionen zur Vertheilung in jed Jahr. Wie viel Wittwen daran theil nebmen würden, weiß; ebenfallt noch niemand. Es i} aber übers{läglich selbstverständlid seitens der zuständigen Aemter berechnet oder, besser gesagt, ges&äzi worden, daß eine Wittwenversicherung mit einer einigermaßen au kfömmlihen jährlihen Zuwendung und Herr Roesicke hat g richtig darauf aufmerksam gemat, daß eine Zuwendung von jätlid 100 oder 120 M niht als eine auskömmliche anzuseben sei einer solhen Summe von 60, 70, sei es selbst 80 Millionen, ad nicht annähernd befriedigt werden kann. (Sebr richtig!) Dazu wútñts Summen erforderlich sein, die das Doppelte mindestens erreidia vielleicht bei weitem überstiegen.

Also, meine Herren, ob der Antrag der Kommission, der # 1 so, wie er vor uné liegt, oder der Antrag des Herrn Abg. Trimbm der Ihnen beute vorgelegt worden it, eine genügende Grundlag

k zecignet sind, um im Jahre 1910 eine Wittwen- und

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| versorgung darauf zu basieren, diese Frage bleibt nah den heutizz

Berathungen durchaus offen; sie läßt \ich erst einige Jahre vor

b Jahre 1910 und auch dann nur cinigermaßen übersehen, d wir mindestens 4 oder 5 Jahre mit dem neuen Zolltarif gearbeilt baben werden

Nun, meine Herren, macht mir der Herr Abg. Trimbora t Vorwurf, ih stände bereits mit geöffacten Händen da, um jede Mehrertrag aus dem Zolltarif an mich zu reißen. Ich möchte des errn Abg. Trimborn wünschen, daß er cinmal in die Lage imi einen Etat von 2 Milliarden und darüber selbt zu bearbeiten a wird sehen, daß es außerordentlich wenia Freude macht, Geld ax e zu reißen. Denn für jede Million, die der Reichs-Schaysekretät 8 sich reißt, stehen bercits andere Leute bereit, um sie ibm mit Zins Zinseszinsen und Zulagen wieder abzunehmen. (Heiterkeit.) Also de ciner Freude kann dabei keine Rede cin

Aber, mcine Herren, ter Herr Abg. Noeside hatte cia Wen wiederholt, das ih in der Kommission gesagt habe und das id ha nicht zu wiederholen brauche, weil es allgemein bekannt ist: ck auf das Defizit dieses Jahres hingewicien. Ih hege uvar reriéelis die Heffnung, dah cia Fehlbetrag nach ciner so langen Reihe gintgs Jahre keine danerade Erscheinung sein wirt; ich bege wahrscheinlich die Hoffnung, dah die Periode des wirth! Niedergangs in nicht zu langer Frist durch cine Zeit guter w eiti Verbälinisse wieder abgelöst werden wird. Das ändert aber 8

| der Thatsache, dah ich in wenigen Wochen, rorautsichtlich ¿leid 2

den Weihnachisferien, genöthigt sein werde, Jhaen cinen Etat 2 zulegen, ter einen Fehlbetrag ungefähr in der angegebenen Hte -r 150 Milliorea Mark aufweisen witd. (Hôrt, bört! und Bere Es fênnen vielleicht einize Mililoneca bis dabin weniger wet

(Heiterkeit. ) Meine Herren, dieser Feblbetraa mul gededt met

Sie lônnen die fälligea Ausgaben nicht unbezahli lesen A

Siaaten in Süud-Amerikz können ich das wobl lellien, e land witd dazo nichi in der Lage seln: cine Deckong mf ane

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shaffen werden. Die verbündeten Regierungen haben Ihnen bereits in, der Kommission erklärt, daß unged-ckte Matrikularbeiträge in Höhe für viele Staaten den vollen wirths{aftlihen und ziellen Nuin bedeuten. (Hört, hört! links.) Ein Theil d welher Theil, das wird später noch der Beschlußfaffung des Bundesraths und des Reichstages unterliegen ai wird jedenfalls auf andere Weise beschafft werden müssen. Aber, meine Herren, ih selber hin keineswegs geneigt, dem das Wort zu reden, daß alle künftigen Feblbeträge, bis wieder eine wirths{aftliche Hochfluth eintritt, einfa auf den Weg der Anleihe zu verweisen seien, und Sie, meine Herren, werden es wohl ebenso wenig wollen. Es muß also Vorsorge ge- troffen werden, die Finanzen des Reichs für die nächsten Jahre min- destens fo zu stellen, daß bei der durch Gescße und unabänderliche Thatsachen gegebenen Steigerung der jährliten Ausgaben ih er- iere nur an die Invalidenversicherung, an die Schuldenzinsen und nebenbei an das Pensionsgeseß und ähnliche —, daß bei diesen steigenden Ausgaben also auc steigende Mittel vorhanden sind.

Der Herr Abg. Noesicke licß dur{blicken, daß er in erster Linie für das Bier fürhte. Ih habe Ihnen bereits in meiner letzten Etatsrede gesagt, daß, wenn irgend welche Gegenstände in der nächsten Zeit zu erhöhten Abgaben herangezogen werden müßten, Bier und Taback in der ersten Linie stehen. (Hört, hört! links) Das gab auf jener Seite des Hauses {hon damals cinen Entrüstungs\sturm. Die Thatsache läßt sich aber nicht ändern, und ih glaube, Sie werden gut thun, alle diese Verhältnisse fih vor Augen zu halten, wenn Sie über den § 11a der Kommissionsvorlage und den dazu eingebrachten Antrag des Herrn Trimborn, sowie ferner über die Resolution, die von kon- srvativer Seite eingebracht ist, beshließen werden.

Nun, meine Herren, ist noch ein Punkt \taatsrechtliher Art,

u Sie sih gleihfalls überlegen müssen, ehe Sie Ihre Stimme eben. Nach der gegenwärtigen Rechtslage, und zwar nach der fdtslage, die geschaffen ist durch das Zentrum selber, nämlich turch den Antrag Franckenstein vor länger als 20 Jahren, ge- hôren die Mehrerträge aller Zölle über eine gewisse Summe hinaus von Rechtswegen den Bundesstaaten, und es ist am Schlusse des § 12 in den leßten Worten des Gesetzentwurfs ausdrülih ausgesprochen, daß die clausnula Franckenstein weiter bestehen soll, bis sie durch ein neues Gese geändert wird. Der § 11a, in der Fassung der Kommission sowohl wie nach dem Antrag des Herrn Trimborn, läßt diesen Nechtszustand unbeachtet; denn er verfügt ausdrücklih über solhe Erträge, welche dem Reiche garnicht gehören, er verfügt über diese Erträge zum Schaden der Einzel- staaten. Meine Herren, ich glaube deshalb, daß der § 11a, dessen Tendenz, soweit sie die Schaffung einer Wittwen- und Waisen- versicherung berührt, von allen Bundesstaaten meines Wissens getheilt wird, deshalb nicht seine richtige Stellung hat in dem gegenwärtig vorliegenden Gese, sondern in demjenigen Geseh, welhes nach den Schlußworten des § 12 dazu be- stimmt ist, die clausula Franckenstein entweder abzuschaffen oder zu modifizieren und damit den ersten Schritt zu thun zu der von allen Seiten oft geforderten, von keiner Seite aber je materiell um- shriebenen oder bestimmt vorges{lagenen Finanzreform. Der Ruf nah einer Finanzreform geht vielleiht noch mehr durch die Presse als durch dieses hohe Haus; ih habe die Frage wenigstens in diesem Hause nur mehr beiläufig berßhren hören, wobl aber findet man in der Presse, ich möchte sagen, von Tag zu Tag Leitartikel, welche eine Finumzreform fordern. Wie diese Finanzreform ohne neue Einnahmen ver dacht ist, das verschweigt jeder Leitartikel, und auch in diesem boben Hause habe ih cine Meinung darüber nicht böôrea können. (Heiterkeit)

Meine Herren, ih bitte Sie also, ebe Sie Ihre Stimme für oder * ggen den § 11a und für oder gegen den dazu neuerdings gestellten Yitrag abgeben, \ich diese Verhältnisse ih habe ja ohne jede Polemik gesprohen und Ihnen nur die bestehenden Thatsachen, die Wherdem kein Geheimniß, sondern allgemein bekannt sind, wiederholt

diese Thatsachen, diese Sachlage und diese Lage des öffentlichen Kehts vor Augen halten zu wollen. (Bravo! rets.)

Bevollmächtigter zum Bundesrath, Königlich bayerischer Staats- rath Freiherr von Stengel: Meine Herren, Sie werden aus den Aatführungen des Herrn Reichs-Schaysekretärs den Ernst der finanziellen age, in der sich das Reich dermalen befindet, bereits zur Genüge ent- tvommen haben. Die Konsequenzen hieraus bezüglich der Stellung- hme zu § 1l a, den Ihnen die Konnnisfion vorschlägt, ergeben S biernah eigentlich von selbst. Wenn ih mi gleichwohl zum Vorte gemeldet habe, \so ist es um deswillen geschehen, zel ih nicht die Meinung aufkommen lassen wollte, als durden elwa die gegen den Antrag Heim {hon früher n dem Schoße des Bundebraths entstandenen _Bedenkea, X ih in der Kommission ausführlich darzulegen mir gestattet habe, ma gegenüber dem vorliegenden Beschlusse der Kommission nicht mehr Ner nicht in vollem Umfange aufrecht erhalten Das Gegentheil davon K dielmehr der Fall. Es handelt sich dabei, wie ih anfügen will, durch- wu nicht etwa um \vezifish bayerische Auffassungen, sondern schon in der

mmmission hat fich in wesecatlih gleichem Sinne wie der Herr Neihs-Schaysckretär und der bayerische Bevollmächtigte auch ter Be- mächtigte für das Königreih Württemberg ausgesprochen, und ih wn iazwischea auch von den Vertretern einer Reibe anderer Buntes "uaten ersuht worden, heute bei Gelegenheit der Berathung des ) lla zugleich auch in ihrem Namen zu spreen. Einleitend möchte aon vor allem Bezug nehmen auf die Erklärungen, die ich seiner M in der Kommission abgegeben habe, und die sich auch wörtlich auf ¿r Seite 81 des Kommi!sioneberichis abgedruckt finden; und im Ana- 25 an diese im Kommissionöderiht niedergelegten Erklärungen wte ih hier nur noch civige weitere Gesichtépunkte hervorheben e allen Dingen aber möchte ih, um jeder Mikdeutuna meiner rie vorzubeugen, das Eine auch bier im Plenum ausdrücklich de- en, daß uns an sih der Grundgedanke des § 11a der Kommissions- ditluñe durchaus sympathish isl. Sollte das Neich durch die von iem neuen Zolltarif, insbesondere von den erböhten Lebens- telzöllen erwarteten Mehrerträgnise in den Stand gesetzt Veidea, in der Folge für Wohlfahrtseinrichtungen zum Besten ter Wider begüterten Volksklassen größere Aufwendungen u machen 8 bisher, so fônnte das ja au von unserer Seite nur freudigsi At werten. Die Regierungen werten davon dürfen e überzeugt sein dereinst aud ihrerseits ten Tag will- beißea, an dem es dem Reiche gelungen scin wird. dem

Sen Werfc ter sozialen Versicherungs-Gescygebung durch die Ein- tas hang der Wittwen und Waisen den feblenden Seblußittein Datagen Doch, meine Herren, das sind Hoffnungen unkd Bande, hier handelt cs sich aber um clwas ganz anteres deli es sich auh nichi etra nur um künftige fakaltative n in größerem Umfange för Wohblsahriseinrichlungen im

: nein, bier handelt es sich um die Frage der geseulichen Fest- de Cues Problems der Wiltroen- und Walsenversicheruna, und

de bierfür erscheint uns der acgemeärtige Zeitpunkt als sehr hes unt miadesiens verfrüht. Es ift schon von anterer Seite bege oven worden, daß wir wr Zeit noch absolut keine Warheit \ über den Umfang und die Ausgeslaltung des Unternehmens,

das dem § 1la des jeßt vorliegenden Geseßentwurfes vorshwebt. Es sind vorläufig Ideen, es x: Wünsche, aber von einem fest- stehenden Programm, namentlih von einem Programm, demgegenüber der Beleygense bereits Stellung genommen hätte, ist beute noch feine Rede. Es besteht ferner nit die mindeste Klarheit über die Mehr- erträge, die wir von dem neuen Zolltarif erwarten dürfen. Das hat Ihnen vorher bereits der Herr Îeichs - Schatzsekretär in einer Weise dargelegt, daß ih keine Veranlaffung habe, dem noch weiteres hinzu- zufügen. Aber eines, meine Herren, ist sicher, und darüber besteht die vollste Klarheit, nämli, daß wir gegenwärtig sowohl im Reich als avch in den Einzelstaaten in einer überaus mißlichen Finanzlage uns befinden. Da werden, wie ih vermuthe, doch viele von Ihnen, wenigstens in ihrem Innern, mir beipflihten müssen, wenn ih sage, daß es gerade in einer solchen Zeit und in einer folhen Lage doppelt gefähr- lih erscheint, dur einen Aft der Geseßgebung gegenüber den breiten Massen der Bevölkerung sich auf Versprehungen festzule en, von denen niemand weiß, ob und wann sie von uns eingelöst werden können. Meine Herren, die Mehrheit der Kommission hat geglaubt, über dies Bedenken dadur hinwegkommen zu können, daß sie Ihnen vor- {{lägt, die neue Last auf die Mehrerträgnifse der Lebensmittelzölle zu radizieren und diese Mehrerträgnisse einstweilen bis zum Jahre 1910 zu thesaurieren. Ich will mich an dieser Stelle nicht 'in die Frage ver- tiefen, ob es sih überhaupt emyfiehlt, von dem verfassungsmäßigen Grundsaß der Einheitlichkeit unseres Budgets abzuweihen und zu dem in früheren M vielfa beliebten Systeme der Spaltung der Ein- nahmequellen des Staats nah Verwendungszwecken zurüzufkehren. Schwerer fällt für mich und für uns der Grundsaß ins Gewicht, daß der Zoll, auf den Sie die Last radizieren wollen, kein Finanzzoll, sondern ein Schußtzzoll ist. Das wurde vorhin au von dem Herrn Abg. Trimborn mit besonderer Betonung hervorgehoben: und ih fann nicht bergen, daß mich diese besondere Betonung gerade von dieser Seite gewundert hat, denn gerade die Natur des Schußzolls ift es, die in mir besondere Bedenken gegen den Kommissionsvorschlag erregt. Es bandelt sih also um eine Abgabe, meine Herren, die, wenn sie ihren Zweck, unserer Landwirthschaft aufzubelfen, erfüllen foll, unfehlbar im Laufe der Jahre zurückgehen muß. Von den Schwankungen, denen die Getreidezölle erfahrungsgemäß au ohnehin {on unterworfen find, will ih bier weiter gar niht reden. Und auf eine solche voraussihtlih stetig zurückgehende Ginnahmequelle wollen Sie nun eine stets wachsende Ausgabe, stets wachsende rechtliche Verpflichtungen des Reichs von der allergrößten finanziellen Tragweite basieren. Nein, meine Herren, nach meinem Dafürhalten werden wir, wenn wir die Sache über- haupt einmal in Angriff nehmen wollen, wenn wir der Frage der Wittwen- und Waifenversiherung der Arbeiter näher treten wollen, nah einer solideren Grundlage suhen müssen, und diese Unter- lage will ich Ihaen gzâch nennen. Diese Unterlage kann nur be- stehen in festgefügtef und nachhaltig geordneten Neichsfinanzen. Die Antragsteller haben die Schwächen ihres Antrags in dieser Nichtung au selbst gefühlt, und deshalb namentlich haben sie die Thesaurierung vorgeschlagen. Aber wie die Dinge gegenwärtig liegen, meine Herren, so stellen Sie dur diese Thesaurierung das Neich do nur yor die Wahl, entweder auf der anderen Seite neue, größere Schulden zu machen oder, wie bereits hervorgehoben ist, neue, vielleicht recht drückende Steuern einzuführen, denn die Last dieser Thesaurierung etwa mittelbar auf die Schultern der Einzelstaaten hinüberwälzen zu wollen, das dürfte au wohl nicht in der Absicht der Antragsteller selbt gelegen gewesen sein. Dann möchte ich im Anschluß daran doch auch noch die Frage aufwerden, ob es überhaupt von Saae für angängig und mit dem Art. 70 der Reichsverfassung für vereinbar erachtet wird, cine so wichtige Ein- nabmequelle, wie die ist, um die es si hier handelt, der freien Ver- fügung des fommenden Reichstages und seiner späteren Nachfolger zu entziehen. Auf die clausula Franckenstein, meine Herren, werden Sie sich in dieser Beziehung als einen Vorgang niht berufen können, denn dur die clausula Frandenstein ist, weder was ihren Zweck, noch was ihren Erfolg anlangt, das Budgetreht des Reichstages auch nur im mindesten beschränkt und beeinträhtigt worden. Keine glück- lihe Eingebung war es auch, meine Herren, gerade das Jahr 1910 für das Inslebentreten des neuen Gesetzes über die Wittwen- und Waijenversicherung der Arbeiter ins Auge zu fassen. Gerade das Jahr 1910 nämli verspriht leider für den Neichsbausbalt ein besonders verhängnißvolles zu werden; denn wenn wir uns mit der dringend gebotenen Sanierung des Reihs-Invalidenfonds nicht beeilen, so wird nah den uns vorliegenden Berechnungen gerade im Jahre 1910 dieser Fonds erschöpft sein, und es werden im Jahre 1910 nicht weniger als rund 40 Millionen Jahresbeiträge an Pensionen ganz unvermittelt auf den Reichshauthalt übernommen werden müssen. Für die vor- ges{hlagene Verkettung der Wittwen- und Waisenversicherung mit dem neuen Zolltarif ist unter anderem auch angeführt und darauf bin- gewiesen worden, daß von diesem neuen Zolltarif eine Bertheuerung der

Nahrungsmittel zu besorgen seia würde. Aber ich frage: ist diese Besorgniß; |

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in der That auch begründet ? findet sie insbesondere in den Erfahrungen der Bergangenheit auch ihre volle Bestätigung? können wir nicht abwarten, ob diese gefürchtete Vertheuerung auch wirklich eintritt, bevor wir zu einer solchen gesetzlichen Regelung schreiten? bandelt es sih nicht do vielleicht nur um ein Schreckzespenst, das an die Wand gemalt wird? Der Herr Abg. Noesicke hat uns in dieser Beuebuna allerdings bereits sehr umfassende und detaillierte Berechnungen auf- gemacht. Aber, meine Herren, das Papier ist geduldig, und die Wirklichkeit pflegt solheu Berechnungen nur in seltenen Fällen zu entsprehen. In der Kommission waren selbst die Meinungen darüber sehr getheilt, ob man den Antrag Heim, wie er ursprünglich hieß, annehmen sollte oder niht. In der ersten Lesung der Kommission wurde denn auch der Antrag mit 15 gegen 12 Stimwen abgelehnt; erst in zweiter Lesurg, und war bei nicht voll be- selter Kommission, gelangte dieser Antrag mit einer Stimme Mehbr- heit zur Annahme. Umsomehr hege ih die Hoffnung, ta das Plenum diese Bestimmung, die ja nicht etwa aus einem Kompvromik der Mehrheitsparteien hervorgegangen ist, nunmebr wiederum aus der Vorlage eliminieten, die Regicrungtvorlage ia dieser Beziebung wieder bersiellen werte. Was sodann das Amendement der Herren Abaag. Albrecht und Genossen anlangt, so besleben gegen dieses Amendement selbstredend die von mir geltend gemahten Bedenken noch in cinem erhöhten Grade. Inzwischen i| au in de dae Nr. 769 von seiten der Herren Abgg. Triwborn un ofe lío do seiten des Zentrums, eine nene Fassung für den neue 11 a vor- ges{lagen worden. Ih muß zugeben, dak durch diese neue Fassung die Bedenken, die wir gegen den Kommissionsbeschluß heg n_müssen, einigermaßen abgeshwächt werden. Aber beseitigt werden fe nit, es bleiden au gegenüber diesem Antrage " Trimböôrn + unk nossen sowohl in finanzieller, als au în verfassungs etatörehllider Hinsicht noch so viel Bedenken bestet ih Ihnea nichi empfehlen könnle, auf diese Grückle zu ti Dagegen erachte ich dea Antrag des Herrn Abg Rettich auï Resolution für durchaus annehmbar und empfeblenswerth. T Antrag reltet den Grundgedaoken des § 11 a, ohne der weiteren geseylichen Regelung irgendwo zu präjutizieren. Er entspricht auch dur@daus der Sa@tlage, die Ihnea dvorbin von \sciten des He Reiché-Shaysekretärs bereits dargelegt worden i, indem gemäß § 12 Abs. 2 des vorliegenden Gesehentwurfs und der beigefügten gründung ja ohnehin in Aosficht genommen ill, in Bilde den M lag wegen Revision des Ÿ 3 des älteren Zolltarifgesetes Frankenstein) mit einer weileren Geseyesvorlage za bef {liche meine Ausführungen mit der wicderdeltea Versie wir mit der Tendeaz, mit dem Grundgetaukcn des Ÿ ils der Kommissioa dervergegangen ift, durchaus einversianden sind wir ader den gegenwärtigen Zeitpunlt für eine gesepliche Fesllegung nichi für geeignei erachten können

Ada. Nettich (d. koa): Der Aba. Noefide bal g lenservative Partei wolle von ciner Witwen: nud Walleuri rie nis wissen, und berief d axf cine Erlliruna. die von Richidolen vor längerer Zeil abgegeben dal. Wenn dieser acsaat hal, daß er ih nid für cine Wittwen: und Wallenversiederana aud sprechen könne, weil die Landreirthschali ia ihrer traurigen Lage nicht im lande sei, das wu ertragen, lo rdlerlizi dieser Ausfprod nichi

die Shlußfolgerungen des Abg. Roesicke. Wenn durch Erhöhung der Schugtzölle die Landwirthschaft in eine bessere Lage gebraht wird, dann föônnen wir uns wohl auf den Standpunkt stellen, daß wir uns damit einverstanden erklären, wenn gewisse Mehbrerträge aus den Zöllen zur Errihtunz und Erleichterung der Wittwen- und Waisenversiherung in Anspruch genommen werden. Ih habe namens meiner politishen Freunde zu erklären, daß wir unter dieser Vorausfeßung uns mit dem Gedanken der Wittwen- und Waisen=4 versorgung einverstanden erklären fönnen. Die Mehrheit meiner Freunde ist aber der Ansicht, daß die ganze Einrichtung nach Art und Umfang der dafür erforderlihen Mittel noch nicht genügend klar vorliegt, als daß wir uns entschließen könnten, in diesem Augen- blick die Kapitalien dafür festzulegen. Ich kann mich in diesem Be- traht mit den Ausführungen der Regierungsvertreter bis auf das leßte Wort einverstanden erklären. Es kann sogar der Fall eintreten, daß wir Mindererträge haben. Wenn wir dann die Wittwen- und Waisenversorgung eingeführt hätten, dann hätten wir uns finanziell hineingelegt, und die Folge würde sein, daß die Einzelstaaten, die jeßt hon unter der Last der hohen Matrikularbeiträge zu leiden haben, noch mit s{wereren Auflagen belastet würden. Auf einer so {wanken- den Grundlage eine Versicherung aufzubauen, widerspricht einer gesunden und vernünftigen Finanzpolitik. Wir sind bereit, an der Einführung der Wittwen- und Waifenversicherung mitzuwirken, aber so ins Blaue hinein können wir das Geld nicht festlegen und stimmen deshalb gegen § 11a und au gegen den Antrag Trimborn. Unsere Gedanken aben wir in einer Resolution zum Ausdruck gebracht, die der Abg. Trimborn etwas wegwerfend „Mesolutiönchen" genannt hat. Wenn die Sache geklärt sein wird, so find wir bereit, gewisse Ueberschüsse aus den Zöllen zur Erleichterung der Wittwen- und Waisenversorgung zu verwenden. In der Resolution is von einer Fesilegung von Geldern nicht die Rede. Die Verwendung von Uebershüssen wird in Erwägung zu ziehen sein, nachdem man sich über die Grundzüge der Einrichtung geeinigt hat. Jh kann Sie nur bitten, der Resolution Ihre Zu- stimmung nicht zu versagen.

Abg. Molkenbu hr (Soz.): Also die Herren von der Land- wirthschaft meinen, daß, wenn ihre Lage durch den Zolltarif verbessert wird, sie dann in der Lage sein würden, gewisse Ueber- schüsse für diesen sozialpolitishen Zweck anzuweisen. Daß sie dazu in der Lage sein werden, bezweifle ih nicht, desto mehr aber, daß sie dazu bereit sein werden. Nachdem 1885 die Getreidezölle verdreifacht worden waren, hat die Landwirthschaft die Beiträge für die Kranken- versicherung der landwirthschaftlichen Arbeiter doh niht übernommen ; es kam 1887 die Verfünffahung, und, als wir 1891 das Krankenversicherung8gesetz machten, hörten wir nur immer wieder von der Nothlage der Landwirthschaft, die diese Beiträge nicht tragen könnte. Und so wird es immer gehen, und wenn man noch zehn Mal die Zölle erhöhte; jede neue Erhöhung wird nur eine Quelle neuer Forderungen für die Landwirthschaft sein. Man brauchte hier nur einen Köder für die Arbeiter, und da mußte man staats- männish sein. Der § lla ist nichts weiter als eine {wache Nach- ahmung des Köders, den Fürst Bismarck in der berühmten Botschaft vom 17. November 1881 den Massen in der Arbeiterversiherung für das Tabackmonopol hinwarf. Damals mußtzn 450 Millionen aufgebraht werden, um 30 bis 40 Millionen für die Arbeiter flüssig zu machen; und jeßt ist das Verhältniß etwa datselbe. Damals hat das Zentrum die Bismarck- hen Vor)chläge einstimmig abgelehnt; es hatte bedeutendere Staats- männer als heute. Aber das gewöhnlihe Volk it denn doch auch nicht ganz blind; die Arbeiter werden \sich nicht verlocken lassen, die Getreidezölle für eine segensreiche Eimihßtung zu halten, weil daraus ein Almosen an die Arbeiter gegeben werden foll. 480 Millionen Mark wurden 1900 zunächst den Brotessern mehr abgenommen; der Zoll von Roggen und Weizen brachte 63 Millionen. Nah den neuen Säßen würden 41 Millionen den Wittwen, aber 375 Millionen den Grundbesitzern zufallen. Mit anderen Worten: von 100 A Mehrertrag erhalten 78 M die Grundbesitzer, 13 & das Reich, 8,599 #& die Wittwen und Waisen; um diesen 87 K zuzuführen, müssen den deutshen Konsumenten 100 A abgenommen werden. Die Hochschuyzölle sind doch nur dazu da, um die großen Massen des Volkes auszuplündern. Das seben wir in Amerika und werden es auch in Deutschland erleben: das deutsche Volk ist aber niht so zahlungsfähig wie das amerikanische. Daher wird der deutsche Arbeiter viel eher am Nande der Hungers- noth angelangt sein, und diese wird die Zölle s{ließlich hinwegfegen. Kleine Bauern und Landarbeiter baben keine Einnahmon aus den Zöllen; daher wird gleichzeitig mit der Steigerung der Zölle eine Herabminderung der Löhne stattfinden. Steigende Zölle baben eine Verschärfung der Krisis zur Folge, das liegt auf der Hand. Legen Sie daher die gesammten landwirthschaftlichen Zölle der Versicherung zu Grunde und suhen Sie die Deckung der Reichöbedürfnisse in einer Reichseinkommensteuer. Die Mittel, die das Zentrum nach dem An- trage Trimborn gewähren will, können unter keinen Umständen ge- nügen; sollen die Wittwen und Waisen niht kungern so muß die Armenkasse eingreifen, und dann wird diese au auf die Versorgunas- gelder Besclag legen. Andererseits werden die verbündeten Ytegierungen., wenn Sie ihnen diese Einnahmen entziehen, an dem ganzen Zolltarif nur noch die halbe Freude haben. Wir empfeblen Ihnen also den Antrag der Kommission mit unseren Zusäyten.

Abg. Dr. von Komierowski (Pole) erklärt, er balte die Resolution Rettich für zu vag und werde, wie in der Kommission, für den § 11a flimmen. Sollte der Kommissionsbeshluß abgelchnt werden, so werde er mit scinen Freunden für den Antrag Trimborn stimmen

Abg. Nichter (fr. Vollsp.): Wir stimmen gegen den Kommissionte- antrag und gegen den Antrag Trimborn. Abgetehen von etatêreck

| lichen und slaatöre{htlihen Gründen, ist der prinzipielle Standpunkt

durhs{lagend, daß wir durch Verquickun Lebensmittel - ¡ölle mit einer künftigen Wittwen- und Waisenversorguna die erböbten 1 der Zukunft festlegen und ne zu ermäßigen,

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