1849 / 6 p. 3 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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B, E ma. M Ö

Geldbuße bis zu 50 Thalern,

oder

Freiheitsstrafe bis zu sechcks Wochen,

O L erlider Züchtigung, an deren Stelle jeßt verhältnißmä- ßige Freiheitsstrafe tritt, : E oder mit mehreren dieser Strafen zuglei bedroht sind, erfzlgt durch fommissarisch dazu bestellte CEinzelrihter mit Zuziehung eines Gerichts-- bers, aar 1% Kompeteuz der Einzelrichter tritt auch dann ein, wenn ne= ben diesen Strafen zugleih auf Ehrenstrafen zu erkennen ist. |

Ausgeschlossen vou der Zuständigkeit der Einzelrichter bleiben jedoch die Fälle, in welchen entweder zugleih auf Verlust von Nemtern, Titeln oder Würden oder des Rechtes zum selbstständigen Gewerbe - Betriebe zu erkennen is, oder in welchen die Verurtheilung für den Verbrecher den Verlust con Ehrenrechten oder des Bürgerrechts nach den geseblichen Bestimmungen unbedingt zur Folge hat.

V 98,

Die Geschäste des Staagtsanwalts werden bei den Untersuhun= gen dieser Art von Beamten verwaltet, welche der Regierungs-Prä« sident nach Anhörung des Ober -Staatsanwalts kommissarish hierzu ernennt, und über deren Amtsführung der Ober- Staatsanwalt die Aufsicht zu führen hat. Ueber Beschwerden, welche gegen diese Be- amten wegen verweigerter Erhebung von Anklagen geführt werden, hat der Ober-Staa!sanwalt zu entscheiden,

Jm Uebzigen findet Alles, was über die- Pflichten und Befug- nisse der Staatsanwalte, über deren V-rhältniß zu den Gerichten, so wie über die Notl wendigkeit ihrer Zuziehung bei der Verhand- lung vor dem erkfenneuden Richter, bestimmt ist, auh auf diese Poli- zei-Anwalte Anwendung.

N Die Anklage kann schriftlih oder mündlich angebracht werden, S 0,

Wird dem Richter beim Eingange der Anklage zugleich der An- geklagte vorgeführt, und gesteht derselbe die ihm angeshuldigte That, oder sind die Beweismittel für die Anklage und Vertheidigung zur Hand, so hat der Richter in der Regel auf der Stelle die Unter=- suhung zu führen und das Urtheil zu fällen,

Ist der Angeklagte verhaftet, so muß tessen Vorsührung beim Eingange der Anklage sofort gescheh: n.

G 01.

Kann im Falle des §. 39 das Urtheil nicht sogleih gefällt wer- din, der Angeklagte is aber verbaftet, so muß derselbe sogleih über die zu seiner Veribeidigung dienenden Beweismittel vernommen und hicrauf zum mündlihen Verfahren und zur Entscheidung der Sache ein möglichst naher Termin anberaumt werden, zu welchem die bei- derseits über bestimmte Thatsachen vorgeschlagenen Zeugen vorzuladen sind, insofern der Richter die Umstände, über welche sle vorgeschlagen sind, für wesentli erachtet.

02

Kann der Angeklagte nicht sofort vergefütrt werden, so is der- selbe zum mündlichen Verfahren durch eine \{riftlihe Verfügung vor- zuladen, welhe die Thatsachen des ihm angeschuldigten Vergehens

angeben und die Aufforderung enthalten muß: zur festgeseßten Stunde zu erscheinen und die zu seiner Vertheidigung dienenden Beweiëmittel mit zur Stelle zu bringen, oder solhe den Richtec so zeitig vor dem Termine anzuzcigen, daß sie noch zu demselben herbeigeschafft wer- den können. :

Zugleich ist dem Angeklagten die Warnung zu stellen:

daß im Falle seines Ausbleibens mit der Untersuchung und Entscheidung in r verfahren werden solle, §. 99.

Nur auf Grund bescheinigter erheblicher Hindernisse kann dem Antrage des Angeklagten auf Anseßung eines neuen Termins statt- gegeben werden.

S 04

Jn dem Termine wird, nachdem die Anklage dur dea Polizei Anwalt vorgetragen und der Angeklagte darüber vernommen worden, mit der Beweisaufnahme, so weit dics erforderlich ist, verfahren, der Polizei-Anwalt mit seinen Anträgen, so wie der Angeklagte mit sei ner Vertheidigung, gehört, sotaun aber das Urtheil gefällt und mit Gründen verkündet.

Der Richter is jedoch befugt, tie Fällung des Urtheils auêzu-

L

seben und einen Termin zur Fortseßung des Verfahrens zu bestimmen, v 35

9. DO

Erscheint der Angeklagte der gehörig erfolgten Vorlatung ungeachtet in dem Termine nicht oder verweigert er in demselben, über die An- flage \i.h zu erflären, so wird der Bew-is aufgenommen und nah Anhörung des Polizei-Anwalts, sd wie des sür den Angeklagten etwa aufgetretenen Vertheidigers, das Uctheil gefällt und verkündet.

Dem ausgebliebenen Angeklagten is das Urtheil in Ausfertigung zuzustellen,

C 06.

Findet der Richter bei Beurtheilung der That des Angeklagten, daß solche ein Verbrehen enthält, dessen geseßliche Stiafe seine rih- terlihe Kompetenz überschreitet, so hat er die Sabe mittelst Be- \{lusses an bas kompetente Gericht abzugeben.

Ueber Kompetenzstreitigkeiten hat das Gericht der höheren Jn- stanz zu entscheiden,

S7 __ Ueber den Hergang im Termine wird von einem vereideten Ge- rihts\chreiber ein Protokoll aufgenommen, welches den wesentlichen Inhalt der E:klärungen des Polizei-Anwalts, des Angeklagten und der Zeugen enthalien muß, und in welchem zugleih das abgefaßte Urtheil mit dessen Gründen niederzuschreiben is. Der Richter und der Gerichtsschreiber haben dieses Protofell zu vollziehen. S. 38, D Gaterfus 2, Bei Verbrechen. Die Untersuhung und die Entscheidung erster Jr mit Zuziehung eines orridiéstreibtrs viEE Bie aN erfolgt E drei Mitgliedern bestehen, in Ansehung j s ) derjenigen im §. 27 bezeihneten Vergehen, welhe in der Schlußbestimmung desselben von der 1p i i ausge\chlossen R Un Kompetenz der Einzeleichter

2) derjenigen Verbrechen, welche in den Geseven mit y Geldbuße, deren höchstcs Maß 50 Rihlr. übersteigt, oder

Freiheitéstrafe, deren höchstes Maß sechs Wochen, j niht drei Jahre übersteigt, E E, es oder mit diesen beiden Strafen zugleih bedroht sind, au wenn sie noch außerdem den Verlust von Aemtern, Chren- oder anderen Rechten geseßlih zur_Folge haben ; solher Amtsverbrechen, welche entweder nur mit a U Cassation und Unsáhigkeits-Erklärung zu allen öffentlichen Aem- tern, oder zwar A, außerdem mit Strafen bedroht sind, welche aber die zu 2 erwähnten Strafen nit übersteigenz

3)

34 renden Umständen begangenen und des ersten gewaltsamen Dicbstahls. N Men: LRURARte

In denjenigen Landestheilen, in welchen das Allgemeine Land- ret niht Geseßeefraft hat, entscheidet rüdcksichtlich der Kompetenz zu Nr. 1, 2, 3 das dur Gerichtsgebrauh hergebrahte Strafmaß, in hiernach zweifelhaften Fällen aber die Bestimmung des Allgemeinen Landrechts.

ea

Zur förmlichen Eröffnung der Untersuchung gegen eine bestimmte Persou ist erforderlich : :

1) eine vom Staats-Anwalt abzufassende Anklageschrift, welche ent- halten muß: den Namen des Angeklagten, eine Darstellung der ibm zur Last gelegten That, die Beweismittel dafür, insbeson- dere die Namen der Belastungszeugen, deren Abhörung der Staats-Anwalt verlangt, und die Bezeichnung des Verbrechens, dessen der Angekla .te beschuldigt wird ; ein auf Grund dieser Anklageshrift die Eröffnung der Unter- suhung anorduender Beschluß der Gerichts-Abtheilung, in we!- chem der Name des Angeklagten und das ihm anzgeschuldigte Verbrechen zu bezeichnen sind.

6. 40,

Die Berathung und Beschlußnahme der Gerichts - Abtheilung darüber, ob auf die Anklage die Untersuhung zu eröffnen sei, erfolgt ohne Beisein des Staats=Anwalts.

Erachtet das Gericht die Ez öffnung der Untersuchung für nicht

2)

zuläsjia, so hat es in dem Beschlusse, wenn der Angeklagte verhaftet ist, zugleich dessen Freilassung zu verordnen.

Findet die Gerichtä-Abtheilung die Sache noch nicht hinreichend vorbereitet , um über die förnliche Eröffnung der Untersuchung zu entscheiden, so hat sie die Punkte, in Ansehung dereú es nv eintr näheren Aufflärung bedarf, in dem abzufassenden Beschlusse zu be- zeichnen und diesen Beschluß dem Staats =- Anwalte zur Erledigung

| , , | mitzutheilen.

6. 42.

Hält der Staats-Anwalt zur Begründung oder Vervollständigung der Anklage eine gerichtliche Voruntersuchung für nöthig, so hat auf feinen Antrag das Gericht einen M zu ernennen.

8 43.

Der Uniersucungérichter hat bei der Voruntersucung alle in der Kriminal - Ordnung für den Jnquirenteu gegebenen Vorschriften, insbesondere auch die Vorschrift wegen Zuziehung eines vereideten Protokollführers, zu beachten.

S 44

Der Zweck der Voruntersuchung ist: die Existenz und Natur des | angezeigten Verbrechens, so wie die Person des Thäters und die zu | seiner Ueberführung dienenden Beweismittel, so weit zu erforschen

und festzustellen, als dies zur Begründung einer Anklage und zur Vorbereitung der mündlichen Haupt - Untersuhung erforderlih er= scheint. Der Untersuchungsrichter hat daher seine Nachforschungen nicht weiter auszudebnen, als dieser Zweck es nothwendig macht. C: 43 i 5 Die in ter Voruntersuhung vernomnenen Zeugen sind durch den Untersuchuntzs-Richter, wenn keine ge eblihen Gründe entgegen- stehen (§. 22), zu vereidigen. ; G 46,

men werden. Is derselbe verbaftet, so muß seine Vernehmung stets erfolgen, S4

Nach Abschließung der Voruntersuchung legt der Untersuhungs- Richter die Akten dem Staats- Anwalte zur Stellung der nöthigen Anträge vor. Verfahrens an, so hat das Gericht hierüber zu befinden und, weun es sih mit dem Antrage einverstanden erklärt, die Zurücklegung der Aftten, auch sofern ter Beschuldigte verhaftet ist, dessen Freilassung zu versügen. Erachtet aber der Staats - Anwalt oder das Gericht die förm- lihe E:nleitung der Untersuchung für begründet, so hat der Staats- Anwalt die Anklageschrist einzureihen, über welche alsdann die Ge- rihts - Abtheilung Beschluß faßt.

§

8. 48, Wird die Eröffnung der Untersuung beschlossen, so hat die

ren zu bestimmen, 8. 49. Jsst der Angeklogte verhaftet, so wird ihm die Anklageschrift nebst dem Beschlusse vorgelesen, und er wird darüber vernommen: ob und welche Bewciêmittel zu seiner Vertheidigung er her- beigeschafft, insbesondere, welhe Zeugen er vorgeladen zu sehen verlange. Kann der Angeklagte sich bierüber nicht guf der Stelle erf.ären, so ist ihm dazu eine angemessene Frist zu bestimmen. 6: 30. Steht dem verhafteten Angeklagten cin Vertheidiger zur Seite, so is dieser eine Abschrist der Anklage und des Beschlusses zu for- dern beretigt, 6. 31 3 der Angeklagte nicht verhaftet, so wird derselbe unter Mittheilung einer Abschrift der Anklageschrift und des Beschlusses nah g. 32 shriftlih vorgeladen. L 8. Ie l ; Als Zeugen werden, ohne Rücksiht darauf, ob sie {ou in der Voruntersuchung vernommen sind oder nit, alle diejenigen vorgela- den, deren Abhörung der Staats-Anwalt oder das Gericht für er- forderlih erachtet oder der Angeklagte verlangt, insofern das Gericht die Umstände, über welche die Abhbrung der Zeugen beantragt ift, wesentlich findet, Zu diesem Zwecke müssen die Thatsachen ganz be- stimmt angeführt werden. l G Dem Staats-Anwalte und dem Angeklagten sind die nen Zeugen namhaft zu machen. L g. 9D Ju der Zwischenzeit bis zum Termine is dem verhafteten Ange- flagten, sofern er einen Vertheidiger besißt, verstattet, sich mit dem- selben zu besp:eben, und zwar ohne Beisein einer Gerichtéper}on, wenn der Vertheidiger ein in Eid und Pflicht stehender Justizbeam-

ter ist, 8. 54,

Die Leitung der mündlichen Verhandlung, insbesondere das Ver-

har zes Angeklagten und d ührt dem Borsißenden der Gerichts-Abtheilung. und der Zeugen, gebühr si

vorgelade-

Di : 6. 96. ie \chon in dex Voruntersuchung eidlih vernommenen Zeugen

werden bei ihrer nohmaligen Abhöru i i E dern auf den geleisteten Eid virwietns 2 ca

4) des zweiten und dritten großen gemeinen, oder unter ershwe-

e §. 56. Erscheint der gehörig vorgeladene Angeklagte in dem Termine

Auch der Veschuldigte fann in der Vorunl-rsuchung, w?un dies | zur Aufklärung des Sachverhältnisses zweckmäßig erscheint, vernom- |

Trägt der Staats - Anwalt hierbei guf Einstellung des weiteren |

Gerichts - Abtheilung zugleih einen Termin zum mündlichen Verfah» |

uicht, so kann das Gericht, wenn dasselbe aus besonderen Gründen die Anwendung des Kontumazial - Verfahrens niht für angemessen hält, unter Vertagung der Sache zu cinem anderen Termine die Vor= führung oder Verhaftung des Angeklagten anordnen.

S O,

Tie Berathung der Gerichts - Abtheil1ug über das Urtheil erz folgt ohne Beisein andcrer Personen. x

; §. 98,

Findet das Gericht bei Beurtheilung der That des Angeklagten, daß solche ein Verbrechen geringerer Art enthält, als derjenigen, weiche seiner Kompetenz zunächst überwiesen ist, so hat dasselbe den= noch das Urtheil zu fällen.

i: S: O2.

Kann die Berathung niht an -emselben Tage beendet oder das Urtheil mit den Gründen niht sogleih abgefaßt werden, so hat das Gericht zur Verkündung des Urtheils einen neuen Termin zu bestim- men, welher jedoch niht über aht Tage hinausgeshoben werden darf,

g. 60, 3, Bei schweren Verbrecben. Die Untersuchung und Entscheidung in Ansehung 1) derjenigen Verbrechen, welche in den Geseßen mit einer härte- ren als dreijährigen Freiheitéstrafe bedroht sind, und welbe nicht zu den im §. 38 bezeihncteu gehören, 2) der politischcn und Preß- Verbrechen, soll vor einem aus fünf Richtern und einem Gerichtsschreiber beste« benden Gerichte, unter Zuziehung von Geshworenen, als beisißenden Réchtern, erfolgen, Den Vorsißenden dieses Gerichts ernennt der Erste Präsident des Appellationsgerichts und kann hierzu auch eines der M'tglieder desselben auswählen, S 01,

Als politische Verbrehen im Sinne dieses Geseßes gelten die im Allgemeinen Landrechte Thl. Il. Tit. 20. Abschnitt 2 bis Ab= schnitt 5 einshließlich aufgeführten Verbrehen. Ja denjenigen Lan=- deëetheilen, in weichen das Allgemeine Landreht nicht Geseß skraft hat, entscheiden tie in den landrehtlihen Abschnitten aufgeführten Gattungen von Verbrechen und in zweifelhaften Fällen die Bestim= mungen des Allgewéinen Landreckts.

Als politislze Verbrehen sind jedoch nicht anzusehen tie in den §8. 5, 157 bis 160, 166, 180 bis 195, 207 bis 213 gedachten Gesezes-Uebertretungenz desgleichen gehören nicht hierher diejenigen durch die Presse verübten Vergeben, bi welhen die Bestrafung von dem Antrage einer Privatpersoa bedingt is od.r die Strafe nur in den durch das Gesetz vom 17. März 1848 (Geseß-Sammlung S, 69) §. 6 angedrohten Geldbuße besteht.

A n Von den Shwurgerichten, S 02,

Bildung der Geschworenenliste1!,

Zum Geschworenen kann nur berufen werden: wer die Eigenschaft eines Preußen bisißt, 30 Jahre alt ist, im Vollgenusse der bürgerliten Rechte sich besindet, le=- sen und schreiben kann, und wenigstens ein Jahr in der Gemeinde, in welcher er sich aufhält, seinen Wohnsiß hat,

S. 09,

Zu Geschworenen können nicht berufen werden :

1) die Minister uud Unter - Staats - Secietaire,

2) die richterlichen Beamten, die Staats - Auwalte und deren Gehülfen,

3) die Regierungs-Präsidenten, Provinzial-Steuer-Direfktoren, Landräthê, Polizei-Präsfdenten, Polizet-Dixektoren,

4) die im aktiven Dienste besindlihezn Militgirpersonen,

5) die Religîonsdiener aller Koufessiouen,

6) die Elementar-Schullehrer,

7) Dienstboten,

8) diejeauigen, weihe 70 Jahre alt sind,

9) diejeaigen, welhe niht wenigstens jährlich 18 Riblr, an Klassensteuer oder 20 Rthlr. an Grundsteuer (ausschließlich der Beischlägce) oder 24 Rthlr, an Giwaezibesteuer ent- richten,

oder unter Vorguésezung des Bestehens einer dieser Arten der Be-

| steuerung nach ihren Verhältnissen zu entrichten haben würden.

Ohne Rücksicht auf den zu 9 erwähnten Steuersaß sind jet o wählbar zu Geschworenen: die Rechts - Anwalte und Notarien, die Professoren, tie approbirten Aerzte und diejenigen Beamten, welche entweter von Uns unmittelbar ernannt sind oder ein Einkommen von wenigstens 500 Rtdlrn. jährlich beziehen und nicht zu den oben aus- geshloss:nen Kategoriren gehören, A

V5 0A

Für jeden landräthlichen Kreis wid alljährlich im Monat Sep tember durch den Landrath, und für jede Stadk, welche zu keinem landräthliben Kreise gehöit, durch den Magijtrat, und da, wo fein Magistrats-Kollegium besteht, durch ten Voistand der Gemeinde-Ber= waltung, eine Urliste angelegt, welche nzch Bor - und Zunamen, Stand, Alter und Wohnort in alphabetischer Ordnung und unter fortlaufenden Nummern diejenigen Personen enthält, welche zu GOe- \{chworenen berufen werden E :

« V

Die Urliste muß an einem öffentlich bekannt zu machenden Orte drei Tage lang zu Jedermanns Einsicht offen gelegt werden, 7

Behauptet Jemand, ohne Grund übergangen oder ohne Berül= sichtigung des Befreiungsgrundes eingetragen zu fein, so hat er seine Einwendungen binnen der dreitägigen Frist zu Protokoll anzumelden,

Erachtet die Behörde, welcher die Ausstellung der Lisie oblag, die Einwendungen sür begründet, so erfolgt die nacträgliche Eintra- gung oder Löschung binnen drei Tagen nach Ablauf der dreitägigen Einwendungsfrist, : C004

Die abgeschlossenen Urlisten werden vom Kreis - Landrathe, in großen Städten, welche zu keinem landräthlihea Kreise gehören, von tem Vorsteher der Gemeinde - Verwaltung, gesammelt und dem Prä sidenten der Regierung, in deren Bezirke sie oufgenommen stud, eingesendet, welcher sie definitiv feststellt und daraus für jeden Schwur- gerichtsbezirf eine besondere Jahresliste derjenigen von ihm auszu- wählenden Personen aus diesem Bezirke anfertigt, welche er zur Function als Geshwo“ene für das bevorstehende Geschäftsjahr ge- eignet erachtet, L

Außerdem wird von ihm eine Liste von geeigneten Ergänzungs- Geschworenen aus den Personen zusammengestellt, welche am Sihe des Shwurgerichts oder in dessen nächster Umgebung wohnen, und deren Zahl von ihm nach seinem Ermessen zu bestimme ist.

Liegt ein Schwurgerihtsbezirk in mehreren Keg'erungs-Depar- tements, so entscheidet der Siß tes Schwurgerichts darüber, welchem Regierungs-Präsidenten die Utlisten einzusenden sind und die Auf- stellung ter Geshworenen-Listen EAE

S 075 Veerzehn Tage vor dem Beginn jeder Sißungs-Periode des he Erste Beilage

e/ d 6.

treffenden Schwurgerichts sendet der Regierungs-Präsident ein Ver-

zeichniß von 60 aus der Jahres-Liste herausgezogenen Personen an

das am Sihe des Schwurgerichts befindlihe Geriht, Die Ergän-

zungs-Liste wird dem Gerichte vor dem Anfange des Geschäftsjahres

zum Gebrauche während des Laufes desselben besonders übersendet. g. 68.

Der mit dem Vorsiße bei dem Schwurgerichte beauftragte rich- terlihe Beamte reduzirt jene Anzahl von 60 durch Auswahl der nah seinem Ermessen geeigneten Personen auf 36. Diese 36 Per- sonen siud zu Geschworenen bei dem Schwurgerichte sür die betref- fende Sißungs- Periode berufen.

Wer demzufolge als Geschworener an den Verhandlungen des Schwurgerichts Theil genommen hat, darf ohne seine Einwilligung während eines Jahres nicht a L G werden, :

G O9

Die Termine zur Abhaltung der Schwurgerichts-Sißungen sind von den betreffenden Gerichten nah dem Umfange der Geschäfte fest- zuseßen und bekanut zu machen. 3

«70!

Das Appellationsgericht hat die Befugniß, auf Antrag des Staats- anwalts ldie Abhaltung des Schwurgerichts einem anderen Gerichte aufzutragen, wenn von der Verhandlung der Sache vor dem zustän- digen Gerichte eine Störung der öffentlichen Ordnung zu befürch- ten steht, S

i 71.

Die ausgewählten 36 Geschworenen werden von dem betreffen- 00 E auf den zur Eröffnung der Sißung festgeseßten Tag geladen.

br)

. {l “i

Der Gerichtshof entsheidet nah Vernchmung des Staats - An- walts in öffentliher Sißung über die Entshuldizungsgründe der- jenigen Geschworenen, welhe entweder niht erschienen sind oder ihre Entlassungegesuche bei Eröffnung oder während der Dauer der Gerichtssißung vorbringen, :

Geschworene, welche ohue genügend befundene Entschuldigung nicht erscheinev oder \ch entfernen, werden, nachdem sle verantwortlich gehört worden, in eine Geldstrafe bis zu 100 Rthlrn,, im Wieder= holungsfalle in eine Geldstrafe bis zu 200 Rthlrn. genommen, und es findet gegen eine solhe Strafverfügung innerhalb einer 10tägigen präklusivischen Frist nur Beschwerde bei dem Appellationsgerichte statt.

S, (0,

Sind beim Beginne der Verhandlung einer Sache. in Folge des Nichterscheinens einzelner Geschworenen oder der ihnen ertheilten Entlassung oder Beurlaubung, weniger als 30 Geshworene vorhan- den, \so wird von dem Vorsißenden des Gerichts die Zahl der Ge- \chworenen aus der Ergänzungsliste durch das Loos auf 36 ergänzt.

Die Ergänzungs - Geschworenen müssen der Ladung des Vor-= sißenden bei Vermeidung der im §. 72 bestimmten Strafe unverzüg- lih Folge leisten.

G 10

Geschworene, welche weiter als eine Meile von dem Orte des Gerichts entfernt ihren Wohnsiß haben, erhalten, wenn sle es ver- langen , für jede Meile der Hin - und der Herreise 8 Silbergroschen Reise-Entschädigung ; Diäten werden ihnen nicht gezahlt,

e pi

S0 Eröffnung der Untersuchung

Bei politishen und Preßverbrehen, welche in den Gesebßen mit feiner höheren, als der im §. 38 bezeichneten Strafe bedroht sind, fommen rüdsihtlich der Eröffnung der Untersuhung die §§. 39 bis 47 einschließlich zur Anwendung. Wird die Eröffnung der Un- tersuhung beschlossen, so sind die zeitherigen Verhandlungen an das fompetente Schwurgericht und den diesem zugeordneten Staatsan=- walt abzugeben.

In allen anderen Fällen muß dem mündlihen Verfahren vor den Geschworenen stets eine gerihtliche Voruntersuhung vorhergehen, in welcher der Angeklagte zu hören ist.

, S, (0;

_ VBeantragt der Staatsanwalt nah dem Schlusse der Vorunter- suchtng, den Beschuldigten in den Anklagestand zu verseben, so ist über diesen Antrag von einer aus drei Mitgliedern bestehen- den Abtheilung des kompetenten Gerichts zu befinden.

Ser C4

Hält jene Gerichtsdeputation eine Ergänzung der Voruntersu- chung für nothwendig, so beauftragt sie hiermit den Untersuhungs- rihter, welher nah Erledigung des Auftrags die Akten wiederum dem Staatsanwalte vorzulegen hat.

S (21

Erklärt sie ih für die Verseßung in den Anklagestand , _s\o sind die Verhandlungen dem Appellations-Gerichte einzureichen, dessen aus fünf Mitgliedern bestehende Abtheilung für Strafsachen nach Anhös- rung des Ober-Staatsanwalts definitiv über die Verseßung in den Anklagestand durch einen Beschluß entscheidet. Nach Maßgabe dieses Beschlusses, welcher zugleich die Verweisung der Sache vor ein be- stimmtes Schwurgericht anordnet, hat der Ober-Staatsanwalt binnen einer, der Regel nah auf niht länger als acht Tage zu bestimmen=- den Frist die förmliche Anklageschrift anzusertigen , welche dem zur Abhaltuug des Schwurgerichts kompetenten Gerichte und dessen Staats= anwalte zu übersenden ist.

6. 79, Hauptverfahren. a) Vorladung und Kontumazialverfahren,

Zu dem Hauptverfahren vor den Geschworenen ist der nicht verhaftete Núgeklagte unter Mittheilung einer Abschrift der Anklage- {rift und des im §. 78 erwähnten Beschlusses durh eine \chriftlihe Verfügung vorzuladen, welhe die Aufforderung enthalten muß:

zur festgeseßten Stunde zu erscheinen und die zu seiner Ver- theidigung dienenden Bewcisëmittel mit zur Stelle zu bringen oder solhe dem Richter so zeitig vor dem Termine anzuzei- gen, daß sie noch zu demselben herbeigeschafst werden fönnen. Zugleich is dem Angeklagten die Warnung zu tellen, j daß im Falle seines Ausbleibens mit der Entscheidung in contumaciam verfalren werden solle, :

Zwischen der Behändigung der Vorladung und dem Termine muß eine Frist von mindestens aht Tagen liegen, es sei denn, daß der Beschuldigte selbst auf G Grif verzichtet.

gehörig vorgeladene Angeklagte in dem Termine Staats-Anwalt gehört worden, ein Kon- tumazial-Urtel, welches der Gerichtshof ohne Mitwirkung der Ge-

\chworenen erläßt, gr y Erhebt der Verurtheilte innerhalb drei Tagen, nahdem ihm das

Erscheint der nicht, so ergeht, nahdem der

Erste Beilage zum Preußi

35

Kontumazial-Erkenntniß behändigt worden, Einspruch gegen dasselbe bei dem Gerichte, welhes erkannt hat, so wird das Urtel als nicht ergangen erachtet, und die Sache gelangt zur abermaligen Verhand- lung an das Schwurgericht,

Gegen das demnächst ergehende Urtel findet ein abermaliger Einspruch nicht statt. j

S: 82, :

Dem Angeklagten ist am Tage vor der Verhandlung der Sache ein Verzeihniß zuzustellen, welches Namen, Stand und Wohnort der- jenigen Geschworenen enthalten muß, aus welhen das Schwurge- richt für seine Sache genommen werden soll.

Sind am Tage der Verhandlung weniger als 30 Geschworene vorhanden, und müssen deshalb Ergänzungs - Geshworene berufen werden, so ist eine Bekanntmachung der Namen dieser Ergänzungs=- Geschworenen an den Angeklagten nothwendig, wenn er bei deren Auslosung nit selbst gegenwärtig war.

C, 90: b) Bildung des Schwurgerichis,

Dië Bildung des Schwurgerichts für jede Sache erfolgt an dem Tage, an welhem sie verhandelt werden soll, in öffentlicher Sizung, in welcher der Vorsißende des Gerichts, der Gerichtsschrei- ber und der Staats-Anwalt oder ein Bertreter desselben zugegen

sein müssen. g. 84.

Erheben sich über die Bildung des Schwurgerihts Streitigkei- ten, so müssen die übrigen Richter der Abtheilung zugezogen werden, und es fann ohne deren Mitwirkung eine Entscheidung nicht ergehen.

Q 83,

Die Namen der Geschworenen werden in Gegenwart des An- geklagten, welcher sich des Beistandes - seines Vertheidigers bedienen fann, aufgerufen.

Der Name eines jeden Geschworenen, welcher auf den Aufruf antwortet, wird von dem Gerichtsschreiber in eine Urne gelegt, aus welcher die Namen auszuloosen sind.

g. 86.

Die Ziehung der Namen aus der Urne erfelgt durch den Vor- sitzenden.

Sobald ein Name gezogen i|, erklärt zuerst der Beamte der Staatsanwaltschaft und demnächst der - Angeklagte oder dessen Ver- theidiger burh die Aeußerung: „angenommen“ oder „abgelehnt“, ob er den Geschworenen aunehme oder ablehne.

Die Ablehnung oder Zurücknahme i} niht mehr zulässig, wenn ein fernerer Name aus der Urne gezogen ist.

C 87.

Das Schwurgericht für den einzelnen Fall ist in dem Augen- blike gebildet, wo die Namen von 12 nicht abgelehnten Geschwore- nen aus der Urne gezogen sind. i

g. 88,

Das Reht zur Ablehnung erlischt jedenfalls, sobald nur noh

12 niht abzelehnte Namen sich in der Loos-Urne bi finden. g. 89.

Die Anführung von Gründen für die Ablehnung ist nicht er- forderlich.

g. 90.

Die Hälfte der Gesammtzahl ‘der Ablehnungen steht der Staats=- Anwaltschaft, die andere Hälfte dem Angeklagten oder, wenn in einer und derselben Sache deren mehrere sind, Allen zu.

C. 94,

J} die Gesammtzahl eine ungerade, so steht der Staats - An-

waltschaft eine Ablehnung weniger zu, als dem Angeklagten. C92

Sind bei einer und derselben Sache mehrere Angeklagte bethei- ligt, so haben sie si über cine gemeinschaftliche Ausübung des Ab- lehnungsrechts zu einigen.

i Ce 99:

Das Schwurgericht für die Sache muß aus zwölf Personen,

bei Strafe der Nichtigkeit, d 0

Der Gerichtshof kann verordnen, daß außer den 12 Geshwo- renen noch einer oder mehrere ín der dur das Loos bestimmten Reihenfolge zugezogen werden sollen, welche den Verhandlungen als stellvertretende Geshworene für den Fall beizuwohnen haben, daß es einem der Geshworenen unmöglich werden sollte, bis zum Schlusse der Verhandlung anwesend zu bleiben.

6, 90.

Niemand kann in einer Sache Geshworener sein, in welcher er als Zeuge, Dolmetscher, Sachverständiger oder Polizei-Beamter thä- tig gewesen is oder sonst nah allgemeinen geseßlihen Vorschriften als Richter niht würde mitwirken können, bei Strafe der Nich- tigkeit.

§- 96,

Die Mitglieder des gebildeten Schwurgerihts nehmen in der

durch das Loos bestimmten Ordnung ihre Sihe ein. 8.97 Vor deim Beginn der Verhandlung muß der Vorsißende des Gerichtshofes die Geschworenen mit den Worten: „Sie {hwören und geloben vor Gott und den Menschen, in der Anklagesahe gegen N. Sich drn Pflichten Jhres Berufes als Geshworene mit Gewissenhaftigkeit, Festigkeit und Treue zu widmen und unparteüsh, Niemandem zu Liebe und Niemandem zu Leide, einen gewissenhaften Spruch zu fällen zwishen dem Angeklagten und dem Geseße, dem Sie Geltung verschaffen sollen““,

als Geshworene verpflichten, und die Geschworenen übernehmen diese

Verpflichtung mit den Eidesworten : „ih \{chröre cs, so wahr mir Gott helfe““,

indem sie die rehte Hand erheben.

S. 98, c. Verhandlung der Sache vor dem Schwurgerichte.

Die Verhandlung der Sache beginnt mit Verlesung der Ankla- geschrift durch den Gerichtsschreiber.

Der Vorsißende des Gerichts befragt den Angeklagten :

ob er sich \chuldig bekenne oder niht \chuldig sei ? Bekennt er sich s{uldig und waltet gegen die Richtigkeit des Be- kenntnisses kein Bedenken ob, \o faßt das Gericht das Urtel sofort ohne Zuziehung von Geschworenen ab.

Anderen Falls beginnt die Untersuchung und Verhandlung der Sache vor den Geschworenen.

Die Leitung der Verhandlung, insbesondere das Verhör des Angeklagten und der Zeugen, gebührt dem Vorsißenven des Ge- rihts, Dieser muß dem Staatsanwalte und kann dem Angeklagten oder E Vertheidiger, so wie den Geschworenen, gestatten, Fragen, welche sie zur Aufklärung der Sahe für angemessen erachten, un- mittelbar an die Betheiligten zu richten,

shen Staats-Anzeiger.

Sonnabend d. 6. Jan.

G99

Ueber den Hergang im Termine wird von dem Gerichtsschreibev ein Protokoll aufgenommen, welches die Namen der Richter -und Ge- \{chworenen, so wie den wesentliGcen Jnhalt der Erklärungen des Staatsanwalts, des Angeklagten und der Zeugen, enthalten muß, und in welchem zugleich das abgefaßte Urtel niederzuschreiben ift.

Dieses Protokoll wid am Schlusse von dem Vorsißenden des Gerichts und dem Gerichtsschreiber unterzeichnet.

Die Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nicht anders, als durch das Protokoll bewiesen werden,

8. 4100,

An die Verhandlung mit den Angeklagten und den Zeugen {ließt sich die Ausführung des Staatsanwalts und des Vertheidigers über die Thatfrage. Der Vorsißende muß sodann den Hergang und das Resultat der Veweisaufnahme in einer kurzen Darstellung zusam- menfassen, auf geseßlihe Vorschristen, welche bei Beurtheilung der Thatfrage etwa in Betraht kommen, aufmerksam machen, \{ließlich aber die von den Geschworenen zu beantwortenden Fragen und zwar so stellen, daß sie mit : Ja oder Nein \s\ch beantworten lassen.

6. 101. Die Frage beginnt mit den Worten: „Jit der Angeklagte schuldig ?“ und muß alle thatsächlichen Merkmale des Verbrechens enthalten, wegen dessen die Anklage ausgesprochen worden ift. A 10 24.

Sind in der Verhandlung erschwerende Umstände hervorgetre= ten, deren in der Anklage keine Erwähnung geschehen ist, so stellt der Vorsitzende die zusäßliche Frage :

„Hat der Angeklagte die That mit diesem oder jenem Um- stande begangen ?“ Gs 405,

Wegen der Thatsachen, welhe die Verhängung einer Strafe aus\chließen oder die Anwendung einer milderen Strafe nah aus= drüklicher gesebliher Vorschrift begründen, is geeignetenfalls eine besondere Frage zu stellen.

Die Frage über die Zurechnungsfähigkeit wird von den Ge= chworenen bei dem Ausspruche über das Schuldig entschieden.

G. 104

Der Vorsitzende verliest die gestellten Fragen, bei Strafe, der Nichtigkeit, Werden gegen dieselben von der Staats-Anwaltschast oder dem Angeklagten Erinnerungen vorgebracht, so entscheidet der Gerichtshof.

g. 105,

Der Vorsißende muß den Geschworenen, bei Strafe der Nich=- tigkeit, bemerkfliÞh machen, daß, wenn sie mit einer Mehrheit von nur sieben Slimmen den Angeklagten der That oder der die That beglei=- tenden ershwerenden Umstände für schuldig erklären sollten, sie dies bei Abgabe ihrer Erklärung ausdrücklich anzuzeigen haben, daß es aber zur Annahme von Umständen, welhe nah Vorschrift der Ge- seße die Strafbarkeit mildern, nur der Stimmen von sechs Geschwo- renen bedürfe (§. 111).

g. 106.

Der Vorsißende übergiebt die \chriftlich abgefaßten Fragen den Geschworenen und läßt den Angeklagten aus dem Sibungssaale ab= führen.

S: 107,

Die Geschworenen begeben sich in ihr Berathungszimmer und wählen daselbst durch Stimmenmehrheit ihren Vorsteher, welcher die Berathung leitet und deren Resultat verkündet,

g. 108,

Die Geschworenen dürfen das Berathungszimmer nit verlas= sen, bevor sie ihren Ausspruch beschlossen haben.

Niemand darf in das Berathungszimmer eintreten, ohue eine schriftliche Ermächtigung des Vorsißenden des Gerichts, welcher den Befehl zu ertheilen hat, daß der Eingang zu dem Zimmer bewacht

werde. S: 109.

Der Vorsteher der Geshworenen befragt sle nah der Ordnung, in welcher die Fragen gestellt sind, und jeder Geschworene antwortet wie folgt:

1) Jst der Geshworene der Ansicht, daß die That nicht bewiesen oder der Angeklagte derselben nicht überführt sei, so erklärt er : Nein, der Angeklagte is nit s{huldig. N diesem Falle hat der Geshworene nichts weiter zu beant= worten.

2) Jf er der Meinung, daß der Angeklagte der That mit den in der Frage enthaltenen Umständen (§§. 4102 und 103) schuldig sei, so antwortet er:

Ja, der Angeklagte ist \{huldig mit den in der Frage ent= haltenen Umständen.

3) J} er der Meinung, daß der Angeklagte der That schuldig, aber daß keiner jener besonderen Umstände erwiesen sei, so ant- wortet er:

Ja, der Angeklagte is s{chuldig, aber keiner der besonderen Umstände is erwiesen.

4) Ist er der Meinung, daß der Angeklagte der That schuldig, daß aber nur einzelne der Umstände erwiesen seien, so er=- flärt er:

Ja, der Angeklagte is \{huldig, die That mit dem und dem Umstande begangen zu haben, aber der oder die übri- gen Umstände sind nicht erwiesen.

g. 110.

Bei der Beurtheilung der Schuld oder Nihtschuld hat jeder Geshworene unter genauer Prüfung aller Beweise für die Anklage und Vertheidigung nah seiner freien, aus dem Jubegriffe der vor ihm erfolgten Verhandlungen geshöpften gewissenhaften Ueberzeu- gung zu entscheiden :

ob der Angeklagte \chuldig oder nicht schuldig sei. G:414

Die Entscheidung erfolgt nah Mehrheit der Stimmen.

Js} sedoch das Schuldig rüccksihtlich der That oder der die That begleitenden erschwerenden Umstände nur dur eine Mehrheit von sieben Stimmen gegen fünf ausgesprohen, so tritt das Gericht selbst in Berathung und eutscheidet nah Mehrheit der Stimmen über den von den Geshworenen nur mit einfaher Mehrheit festgestell= ten Punkt.

Bur Annahme solcher Umstände, welhe nah ausdrücklicher Vor= rift der Geseße die Strafbarkeit mildern; is es genügend, wenn \sechs Geshworene sich für das Vorhandensein derselben auês=-

sprechen. L. ù Nachdem die Geschworenen ihren Ausspruch beschlossen haben