1849 / 187 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

i ¡formiren. Die Bürgerwehr jeder Gemeinde bildet auteisten n ate mit -je ihrem Kommandanten, nur in den Hauptstädten bestehen Ober- Kommandanten. Die Körper zerfallen in Bataillone (Divisionen) und Compagnieen (Eskadronen). Die Grade sind Hauptleute, Rittmeister, Ober=-Lieutenants, Lieutenants, Feldwebel, Wachtmeister, Korporale. Dazu Zimmerleute, Tambours, Trompeter und Wehrmänner. Wo Bataillone bestehen, giebt es auch Majore, Oberst-Lieutenants und Obersten. Die Fahnen tragen die Landesfarben. Die Ober Offiziere vom Hauptmann herab werden dur freie Wahl ernannt. Vom Stabs-Offizier aufwärts bis zum Ober-Kommandanten ernennt der Kaiser auf Vorschlag des Ministers. Stellvertretung im Dienste ist unstatthaft. Rückt das Militair ein- greifend zur Unterstüßung der Bürgerwehr aus, so bildet leßtere die Reserve. Der Garnisonsdienst ist nur im Kriege oder bei ge= störter Ruhe Sache der Bürgerwehr. Jm Dienfie Verwundete, wenn sie erwerbsunfähig und vermögenslos sind, werden von der Gemeinde oder vom Staate versorgt, so auch für Wittwen und Waisen gesorgt. Verpflichtete, die sih dem Diensteintritt entziehen, werden mit Geld oder Arbeit für die Gemeinde bestraft. Das Bürgerwehrgeriht, welches öffentlich verhandelt, besteht blos für Ehren = und Disziplinar - Angelegenheiten und verhängt Verweise, Abbitten, Geld= und Arreststrafen, Degradirung, Ausschließung. Lebtere hat den Verlust des aktiven und passiven Wahlrechtes in der Gemeinde zur Folge. Sonst steht die Bürgerwehr unter den ordentlichen Strafgerichten. Zur Einschreitung der Bürgerwehr ist in der Regel die Aufforderung der Civil-Behörde ped Von den Waffen darf Gebrauh gemacht werden, wenn Gewalt gegen die Bürgerwehr geübt wird, oder wenn sie nicht anders ihren Posten behaupten vder gewaltsame Angriffe auf Personen und Eigenthum hindern kann. Renitente oder straffällige Bürgerwehrkörper kann der Statthalter suspendiren, ‘und es kann höheren Ortes die Reor= ganisirung oder gänzliche Auflösung auf gewisse Zeit verfügt wer- den. Auslagen, die nicht den Wehrmann treffen, trägt die Gemeinde. Dieser Entwurf ist vom Ministerium allen Länder - Chefs zur Be- gutachtung mitgetheilt worden.

In der Wiener Zeitung liest man: „Das Feuer der An-= griffsbatterieen gegen Venedig wurde, einem dienstlichen Berichte des Herrn Feldmarschall-Lieutenants Grafen Thurn zufolge, fort- während kräftig unterhalten. Die in mehreren Zeitungen erzählte Unterbrechung unseres Geshüßfeuers, aus Ursache von Unterwer= fungs-Anträgen der venetianischen Rebellen, gehört zu den viélen

irrigen Gerüchten, welche über die Kriegsereignisse in der gegenwär=

tigen Zeit verbreitet werden. Seit dem 25. Juni sind neun 24pfün= dige Kanonen und sechs Granatkanonen in Thätigkeit gegen die venetianische Batterie von sieben Geschüßen auf der Eisenbahnbrüde. Durch die Wirkung unserer Geschosse waren am 27sten früh vier Geschüße der leßteren zum Schweigen gebracht; man konnte an demselben Morgen beobachten, daß auch die Herstellungen der Schieß- \scharten und der Brustwehre, welche von dem Feinde während der Nacht sonst immer eifrig betrieben wurden, diesmal nur sehr un- vollständig ausgeführt werden konnten. Unser bei Tag und- Nacht fortgeseßtes Feuer giebt daher die Hoffnung, in nicht sehr langer Zeit diese Batterie, welche uns an jeder weiteren Annäherung gegen Venedig hindert, ganz zum Schweigen zu bringen. Der Feind scheint den Bau einer Batterie auf dem nächsten Ruheplaße der Eisenbahnbrücke rückwärts seiner gegenwärtigen Batterie aufgegeben zu haben, sih jedoch dort mit der Anlage ciner Mine zu beschäf= tigen. Die Bewerfung Venetigs mit Bomben wurde mit guter Wir= kung fortgeseßt ; viele dieser Geschosse haben den Stadttheil des Ka= nals Reggio erreiht, dort Personen getödtet und Gebäude beschä- digt. Man hat deutlich wahrgenommen, daß der Bahnhof bereits geräumt wurde. Sobald es gelungen sein wird, die feindliche Bat- terie auf der. Eisenbahnbrücke vollständig zu demontiren, wird eine Mörser=-Batterie in kürzerer Entferuung von der Stadt angelegt werden, um leßtere mit mehr Nachdruck bewerfen zu können. Von der sinnreichen Erfindung des Artillerie-Oberlieutenants Uchaßins, Bomben mittelst Luftballons zu werfen, konnte während der ersten drei Tage nah dem Einlreffen dieses Offiziers bei dem Belagerungs= corps noch keine Anwendung gemacht werden, weil der Wind be- ständig entgegen warz es war jedo die Einleitung getroffen, un- geachtet der von der Landseite hinderlihen Richtung des Windes die Wirkung dieses neuartigen Bombardements zu versuchen. Die vorgehabte Vernichtung der Anstalten zur Salzbereitung bei Burano ist dur Hineinleitung, und Verdämmung des Sile = Flusses ins Werk geseßt worden z sie wird wahrscheinlich den in Vencdig einge- tretenen Mangel an Lebensbedürfnissen nicht unbedeutend un Nur die angestrengteste Thätigkeit und bereitwilligste Aufopferung der braven Truppen machte es möglich, in "Erwägung der ganz eigenthümlichen örtlichen Schwierigkeiten, die bisher dort stattgehab= ten Batteriebauten und damit verbundenen Arbeiten auszuführen und dadurch Resultate zu erreichen, welche nebst ver eugen Ein- \{ließung zur Unterwerfung Venedigs wesentlih beitragen werden.“

Der Lloyd sagt: „Die neuesten Berichte aus Bucharest ent-= werfen eine Schilderung der unmenschlichen Gräuel, die- jeßt in. Siebenbürgen an der Tagesordnung sind. Kein Herz kann unge- rührt bleiben bei den utlfoliVen Leiden der Romanen, die ange- sihts ihrer wuthentbrannten Feinde mit echtem Märtyrermuth und bis zum leßten Athemzuge ihre treue Anhänglichkeit an die heilige Sache ihrer Nation und die geseßliche Regierung betheuern. Auf Befehl der revolutionairen Regierung in Hermannstadt ward an die Stelle des seinem Volk und seiner Regierung treu geblie= benen, ausgezeihneten Bischofs And. Schaguna ein neuer Bischof gewählt, an dessen Wahl sich jedoch nur. ctwa sieben Priester betheiligten, die, weil in der Nähe von Hermann- stadt ansássig, sich nicht weigern konnten, bei derselben zu er= scheinen. Alle übrigen Priester, die weder diese Wahl noch den be= züglichen Auftrag als geseßlich anerkennen wollten, verließen Haus und Hof und flüchteten in die Gebirge. Vierzig dieser Unglüdli= chen ficlen jedoch in die Hände der Szekler, wurden alsogleih er= \{ho}sen und ihr Vermögen konfiszirt. Diese Märtyrer waren fast alle aus dem Distrikte von Karlsburg. Eben so grausam wurden die Pfarrer von Boiza, Okna, Rutschet und Porumbak hingemor= det, Die Magyaren haben eine Unzahl kriegsrechtlicher Kommissio= nen gebildet, die von Ort zu Ort gehen und die von ihnen gesprochenen Bluturtheile unmittelbar vollziehen lassen. Keiner, der si früher an dem Kampfe gegen die Jusurgenten betheiligt hatte, wird vershvnt, mit alleiniger Ausnahme jener, die sich in den Bergen untér dem Schuße Janku Hora's befinden. Mehr als hundert Priester und zwcihundert romanische Jünglinge aus den gebildeten Ständen (dort Intelligenzen genannt) weilen jeßt bei diesem. In Hermannstadt werden an jedem Dienstag und Freitag die Urtheile an den Romanen vollstreckt. Diese un- glücklichen Opfer finden da kein Mitleid, kein Erbarmen bei ihren fanatischen Feinden. Denselben Tod findet da der achtzigjährige Greis, wie der siebzehnjährige Jüngling, wie die L: ette Mut- ter, die sechs bis sieben Waiscn hinterläßt, So erzählt die Buko- vina A E Mt“ d

(C. Bl. a. B.) Wie es mit jeder Neuerung der Fall ist, so war es auch bei der Emancipation der Juden d L L P, fie hier und da áuf Hindernisse stoßen und manéhen Köpfen quer

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kommen werde. - Trob der in der Verfassung offen ausgesprochenen Gleichberechtigung aller Reichsbürger glaubten doch, wie wir bereits unlängst berichtet haben, manche Behörden Zweifel erheben zu müssen über gewisse Rechte und Ln jener Reichsbürger,

welche zufälligerweise mosaishen Glaubens sind. Auf die mannig=- fachen Anfragen und Beschwerden is ‘nun, wie uns aus guter Quelle mitgetheilt wird, an die Aemter folgendes Cirkular ergan- en: „Zufolge herabgelangten heil. Gubernial= Dekrets vom 14.

ai 1849 wird - den Aemtern und Magistraten bedeutet, daß die in Betreff der Heirathsgesuche der Israeliten bisher bestandenen ge- seplichen Vorschriften in Folge der Bestimmungen der allerhöchsten Orts gewährten Grundrechte und der Reichsverfassung vom 4. März d. J. behoben erscheinen und die Israeliten in Bezug auf ihre Hei= rathsgesuche sonach den christlichen Einwohnern ‘gleich zu halten, nach den für diese zu beobachtenden Normen mit Rücksicht auf den §. 336 der Reichsverfassung und auf die Runen des provi- sorischen Gemeindegeseßes vom 27. März d. J. zu behandeln sind. Was die Gesuche der Israeliten um ‘die Bewilligung zum Besipe von christlichen Häusern und sonstigen Realitäten anbetrifft, so sind solche mit Rücssihtsnahme auf die neuesten geseßlihen Bestimmun- gen, insbesondere der §§. 30 und 336 der Reichsverfassung vom 4. März d. J. und des provisorishen Gemeindegeseßes vom 17. März d. I. §§. 8—12 und 69, der Amtshandlung zu unterziehen,“

(Prag. Z.) In verflossener Nacht wurden wieder Verhaf= tungen kompromittirter Jndividuen vorgenommen, deren Anzahl auf 11 angegeben wird.

Der Lloyd meldet: „Jn Bartfeld werden die alten Festungs- werke von den Russen ausgebessert und in Vertheidigungsstand ge- set.. Man spricht von der Errichtung eines großen Lagers bei Prze- mysl./ Jm Wanderer heißt es: „Dem Vernehmen nah soll die Kavallerie - Avantgarde des vom Feldmarschall Fürsten Paskewitsch über Tokay detaschirten Corps bereits in Debreczin eingerückt sein, Privat - Nachrichten aus Pesth zufolge, hatte Kossuth am 1. Juli mittelst Plakate den Abzug der Regierung mit allen Ministerien und Büreaus nah Szegedin angekündigt und das bevorstehende Anrüdcken der Russen als Grund angegeben. Jn Folge dessen ist die Uebersiedelung der magyarischen egierung mit dem Zubehör nach Szegedin am 2. Juli vor sich gegangen. Nachrichten aus Weßprim zu- folge, ist der rechte Flügel der Donau-Armee unter General Bechtold nach geringem Widerstande daselbst eingerück. Wesprim ist ein wichtiger Knotenpunkt der Straßen gegen Croatien und Steyermark, und seiue Beseßung erschien darum wünschenswerth, um ein etwaiges ver- sprengtes Corps von einer Diversion in diescr Richtung abzuhalten. Die Grazer Zeitung sagt: „Aus guter Quelle erfahren wir so eben, daß Feldzeugmeister Graf Nugent übermorgen mit einem Corps von beiläufig 17,000 Mann, wozu Truppen aus Istrien ge- stoßen sind, die Offensive gegen Ungarn, jedoch nicht in der kroati- hen Richtung, ergreist. Ein fliegendes Corps unter Major Don- dorf rückt gleichzeitig gegen den Plaitensee vor. Görgey steht ge= sammelt unter dem Schube der Festung Komorn, ihm gegenüber die Corps der Feldmarschall-Lieutenants Schlick und Wohlgemuth.“

Bayern. München, .5. Juli. (Mün. Ztg.) Zhre Majestäten der König und die Königin haben heute Morgen 7s Uhr Jhre Reise nah der Oberpfalz und Nicderbayern angetreten,

Aus der bayerischen Pfalz, 3. Juli, (Darmst. Ztg.) Den meisten Pfälzern ergeht es jeßt wie Leuten, die eine schrecklihe Gefahr überstanden ; wenn man später davon redet, fann man bald selbst nicht an Wirklichkeit dessen glauben, was Einem widerfahren ist, es ist als träumte man davon. Einer der gemeinsten Streiche der Demokraten war, daß sie die Frau des geflüchteten Landkom-= missärs Chelius in Homburg arretirten , daß sie dieselbe dur drei Mann Tag und Nacht bewachten und sie dabei so in stetem Todes- \hrecken hielten. Jn Zweibrücken, wo Dr. Weiß von Landstuhl ter= rorisirte, wurde die Kaserne und das Schloß zum Verkaufe ausgebo= ten. Wie das die Bürger hörten, welche, während die meisten dor=- tigen Beamten nach Saarlouis flohen, so ziemlich allgemein und Manche ganz begeistert sich unter das Freiheitsjoch gestellt hatten, da sprachen sie: Ja, wo soll das hinaus z von der Kaserne haben wir die meiste Nahrung, was wird aus uns, wenn das Militair fort ist? Und siehe da, der Kasernenverkauf (weil man in Zukunft, hieß es, der Soldaten nicht mehr bedürfe), er brachte einen völligen Um- {lag in die bffentlihe Stimmung. Sie ward von da an eben so konservativ als in Neustadt selbst, als man allda das dritte Aufge- bot, den Frauen ihre Männer, den Kindern die Väter mobil machen wollte. Eine ziemlich große Scala in den Seelenstimmungen machte unser Zweibrücker Helden-Bataillon durch. Am Beginne des Schluß= Aktes holte. dasselbe seinen säumigen und klügeren Hauptmann zum Fortziehen aus dem Bette heraus und drohte ihm mit Erschießen, wenn er nicht mitziehe. Er zog mit. Man kam nach Homburg und vernahm da schon allerlei von den Preußen. Das Bataillon wurde allmälig till, immer stillerz Fragen erhoben sich, ob man diesen und jenen Weg sicher heimziehen könnte; und siehe da, wie der Hauptmann natürlich nichts dôgegen hatte, so machte man mit Zittern und Beben in aller Hast Umkehr zum lieben Zweibrüdcken. So machten cs meistens Landsturm und Bürgerwehr im Westrich.

Sachsen. Dresden, 6. Juli. (D. A. Ztg.) Jn die- scn Tagen hat man hier cinen sehr wichtigen Fund gemacht, von dem man sich mancherlei Aufschlüsse über die hier obshwebende po- litische Untersuchung versprichtz man hat nämli einen hier verbor- gen gewesenen Koffer mit Papieren Bakunin's aufgefunden. Sie sind meist in polnischer oder russisher Sprache geschrieben. Die hiesige Untersuchung is übrigens so weit vorgeschritten, daß man in den nächsten Tagen das Gewaudhaus gänzlih zu räumen gedenkt. Die Zahl der Verhafteten ist jeßt bis auf 62 gefallen.

Laut einer vom Ober=Bcfehlshaber der bewaffneten Macht er= lassenen Verorduung vom 3. Juli ist der hiesige Turnverein bis auf Weiteres geschlossen und im Vereine nur das Turnen der Kinder gestattet worden. Die Turner-Waffenschaar, welche- bekanntlich bei dem Aufstande wesentlih betheiligt war, übrigens aber mit dem Turnvereine in gar keiner engeren Verbindung stand, ist wahrschein= lich die nächste Veranlassung dazu. z

Unter die Kommunalgardecu, welche in der Maiwoche ihre Schuldigkeit gethan, gehört auch die königsbrücker mit den dazu gehörigen Landcompagnicen. Dieselbe hat, cben so wie ihr Chef, Graf Hohenthal-Königsbrück, vom hiesigen General-Kommando eine Belobigung erhalten.

Baden. Freiburg, 30. Juni. (D. Z.) Das Deutsche Volksblatt berichtet über die vermuthlich leßte Sibung der badischen Landes-Versammlung: „Brentano is gestürzt und geflohen und an seine Stelle eiue Mittelperson zwischen ihm und Struve, Kiefer aus Emmendingen, zum Diktator erwählt. Dieser aber, verkündete der Prásident, hat die Wahl niht angenommen. Es wird eine Neu- wahl angeordnet. Glaser. und Tiedemann erklären ihren Austritt, so daß nur noch ein Mitglied über die Hälfte gegenwärtig war, ohne welhes nit einmal Sibung hätte gehalten werden können. Dann tritt Gögg auf, um Bericht von dem Kricgsschauplaye zu er- statten. Er ergeht sich in einem langen Vortrage über die seithe-

rige Kriegführung, deren \{chlimme Erfolge er auf ‘die Thatlosigkeit

des polnischen Generals Sznayde und die Unvorsichtigkeit und Toll - tes des jungen Theoretikers Mieroslawski schiebt, der, anstatt die Berge und Pässe zu beseßen, um von da aus und im Rücken gedeckt die Ebene zu beherrschen, immer in diese selbst sich herabge= zogen habe, ‘um eine ere Feldschlacht zu liefern, der die badischetì Truppen. preußischer Linie gegenüber nicht gewachsen seien. Fast mit Verzweiflung meldete er den bei Gernsbach erfolgten Ueberfall des rechten Flügels durch die Württemberger, nachdem Centrum und rechter Flügel siegreih die Preußen zurückgewörfen hätten, ber sich dennoh nach Rastatt zurückziehen mußten, das nun mit 260 Feuer= \{lünden den Preußen ‘den Kopf an seinen Mauern zu zerschellen drohe. Das war die offizielle Hiobspost, deren Wahrheit das auf= gelöste Heer nur zu sehr verbürgte. Sogleich wurde der Antrag auf unbestimmte Vertagung der Kammer gestellt; äber dieser, obgleich kräftig unterstüßt, doch mit einer Stimme Majorität verworfen. Als Schlußakt erfolgte dann die Annahme eines Geseh - Entwurfs über die Ausgabe von Papiergeld im Werth von 3 Millionen, ohne alle Diskussion, dessen Realwerth dur Nichts gesichert ist, da schon alles verfügbare Staats-Eigenthum für das Zwangs-Anlehen ver= pfändet ist. Wer es nicht annimmt, verfällt in eine Strafe, die dop=- pelt so groß ist, als die ihm zu bezahlende Summe, und in baarer Münze entrichtet werden muß.“

Baden-Baden, 2. Juli. (O. P. A. Z.) Am 29, Juni' an welchem Tage Gernsbach unter dem Kommando des Generals von Bechtold von der Vorhut des Peuckerschen Armee-Corps ge= nommen wurde, stellte sich zugleich eine Verbindung der Reichstrup=- pen mit dem Königlich preußischen Heere, namentlich mit der Divi= sion Niesewand, her. Es gingen zu diesem Zweck zwei Compagnieen des 1sten Großherzoglich hessishen Infanterie-Regiments und eine Schwadron Chevauxlegers über Horden, das beseßt wurde, nach Ottenau, von wo ein dem Detaschement entgegenkommender Manu aussagte, daß dort keine Freischaaren mehr seien. Wir sahen in- deß noch einzelne über die Murgbrücke fliehen, und. als wir hun-= dert Schritte von dem Orte entfernt waren, wurden wir aus den Häusern heftig beschossen. Die Compagnie des Hauptmanns Schenk nahm jedoch den Ort in derselben Zeit, wo die andere Compagnie ihn rechts umging, und 20 bis 25 bayerische Soldaten, die zu den Aufständischen hielten, gefangen nahm. Ein Theil der Flüchtigen seßte sih in E fest und beshoß unsere Tirailleurs. Da nun aber das Amalienburg gegenüber gelegene Dorf Michelbach nothwendig genommen werden mußte, um die Verbindung mit der Division Niesewand herzustellen, die {on vor einigen Tagen bis auf diesen Punkt gekommen war, so sandte der Oberst-Lieutenant von Gerlach zwei Compagnieen Hessen ab. Eine derselben erstieg und entseßte das’ Schloß und machte einige Gefangene, die andere umging dasselbe. Die .hessishen Compagnieen gingen mit einem Muthe, der eine besondere Erwähnung verdient, gegen den viel stärkeren Feind. Bei der Erstürmung wurde die Gattin des pen- sionirten badischen Obersten Pfnor, dem das Schloß gehört, da sle troß des Kampfes keinen Augenblick vom Fenster gegangen war, in den Arm verwundet. Gegen Michelbah rückwärts wurde die Ver= bindung mit den Preußen dur die Hessen hergestellt, und nach einer halben Stunde vereinigten sich beide Truppen-Abtheilungen.

In derselben Zeit, als Gernsbach genomnien wurde, ereignete sich bei der Nachhut in Herrenalb folgeude Scene. Es war gegen 7 Uhr Abends, Alles lagerte gemüthlih im Bivouac, als es hieß: Fkeischaaren kommen! Von der durlaher Straße nah Herrenalb her wälzte si{ch eine Staubwolke, ein hohenzollernscher Jäger eilte herbei und berichtete, die Freischaaren kämen über die Berge, um uns im Rücken anzugreifen. Diese Nachricht brachte Alles wieder auf die Beine. Im Nu war die Infanterie in Reihe und Glied, die mecklenburgischen Dragoner waren aufgesessen, die Artillerie be- \spannt, Der kommandirende nassauishe Oberst Mornhofer war nicht anwesend. Sofort übernahm der Oberst-Lientenant von Bern= storff} das Kommando. Die Geschüße fuhren auf der Chaussee nach Durlach auf, links hohenzollernsche ‘und liehtensteinische Jáger-Be- vecung, rechts rückwärts die Nassauer, im Centrum ein Gehöft, das von den mecklenburger Dragonern, die dort ihre Bagage hatten, be= seßt war. Die erste hier liegende Schwadron des Erbgroßherzogs von Mecklenburg stellte sich nach den Anordnungen ihres Führers sofort als Jufanterie, au der es fehlte, mit ihren Karabinern hier auf, um mit einer Compagnie Hessen gegen den Feind vorzugehen. Am Ende des Dorfes standen die Württemberger zur Deckung und waren zornentbrannt, als sie sahen, daß Mütter und Kinder jam= merten, daß die Freischaaren auch nun in Württemberg einfallen wollten. Mit tiefem Schweigen wurden sie erwartet und eine Pa= trouille ausgesandt, welche die Nachricht brachte, daß der Hohen= zoller den Schuß eines Jägers uach einem Marder für einen feind- lichen und das sich bewegende Gesträuh für anziehende Freischaaren gehalten hatte.

Baden=Baden, 3. Juli. Am 30. Juni, als das Gros der Reichstruppen von Gernsbach über Selbach nah Baden zog, wur= decn viele Blousen und Waffen unterweges gefunden. Zwei Com- pagnieen des 1slen hessishen Regiments gingen über die Schinder= höhe nah Ebersteinburg, nahmen dort der Gemeiude 18 Gewehre ab und machten einen Freischärler zum Gefangenen. Die Avant= garde zog über Baden hinaus gegen Scheuren, wo sich Nachmit= tags ein kleines Gefecht entwidelte, und drang noch weiter vor, um eine Verbindung mit dem Hauptquartier des Prinzen von Preußen in Kuppenheim herzustellen. Als die Töuppen Scheuren genommen hatten, und in Odös, eine halbe Stunde weiter, einzogen, wurde plöblich auf sie aus allen Kellern und Fenstern geschossen. Die nassauischen Truppen, von diesem Ueberfalle überrascht, mußten eine mecklenburgische Haubige, welche sie bei sich gehabt, im Stich lassen, und dieselbe’ fiel den Aufständischen in die Hände. Die zurückge= gangenen Truppen nahmen vor dem Dorfe wieder Stellung, es wurde sehr heftig gekämpft und die Feinde wurden geworfen. Ja der Oberst von Weitershausen ging mit seiner Tete über den Fre= mersberg zum Jägerhause bis Oos und trieb den Feind aus den waldigen Höhen auf den Rückzug in“ das Rheinthal und die Chaussee nach Freiburg zurÜck, Jn Oos wurde das Hauptquarlier des Ober= Commandeurs aufgeschlagen und blieb dort bis anderen Tags, wo General von Bechtold seinen Siß dort nahm. Die Verbindungs= Linie mit dem Prinzen von Preußen in Kuppenheim wurde sowcit glücklih hergestellt und behauptet. Auf Seiten der Freischaaren sind Viele gefallen, namentlich Offiziere der polnischen und \{chwäbiscchen Legion, unter Leßteren der Redacteur des Schwäb. Volksboten, Greinert. Auf den Feldern sah man noch mehrere Todte liegen. In Scheuren allein wurden 25 beerdigt. Wir hatten 2 Todte. Jun Gernsbach ist Struve's Wagen erbeutet worden, und die darin be=- findlichen Papiere haben viel Aufschlüsse gegeben. Aus Rastatt heraus wurde in der Naht vom 30. Juni auf den 1. Juli und am 4. Juli Abends heftig geschossen, ohne daß das Feuer eine Ent=

egnung gefunden hätte. Wir haben Ruhetage. Die Nassauer find deftern nah Karlsruhe verseßt, und wird dafür Oberst Wih= leben mit seinen Truppen zu uns rüdcken.

Baden =Baden, 4. Juli, (O. P. A. Z.) Nach der Rast am 1sten d, M. seitens des Gros der Neckar - Armee brach die Avantgarde unter General von Bechtold aus ihrem Lager in Oos

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am 2. Juli auf, um sich über Gernsbach nach Forbach zu ziehen. Jhr folgte am 3. Juli die Brigade Weitershausen, bestehend aus dem 1sten und Aten Großherzoglich hessishen Regiment, später am Tage das Ober-Kommando. Die Medlenburger blieben nvch hier, um den Oberst- Wibleben von Karlsruhe ‘mit den mecklenburgischen Garde-Grenadieren und Musketieren zu erwarten, nach deren Ein-= treffen sie wahrscheinlich sofort nachziehen wérden. Rastatt hat \ich noch niht ergeben. Gestern wurde Lieutenant von Kosel als Par= lamentair in ‘die Festung gesandt, kehrte aber bald in das preußische Lager zurück und brachte die Nachricht, daß die Besabung ents{hlos= sen sci, zu kämpfen. Sollten die Bürger Neigung zur Uebergabe der Festung zeigen, so wollte jene die Kanonen sofort auf die Stadt richten und sie in Asche legen. Jn Niederbühl, einem Dorfe vor Rastatt, ist daher die Auswanderung angeordnet. Es begegneten uns viele Leute von dort mit ihrer ganzen Habe, die in andere Dörfer zogen. Der ehemalige Festungs-Kommandant ,- Hauptmann

. Greiner, hatte immer noch die Hoffnung, ohne Blutvergießen die

Festung in die Hände der Reichsgewalt zu überliefern. Er is nun aus Rastatt geflohen, weil er zuleßt die Unmöglichkeit der Ausfüh- rung scines Vorhabens einsah. Derselbe befindet sih jeßt bei un- seren Truppen. Das Schloß der Markgräfin Sybille, die Favorite bei Muggensturm, ist ohne alle Zerstörung erhalten worden. Aus dem Schlosse haben die Aufständischen allerdings 20 Betten genom-- men und nah Rastatt gebracht, sonst aber keine Beschädigung ir- gend einer Art sih zu Schulden kommen lassen.

Scbleswig - Holstein. Schleswig, 5. Juli, (B. H.) Den haup!sächlichen Gegenstand der Verhandlungen in der Landes- versammlung bildete gestern und heute die Vorberathung über ein allgemeines Bürgerwehrgeseß. Jun ‘dem von einem Ausschuß der Landesversammlung ausgearbeiteten Geseh-Entwurf ist das Jnstitut der Bürgerwehr so hingestellt, wie dasselbe sich in fast allen Län- dern findet, sih aber vielfah nit bewährt hat und bei seiner halb- militairischen Organisation, namentlih in Anwendung auf die Ver- háltnisse des hiesigen Landes dem gegründeten Zweifel Raum giebt, ob der reelle Nupen zu dem Kosten-Aufwand in einem gerechten Ver- hältniß stehe. Manche Schwierigkeiten sind dadurch umgangen, daß wesentlihe Bestimmungen von unleugbar genereller Natur den Lokal - Bürgerwehr - Statuten zugewiesen worden sind. Es gab sich daher auh von vielen Seiten Unzufriedenheit mit dem ganzen Entwurf oder wenigstens mangelnde Befriedigung kund, während andererseits sehr zahlreiche Verbesserungs=-Vorschläge gestellt wurden, gegen welche der Berichterstatter von Prangen den Entwurf vertheidigte. Nach Beendigung der Vorberathung wurde ein gestern von Wiggers aus Plön ünd Dr. Lorenben gemeinschaftlih gestellter Antrag motivirt, welcher die Niedersezung cines Ausschusses zur Prüfung der Frage bezweckte, ob die Statt- halterschaft zu ersuchen sei, die Wahlen zu einer neuen, ordent- licheu Landes-Versammlung \o zeitig zu veranstalten, daß die leb- tere nöthigenfalls zum 4. November d. J. an die Stelle der gegenwär- tigen konstituirenden S kreten könne. Indem der Antrag aus einer Verständigung der Reéhten und des Centrums hervorgegangen war, wurde demselben mit großer Majorität stattgegeben. Jn beiden Fractionen ist nämlich jeßt die Ansicht die allgemeine, daß die konstituirende Ver- sammlung zum 1. November d. I., dem im Staatsgrundgeseh be- stimmten Zeitpunkte des jährlichen Zusammentretens der ordentlichen Landésversammlung, einer nach dem neuen Wahlgeseß zu erwählen- den Volksvertretung Plaß machen müsse, wenn die politischen Ver- hältnisse solches alödann nicht etwa als zu bedenklich erscheinen ließen, Die Linke wird wohl im Allgemeinen der Auflösung- der konstituirenden Versammlnng auch jeßt entgegen sein, es sprach in- deß von dieser Seite Niemand, sondern uur der eigentli zu keiner Partei gehörige Landvogt Lempfert ließ sich gegen den Antrag ver- nehmen. Der beschlossene und sofort erwählte Aus\huß besteht aus 7 Personen. Auf die öffentliche Sißung folgte heute auch noch eine geheime, in welcher, wie man vernimmt, die vor einiger Zeit mit Lübeck abgeschlossene Post - Convention (namentlich auf die Be=- förderung der s{hwedis{ch = norwegischen Post von Lübeck nach Ham- burg bezüglich) genehmigt worden ist, und ün Uebrigen die Be- rathung si auf Kriegsrüstungen bezogen hat.

Eckernförde, 6. Juli. (H. C) Die Arbeiten mit der Taucherglocke haben sehr erfreulichen Fortgang genommen. Von den §4 Kanonen des „Christian VIIL/“ sind etwa 70 bereits ge- borgen. Mehrere derselben waren noch geladen. Der Besanmast ist noch sehr wohl erhalten und fann für die „Gesfion““ benugt werden. Wenn die Kanonen alle geborgen sind, wird man daran gehen, die Schiffsprovisionen, den in Eisen bestehenden Ballast, das sonstige werthvolle Material an Kupfer, Eisen und Holz ans Ta- geslicht zu fördern. Der Gesammtwerth des Geborgenen und noch zu Bergenden wird von Sachkundigen auf 200,000 Mark Crt. ge- schäßt. Mit der „Gefion“ ist noch nichts Wesentlihes vorgenom- menz ein großer Theil ihrer Kanonen is, wohl nur vorläufig, an- derweitig verwendet worden.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 5. Juli. (Alt. Merk.) In der heute een zweiten Lesung der Verfassung zeigte sich eine bedeutende Neigung zu konservativen Abänderungen und zum Entgegenkommen gegen die kommissarischen Erklärungen. g. 1. „Das Volk ist die Quelle aller politischen Gewalt‘“, wurde mit 49 gegen 37 Stimmen gestrichen. Eben so §. 2. „Die Regie= rungsform ist Ddemokratisch - monarchish“/, mit 49 gegen 41. Die Abschaffung des Adels blieb jedo mit 43 gegen 35 Stimmen.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 6. Juli. (D. A. Z) Der an den diesseitigen Bevollmächtigten bei der provisorischen Cen=- tralgewalt für Deutschland unterm 12. Juni ergangene Ministerial= Erlaß, die Einstellung der Diätenzahlung an die hierländischen Ab= geordneten zur deutschen National-Versammlung betreffend, lautet folgendermaßen :

„Die National-Versammlung in Frankfurt a. M. konnte nah dem in furzer Zeitfolge, zum Theil ‘auf den Grund von direkten Aufforderungen einzelner deutscher Regierungen erfolgten Austritt des größten Theiles ihrer Mitglieder {on von dem Zeitpunkt, als sih ein Theil des verbliebenen Mitgliederrestes eigenmächtig und dem erhaltcnen Mandate zuwider nah Stuttgart übersiedelte, ihrer Zahl und Zusammenseßung nach nicht mehr für eine, das ganze deutsche Volk in Wahrheit vertretende und dessen Gesammtwillen darstellende - Körper schaft betrachtet werden, war vielmehr damals schon in faktischer Selbstauflösung begrise2. Nächstdem hat auch dieselbe ihre eigentlihe Aufgabe, die Errichtung ciner Bundes - Verfas- sung für Deutschland, vollendet und durch das entschiedene Ablehnen aller vou den Staats - Regierungen einzelner größerer deutscher Siaa- ten ihr gebotenen Verständigungen - sih selbst das Ziel ihrer weiteren kompetenteä Wirksamkeit gesest, Denn nachdem hierauf jene Staats- regierungeu der Verfassung ihre unbcdingte Anerkennung verweigert haben, so ist die Möglichkeit, die Verfassungsfrage auf friedlihhem Wege zu lösen, dem legalen Machigebrauche der National-Versammlung entgegen. Kann sich nun aber das, derselben ertheilte Mandat blos auf die Anwendung gesep- licher und friedlicher Mittel beschränke, so ist mit dem Entschwinden jener Möglichkeit die Mission des cinzelnen Abgeordneten als erfüllt und bezie- hentlih als erledigt anzuschen, Die fernere U der National-Ver- sammlung, wenn dieselbe überhaupt noh für eine solche und insbesondere

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rechte zu. bestehen, Und in der That hat auch dieselbe während ihrer successiven Selbstauflöfung solche Üebergriffe in die Exekutivgewalt ‘unter- nommen, Dies nicht alleinz es hat si der scit seiner Uebersiedelung nach Stuttgart in das Stadium eines Konvents eingetretene Theil der frühe- ren National - Versammlung mit der provisorischen Centralgewalt in ent- schiedene Opposition geseht und seine Bestrebungen auf gewaltsame Durch- führung der Verfassung gerichtet, ein Verhalten, welches die provisorische Centralgewalt geradezu für: ungeseßlih und aufrührerisch gegen die verfas- sungsmäßige Central - Negierung erklärt hat. Bei dieser Sachlage liegt für die hiesige Staats - Negierung dringender Anlaß vor, jede fernere Betheili= «gung, aus welcher eine ‘diesseitige Anerkennung des in Stuttgart versam- melten Theiles der früheren National - Versanimlung als wirkli her Reprä- sentation des deutshen Volks etwa gefolgert werden könnte, und hiermit alle weitere desfallsige Verantwortlich!eit von sih abzuweisen. Es is daher mit Genehmigung Sr. Hoheit des Herzogs der Beschluß gefaßt worden, die beiden von hier aus zur deutschen National - Versammlung nach Frankfurt entsendeten stellvertretenden Abgeordneten zum alsbaldigen Austritt aufzu- fordern und das ihnen von Seiten der Staats - Negierung ausgefertigte Wahldekret von Seiten derselben für erloschen zu erklären, Jun Folge dessen ist auch an herzogliches Finanz - Kollegium die Weisung ergangen, keinem der - beiden Abgeordineten vom Tage ‘des Zugangs der Notification dieses Beschlusses an ferner Diäten auszuzahlen, Beiden aber die Kosten ihrer direkten RNückreise von Frankfurt aus in ihren Wohnort nah deren Berech= nung aus der Staatskasse zu erseßen.“

Meckleuburg- Streliß. Neustrelib, 4. Juli. (B. H.) Der Offizielle Anzeiger enthält ein Edikt, welches die Erhe-

bung der Steuern nah der bisherigen Modalität bis zum Ende Juni 1850 verfügt. Als Motiv wird angeführt, daß es ungewiß sei, ob die beabsichligte verbesserte Steuergeseßgebung schon im Laufe dieses Steuerjahres ins Leben treten werde. i

LValdeŒck. Arolsen, 29. Juni. (L. Z.) Das bisherige Regierungs-Kollegium, das Konsistorium, der Lehnhof und das ge= heime Kabinet sind aufgehoben und zu Einer Behörde vereinigt, welche den Namen „Fürsll. waldeckische Staatsregierung“ führt; die Do= mainen= und Forst-Kammer und die Landschafts-Kammer sind als ¿„Finanz-Kammer“ vereinigt und der Staatsregierung (Abtheilung für Finanzen) unterstellt, mit der sie verschmolzen werden sollen. Die Staats= Regierung zerfällt in folgende sicben Abtheilungen: 1) für die Angele= genheilen des fürstlichen Hauscs, 2) für die Verhältnisse zur deutschen Réeichsgewalt und zu anderen Staaten, 3) für das Innere, 4) für die Justiz, 5) für Kirchen= und Schulsa:“ en, 6) für die Finanzen, 7) für die Militair-Angelegenheiten;z jeder einz: luen Abtheilung oder mehreren zu= sammen steht ein Rath, dem Ganzen ein Präsident vor. Zu leh-= terem und zum Dirigenten der 6ten Abtheilung is dir bisherige Landrath Schumacher als Staatsrath, zum: Dirigenten der Abthei= lungen 3 und 7 der Regierungs-Rath Gleisner und zum Dirigen= ten der übrigen Abtheilungen der Regierungs-Rath Winterberg er= nannt worden. Ferner is bis- zu vollständiger anderweiter Organi= sation des Justizwesens der 1835 eingerichtete, aus drei Mitgliedern der Regierung bestehende Justiz-Senat aufgehoben und die vor den- selben in erster. Justanz gehörigen Sachen den Untergerichten, die zweitinstanzlichen dem Hofgericht überwiesen, welches aus ses Mit- gliedern und zwei Senaten bestehen soll. Die legten Bestimmun= ag e den 1, Juli in Kraft; die ersten sind es {on seit dem

. Juki.

Lippe - Detmold. Detmold, 4. Juli. (D. A. Z.) Der Landtag hat das vorgeschlagene Geseß über den Wechselproze und dasjenige über das Verbot der Privat=Lotterieen ohne wesent= liche Abänderungen angenommen. Die Arb'iten der für die übri= gen Geseh - Vorlagen niedergeseßten Kommissionen sind noch nicht vollendet und so sind außer den beiden oben bezeichneten Geseßen in den kurzen öffentlichen Sißungen meistentheils ‘nur unbedeutende Anträge, Interpellationen und Formalienpunkte zur Verhandlung gekommen. Der Antrag des Abgeordneten Kulemann auf Amnesti= rung aller im hiesigen Lande seit dem März v. J. begangenen po= litischen und Preßvergehen ist einer Kommission zur Prüfung über= geben. Die Regierung hat den Entwurf eincs Gescbhes über den Erwerb des Eigenthums an Grundstücken veröffentlicht, ferner eine Instruction für die zur Untersuchung der Diensttauglichkeit der Mi- litairpersonen niedergeseßte Kommission und endlih den Entwurf eines Gesepes, das Kolonatrecht betreffend, leßteres für unser Land von- ungemeiner . Wichtigkeit, indem es hier eine förmliche Um= wälzung der bisherigen bäuerlichen Verhältnisse gilt. Die Grund-= züge desselben sind folgende: die besonderen Rehtsgrundsäbße, welche in Beziehung auf den bäuerlichen Grundbesiß ‘bisher zur Anwen-= dung kamen, werden hinsihtlih derjenigen Kelonate, zu welchen nicht mehr als 20 Scheffel Ackerland gehören, aufgehobenz die ehe- liche Gütergemeinschaft erstreckt sich ohne Beschränkung auf alle Ko= lonatez; die Zertheilung eines Kolonats is erlaubt; Aeltern, welche ein Kolönat besißen, müssen ihren Kindern oder den Nachkommen verstorbener Kinder den gesehlichen Pflichttheil hinterlassenz haben Aeltern das Kolonat bei Lebzeiten nicht abgetreten und eben so. we-= nig leßtwillig darüber verfügt, so steht es dem ältesten Sohne (dem bisherigen Anerben) frei, das Kolonat auf sein Erbtheil zu über= nehmenz der berechtigte Nachfolger im Kolonat erhält von dessen Werthe bei der Erbfolge ein Drittel vorabz die Geseße und Ge- wohnheiten über Aussteuern und Abfindungen bei Verheirathungen p Ot über Interimswirthschaften, Leibzucht 2c. sind auf- gehoben.

Bremen. Bremen, 5. Juli. (Wes, Ztg) In der gestrigen Bürgerschaft fanden die Mittheilungen M: nate ihre rasche Erledigung. Auf den Antrag, eine Deputation zur Entwer= fung von Strafbestimmungen zum Schuy der Eisenbahn zu ernen= neu, ging die Bürgerschaft ein, da sie erkannte, daß bei dem drin- genden Interesse Hannovers an der Sicherung der Eisenbahn ein längeres Verschieben nicht thunlich sein würde. Eincn durch Herrn N. Ordemann eingebrachten dringlichen Antrag, den Senat zu er= suchen, Mittheilungen zu machen über sein Verhältniß zu den die Reichsgewalt beanspruchenden Körpern und seine Stcllung zur R Os, und zu der von den drei Königen cntworfenen Verfassung erklärte die Bürgerschaft ihrer Majorität uach für nicht PaSt Hierauf wurde die Berathung der Ablösungs = Ordnung ortgesebt.

Elnsland.

__ ODesterreich. Czernowiß, 1. Juli. (Llo9d.) Zu wel ‘s lichen Mitteln Herr Kossuth seine A nimmt, U L ehre vom Bukowinaer Landeschef veröffentlichte Plakat :- „Bekannt sind die Fabrikate der Kossuthschen Lügenpresse, welche nicht aufhört, das Pu- blifum mit ungereimten und die Wahrheit entstellenden Gerüchten yom Kriegsschauplaße zu unterhalten. Man beabsichtigt durch un- günsti je Nachrichten. Über den Erfolg der Kaiserlichen Waffen di? öffentliche Meinung zu beirren und durch erlogené Siegesberichte der Sache der ie Glanz zu verleihen. Sichercm Ver- nehmen nach geht man so weit, die Wiener Zeitung als das Regierungsblatt zu verfälshen und eine andere Ausgabe in zahl=

‘für beschlußfähig gelten könnte, vermöchte hiernah blos in widerrechtlichen

Uebergriffen in die der provisorischen Centralgewalt zuständigen Regierungs-

reichen Exemplaren zu verbreiten, worin die \chanilosesten Entstel= lungen der Sathenlage vorkommen , denen durch die Aas Ke

die verfälshte Wiener Zeitung Glauben verschafft werden soll. Die Dominien werden auf diese Umtriebe mit dem Bedeuten auf- merksam gema@cht, ‘die Verbreitung solcher verfälschter Zeitungs- Blättèr mit allen Mitteln hintanzuhalteu , solche Blätter, wo sie sich vorfinden, in Beschlag zu nehmen und alle Wahrnehmungen hierüber zu berihten, wobei auch auf das für die Erfindung oder Verbreitung lügenhafter oder aufreizender Gerüchte angedrohte kriegs- rechtliche Verfahren hingewiesen wird, ‘““

His zum 10. Juli werden hier neuerdings 8000 Mann Kai= erlich russische Truppen erwartet. Die hier garnisonirende reitende Artillerie-Batterie Nr. 22 sammt der Abtheilung der donischen Ko- saken wird dann gegen die siebenbürgische Gränze vorrücken. Unter den neu ankommenden Truppen befinden sih auth 600 Baschkiren, deren Jeder außer den Pistolen und Dolchen im Gürtel noch mit einem Langrohr ( türkishem Lauf), Yatagan und Armbrust bewaf- net ist, Hier heißt es , daß die Hauptmacht der Insurgenten jen= seits der Karpathen bei Dukla stehe, und daß die Ankunft Görgey*s daselbst täglih erwartet werde, da er den Oberbefehl Übernehmen wird.

Frankreich. Geseßgebende Versammlung. Sibung vom s. Juli. Präsident Daru. Die Sibung beginnt um 14 Uhr. Heurtier will seine gestrige Interpellation erläutern, man habe sie nicht ernst genommen. Herr Grandin schien ihm fest überzeugt von neuen Unruhen in der Straße .….. Grandin: „Ja, und ih beharre bei meiner Meinung.“ Heurtier: „Der Minister hat mir versichert, daß die jeßige Stimmung die Aeußerung des Herrn Gran= din nicht rechtfertige.“ (Heiterkeit.) Jch fühle mih glüdlich, dies éffentlih sagen zu können. Dies beruhigt die Gemüther.“ Sau=- tayra erklárt, daß mehrère bedeutende Geschäftsmänner ihn ersucht hätten, eine Erklärung über die Aeußerungen Grandin?s hervorzu=- rufen. Grandin tritt auf die Rednerbühne. Man ruft : Néin, nein! Sprechen Sie! Tagesordnung. Die Tagesordnung wird angenom=- men. Hierauf schreitet man zur Abstimmung über die Autorisation, Herrn Beyer gerichllih verfolgen zu könnenz 397 stimmen, 272 für, 125 gegen eine Autorisation. Die Abstimmung über die Autorisa-= tion, Herrn Kopp gerichtlich verfolgen zu können, ergiebt 306 für, 132 gegen die Autorisation. Der Präsident will nun über Das Gesuch des Prokurators gegen Herrn Austelt abstimmen lassen. Austelt ist anwesend, verlangt jedoch das Wort nicht, Statt seiner will ein anderer Montagnard für ihn sprechen, seßt sich jedoch wie= der. Von 442 Stimmen sind 301 für und 141 gegen die Autori= sation. Nun trifft Herrn Hoffer die Reihe. Von 431 Stimmen= den sind 296 für, 135 gegen die Autorisation. -Endlich sind von 442 Stimmen 311 für und 141 gegen die Autorisation, Herrn Lou= rion gerichtlich verfolgen zu können. Die Tagesordnung führt zur Geschäftsordnung. Der Berichterstatter spricht Über die §§. 101 und 102, welche der Kommission zurückgesendet wurden. Der Bericht= erstatter erklärt, daß die Kommission den §. 101 folgendermaßen aufrecht halte: „Die Entschädigung hört für jeden Deputirten auf, der óhne Urlaub abwesend is} oder seinen Urlaub verlängert.“ Für den §. 102 \{chlägt die Kommission folgende Fassung vor: „Jeder Deputirte, dcx in drei aufeinanderfolgenden Sißungen bei dem nament= lihen Aufruf niht antwortet oder kcinen Antheil an den Berathun= gen oder öffentlihen Abstimmungen genommen, wird _als ohne Ur= laub abwesend angeschen. Die Quästur konstatirt die Abwesenheit durch eine Aufnahme der öffentlichen Abstimmungen oder den Na- mens-Aufruf, die im Moniteur veröffentliht werden. Rechtfer= tigt der Repräsentant nicht seine Abwesenheit durch genügende Gründe, \o wird er als abwesend ohne Urlaub im Moniteur eingeschrieben. Die Reclamationen müssen dem Büreau der Ver-= sammlung übergeben werden, welhes nah Zuratheziehung der Ur- laubs-Kommission entseheidet.“ Grimault bekämpft die neue Fas- sung. Corne beharrt bei seiner Ansicht, ohne neue Gründe bei= zufügen. Pierre Leroux findet, die ganze Geschäftsord= nung sei ein Instrument, um der Kammer Gewalt anzuthun, um jede Bewegung, jede freiwillige Thätigkeit zu hemmen. Er habe häufig geglaubt, nicht stimmen zu müssen. Jeßt würde Jeder, der sich des Abstimmens enthalte, als abwesend im Moniteur einge= schrieben. Die Versammlung könne eine solche Handlung, sih des Stimmens zu enthalten, nicht bestrafen, sie habe nur die Thatsache festzustellen. Das Volk, das souveraine Volk würde dann urthei- len, ob sein Beauftragler seiner Pflicht genügt habe. Das System der Kommission sei gegen die Würde eines freien Mannes. (Sehr gut!) Der Berichterstatter: „Die Geschäftsordnung is für die gemacht, die vergessen, was sie dem Volke s{huldig sind, so wie die Achtung, die eine souveraine Versammlung verdicnt.““ Bac: „Der Berichterstatter hat auf die Einwürfe nicht geantwortet.“ Der Redner bemerkt, daß alle Maßregeln darauf hinausliefen, den Repräsentanten, der unterbreche, der sich entferne, der bestraft sei, seiner Entschädigung zu berauben. Dies sei ein unwürdiger Hebel, erniedrigend für eine große Versammlung, für ein Land, das Re= präsentanten habe, die durch Geld sich bestimmen ließen. Der §. 101 wird angenommen. Sauta yra fragt, ob derselbe rück= wirkende Kraft habe. (Viele Stimmen: Nein! Nein!) Corne er= wiedert, die Enkziehung der Entschädigung finde nur dann ftatt, wenn die Abwesenheit festgestellt sei. Sautayra lenkt die Frage auf die Repräsentanten, die augenblicklich im Gefängniß sind. Man habe ihnen die Entschädigung verweigert mit den Worten: „Wenn Jhr freigesprochen scid, werdet Jhr bezahlt werden.“ Sautayra glaubt, die Versammlung habe ihre Macht überschritten. Panat, welcher die Enischädigungen auszahlt, erklärt, man habe hierin das Beispiel der Constituante befolgt. Lagragne behält sih vor, spä- ter hierüber einen Vorsch!ag zu machen. Der g. 102 wird ange- nommen. Panat erklärt, daß die Kommission sich mit der Ent= schädigung für die gefangenen Deputirten beschäftige. Sie würde der Kammer nah geendeter Arbeit berihten. Die Versammlung beschäftigt sich nach der Annahme von §. 101 und §. 102 mit dem 12ten Kapitel, die Disziplin betreffend. Die §§. 112 bis 118 werden angenommen. Sautayra spricht gegen §. 119, daß ein Mitglied den Tadel erleiden solle, wenn es dreimal in dreißig Ta= gen zur Ordnung gerufen worden, oder wenn es das Signal zu einem lärmenden Auftritt gegeben, oder seine Kollegen beleidigt. Der Redner spriht auch gegen §. 123, welcher den Abdruck und den Anschlag in 1000 Exemplaren des Protokolls, das den Tadel enthält, fordert. E. Pean fragt, ob die Minister auch dieser Be- strafung unterworfen. ( Heiterkeit.) §. 119 wird angenommen. Pean s{chlägt ein Amendement vor, daß auch die Minister dieser Strafe unterworfen sein sollten. Mehrere Stimmen: Die Vorfrage! Die Vorfrage wird angenommen. §. 120 handelt von der zeitweiligen Ausschließung. Charras wirft der Majorität vor, daß sie ihre Macht überschreite. Manuel's Angelegenheit habe ganz Frankreich aufgeregt und entrüstet. Herr Charras fürchtet, die Majorität würde si damit nicht begnügen, sondern bald auf 30 Tage, ja auf 30 Monate die Ausschließung ausdehnen. So würde die Volkssouverainetät verleßt, so würde die Wahl von 100,000 Bürgern vernichtet. Corne: „Das Gleichniß ist nicht genqu ; Manuel wurde willkürlich T I Wir s{lagen C Geschäftsordnung vor, die von Repräsentanten gegen einen Reprä-

entanten angewendet wird, welcher gegen seine Würde fehlt und