von dem Minister der öffentlichen Arbeiten festgeseßten besonderen Baufristen nicht inne gehalten wird, kann niht blos die bezeichnete Konventionalstrafe eingezogen, sondern au die ertheilte Konzession durch landesherrlichen Erlaß zurückgenommen und die im S. 21 des Geseßes vom 3. November 1838 vorbehaltene Versteigerung der vor- handenen Bahnanlagen eingeleitet werden. Sofern die Regierung von dem Vorbehalte der Versteigerung der Bahnanlage Gebrauch zu maden beabsichtigt, foll jedoh die Zurücknahme der Konzession nicht Lor Ablauf der in dem allegirten §. 21 festgeseßten Schlußfrist er- olgen. IX.
Für den Betrieb insbesondere gelten folgende Bestimmungen:
T1) Die Gesellschaft is verpflichtet, zur Vermittelung des Per- fonenverkehrs mindestens zwei Wagenklassen einzustellen und dieselben tee QUmEna der staatlichen Aufsichtsbehörde entsprehend einzu- riten.
Die Feststellung und Abänderung des Fahrplans erfolgt durch die staatlihe Aufsichtsbehörde. Innerhalb der ersten aht Jahre, vom Beginn des auf die Betriebseröffnung folgenden Kalenderjahres foll die Gesellschaft nur dann angehalten werden können, mehr als drei der Personenbeförderung dienende Züge in jeder Richtung zu befördern, wenn die Bruttoeinnahme der Bahn im Durchschnitt der drei lebten Fahre mindestens 8000 #4. pro Kilometer betragen hat, oder wenn dem Unternehmer für die mehr ceinzustellenden Züge von den Interessenten ein nah dem Ermessen des Ministers der öffentlichen Arbeiten ausreichender Zusbuß zu den Kosten gewährt wir
2) Der Tarif für den Personen- und Güterverkehr, sowie die Abänderung des Tarifs unterliegt der Genehmigung des Ministers der öffentlihen Arbeiten.
In Betreff des Güterverkehrs werden jedoch für den oben unter Nr. 1 bezeichneten Zeitraum Marimaltarifsäße für die einzelnen Güterklassen von dem Minister der öffentlichen Arbeiten festgestellt und ist der Gesellschaft (unbeschadet des allgemeinen staatlichen Auf- sihtsrechts) überlassen, nah Maßgabe der reihs- resp. landesgeseßz- lichen Vorschriften innerhalb der Grenzen dieser Maximalsäße die Tarife nach eigenem Ermessen Sa beziehungsweise Erhöhungen wie Ermäßigungen der Tarif|äße ohne die Zustimmung der Auf- sichtsbehörde vorzunehmen. : :
Auch ist die Gesellschaft hinsichtlih der Einrichtung direkter Ta- rife, sowie hinsihtlich des anzunehmenden Tarifsystems verpflichtet, die für die preußisben Staatsbahnen jeweilig bestehenden generellen Grundsäße zu befolgen, insoweit solches vom Minister der öffent- lichen Arbeiten für erforderlih erachtet wird.
3) Die Gesellschaft hat mit der Eröffnung des Betriebs der ganzen Bahn einen Erneuerungsfonds und einen Reservefonds nah den bestehenden Normativbestimmungen und dem zur Ausführung der leßteren unter Genehmigung des Ministers der öffentlichen Arbeiten aufzustellenden, periodisch zu revidirenden Regulative zu bilden.
Der Erneuerungs- und Reserv-fonds find sowohl von einander, als au von anderen Fonds der Gesellschaft getrennt zu halten.
Der Erneuerungsfonds dient zur Bestreitung der Kosten der regelmäßig wiederkehrenden Erneuerung des Oberbaues und der Be- triebsmittel. :
In den Erneuerungsfonds fließen: i :
a. der Erlös aus den entsprebenden abgäñgigen Materialien ;
b, die Zinsen dieses Fonds; j :
alljährlich zu
c. eine den Betriebs8einnahmen Rücklage.
Die Höhe dieser Rücklage wird durh das Regulativ festgeseßt.
Der Reservefonds dient zur Bestreitung von solchen durch außer- ewöhnliche Elementarereignisse und größere Unfälle hervorgerufenen
usgaben, welche erforderlich werden, damit die Beförderung mit Sicherheit und in der, der Bestimmung des Unternehmens ent- sprechenden Weise erfolgen kann.
íúIn det Reservefonds fließen:
a. etwaige Ersparnisse an dem Baukapitale, insoweit folches von dem Minister der öffentlichen Arbeiten für erforderlich erachtet werden sollte ;
b. der Betrag der statutenmäßig verfallenen, nit abgehobenen Dividenden und Zinsen; S
c. die Zinsen des Reservefonds ; /
d. cine im Regulative festzuseßende, alljährlich den Betriebsein- nahmen zu entnehmende Rüdcklage.
Erreicht der Rescrvefonds die Summe von 100 000 Æ, so können mit Genehmigung des Ministers der öffentlichen Arbeiten die Rük- lagen so. lange cessiren, als der Fonds nicht um eine volle Jahres- rücklage wieder vermindert ist. Die Werthpapiere, welche zur zins- tragenden Anlage der vereinnahmten und niht sofort zu verwendenden Swmnmen zu beschaffen sind, werden durch das Regulativ bestimmt.
Läßt der Uebers{huß eines Jahres die Deckung der Rücklagen zum Erneuerungs- oder Reservefonds nit oder nicht vollständig zu, so ist das Fehlende aus den Ueberschüssen des beziehungsweise der folgenden Betriebsjahre zu entnehmen, Abweichungen hiervon sind mit Genehmigung des Ministers der öffentlichen Arbeiten zulässig. Für die Rüdcklagen geht der Erneuerungsfonds dem Reservefonds vor.
;
Die Gesellschaft ist verpflichtet :
a, ibre Betriebêrehnung nach den vom Minister der öffentlichen Arbeiten zu erlassenden Vorschriften einzuribten, der Regierung zu der von letzterer zu bestimmenden Zeit den jährlichen Betriebs-Rech- nungsabs{luß einzureichen und ihre Kafsenbücher vorzulegen ;
b. der Aufstellung der Rechbnung den Zeitraum von Anfang April jeden Jahres bis Ende März des folgenden Kalenderjahres als Rechnungsjahr zum Grunde zu legen;
c. die von den Aufsihtsbehörden zu statistischen Zwecken für nötbig erachbteten Nachweisungen, sowie deren Unterlagen auf ihre Kosten zu beschaffen und der Aufsichtsbehörde in den von derselben festgesetzten Fristen einzureichen. 2
Nach Eröffnung des Betriebes ist die Gesellschaft zur Aenderung und Erweiterung der Babnhofsanlagen, sowie zur Vermebrung der Betriebsmittel verpflichtet, sofern und soweit solches der Minifter der öffentlichen Arbeiten im Interesse des Eisenbahnverkehrs, ins- besondere im Interesse der Sicberbeit des Betriebes für erforderlich erachtet.
Zur Herstellung des zweiten Geleises soll die Gesellschaft erst dann angehalten werden können, wenn die Brutto-Einnahme im Durschnitt dreier auf einander folgender Jahre mindestens 16000 M pro Kilometer beträgt.
Zur Errichtung neuer Stationen oder Haltestellen soll die Ge- sellschaft ers nach Verlauf von aht Jahren, vom Beginn des auf die Betriebseröffnung folgenden Kalenderjahres gerechnet, und aub dann nur verpflichtet fein, wenn die Brutto-Einnabme im Durcschnitt der drei letzten Jahre mindestens 12000 K pro Kilometer betragen bat, oder wenn der Gesellschaft von den Interefsenten ein na dem Ermessen des Ministers der öffentlichen Arbeiten ausreibender Zu- {uß zu den ihr erwacsenden Dan und Betriebskosten geleistet wird.
Die Gesellschaft ift verpflichtet,
entnehmende
noch zu erlassenden Vorschriften zur Anwendung zu bringen.
Für ibre Beamten hat die Gesellschaft auf Verlangen des Mi- nisters der öffentliben Arbeiten nach Maßgabe der Grundsäte, welche ensionirung der unmittel- amten 2c. vom 27. März 1872 für die Staatscisen- babnen bestanden haben, für ihre Arbeiter nah Maßgabe der jett und künftig für die Staatébahnen bestehenden Grundfätte, Pensions-, Wittiwen- und Unterstütungékassen einzurihten und zu denselben die
bis zum Bo des Gesetzes, betreffend die baren Staatsbe
erforderlicben Zuschüsse zu leisten. XTII,
binsibtlid der Besetzung der Subaltern- und Unterbeamtenstellen mit Militäranwärtern, in?oweit dieselben das 40. Lebensjahr noch nit zurückgelegt haben, die für den Staatseisenbabndienst in dieser Beziehung — und insbesondere be- züglid der Ermittelung der Militäranwärter — bestehenden und
Dezember 1875 (Reichs-Geseßblatt für 1875 S. 318) und den dazu ehörigen Vollzugsbestimmungen, jedoch mit der eihterung, daß ür die Zeit bis zum Ablauf von aht Jahren vom Beginne des auf die Betriebseröffnüng folgenden Kalenderjahres an Stelle der Artikel 2, 3 und 4 des Geseßes die im Erlasse des Reichskanzlers vom 28. Mai 1879 (Centralblatt für das Deutsche Reih Seite 380) getrof- fenen Bestimmungen treten.
Sofern innerhalb des vorbezeichneten Zeitraums in den Verhält- nissen der Bahn in Folge von Erweiterungen des Unternehmens oder durch den Anschluß an andere Bahnen oder aus anderen Gründen eine Aenderung eintreten sollte, durh welche nach der Entscheidung der obersten Reichs-Aufsichtsbehörde die Bahn die Eigenschaft als Eisenbahn untergeordneter Bedeutung verliert, tritt das Eisenbahn- Postgeseß mit den dazu gehörigen Vollzugsbestimmungen ohne Ein- \{chränkung in Anwendung. Mes
Die Gesellschaft ist verpflichtet, sih den bezüglich der Leistungen für militärishe Zwecke bereits erlassenen oder künftig für die Eisen- bahnen im Deutschen Reich ergehenden geseßlichen Bestimmungen zu unterwerfen. S
Der Telegraphenverwaltung gegenüber hat die Gesellschaft die- jenigen Verpflichtungen zu übernehmen, welche für die Eisenbahnen im Gebiete des ehemaligen Norddeutschen Bundes festgestellt sind oder später für dieselben anderweit festge werden mögen.
XYVI. Anderen Unternehmern bleibt sowohl der Anschluß an die Bahn mittelst Zweigbahnen, als die Mitbenußung der Bahn ganz oder theilweise gegen zu vereinbarende eventuell vom Minister der öffent- lichen Arbeiten festzuseßende A oder Bahngeldsäte vorbehalten.
Der Staatsregierung bleibt das Recht vorbehalten, den Betrieb der Bahn für Rechnung der Gesellschaft jederzeit zu übernehmen.
Auch ift die Gesellschaft verpflichtet, den Betrieb ihrer Bahn der Verwaltung einer anschließenden Privatbahn gegen Gewährung einer jährlihen Rente, welche der im Durchschnitte der leßten uny Jahre erzielten Rein-Einnahme gleichkommt und mindestens jährli 44 9/0 E Anlagekapitals (cfr. TI) beträgt, zu überlassen, falls der Ministe® der öffentliben Arbeiten diese Betriebsüberlassung im öffentlichen Verkehrsinteresse für erforderlich erachtet. Als Rein- Einnahme ist diejenige Summe anzusehen, um welche die Betriebs- Roheinnahme die in dem betreffenden Rechnungsjahre aufgewendeten Verwaltungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten einschließlich der vorgeschriebenen Rücklagen in den Erneuerungs- und Reservefonds, (Qs UANIEBAG der aus diesen Fonds zu bestreitenden Ausgaben Übersteigt.
XVIII.
Sollten nach dem Ermessen des Ministers der öffentlichen Arbeiten resp. der obersten Reichsaufsichtsbehörde die Vorausseßungen wegfallen, unter denen auf die Bahn bei ihrer Konzessionirung die Anwendung der Bahnordnung für deutsche Eisenbahnen untergeord- neter Bedeutung für statthaft erklärt ist (cfr. Artikel XIII. in fine), so muß die Gesellschaft auf Erfordern des bezeichneten Ministers sich bereit finden lassen, nach feiner Wahl entweder selbst die baulichen Einrichtungen und den Betrieb der Bahn nach Maßgabe der für Hauptbahnen bestehenden Bestimmungen umzuändern, falls die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft ihr diese Umwandlung nah dem Ermessen des Ministers gestatten, oder zu diesem Zwecke einem etwaigen andern Unternehmer entweder das Eigenthum und den Betrieb der Bahn gegen Erstattung des Anlagekapitals oder blos den Betrieb der Bahn gegen Gewährung der vorhin am Schlusse des Artikels XVII. bezeichneten as: gutrezep.
Die Aushändigung einer Ausfertigung dieser Konzessionsurkunde an das Eingangs bezeihnete«Gründungs-Comité erfolgt ers na dem die Bein des gesammten Aktienkapitals durch Vorlegung beglaubigter
eichenscheine beziehungsweise der*zeseßli{h! genehmigten Beschlüsse der betheiligten Kommunen und Kreise dem Minister der öffentlichen Ar- beiten nachgewiesen und zugleich d Kreditfähigkeit der Zeichnêr von demselben als genügend bescheinigt befundkn ist, nachdem ferner der Staatsregierung der mit den- Konzessionsbédingungen in volle *Ueber- einstimmnng zu seßende Gesellschaftsvertrag vorgelegt und diese Ueber- einstimmung nachgewiesen ist und nacbdem endlich die Hinterlegung der unter VIII. 4 vorgeschriebenen Kaution und Verpfändungsurkunde stattgefunden hat.
Binnen einer von heute ab zu berechbnenden 6monatlihen Prä- flusivfrist muß die Eintragung jenes von der Staatsregierung als mit der Konzession übereinstimmend befundenen Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister bewirkt werden, zu welbem Zwecke dem Han- delsgerihte die Ausfertigung der Konzessionsurkunde und die Erklärung der Regierung bezüglich jener Uebereinstimmung vom Gründungs- Comité vorzulegen sind.
Nachdem jene Eintragung rechtzeitig erfolgt und unter Beifügung von Druckeremplaren des (Gesellschaftsvertrages nacgewiesen ist, soll die gegenwärtige Urkunde in Gemäßheit des Gesetes vom 10. April 1872 veröffentliht werden.
Wird dagegen jene Eintragung binnen der vorbezeichneten Frist nit berbeigeführt, so ist die gegenwärtig ertheilte Konzession ohne Weiteres erloschen, in welchem Falle jedo die hinterlegte Kaution zurückgegeben werden soll.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel.
Gegeben Baden-Baden, den 4. Oktober 1880,
(L. 8,) Wilhelm. Ma vybach. Grf. zu Eulenburg. v. Puttkamer. Friedberg.
Auf Jhren Bericht vom 26. März d. J. will Jh hier- dur die für die Eintragung des Gesellshasts-:Vertrages der zu bildenden Alt-Damm-Colberger Eisenbahn:Gesellschaft in das Handelsregister in der landesherrlichen Konzessions-Urkunde vom 4. Oktober 1880 vorgeschriebene Präklusivfrist um vier Monate verlängern.
Berlin, den 28. März 1881.
Wilhelm.
: Maybac. An den Minister der öffentlichen Arbeiten.
Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.
Der Ober : Lehrer Dr. Hassenkamp am Marien- Gymnasium zu Posen ist in gleicher Eigenschaft an das Gym- nasium zu Obcóna. und der Ober-Lehrer Dr. Gudermann vom Gymnasium zu Ostrowo in gleicher Eigenschaft an das Marien-Gymnasium zu Posen verseyt worden.
Justiz-Ministerium.
Der Rechtsanwalt List zu Jnsterburg ist zum Notar im Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Königsberg Pr. mit An- weisung seines Wohnsißes in Goldap,
der Rechtéanwalt Fish zu Tecklenburg zum Notar im Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Hamm mit Anweisung seines Wohnsitzes in Tecklenburg und
der Rechtsanwalt Eglinger in Cöln zum Notar für den Amtsgerichtsbezirk Saarbrückten, im Landgerichtsbezirke Saar- brücken, mit Anweisung - seines Wohnsißes in St. Johann ernannt worden.
Die Verpflichtungen der Gesellschaft zu Leistungen für die Zwecke des Postdienstes regeln sich nach dem Eisenbahn-Postgesete vom 20.
Abgereist: Der Präsident der Seehandlung Rötger nah Süddeutschland. s
Fu der heutigen Handelsregister-Beilage wird Nr. 19 der Zeichenregister- Bekanntmachungen veröffentlicht.
Nichtamtliches. Deutsches Neis.
_ Preußen. Berlin, 13. Mai. Jn Bezug auf die Mitgiftversprehunaen hat das Reichsgericht, I. Hülfssenat, durch Erkenntniß vom 25. März d. FJ., in Uebereinstimmung mit der konstanten Rechtsprehung des ehemaligen preußishen Ober-Tribunals, foglenden Sag ausgesprochen: Das Seitens des Vaters, der Mutter, des Vormundes 2c. eines Mädchens an deren Bräutigam erfolgte mündliche Mitgiftversprechen zum Zwecke der Eheschließung zwischen dem Mädchen und ihrem Bräutigam wird im Gel- tungsbereiche des preußischen Allgemeinen Landrechts dadur, daß die Ehe vollzogen wird, gegen den Versprechenden klagbar, auch wenn den Ehemann das Mitgiftversprehen nicht allein, sondern noch andere Umstände zur SÔ6hließung der Ehe be- stimmt hatten.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien und Hansestadt Hamburg, Dr, Versmann, is in Berlin wieder eingetroffen.
Bayern. München, 10. Mai. Die „Allg. Ztg.“ \creibt: Da am Freitag Vormittag die Exequien für den ver- storbenen Ersten Präsidenten der Kammer der Reichsräthe, Grafen von Stauffenberg, stattfinden, so ist die für diesen Tag anberaumte Plenarsißüng der Reichsrathskammer auf Sonnabend, den 14. d. M., verlegt worden. Es werden in dieser Sißung der Geseßentwurf bezüglih der Grund- und Haussteuer und der Antrag in Betreff des siebenten Schuljahres zur Berathung gelangen. Troß der sehr langen Dauer des Landtags werden am Schlusse desselben doch verschiedene an die Kammer gelangte Vorlagen unerledigt bleiben und nament- lich über die Rehnungsnachweisungen nur zum Theil Ge- sammtbeschlüsse beider Kammern erzielt werden können.
— 11. Mai. (Allg. Ztg.) Die Abgeordnetenkammer lehnte heute bei Berathung der Rückäußerungen ter Kammer der Reichsräthe zu den Geseßentwürfen über die Einkommen- steuer, den Ausshußanträgen gemäß, 10 der von der Kammer der Reichsräthe vorgenommenen Modifikationen, darunter die wichtigsten, und namentlih die Befreiung des Einkommens untex 400 Á von der Steuer, ab, stimmte der Aufhebung der Haftungspflicht der Haushaltsvorstände und der Lohngeber für den durh unrichtige Angaben herbeigeführten Steuerentgang bei und nahm den ganzen hiernah neuerlih modifizirten Ge- seßentwurf mit 124 gegen 16 Stimmen an.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 12. Mai. (W. T. B.) Der Kaiser hat heute ein Handschreiben an den Mi- nister-Präsidenten Grafen Taaffe gericht.t, in welchem er für sich und im Namen des Kronprinzen in äußerst \sympa- thishen Worten dankt für die herzlihe Theilnahme der Be- völkerung an der Vermählung des Kronprinzen, für die aus allen Ländern der Monarchie und aus allen Kreisen der Bevölkerung mündlich, schriftlich und telegraphisch einge- gangenen Glückwünsche, für die von Herzen kom- menden und zu Herzen gehenden Huldigungen und glanzvollen festlihen Veranstaltungen, sür die Akte der Wohlthätigkeit, die Stiftungen und innigen Ehren- geshenke. Graf Taaffe wird beauftragt, Allen insgesammt und Jedem für Alles und Jedes Dank zu sagen. Der Schaß der entgegengebrahten Liebe und Treue sei dem Kaiser und dem Kaiserhause ein Glück verheißendes Zeichen für den ge- \ch{lo}senen Ehebund, für welchen der Kaiser mit seinen ge- liebten Völkern des Himmels Segen erflehe. Der Kaiser wünscht, daß sein Dank bis in die ärmste Hütte an den äußersten Grenzmarken des Reichs dringe, da von allen Seiten das gleiche Gefühl der Liebe kundgegeben worden sei, welches in der herrlichen Haltung der Wiener Bevölkerung so unver- geßlih s{hön zu Tage getreten sei.
Pest, 11. Mai. Das Abgeordnetenhaus wird, wie der „Pest. L.“ meldet, in der nächsten Woche auh während der Anwesenheit d:s Kronprinzlihen Paares — mit Ause- nahme des 19., wo die Deputationen in der Ofener Burg em- pfangen werden — Sitzungen halten und die vorliegenden zahlreihen Geseßentwürfe, so namentlich auch den Geseß- entwurf über die Budapest-Semliner Eisenbahn, erledigen, um womöglih Lis Ende dieses Monats mit allen legislatorischen Arbeiten fertig zu werden.
Großbritannien und Jrland. London, 12. Mai. (W. T. B.) Unterhaus. Jn der heutigen Sißung erklärte in Beantwortung mehrerer an ihn gerihteten Fragen der Unter-Staatssekretär Dilke: er bedauere sehr, daß sih die Nachrichten über das vom Fürsten von Bulgarien er- lassene Manifest bestätigten, er glaube aber niht, daß die Mächte seiner Zeit die bulgarische Verfassung bestätigt hätten. Auf eine Anfrage Bryce's erwiderte Dilke: er babe nichts davon gehört, daß die Pforte die cristlihe Bevölkerung in Armenien entwaffnet habe, er wolle aber nähere Erkundigungen darüber einzie)zen. Dem Deputirten Wolff gegenüber erklärte Dilke: der Schriftwechsel über Tunis werde dem Parlamente in der nähsten Woche vorgelegt wer- den ; von der Pforte sei eine Abschrift der französishen Note über die Absendung türkisher Panzerschiffe nah Tunis ein-
egangen. Hierauf wurde die Berathung über die zweite Lesung der irishen Landbill fortgeseßt.
Jm Oberhause antwortete Lord Granville aut eine
Anfrage Lord de la Warrs: er glaube, daß die fran- ösishen Truppen in unmittelbarer Nähe von Tunis eien.
Frankreich. Paris, 11. Mai. (Cöln. Ztg.) Vom Kriegsschauplaße wurde heute keine Nachricht von einiger Erheblichkeit bekannt. Der Regen daucrt fort. Die Kru- mirs sollen noch unter den Waffen stehen, aber sih auf keinen Kampf einlassen wollen. Die französishen Truppen im Lande der Krumirs sind mit Wegebauten beschäftigt. Auf Kapitän Mouline, der rekognoszirte, wurde auf dem Wege von Krankel- el-Menidsh zweimal geschossen. Die Hauptstadt Tunis blieb bei der Nachriht vom Anrücken der französishen Truppen
vollkommen ruh*g.
Die offizielle Depesche des Generals Forgemol über die Einnahme des Marabut von Sidi Abdel Leb ben D\chch E E folgt :
„Kum el fuk, 9. Mai. Die Berichte über den gestrigen gelangten in Folge des Steigens aller Gewässer und d ea Wetters, das seit gestern 5 Uhr herrscht, erst diesen Morgen in meine Hände. Gestern \rüh machte der General Delebecque mit 12 Ba- taillonen ohne Tornister, mit Artillerie und mit einer gemischten Schwadron von Spahis eine Rekognoszirung nach Sidi Abdallah ben Dschemel. Dieser von den Eingebornen sehr verehrte Punkt wurde nit vertheidigt. Der Marabut wurde verschont ; Zelte, Herden und Gurbis wur- den es enommen oder vernichtet. Die Rekognoszirung wurde bis Fedsch- Merid\ch, einige Kilometer nach Norden hin und bis Ain-Drahan fortgeseßt. Fedsh-Meridsh, eine sehr s{Gwierige Stelle, war vom
einde beseßt, und um ihn von dort zu vertreiben, wird es nothwendig sein, in günstiger Entfernung von diesem Orte zu lagern. In diesem Augenblick ist aber jeder Marsch unmöglih. Die Kolonne Delebecque kehrte mit dem S um 5 Uhr in das Lager von El Mana zurü. Seinerseits rückte General Logerot mit vier Bataillonen ohne Tor- nister von Fernana in der Richtung von Ben-Metir vor, das nicht weiter als 8 km östlich von Ain-Drahan zu liegen scheint. Er stieß auf große Terrainschwierigkeiten, welche ein Lager nothwendig machen, von wo aus man die Zugangswege vorbereiten kann. Einige Kanonenschüsse vereitelten die Versuche, welche der Feind machte, um den Rückzug unserer Gums zu behindern. Nichts ist in der von den verschiedenen Brigaden seit dem 7 eingenommenen Stellungen geän- dert. Alles geht gut in el Kef und Tabarka. Nichts neues in der Provinz Konstantine. Das Wetter ist so {lecht, daß sich heute Nie- mand rühren wird. Die Zahl der Kranken in den Brigaden Logerot, Gaume und Brem beträgt 29, in der Division Delebecque 18 Mann und 1 Offizier.“
_Boysset hat den Bericht des Ausshusses über die Listenabstimmung fertig gestellt; die Verhandlung dar- über in der Deputirtenkammer wird wahrscheinlih schon in der nähsten Woche erfolgen.
— 12. Mai. (W,. T. B.) Jn der Deputirten- kammer, welhe heute wieder eröffnet wurde, fam eine ministerielle Erklärung zur Verlesung, in wel- cher es heißt: Die militärishen Operationen in Tunis haben einen regelmäßigen Verlauf genommen, der Kreis um die noch niht unterworfenen Stämme zieht sich immer enger zusammen ; der Gesundheitszustand is vorzüglich und zeugt von dem guten Funktioniren des Dienstes. Die Truppen haben eine Probe abgelegt von ihren tüchtigen mili- tärishen Eigenschaften. Wenn der Feind flicht oder sich unter- wirft, so ist dies der Disziplin und der Energie des Soldaten eben so sehr zu verdanken wie der Voraussicht des Kommandos. Heute ist auf eine nahe Entscheidung der militärischen Operationen zu hoffen; das Stadium der Verhandlungen ist jeßt eröffnet. Beim Einmarsch nah Tunis ri wir cin doppeltes Ziel verfolgt, einmal die Bestrafung der nictunterworfenen Stämme, welche seit 10 Fahren die Grenze verleßen, 1nd an zweiter Stelle die Erlangung von Carantien für die Zukunst. Die gegenwärtigen Opfer Frankreichs für die Sicherheit der Grenze würden niht genügend bezahlt sein durch eine schein- bare oder prekäre Unterwerfung, oder durch ras vergessene Versprechungen ; wir bedürfen zu unserer Sicherheit dauer- hafter Unterpfänder und verlangen dieselben vom Bey von Tunis. Wir wollen weder seinem Gebiete, noch seinem Throne zu nahe treten. Die Republik hat bei Beginn der Expedition jede dee einer Annexion und Eroberung feierlih zurück- gewiesen und erneuert heute die nämlichen Erklärungen; aber die Regierung des Bey ist verbunden, uns zum Schuße unserer Besißungen und innerhalb der Grenzen unserer Jnter- essen Vorsichtsmaßregeln auf dem tunesishen Gebiete treffen zu lassen, welche sie offenbar außer Stande is, uns durch ihre eigenen Kräfte zu sichern. Formelle Konventionen müjsen unseren legitimen Einfluß in der Regentschaft sicherstellen gegen eine Wiederkehr von Feindschaft und gegen Abenteuer. Wir hoffen, der Bey wird selbst diese Nothwendigkcit und das Wohlthätige derselben einsehen, und wir werden so im Stande sein, eine Differenz zu beendigen, welche nur Frankreich angeht, bei welcher nur ein französisches Interesse in Frage kommt und welche Frankrcich das Recht pat, allein mit dem Bey zur Lösung zu bringen, in jenem
eiste der Gerechtigkeit, der Mäßigung, der gewissenhaften Achtung des europäischen Rechtes, von welcher die Politik der Regierung der Republik inspirirt ist. — Die ministerielle Er- klärung, welhe — außer in der Deputirtenkammer — au im Senat zur Verlesung gelangte, wurde in beiden Kam- mern mit großem Beifall aufgenommen. — Jn der Depu- tirtenkammer brachte der Bonapartist Cunéo den Antrag auf eine Fnterpellation in der tunesishen Angelegenheit ein; die Kammer beschloß, die Berathung darüber auf 14 Tage zu vertagen. — Die Sizuugen der Kammer und des Senats wurden fodann aufgehoben. Die nädhste Sißung beider Körper- schaften findet am kommenden Sonnabend statt.
Jn der heutigen Sißung der Münzkonferenz sprachen der amerikanische Delegirte Dona Horton und der französische Delegirte Cernuëchi zu Gunsten des Bimetallismus. Cer- nuéchi ging auf eine Untersuhung der Verhältnisse aller Staaten in Bezug auf den Umlauf von Silbergeld ein und legte die Nothwendigkeit dar, den Werth und die Ausprägung des Silbers im R von 1 : 15/2 aufrech:zuerhalten. Die österreichishen Delegirten Graf Kuesstein und von Nie- bauer sprachen über die . gegenwärtigen Münzverhältnisse Oesterreih:Ungarns. Die nächste Sißung findet am Sonn- abend statt, zum Worte haben sih der französische Delegirte S und der norwegishe Delegirte Dr. Broh ge- meldet.
Nachrichten aus Tunis, vom 11. d., zufolge hatte sich der General-Konsul Roustan in Vegleitung des Kanzlers des Konsulats und des Ober - Jngenieurs der Eisenbohn heute früh zu dem General Bréard nah Djedeida begeben, von wo er Mittags zurüdckehrte. Gencral Bréard ist, wie cs heißt, mit einer besonderen Mission der französishen Regierung betraut und wird morgen mit scinem Generalstabe im Bard o eintreffen. — Das spa- nishe Panzerschiff „Saragossa“ ist in La Goletta eingetroffen. i
— 13. Mai. (W. T. B.) Sämmtlihe Morgen- blätter sprehen sich zustimmend über die gesiern in den Kammern abgegebene ministerielle Erklärung aus.
_ Aus Tunis, vom 12. d., wird gemeldet: Die Truppen sind heute Vormittag in Manoubia, in der Nähe von Tunié, eingetroffen. General Bréard ließ den General- Konsul Roustan benachrichtigen, daß er zu seiner Disposition
stehe.
Nah weiteren Nachrihten aus Tunis begab sih der Generalkonsul Roustan gestern Vormittag zu dem Bey, um eine Audienz sür den General Bréard auszuwirken. Der Bey vershob seine Antwort bis Mittag und bewilligte sodann die Audienz für 4 Uhr Nachwittags. Um diese
Zeit begab sich General Bréard nah dem Bardo und verlas vor dem Bey einen aus 10 Artikeln bcstehen- den Vertrag, dessen Hauptbestimmung die Einseßung eines französischen Minister-Residenten in Tunis ist, dem es obliegen soll, die Ausführungen der Vertragsbestimmungen zu überwachen. Der Bey erbat sich bis 9 Uhr Bedenkzeit, unterzeichnete jedoch {hon um 8 Uhr den Vertrag, wobei er das Verlangen stellte, daß französische Truppen Tunis nicht betreten sollen, was übrigens au nit die Absicht der französishen Regierung war. Der Verkehr zwischen dem Bey und dem Vertreter Frankreihs vollzog si in den höflisten und wohlwollendsten Formen. Man nimmt an, daß der Generalkonsul Roustan zum Minister-Residenten in Tunis ernannt werden wird.
Italien. Rom, 12. Mai. (W. T. B.) Der Papst empfing heute die Großfürsten Sergius und Paul sowie den Großfürsten Konstantin Konstantino- witsch in einer- Abschiedsaudienz; an mehrere Personen aus dem Gefolge derselben wurden päpstlihe Orden verliehen. — Die gegen den Geseßentwurf über die Ehesheidung gerichtete, gestern bei der Deputirtenkammer eingegangene und von derselben zugelassene Petition trägt der „Voce della Betten zufolge auf der ersten Unterzeichnerliste 637 000 Unter-
riften.
Türkei. Konstantinopel, 13. Mai. (W. T. B.) Jn der gestrigen Konferenz der Delegirten für die griechische Grenzfrage sollten die türkishen Delegirten vier neue Punkte vorschlagen, nämlih: die in den abgetretenen Gebietstheilen wohnenden Muselmanner bleiben von der Militärpfliht so lange befreit, wie die Griechen be- freit bleiben, welche türkishe Unterthanen sind; Volo wird desarmirt; wegen der Nichtausführung irgend einer Stipulation der Konvention findet keine Berufung auf die griechische Verfassung statt und viertens: die in der Türkei wohnenden Griechen unterstehen der Gerichtsbarkeit der ge- wöhnlichen Gerichte. — Die Pforte hat den Fürsten von Bulgarien um nähere Mittheilungen in Betreff der in feiner Proklamation abgegebenen Erklärungen ersuht und wird sich mit den Mächten wegen dieser Ange- legenheit in Verbindung segen. — Es verlautet, der Fürst von Bulgarien beabsichtige folgende Verfassungsändeiun- gen zu verlangen: Verminderung der Anzahl der Deputirten, Ausschließung der Beamten aus der Nationalversammlung und Vermehrung der Zahl der von dem Fürsten zu ernennen- den Deputirten.
Numänien. Bukarest, 12. Mai. (W. T. B) Die Vorbereitungen der Bevölkerung zur Feier des Krönungs- festes sind im Gange und nehmen einen immer größeren Umfang an. Zur Theilnahme an dem Krönungsfeste werden au der Erbprinz Leopold von Hohenzollern und dessen beide Söhne, die Prinzen Ferdinand und Kacl Anton, als die prä- sumtiven Thronerben erwartet.
Bulgarien. Sofia, 11. Mai. (W. „Pr.“) Die Wahlen für die Constituante sind für den 15. Juli aus- C Ende August erfolgt deren Einberufung nach Sistow.
NRuߧland und Polen. St. Petersburg, 12. Mai. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden Meldungen aus Odessa haben in dem Flecken Beresowka im Gouvernement Cherson an zwei Tagen gegen die dortigen Juden gerichtete Tu- multe stattgefunden, wobei denselben gehöriges Eigenthum geraubt und mehrere jüdishe Häuser niedergebrannt wurden. Jm Dorfe Wiktorowka, im Odessaschen Kreise, kam es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen den Bauern und den Ge- meindebechörden in Folge der an die Bauern gestellten Forderung, das von ihnen entwendete Eigenthum wieder auszuliefern. Zur Herstellung der Ruhe wurde aus Odessa militärische Hülfe dorthin abgesandt. — Aus Kiew wird gemeldet, daß sih unter den- jenigen Personen , welhe während des dort stattgehabten Tumults verwundet wurden, auch ein Gymnasiast und ein Student befinden. Die Untersuchung ist noch im Gange. Es bestätigt si, daß die Unruhen gegen die Juden hauptsächlich durch vom Norden gekommene Persönlichkeiten hervorgerufen worden seien. — Aus Smolensk wird berichtet, daß da- selbst gestern ein Mann zur Haft gebraht wurde, der ein Attentat auf den dortigen Gouverneur Tamara beabsichtigte.
Das Befinden des Prinzen Peter von Oldenburg, welcher schon seit einigen Tagen an heftigen gitischen Schmerzen litt, hat sich verschlimmert; es hat sich starkes Fieber eingestellt und das Athemholen ist \{merzhaft und {hwer.
Archangel, 11. Mai. (W. T. B.) Das Wasser der Dwina isstt stark gestiegen und in großer Theil der Stadt überschwemmt. groß.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 9. Mai. (Post-och Jnr. Tidn.) Der biesige französische Gesandte hat gestern durch offizielle Note im Namen seiner Regierung den zwischen den vereinigten Reichen und Frankreih unterm 14, Februar 1865 abgeschlossenen Handelsvertrag gekün- digt, der zuleßt durch die Deklaration vom 30, November 1880 dahin verlängert wurde, daß derselbe noch 6 Monate nach gegenseitiger Kündigung gelten sollte. Der Vertrag wird somit am 8. November seine Geltung verlieren. An demselben Tage tritt auch der zwischen den vereinigten Reichen und Frankreich unterm 14. Februar 1865 abgeschlossene Schiffahrts: * vertrag außer Krast. Jn Verbindung hiermit hat Mr. Patenôtre ferner offiziell mitgetheilt, daß seine Regierung für thren Theil gencigt ki, mit der Königlichen Negierung Unter- handlungen wegen des Abschlusses eines neuen Handelsver- trages einzuleiten.
Dänemark. Kopenhagen, 7. Mai. (Hamb. Corr.) Das Folkething ist heute durch folgenden offenen Brief des Königs aufgelöst worden.
„Da das Folkething in gegenwärtiger Session, sei es in Folge der Stellung der politischen Parteien zu einander und der nabe bevor- stebenden Wablen oder aus anderen der Regierung unbekannten Gründen, nicht die Fäbigkeit oder den Willen gezeigt hat, aub uur cinen kleineren Theil der dem Reichstage vorliegenden wichtigen Sachen zu erledigen, von denen nur verbältnißmäßig wenige so gefördert sind, daß ibre Erledigung binnen einer passenden Frist zu erwarten steht, obgleich die Session bercits etwa 6 Monate gedauert hat und obglei ein großer Theil. der vorgelegten Geseßentwürfe dem Thing aus früheren Sessionen bekannt ist, und da jeßt, nachdem die Erklärung des Finanzauss{husses des Folketbings über den vom Lands- thing übersandten Finanzgeseßentwurf vorliegt, vorauszusehen ift, | daß eine Verständigung wegen des Finanzgesetes für das schon be-
Die Noth i} sehr
| Verlagshandlung Folge davon ein |
gonnene Finanzjahr zwischen dem Folkething einerseits und der Re- gierung und dem Landsthing andererseits nit zu erzielen ift, indem die Majorität des Finanzauëschufses sib in zwei Gruppen theilt, von !
denen die eine si vollständig weigert, auf eine von der Regierung und dem Landsthing angenommene Aenderung des vom Folkething in dritter Lesung angenommenen Finanzgeseßes einzugehen, und die andere nur folhe Einräumungen anbietet, die — selbst wenn sie vom Folke- thing angenommen würden — nit erwarten laffen, daß bei fort- geseßter Berathung eine Verständigung wegen des Finanzgeseßentwurfs zu erzielen ist, haben Wir allergnädigst bes{lofsen, das gegenwärtige Folkething für aufgelöst zu erklären.“
Die Neuwahlen zum Folkething sind auf den 24. Mai d. J., der Zusammentritt des neugewählten Folkethings auf den 27. Mai d. J. anberaumt. — Die Vorlage, betreffend den Nachtragsartikel zum skandinavishen Münz- geseß (Prägung von 5-Kronenstücken in Gold), is nun- mehr von beiden Things angenommen worden.
Asien. China. (Allg. Corr.) Aus Shanghai wird dem Reuterschen Bureau unterm 11. April leidet: Die „westlich? Kaiserin“ oder zweite Mitregentin während der Minderjährigkeit des jeßigen Kaisers liegt ernstlih krank an der Auszehrung darnieder. — Nachdem König Kalakaua der hiesigen Stadt einen Besuch abgestattet, begab er sich nach dem Norden und hatte mit dem Vizekönig von Tientsin eine Unterredung über die Chineseneinwanderung auf den Sandwichs-Fnseln. Der König drückte den Wunsch aus, daß niht nur Männer, sondern ganze Familien sich auf den Sandwichs-Jnseln ansiedeln sollten.
Afrika. Egypten. Wie die „Allg. C.“ berichtet, hat nah Nach ichten aus Alexandrien der Ne R Rundschreibens die Mächte benachrichtigt, er beabsichtige die zwischen Egypten und fremden Ländern bestehenden Handel s- verträge zu erneuern.
Landtags - Angelegenheiten.
Rinteln, 13. Mai. (W. T. B.) Bei der heute hier stattge- babten anderweiten Wahl eines Landtagsabgeordneten wurde Justizrath Dr. Detker in Cassel mit 84 Stimmen wiedergewählt ; 41 Stimmen fielen auf den Rechtsanwalt Freudenstein in Hannover.
Statistische Nachrichten. __ Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin find bei den biefigen Standes ämtern in der Woche vom 1. Mai bis inkl. 7. Mai cr. zur Anmeldung gekommen: 244 Eheschließungen, 798 Lebendgeborene, 38 Todtgeborene, 544 Sterbefälle.
— Nach der „Matrikel der großen s{wedis{hen Landesloge“, welche kürzlich von dem Großceremonienmeister derselben, Major G. W. v. Francen, herausgegeben worden ist, giebt es in Schweden zur Zeit 9205 Freimaurer verschiedener Grade. Zur großen Lan- desloge, die neunte Freimaurerprovinz bildend, gehören 5 Provinzial- logen, 11 scottishe und 20 St. Johannislogen; dieselbe steht durch gegenseitige Repräsentanten mit 12 ausländisbhen Großlogen und durch Briefwechsel mit 15 folcher in Verbindung. 6s
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Am 1. d, ist der italienische Afrikaforsher Romulo Ges si in Suez am Sumpffieber gestorben. __—- Im Verlage von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig sind folgende Bücher erschienen: 1) Die gesammten Or- ganisatiousgeseße für die innere Verwaltung des preußischen Staates. Tertausgabe mit Anmerkungen, einem die einschlägigen sonstigen Gesetze, Verordnungen, Regulative und Cirku- lare enthaltenden Anhang, nebst einem ausführlichen Sachregister, herausgegeben von Carl Pfafferoth. — Das vorliegende Werk dürfte einem lange gefühlten und besonders in Folge der Gesetzgebung der beiden leßten Jahre dringender aufgetretenen Bedürfnisse genügen, indem es in einem handlichen Bande sämmtliche neuere Gesetze über die Organisation der inneren Verwaltung und das Verfahren der- selben mit kurzen Erläuterungen und ergänzt durch die einschlägigen
| Gesetze, Verordnungen und die wesentlichen ministeriellen Ausführungs-
erlasse, Cirkulare u. a. bringt. Die Geseße sind in ihrer neuesten Fassung zum Abdruck gelangt; bei dem Zuständigkeitsgesetze sind, wohl
| der leichteren Uebersichtlihkeit wegen, die ausdrücklich aufgehobenen
Bestimmungen fortgelassen. Das recbtzeitig erscheinende Buch wird somit Denen, welchen daran gelegen ist, ih in dem vielgestaltigen Behördenapparat, dem verwickelten Instanzenzug und den mannig- faltigen WVerfahrungsarten zurechtzufinden, als ein nütlicbes Handbuch erwünscht und willkommen fein können. 2) Straf- geseßbuch für das Deutshe Reich, Mit Kommen- tar von Dr. Hans Rüdorff, Geh. Ober-Finanz-Rath zu Berlin. Dritte, mit besonderer Berücksichtigung der Praxis des Reicbsgerichts bearbeitete Auflage, herausgegeben von M. Stenglin, Rechtsanwalt. Erste Hälfte. Preis 6 — Der ursprüngliche Ver- fasser des vorliegenden Kommentars zum Strafgescbuche des Deut- schen Reichs, Hr. Dr. Rüdorff, sah fich in Folge seiner ausgedebnten amtlichen Thätigkeit außer Stande, die nöthig gewordene dritte Auf lage scines Kommentars, welche von der Kritik sehr günstig be- urtheilt worden i|, von Neuem zu bearbeiten. Wie die mittheilt, hat sih auf den speziellen Wunsch des Verfassers Hr. Rechtsanwalt Stenglin der Bearbeitung der dritten Auflage unterzogen. Als Anwalt am Reichsgerichte zu Leipzig stand der Bearbeiter, seitdem dasselbe als oberster deutscher Gerichtshof strafrechtlide Entscheidungen zu fällen hatte, mitten in der Praris und ist daber cine besonders geeignete Kraft für eine, den Anforderungen der gegenwärtigen Strafrehtpraris entsprechende Neu- bearbeitung des Rüdorffschen Kommentars. Am 1. Oktober 1879 bat die Thâtigkeit des Deutschen Reichsgerichts begonnen; wenn auch ein Zeitraum von anderthalb Jahren nicht genügt, die Praris desselben zu einer vollständig abgerundeten zu machen, so bietet sie doch cin reiches Material, welhcs in der Form des Kommentars der Praris besser dienstbar gemacht wird, als in jener der Sammlungen, wel{e vielfach der Uebersichtlihkeit entbehren. Die ¿weite Hälfte des Werkes soll noG im Laufe dieses Sommers ers{einen. — 3) Die Preußischen Ausführungsgesetßze zu den Reichs-Justiz- geseßzen. Mit kurzen Erläuterungen und einem auëführlihen Sach- register von Dr. J. Struckmann, Geh. Ober-Justizrath und Landge- ridts - Präsident und R. Ko ch, Kaiserlider Geheimer Ober-Finanz- Ratb, Reichsbank -Justitiarius und Mitglied des Reichsbank-Direk- toriums. Ergänzungsbeft. G
— Von dem im Verlage von Franz Vahlen bierfelbst erscheinen- den Werke: „Kommentar zum Strafgesetbucch für das Deutsche Reich von Dr. Justus Olshausen, Richter am Kgl. Landgericht 1. zu Berlin“ ist jett die erste Lieferung des zweiten Bandes ausgegeben worden. Der Preis beträgt 3 X Wir haben s{chon bei dem Er- {einen der früheren Lieferungen dieser verdienstlihen Arbeit auf die Vorzüge desselben aufmerksam gemachbt. Der in juristishen Kreisen dur frübere Schriften — die Einsprücbe dritter Personen in der Erekutionsinstanz, und der Einfluß von Vorbestrafungen auf später zur Aburtheilung kommende Strafthaten — vortheilhaft bekannte Verfasser liefert in diesem Kommentar eine wissenschaftliche, sebr sorgfältige und mit großem Fleiße gearbeitete Jutervre- tation des Strafgesetbubes, welde cinen werthvollen Bei trag zur weiteren Entwickelung dieser MRechtsmateric wie zu ciner sachgemäßen Anwendung des Strafgesetbucbes in der Praris bildet. Die ansehnliche Masse des Stoffes ist sicher und überiicbtlichb aesicbtet und vertheilt, und dankenswertb ift es, daß der Verfasser wicderbolt die für die Auffassung und Erklärung der Ge- setzesbestimmungen maßgebenden Grundgedanken des Gesetzes in be- stimmter Formulirung an die Spite seiner Erläuterungen gestellt
| und dadurch der Praxis cine sichere Direktive für die Entscheidung
zweifelhafter Fälle, deren ersdöpfende Berücksichtigung in den Einzel-