1881 / 117 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 May 1881 18:00:01 GMT) scan diff

in Zahlen kaum hoch genug anzuschlagenden Verlustes, welchen der lange Winter und die wilde Spekulation anderen Geschäfts- zweigen zugefügt, minder günstig, und wir müssen es als ein großes Glück schäßen, daß, als theilweise Entschädigung, die von verspätetem Eintritt günstigen Wetters gehegten Befürchtungen sih als unbe- gründet herausstellen. Die aus fast allen Theilen der Union vor- liegenden Berichte lassen auf einen Durchschnittsertrag unserer Haupt- produkte hoffen, es werden demnach, falls die Elemente bis dahin keinen Schaden anrichten, im kommenden Herbst, wie im letzten, die wichtigsten Vorbedingungen allgemeiner Prosperität vorhanden sein. Dennoch dürfen wir darauf, selbst im glücklichsten Falle, niht sicher rechnen, denn in sftärkerem Maße als irgend eine andere handel8streibende Nation leiden wir an einem Uebel, das die bestmotivirten Konjekturen nicht felten zu Schanden macht, nämlich an einer oft in wildestes Hazardspiel ausartenden Spekulation. Chicago is der Hauptsiß dieses Uebels und als solcher um fo gefährlicher, als es der Stapelplaß für Brodstoffe und Provisionen ist und den Schlüssel zu den nah dem Osten führenden wichtigsten Land- und Wasserstraßen in Händen hat. In einzelnen Branchen hat sich am Waaren- und Produktenmarkt diese Woche etwas mehr Leben eingestellt, im Ganzen genommen läßt das Geschäft aber viel zu wünschen übrig. Das Exportgeschäft in Brodstoffen hatte wieder stark durch die fortgesetzte Hausse- Spekulation zu leiden, und da nur wenige Ordres zur Ausführung gelangen fonnten, wurden nur zwei Fahrzeuge für volle Ladungen geschlossen; andere Frachten, mit Ausnahme von Petroleum, wofür sich ziemlich viel Begehr zeigte, waren ebenfalls matt. Baumwolle war sowohl für disp. Waare wie auf Termine till und niedriger. Rio Kaffee sowie west- und öoftindishe Sorten waren fast gänzlich vernachlässigt. Das Geschäft am Markt fürRohzucker bewegte sich in ziemlich engen Grenzen, Preise verkehrten jedoch in ziemlich fester Haltung. Schmalz konnte troß lebhaften Export- begehrs die höchsten Notirungen der Woche nicht behaupten; Schweine- fleish, Speck und Rindfleish ruhig. Der Ho fenmarkt war still. Harz behauptete bei knappen Vorräthen leßte Notirungen fest, wäh- rend Terpentinöl in Folge starker Zufuhren im Preise gewichen ist. Raffinirtes Petroleum preishaltend und fest. Die Belebung des Ge- äfts in fremdenManufakturwaaren hat weitere Fortschritte gemacht. Der Import fremder Webstoffe betrug für die heute beendete Woche 1 231 817 Doll. gegen 1 875 502 Doll. in der Parallel- woche des Vorjahres.

London, 19. Mai. (W. T. B.) In der gestrigen Woll - auktion waren Preise bei fester Stimmung unverändert. ;

Havre, 19, Mai. (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten 2146 B,, verkauft wurden 1528 B. Das Geschäft war in Folge von Konzessionen Seitens der Verkäufer belebter.

Washington, 19. Mai. (W. T. B.) Nah Ansichten der Beamten des Schatßamtes ist die ganze Serie 6%iger Obliga- tionen bis auf etwa 10 Millionen Doll. zur Konvertirung gegen 3 9/6 eingelicfert worden.

Verkehrs-Anstalten.

Kursbuch der deutschen RNeichs-Postverwaltung. Be- arbeitet im Kursbureau des Reichs-Postamts. 15. Mai— 30. Juni 1881, Berlin, Julius Springer. Preis 2 4 Dasselbe enthält au {on die Fahrpläne Bayerns, Württernbergs und der Schweiz vom 1. Juni. Die Rücksihtnahme auf die jeßt beginnende Reise- und Badesaison prägt sich überall in den Fahrplänen und wichtigen neuen Beigaben aus. So finden wir darin ein neues umfassendes Verzeichniß der Bade- und Kurorte in Deutschland und den angrenzenden Ländern nebs Nachrichten über die Reiseverbindungen dieser Orte, ferner eine Uebersicht der Nundreise- und Saisonbillets mit ausführlichsten Angaben über Zeitdauer, Preise, Gepäck u. a. m., ein Verzeicniß der Verkaufsstellen für Rundreise- und Saisfonbillets, eine Uebersicht der Briefpost- und Reiseverbindungen zwischen Berlin und den bedeutend- sten Drten Europas, welche sämmtlich mancherlei Veränderungen auf- weifen.— Von neuen wichtigen direkten Verbindungen heben wir besonders die Linie Berlin-London via Vlissingen bervor, auf der man London in 23 St. 48 Min. erreiht. Die am Sch{luß jeder Abtheilung gegebene Uebersicht der Reisewege ist eine zweckmäßige, für \{nelle Orientirung besonders geeignete neue Einrichtung.

Aus Luzern schreibt man der „N. Zürch. Ztg. “: Wie der Telegraph bereits gemeldet hat, ift mit dem Prato-Kehr-Tunnel am 16. d. M. Morgens 8 Uhr 10 Minuten der leßte Tunnel der Gotthardbahn dur{scblagen worden. Dieses Ereigniß ist von nicht zu untershäßender Bedeutung, indem damit die letzten eigentlichen Bauschwierigkeiten glücklich beseitigt sind und der geringe verbleibende Baurest einer raschen Beendigung entgegengeführt werden kann, so zwar, daß es ein Leichtes sein dürfte, dem Programme mit Eröffnung der Bahn im Juni näbsten Jahres bedeutend voran- zukommen. Für die zukünftigen Benützer der Bahn dürfte daber der Moment gekommen fein, die nöthigen Vorbereitungen für gehörige Ausnütung der durch den neuen Verkehrsweg \ich eröffnenden Vor- theile zu treffen. Auch der 924 m lange Massagno- Tunnel, dit bei Lugano, ist Montag Nacbts durchs{lagen worden. Die Zahl der Tunnels an der Gotthardbahn beträgt, wie der „Bund“ \chreibt, niht weniger als 49 mit einer Gesammtlänge von etwa 24 kw, was mit dem Haupttunnel zusammen etwa 39 km macht.

Arnstadt, 18, Mai. (Goth. Ztg.) Die neue Bahnstrecke Ilmenau-Gehren wird 8,4 km groß, der Bau wird dem Unter- nehmer Bacbstein in Ilmenau übertragen gegen eine Pauschalsumme (auës{ließlid des Grunderwerbs) von 460000 A Inbegriffen ist hierin die Lieferung der nothwendigsten Betriebsmittel. Als äußerster Vollendungstermin ift der 1. Juli 1882 stipulirt. Bacbstein über- nimmt auc den Betrieb bis 1. Januar 1894 und zablt eine feste Jahres- pat von 11500 A Die von der Regierung geforderte Bausumme von 500 000 Æ wird dadur aufgebracbt, daß ca. 300 000 M Eisen- babnfonds verwendet und 200 000 Æ als Vorschuß äus den Kapitals- beträgen der Kriegskosten-Entshädigung und des Kammerguts ge- nommen werden.

Kopenhagen, 17. Mai. Die Frage wegen Herstellung einer Dampffährverbindung zwischen Malmö und Koven- bagen ift seit längerer Zeit innerhalb der Handelskreise beider Städte diskutirt worden, ohne zu einem definitiven Resultate zu füh- ren. Die Direktion der biesigen vereinigten Dampfschiffégesellschaft hat nun beschlossen, die Sache in die Hand zu nehmen, und für die Anlage der nöthigen Häfen auf beiden Seiten des Sundes zu wirken, au die erforderliben Dampffähren für eigene Rehnung anzuschaffen. In der Voraussetzung, daß die Realisirung dieses Projekts so große Bedeutung für die Stadt Malmö haben dürfte, daß ihre Hafen- direktion sich bereit zeigen werde, die Sache dur UÜebernabme der Ausführung und der ca. 116 000 Kronen betragenden Kosten für einen Anlauféhafen der Dampffähren in Malmö zu fördern, hat die ge- nannte Direktion vor Kurzem einen diesbezüglichen Antrag an die Pileurerton in Malmö gerichtet. Letztere hat nun vor einigen

agen die Sache in Erwägung gezogen und anheimgegeben, ob es nit befser sei, erst die praktisben Erfahrungen abzuwarten, die man durch die nah Beschluß des letzten dänischen Reichstages demnächst zu etablirende Dampffährverbindung über den aroßen Belt gewinnen könne, bevor man einen definitiven Beschluß fasse.

Berlin, 20, Mai 1881.

Zur Hebung des deutschen Ausfuhrhandels. / Chicago, März 1881. Jm Großhandel von Chicagg, macht sich ein Marktbedarf, abgesehen von metallishen Halbrohprodukten hauptsächlih noch für solhe Erzeugnisse der europäishen Zndustrie geltend, welche den folgenden Waarengattungen angehören : Droguen, Chemikalien und Toilette-Artikel, Musikalishe Materialien und Jnstrumente, Porzellan-, Glas- und Thonwaaren,

Spiel- und Modewaaren,

Bijouterien,

Artikel für Raucher (aus Meerschaum, Thon 2e.), Tapeten.

erstellung nicht geliefert werden können.

zu bevorzugen.

Die Großhändler beziehen die europäischen Fabrikate von JImporteuren in den atlantishen Hafenstädten insbesondere in New-York, dem Centralsiß des amerikanischen Einfuhrhandels, theils direkt von den Fabrikanten in den genannten Jndustrie- ländern, und verbunden mit dem Vertrieb ihrer Waaren an die Kleinhändler im Nordwesten, dem großen Ahsaßtgebiet von Chicago, meist nah großartigem Maßstab den Kleinverkauf in der Stadt.

Die hervorragendsten Vertreter der oben erwähnten Ha::- delszweige sind geborene Amerikaner; nur der hiesige Handel in Spiel- und Modewaaren, sowie in Artikeln für Raucher wird’ von den Jnhabern zweier deutschen Firmen beherrscht. Diese Kaufleute sind bei dem blühenden Stand des Binnen- handels mit Geschäften beständig überhäuft. Auf eine \crist- liche Beantwortung von Fragen war nicht zu rechnen. Die persönlihen Nachforschungen, bei welchen die der central- amerikanishen Enquete entlehnten Bemerkungen zur Richt- \hnur dienten, nahmen unvermeidlih eine geraume Zeit in Anspruch.

Das wesentliche Ergebniß der Erhebungen läßt \sich kurz dahin zusammenfassen :

ZU Klagen über irgend einen der in den Bemerkungen beregten Mängel hatte keiner der besagten Jmporteure im er- fahrungsmäßigen Verlauf seiner Jmportgeschäfte ernstliche Veranlassung gefunden. Die einzigen Beschwerden bezogen sih auf das Versäumniß, die volle Bi der unter den ameri- kanischen Pollgeseben erforderlichen Fakturen e ngu anten, w0- durch unliebsame Verzögerungen in der Deklarirung der Waaren im Einfuhrhafen verursacht werden ; sodann auf Liefe- rungen, welche dem bestellten Muster niht ganz entsprachen. Indessen wurden Fälle beider Arten als selten bezeichnet und als Vorkommnisse, welche keineswegs den Exporteuren des einen oder anderen der erwähnten Bezugsländer aus-

\{ließ;lich zur Last fallen. : Zur Erklärung des befriedigenden Charakters des ein- schlägigen Geschäftsverkehrs mit Europa wies man überein- stimmend darauf hin, daß die amerikanishen Jmporteure bei ihrer eingehenden Kenntniß der einheimishen Marktverhältnisse und Marktbedürfnisse und ihrer größeren Sicherheit in der Beurtheilung dessen, was namentlih der eigenthümlichen amexrikanishen Geshmadcksrihtung entspricht, somit für eine erfolgreihe Wahl europäischer Fabrikate und Muster entschei- dend ist, ohne Ausnahme und herkömmlicher Weise vorziehen, die Einkäufe in den betreffenden Bezugsländern jedes Jahr ersönlih oder durch dahin abgesandte befähigte Agenten der Firmen zu bewirken und möglichst an Ort und Stelle die ge- hörige Lieferung und Verschiffung der Waaren zu überwachen. Die hiesigen mit bedeutendem Kapital arbeitenden Groß- händler in Ellen- und Pußwaaren haben nach dem Vorgang der großen Jmport- und Kommissionshäuser in New York für den Einkauf von Waaren besondere Agenturen in den in- dustriellen Centren und Hauptstädten Englands und des Kon- tinentes errihtet. Die Agenten stehen mit den bewährtesten Fabrikanten ihres Geschäftsgebietes in Verbindung und senden alle neuen für die verschiedenen Jahreszeiten in Aussicht ge- nommenen Muster zur Auswahl unter Berichterstattung über alle Verhältnisse ein, welche für die Geschäftsberechnung von praktishem Belang sind. __ Diese Methode des amerikanishen Jmporthandels, welche sih in vielen Jahrzehnten des E mit Europa nament- lih unter dem Einflusse europäisher, insbesondere auch deutsher Jmportfirmen und Kommissionshänser in New-York entwidelt und ausgebildet hat, sihert dem amerikanischen Importeur eine genaue Kenntniß der besten Bezugsquellen und damit au dem als leistungsfähig bekannt gewordenen deutshen Fabrikanten, soweit Gelegenheiten des Absatzes nah den Vereinigten Staaten als die besonderen Bedingungen und Konjunkturen des amerikanishen Marktes \olhem Absatz überhaupt noh freie Bahn belassen. Es ist eine der Folgen des Mangels industrieller Centren in Deutschland, wie es Paris und Manchester sind, und in welchen auch der mit geringeren Mitteln arbeitende, verhält- nißmäßig noch wenig bekannte Fabrikant Wege fände, seinen Artikeln Beachtung zu verschaffen, wenn diescr unter dem beshriebenen System des amerikanischen Jmporthandels selten bei den Einkäufern aus den Vereinigten Staaten die ge- wünschte Beachtung findet. Doch sollten ani; van dieser Klasse erst in der Arbeit für den einheimishen Markt leistungsfähig werden, und den überseeishen Export nicht in das Auge fassen, ehe sie für den Zweck genügend erstarkt sind. Auch dann ist mit ug auf die Anknüpfung direkter Ver- bindungen mit Geschästéleuten in den Vereinigten Staaten, so lange als Deutschland große Kommissionshäuser für den Export nicht besißt, empfehlenswerth, solhe Verbindungen mit soliden amerifanischen Jmport- und Kommissionsfirmen an- ustreben. Diese Firmen kontroliren den Absah europäischer ¿Fabrikate an die Kaufleute des Binnenlandes unter Anwen- dung aller Mittel, welhe den Erfordernissen des modernen Handelsbetriebes und dem Mitbewerb ihren Ursprung ver- danken. Diese Firmen lassen ohne Unterbrehung in den ver- breitetsten amerikanishen Handelszeitungen ihre Geschäfts- anzeigen erscheinen, durch Handlungsreisende die in bester orm aufgemahten Muster europäischer Fabrikate in die ent- erntesten Theile des Landes tragen, und scheuen keine Kosten ür die ausgedehnteste Verbreitung von allen Anforderungen entsprehenden Cirkularen, Preisliften und Katologen mit oder ohne Jllustration und in der allein verständlichen Landes- sprache. Der Versuch einer Konkurrenz mit diesen Firmen dur Anknüpfung von zerstreuten Geschäftsverbindungen mit Cn ten in den verschiedenen Städten in den Ver- einigten Staaten würde für den in Deutschland ansäßigen Fazrikanten um so gewagter sein, als ihm bei den hier zu ande besonders häufigen Wechselfällen des kaufmännischen Lebens alle Gelegenheit einer sorgfältigen Kontrole der Sol- venzverhältnisse abgehen. Wenn nah der weiteren Angabe der hiesigen Jmporteure

Geschliffenes Fenster- und Spiegelglas,

Von Waaren dieser Gattungen werden, vornehmlich aus England, Frankrei, Deutschland, Oesterreih und der Schweiz, lediglih diejenigen besonderen Arten und Qualitäten in dem hiesigen Markte eingeführt, welhe von den amerikanischen N bis jeßt in gleiher Güte und Vorzüglichkeit der

Ueberall aber herrscht im Handel die Neigung und Richtung vor, die kon- kfurrirenden einheimischen Erzeugnisse, wenn irgend möglich,

nahmsfällen persönlih hier erscheinen oder Agenten behufs Anknüpfung von Geschäftsverbindungen hersenden, fast nie in amer kanischen Handelszeitungen annonciren und \ih auf gelegentlihe Uebermittelung von Cirkularen und Katalogen beschränken, so erscheint dies bei dem geschilderten Charakter der amerikanischen Jmportmethode erklärlid.

Mit Bezug auf solhe Cirkulare und Kataloge mag \hließlih noch bemerkt werden, daß sie bei amerikanischen ines gar keine Beachtung finden, wenn sie nit in orrektem Englisch abgefaßt, von. gefälliger Form sind und die für die kaufmännische Berehnung durhaus nothwendige An- gabe des Preises an Bord im Exporthafen enthalten. Jm Uebrigen sind amerikanische Firmen, welche sih nicht selbst mit der Einfuhr befassen und von den großen Jmportfirmen des Landes infolge der starken Konkurrenz dieser Firmen ihren Bedarf wohlfeiler kaufen, als ihnen dies bei direktem Bezug ihres Bedarfes aus dem Auslande möglih wäre,

H aus abgeneigt, sih auf einen derartigen Bezug einzu- assen.

_Internationaler Geographenkongreß und geogra- phische Ausstellung zu Venedig im September 1881. Im Anschluß an die Ende März d. J. von der Kommission der Gesell: schaft für Erdkunde zu Berlin für die Angelegenheiten des geographischen Kongresses in Venedig ergangene Aufforderung zur Betheiligung an der geographischen Ausstellung daselbst wird ferner bekannt gemacht: 1) Die Anmeldungen können noch bis zum 1. Juni angenommen werden. 2) Sämmtliche Anmeldungen deutßher Ausfteller müßen an die obenbezeichnete Kommission eingesendet werden, welche das Weitere veranlassen wird. 3) Ueber die nach Maßgabe des Raumes zu ge- währende Zulassung der angemeldeten Gegenstände wird den Be- treffenden rechtzeitig eine Benachrichtigung zugehen, zu- gleih mit der Angabe des spätesten Termins und der genauen Adresse der Einlieferung. 4) Die Aussteller haben die Gegenstände franko nach Venedig zu liefern und auch die Kosten des Rücktransports zu tragen. Das Organisationscomité in Rom hat eine Ermäßigung der Transportkosten von 30 9% für Personen und 50 °% für Frahtgüter von Seiten der italienischen Eisenbabnen, sowie Zollfreiheit in Jtalien für die Ausstellungsgegenstände erwirkt. 5) Die Raumbenutßung ist unentgeltlih; dagegen werden die Kosten r die Beschaffung von Tischen, Wandschirmen 2c., für welche das

rganisation8comité Muster hat anfertigen lassen, dem benußten

Men entsprehend repartirt und jedem Aussteller später berenet werden.

Der Verein Berliner Künstler beging, wie bereits gemel- det, gestern Abend in seinem Vereinslokale sein vierzigstes Stiftungs- fest dur ein Festmahl, an dem sich über 120 Herren betheiligten. Aus der frohen Schaar der Genossen, die am 19. Mai 1841 den Verein gegründet, leben nur noch drei, die auch am gestrigen Abend anwesend waren und die Ehrenpläte inne hatten: die Herren Afinger, Bellermann und Haun, zu denen sich auch das älteste Ehrenmitglied, Landgerichts-Rath Rosenberg, gesellte. Nach dem ersten, vom Vor- sivenden des Vereins, Professor Ludwig Burger, auf Se. Majestät den Kaifer ausgebrahten Toast gab Hr. Zöpke als Schriftführer einen kurzen Rückblick über das zurükgelegte Jahrzehnt; die nächsten Trinksprüche galten dem Verein, dem Vorstande, seinen Begründern und den Sängern, die durch ihre Vorträge das Mahl würzten. Eine von W. Koch gezeichnete und von S. Haber erklärte Tischkarte errang

sich den lauten Beifall der Gesellschaft. Hr. Brendel sandte aus Weimar einen telegraphischen Gruß.

Kunstgewerbe am 10. Mai sprach der Architekt A. Bötticher über die Ausgrabungen in Olympia, speziell über die dort gefundenen Metallsahen. Von der Firma Villeroi & Boch war eine Auswahl von Erzeugnissen ihrer Thonwaarenfabrik in Mettlah ausgestellt; Dr. Pabst erläuterte dieselben und wies besonders auf die werthvollen Chromolithwaaren hin. Der Firma ist auch in Melbourne der erste Preis ertheilt worden. Hr. S. Elster hatte ein wetterfestes Trans- parentgemälde ausgestellt und erläuterte dessen Technik; der Hof- buchbindermeister Vogt legte drei in Handarbeit ausgeführte Bücher- einbände vor, welche fih wegen ihrer ebenso gediegenen als geschmack- vollen Ausführung allgemeinen Beifalls erfreuten,

Aus dem Rheingau wird dem „Schwäb. Merkur" u. d. 12. d. M. gemeldet: Die Arbeiten für das Nationaldenkmal auf dem Niederwal de schreiten rüstig voran. Vier der größten Eifen- gießereien sind mit den Gußarbeiten beschäftigt: in der Millershen Gießerei zu München sind zwei Hauptstücke der „Germania" glückli vollendet; die Statuen von „Krieg“ und „Frieden“ sind von der Chr. Lenzshen Gießerei in Nürnberg abgeliefert; die Gruppe „Rhein und Mosel“ befindet sich in der Bierlingshen Gießerei zu Dresden, und in Laubhammer sind sämmtlihe Wappen für den oberen Theil des Postaments bereits fertig gestellt. Aus dem Atelier von Professor Joh. Scilling in Dresden werden demnächst weitere Modelle zum Gusse abgesandt. Dann bedürfen von den Kunst- arbeiten nur noch das großartige Hauptrelief mit seinen 150 Figuren und Porträts sowie die beiden Seitenreliefs: „Der Krieger Abschied“ und „Der Krieger Heimkehr“ der Vollendung, die bis Herbst erhofft wird. Da von allen Seiten in den Eisengießereien mit voller Energie earbeitet wird, so hält man bis jeßt an der Hoffnung fest, daß die Snthüllung des Denkmals im Peri nächsten Jahres vorgenommen werden kann. Auch auf dem Niederwalde felbst wird seit Frühb- jahr wieder tüchtig gearbeitet. Eben wird unterhalb des voll- endeten Postaments im weiten Bogen, rechts und links vom Walde hervortretend, ein Fahrweg angelegt, der \ich mit geringem Falle bis zur Mittelacse des Postaments senkt. Die bereits zu diefem Zwee im vorigen Jahre an dem Bergabhange begonnene hohe Mauer soll heuer vollendet und mit Strebevpfeilern, ‘Geländer und Kandelabern versehen werden. Nach Vollendung des Fahrwegs wird eine groß- artige Treppenanlage in Angriff genommen und mit dem oberen Aus- sihtsbalkon und der Verkleidung des unteren Theiles des ganzen Postaments bis zum Herbst fertig gestellt. Aub das Wärterhaus, das in den Wald, von Bäumen verdeckt, zu liegen kommt, \oll noch in diesem Jahre vollendet werden.

_Im Nationaltheater wiederholte gestern Sgr. Ernesto Rossi mit feiner Gefellsbaft das Dumass{e Drama „Kean“. Der dem genialen Künstler gespendete Beifall war fast noch enthusiastisher als bei der ersten Aufführung, namentlich nach der Scene in der Schenke. Jn Anbetracht dieser Meisterleistung übersieht man auch gern, daß die immerhin doch sehr E u nehmende Theaterscene dadur, daß sie von der Bühne in den ubbaenam verlegt ift, eigentlih zu einer Farce degradirt wird. Das zahlrei erscienene, distinguirte Ee blikum zeichnete den Künstler durch reihen Beifall aus. Neben ihm, der unter dem Jubel des Hauses einen mächtigen Lorbeerkranz empfing, hatte \sich die Darstellerin der Anna, Ein Cesfarina Ruta, wohlverdienter Anerkennung zu erfreuen. Da die Vor- stellungen des Sgr. Rossi noch immer einen reihen Zuspru finden, so hat si der Künstler entschlossen, seinen Aufenthalt noch bis Sonntag zu verlängern. Derselbe tritt heute noch einmal als „Dtello“ auf und dürfte sich am Sonntag als „Kean“ verabs{ieden.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen

Berlin:

Fabrikanten der europäishen Jndustrieländer in seltenen Aus-

einschließlich Börsen-Beilage).

In der 31. Hauptversammlung des Vereins für deutsches

Nichtamtliches.

Berlin, 20. Mai. ¿Pw en Ver- der gestrigen (44.) Sißung trat der NeichsSlag in In " beile K A des Entwurfs eines Gesetzes ein, be- treffend die Abänderung der Gewerbeordnung auf Grund des Berichts der X1. Kommission. Referent war der Abg. Graf von Bismarck. Die Diskussion wurde zunächst eröffnet über §. 97, welcher lautet : E : : „Diejenigen, welche ein Gewerbe selbständig betreiben, Tonues zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen zu einer In- nuO, Ba mee Gai i r neuen i Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre unter den Innungsmitgliedern ; a 9) die Förderung. eines gedeihlihen Verhältnisses zwischen Ne stern und Gesellen sowie die Fürsorge für das Herbergêwesen er Gesellen und für die Nachweisung von Gesellenarbeit ; L 3) die nähere Regelung des Lehrlingswejens und der ürsorge für die technische, gewerbliche und sittliche Ausbildung der Le lige; 4) Streitigkeiten der §, 120a. bezeichneten Art zwischen den Jnnungsmitgliedern und ihren Lehrlingen an Stelle der Gemeinde- debörde (Absaß 2 daselbst) zu entscheiden. Der Referent Abg. Graf von Bismarck behielt \sich vor, seine ae Sd den e Berathung stehenden §. 97 Schluß der Debatte zu geven. E S Ats, Dr. Baumbach emerkte: der erste Saß des §. 97 enthalte eine vollständige Umgestaltung des Prinzips, dus welchem zur Zeit die Jnnungen beruhten: es sollten nur Die- jenigen zu Jnnungen zusammentreten können, welche ein Ge- werbe selbständig betrieben, (nah der bestehenden Gewerbe- ordnung Diejenigen, welche ein gleiches oder verwandtes Ge- werbe betrieben). Die Mehrheit der Kommission habe sich in ihrer ersten Lesung gegen jene Verallgemeinerung des Begriffs der Jnnungen erklärt, erst in zweiter Lesung habe sich eine Majorität von einer Stimme dafür gefunden. Solche Jnnungen seien gar keine Jnnungen mehr, wenn beliebige Gewerbe zu}am- mentreten könnten, das sei der reine Fahrmarkt. Möge man sie Gewerbevereine oder Koalitionen nennen, Jnnungen seien sie nit. Der Bundesfommissar habe nun gemeint, daß man bisher verschiedene Jnnungsstatuten nicht habe bestätigen können an Orten, wo nicht „gleiche oder verwandte“ Gewerbe beständen. Das möge in einzelnen Fällen geschehen sein, rect- Fertige aber nicht die totale Veränderung eines fundamentalen Prinzips der Gewerbeordnung. Nur wenn gleiche und vei- wandte Gewerbe sih zu Jnnungen konzentrirten, könnten sie etwas Tüchtiges leisten. Der §. 97 werde aber um fo bedenk- lier, wenn man den berühmten §. 100 E. ins Auge fasse, in welchem bekanntlich den Fnnungen weitgehende Befugnisse über ‘den Rahmen der bisherigen Jnnungen hinaus einge- räumt würden, dessen Annahme im Hause in der Kom- mission habe dieser Paragraph nur cine Majorität von 1 Stimme für sich freilih zweifelhaft sei. Unter diesen Umständen habe seine Partei von der Einbringung eines An- trages sür die zweite Berathung Abstand genommen. Sollte aber § 100 E. später angenommen werden, so werde er in der dritten Lesung einen diesbezüglichen Antrag stellen. Der Abg. von Czarlinski bat, gleich hier unzweideutig zu erklären, daß in Landestheilen mit gemischter Bevölkerung speziell in den polnischen Landestheilen, die Errichtung pol: nischer Jnnungen neben den deutschen gestattet sei. Das sei in den polnischen Ortschaften eine Forderung der Gerechtig- keit, und wenn von Seiten der Regierun keine Erklärung folgen solite, so werde er annehmen, daß sie mit

darüber er} mit dem §8. 97 stehe

seiner Auffassung einverstanden sei. . Richter (Hagen) erklärte, 8. l De Ds. T libean dlicatoris@er Arbeitsbücher in In der Kommission sei ein. Theil

die Frage der Einführung Der Kommissar habe

der M amme lbe gewesen

der Mitglieder für dieje E 1

zu ihrer Beruhigung erklärt, daß man bei der Abfassung des Geseßentwurfes von der Annahme ausgegangen sei, da e Mitglieder der Jnnungen verpflichtet sein sollten, nur solche Gesellen anzunehmen, welche in bestimmter Weise legitimirt seien. Er halte es mindestens für zweifelhast, ob eine solche Auslegung nach diesem §. 97 gerechtfertigt sei. Jhm sei auch

nicht bekannt, daß man gegenwärtig eine jolhe Bestimmung in die nungs een au

sinehmen versuGt angs A ei Manches möglich, und er wolle nach der Srülaru

Kine nicht ableugnen, daß ein solcher Versuch gemacht werden würde. Unter Umständen liege cs im Znteresse der Arbeitgeber, daß der Arbeitnehmer hinsichtlih seiner Qualifi- kation sih legitimire. Etwas Anderes aber sei es, die Ein-

Preuf:eu.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußi) hen Staats-Anzeiger.

N 107

Berlin, Freitag, den 20. Mai

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beiter aufzunchmen. Trete der Arbeitgeber aus der Innung aus, fo ela iu derselbe das Recht, Lehrlinge zu halten. Was für eine merkwürdige Geseßgebung werde danit eingeleitet ! Der Abg. Ackermann führte aus, nach der bisherigen Gewerbeordnung seien an kleinen Orten, wo si selten gleiche und verwandte Gewerbe fänden, Jnnungen unmöglich. Dieser Mißstand habe zu dem §. 97 geführt. Bezüglich der Arbeits- bücher stehe seine Partei auf demselben Standpunkt, den sie früher eingenommen habe. Da kein Antrag auf Einführung der Arbeitsbücher vorliege, so habe er keine Veranlassung, sich darüber auszulassen. Er halte es auch nicht sür angezeigt, bei jedem Paragraphen den §8. 100 E. anzuziehen. Sollte der- selbe angenommen werden, so hätten die Herren von der Linken ja bei der dritten Lesung Gelegenheit, eten Antrag u stellen. y oe Abg. Dr. Böttcher bemerkte, der Abg. Baumbach habe den §. 97 als der historishen Entwickelung der Jnnungen widersprehend bekämpft. Man habe es hier aber niht mit einer Rekonstruktion dessen zu thun, was dem Reichstage als historishe Entwickclung vorshwebe, sondern mit der Schaf- fung der Möglichkeit, zu neuen Fnnungen, welche den heu- tigen gewerblichen Verhältnissen entsprächen , zu gelangen. Wolle man aber mit diesem Gese wirklich cine positive nüß- lihe Maßregel schaffen, so müsse man auch alle Hindernisse beseitigen, welhe einer Wiederbelebung des Handwerks ent- gegenständen. Eine wesentliche Gefahr liege nur in der Annahme des 8. 100 E., insofern die Befugnisse der Jnnungen auf Gewfkrbe- treibende ausgedehnt werden könnten, welche mit den Innungen in gar keiner Beziehung ständen. Der Kommissar habe nun in der Kommissionssüßung erklärt, daß von einer Erstreckdung der Befugnisse dcs §. 100E. auf Gewerbetreibende, deren Gewerbe innerhalb der betreffenden Fnnungen überhaupt niht ver- treten seien, gar keine Rede jein könne. Derselbe habe aber hinzugefügt, daß er cine bestimmte Garantie dafür, daß das Gesetz immer in dieser Weise gehandhabt werden würde, frei- lich nit geben könne. Diese Erklärung sei nicht ganz aus- reichend, und er (Nedner) werde deshalb zum g. 100E. einen Antrag stellen, E EE Huoe ; OLIS feststelle. instweilen werde er für den F. immen. N Per Bundeskommissar Geh. Obver-Reg.-Rath Lohmann entgegnete, er habe in der Kommission ertlärt, daß die Be- sugnisse des 8. 100 E. sich niht auf solche Gewerbe erstreckten, die in der betreffenden Jnnung nicht vertreten seten. Auf die Ansrage des Abg. Czarlinski bezüglich der polnischen gnnungen könne ex nur erwidern, daß nach §. 98 b. des Geseßes die Sr- rihtung zweier Jnnungen an einem Orte nicht ausgeschlossen sei. Ob die Genehmigung in dem einzelnen Falle ertheilt werde, hänge -ron dem Ermessen der Behörden ab. Der Aba. Dr. Lasker betonte, der Abg. Böttcher habe dem Abg; Baumbach den#vollständige begründeten Einwand entgegengeseßt, daß man in dieser Frage den historischen Standpunkt verlassen müsse. Die ausgedehnten Fnnungen seien eine neue Form, ein neuer reformatorischer Gedanke. Darin könne er demselben nicht folgen. Glaube man denn wirklich einen Fortschritt zu machen, wenn man 1n die Jn- nungen Leute berufe, welche von den übrigen Gewerben nichts verständen, aber doch über die Interessen derselben ab- stimmten? Solche Jnnungen fielen unter den Begriff von Bezirksvereinen, entsprähen aber weder dem kon- servativen Gedanken, noch dem liberalen Fortschritt. Auffallend sei es, und es wäre ihm lieb, darüber eine Aus- kunst vom Referenten zu erhalten, daß der Antrag von Kleist zu §. 97 zurückgezogen sei und bei §. 97a, wieder gestellt worden sei. Der Wortlaut des Berichts gebe darüber nicht die entfernteste Andeutung. Dann sei er der Meinung des Abga. Richter, daß, wenn man die Arbeitsbücher einsühren wollte, man dies glatt und gerade auédrücken sollte. Er erinnere das Haus daran, daß man bei der Berathung der Gewerbeordnung nah s{hweren und heißen Kämpfen die Ab- leynung der Arbeitsbücher bewirkt habe, und nun wolle man sie durch eine weifelhaste Jnterpretation auf, Hinterwegen wieder ins Gescß aufnehmen! Der §. 100E. sei in der That der wundeste Punkt des ganzen Geseßes. Er habe das \{merz- liche Gefühl, daß die rechte Seite dieses Hauses, während sie vor einigen Jahren mit der linken eine Verständigung über die Regulirung des Gewerbcwe}ens angebahnt habe, nun plößlich Aenderungen vornehme mit der Absicht, eine Zustimmung der liberalen Partei unmöglih zu machen, so daß die linke \hließ- lih die ganze Organisation niht annehmen könne, Man sei in der Realtion sehr weit gekommen, wenn man solche An- griffe gegen die Gewerbefreiheit mache.

j der Arbeitsbücher sreier Vereinbarung zu überlassen, E eine solche Einrichtung durch privilegirte Kor- porationen einzuführen. Nach diesem Geseg hörten die Jn- nungen auf, freie Vereine zu sein. Die Gefahr liege darin, daß jene Jnnungen si ausbilden würden als privilegirte Koalitionen der Arbeitgeber gegen die E. Diese ganze Richtung der Geseßgebung carakterisire si als eine wesentliche Verstärkung der Vorrechte der Arbeitgeber gegen die Arbeitnehmer, als eine den Arbeitern durchaus nachtheilige. Er sei immer dabei gewejen , unLerech: tigte Anforderungen der Arbeiter zurückzuweisen, aber ebenso halte er sich für verpflichtet, zu protestiren gegen Neuerungen der Geseßgebung, welhe ihre Rechte verkümmern wolle. Die Sache würde aber an sich wenig auf sich haben, wenn nicht der §. 100 E. hinzukäme, welcher auch die n solcher Gewerbtreibenden vor das Forum der Jnnungen ziehe, welche niht einer Jnnung angehörten. Noch vor einigen Jahren habe si die Regierung gegen die Forderung der rbeitsbücher als den Rechten der Arbeiter wide prechend erklärt. Diese Be- stimmung laufe ja au sließlich hinaus auf eine fortgeledte polizeiliche Kontrole der Arbeiter. Wenn man aber d R, bücher einführen wolle, so [ge man es offen lhun, nich durch eine Hinterthüre. Diese Bestimmung könne aber für die Arbeitgeber selbst sehr verhängnißvoll werden; wenn bei Besserung der Geschäfte Mangel an Arbeitern eintrete, würden dann die Arbeitsbücher, welche die Arbeiter unter das Gesinderecht stellten, niht überaus nachtheilig wirken ?

Der Abg. Günther (Sachsen) erklärte, die Forderung, daß die innigen sih auf Fachgenossen beschränken sollten, sei unausführbar. Jn einer kleinen Stadt, wo jedes Gewerbe nur wenice Vertreter zähle, würde eine lebensfähige Jnnung gar nicht möglich scin, wenn nicht verschiedene Gewerbe zu- sammentreten würden. Die Zwece der Jnnungen seien auch im Allaemeinen nur solche, welche allen Gewerben gemeinsam seien, so daß eine Kollision der Jnteressen nicht eintreten könne. Wenn man die Jnnungen auf die Vertreter eines Gewerbes beschränke, so könne es nur in der Absicht geschehen, die In- nungen überhaupt unmöglich zu machen. Wenn man das wolle, so erkläre man es ofen und stimm« gegen das ganze Gesetz, crhebe aber nicht einen Widerspruch, der an dieser

ck alli igt sei. Stelle völlig unberechtigt f bemerkte, der Unterschied zwischen

Der Abg. Löwe (Berlin y ï tei und derjenigen des Vorredners der Auffassung sciner Par gen Detereisen dos

stehe darin, daß seine Partei ledigli

Bt Wau Ler während der Vorredner Jnnungen um jeden Preis fordere, selbst auf die Gefahr hin, daß das Handwerk dadur geschädigt werde. Er verkenne nicht, daß die konservative Partei mit ihrer Agitation für die Jnnungen einen gewissen Erfolg unter den Handwerkern erzielt habe, aber unbekümmert um den zweifelhaften Zuwachs zu der kon- servativen Partei werde seine (des Redners) Parte sich nicht im agitatorishen Jnteresse von etner sahlihen Behandlung der Frage abdrängen lassen. Die Form der „Funung, welhe man vorschlage, halte er ür s{ädlich.

nur auf dem Wege der Jnnung zu erreichen fci, wolle er dahin M ellt sein lassen; aber jelLsst angenommen, daß dies der Fal wäre, wie könne denn ein Bäcker oder ein Sglosser mit Salhkenntniß darüber urtheilen, in welcher Weise ein Schneider am besten ausgebildet werden solle. Die Zulassung verschiedener Gewerbe zu einer Innung mache also die leßtere zur Erfüllung ihrer Zwecke untauglih. Wenn die Zahl der Vertreter eines Gewerbes an einem kleinen Ort zu gering sei, um selbst eine Jnnung zu bilden, so mögen fie sih mit ihren Fachgenossen aus anderen Orten vereinigen ; zu diesem Zwecke bestimme ja gerade das Geseß, daß die Jnnung niht auf einen Ort beschränkt sein solle. Bei einer Zusammenfassung mehrerer Gewerbe liege auß die Gefahr nahe, daß, wenn auch einzelne dieser Gewerbe in der Jnnung gut vertreten ctien, doch andere durch schlehte und unfähige Elemente repräsentirt würden, während die besseren sh der Fnnung fern hielten, Diese besseren Elemente könnten dann in Folge der Rechte, welhe der §8. 100F. der Jnnung auch über die außerhalb der JZn- nung stehenden Meister einräumte, durch die Unfähigen majo- risirt werden. Für sehr bedenklich halte er die Bestir1mung, daß die Jnnungsmeister durch Statut Legitimationen für die bei ihnen beschäftigten Arbeiter einführen könnten ; eine solche Bestimmung öffne der Einführung obligatorischer Arbeits- bücher Thor und Thür, und eine solche würde den lebhastesten Widerspruch gegen das Gesetz hervorrufen. : Der Abg. Dr, Böttcher erklärte, die Furt, daß einzelne Gewerbe von anderen majorisirt werden könnten, theile er nicht. Diejenigen, welche sich einer solchen Gefahr nicht aus- segen wollten, könnten ja außerhalb der Fnnung bleiben. Viel wichtiger scheine es ihm, unbedingt klar zu stellen, daß ein Gewerbe, welches in der Fnnung nicht vertreten fei, den Beschlüssen der leßteren in keiner Weije unterläge. : Der Bundeskommissar entgegnete, er könne in dieser Beziehung nur seine frühere Erklärung wiederholen, daß die Rechte der Jnnung sich nur auf solche Gewerbe er- strecken könnten, welhe in ihr vertreten seien. Was die Frage der Arbeitsbücher betreffe, so nehme die Regierung noh heute den Standpunkt ein, den sie bei der Berathung der früheren Gewerbeordnungs-Novelle eingenommen habe, daß die Einführung obligatorisher Arbeitsbücher eine durchaus falsche Maßregel sein würde. Hierdurh könne jedoch den Fnnungen nicht das Recht versagt werden, ihre eigenen Mitglieder dur Statut zur Einführung einer gewissen Kontrole für die von ihnen beschäftigten Arbeiter zu verpflichten, O Der Abg. von Kleist-Reßow konstatirte, daß dic Opposition, welche gegen die Anträge der Kommission erhoben werde, ein Kampf gegen Windmühlen fei. Man behaupte, daß die Ver- einigung mehrerer Gewerbe zu einer Jnnung die Jnteressen des Handwerks im höchsten Grade shädige. Ueberlasse man das doch den Gewerbetreibenden selbst, die am besten wissen würden, was ihren Jnteressen diene. Seine Partei wolle den Handwerkern in dieser Beziehung völlige Freiheit lassen, und man dürse überzeugt sein, daß bei der unter ihnen herrschenden Exklufivität die Besorgmß, daß die Jnnungen ein Gemish aller möglihen Gewerbe darstellen würden, völlig unbegründet sei. Ganz von jelbst würden sich die Handwerke verwantter Technik züscinmensinden, ien Interessengemeinschast eine Vereinigung innerhalb dersel E Innung zulasse. Auch das Bedenken, daß die Jnnung über die außerhalb stehenden Gewerbe zum Nachtheil der leßteren gewisse Rechte ausüben könnte, sei völlig unhaltbar und dur die Erklärung des Regierungskommissars hinlänglih widcr- legt. Es verstehe sih ganz von selbst, daß das Jnnungsrecht nur für solche Ge: ee vao Po die innerhalb

; selbst ihre Vertretung fänden O, M uus s Hiaitee (Hagen) bemerkte, die Agitation für die Innungen habe in den Handwerkerkreisen Truggebilde erweckt, deren Nichterfüllung sehr lebhafte Unzufriedenheit hervorrufen werde. Schon jeyt erklärten die eigentlichen Träger der Agi- tation, daß sie jede Verantwortlichkeit für dieses Geseß, das ihnen nit weit genug gehe, ablehnten. Das ganze Ergebniß dieses Gesetzes sei cin Bündel von Polizeichikanen, und die- jenigen Handwerker seien zu bedauern, die ihre Zeit und Kraft opjerten, um sih na dieser bureaukratischen Schablone zu organisiren. Wenn man wirklich die Vereinigung von“ Handwerkern fördern wolle, weshalb habe man den früheren Antrag des Abg. Schulze - Delißsch abgelehnt, welher dahin gegangen sei, allen Organisationen nah dem Muster des großen Berliner Handwerkervereins, der für die Förderung der Jnteressen der Handwerker „mehr wirke, als alle Jnnungen, Korporationsrechte zu verleihen? Die Erfklä- rung des Regierungskommissars über die Einführung von Arbeitsbüchern habe alle seine Vermuthungen bestätigt. Man wolle die Arbeitsbücher durch eine Hinterthür einführen, weil man angesihts der bevorstehenden Wahlen nicht den Muth habe, offen zu erklären, was man beabsichtige. Der Abg. Ackermann habe selbst eingestanden, daß derselbe die Einführung obligatorisher Arbeitsbücher nur zur Zeit nicht für Sp

alte, prinzipiell aber mit denselben durhaus einverstan en ei. Wenn es erlaubt sein solle, daß die Jnnungen MEeO Statut solche Kontrolmaßregeln einführten, dann könne n Statut überhaupt Alles festgeseßt werden, wenn e s G treffende Regierungs-Rath das Statut genehmige. Ue E stelle das Geseh Alles der diskretionären Willkür der Ee, rungs-Räthe anheim und das sei in gewissem rg ein “em denn es biete die Garantie, daß bei der geringsten Ra des liberalen Hauches Alles wieder beseitigt werden würde, was man jeßt schaffe. Auf solcher Basis aber sollte man nit eine Gesetzgebung über die Organisation des Handwerks aufbauen. , 4

a. Stumm bemerkte, der Vorwurf des Vorred-

ners “ad Sue Partei an Courage fehle, offen mit ihren Ansichten hervorzutreten, sei bodenlos lächerlich (Der Prä- sident rügte diesen Ausdruck als unparlamentarish). Wenn man seiner Partei ferner einen Vorwurf daraus mache, daß sie den Antrag des Abg. Schulze-Delißsh wegen Gewährung von Korporationsrehten niht angenommen habe, so sei dies keineswegs aus Abneigung gegen die Handwerkervereinigungen

Die Statuten der Jnnungen zwängen den rbeitgeber bei Konventionalstrafe, t dur Arbeitsbücher legitimirte Ar-

‘enne an, daß für die Entwidelung des Lehrlingswesens RLLEE des Handwerks zweckdienlich sein möge. Ob dies

geschehen, sondern ledigli deshalb, damit nicht der A