1881 / 121 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 May 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Der Fabrikant avbeitet eben nur für den momentanen Gewinn, nicht für die Zukunft; mitunter hat er das Geschäft schon aufgegeben, ehe noch aus dem Jnnern die ersten ver- läßlihen Berichte eingetroffen.

Er ist keineswegs abgeneigt, Waaren, um sie auf den Marft zu bringen, in Konsignation zu versenden er kon- signirt überhaupt viel zu viel der Zweck solcher Konsig- nationen ist jedoch in erster Linie nicht, seine Waare in dem Lande einzuführen und fih damit einen dauernden Absaß zu schaffen; er fonsignirt in der Regel vielmehr nur, weil er mehr fabrizirt, als er auf feste Rehnung abseßen kann und

deshalb schon zufrieden is, wenn er konsignationsweise seinem

Fabrikate einen vorläufigen Abzug und damit sich selbst einen Vorschuß sichert, welcher seine Selbstkosten annähernd det. Dergleichen Versendungen, welhe den Anforderungen des betreffenden Absatgebietes selten entsprehen, weil der Fabri- kant bei der Anfertigung häufig das Land, nah welchem sie definitiv versendet werden, selbst noch nicht kennt, seinen An- forderungen und Bedürfnissen also nicht Rehnung tragen fann, stören ganz besonders die Entwicklung einer gedeihlichen Geschästsverbindung, indem der Jmporteur in der Regel nur darauf sieht, sie baldmöglihst und zu jedem Preise loszu- \chlagen, sofern durch diesen nur seine Vorschüsse und sonsti- gen Auslagen wie die Kommission gedeckt werden. Die Leicht- fertiafeit, mit welcher deutshe Kaufleute und Fabrikanten Konsignationen nah überseeischen Ländern zu machen pflegen, hat denselben zwar weniger in China, wohl aber, wie ih aus langjähriger Ersahrung weiß, in Egypten {hon die empfindlihsten Verluste eingetragen.

Jn der Annahme, daß die Konsignation von Waaren, in- sofern sie dem Kommittenten das Eigenthumsreht der Waare im Besitze des Kommissionärs (Consignatairs) sichert, weniger risfant jei, wie in Verbindung damit, daß Offerten, Waaren in Konsignation zu nehmen, sih weit häufiger präsentiren, als feste Kaufsanträge, pflegen deutshe Exporteure im ausgedehn- testen Maße Waaren zu konsigniren, ohne dabei die Vorsicht anzuwenden, die sie einem Verkaufe auf feste Rehnung mit Kredit zu widmen pflegen.

Es ist aber die Zahlungsfähigkeit des ausländischen Kauf- manns als Kommissionärs nicht allein, welche den heimischen Kommittenten in Verlust bringen kann, viel wichtiger is die Ehren- und Gewissenhaftigkeit desselben, und an solchen, welche daran Schiffbruch gelitten, fehlte es in Egypten und resp. Cairo keineswegs.

Sobald ein junger Mann einige Jahre als Commis in Egypten thätig gewesen, hält er sich für berufen und befähigt, si auf eigene Füße zu stellen, ein eigenes Haus zu etavliren. Ohne das erforderliche Kapital und den nöthigen Kredit wirft er seine Thätigkeit auf die Geschäftsbranche, die dieser Bedin- gungen eines joliden Geschäfts sih am leichtesten entshlagen kann, auf das Kommissionsgeschäft. Auf seine, mit den groß: artigsten Verheißungen einer ausgedehnten und dauernden Geschäftsbeziehung ausgestattete, auf genaue Kenntniß des Landes, seiner Verhältnisse und zahlreiche Beziehungen mit den bedeutendsten Abnehmern in renommirender Weise si stüßende, mit einigen zweifelhaften Referenzen unterstüßten Offerten, gegen eine mäßige Kommission häufig mit einer be- sonderen für das del credere Waaren in Konsignation zu nehmen, geht der heimishe Fabrikant, namentlich solche aus kleineren Fabrikstädten, um so leiter ein, als die offerirte Geschästsverbindung ihm in seinen sanguinischen Jdeen ein großes Absatfeld und die hohen von dem Kommissionär an- standslos acceptirten Preise einen beträchtlihen Gewinn in Aussicht st:llen.

Vielleicht, daß das erste Geschäft noh befriedigend abge- widelt wird um so s{limmer, wenn der Fabrikant dadurch verleitet wird, neue und größere Konsignationen zu machen.

Der junge Kaufmann, der niht nur das Bedürfniß, zum | Chef einer eigenen Firwa zu avanciren, sondern auch der | Sve fühlt, der neuen Stellung entsprehend zu leben und | aufzutreten, d. h. in der Regel über seine Mittel lebt und | deshalb in steter Geldverlegenheit zu sein pflegt, suht vor | Allem seine Frachtauslagen und Kommission zu decken. Er | verkauft die Waaren, ohne viel nah der Kreditfähigkeit des |

\ für sei Y i a E d L e A Abnehmers zu sragen für seine Auslagen und die Kom- | Defizit unvermeidlih sei; dennoch konnte es sich nicht entscließen,

| für eine Herabseßung de N EUngen zu g trag und lehnte S L E E E S M | den Antrag ab. Obwohl man s{on mit dem Entwurf eines dem Käufer ausgestellten Wechsel zieht cer sür den Kommit- | tenten ein, statt zu remittiren, {reibt er den Betrag ihm | gut, nicht selten verpfändet er die Waaren oder versteigert sie |

mission, die er für die gesammten, auch die nicht verkauften Waaren berechnet, weiß er sih hon zu decken; die von

und giebt dem Komittenten fingirte Käufer auf, aber auch

wo er dem Ersteren die Verkäufe übershreibt und die Wechsel |

remittirt, wird sih in den meisten Fällen ergeben, daß der Käufer zahlungsunfähig oèer doch fkreditlos, jedenfalls der Kaufpreis nur unter {weren Verlusten einzubringen isi.

Für Geschäfte auf Kredit mit Egypten dürfte also dem |

deutschen Fabrikanten die größte Vorsicht anzuempfehlen und

namentlich vor Konsignationen außer an bewährte und zuver- |

lässige Firmen eindringend zu warnen sein.

Um auf China zurückzukommen, so besteht eine weitere |

Kurzsichtigkeit vieler deutschen Fabrikanten darin, daß sie so-

fort nach Empfang einer Ordre die sämmtlichen Details, | Muster 2c. an alle Häuser einsenden, um auf solche Weise |

weitere Ordres zu erhalten, zuweilen sogar gleihe Konsigna-

tionen zu gleicher Zeit an verschiedene Häuser desselben Han- | antwortlickeit s{eute, dur ein bei solber Gelegenheit ausgesprocbe-

delsplaßzes machen. Die Folge ist, daß in dem ersteren Falle

Niemand seine Nehnung findet und weitere Aufträge aus: |

bleiben, während in dem leßteren Falle das Bestreben der ver-

schiedenen Häuser, shnellere Abrehnung zu liefern, für den be- |

-_-. . , T7 e, , . -_- . T4 treffenden Artikel eine künstlihe Konkurrenz afft, un Folge | dortige Manufaktur geradezu ungeheucre Fortschritte gemaht. Masse,

deren die Waare niedere Preise erzielt, als wenn sie einer Hand anvertraut gewesen wäre. Auf solhe Weise die Recht-

schaffenheit, Befähigung oder Geschästspraxis einzelner Firmen |

prüfen zu wollen, ist meist sehr kostspielig und sichert troydem keine zuverlässige Beurtheilung. L

Es verdient weiter gerügt zu werden, daß ein Theil der Fabrikanten statt sich an die genauen Vorschristen ihrer über- jeeishen Geschäftesreunde zu halten, deren Beurtheilung des Marktwerthes und der Absaßfähigkeit des betreffenden Artikels sie anerkennen und befolgen sollten, Konsignationen lediglich als eine passende Gelegenheit tetrahten, mit altem, fehler- haften oder font unverkäuflihem Lager aufzuräumen. Der- gleichen eigenmächtige Versuche haben si stets s{hleht bezahlt und durch hohe Frachtspesen, Kommissionen, Lee S A. bei relativ sehr niederen Verkaufspreisen empfindliche Verluste für den Absender, und durch die Untershwemmung des

Marktes mit mangelhafter Waare und Diskreditirung der |

deutshen Jndustrie niht minder große für das heimische Exportgeschäft zur Folge gehabt.

Das Ueberseßen der Preise in Konsignationsfakturen ist ein weiterer Uebelstand, der zu häufig vorkommt, um hier nicht ebenfalls Erwähnung zu finden. S

Konsignationswaaren, aus deren Verkauf kaum die Hälfte des Fakturenwerths erlöst wird, werden anstandslos in dop- pelter Quantität erneuert und erzielen in der Regel noch weit ungünstigere Resultate. Wenn es auch die Pflicht des Kom- missionärs ist, die Verkaufsinteressen des Kommittenten nah besten Kräften zu wahren, aus den Fakturenpreisen allein ist er nit in der Lage zu beurtheilen, ob und daß ein niederes Angebot dem Fabrikanten noch immer einen Nugzen läßt.

So tritt denn häufig der Fall ein, daß der hiesige Kom- missionär einer solhen Vreisdifferenz wegen den Verkauf ab- lehnt und später dur die Mittheilung des Fabrikanten über- rast wird, daß er zu dem Angebote hätte losshlagen follen. Der Käufer hat inzwischen seinen Bedarf anderweit bezogen, statt des aus den Chen Preisen erwarteten Gewinnes treten durch die vermehrten Lagerspesen Verluste und im weiteren Verlaufe Auktionsverkäufe ein, deren Ergebniß den Fabrikan- ten erst reht nicht befriedigt.

So wenig glauvhast es scheinen mag, der Fall kommt doch nicht selten vor, daß der heimische Fabrikant erwartet, der überseeishe Konsument solle sich darnach rihten, was er zu fabriziren gewohnt ift.

Auf gewünschte, selbst ganz geringfügige Aenderungen, die verlangt werden, pflegt dann die Antwort einzutreffen auf diese Appretur, jene Mischung, oder um was es sich sonst handeln mag, sind wir nicht eingerichtet, die Chinesen werden schon einsehen, daß unser Fabrikat viel besser ist; oder meine Methode ist besser und wenn sie das dem Chinesen zeigen wollen, wird er sehr bald meiner Waare den Vorzug geben und dergleihen. Werden dann gleihwohl die Waaren ohne die gewünschte Abänderung hierhergesandt und treten daraus Verluste ein, so zieht sich der Fabrikant zurück, als ob der Handel mit China ein riskantes und unberechenbares Geschäft jei, ohne daß er begreifen kann oder will, daß der Veriust

“nur der Unkenntniß des Geshmacks und den Anforderungen

des Konsumenten und beziehungsweise der Abneigung den- selben Rechnung zu tragen einzig und allein zuzuschreiben ist.

Es ist die dem deutshen Fabrikanten anhastende Schwer- fälligkcit, der Hang zum Hergebrachten, der daran Schuld trägt und der ihn nicht selten dazu veranlaßt, selbst kontraktliche Bedingungen bei der Fabrikation zu ignoriren.

Der Chinese wie ih bereits in dem anliegenden Aus- zuge zu bemerken Gelegenheit gehabt ist sanguin, er ist rasch entschlossen auf Grundlage der derzeitigen Preiëlage aroße Lieferungsgeschäfte abzuschließen ; tritt dann eine andere Konstellation ein, die statt des erhofften Gewinnes, Verlust in Aussicht stellt, so wird er die geringste Abweihung vom Muster ;

der der Lieferzeit oder welch sonstiger Kontraktsbedingung dazu '

benußen von dem leßteren zurückzutreten. Bei einer Lieferung von Anilinfarben hatte der deutsche Fabrikant zweifellos von der besten Absicht geleitet eine Farbe geliefert, welche im trockenen Zustande der Farbe des Musters zwar nicht ganz entsprach, flüssig und aufgestrichen dagegen die Musterfarbe gediegener und intensiver darstellte als die Probe. Troßdem atte die Abweichung einen unverhältnißmäßigen Abzug zur olge, welcher bewilligt werden mußte, um die Aufgabe des ganzen Kontrakts und damit der weiteren Lieferungen zu ver- meiden. D Daß der Chinese demjenigen Fabrikanten sih zugewendet, der seinen Wünschen und Anforderungen ohne Weiteres Rech- nung trägt, der in seinen Augen vernünftiger denkt, ist selbst- redend. (Fortsetzung folgt.)

Die letzte Sitzung des Kuratoriums der Königin-Augusta- Stiftung für die Berliner Feuerwehr brachte zum ersten Male einen Antrag zur Berathung, der wegen Mangel an dispo- niblen Fonds die Herabseßung der Unterstüßungen für die invaliden Feuerwehrmänner bezweckte. Das Kuratorium fonnte sich zwar der Ueberzeugung nicht verschließen, daß die Ansprüche an das Stiftungévermögen in Folge zunehmenden Alters der Mann- chaften, zablreider bedauernéswerther Unglücksfälle 2c. geftiegen, da- dagegen die Einnahmen in leuterer Zeit erheblich nachgelassen und in Folge defsen {Gon sür das laufende Jahr ein

Pensionsreglements beschäftigt sein soll, werden unsere Mitbürger doc dafür Sorge zu tragen haben, daß die Königin-Augusta-Stiftung

nit wieder in die Lage komme, über ähnliche Anträge zu beratben, | und es bedarf wobl nur dieser Anregung, um den Woblthätigkeitsfinn |

der Berliner von Neuem auf diese Stiftung binzulenken, denn die Stiftung wird aub nach Erlaß cincsÿ Pensionéreglements für die Feuerwehr als alleinige Unterstüßungskaîse der Wittwen und Waisen

| von Feuerwehrmannschaften noch segensreich zu wirken haben; als

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solche gewährt sie heute schon an 32 Wittwen laufende Unterstüßungen bis zu 30 K pro Monat.

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In Wien findet zur Zeit cine Krugausstellung statt,

welcher sich au mit großem Erfolge Berlin betbeiligt hat. Die „Presse“ schreibt darüber: Eine außerordentlie Ueberrascbung bat |

den Freunden der Keramik die Königliche Porzellan-Manu-

faktur in Berlin bereitet. Es ist heute wobl keine Indiéfretion | mebr, zu erzählen, daß im Jahre 1876 în München ernfte Zweifel | bestanden, ob man die einst so berühmte Fabrik nocch in die Reibe |

der ersten ibrer Art stellen dürfe, und daß man ih nur vor der Ver-

nes Urtbeil möglicherweise über die Berliner Anstalt daftelbe Ge- \chick beraufzubeschwören, welchbes cin Jahrzehnt früher die Wiener erreibt hatte. Die „Opportunisten“, weldbe sich damals zu ciner Konzession verstanden, brauchen das nit zu bereuen, denn feit der Müncbener, ja selbst seit der Berliner Auéstellung von 1879 bat die

Formen und Dekorationen sind gleih vorzügli und zum Theil ganz cigenthümlich. Die Gefäße von Elfenbeinmafse mit zartem Decor, welcer allerdings an den japanischen Stvl anklingt, aber nit dessen Extravaganzen nachâft, und die prachtvollen rothen olivengrünen 2c. Glasuren sind ganz geeignet, allgemeines Aufsehen zu erregen. Die - glücklihen fkoloristislen Effekte werden von Jedet- mann empfunden; aufmerksam zu machen braucht man nur

| auf zwei technische Fortschritt: an verschiedenen Exemplaren ift | nämli, wie das aub in Japan gescbieht, das Ornament in die far-

bige Glasur derartig gravirt, „daß der weiße Grund wieder zum Vor- schein gekommen ist und dann wieder mit anderen Farben bedeckt werden konnte. Es entsteht also eine Art Mosaik, welche den Vor- tbeil bat, daf der Decor nicht erhaben auf dem farbigen Grunde liegt, der letztere vicht durch dicken Auftrag der lihteren Farben ge- deckt zu werden braucbt,- auch durchsceinende Farben verwendet werden fönnen. Ferner sind einige Stücke mit vielfarbiger Malerei unter der bleifreien Glasur ausgestellt, weldbe das höchste Interesse der Tech- niker erregen und auch das Publikum insofern interessiren werden, als dies ja aus Erfahrung weiß, daß die Malerei über der Glasur an Gebraucbsgegenständen keine lange Dauer hat.

Das im Auftrage der Stadt Berlin von Anton von Werner gemalte Bild des D celtáer Keongresses im Jahre 1878, das während einiger Wochen im Feftsaal des Rathhauses öffentlich auë- gestellt war, wird demnächst auch in photographischer Reprodufktion allgemein zugänglich werden. Eine zutreffende Vorstellung der Ge- sammtanordnung sowohl wie der Auffaffung und-Charakteristik der in dem Gemälde vereinigten Porträts der Theilnehmer des Kongresses gewährt indeß {on jeßt ein im Verlag von Paul Bette erschienenes, nah einer Federzeichnung A. von Werners in vorzüglichem Licht- dru ck ausgeführtes Blatt, das überdies als eine in sich selbständige und interessante Komposition des Künstlers auch neben jener Photo- graphie seinen eigenartigen Werth nit verliert. Ursprünglich dazu bestimmt, als Erläuterungstafel des Oelgemäldes zu dienen, zeigt es in_ genau entsprechender Anordnung die ganze obere Hälfte desselben mit den Köpfen und Halbfiguren der porträtirten Personen und darunter auf der breiten Fläche eines Vorhangs, der den unteren Theil des Gemäldes verdeckt, die Namen der Dar- gestellten. Die Umrahmung dieser Tafel aber, in ihren ornamentalen Motiven an den für das Kongreßbild bergestellten Rahmen erinnernd, bildet eine beziehungsreiche allegoris{e Komposition, in deren Erfin- dung und Vortragsweise der Künstler sich na längerer Pause wieder einmal auf dem Gebiet der Jllustrationszeichnung bewegt, auf dem er zuerst seinen Ruf begründete. Zwei hohe, mit Renaifsance-Ornamenten verzierte Säulen, in Form und Dekoration denen entsprecend, die in reiber Holzschniterei dem Bilde selber als Träger dienen, ragen, mit Kränzen und Palmzweigen ges{müdckt, beiderseits als äußerste Ein- fassung auf. Ihre Kapitäle werden durch Querstäbe verbunden, an welchen die Konferenz-Protokolle in Gestalt siegelbeschwerter Per- gamentrollen herabbängen und zwischen ihnen flattern Tauben mit dem Delzweig und dem Friedensgruß „Pax vobizcum“ im Schnabel umher. Veber dem Inschriftfeld der Mitte ersceint, wie in der Umrahmung des Bildes, als oberste Bekrönung zwischen zwei Sphinrgestalten cin Januskopf, der hier aber das zürnende und das lächelnde Profil des Fürsten Bismarck zeigt, und auf den beiden Een find in gleicher Weise als Wayppenhalter sißende Bären angebract, die sich indeß nit in heraldiscer, sondern in bumoristisch-natürlicher Haltung dar- stellen. Am Fuße der beiden Säulen endlich mühen fich zwei Figuren, die an die wilden Männer des preußiswen Wappens erinnern, den an einer Querstange befestigten Vorhang mit den Namensinschriften in die Höhe zu ziehen, und zwischen ihnen, in der Mitte des Blattes, findet die allegorische Hauptgruppe der ganzen Komposition ihren Plaß. Um den in den Wolken {wimmenden Globus jagt hier der wüthende Kriegsgott den mit der Sense erschreckt fliehenden Land- mann vor sich her. Dem Gewaltigen aber wehrt bereits die be- flügelte weibliwe Gestalt des Friedens, die mit dem Palmzweig in der Hand sich wieder auf die Erde niedergelassen hat, und während auf der einen Seite als Repräsentant gewerblicher Arbeit ein Schmied im Arbeitsanzuge, halb noch von dem s{ütßenden Vorhang verdeckt, den Hammer drobend gegen den Kriegsgott s{wingt, tauht auf der anderen auch Merkur als Vertreter des friedlichen Handels wieder aus seinem Versteck hervor. Wenn dem Oelgemälde gegenüber einerseits der Mangel einer eigentli maleris{en Wir- fung und eine in manchen Accessoires allzu uninteressante Behand- lung8weise bemerkt, andererseits aber in den Figuren selber troß aller äußeren Aebnlichkeit doch die von dem Porträt als folhem zu fordernde Feinheit und Schärfe in der Erfassung des individuellen geistigen Ausdrucks vermißt werden dürfte, so ist das im Charakter der Illustration gebaltene Blatt eine in threr Art um so ansprechendere Arbeit. In den Köpfen der Haupt- figuren von einer für den fleinen Maßstab außerordentlichen Porträt- ähnlichkeit und in der Erfindung des Uebrigen ebenso frisch und geist- reich wie in der treffliden Behandlung der Federzeibnung, wird es in feiner erfreulihen Wirkung kaum dadurch beeinträchtigt, daß die Gestalt der Friedensgöttin wie von der Psyche in der Merkurgruppe von R. Begas inspirirt erscheint, während die Figuren der beiden wilden Männer etwas mehr als cs in dein phantastishen Zusammen- bange wünschenswerth ist, an das lebende Modell erinnern.

Nach der „Petersb. Ztg.“ hat der Präsident der „Inter- nationalen Polarkommission“, Akademiker Wild, ein Cir- fular versandt, in welchem er erklärt, daß die Ausführung des Wey- prechts{chen Projekts simultaner phyvsikalischer, insbesonderer meteoro- logisher und erdmagnetisher Beobachtungen auf einer Reihe von Sia- tionen in der arfktiswen Zone nunmehr gesichert ist und zwar mit Beginn der mindestens einjährigen Observationen im Herbst 4882. Folgende sechs Staaten haben nämlih bereits ihre Betheiligung an dem Unternehmen definitiv zugesagt: Dänemark, Nor- wegen, Oesterreih-Ungarn, Rußland, Schweden, Vereinigte Staaten von Nord-Amerika. Diese Staaten werden, wenn nit durch eine weitere Betheiligung anderer Länder cine bezüglide Modifikation ein- treten sollte, in folgenden Punkten der arktisben Zone Observatorien erribten: Dänemark in Upernivik, Norwegen im nördlichen Finnmarken , Oesterreib-Ungarn auf Jan Mayen oder, wenn mögli, an der Ostküste Grönlands, Rußland auf Nowaja- Semlja und an der Lenamündung, Schweden auf Spitßbergen, die Vereinigten Staaten bei Point Barrow und in der Lady Franklin Bai. Es sind das die at Punkte im arktishen Gebiete, deren Besetzung die erste Polarkonferenz in Hamburg im Oktober 1879 als mindestens nothwendia für die Ausführung des Unterneb- mens bezeichnete, und woran au die zweite Konferenz in Bern im August 1880 als Bedingunz zur Lösung der gestellten Aufgabe festhalten zu müssen glaubte. Nab -den eingegangenen Nachrichten ift aber weiter- hin ziemlich sicher zu erwarten, daß gemäß dem auf der Hamburger Kon- ferenz ausgesprowenen Wunsche zngleih auch an einigen Punkten der antarftischen Zone Beobachtungen werden gemacbt werden. Zur definitiven und genaueren Vereinbarung über die zu beseßenden Punkte, über den Umfang und den Modus der gemeinsamen Beob- achtungen sowie über den Beginn und die Termine der simultanen Observationen ist es nöthig, bald noch eine dritte internationale Polarkonferenz abzuhalten. Es if dafür als Ort St. Petersburg und als Termin der 1. August (n. St.) dieses Jahres in Auésit genommen.

Die Sommeroper im Krollscben Theater hat während ihrer furzen Dauer bereits die mannigfachste Abwecselung geboten. Außer den besprochenen Aufführungen von „Margarethe“ und „Lucia“ sind „Fra Diavolo“, „Martha“, „Der Freis{üß“, „Der Troubadour“ und „Die weiße Dame“ zur Aufführung gekommen. Gestern ging die „Regimentstocter“ von Donizetti in Scene. Frl. Alt bewährte si in der Titelrolle wieder als ebenso gut beanlagte wie trefflih gescbulte Sängerin, welcbe si denn auc {nell die Sympathien des Publikumé ge- wonnen bat. Reich mit Beifall ausgezeicbnet, mußte die Künstlerin einc bübse Einlage im 3. Aft, „Die Nachtigall“ von Alieneff, auf Ver- langen wiederholen. Der Darsteller des Tonio, Hr. Schmidt, ift ein wobl auégebildeter Tenor von etwas spiter, näselnder Klangfarbe, der aber bei größerer Selbstbeahtung seines Erfolges stets sicher sein dürfte. Die Partien der Marchesa und des Sulpice wurden durch Frl. Schwarz und Hrn. Baumann ansprechend ausgefüllt. Nach Schblufß; der Oper bot der brillant erleuchtete präbtige Garten mit dem zahlreicen, bei den Klängen der Hauskapelle promenirenden Publikum, wie all- abendlich, einen glänzenden Anblick. Hr. Kapellmeister Kéler - Béla wiederholte auf Verlangen sein zündendes großes Walzer-Potpourri „Oesterrei-Ungarn“, einen seiner ungarischen Tänze und den Rakoczy- Mars, wofür ihn das Publikum mit lautem Beifall lohnte.

Im Flora- Etablissement zu Charlottenburg findet morgen, Donnerstag, die zweite Auffahrt der Hrn. Eugène Godard unk Pierre Crommelin statt.

D

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

darin bestehe, daß ein

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

¿ 121. E Nictamlkliches.

Preußen. Berlin, 25. Mai. Jm weiteren Ver- laufe der geslrigen (48.) Sizung begann der Reichstag die erste Berathung des Entwurfs eines Gesezes, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaus- halts-Etat für das Etatsjahr 1881/82. Derselbe fordert zur Gewährung von Diäten für die Mitglieder des Deutschen Volkêwirthschastsraths 84 000 Æ, sür die Besoldung des Vor- sigenden des Patentamts, dessen Stelle künftig niht mehr als Nebenamt verwaltet werden solle, 12 000 4 nebst 1200 Wohnungsgeldzushuß, für die Betheiligung des Reiches an der internationalen Ausstellung für Elektrizität zu Paris 60000 J und für die Wiederherstellung der in St. Avold durch Feuer zerstörten Kasernements nebst Kammerbeständen 305 000 M (S. gestrige Nummer des Blattes unter Reichs- tagsangelegenheiten.) L

Der Präsident eröffnete die Generaldiskussion, in welcher das Wort nicht genommen wurde. Vor Eintritt in die Spezial- diskfussion beantragte der Abg. von Bennigsen, die Vorlage, betr. den Volkswirthschastsrath, einer besonderen Kommission von 14 Mitgliedern, eventuell die ganze Vorlage der Budgct- konmission zu überweisen. :

Uebér diesen Antrag erhob sich eine längere Geschäfts- ordnungsdebatte, da die Annahme des Antrages ohne Dis- fussion die Gegner der Kommissionsberathung an der Dar- legung ihrer Gründe verhindern würde. Fn diesem Sinne sprachen die Abgg. Dr. Braun (Glogau), Stumm, Ür. Lasker, Dr. Windthorst und Richter (Hagen); der Abg. von Bennigsen zog darauf seinen Prinzipalantrag zurück und behielt si vor, denselben im Laufe der Spcezialberathung wieder einzu- bringen. : H :

In der nunmehr über die Position: „Deutscher Volks- wirthschaftsrath“ (84 000 (c) eröffneten Spezialdiskussion be- merkte der Abg. Sonnemann: als er gehört habe, daß die Frage des deutschen Volkswirthschafstsraths im Reichstage er- örtert werden folle, habe er eine ausführlihe Vorlage über die Organisation, den Zweck und die Kosten dieser Jnstitution erwartet ; statt dessen werde dem Neichstage diese wichtige or- ganisatorishe Aenderung in der Form eines Nachtrags-Etats mit einigen erläuternden Bemerkungen vorgelegt in einer Form, wie man sonsi etwa die Mittel für eine Kaserne oder eine Speise-Ansialt vom Reichstage verlange. Jn Preußen habe man doch wenigstens bei der Einrichtung des Volks- wirthschaftsratßhs ein Königlihes Dekret erlassen und durch die Geseß - Sammlung veröffentlicht. Der vor- liegende Entwurf beanspruhe 84000 #, welche zur Zahlung von Diäten bewilligt werden sollten von einer Versammlung, die aus dem allgemeinen Wahlrecht hervorgegangen sci, aus Mitgliedern aller Stände sich zusammen- sche und selbst keine Diäten erhalte, während der Volkswirth- \hastsrath vorzugsweise aus Mitgliedern der Großindusirie zusammengeseßt sei, unter denen der Mensch mit dem Kom- merzienrath eigentlih erst anfange. Es sei doch eine starke Zumuthung für den diätenlosen Reichstag. Dem Reichskanzler jei vielleiht neben dem Deutschen Reichstage, der obersten Ver- tretung des deutshen Volks, so ein kleines Nebenparlament erwünscht; andere Gründe für die saatswirthschaftlihe Noth- wendigkeit solches Organs ließen fi wenigstens kaum auffinden. Die Erfayrungen anderer Länder lehrten mit zwingender Ueberzeugung die Ueberflüssigkeit, ja Schädlichkeit eines soge- nannten Volkswirthschaftsraths. Frankreih habe seit 1703 unter Ludwig X1V, durch Colbert seinen Conseil supérieur de commerce eingerihtet, die Revolution habe ihn hinweg- geshwemmt. Erst der erste Konsul habe denselben, und zwar nunmehr ungefähr ebenso wie es jeßt hier geschehen joll, refkonstruirt, durch Berufung auf Präsentation der Handelskammern und landwirthschastlißen Vereine. Dit Julirevolution habe dieser Jnstitution abermals ein Ende gemacht, und seitdem sei eine ganze Reihe von Dekreten und Gesezen über die Organisation derselben erschienen. Auch der jeßt in Frankreih bestehende Volkswirthschastsrath, dessen Mitglieder aus dèn Handelskammern gewählt würden, sei viel freisinniger zusammengeseßt als der deutsche; gewirkt habe der französische Volkéwirthschaftësrath immer nur in dem Sinne, daß derselbe si allen reaktionären Bestrebungen auf wirth- \caftlihem Gebiete angeshlossen habe. Zwei Drittel seiner Mitglieder gehörten der Großindustrie an; deshalb seien alle Prohibitivmaßregeln von demselben ausge angen, und noch heute bei der Zollreform in Frankreich estehe ein lebhafter Kampf zwischen den Bestrebungen des Parlaments und denen des Volkswirthschafteraths, wobei freilich die reaktio- nären Anschauungen des leßteren Seitens der Kammer nahezu ganz unbeachtet geblieben seien. Man habe denselben nur beibehalten als alte historiste Reli quie ohne irgend eine Be- deutung für die Entwickelung des Landes. Mit dieser Insti- tution wolle man jeßt Deutschland beglücken. Ueber die Zu- sammenseßung des preußischen Volkswirthschaftsraths wolle er sh hier niht näher äußern. Allerlei Kuriosa seien dabei vorgegangen. So hätten z. B. die Handelskammern von Frankfurt, Wiesbaden, Cassel und Hanau 3 Mitglieder vor- zushlagen; da nun aber das Stimmenverhältniß nah Maß- gabe der Gewerbesteuerzahlung habe festgestellt werden sollen und Frankfurt mehr Gewerdesteuer als die drei anderen Handelskammerbezir e zahle, so hätte der Frankfurter Dele- girte allein die Entscheidung über die 3 vorzuschlagenden Mit- glieder gehabt. Derselbe sei natürlich so entgegenkommend gewesen, nur einen Frankfurter und zwei aus anderen Be- zirken vorzuschlagen, sei aber vollständig berehtigt gewesen, für diese Bezirke allein drei Frankfurter vorzushlagen. Aehn- lih möge es auch anderwärts gegangen sein. Jnsbesondere sei sehr über die ungerehte Vertheilun pellagt worden, die es herbeigeführt habe, daß aus den Seestä ten außerordentlich wenig Delegirte in den Rath gekommen seien. Jn Bezug auf die Frage ber Jnnungen hätten ihn dic Debatten des BeiGatags ehnmal mehr belehrt, als die Verhandlungen des Vol ewiethschaftsraths, und was das Unfallversicherungsgeseß

betreffe, so habe der leytere nur zwei wesentliche enderungen in den Entwurf hineingebraht, von denen die erste, welche

rittel der Prämien vom Reich bezahlt

Berlin, Mittwoch, den 25. Mai

werden solle, in der Neihstagskommission kaum eine oder

zwei Stimmen zur Unterstüzung gefunden habe. Die zweite Aenderung betreffe die Bestimmung, daß die Versicherungs- anstalt anstatt einer Rente, auch ein Kapital bezahlen dürfe, da habe der Volkswirthshaftsrath die großartige Weisheit entdeckt: eine Kapitalabfindung sei untersagt. Das sei seine ganze Arbeitsleistung gewesen. Für eine folche Jnstitution habe man wirklich keinen Raum; wünsche die Regierung zur Ausarbeitung solcher Geseßentwürfe sich zu informiren, jo solle sie spezielle Sachverständige berufen, die genau mit der Materie, um die es sich handele, ver- traut seien. Wenn sie wolle, so möge fie si mit cinem be- sonderen Staatsrath umgeben, der die Form der Geseße zu untersuchen habe, in wie weit sie mit anderen Gesetzen follidiren könnten, aber zur volkswirths{aftlihen Vorprüfung sei der Reichstag die richtigste Jnstanz. Die ganze Fnstitution des Volkswirthschaftsraths habe offenbar keinen andern Zweck, als die Thätigkcit des Reichstages noh weiter lahm zu legen und zu ershweren. Der einzige Erfolg, daß das Unfallver- siherungsgeseß erst dem Volkswirthschaftsrath vorgelegt wor- den, sei der gewesen, daß der Reichstag den Geseßentwurf 5 Wochen später erhalten habe, und um so lange Zeit in seinen Berathungen verzögert worden sei. Der Reichstag könnte viel- [leicht schon zu Haufe sein, während derselbe jegt über Pfingsten

hier sißen müsse. Wolle man eine solhe Fnstitution | schaffen, so möge man die Sache gesezmäßig organisch in das |

Deutsche Reich einführen; in dieser Weise aber den Weg des Nachtragsetats zu wählen, das scheine ihm der Würde der Versammlung nit angemessen zu sein, ebenso wenig wie die Forderung, daß der Reichstag Diäten bewilligen solle für ein anderes Parlament, während er selbst keine Diäten bekomme. Das scheine ihm ein Akt der Selbstverstümmelung, auf den der Neichstag niht eingehen könne. Er empfchle, die Vor- lage abzulehnen oder ihr durch Ueberweisung an eine Kom- mission ein anständiges Begräbniß zu geben.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staats-Minister von Boetticher das Wort:

Meine Herren! Nicht um eine neue politische Institution ein- zus{muggeln, wie der Herr Vorredner sich auszudrücken beliebte, son- dern um ein gutes und nüßlihes Werk zu thun, ift die NReichsxegie- rung dazu übergegangen, die Frage in Erörterung zu ziehen, ob die in Preußen seit dem 17. November v. F. bestehende Institution des Bolfkwirthschaftêraths auch auf das Reich auszudehnen fein mödte, und sie hat diese Frage bejaben müssen, theis aus fachlichen Gründen, die in der Frage selbst liegen, theils um den aus allen Theilen des Reiches hervorgetretenen Wünschen entgegenzukommen. Der Herr Vorredner hat gemeint, es handle sch hier darum, ein Parlament gegen das andere auszuspielen, eine Institution zu ichaffen, die der Reichsregierung oder den verbündeten Regierungen eine bequeme Handhabe biete, um gegen den Reichstag, wenn er fi auf eine dem wirth\chaftlihen Standpunkt der Regierungen entgegen- stehende Seite“ stelle, ausgespielt zu werden. Weit entfernt find wir davon gewesen, folcbe Ziele aufzustellen. Was allein

in Preußen den Gedanken der Einrichtung eines Volfkswirthschafts- |

raths zu Tage gefördert hat, das ist die Erscheinung gewesen, daß unsere wirth!chaftlihen Geseße und die Verordnungen, die auf wirth- \chaftlichem Gebiete erlassen worden find, sehr bäufig um deswillen einer mißliebigen Kritik ausgeseßt würden, weil man ihnen vorwarf, daß sie nit in ausreihendem Maße und nicht mit völlig zutreffen- dem Urtheile die wahren Bedürfni)se der wirthschaftlichen Interessen- gruvven und die wabren Zustände von Handel und Gewerbe berück- nichtigten. Das allein ist der Grund gewesen, der Frage näher zu treten, in welcher Weise man für die Vorbereitung unserer Gesete, für die Vorbereitung der Verordnungen, die auf wirthschaftlichem Gebiete zu erlaffen sind, eine beîsere Vorbereitung treffen könne. Und, meine Herren, wenn ich von ciner abfälligen Kritik gesprochen babe, so sollte id meinen, Jeder von uns wüßte, daß auch die Wände dieses Saales wiedergehallt haben von Vorwürfen, dabin, daß die Vorlagen, die an den Reichtag kommen, nicht immer mit der erforderlider Gründlihkeit und Sacblichkeit vorbereitct waren. Meine Herren, wenn nun also die Reichsregierung dazu übergegangen ist, das, was auf preußischem Boden \1ch bereits im gewiffen Grade bewährt bat (oho! links), . . . ja, meine Herren, ih werde die Ehre

ah äFhnen A 4 îc 5 s id 0 Mei 7 bi af S F 5 ° e L aal : : T haben, Ibnen naher zu sagen, weshalb i der Meinung bin, daß es | in dieser Beziehung einen mir heute Morgen vorgelegten Paus aus

sib bewährt bat. Ich weiß ja von vornherein, daß dice Meinung nit überall getheilt wird. Also, wenn die Reichsregierung dazu übergegangen ift, eine Institution in Aussicht zu nehmen, die, wie ich wiederholt b in gewissem Grade bewährt hat, fo sollte ich meinen, daß

sie weit davon entfernt wäre, Vorwürfe zu verdienen. Jeder |

folber Schritt sollte doch gerade den Herren, die an die Vorlagen

der Reichsregierung eine abfällige Kritik angelegt haben, willkommen | sein, wenn er darauf abzielt, bessere Vorlagen an den Reichstag zu

bringen. Und, meine Herren, sind wir es denn allein, die das Ge- fükl baben, daß wir eine bessere Information brauen. Sind nicht aus allen Theilen des Reichs, ist nit von ciner Reihe großer Korpo- rationen, sind nit vom Landwirtbscaftêrathe, find nit von Handels- tagen, find nicht vom Centralverbande der deutschen Industriellen Nesolutionen gefaßt und Petitionen gestellt, die dem Wunsche Aus- druck geben, gerade diese Einrichtung für Deutschland zu schaffen ?

Und nun glaube ich, Ihnen dargethan zu haben, daß jeder poli- |

tisde Hintergrund und ih weise ihn wiederholt zurück jeder volitisbe Gedanke, ein Parlament zu schaffen, welches gegen den Reichs- tag auégespielt werden soll, uns fern gelegen hat. Meine Herren, diefer Gedanke würde auch mit sehr wenig Glück auf dem beabsichtigten Wege zu realisiren sein. Denn warum handelt es sich denn? Es handelt \sich um eine Institution, die einfa eine berathende Stimme haben soll, deren Mitglieder einfa sagen sollen, was sie über eine gegebene wirthschaftlide Frage für das richtige halten. Und wenn die Reichsregierung wirklich in ihren Plänen, die sie vor den Reichs- tag bringt, dadur sachlich gestärkt wird, so ist das etwas Gutes, daraus aber folgt noch nicht, daß sie auch politisch ein unzulässiges Uebergewicht erhält. Z

Nun, hat der Herr Vorredner gesagt, es wäre doch eine wunder- bare Sache, daß der Reichstag Diäten bewilligen soll an eine andere Korporation, während er selbst keine Diäten bezieht. Ja, meine Herren, aus der Begriffébestimmung, die ich Ihnen gegeben habe für die Institution, folgt von selber, daß diese Korporation nothwendiger- weise für ihre Mühwaltung entschädigt werden muß, denn sie ist ein begutahtender Körper, fie wird aufgefordert, eine S Meinungéäußerung abzugeben, wenn es Se, Majestät der Kaiser oder der Bundesrath oder die Reichéregierung wünscht, und daß diese Arbeit nit obne Lohn bleiben darf, das versteht sich ganz von selbst.

Berechtigt ist das Verlangen des Herrn Vorredners, darüber Auskunft zu erhalten, wie die Komposition des deutschen Volks- wirtbsc{aftsäraths gedacht ist, und ih bin schr gern bereit, hier bereits die Skizze zu geben, die vom Bundesrath beschlossen ist und welche auch die Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers erhalten hat.

Meine Herren! Wir haben in Preußen den Volkswirthschafts-

181,

rath, wie ¿d ereits bemerfte, auf Grund einer Verordnung vom 9 40 f ‘r gt G S Z 17. November ebildet. Wir sind dort davon ausgegar 2 I

eits forstituirten

tretun

Präfentationsreckt zu geben. Den preußischen Herren Mitgliedern ist

ja die Verordnung, vom 17. November befannt. Dana seßt fich A 47 +1? _- S Al - a en 5 cio L. g P S f

der preußische Voltswirthscaftsrath, der äus 75 Mitgliedern besteht,

zutammen zu 45 aus jsolchen Mitgliedern, die präsentirt sind

Gan Zis E A Ee

von den Handelstammern, fausmännis{en Kor 5 S or In dep? c t 01 «7

und -. den landwir serelnen und

gliedern, wel{e Se. Majestät den König Man hat es nun im Bundesra ir nügli ( stitution sih anzulehnen, nit eine neue Grundla des deutsden Volkêwirthschaftsraths zu chafen, Crt {en Volkswirthschaftsrath besteken zu lassen auSzudebnen zu einem deutschen Volkswirthschaftsrath in daß auf die übrigen deutshen Bundesstaaten nah Maßgabe ibre Bevölkerungsziffer eine entsprebende Anzahl von Mitaltedern des deutschen Volkswirthschaftsraths zu entfallen habe. Dabei is jedem einzelnen Staate überlafien, in ähnliher Weise, wie die Sach für Preußen geordnet ist, oder in einer seinen Verbältni} entsprechenden Art die Präsentation oder Berufung des deutschen Volkswirthschaftsraths zu Wege zu

_——

{

deutsche Voltkswirtbschaftsrath würde si nun nach diesem Plane auf zusammen 125 Mitglieder belaufen. Es würden entfallen auf Preußen 75, auf Bayern 15, auf Königreiß Sachsen

auf Württemberg 6, auf Baden 4, auf Hessen 3, auf d beiden Großherzogtbümer Mecklenburg zusammen 2, auf Oldenburg und die kleineren Staaten würden zusammengefaßt in 3 Grupren,

e 3 resp. 2 Mitglieder zu stellen haben. Auf Elsaß-Lothringen

chtung des Volfswirthschaftsraths in Aussicht genommen ist, screibt vor in ahnlicher Weise, wie dies in der preußischen Verordnung ge- {eb _Entwürfe von Geseßen und Anordnungen, welche e Intereyen von Handel, Gewerbe und Landwirthschaft be- fie dem Bundesrathe zur Beschlußfassung vorgelegt

er Regel von dem nach den Bestimmungen d!-ser Ver-

ordnung zu bildenden deutschen Volkswirthschaftsratß zu bexutacßten sind, und daß Entwürfe, welche bereits an de i ino. Der 2 zu begutachten hat, Bundesrath besbließt. - Es j

| endlich entfallen 4. §, 1 der Kaiserlichen Verordnung, die für Er- rit

X «7A

Bundcsr angt in Auësicht geno

der deutsde Volfkswirthschaftsrath in ähnlicher Weise, wie beim preußischen geschieht, in drei Sektionen, für Handel, für Gewerbe und für Landwirtbschaft zerfällt. Den Vorsiß im deut- schen Volkêwirthschaftsrath soll der Neichskanzler führen, welcher si dur einen geeigneten Beamten vertreten lassen kann, und es soll jeder Landesregierung die Befugniß gegeben sein, an den Berathungen des deutschen Volkswirthschaftsraths, Sektionen und Auss{üßen, durch Bevollmächtigte oder Kommisftare theilzunehmen. Die Ge- \chäftsordnung für den Volkswirtbschaftsrath foll dur den Bundes- rath festgestellt werden. Meine Herren, ich habe vorbin {on daran erinnert, daß uns die Erfahrungen, wel{be wir mit dem vreußischen Volkswirth\chaftêrathe gemacht haben, feinceëwegs bedenklich machen konnten, dicse Institution auf das Deutsche Reich auszudehnen. Ich persönlich babe die Ehre gehabt, dem preußischen Volkswirthschafts- rath vorzusiten, und ich kann versichern und ih habe dics den Herren am Scchlusßse der Berathungen niht als eine facon de parler oder Höflichkeit ausgesprochen , sondern cs ist mir vom Herzen gekommen, daß ih mich über die Sachlichkeit und Objek- tivität der Berathungen, über das eingehende Verständniß, was von jedem Mitgliede des Volkswirthschaftsraths bei diesen Berathungen gezeigt wurde, ganz absonderlich gefreut habe. Es ist ja ganz richtig, was der Herr Vorredner gesagt hat, daß man sich nicht vollständig von seinem politisben Standpunkte emanzipiren kann, nun das ver- langen wir aub nicht, aber das wünschten wir allerdings, daß die Mitglieder nach Maßgabe ihrer Kenntniß und Erfahrung in den wirtbschaftlicben Zuständen ihres Berufskreises objektiv und sachlich urtheilen über Fragen, die ibnen vorgelegt werden, und das baben sie gethan, und bei mir ist die Ueberzeugung sehr fest gewurzelt, daß diese Institution eine recht heilsame werden wird. Meine Herren, die Parallele mit der Entwidckelung des franzö- nischen Conseil supérieur vaßt doch nicht ganz, es ift aber noch weniger zutreffend die Behauptung des Herrn Vorredners, daß der Conseil supérieur in beständigem Kampfe mit dem Parla- ment sich befinde und daß er glei{wohl ih mae auf den

behaupte, auf preußischem Boden si |

Widerspru aufmerksam, der darin liegt cine fehr s{wache Nolle spiele und eigentlih s{chon dem Verscheiden nabe fei. Jch möchte mir

einem Werk eines unserer deutschen Volkêwirthe vorzulesen erlauben, in welchem cs heißt:

Die bistorisde Entwickelung der französischen Institution er- \{eint um so mehr von Interesse, als fie cinen greifbaren Bewcis liefert für das Verständniß, mit welchem in unserem Nacbbarlande seit Hunderten von Jahren Handel und Gewerbe gepflegt wurden, indem man ein Organ \chGuf, das geleitet von den böchsten Spitzen der Staatêverwaltung die Summe der gewerblichen und finanziellen Bedürfnisse des Landes , die theoretishe und praktisbe Ueber- wachung und Förderung der bedeutendsten Gruppen der Volks- wirth\{chaft unter sorgsamster Pflege der Solidarität und Kon- tinuität derselben darstellte und von dem Vertrauen der Regierung sowohl, als des Volkes getragen ist.

Nun, meine Herren, was die Franzosen können, das können wir auch; lassen Sie uns einen deutschen Wirtbschaftérath schaffen und er wird, von dem Vertrauen der Regierung und ebenso, wic ih fest

boffe, von dem Vertrauen des Volkes getragen scin.

Der Abg. Dr. Renbsch erklärte, der Abg. Sonnemann habe das Bedürfniß zum Volkswirthschaftsrath geleugnet ; ihm gehe für diesen Sonnemannshen Ausspruch jedes Verjständ- niß ab. Was die Regierung mit dem Volkswirthschaftsrath einführen wolle, sei nihts anderes, als daß der Regierung, der so viel der Vorwurf der oberflählihen Sachkenntniß des grünen Tisches gemacht werde, der Einblick in das praktische Leben hinein gegönnt werden solle. Allerdings habe ja die Regierung die Möglichkeit, sich auf andere Weise zu orienti- ren. Sie habe dies ja auch bereits bei den Enqueten gethan. Damals habe dex Abg. Sonnemann emphatish gerufen: man brauche Sa@verständige, die die Sache ganz genau fkennten. s sei dei der Gijen- enquete gewesen. Man habe die besten Sachverständigen zu- sammengerufen, nämlich die Eisenindustriellen, wie es der Abg. Sonnemann verlangt habe. Wie diese aber ihr Nesultat vor- gelegt hätte, habe es dem Abg. Sonnemann nicht gepaßt, und derselbe habe gesagt: das sei eine Jnteressenvertretung. Die- selbe Erfahrung habe man mit den übrigen Enqueten gemacht, die von der Regierung ins Leben gerufen seien, namentlich über Baumwolle und Leinen. Man habe immer Jnteressen- vertretung vorgeworfen. Der Regierung ständen aber auch noh andere Mittel zu Gebote. Er erinnere nur an den deut- schen Landwirthschaftsrath, der so zusammengeseßt sei, daß sein

pril, ict A E 4, R