1881 / 123 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 May 1881 18:00:01 GMT) scan diff

ImSanitäts-Corps. 15. Mai. Dr. Grüb, Dr. Schäffer, Assist. Aerzte 1. Kl. des Beurlaubtenstandes, Baumgärtner, Meuser, Affsist. Aerzte 2. Kl. des Beurlaubtenstandes, der erbetene Abschied bewilligt] Z

XITT1I. (Königlich Württembergisches) Armee-Corps.

Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Meere 23. Mai. Pfister, carakteri). Major im Inf. Regt. Nr. 120, unter Verleihung eines Patents seiner Charge zum etatsmäß. Stabsoffiz. ernannt. Graf v. Normann-Ehren- fels, charakteris. Major im Gren. Regt. Nr. 119, unter Verleihung eines Patents seiner Charge, als etatsmäß. Stabsoffiz. in das Gren. Regt. Nr. 123 verseßt. v. Schmidt, charakteris. Major im Inf. Regt. Nr. 125, Frhr. v. Stetten, charakteris. Major im Inf. Regt. Nr. 122, Imle, arate Major im Inf. Regt. Nr. 124, unter Verleihung eines Patents ihrer Charge, zu EUnEE Stabs- offizieren ernannt. Maier, N und Comp. Chef im Inf. Regt. Nr. 126, in die älteste Hauptmannsstelle des Inf. Regts. Nr. n N cher, Hauptm. und Comp. Chef im Inf. Regt. Nr. 124, in die älteste Hauptmannsstelle des Inf. Regts. Nr. 125, Freuden- berg, Pr. Lt. im Gren. Regt. Nr. 123, unter Beförderung zum Hauptmann und Comp. Chef in das Gren. Regt. Nr. 119 verseßt. v. Donat, rem. Leut. im Inf. Regt. Nr. 126, Knoerzer, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 124, zu Hauptleuten und Comp Chefs, Schmitt, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 122, zum überzähl. Hauptm., Probst, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 120, zum S und Se Chef, befördert. Blattmacher, Pr. Li. im

ren. Regt. Nr. 123, unter Beförder. zum Hauptm. und Comp. Chef, in das Inf. Regt. Nr. 124, Dinkelmann, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 121, unter Beförder. zum Hauptm. und Comp. Chef, in das Gren. Regt. Nr. 119, Haag, Sec. L. im Inf. Regt. Nr. 122, unter Beförderung zum Premier-Lieutenant, in das Infanterie-Regi- ment Nr. 126, Wöll haf, Seconde-Lieutenant im Infanterie-Regi- ment Nr. 121, unter Beförder. zum Pr. L., in das Inf. Regt. Nr. 124 verseßt. Gerok, Sec. Lt. im Gren. Regt. Nr. 123, Binder, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 120, Holzhaufer, Sec. Lt. im Gren. Regt. Nr. 123, Pfundt, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 121, zu Pr. Lts. befördert. Bailer, Pr. Lt. im Pion. Bat. Nr. 13, ein Patent seiner Charge verliehen. v. Chaulin, Pr. Lt. im Drag. Regt. Nr. 26, Frhr. v. Röder, Pr. Lt. im Ulan. Regt. Nr. 20, Hetteri, Pr. Lt. im Drag. Regt. Nr. 25, zu überzähl. Rittmeistern befürdert.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 28. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König besichtigten heute die 3. Garde-Fnfanterie- Brigade auf dem Exerzierplate östlich der Tempelhofer Chaussee, nahmen, in das Palais zurücgekehrt, den Vortrag des Ge- neral-Adjutanten von Albedyll entgegen und empfingen Nach- mittags den neu ernannten Königlih württembergischen Ge- \scndten, Herrn von Baur-Breitenfeld, um. aus dessen Händen die Kreditive entgegen zu nehmen.

Der Bundesrath sowie die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und. Verkehr und für Elsaß-Lothringen hielten heute Sißungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Reichstages befindet sih in der Zweiten Beilage.

In der heutigen (51.) Sißung des Reichs- tages, welcher mehrere Bevollmäcztigte zum Bundesrath und Konimissarien desselben beiwohnten, wurde zunächst ein

Schreiben des Abg. von Sczaniecki ih in welchem

derselbe mittheilt, daß er sein Mandat als Reichstagsmitglied niederlege. Der Präsident erklärte, hiervon dem Reichskanzler zur weiteren Veranlassung Mittheilung machen zu wollen. Das Haus seßte sodann die zweite Berathung des Entwurfs eines Geseßes, betreffend die Erhebung von Reichs- stempelabgaben, fort. Die Debatte begann bei Nr. II. des Tarifs (Schlußnoten und Rechnungen) und den ent- sprechenden §8. 6—11 des Entwurfs. Den Vorschlägen der Regierungsvorlage gemäß sollten a, Schlufnoten, Schlußzettel 2c. über Geschäfte, welche Wechsel, inländische Aktien, Staats- und sonstige Werth- papiere betreffen, bei einem Werthe von 300—1000 H mit 10 4, von 1000—5000 ( mit 25 S, von mehr als 5900 M mit 50 4 besteuert werden; betrifft das Geschäft auslän- dishe Aktien, Staats- und Werthpapiere, so sollte der Stempel bez. 25, 50, 100 „Z betragen; b. Rechnungen, Noten, Verzeichnisse, Bücherauszüge 2X. über der- artige Geschäfte follten ebenso behandelt, und auch hier zwishen in- und ausländishen Geschäften unter- schieden werden. Alle Zeitgeschäfte sollten ebenfalls unter diese Steuersäßte fallen, und nit die Cours- und Preisdifferenz oder Prämie, sondern die Waaren, Wechsel und Effekten als Gegenstand des Geschästs gelten. Die Kommission hat die Eintheilung der Geschäfte in Werthklassen gestrihen und will sowohl für Schlußnoten, als für Rechnungen einen einheitlichen Stempel von 10 „Z erheben, aber von allen Zeitgeschäften 1/;z pro Mille. Der Abg. Hermes beantragte, im fisfkalishen Jntere})e so- wohl die Shlußnoten als die Rehnungen nur dann zu besteuern wenn sie Geschäfte von mehr als 500 Werth beträfen. Der Abg. Frhr. v. Lerchenfeld empfahl einen von ihm gestellten Antrag, für Schlußnoten und NeWnungen einen einbeitlien Stempel von 90 „, für Zeitgeschäste von 100 A festzuseßen, und machte hierfür besonders praktische Erwägungen geltend. Der Abg. Schlutow machte sich den Antrag Lerchenfeld, jedoch nur bezüglich der Zeitgeschäfte, zu eigen. Der Abg. von Wedell- Malchow wollte für Schlußnoten und Rechnungen einen Steuer- von 1/9 pro Tausend eingeführt wissen, ferner die Wechsel und Effekten betreffenden Schrijtstücke befreien, wenn das Objekt weniger als 300 M, bei Waaren, wenn es weniger als 1000 M Werth habe; wenn ein fester Say an- gerommen würde, dann werde das kleine Kapital vor dem großen prägravirt werden, was im Jnteresse der ausgleichen- den Gerechtigkeit zu vermeiden sei. Der Abg. Graf von Droste erklärte sih aus demselben Grunde für den Antrag von Wedell. Der Abg. von Kardorff befürwortete den Antrag Lerchenfeld, da derselbe allein ge ignet sei, Stempelhinterziehungen mög- lihst zu verhindern. Der Kommissar des Bundesraths, Ge- heime Ober-Finanz:Rath Girth, bezeichnete die Regierungs- vorlage als die Vermittlerin zwishen den beiden in der Debatte zu Tage getretenen Extremen, die sih sonach hon deshalb zur Abnahme empfehle; doch zwolle er dem Antrag Wedell keinen prinzipalen Winersprul entgegensezen., Der Abg. Sonnemann meinte, die leßte Erklärung des Kommissars stehe in Widerspruch mit den Motiven zu dem vorliegenden Entwurf, die ausdrüdcklich das Prinzip der prozentualen Be- steuerung von der Hand wiesen. Der Bundesraths- konimifsar wies die Unrichtigkeit der Auffassung des Vor- redners nah. Die Abstimmung, welhe eine sehr kom-

plizirte war, da wegen der Zweifelhaftigkeit der Majoritäten eine Reihe von Zählungen nothwendig wurde, dauerte bei Schluß des Blatts fort.

Für die Zeit vom Beginn des Elatsjahres bis zum Schlusse des Monats April 1881 sind (verglichen mit der Einnahme vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schlusse des obengenannten Monats des Vorjahres) bei dem Reich ver- einnahmt worden: Post- und Telegraphenverwaltung 11 265 446 M (+ 391 749 A6), Reichseisenbahn- Verwaltung n 900 M“ L 46 284 M6), Wechselstempelsteuer 518 414 4 20517 ;

Nach einem Cirkularerlaß des Ministers der öffent- lihen Arbeiten vom 11. d. M. sind Schülerabonne ments niht etwa nur für Kinder im shulpflichtigen Alter auszugeben, vielmehr diese Vergünstigung für Schüler und Schülerinnen der niederen und höheren Schulen ohne Unterschied zu gewäh- ren, wenn das vorgeschriebene Attest der Schulbehörde bei- gebraht wird. Ausgenommen bleiben junge Leute, welche akademische Anstalten, Universitäten, tehnishe Hochschulen, Konservatorien u. dgl. besuchen.

Eine ein Schenkungsversprechen enthaltende Urkunde unterliegt, nah einem Erkenntniß des Reichs gerichts, IV, Civilsenats, vom 4. April d. J.,, in Preußen der Stempelsteuer, unabhängig von einer Annahmeerklärung der Schenkung Seitens des Beschenkten.

Blumen gehören, nah einem Urtheil des Reichs- gerichts, 111. Strafsenats, vom 9. April d. J., nicht zu den Genußmitteln, deren Entwendung in geringer Menge nicht als Diebstahl, sondern nur als Uebertretung aus §. 270 Nr. 5 des Strafgeseßbuchs zu bestrafen ist, vielmehr ist die Entwen- dung von Blumen, um sich an ihrem Anbl ck zu erfreuen oder daran zu rieen, als Diebstahl zu bestrafen, auch wenn die entwendeten Blumen einen nur geringen Werth ge- habt haben.

Der General - Feldmarschall und Chef des General- stabes der Armee, Graf von Moltke, hat sih zum mehr- monatlichen Ausenthalte nah Creisau bei Schweidniß begeben.

An Stelle des dur seine Ernennung zum Präsiden- ten der Preußishen Central-Bodenkredit-Aktien-Gesellschast aus dem Staatsdienst geschiedenen Unter-Staatssekretärs Pr. Jacobi ist der vortragende Rath im Finanz-Ministerium, Ge- heime Ober-Finanz-Rath Dr. Rüdorff, zum Mitgliede des E zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte ernannt worden.

Der Ober-Ceremonienmeister Graf Stillfried ist von Sr. Majestät dem Kaiser und König beurlaubt worden, um

eine Badekur zu gebrauchen. Später wird sich derselbe nach Burg Hohenzollern begeben.

S. M. S. _„Nymphe“, 9 Geschüße, Kommandant Kapitän zur See Schröder, ist am 9. Mai d. J. in Norfolk eingetroffen.

Mainz, W. Mai. (W. T. B.) Der Großherzog ist heute Vormittag nah Darmstadt zurückgekehrt.

_ Hamburg, 27. Wai. (W. T. B.) Die in der heutigen Sitzung der Bürgerschaft verlesene Mittheilung des Senats lautet: '

In det4Mittheilung pom 2. Mai mußte ih der Senat auf die

Erklärung béschränken, daß er außer Stande sei, dem Ersuchen der Bürgerschaft um Auskunft zu entsprechen, so lange die Verhandlungen nicht abgeschlossen seien. Nachdem dem Senat nunmehr von seinen Kommissarien beribtet worden ist, daß eine Vereinbarung zu Stande gekommen und unter Vorbehalt der Genehmigung des Reichs- tanzlers und des Senats gestern unterzeichnet, auch erstere bereits ertheilt worden i, verfehlt der Senat nit, die Bürgerschaft hiervon zu benachrichtigen und derselben über den hauptsächlihsten Inhalt des Abkommens vorläufige Mittheilung zu machen. Vor Allem i} hervorzuheben, daß ein für die Zwecke des Großhandels und der Erportindustrie bestimmter Freihafenbezirk Hamburg dauernd verbleibt und daß dieser Freihafenbezirk unter den Schutz des Art. 34 der Reichsverfassung gestellt wird. + Der Freihafen- bezirk umfaßt die Norder-Elbe bei Hamburg, den Hafen, die Quai- anlagen, einen von Hamburg noch näher zu bestimmenden Theil der zwischen den Quaianlagen und dem vom Binnenhafen nach dem Ober- hafen sich erstreckenden Fleetzug belegenen Straßen und Häuserkomplere, fowie der der Stadt gegenüber belegenen Elbinseln. Innerbalb dieîes lediglich von Außen zollamtlich zu bewachenden Bezirks ist die Bewegung der Schiffe und Waaren von jeder Zollkontrole befreit und unum- \{ränkte Anlegung von industriellen Großbetrieben gestattet. Auch den im künftigen Zollgebiete belegenen Exrportindustrien sind die für den Fortbetrieb erforderlichen Erleichterungen in Aussicht gestellt. Namentlich soll den für den Export arbeitenden Sprit- und Hefen- fabriken der Fortbetrieb zunächst auf 12 Jahre nach erfolgtem Ab- \{chluß ermöglicht werden. Der zweite gleich wichtige Punkt betrifft die Vandhabung der Zollverwaltung. Dieselbe wird mit dem Etntritt des Zollanshlusses, welber auf “einen Zeitpunkt nah dem 1, Oktober 1888 festgestellt worden ist, auf Hamburg übergehen, mithin unter der oberen Leitung des Senats aus\cließlib durch bhamburgishe Behörden und Beamte geführt wer- den. Die Zollstelle an der Elbgrenze bei Hamburg tritt unter ham- burgiscbe, diejenige an der Elbgrenze bei Curhaven unter preußische Zollverwaltung. Eine vertragsmäßige Zusicherung der Benußung von Zollflagge und Leuchte für die von und nach Hamburg fahrenden Sceschiffe ist bei der für den Bundesrath auéscließlich in An- spruch genommenen Kompetenz zur Regelung derartiger Fragen nicht ertheilt, jedo unter glei{zcitiger Bezugnahme auf die Thatsache, daß die Frage durch Bundesrathsbeshluß, und zwar ganz im Sinne der hamburgischen Wünsche, bereits geregelt fei. Jn Bezug auf die Revision und Abänderung der Zollregulative und der Vorschriften für die Zollabfertigung sind niht nur weitgebende all- gemeine Zusicherungen gemacht, sondern die Vertreter des Herrn Reichskanzlers haben hinsicbtlih der für Hamburg wichtigsten, von den bamburgischen Kommissären im Einzelnen bezeihneten Punkte noch besonders erklärt, daß die Reichsregierung gegen die als erfor- li bezeibneten Erleichterungen und Ausnahmen prinzipielle Bedenken nit zu erbcben babe, und daß der Herr Reichékanzler im Allge- meinen keinca Anstand nehmen werde, die Berücksichtigung der- selben beim Bundesrathe zu befürworten Was cendlih die Kosten der dur den Zollans{bluß veranlaßten Bauten 2c. betrifft, so wird das Reich die Hälfte derselben bis zum Marimal- betrage von 40 Millionen Mark übernehmen. Die Modalitäten der Ausführung bleiben indeß Hamburgs eigenem Ermessen überlassen. Außerdem fällt Hamburg der Gesammtertrag der Nachsteuer zu. Der Senat wird den Wortlaut der Vereinbarung nebst dem dazugehörigen Protokoll der Bürgerschaft baldthunlichst „mit einer seinerscitigen Aeußerung zugehen lassen. _ Jn dem Begleitschreiben zu dieser Mittheilung spricht der Senat die Meinung aus, daß durch dieseibe auch das Aus- kunftsersuhen des Herrn Dr. Gieshen seine Erledigung g:- funden haben dürfte. Die Bürgerschaft nahm diese Mit- theilung zur Kenntniß und vertagte sih darauf bis nächsten Mittwoch.

Oesterreich - Ungarn. Wien. Aus Serajewo, 26. Mai, wird gemeldet : Das Amtsblatt publizirt folgendes Kaiserliches und Königliches Handschreiben an den ge- meinsamen Finanz-Minister von Szlävy: „Lieber von Szlávy! Bei der Vermählung des Kronprinzen, Meines geliebten Sohnes, haben die Bewohner Bosniens und der Periegevina ohne Unterschied der Religion und des Standes durch Snt\sendung einer zahlreihen Beglückwünschungs-Deputation, dur Darbringung von Geschenken, von Adressen, durch Absendung \crift- licher und telegraphisher Glückwünsche, sowie durch Veranstaltung von Festlichkeiten im Lande ihrer Theilnahme an diesem freudi- en Familienercignisse Ausdruck gegeben und auf - diese Weise ihre oyalität und Ergebenheit gegen Mich und Mein Paus neuerdings bekundet. Ich bin durch diese Beweise der Anhänglichkeit hoch erfreut und beauftrage Sie, dies allgemein kund zu machen, damit Mein Dank Jedermann bekannt werde. Die Länder Bosniens und der Herzegowina haben Mir dur ihr Verhalten auch bei diesem Anlasse wieder zu erkennen gegeben, wie sehr sie der Fürsorge würdig sind, welche ich ihnen unablässig zuwende und deren sie sih auch für die Zukunft versichert halten mögen. Franz Josef.“ Pest, 27. Mai. (W., T. B) Die libe- rale Partei des Reichstags hat in ihrer heu- tigen Abendsizung den Gesetzentwurf, betreffend die Re ge- lung der Handels- und Verkehrsbeziehungen zum Deutschen Reiche, angenommen. Ministerpräsident Tisza machte die Mittheilung, der Kaiser und die Kaiserin wür- den am Dienstag in Pest eintreffen und der Reichstag werde

am E oder Donnerstag mit einer Thronrede ge\chlo}en werden.

Großbritannien und Jrland. London, 27. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen: Sißung des. Oberhauses wünschte Lord De La Warr Aufschluß üver die Politik der Regierung in Bezug auf Tunis. Der Staats- Sekretär des Auswärtigen, Lord Granville, erwiderte: die Regierung sei, wenn der allgemeine Wunsch nah einer Debatte über die tunesishe Frage vorhanden sein oder wenn die Absicht bestehen sollte, ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung einzubringen, bereit, eine ausführliche Debatte über die Frage eintreten zu lassen; mit e in Diskussionen über eine mit großer Delikatesse zu behandelnde Frage werde aber den freundschaftlichen Bezichungen Englands zu Frank- reih niht genüßt. Lord Salisbury {loß ih der Ansicht Lord Granville's an, daß England kein solches Jnteresse an der tunesischen Frage habe, daß dur dasselbe eine Spannung in den freundschastlihen Beziehungen zu Frankreih gerecht- fertigt erscheinen könnte.

Im Unterhause erklärte Dilke auf eine Anfrage L1ibouchères : die Regierung habe sich mit es diploma- tischen Agenten în Sosia in Verbindung gesett, um dem Parlamente die Schri ft st ü cke vorlegen zu können, aus denen sih die Gründe zur Erklärung des jüngst vom Fürsten von Bulgarien gethanen Schrittes ergäben. Hierauf wurde die E inzelberathung der irischen Landbill fortgeseßt.

28. Mai. (W. T. B.) Jn Michelstown iy Jr- land kam es gestern gelegentlich dreier Exmissionen, die mit Hülfe von 250 Polizeibeamten und einer Dragoner Ab- theilung vorgenommen wurden, zu einem ernsten Zusammen - stoße zwischen der Bevölkerung und der Tru ppen- macht und Polizei. Die Volksmenge wuchs nah und nah bis auf 12000 Personen an ; die Polizei wurde mit Steinwürfen angegriffen und mehrere Polizeibeamte ver- wundet. Die Polizei und die Kavallerie trieben die Volks- menge durch wiederholte Angriffe zurück; das Geseß gegen das Zusammenrotten von Personen wurde zweimal verlesen. Von der beabsichtigten Vornahme noch weiterer Exmissionen wurde \{hließlich abgesehen.

Frankreich. Paris, 25. Mai. (Fr. Corr.) Es bestätigt sich, daß der Bardouxsche Antrag, betreffend das Listenscrutinium, nicht die Aussicht hat, im Senat so ohne Weiteres durhzudringen, wie man anfänglich glaubte. Diejenigen gehen jedoch zu weit, welche behaupten und darauf dringen, daß das Prinzip der Departementwahlen selbst an- gefochten werde; es wird sih blos um eine Detailfrage, die Vermehrung der Deputirtenzahl handeln, und das neue Wahlgeseß ist darum nicht minder sicher, den Sieg davon zu tragen; denn die meisten Republikaner des Senats und cin Theil der Rechten sind, wie man dem wohlunterrichteten „Parlement“ entnimmt, dem Listenscrutinium günstig. Wenn ein Kongreß sich jeyt zu versammeln hätte, so würde er aus 300 Senatoren und 535 Deputirten, im Ganzen 835 Mitgliedern bestehen. Nach dem von der Kammer ange- nommenen Geseßze würde die nächste Deputirtenkammer 590 Mitglieder zählen und die Vertretung des Senats im Kongreß dadurh in entsprehender Weise ges{chwächt werden. Ein Senator hätte heute noch den Werth eines Achthundert- fünfunddreißigstels, in der nädsten Legislatur würde er aber auf ein Achthundertneunzigstel herabsinken, und dagegen will sich das Oberhaus wchren. Das „Parlement“ schlägt ver- schiedene Mittel vor, ihm Genugthuung zu gewäh:en, indem z. B. nicht jeder teliebige Bruchtheil von 70 000 Wählern, jondern nur cin solher von über 35000 einen Deputirten zu ernennen hätte, wodurch, wie dieses Blatt berechnet, die Zahl der Deputirten wieder genau auf 535 zusamen- \hmelzen würde.

Troßdem der Senat sih vorgestern auf Freitag vertagt hatte, wurde er von seinem Präsidenten für heute zu einer außerordentlihen Sizung einberufen, um den Garantie- vertrag mit Tunesien zu ratifiziren.

27. Mai. (W. T. B.) Bei der Berathung des Vertrags mit dem Bey von Tunis in der heutigen Senatssißung erklärte Gontaut-Biron: die Nechte werde, da sie keine Schwierigkeiten shaffen wolle, für den Ver- trag stimmen, indem sie die Verantwoitung für alle even- tuellen Folgen der Regierung überlasse. Der Vertrag wurde hierauf ohne Debatte angenommen.

Cahors, 27. Mai. (W. T. B.) Vei der Einweihung des Denkmals für die im Jahre 1870 gefallenen Mobilen des Departements Lot hielt Gambetta eine Rede, in der er u. A. sagte, man müsse vor allen Dingen die im Unglück und bei einer Niederlage Gefallenen ehren, die ohne Hoffnung ihr Blut dahin gegeben hätten. Man müsse diesen Denkstein jedoch auch zu einem Beispiel werden lassen für künftige Genera- tionen, aber „beruhigen Sie sih, nicht ein Beispiel, noch ein Lehre in der Angriffs-, Abenteuer- oder Eroberungspolitik. Nein! Nein! Wenn dieses Denkmal mt unwiderstehlicher Gewalt etwas sagen will, so sagt es, daß diese Todten fielen, weil die Nation in unheilvoller Stunde sich voll und ganz in die Hände eines einzigen Mannes gab“. (Lebk- hafter Beifall.) mbetta wies sodann auf das während des Kriegs unter allen Parteien bestandene Einvernehmen hin

und bedauerte, daß ein gleiches Einvernehmen nicht auch be- standen habe bei der Berathung über die Form der neuen Regierung. Jndeß mache dieses Einvernehmen jeßt täglih Fortschritte troß des Widerstandes tes Generalstabs der ohn- mächtigen Parteien. „Aber erinnern wir uns, seien wir nach- sihtig, die Eincn gegen die Andern, weil es gewiß ist, daß Kata- sirophen, wie diejenige, an die wir erinnert werden, ein Volk nit heimsuchen, wenn es nit einen gemeinsamen Fehler giebt. Die Einen sündigten dur ein Uebermaß von Schwäche, die Anderen durch ein Uebermaß von Arroganz und Despotis- mus, die Majorität durch cine strafbare Jndifferenz, aber Alles erhält seinen Lohn in der Gesellschaft und in der Geschichte. Wir haben heute zwei Bürgschaften dafür, daß der Degen rankreihs in der Hand eines Abenteurers nicht werden a zu einem Werkzeug der Unterdrückung nah FJnnen, noh auch zu dem Werkzeug eines illegitimen Angriffs nah Außen. Die erste Bürgschaft ist der obligatorische Militär- dienst, die zweite ist, daß in Frankreich künstig nichts, was Frieden oder Krieg betri, beschlossen werden kann außer durch den Willen des Volkes. (Beifall.) Seien Sie überzeugt, daß, wenn die Armee die erste Sorge Frankreichs ift, dies nur der Fall is, weil die Armee Frankreich selbst ist in seiner Jugend und in seiner, Zukunft. Frankreich is aber ent- \{lossen, seine Würde in Frieden zu behaupten, denn der riede ist es, den es bedarf. Glauben Sie denen nicht, welche agen werden, daß eine große, für ihre Ehre leidenschastlich eingenommene Armee eine Gefahr für den Frieden sei, Lange und dauerhafte Friedenszeiten beruhen auf der Macht der nationalen Organisation. Seien Sie darum dieses Frie- dens gewiß, welhe Gerüchte man auch Jhnen zu Ohren bringen mag. Weil Sie die Herren sind, kann Nichts ohne den Willen der Nation geschehen. Was Frankreich will, ist das, was au die Republitaner wollen die Ordnung, den Frieden in der Freiheit und in dem Fortschritt, um die Ent- wickelung des französischen Geistes zu sichern.“ (Enthusiastischer Beifall unter Hohs auf Gambetta, auf die Nepublif, auf Frankreich, auf die Armee.)

Italien. Rom, 28. Mai. (W. T. B.) Das neue Kabinet ist nunmehr konstituirt und wie folgt zusammen- geseßt: Depretis Präsidium und Jnneres, Vancim Aus- wärtiges, Zanardelli Justiz, Magliani Finanzen, Baccarini Arbeiten, Baccelli Unterricht, Berti Ackerbau, Ferrero Krieg, Acton Marine. Die Minister werden im Laufe des Vormit- tags den Eid leisten. Die Kammer soll in der nächsten Woche wieder einberufen werden. :

Die anfänglih in Aussicht genommene Ernennung Me z- zacapos zum Kriegs-Minister hat aus dem Grunde nicht stattgefunden, weil eine Einigung über das Kriegsbudet nicht erfolgen konnte. : i

Gegen die „Riforma“ is wegen eines von derselben gebrachten Artikels über das russische Manifest, der gegen das strenge aulokratishe Regiment in Rußland gerichtet ist, die gerichtlihe Verfolgung eingeleitet worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 28. Mai. (W. T. B.) Der Gehülfe des Reichsbankverwalters, Geheim- rath Nikolajeff, ist zum Adjunkten des Finanz-Mini- sters ernannt worden. Gestern traf hier eine Deputa- tion der Teke-Turkmenen ein. Dieselbe besteht aus dem ehemaligen Hauptanführer der Tekinzen, ODbas Marad Tikma Sardar, seinem Sohn und zwei Repräsentanten des Teke- Tuxrkmenenstammes.

Schweden und Norwegen. Christiania, 21. Mai. (Hamb. Corr.) Das Storthing hat heute nah kurzer Debatte die von Sverdrup eingebrachte Vorlage, betreffend die Erweiterung des Stimmrechts, mit der erforder- lihen Majorität angenommen. Demzufolge sollen, außer den gegenwärtigen Stimmberechtigten , diejenigen stimmberechtigt werden, die im leßten Fahre dem Staat oder der Gemeinde Steuern für eine Einnahme von 500 Kronen auf dem Lande und 800 Kr. in den Städten bezahlt haben. Die Zahl der Stimmberechtigten hier in Christiania würde demnach mehr als verdoppelt, d. h. um ca. 5000 neue Stimmberechtigte ver- mehrt werden.

Dänemark. Kopenhagen, 24. Mai. «Hamb. Corr.) Nachdem der im Oktober 1878 auf St. Croix aus- ebrohene Negeraufstand unterdrült und das vom Soivarieur der dänischen Kolonien niedergeseßte extraordinäre Standrecht aufgehoben worden war, wurde in Folge König- lien Befehls vom Gouverneur eine Kommission zur Unter- suhung und Aburtheilung der von den Aufrührern begangenen Verbrechen 2c. niedergeseßt. Die Kommission gab am 2. Sep- teinber v. J. ihr Erkenntniß ab, nah welchem ‘die 39 Ange- klagten zum Tode verurtheilt wurden. Das hiesige Höchsten- gericht hat dieses Erkenntniß gestern bestätigt. 27. Mai. (W. T. B.) Das neugewählte Folke- thing ist heute zusammengetreten und hat den Deputirten Krabbe provisorish als Präsidenten wiedergewählt.

Amerika. Philadelphia, 22. Mai. (Allg. Corr.) Ehe der Senat seine Session {loß, bestätigte ec sämmtliche Konsular-Ernennungen sowie auch fast alle anderen Er- nennungen. Die Abstimmung, welche die Ernennung von Pir. Chandler zum Solicitor-General ablehnte, ergab 19 gegen 23 Stimmen. Die ganze demokratishe Partei befand ih unter den Gegnern.

Neichstags- Angelegenheiten.

Cassel, 28. Mai. (W. T. B.) Na dem jeßt festgestellten amtliden Wablresultat erhielten bei der Reichstagswahl în dem Wahlkreise Rinteln-Hofgeismar-Wolfhagen Senator Scbläger 4044, Lehrer Liebermann 3098 und Rittergutsbesitzer von der Mals- burg 2451 Stimmen; mithin engere Wahl zwischen Scbhläger und Liebermann.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das Aufgebotsverfahren in Theorie und Praxis von A. Wandersleben, Amtsgerihts-Rath. Berlin Franz Vahlen (Kart. 1,80 4), Dos von dem praktischen Juristen so häufig zu be- bandelnde Verfahren in Aufgebotssachen findet in dem vorliegenden Buche cine erschöpfende Darstellung. In dem ersten Abschnitt wird die Lehre vom Aufgebot na den Grundsätzen der Civilprozeßordnung erläutert, der zweite Abschnitt enthält Aufgebotsmuster Beispiele an fingirten Fällen und wendet sih dur Heranziehung diefes VBer- anscaulihungsmittels vornehmlich an die Amtsrichter und Rechts- anwälte, die in ihrer täglichen Praris häufig diesen Abschnitt de, Civilprozeßordnung zu behandeln haben. Ein kurzes Satbregister er,

leihtert den Gebrauch.

Land- und Forstwirthschaft.

Stuttgart, 25. Mai. (St.-A. f. W.)_ welche seit einigen Wochen herrscht, ist zwar den Wiesen und den Saaten durhaus nit förderlich, aber für den Weinstock und für den guten Verlauf der Apfelblüthe von großem Werthe. Ohne ste hâtten die kalten Nächte ohne Zweifel viel geschadet, und ihr ver- dankt der Weinstock den Ansaß von sehr vielen Trauben. Nament- lid das Remsthal hat die besten Aussichten auf eine reichliche Weinernte.

Die Troenheit,

Gewerbe und Handel.

Dem Jahresberiht der Direktion der Ostpreußischen Südbahn-Gesellschaft für das Jahr 1880 entnehmen wir Fol- gendes: Die Bahn geht von Pillau-Königsberg nah der russischen Grenzstation Grajewo, ist 243,1 km lang und hat den Betrieb auch auf der Theilstreckte von der Landesgrenze bis zum Bahnhof Grajewo, 4 km lang. Zur Unterhaltung des Bahnplanums, Erneuerung der Schienen, Unterhaltung der Hochbauten und Bahnhöfe sind 1880 205 517 M, verwendet. An Betriebsmitteln sind vorhanden: 61 Per- sfonenwagen, 14 Gepäck- und 1282 Güterwagen, 10 Personenzug-. 40 Güterzug-, und 4 Tender-Lokomotiven. Der Verkehr des Jahres 1880 war erheblich geringer als der des Vorjahres, so daß der Ertrag der Stamm- Prioritätsaktien von 9%/ für 1879 auf 2 %/ für 1880 zurückgegan- gen ist. Der Einnahmeausfall resultirt aus der Abnahme der Ge- treidetransporte, während 1879 280 977 Tonnen Getreide befördert find, weist das Jahr 1880 nur 120 796 Tonnen auf. Es wurden be- fördert an Gütern und Getreide im Lokalverkehr 257 237 Tonnen (1879: 347 084 T.), im deutschen Verbandverkehr 31 647 Tonnen (1879: 32496 T.), im russischen Verbandverkehr 116 498 Tonnen (1879: 162059 T.) Der Gesammtausfall an Frachtgut betrug für 1880: 136266 Tonnen. Im Jahre 1880 sind im Ganzen beför- dert 720 326 Personen inkl. Militär, 409026 Tonnen Fracht- güter, 13912 Tonnen Vieh, gegen 1879: 754469 Personen inkl. Militär, 543 540 Tonnen Frachtgüter, 13 326 Tonnen Vieh, Die Gesammteinnahmen des Jahres 1880 belaufen sich auf 3532 473 M. gegen 4 554 529 e. des Jahres 1879. Nach dem Abschlusse des Be- triebsfonds beträgt die Gesammteinnahme 3 536 975 M, die Gesammt- ausgabe 1719 338 M, mithin Ueberschuß 1817 637 4 Dieser Be- trag ist verwendet: zur Verzinsung der Prioritäts-Obligationsanleihe von 21 030 200 M mit 857 979 M, zur Amortisation der Prioritäts- obligationen mit 161200 , zur Dotirung der Reserve- und Erneuerungsfonds pro 1880 mit 417 535 #, für 135 Millionen 4. Stamm-Prioritätsaktien Dividende auf Dividendenschein 111. Serie

tr. 4 pro 1880 24 9% mit 337500 M, für Remunerationen pro 1880 und Eisenbahnabgabe, Vortrag pro 1881 43 423 M.

Die „New-Yorker Hdls.- Ztg.“ äußert sich in threm vom 13. d. M. datirten Wochenbericht über die Geschäftslage fol- gendermaßen: Ueber die allgemeine Geschäftslage ist wenig Neues zu melden. Die Frühjahrs-Saison entwickelt beim nahen Schlusse für Tertilfabrikate etwas mehr Leben, als man erwartet hatte, sonst aber ist es in Importen wie Exporten ebenso ill wie während der letzten Wochen, und nur leßtere haben begründete Aus- iht auf nahe Besserung. Das Geschäft am Waaren- und Produktenmarkt muß im Ganzen genommen als rubig bezeichnet werden. In Brodstoffen, namentlih in Weizen und Mais, fonnte in Folge der zu niedrigen Limite der vorliegenden Ordres kein belang- reiches Exportgeschäft zu Stande kommen und blieben daher die Char- ters für volle Getreideladungen auf nur \sechs Schiffe beschränkt ; Petroleumräume waren begehrt, andere Frachten dagegen flau. Baumwolle in disponibler Waare erfreute sich_ etwas regeren Exportbegehrs, während das Termingescbäft ebenso till als in der Vorwoche war. Der Markt für Rio-Kaffee verfiel nah anfäng- licher Belebung wieder in dieselbe Lethargie, durch welche derselbe bereits seit Wochen gekennzeichnet ist ; in west- und ostindischen Sor- ten war das Geschäft ebenfalls leblos. In Rohzucker fanden recht umfangreiche Transaktionen zu steigenden Preisen statt. Sch{chm a Us Schweinefleish und Spe verkehrten durchgehends in weichender Ten- denz, während Rindfleisch gefragt und fest war. Das Geschäft am Hopfenmarkt nahm einen \chleppenden und unbefriedigenden Ver- lauf. Raff. Petroleum fest und lebhaft. Von Harz hatten die gewöhnlichen und mittleren Sorten guten Exportbegehr ; Terpentinöl ist unverändert. Fremde Manufakturwaaren hatten in einigen Branchen etwas lebhafteren Verkehr. Der Import fremder Web- stoffe betrug für die heute beendete Woche 1 402,21 Doll., gegen 1 937 619 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.

London, 27. Mai. (W. T. B.) In der gestrigen Woll-

ion waren Preise bei fester Stimmung unverändert.

R - Vort, 27. Mai. (W. T. B) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 37 000 B., Aus- fuhr nach Großbritannien 46 000 B,, Ausfuhr nach dem Kontinent 90 000 B., Vorrath 494 000 B.

Berlin, 28, Mai 1881.

Zur Hebung des deutschen Ausfuhrhandels.

Canton, Felruar 1881. (Scbluß.)

Mir sind von drei Firmen, welche? ih der Unter-

scheidung halber mit K., W., B. bezeihne, über den deutschen Export, die Mängel, die seiner Ausdehnung entgegenstehen, und die Auésichten, die si ihm eröffnen, folgende Bemerkungen ugegangen : S Ms 1) K. Die mangelhafte Entwickelung des deutschen Export- geschästes von welher überhaupt nur im Vergleiche zu England die Rede sein kann steht im genauen Verhältniß zur Jndustrie des Landes und ist von vielen Faktoren ab- hängia, über welhe zumeist die Industriellen felbst keinen Finfluß haben. F "a Sid den deutschen Fabrikanten der Vorwurf gemacht, daß ihre Waaren in Qualität gegen gleiche fremde Erzcug- nisse niht Stand halten können und daß sih die heimischen Industriellen heute noch fremder, speziell englischer Marken bedienen, um ihre Fabrikate im Markte einzusühren.

So traurig au diese Thalsachen erscheinen mögen, o sind sie do durch die Umstände, welche hierbei in Betracht kommen, leicht erklärlih: : S : :

England mit seinen vielen reihen Kolonien, seiner großen Seemacht und Kauffahrteiflotte, sciner freien Handelspolitik und Zollsystem, sowie durh den stets wachsenden National- reihthum, welcher die Villigkeit des Kapitals bedingt, nußte den Welthandel beherrshen und konnte sih zu einer Jndustrie emporschwingen, mit welcher andere Staaten zu konkurriren nicht im Stande sind. Denselben Bedingungen verdankt Eng- land auch die Bedeutung sciner Märkte (wie Thee, Baum- wolle und viele Rohstoffe), welche sich nicht willkürlih nach Deutsáland übertragen lassen und welhe wieder dur die direkle Fracht und billige Weiterbeförderung des Rohmaterials nah dem Fabrikaisplaße (wie z. B. Liverpool, Manchester) die englische Jndustrie wesentlih unteriüßen. Wenn es daher viele englishe Artikel giebt, mit welchen Deutschland nicht konkurriren kann, so liegt dies hauptsählich nur in den ge- acbenen Verhältn‘\scn, resp. in dem Mangel der obenerwähnten Begünstigungen sür die deutsche Jndustrie, für welhen aber die Fabrikanten am wenigsten verantwortlicz gemacht werden önnen. Wohl verfällt mancher deutshe Fabrikant nur zu

leiht in den Jrrthum, durch mindere Qualität oder Nach- ahmung fremder Marken das heimishe Produkt auf den Weltmarkt einzuführen, was jedoch auf die Dauer meist keine günstigen Nesultate liefert und nur zum Diskredit der deut- {hen Jndustrie beitragen kann. 2

Dagegen läßt sich in Allgemeinen und auch auf hiesigem Plate konstatiren, daß deutsche Fabrikate, welche keineswegs ihre Abstammung verläugnen und nur entsprechend englische Etiketten als Bezeihnung für den hier gangbaren und so benannten Artikel tragen, immer mehr Absaß finden, was jedenfalls für die allmählihe und stets fortshreitend größere Entwickelung der deutshen Jndustrie spricht.

2) W. Wenn die deutsche Regierung etwas für das Ex- portgeschäft thun und den Fabrikanten zu Hülfe kommen will, so erreicht sie {hon viel, wenn sie auf Artikel, wie Eisen, Blei, Kohlen, welche zum Erport nah Hafenpläßen gehen, die Eisenbahnfrachten fo billig wie irgend möglich seßt und die Fabrikanten in solhen Sachen möglichst so zu stellen sucht, daß selbe mit den meistens günstiger situirten Konkurrenten von England, Belgien 2c. wirklich konkurriren können. Deutsches Eisen z. B. ist reihlich so gut und besser als bel- gisches, wird aber durch Eisenbahnfracht nah Hamburg oder Bremen wesentlich mehr vertheuert als belgisches, welches auf den viel kürzeren Eisenbahnstreden nach Antwerpen viel bilz ligere Frachtsäße genießt und werden sih zu Hause auch wohl noch andere Gründe finden lassen, durch welche die deutsche Waare nicht genügend billig nah hier gelegt werden kann. Dasseibe läßt sih von Kohlen sagen; nach dem, was ich gehört habe, sollen die rheinishen Kohlen ebenso gut wie englische

fein, leytere werden aber dicht bei den Verschiffungspläßen

gewonnen, während die deutschen Kohlen die langen theueren Eisenbahnen bis Hamburg oder Bremerhaven benugen müssen. Gerade dieser Artikel wird nur exportfähig (und dann aller- dings vielleicht in großec Ausdehnung), wenn er zu gleichen Preisen nah den Hafenpläßen gelegt werden kann wie eng- lische; es ist eben ganz und gar Preisfrage, so lange gleiche Qualität englische auch nur um 1 Proz. billiger zu beziehen, ist keine Tonne der deutschen Kohlen zu verkaufen, da hier naturgemäß sehr scharf kalkulirt wird.

Für viele Artikel, in erster Reihe alle Baumwoll2n- Stapelartikel, ist meiner Meinung nach eine Konkurrenz mit England unmöglich, da dortige Spinnereien erstens das Roh- material billiger nah ihren Etablissements legen, im Ganzen wesentlih größere Kapitalien und dadurh natürlih mehr Facilitäten besißen und \chließlih in Folge der langjährigen Einführung ihrer Marken auch für den Verkauf auf den indishen und cinesishen Märkten Bevorzugungen genießen, welche sih deutsche Fabrikanten erst durh längere, wahrschein- lih Verlust lassende Versorgung solcher Märkte erringen wür- den; zu leßterem aber, das heißt, einen Artikel eventuel 1— 2 nre mit Verlust zu verkaufen, um ihn bekannt zu machen, fehlt den deutshen Fabrikanten als Regel das Geld und der \pekulative Geist. | :

Für Wollenwaaren ist Deutschland eher in der Lage, mit England zu konkurriren und werden ja Tuche verschiedener Qualitäten, Span. Stripes 2c. jeyt ziemlih ausscließlih daher bezogen.

h Tuche kommen bereits ganz genügend, die aus England bislang bezogenen billigen Spanish Strips im Preise von 60—70 c. pr. yard, vielleiht auch Longells Camlets und Lastings, von denen der Absaß in China sehr bedeutend, sfoll- ten aber eventuell durch deutshe Waaren zu erseßen sein, es fönnte aber nur dur große Fabriken geschehen, welche dar- auf vorbereitet sein müßten, bei den ersten Sendungen even- tuell kleine Verluste zu realisiren, da natürlih eine Marke erst bekannt werden muß, ehe sie alle Vortheile des Maiktes genießt. Details über diese Artikel lassen sich hier nicht geben, im Falle sich aber Fabriken dafür interessiren, könnten sie sih wegen weiterer Jnformationen an die Firma Siemssen u. Co. wenden. Es ist aber au dabei der Punkt von Bedeutung. „wer am billigsten liefern kann, hat den Markt für fich.“

Von anderen kleinen Artikeln, wie Stahlwaaren, Farben, Preserves, Bier 2c. kommt je auch {on eine größere Menge aus Deutschland, ih glaube aber, solches Geschäft muß sich durch ih selbst ausdehnen und kann nicht durch besondere Kunstgriffe stimulirt werden. Die Leute müssen nur immer im Auge behalten, mögli} gute und in zweiter Linie möôg- lichst billige Waare zu schicken, wenn sie für längere Zeit ihre Artikel einführen wollen.

3) B, Die Gründe, welche einer erfolgreichen Konkurrenz des deutschen Handels mit den Erzeugnissen anderer Nationen entgegenstehen, liegen meistens an den Mängeln der Fabri- fation bei einigen Artikeln, bei andern w eder an Verhält- nissen, deren Ursprung am deutlichsten in Deutschland felbst in die Augen springen werden, respektive dort an Ort und Stelle beseitigt werden müssen, falls dieses überhaupt mit Er- folg zu bewerkstelligen sein sollte. Liefert der deutsche Fa- brifant einen ebenso guten Artikel zu demselben Preise, welchen der Engländer oder sonstige Ausländer beansprucht, so wird er allerdings zunächst den Nachtheil zu bekämpfen haben, welcher von der Neuheit und Unbekanntheit seines Fabrikats bedingt wird, und zwar verdient dieser Einwurf bei dem cine- sishen Kaufmann ein nicht zu unterschäßendes Gewicht, indem derselbe ganz essentiell konservativ ist und mit großer Vorliebe an dem einmal Eingeführten ihm Bekannten hängt. Es würde also im Allgemeinen bei sonst gleihen Bedingungen ein Uebergangsstadium zu bewältigen sein, in welchem Derjenige, welcher das Feld besißt, einen Vortheil genießen würde; 1h glaube indessen niht, daß irgendwo in der Welt die Fabri- fation und Jntroduction cines Artikels neu ins Werk ge}eßt werden kann, ohne daß es im Anfang einiger Opfer bedürfte, welche ein regelmäßiges Geschäft dann bald vershmerzen läßt. Hat sich der Chinese einmal von der Brauchbarkeit einer Waare überzeugt, so bewahrt er derselben seine Anhänglich- keit und ist damit bei anderweitig zusriedenstellenden Bedin- gungen die Zukunst des Artikels gesichert.“ (B.)

Zu den vorstehenden allgemeinen Bemerkungen erlaube ih mir noch das Nachstehende ganz ergebenst zuzusügen :

Die Fehler und Mängel, welhe einem ausgedehnteren Absatz deutscher Exrporte nah China in der Konkurrenz mit anderen Ländern im Wege stehen, liegen theils in dem Fa- brikate oder der Waare selbst, sei es, daß sie ohne den erfor- derlichen Geschmack, die nöthige Solidität oder zu kostspielig hergestellt sind, theils auf Seiten des Expozteurs, sei es daß er unredlih, nicht gleih- oder probemäßig, s{lecht emballire, auf zu kostspieliger Transportroute oder nicht rechtzeitig liefert. Die erstere Kategorie von Mängeln bedarf zu ihrer vollstän- digen Beseitigung eines längeren Zeitabschnitts, die lehtere kann und sollte sosort abgestellt werden ; auf beide erlaube ih mir mit einigen Worten näher einzugehen.