gehe auf und nieder, ohne daß der Zoll auf solche Konjekturen einen Einfluß ausübe. Weiter habe der Abg. Forckenbeck ge- sagt, daß die Miethen in Berlin \sih entschieden im Aufsteigen befänden. Ein beachtenswerthes Symptom sei auch die Ab- nahme der Konkurse und Subhastationen. Mit den Angriffen auf die neue Wirthschaftspolitik werde man kein Glück baden, denn das Land habe gesehen, daß die Prpulree sih entschieden ekrästigt habe, und werde hoffentlich denen kein Vertrauen hente, welche für die Thätigkeit des künftigen Reichstags die Parole ausgäben: „Fort mit der Wirthschaftspolitik.“ Er bitte also, die Dae der Regierung anzunehmen.
Der Abg. von Benda bemerkte, nachdem seine politischen Freunde und er im Jahre 1879 die agrarischen Zölle einstim- mig abgelehnt hätten, würden sie auch gegen den Mehlzoll stimmen. Die Motive der jeßigen Vorlage führten nothwendig zu dem Ergebniß, daß früher die Zölle auf Roggen und Wei- zen zu hoh normirt seien. Man sollte nun daraus folgern, daß die Regierung auf die ursprüngliche Vorlage von 1879, auf die kleinen Kornzölle zurückgegangen wäre. Das sei aber nicht geschehen, und seine Partei werde diese Position weder annehmen noch Anträge zu derselben stellen. Die Frage des Traubenzolls habe auch das Haus schon im Jahre 1879 lebhaft veschästigt. Man habe damals im Jnteresse der inländishen Weinfabrikanten und der
inanzverwaltung beantragt einen Zoll von 10 4 auf
rauben zu legen. Damals habe die Regierung eine solche Verzollung mit Rücfsiht auf den überaus geringen Jmport von Trauben für unnöthig erklärt. Die Regierung gebe nun zu, sih geirrt zu haben und berufe sich auf die Ziffer von 138 000 Doppelcentner, welhe im vorigen Fahre importirt worden seien. Obgleich er glaube, daß die überaus \{lehte Ernte auf diesen Jmport von wesentlihem Einfluß gewesen sei, so sei seine Partei doch bereit, die Regierung in der Abwehr jenes Mißbrauhs zu unterstüßen, glaube aber, daß man hierin nur so weit gehen müsse als unbedingt nothwendig sei. Der Zoll von 15 M, nämlih 50 Proz. des Werths, sei viel zu hoch. Er möchte empfehlen mit Rücksicht darauf, daß man den Genuß frishen Obstes nicht übermäßig beschränken solle, den von seiner Partei normirten Saß von 10 A zu acceptiren, der auf den Gutachten der kompetenten Jnteressenten beruhe. Er werde in zweiter Lesung einen diesbezüglichen Antrag stellen. Was die geschäftlihe Behandlung der Vorlage betreffe, so {ließe er sih dem Antrage an, die zweite Lesung im Plenum vor- zunehmen.
Der Abg. Genre, von Mirbach erklärte, der Reichskanzler sei nie ein absoluter Freihändler gewesen, wie der Abg. Bam- berger meine, derselbe sei aber auh nicht ein einseitiger Schuß- zöllner geworden ; auch seine (des Redners) Partei stehe auf diesem Standpunkt. Was den österreichishen Handelsvertrag betreffe, so sei seine Partei dem Reichskanzler- dankbar dafür, daß der- selbe die speziellen Jnteressen Deutschlands in den Vorder- grund gestellt und nicht zu weitgehende Konzessionen gemacht habe. Eine Zollunion an der Zollgrenze beider Länder wäre fehr erwünscht. Der Abg. Bamberger habe gemeint, die Aus- führungsbestimmungen des Holzzolles wären zu hart. Wie komme es denn aber, daß der Holzhandel beispielsweise in Tilsit einen außerordentlich bedeutenden Aufsshwung genom- men habe? Was diese Zölle betreffe, so stehe er auf dem- selben Standpunkte wie früher; er wolle in dieser Legis- laturperiode Aenderungen des Zolltarifs niht vorneh- men, er und seine politishen Freunde wollten ab- warten und Erfahrungen sammeln. Bei den vorliegenden Zolle fon handele es sich aber niht um Erhöhungen der
ölle, sondern um die Konsequenzen einzelner Positionen, welche abhängig seien von Hauptpositionen des Zolltarifs. Zweifellos liege die Sache so beim Mehlzoll. Man habe die Erhöhung des Roggenzolles nicht berücksichtigt, die Konsequenz sei, daß man’ mit Rücksiht darauf diese Position verbessern müsse. Ebenso verhalte es sich auch mit dem Traubenzoll, anders allerdings mit der Fndustrieposition, aber da handele es sih um hochwerthige Luxusartikel und seine Partei sei gern bereit, diese Position zu bewilligen, wenn die Säße au etwas hoch gegriffen sein mögen. Dagegen könne er die Resolution nit acceptiren, da dieselbe die Landwirthschaft nicht {hüte, sondern ganz erheblich treffe. Die Landwirthschaft bedürfe des Schußes und diesem Zwele entsprächen die Kornzölle. Mon komme damit aber auch dem deutshen Arbeiter- stande, dem Ackerbürger zu Hülfe. Die überwiegende Mehr- heit der Bevölkerung habe ein sehr lebhaftes Jnteresse daran, daß die landwirthschaftliche Produktion möglichst hohe Preise habe. Die Gegner der jeßigen Wirthschastspolitik befänden sich in einem fundamentalen Frrthum, wenn sie glaubten, daß die Frage billiger Lebensmittel für den kleinen Mann ent- \cheidend sei. Der ländlichen Bevölkerung, auch dem Arbeiter, dem Drescher, der seinen Lohn hauptsächlich in Feldfrüchten erhalte, liege sehr viel an den hohen Preisen der Produkte, weil davon ihre Einnahmen abhingen. Eine Lebensfrage für die arbeitenden Klassen aber sei, daß sie dauernde und ge- sicherte Arbeit hätten. Für die ländlichen Arbeiter habe es niemals eine bessere Zeit gegeben als die Zeit Anfangs der 60er Jahre, wo die Lebensmittel ganz außerorde'tlih hoch gewesen seien, die Arbeiter aber lohnende Beschäftigung gehabt hätten. Eine \{hlechte Ernte treffe zumeist auch den städtischen Gewerbe- treibenden, weil derselbe weniger ländlihe Abnehmer finde. Wenn aber die Lebensmittelfrage wirklih eine so große Rolle spiele, wie komme es denn, daß die arbeitende Bevölkerung des Ostens, wo die Lebensmittel billig seien, nah dem theuren Westen wandere? Das liege nur daran, daß sie im Westen eine dauerndere und lohnendere Beschäftigung finde als in der Heimath. Damit sei aber {hlagend bewiesen, daß für die Lage der Arbeiter die Lebensmittelfrage völlig indifferent sei. Eine solche Theorie habe einen gewrgen Werth nur für Wahl- agitationen, wenn man Vnzufriedenheit {hafen wolle. Er empfehle die Vorlage als Ergänzung zum Zolltarif.
Der Abg. Löwe (Berlin) führte aus, {hon bei der Be- rathung des Zolltarifs habe seine Partei darauf hingewiesen, daß das Werk si sehr bald als fehler- und lückenhaft heraus: stellen würde, und daß man sich in Kurzem werde überzeugen müssen, daß es unmöglich sei, Nothstände, die in allgemeinen Verhältnissen ihren Ursprung hätten, dur eine Aenderung des Zolltarifs beseitigen zu wollen. Die Unzulänglichkeit des leßteren trete jeyt zu Tage, anstatt aber den egangenen Fehler dadurch gutzumachen, daß man die falshe Maßregel zurück- nehme, gehe man auf dem bedauerlihen Wege weiter und vergrößere dadurch das Uebel. Der Haupt- zweck der ganzen Zollreform sei damals gewesen, die
roßen Jnteressentengruppen der Eisenproduzenten und der pinner zu gewinnen und diese Koalition zu politischen Zwecken zu gebrauchen. Jm FJnteresse der Spinnereibesißer
unmer
Dn man geglaubt, die Garnzölle garniht hoch genug fest- ellen zu können, obwohl er und seine politishen Freunde {hon damals auf das Eindringlichste gewarnt hätten, nicht so weit zu gehen, daß dadurch die Ee der Weber in Frage gestellt werde. Jeßt sei das Gefürchtete eingetreten, weil man die Zölle auf ausländishe Kammgarne, deren die Meeraner Weberei nothwendig bedürfe, von 3 auf 8 bezw. 12 M erhöht habe, — angeblich weil es für die Zollbeamten unmöglih sei, Kammgarne von anderen Garnen zu unter- scheiden, und deshalb beide gleihmäßig behandelt werden müßten. Die Jndustriellen müßten die Kammgarne von anderen doch auch unterscheiden können, man mache also die Geseze mit Rücksiht auf die mangel- hafte Qualifikation der Beamten. Zu der Nothlage, welche durch die Garnzölle unter den Webern in Meerane herbeîi- geführt worden sei, komme noch die Vertheuerung der Lebens- mittel. Der Abg. von Mirbach behaupte zwar, die Ver- theuerung der Lebensmittel komme für den Arbeiter gar nicht in Betracht, sobald derselbe nur Arbeit habe, wenn man aber bedenke, daß fast der ganze Arbeitsverdienst zur Befriedigung der nothwendigsten Lebensbedürfnisse in Anspruch genommen werde und daß dabei ganz minime Beträge schon eine erhet- lihe Rolle spielten, so werde man s{werlich behaupten können, daß eine Steigerung des Preises der Lebensmittel für den Ar- beiter gleihgültig sei. Und diese Steigerung, welche dur die Zölle herbeigeführt worden, sei keineswegs gering. Nach Er- hebungen, die er in einem rheinish-westfälischen Bezirk ange- stellt habe, beziffere sich dieselbe auf etwa 10 Proz. Der Abg. von Mirbach sage nun, man solle den Arbeitern rathen, aus den westlihen Provinzen nach dem Dsten zu gehen, wo die Lebensmittel billiger eien. Glaube denn der Abg. von Mir- bach, daß die Jndustrie wie eine Feldfrucht ganz nach Be- lieben an irgend einem Orte gezogen werden könne? Sie entwickele sich naturgemäß nach ihren örtlihen Be- dingungen und man vermöge niht durch künstliche Zoll- maßregeln irgend etwas daran zu ändern. Der Zolltarif habe weder im guten noch im s{limmen Sinne irgend wel- chen Einfluß darauf. Wenn es nun nachgewiesen sei, daß die Meeraner Weber unter der Höhe der Lebensmittelpreise erheblich litten und daß in Folge des durch die Garnzölle herbeigeführten Darniederliegens ihrer Fndustrie die Löhne außerordentlih niedrig seien, so ergebe sih als nothwendiges Heilmittel, daß man die Kornzölle beseitigen und die Garn- zölle wieder auf ihre natürliche Höhe bringen müßte, um da- durch die deutsche Weberei dem Auslande gegenüber konkurrenz- Lo zu machen. Statt immer neue Zollerhöhungen herbei- zusühren und dadurch Repressalien des Auslandes hervorzu- rufen, sorge man für die Freiheit des Verkehrs; man werde dadurch dem Lande mehr nüßen als mit allen Schutzöllen.
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staatssekretär des Reihs-Schaßamts Scholz das Wort :
Der leßte err Redner hat nah seinem Standpunkte selbst- verständlich den Gedanken ausgeführt, wenn auf dem Wege, der 1879 beschritten worden, weiter fortgegangen werde, würde es noch viel trauriger werden; ich glaube aber, er hat durch einen Sat, den er später in seiner Rede aufgestellt hat, {hon dazu mitgewirkt, den Ent- \{chluß zum Weitergehen auf dem Wege etwas leichter zu machen, in- dem er ausführte, daß alle Maßregeln, die getroffen werden könnten auf dem Gebiete der Zölle, nicht im Stande sein würden, die allgemeinen Verhältnisse zu ändern, sei es zu bessern oder zu ver- \{lechtern. Ich habê mit diesem Saße niht recht in Einklang zu bringen permocht- die Detailsausführungen des Herrn Redners. Ge freut hat mih, daß der Herr Redner unumwunden anerkannt hat, daß die Verhältnisse in Meerane und Glauchau einer Besserung be- dürfen und daß er an seinem Theile bereit ist, dazu mitzuwirken, wenn ih auch nicht glaube, daß der Weg, den er in seinem Antrage in Ausficht gestellt hat, der rictige ift.
Der Hr. Abg. von Benda hat Namens seiner Freunde die An- sicht ausgesprochen, daß es ihnen unmöglich sei, etwas anderes zu thun, als mit einer Ablehnung auf die Regierungsvorlage zu ant- worten, weil sie sich einer Jnitiative zur wirklichen Verbesserung der Zölle auf Wollwaaren enthalten müßten, die er in derselben Rich- tung, wenn ih ihn recht verstanden habe, findet, wie der letzte Hr. Redner. Ich glaube, daß cs doch immerhin zwischen diesem Stand- punkt und dem der Regierung noch cinen anderen giebt, das wäre der, anzuerkennen, daß innerhalb des bestehenden Systemes Schäden auch ver- bessert werden müssen, wenn man nicht die Majorität dazu erreicht, das ganze System nach seiner Meinung umzuändern, daß man also in einem speziellen Punkte, wo eine Noth besteht, wo eine Verbesserungs- bedürftigkeit anerkannt werden muß, auch innerhalb des geltenden Systemes die Hand bieten muß, eine Besserung herbeizuführen.
Ich glaube, na den bisher gehörten Reden, daß ih zur Dar- legung des Standpunktes der Regierung nur noch cinige wenige Worte gegen den ersten Herrn Redner zu richten habe. Er hat angedeutet, daß wir uns mit dieser Vorlage an einer bedeutungsvollen Etappe in der Entwickelung unseres Tarifes befinden; er hat gesagt, es sei nicht von einer Analogie mit der Flacbs8zollfrage zu reden, sondern prinzipielle Aenderungen müssen vorgenommen werden, weil das Gesetz nich als {ädlich erwiesen habe, und er hat daran eine Betrachtung geknüpft, die der Hr. Abg. von Kardorff {on zum Theil zurückzu- weisen gesucht hat, wie die Regierung ibrerseits das Nichtrütteln an dem Tarif nur in einer sehr einseitigen Weise verstehe. Meine Herren! Daß es nicht eine besondere Etappe ift, an der eine sehr »vemerkenswerthe prinzipielle Neuerung hervortritt, das können Sie wohl daraus ersehen, daß cs drei verhältnißmäßig doch von minder groyer Bedeutung nur erscheinende Punkte sind, an denen wir die vessernde Hand anlegen. Es is von vornherein die Ansicht der Regierung gewesen, und sie mußte es auch sein, daß ein Werk wie die Tarifreform von 1879 unmöglih den Anspru erheben könne, in allen ihren Theilen als vollendetes, für lange Zeit unantastbares Ganze zu gelten. Woran bei dieser Reform nit ge- rüttelt werden soll, ift das Prinzip, das zur Dur{chführung gekommen ist; daß aber in der Anwendung des Prinzipes auch manche einzelne Fehler untergelaufen sein können, nach men)chlicher Weise auch unter- gelaufen sein müssen, das hat die Regierung nie verkannt, und sie würde si eines argen Verstoßes gegen ihre Plichten \{uldig macben, wenn sie des Prinzipes wegen, um niht an dem Tarife zu rütteln, die Uebelstände fortdauern lassen wollte, die \{on offen zu Tage getreten sind. Es ist, wie der Hr. Abg. Bam- berger hervorgehoben hat, auf manberlei Beschwerden im vorigen Jahre in Bescheiden auch gesagt worden, wo es sich um Einzelbeiten handelte; am Tarife können wir jeßt nit rütteln, es ist keine Zeit dazu, die Frage jeßt \{on wieder von Neuem zu untersucben und vielleicht zu einer parlamentaris{hen Erörterung zu bringen. Meine Herren, das galt im vorigen Jahre, wie ih glaube, und au JIhrerseits anerkannt zu schen hoffe, mit Recht für alle solche spezielle Punkte mit Aus- nahme des einen, der auf der Hand lag, nämlich des Flachszolles. In Be- zug auf alle übrigen Artikel mußte erst wenigstens eine einjährige Erfahrung vorliegen, ehe man sagen konnte, hier ift ein Bedürfniß, etwas zu ändern. Nun ift für solhe Detailsfragen die Zeit gekommen, um zu sehen, was zu bessern ist. Es ift also das ein Widerspruch gar nicht. Die Regierung ift der Meinung, an dem Prinzip des Schutzes, das im Jahre 1879 durgedrungen ift, soll grundsäßlih nichts geändert werden; aber in einzelnen Mängeln Verbesserungen einzuführen, soll nit von der Hand gewiesen werden.
Der Herr Abgeordnete hat \sih auch gewundert, daß in der Vor- lage keine Betrachtung angestellt sei über die S E E die
magen
könnte. Das würde eben ein Schritt gegen das Prinzip gewesen f»; deshalb ift es unnöthig, auf diesen En näher Sie Bewe n fein, ,_ Der Herr Abgeordnete hat Betrachtungen darüher angestellt wie viel Schiffbrühe die Regierung inzwischen erlitten bah: mit früheren Aussprüchen und Prinzipien, die von ihr hin- gestellt worden seien. Er hat gesagt, wo sind die Kampf- zolle hingeklommen, wo ist hingekommen, was wir mit de Kampfzöllen erreichen wollten? Ja, meine Herren, bisher sind Zölle welche die Regierung als Kampfzölle gebrauchen könnte, hier noh nit bewilligt worden. Die Regierung ist in der Lage gewesen, einen all- gemeinen Zolltarif von Ihnen begehren zu müssen, weil das dring- licher war, als die Erlangung einzelner wihtiger Kampfzölle; a die Idee, die Absicht solhe Kampfzölle festzustellen, die dann einen angemessenen Ausgangspunkt für Handelsverträge " geben würden ist nicht aufgegeben, sie ist nur noch nicht durchgeführt. i; Der Herr Abgeordnete hat gefragt, wo die Entwickelung der Spinnerei sei, die damals in Aussicht gestellt wurde. In zwei Jahren ist es gewiß nicht zu verlangen, daß eine solche allgemeine Entwickelung sih son zeigen sollte, und die Motive heben ausdrück- li hervor, daß das grade ein Grund is, um von dem Wege, der 1879 beschrittten worden ist, nicht abzugehen, niht den Weg einzu- schlagen, den der leßte Herr Redner vorschlägt, die Garnzölle herahb- zuseßen, weil man da diesen Zweck, die Spinnereien zu heben und bei uns leistungsfähiger zu machen, aufgeben würde, und das will die Mens a ee ver Herr Vorredner hat dann geglaubt, behaupten zu kö daß die Mühleninduftcie gar keinen höheren Schußzoll verlangt babe, Das ist unrichtig. Ich weiß nicht, ob bei dem Reichstag hier keine E : Men e s L E Petitionen zuge- gangen, die nicht einmal mit der jeßt vorgeschlagenen Erhö - A O L O E x hung r hat dann bezügli der Wollwaaren gefragt, warum nicht di \chwereren Wollwaaren im Zolle herabgeseßt würden, E daran nicht gedaht hat. Da kann ih nur sagen, in dieser Beziehung sind gar keine Erfahrungen gemacht, welche eine Hera epuna dieser Tarifposition verlangen würden. Wie verhält es ih nun mit seiner Kritik, daß die Vorlage eine neue Apweisung auf den inländischen Verzehrer gebe, mit der nichts geholfen sei? Meine Herren! Das ist ein vollständiger Irrthum. Es ist, was die [eich teren Wollwaaren betrifft, ganz zweifellos, daß unser Markt unter der Ueberschwemmung mit fremden Wollwaaren dieser Art leidet. Wenn Sie nun den Produzenten die Anweisung auf den inländischen Markt geben, wenn Sie durch Erhöhung des Zolles bewirken, daß diese fremden Waaren in erster Linie niht hier gekauft und nicht hier getragen werden, fo geben Sie den Produzenten in der That eine Anweisung, die thre Einlösung finden muß, die nicht auf diejenigen Mittel ge- richtet ist, welche der Konsument nit hätte, sondern auf die, wel{e der Konsument bisher zum Ankauf fremder Waare verwendet hat. Die allgemeine Betrachtung, mit der der geehrte Hr. Abg. Bam- berger geschlossen hat, scheint mir nur zu beweisen, wie sehr er die Regierung verkennt. Er sagt, auf dem Gebiete der Cisenbahnen sieht man eine Umkehr, und er erklärte das daraus, daß es sich dort um die Sache selbst, niht wie hier, um die fanatische Durchführung eines Prinzipes handelt. : Meine Herren! Diesen Vorwurf der Regierung zu machen, er- scheint mir in der That nicht gerechtfertigt. Glaubt der Herr Ab- geordnete selbst, daß die Regierung nur um der fanatischen Durh- führung cines Prinzipes willen hier diese Stellung einnimmt ? Gewiß nicht; sie thut cs ebenso hier wie anderwärts um der Sache willen, Und ich glaube, er begeht darin einen \o fundamentalen Irrthum, wie mit den pathetishen Schlußworten, daß solhe Mafregeln dazu führten, eine Nation all ihres Selbstvertrauens zu berauben, fie \chwach zu machen und widerstandsunfähig. Meine Herren, ich ant- worte darauf nur mit den Worten: Amerika hat durch die Maßregel wie der Hr. Abg. Bamberger gewiß nicht wird behaupten wollen, fi auch niht {wah gemacht und widerstandslos.
__ Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst erklärte, daß er und seine politischen Freunde für die Vorlage stimmen würden. Der Abg. Richter habe heute das Thema vom armen Mann seinen Kollegen Bamberger und Löwe überlassen. Er werde auch eine Lanze für den armen Landwirth einlegen. Den Abg. von Benda frage er (Redner), wenn derselbe die Korn- zölle für so schädlich halte, warum derselbe niht die Auf- hebung der Kornzölle beantrage? Man wisse nie, woran man mit den Herren sei, sie seien niht warm, nicht kalt, Wie wenig nüßlich ihnen ein solches Verhalten sei, sollte den Herren doch ihre Beziehung zum Reichskanzler zeigen. Daß der Abg. von Benda den Traubenzoll ab- lehnen wolle, scheine ihm gleihfalls wenig gerecht- fertigt, denn die ausländishen Trauben, foweit fie als Genußmittel dienten, kämen doch nur auf die Tafeln wohl: habender Leute, die den Zoll leiht tragen könnten. Der Abg, Bamberger, der die Verhältnisse der heimishen Winzer ge- nauer kenne, sei über den Traubenzoll {nell hinweggegangen und habe seine Kraftworte vorzugsweise gegen die Getreide- zölle gekehrt. Wenn das ganze Sritzolsusteni wirkli, wie die linke Seite dieses Hauses behaupte, sich ganz und gar niht bewährt habe, so wisse er niht, weshalb man fort: während große Reden darüber halte. Das Land müsse es ja dann aus eigener Erfahrung wissen und würde seinen Wünschen schon Ausdruck geben. Der Abg. Bamberger habe seinen Unwillen darüber geäußert, daß man der Wirthschafts- politik des Reichskanzlers eine beinahe göttlihe Verehrung zolle. Er sei gewiß ein Gegner alles Byzantinismus und eine Verherrlichung, wie der Abg. Mosle sie neulich hier entwidelt habe und bei der nur noch die Drehorgel gefehlt habe, sei ihm in hohem Grade zuwider. Aber habe die linke Seite selbst nicht früher, als der Reichskanzler noŸ eine Wirthschastspolitik in freihändlerishem Sinne verfolgt habe, ihn ebenso verherrliht? Wenn diese immer wiederkeh- renden Begyauptungen vom theuren Brode etwas beweisen könnten, so sollte man wirklich glauben, daß das Brod theuer sei. Mit diesem ewigen Geschrei werde es der linken Seite dieses Hauses noch gehen, wie dem Schäfer mit seinem Rufe: „Der Wolf sei da.“ Man werde diesen Worten ließli niht mehr glauben, selbst wenn das Brod wirkli einmal theuer geworden sein sollte, Der Abga. Löwe wolle freiliÞh in Rheinland -. Westfalen eine Vertheu& rung um 10 Proz. festgestellt haben. Der Abg. Löwe übersehe aber, daß derselbe mit dieser Behauptung gegen den Kornzoll zu viel beweise. Nah seiner (des Redners) Ueber zeugung würden eine oder zwei gute Ernten genügen, um alf Klagen aufzuheben und die Zollpolitik des Reichskanzlers in glän- zendem Lichte erscheinen zu lassen. Gegenwärtig sei der Landmann nicht im Stande, Geld auszugeben, und darunter leide au die Jndustrie. Die Jnteressen beider gingen Hand in Hand und die Herren von der Linken hofften vergeblich, die Jndustriellen für die M uehung der Kornzölle zu g& winnen. Von der Verderblichkeit der übrigen gôlle sei es {hon ganz still geworden, nur gegen die Getreidezölle eiferé man noch, weil diese sih bei der Agitation in Wahlversamn- lungen wirksam verwenden ließen. Aber auc diese Versuht, auf den armen Mann zu spekuliren, würde den Liberalen nihts helfen. Der Reichskanzler sei den Liberalen auch darin über, das würden die Wahlen beweisen. Als der Kornzoll beschlossen sei, habe es geheißen,
man wohl eintreten lassen, mit denen man den Zweck auch erreichen
in kurzer Zeit würden hunderttausende von Petitionen die
Wiederaufhebung des Zolles gebieterisch fordern. Wo seien enn jene Petitionen? Wo k denn die Antikornzollliga, die n Ausficht gestellt sei? Es sei recht s{hade, daß sie nicht zu Stande gekommen sei, sie wäre gewiß sehr nett geworden. Die Erfahrung habe gegen die liberale Partei entschieden und alle Versuche, dies zu bestreiten, hülfen nihts. Die liberale Partei habe sich verrechnet und sei mit ihrem Freihandel hinter der Zeit zurückgeblieben. Jn einer Versammlung in Dort- mund habe der Abg. Richter behauptet, er (Redner) hätte sih früher gegen Getreidezölle ausgesprochen, weil dieselben dem Arbeitcr das Brod vertheuerten. Es sei dies durchaus unbegründet. Er habe sich gegen Getreidezölle ausgesprochen, welche das Brod vertheuerten, nicht weil sie das Brod vertheuerten. Es sei dies ein sehr wesentlicher Unterschied, denn von den jeßigen Getreidezöllen bestreite er entschieden, daß dadurch eine Ver- theuerung des Brodes herbeigeführt werde. Jn welcher Weise und bis zu welchem Grade der Zoll auf den Konsumenten abgewälzt werde, sei noch einex der dunkelsten Punkte der Volkswirthschaft. Daß durh die Aufhebung der Mahl: und Schlachtsteuer in Berlin die Brod- und Fleiscpreise nicht billiger geworden seien, sei nahgewiesen. Viel mehr als der Kornzoll trage der Schwindel der Kornbörse zur Ve:theuerung des Getreides bei. Es sei unglaublih, was von den Frei- ändlern alles für Behauptungen aufgestellt würden, um die
erwerflihkeit der O E Zölle nalhzuweisen. So heiße es in einer Broschüre, die 11 Millionen Mark Roggenzoll bedeuteten thatsählich eine Belastung des Landes von 203 Millionen, weil auch alles in- ländishe Getreide um den Betrag des Zolles im Preise gestiegen sei. Abgesehen von der Unrihtig- keit dieser Angabe sei dabei ganz übersehen, daß 16 bis 17 Proz. des inländischen Korns, welche der Landwirth an Aussaat und Futter selbst verbrauche, bei dieser Berehnung völlig ausshieden. Niemals sei der Nahweis gelungen, daß in Folge des Kornzolles weniger Brod gegessen werde als früher. Um zu beweisen, wie shwer die Belastung dur den Kornzoll sei, sei behauptet, der Konsum an Brod betrage 3 Pfund per Kopf. Denke man si, daß Jemand täglich 3 Pfund westsälishen Pumpernickel essen follte; er glaube nicht, daß derselbe das lange aushielte, namentlih wenn er nun gar noch zwei kleine Kinder besiße, für die er au noch die je 3 Pfund mitverzehren sollte. Man habe sogar der Landwirthschaft gerathen, sie solle sich, wenn ihr die Konkurrenz des ausländishen Getreides zu groß werde, auf den Anbau von Brennnesseln und Kamillen legen, und mit solchen unglaublihen Rathschlägen glaube man die traurige Lage der Landwirthschaft ernsthaft zu ver- bessern. Ein sehr oft gehörter Rath gehe auch dahin, die Landwirthschast müsse intensiver betrieben werden, und müsse man an Stelle des Körnerbaues die Viehzucht in den Vorder- grund stellen. Was nüge aber der intensiveste Betrieb, wenn derselbe niht einen Uebershuß über die Produktionskosten liefere, und dur die Masseneinfuhr amerikanischen Getreides werde ein solcher mehr und mehr zur Unmöglichkeit. Historisch entwickele sih die Sache so, daß die Masseneinfuhr auslän- dischen Getreides die Landwirthe zunächst zum Uebergang zur Viehzucht veranlasse, wenn auch hier die Konkurrenz des Aus- landes einen lohnenden Betrieb unmöglih mache, so gehe der kleinere und mittlere Grundbesiß zu Grunde und es trete der
ustand ein, der im alten Rom durch das Wort gekennzeihnet u Latifundia perdidere Romam ! Die Landwirthschaft könne eine Gleichstellung mit den anderen Faktoren der Produktion fordern, sonst gehe sié unter und mit ihr sei das Land ver- loren.
Der Abg. Grad sprach ih für den Weintraubenzoll aus, weil sonst der elsässishe Weinbau geschädigt und die Kunst- weinfabrikation befördert werde; dagegen müsse er sih gegen den jeßigen Zoll auf Webewaaren wenden, da ein e, Zoll die billigen Waaren viel höher treffe, als die feineren, also z. B. das Hemd des Arbeiters etwa mit dem zwölffachen Saße gegenüber dem feinen Damenkleiderstoffe. Er empfehle im Interesse der Feinweberei eine Annäherung an das fran- zösishe System, welches je nah der Feinheit der Gew?.be in verschiedenen Stufen Zollsäße erhebe, welche die Waaren ihrem Werthe angemessen träfen.
Der Abg. Auer erinnerte an ein Wort des Fürsten Bis- marck, daß die Regierenden oft nicht wüßten, wie den Re- gierten zu #78 sei. Das sei ein wahres Wort und könne gerade jeßt auf die armen Weber in Glauchau und Meerane angewendet werden. Diesen armen Leuten sei das ihnen zur Nachtarbeit so unentbehrliche Petroleum dur Zölle vertheuert ! Hätte der Reichskanzler gewußt, wie den Regierten zu Wuthe sei, so würde derselbe niht immer neue Steuern auf die alten häufen ! Der Nothstand in den Weberdistrikten sei hon sehr lange notorisch und er müsse der sächsischen Regierung den Vorwurf einer merkwürdigen Lässigkeit machen, weil fie erst jezt auf Mittel zur Abhülfe gedaht habe. Viel hätte niht gefehlt, so wäre es auch in dieser Session zu nichts gekommen. Der vorgeschlagenen Erhöhung der Gewebezölle hätte seine Partei, 1m Jnteresse einer dauernden Hebung dieser Jndustrie, den entgegengeseßten Weg einer Ermäßigung der Garnzölle vorgezogen, und darauf sei in der That auch ursprünglich die Petit'on der Fabrikanten in Glauchau und Meerane hingegangen ; leßtere hätten ih erst, als sie sich von der Aussichtslosigkeit dieses ersten Petitums überzeugt hätten, dem Gedanken, der in der Vorlage zu Tage trete, zugewandt. Seines Erachtens Le die Vorlage nicht von dem Gesichtspunkt zollpolitischer Rücksichten, sondern als eine Nothstandsvorlage zu beurtheilen. Einen deutlichen Einblick in die dortigen Nothstandsverhältnisse lie- ferten die Ausweise der Sparkassen: im Jahre 1880 seien in Meerane 276 Einzahlungen mit über 35 090 H erfolgt, da-
egen 356 Auszahlungen mit über 81 000 4 Noch s{limmer fei es in Slaudau, wo 876 RuzaBangen mit über 86 000 &, 1313 Rüdczahlungen mit über 113000 gegenübergestanden hätten. Von Männern, die seit mehr als einem Menschenalter in der dortigen Jndustrie thätig seien, sei ihm versihert worden, daß sie noch nie- mals Krisen von solher Dauer und so traurigen Wirkungen durchgemacht hätten. Um einigermaßen Erleichterung zu ge- währen, würden er und sene politishen Freunde für die Vor- lage stimmen, soweit sie sich auf Erhöhung des Gewebezolles beziehe, wenngleih er das nit für hinreichend halte, sondern im Interesse der Konkurrenzfähigkeit der deutshen Jndustrie eine Erniedrigung der Garnzölle für nothwendig erahte. Der Bericht der Enquetekommission gehe, indem derselbe auf die
mburger Freihafenstelung Bezua nehme und deren Besei- tigung im Jnteresse der Besserung des Nothstandes empfehle, von der falshen Annahme aus, daß die Hamburger Kauf- leute mit besonderem Jnteresse lieber ausländishe Waaren
nah dem Rorden exportirten als einheimishe. Die Hamburger Kaufleute exportirten eben französishe Waaren in erster Linie, weil dieselben für den Export bestimmt seien und auch von den nördlihen Ländern Skandinavien und Rußland mehr naue "würden als deutshe Waaren, und so lange diese Geshma dritung si nicht ändere, werde es nichts helfen, wenn auch Hamburg in den Zollverein ein- geschlossen werde; denn die Exportländer würden, wenn sie die Waaren aus Hamburg nicht mehr beziehen könnten, sie sich aus anderen Stapelpläßgen kommen lassen. Der Theil der Bevölkerung, der heute französishe Waaren beziehe, sei mehr oder minder auch im Stande, sie zu bezahlen, felbst wenn eine Erhöhung des Preises dur Zölle eintreten würde. Er bitte, diese Vorlage anzunehmen.
Der Bundeskommissar Königlich sähsische Geheime Re- gierungs-Rath Bötther erwiderte, die Vorwürfe des Vorred- ners gegen die sächsishe Regierung seien unbegründet, Schon im vorigen Landtage sei die Regierung bemüht gewesen, dem Nothstande in Glauhau und Meerane zu Leibe zu gehen; die dortigen Behörden seien angewiesen worden, Alles zu thun, was in ihrer Macht liege. Es habe sich au ein ge- wisser Erfolg gezeigt. Nicht nur seien Mittel bewilligt worden, um die Weber anderen Berufszweigen zuzuführen, es sei au wiederholt untersucht worden, ob man nicht auf dem Wege der Zollgeseßgebung etwas erreichen könne Die Petenten seien übrigens ganz anderer Meinung als der Vorredner, sie hätten sih für die prompte Erledigung ihrer Wünsche bedankt.
Es folgten persönliche Bemerkungen.
Der Abg. Dr. Bamberger erwiderte dem Abg. von Schorlemer, daß er (Redner) heute weder von dem „armen Mann“, noch von dem „theueren Brod“ gesprochen habe. Er gehöre zu denen, die gewiß am Wenigsten Wahlreden dieser Art hielten. :
Der Abg. Richter (Hagen) verwahrte sich dem Abg. von Schorlemer gegenüber dagegen, daß er Massenpetitionen gegen die Getreidezölle in Aussicht gestellt, sowie zur Bildung einer Kornzoll-Liga aufgefordert habe. Was das angeblich falshe Citat aus einer Rede des Hrn. von Schorlemer be- treffe, so habe er, Redner, den stenographishen Bericht derselben vor sih, in dem es heiße: „Er (der Abg. von Schorlemer) wünsche keine Getreidezölle, weil er der Bevölke- rung das Brod nicht vertheuern wolle.“
Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst bemerkte, bei der leßterwähnten Rede von ihm habe es sih um die Frage eines hohen Getreidezolles gehandelt, gegen den er sih mit jener Aeußerung gewandt habe.
Der Abg. Richter (Hagen) bat den Vorredner, nach den Erfahrungen, die derselbe mit seiner heutigen Ausrede gemacht habe, künftig etwas vorsichtiger zu sein, eine Mahnung, die Rübg. von Schorlemer zurückweisen zu müssen glaubte.
Damit {loß die erste Lesung. Jn der zweiten Lesung, die im Plenum vorgenommen wurde, wurden die einzelnen Tarispositionen besonders diskutirt.
Der Zoll auf Weintrauben soll nah der Vorlage 15 für 100 kg betragen.
Der Abg. Sonnemann beantragte, nur einen Zoll von 10 M. einzuführen, dagegen Weintrauben, welche niht zur Weinbereitung dienten, in Körben von 8 kg und weniger, zollfrei zu lassen.
Der M Sonnemann erklärte, er habe sih bei einem früheren Anlaß \{hon für einen mäßigen Zoll auf Trauben, welche zur Weinbereitung dienen sollten, ausgesprochen, und zwar vorzugsweise im finanziellen Jnteresse des Reichs. Der vorgeschlagene Zo!l von 15 A sei aber viel zu hoh. Derselbe gleiche einem vollständigen Aus\{hluß der Traubeneinfuhr. Zunächst sei die Höhe der Einfuhr von Trauben sehr über- trieben worden. Sie fönnte nur in Mißjahren stattfinden und habe im vorigen Jahre nur 2—21/», Proz. der normalen Wein- produktion Deutschlands betragen. Sie könne daher die deutschen Winzer niemals s{hädigen. Wie stark aber in shlechten Jahren der Ausfall der deutshen Weinproduktion sei, wolle er dem Baue nur an einer Ziffer darthun. Jn Elsaß-
othringen seien im Jahre 1878 1222602 hl Wein produzirt, im Jahre 1879 dagegen nur 246 843 h|. Daß bei einem so starken Ausfall der inländischen Produktion das Ausland einigermaßen aushelfe, sei im Jnteresse der Kon- sumtion nur zu wünschen. Geschehe dies nicht, dann werde man troy aller Verbote noch mehr s{lechten Kunstwein zu trinken bekommen. Nun finde er um deswillen den Zoll von 15 4 für viel zu hoh bemessen, weil nah seinen Erkun- digungen aus 160 kg italienisher Trauben nur 100 kg Wein gemacht werden könnten, weil auf dem Transport sehr viel verloren gehe und die Rappen stärker seien. Endlich habe die Regierung nicht erwogen, daß Wein erst zwei Jahre nach der Kelterung ausgeführt werde und daß inzwischen ein bedeuten- der Abgang stattfinde. Die Einfuhr der Trauben müsse per Eilgut stattfinden, was den Bezug enorm wvertheuere. Das Jnteresse, welches die Champagnerfabrikation an der Frage habe, sei hon früher von ihm Yervarge oren wor- den. Frankreich führe die italienishen Trauben fre: ein, den Wein mit einem nominellen Zoll. Jn Deutschland würde der Zoll von 15 M dieser dure die Konkurrenz im Auslande abermals erschweren. ie betreffenden Jnteressenten glaubten höchstens einen Zoll von 5 F zugestehen zu können. Er habe aber das Doppelte beantragt, weil er gewohnt sei, den Stim- men der Interessenten immer nur einen relativen Werth beizulegen. Er habe noch einen anderen gewictigen Grund für die Ziffer von 10 grdart, Es sei bekannt, daß zwei derjenigen Staaten, in welchen der meiste Weinbau getrieben werde, im Dun vearatte 10 H beantragt hätten. Der Reichstag brauche doch nicht \{huhzöllnerisher zu sein als die Regierungen dieser beiden Staaten. Der zweite Antrag (Anmerkung zum Tarif) betreffe die Trauben, welche zum Genusse bestimmt seien. Auch hier habe eine in der Zoll- tehnik sehr erfahrene Regierung, die sächsishe, im Bundes- rathe einen Antrag gestellt, welcher mit dem abe, gleich- laute. Die Sache müsse also von ihr als unausführbar an- kannt worden sein. Der Zoll as rauben, welche als Obst genossen würden, würde eine Breshe in diesen Theil des deutschen Zolltariss schießen, weil alle Obstgattungen frei seien. Mit demselben Rechte könnten die Gemüsegärtner einen Zoll auf ausländishe Gemüse verlangen. Es sei ein Frrthum, wenn angenommen werde, die Trauben würden lediglih zum Luxusgebrauche eingeführt. Dies möge für Norddeutschland richtig sein. ZJn Sn würden dieselben von allen Bevötkerungsklassen gekauft. Auch zum Kurgebrauch würden dieselben allen Klassen verordnet. r Zoll von 15 M ver: theucre das Kilogramm bis es in die Hände der Konsumenten
komme, um 5 4. Er empfehle die Annahme seiner Anträge.
Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath Direktor im Reichsshaßzamt Burchard wie folgt das Wort: Meine Herren! Ich kann mich gleichfalls sehr kurz fassen, da ja über die Frage, ob ein Traubenzoll aufgelegt werden foll, im hohen wis: eine Meinungsverschiedenheit so gut wie gar nicht besteht. Es andelt sich um die Frage, ein wie hoher Traubenzoll auferlegt wer- den soll. Die Regierung hat Ihnen vorgeschlagen einen Zoll von 15 M pro 100 kg und per netto, d. h. es wird dabei für die Ver- packung ein Taraabzug gewährt. Es steht dieser Satz insofern prin- zipiell im Widerspruch mit dem Weinzoll, als der Weinzoll 24 M. pro 100 kg beträgt, aber Brutto, d. h. einsc{ließlich des Gewichts der Ums&ließung. Das ift nicht ganz gleichgiltig, denn, wie auch in der Vorlage ausgeführt i}, beträgt das Gewicht der msblietung, niedrig gegriffen, 16 Proz. bis zu 20 Proz., es würde also der Wein- zoll, d. h. der Zoll, der auf die Flüssigkeit des Weins gelegt ist, un- gefähr 28 bis 30 M. pro Doppelzentner betragen.
Es kam nun darauf an, zu diesem bestehenden ar den Zoll für Trauben in - ein rihtiges Verhältniß zu bringen. Der D Vorredner hat seinerseits ausgeführt, er halte den
einzoll ganz vorwiegend für einen Finanzzoll und au den Trauben- zoll für einen Finanzzoll. Ich möchte diese Auffassung im allgemeinen theilen. Allerdings gewährt der Traubenzoll und foll er gewähren einen erheblichen Schuß auch für den inländishen Weinbau. In- dessen, die Regierung müßte zunächst ihr Augenmerk darauf richten, daß die Lücke im Gesetze, die bisher besteht, daß nämlich dur zoll- freie Einfuhr von Trauben das Erträgniß des Weinzolles ges{mälert wird, beseitigt werde. Es wäre also von diesem Standpunkte aus vollständig korrekt gewesen, wenn man fich einfah gefragt hätte: wie viel Trauben sind nöthig zur Herstellung von Wein? Wenn nach diesem Verhältniß der Zoll von Trauben berechnet wäre, fo würde dafür gesorgt sein, daß der Weinzoll nicht durch die Einfuhr von Trauben umgangen werden kann. Dieser Weg, ist auch zunächst eingeschlagen worden und die Vorlage kommt bei der Berechnung auf dieser Grundlage zu der Annahme eines Traubenzolles von 19,3 A. Sie ist dabei davon ausgegangen, daß 145 kg Trauben zur Her- stellung von 100 kg Wein erforderlich sind. Von verschiedenen un- betheiligten Seiten ist das als eine sehr hohe Annahme bezeichnet, und ich kann darauf hinweisen, daß in der Schweiz in einzelnen Städten bei Erhebung der Accise die Annahme obwaltet, daß 120 Pfund Trauben Lgenügen, um 100 Pfund Most oder Wein herzu- stellen. Es erscheint also ausgeschlossen, daß man im Durch- \chnitt höher gehen könnte wie 145 kg, daß man also mit dem Hrn. Abg. Sonnemann, wenn ich ihn richtig yerstanden habe, annehmen könnte, es wären 180 oder 160 kg nothwendig. Es ist das nah den angestellten Ermittelungen — und solhe sind ja angestellt worden — fast der höchste Saß, der angenommen werden kann. Ich bin also der Meinung, daß 145 kg Trauben zur Herstellung von 100 kg Wein eine Durch- \{nittsannahme bildet, gegen die Einwendungen nicht zu erheben sind.
Man hätte hiernaÞ vom rein finanziellen Standpunkte aus sehr wohl einen Traubenzoll von 19,3 M vorschlagen können, er ist aber herabgemindert, weil auch die andere Seite des Traubenzolls, nämlich der beabsichtigte Schuß des inländischen Weinbaues, ins Auge zu fassen war und man da von anderen Grundlagen ausgehen müßte. Denn wenn es fich um einen reinen Schußtzzoll handelt, so bemißt man diesen in der Regel nah dem|Werthe der Waare, die mit dem Zoll getroffen werden soll; man wird z. B. das Verhältniß zwischen Garnzoll und Gewebezoll in der Regel auf der Grundlage der Werthe zu ermitteln haben. Es ist deshalb eine zweite Nehnung auf dieser Grundlage angestellt, und die ungefähre Mitte genommen worden zwischen den Resultaten, die sich auf dem einen Wege und auf dem anderen Wege ergeben. Wenn man lediglih die Werthe zu Grunde legen wollte, würde man in der That die Finanzen entschieden gefährden. Ich möchte ferner darauf hinweisen, daß die Trauben, wenn sie ausgepreßt find, also die Trester noch einen er- heblidhen Werth haben, daß also lediglich der Werth der Trauben zur Weinbereitung nicht Auss{chlag gebend sein kann, sondern auch noch der Werth der Trestern, die zurück bleiben, in Be- tracht zu ziehen is. Jch meine also, daß mit dem Zoll von netto
15 M das Richtige getroffen worden ist; es ist nit ledigli den finanziellen Rücksihten Rechnung getragen, aber auch nicht lediglich Werthsrücksichten, sondern die Mitte genommen worden. Ih möchte auch darauf hinweisen, daß ein Antrag, wie der Hr. Abg. Sonne- mann, soweit mir bekannt ist, in dieser Form bisher nicht gestellt worden ist. Er hat beantragt 10 M, d. h. ohne Zusaß, Netto. So tief hat fich kein Vorschlag bisher verstiegen; man hat wohl 10 Brutto gewollt, d. i. 12 4 Netto, das ist aber immerhin ein erheb- licher Unterschied. 19 M Netto, wie vom Hrn. Abg. Sonnemann be- antragt ist, scheint in der That eine vollständig zu niedrige tarifarische Belastung zu sein, die niht ausreichen würde, den nöthigen Schuß zu gewähren und au finanziell niht genügen würde, die Einführung von Trauben hintan zu halten, : :
Ich möchte dann noch auf einige Gründe eingehen, die der Hr. Abg. Sonnemann zur Unterstützung seines Vorschlags geltend ge- macht hat, namentlich auf die Rücksicht, die er der Champagner- fabrikation angedeihen lassen will. Jch muß gestehen, diefe Rü- iht muß etwas verwundern. Als der Zolltarif în den ersten Sta- dien berathen wurde, bat man \ich die Frage vorgelegt, ob es fstatt- haft wäre, die inländishe Champagnerfabrikation ohne jede Abgabe zu lassen, während sie einen Schußtzzoll genöfse von 48 M per 100 kg Brutto. Es i1t das ein so weitgehender Schutz, daß man in der That finanzielle Bedenken hegen mußte, ihn in fo ausgiebiger Weise einem Industriezweig zukommen zu lassen. Man hat damals von einer Besteuerung Abstand genommen, einerseits der technischen Schwierigkeiten wegen, welche mit der Einführung einer Abgabe auf die inländishe Schaumweinfabrikation verbunden sein würden, ande- rerfeits weil man si sagte: vor der Hand wird es zu einer Gefahr für die finanziellen Interessen nicht führen können, man kann abwarten, wie die Sache im Laufe der Jahre si entwickelt ; es handelt sich um eine Fabrikation, die in den Anfängen sich befindet. Man hat aber dabei nicht angenommen, daß die inländiswe (Lham pagnerfabrikation ihre Trauben vom Auslande beziehen würde. Jetzt genießt sie selbst bei der Einführung der Trauben vom Ausland den vollen Schutz von 48 ( Brutto, das find ungefähr 60 oder 58 M Netto. Wenn aber der Traubenzoll eingeführt wird, so verbleibt der Ebampagnerfabrikation noch immer ein fehr erheb- liber Schutzzoll, mindestens die Differenz zwischen dem Zoll von Wein in Fässern und von Wein in Flaschen, das sind aub no ungefähr 30 K Ich glaube also in der That, daß die inländische Champagnerfabrikation nicht das Mitleid soweit erregen kann, daß man deswegen Anstand nehmen sollte, diesen Zoll in der Höhe ein- zuführen, wie er nach anderen Grundsäßen sich rechtfertigt.
Wenn ih nun übergehe auf die vorgeschlagene Anmerkung des Hrn. Sonnemann, daß Weintrauben, welche nit zur Weinbereitung dienen, in Körben von 8 kg oder weniger, vorbehaltlich der im Falle eines Mißbrauchs örtlich anzuberaumenden Aufhebung over Be- \{ränkung dieser Begünstigung, frei sein sollen, so ist der Antrag zu- nächst damit begründet, daß sonst eine Bresche in das System des Zolltarifs gelegt wurde, weil der gott allgemein die Erzeugnisse des Landbaues zollfrei läßt. Jch kann darauf erwidern, Apfelsinen sind au Erzeugnisse des Landbaues, sie sind aber nicht zollfrei, ebenso
nit alle Südfrüchte. Es is immer als die erste Aufgabe des Zoll- tarifs angesehen worden, diejenigen Gegenstände mit einem Zoll zu belegen, deren Einführung cinem Luxusbedürfniß dient. Es ist gewiß auffällig, daß gerade von derjenigen Seite, die sont immer die in- direkten Steuern und Zölle deswegen angreift, weil sie angeblich den Konsum der niedrigen Volksklassen härter treffen, daß gerade von dieser Seite aus ein Grund gegen das Auflegen des Zolles auf Weintrauben darin gefunden wird, daß der Kon- sum dadurch vertheuert würde, während doch unzweifelhaft — ich glaube, darüber kann keine Meinungsverschiedenheit obwalten — die vom Auslande eingeführten ligen afeltrauben hauptsächlich zum Genuß der reiheren und wohlhabenden Klassen bestimmt find. Daß sie auch zum Kurgebrauch dienen, ist ja zuzugeben, aber erstens
bildet dieser Gebrau nur einen ganz geringen Prozentsatz der allge-