1881 / 136 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Jun 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Heute früh haben Se. Majestät die Brunnenkur fort- geseyt und dann im Laufe des Vormittags den Hofmarschall Grafen Perponcher und den Chef des Militärkabinets, General- Adjutanten von Albedyll zum Vortrage empfangen.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin traf vorgestern Abend von Baden-Baden im Residenzschlosse zu Coblenz ein und besuchte gestern Se. Majestät den Kaiser und König in Ems, woselbsi Jhre Majestät den Besu Sr. Majestät des Königs von Schweden und Norwegen empfing.

Jn der am 13. d. M. unter dem Vorsiße des Staats- Ministers von Boetticher abgehaltenen Sizung des Bundes- raths wurde dem Entwurfe eines Geseßes wegen Bestrafung von Pes gegen die österreichish-ungarischen gouge eße, sowie ferner dem Abschlusse einer Vereinbarung mit

esterreih-Ungarn wegen Ausdehnung des Vertrags über die Be- glaubigung öffentlicher Urkunden auf Bosnien und die Herze- gowina die Zustimmung ertheilt. Weiter nahm die Ver- sammlung die Berichte der zuständigen Ausschüsse entgegen über Eingaben, welche sich theils gegen die Vivisektion richteten und zum andern Theil Abänderungen der internatio- nalen Reblauskonvention in Anregung brachten, und be- {loß in beiden Fällen die Ueberweisung an den Reichs- kanzler. Eine Präsidialvorlage, betreffend den Ent- wurf eines Gesezes über die Reichskriegshäfen, wurde den Ausschüssen für Seewesen und für Handel und Verkehr über- wiesen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (60.) Sißung des Reichs- tags, welcher mehrere Bevollmäätigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, berieth das Haus zunächst über den mündlichen Bericht der Kommission für die Geschäfts- ordnung über die Frage, ob die nah §. 197 des Strafgeseß- buchs erforderlihe Ermächtigung zur strafrehtlihen Verfol: gung der für den in Nr. 101 der „Straßburger Presse“ abge- druckten, eine Beleidigung des Reichstags enthaltenden Artikel, verantwortlichen Versonen zu ertheilen sei. Es wurde be- \{lo}en, dem Antrage der Kommission gemäß die Ermächtigung nicht zu ertheilen. i j

Ohne Debatte erledigte das Haus darauf die dritte Be- rathung des am 23. Mai 1881 zu Berlin unterzeichneten Handelsvertrages mit Desterreih-Ungarn, die dritte Berathung des zu Berlin unlerzeihneten Handelsver- trages mit der Schweiz, sowie der im Anschluß hieran getroffenen Verabredung in Betreff des gegenseitigen Schußes der Rechte an literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst, von demselben Tage, die dritte Berathung der am 30. Mai 1881 zu Berlin unterzeihneten Uebereinkunft zwischen Deutschland und Belgien wegen weiterer Regelung der gegenseitigen Handelsbeziehungen, die dritte Berathung der Handelskonvention zwischen Ruge

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L602 Sh Deutschen Reiche und Oesterreich UNgatn wegen Ausdehnung des Vertrages vom 25. Februar 1880 über die Beglaubigung öffentlicher Urkunden (Reichs- Geseßblatt 1881 S. 4) auf Bosnien und die Herzegowina, die erste und zweite Berathung des Entwurfs eines Gesehes, betreffend die Bestrafung von Zuwiderhandlungen gegen die österreihisch-ungarishen Zollgeseße, und die dritte Berathung des Entwurfs eines Geseßcs, be- treffend die Feststellung eines Nachtra gs zum Reichshaushalts- Etat für das Jahr 1881/82, auf Grund der Zusammen- stellung der in zweiter Berathung gefaßten Beschlüsse.

Es folgte die dritte Berathung des Entwurfs eines Ge- seßes, betreffend die Abänderung von Bestimmungen des Gerichtskostengeseßes und der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher. Jn der Generaldiékussion erklärte \sih der Abg. Pfafferott gegen den in der zweiten Lesung zu Tage

etretenen Gedanken, die Gerichtsvollzieher auf ein festes Ge- alt zu stellen, Einigermaßen lasse sih den aufgetretenen Üebelständen, namentlih in großen Städten, durch eine Zer- legung der Gerichtsvollzieherbezirke abhelfen. Der Abg. Kloy hielt eine Herabsehung der Anwaltsgebühren, wie solche in der von der Kommission vorgeschlagenen Resolution empfohlen werde, im Jnteresse der Jntegrität des Anwalt- standes für unzulässig. Der Abg. Dr. Reichensperger (Cre- feld) erachtete die Rehtsanwaltsgebührenordnung für durchaus revisionsbedürstig, glaubte aber einer Vershlehterung der pe- fkuniären Lage der Gerichtsvollzieher entshieden widersprehen zu müssen. Bei Schluß des Blattes begann die Spezialdis- fussion, in welher zunähst der Staatssekrektär des Reichs- justizamts, Dr. von Schelling, das Wort ergriff.

Im Königreih Württemberg wird für die Finanz- periode 1. April 1881 erhoben: a, die Abgabe von dem 31. März 1883 n g

zur Bier- und Branntweinerzeugung bestimmten Malz nah dem Saße von 5 H für einen Centner ungeschrotenes Malz ; b, die Uebergangssteuer von geshrotenem Malz nach dem Saße von 5 H für einen Centner Malz; c. die Ueber- gangssteuer von Bier mit 2 4 75 Z für das Hektoliter braunes und mit 1 # 65 „Z für das Hektoliter weißes Bier ; d, die Uebergangssteuer vom Branntwein bei einer Normal- stärke von 50 Grad nach dem Alkoholometer von Tralles bei 12,44 Grad Réaumur nah dem Saße von 2 M 75 für das Hektoliter. Nach diesem Verhältniß werden auch die Uebergangssteuersäße für Branntwein über und unter 50 Grad Stärke bestimmt. Ferner ist der Steuersay für das zur Branntweinbereitung bestimmte ungequetshte Grünmalz, s\o- fern es nah der näheren Vorschrift des Königlichen Steuer- follegiums zum Abwägen gebracht wird, für die vorbezeichnete Finanzperiode auf 2 # 80 „5 vom Centner bestimmt und auf den gleihen Betrag auch die Uebergangssteuer von ge- quetshtem Grünmalz festgeseßt worden.

Ein \chriftlich GKgeCetrer DILRTENTEA hat nach einem Urtheil des Reichsgerichts, Il, Straf- senats, vom 29. März d. J., keine “Bedeutung, wenn er der Unterschrift des Antragstellers sei es der Unterschrift seines Namens oder eines anderen Zeihens (Unterkreuzung, Stempelung) ermangelt. Die natträglihe Unterzeihnung eines derartigen der Unterschrift entbehrenden Stralanirages hebt nur dann den Mangel der Schriftlichkeit auf, wenn sie innerhalb der dreimonatlihen Antragsfrist erfolgt ift.

Der Königlih württembergishe Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Geheime Legations-Rath, Kammerherr vo n Ba ur-Breitenfeld, hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Urlaub angetreten.

Der General-Jntendant der Königlichen Schauspiele von Hülsen hat einen ihm Allerhöchst bewilligten mehrwöchent- lihen Urlaub angetreten.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr. Seidel in Neuenburg, Drr. Gesenius, Herter, Loehlein, Loeillot de Mars, Müller, Sonnenburg und Violet in Berlin, Dr, Buchholz in Ketßin, von Quillfeld in Eberswalde, Dr. Langer in Sommerfeld, Stabsarzt Pr. Heyne in Cottbus, Schröder in Bärwalde, Dr. Niclou in Müllrose, Dr. Pulz- ner in Stolpmünde, Dr. Bodenstein und Dr. Eckert in Colkterg, Altdorfer in Barmen, Dr. Eichhof und Dr. Lehmann in Elberfeld, Dr. Veltkamp in Remscheid, Nourney in Mett- mann.

S. M. S. „Sto\ch“, 16 Geschüße, Kommandant Kapt. z. See von Blanc, ist am 13. Juni cr. in Capstadt ein- A und beabsichtigte am 18. d. M. die R&se fort- zusetzen.

Wiesbaden, 14. Juni. (W. T. B.) Der Regierungs- Präsident in Oppeln, Freiherr von Quadt-Hüchtenbruckc ist gestern in Bad Nassau gestorben.

Hamburg. Wie schon telegraphisch gemeldet, hat die Ge- werbekammerin Hamburg in der Anschlußfrage am 7. eine Eingabe an den Senat gerichtet. Diese Kundgebung lautet nach der „N. Allg. Ztg.“ im Wesentlichen folgendermaßen :

„Diese Ansicht, die unserer Ueberzeugung nah von der weit überwiegenden Mehrzahl der hamburgishen Gewerbtreibenden getheilt wird, geht in Kürze dahin, daß die Genehmigung des Vertrages uns als unbedingt geboten erscheint, während seine Ablehnung den Ge- werbestand aufs Empfindlichste hädigen müßte.

Hierbei gehen wir zunächst von der jedem Unbefangenen von selbst einleuhtenden und ja auch den Motiven des vom Hohen Senat an die Bürgerschaft gestellten Antrags zu Grunde liegenden Voraus- seßung aus, daß nach Lage der Strömungen und Stimmungen im Reiche durch die Nichtgenehmigung der Uebereinkunft unter keinen Umständen die dauernde und endgültige Aufrechterhaltung unserer bisherigen Freihafenstellung erwirkt, vielmehr der Eins{luß unserer Stadt in die nationale Wirthschaftsgemeinschaft Deutschlands lediglich um eine kürzere oder längere Frist verzögert würde, um späterhin unter S: besseren, wahrscheinlich ungünstigeren Bedingungen dennoch ins Leben zu treten. Es würde also durch die Ablehnung nichts erreicht, als ein Provisorium, dessen Unsicherheit und Unruhe jede Wiederbelebung des gewerblichen Unternehmungsgeistes im Keim ersticken müßte. Abgesehen aber davon, daß es cine andere Wahl als die zwischen jeßiger oder späterer Zustimmung zum Anschluß über- haupt nicht giebt, hegen wir die feste Zuversicht, daß derselbe, unter den Modalitäten wie den jeßt vorgesehenen verwirklicht, und nah Ueberwindung der unvermeidlichen Schwierigkeiten der Uebergangszeit, dem Gedeihen des Gewerbestandes und einem neuen Aufschwung der gewerblichen Thätigkeit in unserer Stadt nur in hohem Maße förder- lich sein kann. Zur Motivirung dessen dürfte es genügen, darauf hinzuweisen, daß die Interessen des hamburgischen Gewerbes, für sich und als solche betrachtet, keine erheblich anders ge- arteten -sein können als diejenigen des Gewerbes in der Zollgemeinschaft. Dieses für seinen Theil aber ist mit der gegenwärtigen Richtun unseres Handelavol tif ganz ïïherwiegend ein- verstanoen, 1a die Etufchlaguw5ckdér}elben ist wesentlih mit auf fein Andringen erfolgt; sollte ihm vollends die Frage vorgelegt werden, as es von der Wegräumung olles und jedes Zollshutes halte, so würde die Antwort lauten, daß es hierin seinen Ruin erblicken müsse. Und doch würde es dabei imtner noch den inneren Markt von vierzig Millionen haben, während das Hamburgische Gewerbe von dem ganzen deutschen Absaßtzgebiet durch die Zölle abgesperrt ist. Auf der anderen Seite kam und kommt freilich für uns in Be- traht, daß hier in Hamburg die Blüthe des Gewerbes, be- sonders des Lokalgewerbes, in ungleich höherem Maße als anderwärts durch die Blüthe des Handels, als des mal und aus\{laggebenden Faktors der Erwerbsthätigkeit in unserem Gemein- wesen, bedingt ift, und eine irgend fühlbare Verkümmerung des Han- dels daher unaufhaltsam auch das Gewerbe in Mitleidenschaft ziehen müßte, Dies ist denn auch der Grund, warum die Kammer in dem früheren Stadium der Sache niemals Anlaß genommen hat, \ich über die Stellung des Gewerbestandes zu derselben zu äußern : Der Wider- streit der für sie in Betraht kommenden Gesichtspunkte {loß ihr den Mund. Nachdem nun aber, allen bisher gehegten Zweifeln entgegen, durch die Vereinbarung vom 25. Mai festgestellt ist, daß dem Hamburgishen Handel der dauernde Be- cines für die Erhaltung seines Weltverkehrs erfor- derlichen Freihafengebiets gewährleistet und überhaupt, wie ja seine berufenen Vertreter bereits anerkannt haben, seinem Lebensanliegen ungehemmter Bewegung und Entwickelung alle nur irgend mögliche Rechnung getragen wird: darf der Gewerbestand seinerseits dem Ein- tritt des dur dieses Uebereinkommen in Aussicht gestellten Zustandes, bei welchem beide Interessengruppen, Handel und Gewerbe, ihr Recht erhalten, mit ungetheilter Hoffnung und Befriedigung entgegensehen. Wir können daher nur auf das Dringendste wünschen, daß die Ver- einbarung vom 25. Mai d. J. demnächst auch die Zustimmung der Bürgerschaft finden und sobald als möglich zum endgültigen Abscbluß gebracht werde.“

Oesterreich-Ungarn. Wien, 13. Juni. (W. T. B.) Das „Armee-Verordnungsblatt“ veröffentlicht die aus Gesundheitsrücksihten erfolgte Enthebung des Feldmarschall- Lieutenants Frhrn. von Schönfeld von seinem Posten als Chef des Generalstabes unter dem Ausdrucke der Anerkennung für vorzügliche Dienste und unter dem Vorbehalte der Wieder- verwendung; ferner die Ernennung des General-Adjutanten, Nea E E Baron von Beck zum General- tabschef, sowie des General-Majors P opp zum Vorstande der Militärkanzlei des Kaisers. Hofrath Professor Skoda ist heute Mittag 11/, Uhr verstorben.

Prag, 13. Juni. (Pr. Ztg.) Den Schluß der aus Anlaß der Ankunst des Kronprinzenpaares in Prag veranstalteten Festlichkeiten bildete das von den hiesigen Bürgercorps veranstaltete Fest- und Jubelschießen. Dasselbe nahm gestern troy der ungünstigen Witterung einen äußerst festlihen Verlauf.

Se. Kaiserliche Hoheit hat bereits Seine dienstlihe Stel- lung als Kommandant der 18. Jnfanterie-Brigade (esteyend aus den Jnfanterie-Regimentern 21 und 35, dem Reserve- Kommando Nr. 28, dem 2. Jäger- und dem 3. Pionier- Bataillon) in Prag angetreten. Nochdem der Kronprinz vor- gestern die übliche dienstlihe Meldung beim General- und beim Divisions-Kommando erstattet, nahm Se. Kaiserliche Brteit gestern in der Josefskaserne die Vorstellung des

ffiziers-Corps Seiner Brigade entgegen.

Schweiz. VBern, 13. Juni. (W. T. B.) Die Zürcher Regierung hat die Abhaltung des Sozialisten - En gres ses in Zürih und zwar mit 5 gegen 2 Stimmen verboten.

Großbritannien und Jrlaud. London, 11. Juni. (Allg. Corr.). Die Admiralität hat vom om- modore Henderson folgendes Telegramm, datirt Monte- video, 8. Juni, erhalten. „Die Ursahe der Explosion an Bord des „Doterel“ ist unermittelt. Die Kessel be- finden sich an ihrem Plate; der am Steuerbord ist noch nicht bloßgelegt. Der Vordertheil des Schiffes ist gänzlich zerstört : vom Hauptmast nah hinten zu ist der Rumpf unbeschädigt, Weitere Einzelheiten und die Zeugenaussagen werden dur die „Jberia“ überbraht werden. Es sind Anstalten getroffen worden, daß der „Garnet“ ausgedehntere Untersuchungsopera- tionen fortseßt.“

Die gestrige „Dubliner Amtszeitung“ veröffentliht Pr okl a - mationen des Vizekönigs, welche das Abhalten mehrerer angekündigter agrarischer Meetings untersagen, weil bei denselben Ruhestörungen befürchtet werden. ;

Die Polizeibehörde in Chester is benahrihtigt worden, daß die fenishe Körperschaft in Amerika eine Anzahl von Agenten nach England geschickt hat, deren Aufgabe es wäre, die öffentlichen Gebäude in verschiedenen Städten des Vereinigten Königreichs zu zerstören.

Das Telegramm, welches der Minister des Jnnern von dem Bürgermeister von Liverpool über den Versuch, das Stadthaus daselbst in die Luft zu sprengen, unter dem 11. d. M. erhalten hat, lautet: „Heute Morgen um 4 Uhr ent- decte der wachthabende Polizeikonstabler eine brennende Lunte ganz nahe am Seiteneingange zum Stadthause. Da er zu gleicher Zeit zwei verdächtig aussechende Männer bemerkte, folgte er denselben und benachrichtigte einen Kollegen von dem, was er an dem Stadthause wahrgenommen. Der weite Polizist begab sich nach dem Stadthause und ah ein Paket, das wie ein Kleidersack aussah. Rauh fam aus demselben heraus, und es ließ sich ein sonder- bares Geräush aus dem Jnnern vernehmen. Der Beamte \chleppte den ziemlich {weren Beutel in die Mitte der Straße und ließ ihn dort fallen. Er war kaum zehn Ellen von dem Gebäude entfernt, als das Packet mit lautem Knalle explo- dirte. Die Explosion zershmetterte die Fenster des Stadt- hauses sowie des gegenüber befindlihen Gebäudes, zerstörte einen Theil des eisernen Geländers, und einige Stücke der Bombe flogen über das Gebäude hinweg und zershmetterten die Fenster eines Gebäudes in der benahbarten Straße. Der erste Polizist, welcher den zwei Männern gefolgt, nahm die- selben mit dem Beistande einiger anderer Polizisten fest. Beide hatten geladene Revolver bei sih, Beide sind Frländer, von denen einer erst jüngst aus Amerika angekommen.“

Zu der großen Freiwilligenparade am 9. Juli im Windsorpark, welcher vor der Königin abgehalten werden wird, haben sih über 51 000 Mann angemeldet. Es sind 114 verschiedene Regimenter, und diese sollen in zwei Armee- Corps getheilt werden, jedes zu drei Divisionen. General Sir D. Lysons und der Prinz Eduard von Sachsen-Weimar werden die Corps kommandiren. Es verspricht das groß- artigste militärishe Schauspiel zu werden, welches je in England gesehen worden ist.

Der hundertste Jahrestag der Geburt George Stephensons wurde am 9. d. M. in Newcastle-upon- Tyne unter großer Theilnahme gefeiert. Fn Chestersfield sowie in vielen. andèren Städten im Norden Englands wurde der Gedenktag ebenfalls begangen. Ein sehr s{hönes ge ward auch im Krystallpalast in Sydenham veran- taltet, dessen Ertrag dem Waisenhause für Kinder verunglück- ter Eisenbahnbedieusteten in Derby überwiesen wurde. Es ist im Plane, in Newcastle das Andenken Stephensons dur Gründung einer Lehranstalt für physishe Wissenschaft zu ehren, welche den Namen „The Stephenson Memorial College“ führen soll. Die Kosten betragen ca. 30 000 Pfd. Sterl., zu denen der König von Belgien bereits 500 Pfd. Sterl. beigesteuert hat.

Capstadt, 9, Juni. (Allg. Corr.) Die geseßgebende Versammlung hat eine Resolution, welche die Uebertra- gung der Regierung des Eingeborenengebiets an die Reichsregierung bezweckte, abgelehnt.

183. Juni. (W. T. B.). Jin der heutigen Sißung des Unte r- hauses erwiderte in Beantwortung mehrerer Anfragen der Unter-Staatssekretär Dilke: die französische Regierung habe den Botschafter Lord Lyons davon verständigt, daß sie die Annahme der dem Minister-Residenten Roustan von dem Bey von Tunis übertragenen Stellung Seitens Rou- stans billige; das betreffende Dekret des Beys berühre die Stellung der englishen Regierung in Tunis niht und thue den Vertragsrehten, deren Verbindlichkeit die fran- zösische Leun, anerkannt habe, feinen Abbruch, Dem Deputirten Wolff entgegnete Dilke: er hoffe, daß jebt, wo die Konvention bezüglich Griechenlands unter- zeichnet sei, die Botschafter Zeit finden würden, ihre Aufmerk- jamkeit den aus dem Artikel 23 des Berliner Vertrages entstehenden Fragen zuzuwenden. Was den öster- reichisch-serbischen Vertrag angehe, so sei derselbe Gegenstand der größten Ausmerksamkeit Seitens der Regierung; man hoffe, Mittel ausfindig zu machen, um nachtheilige Wirkungen, die aus diesem Vertrage etwa für den englishen Handel entstehen könnten, abzuwenden. Es sei indessen nicht wünschenswerth, den bezüglichen Schriftwechsel schon jeßt vorzulegen ; die serbishe Regierung sei darauf aufmerksam gemacht worden, daß sie ihre Vertrags- verpflihtungen gegen England stricte beobahten müsse. Was endlich die Vorgänge in Albanien betreffe, so scheine Derwisch Pascha den Widerstand der Albanesen gebrochen zu haben und Anstalten zur Pazifikation des Landes zu treffen. Der Peru, [e nicht bekannt, daß Derwish Pascha die Häuptlinge dur Verrath gefangen genommen habe; ein Grund zu irgend welher Einmischung sei indessen nicht vor- handen. Hierauf wurde die Spezialberathung der irischen Landbill fortgeseßt.

Frankreih. Paris, 13. E (W. T. B.) Die Deputirtenkammer seßte die Berathung des Budgets auf nächsten Donnerstag fest. Der lebenslänglihe Senator Roger du Nord is gestorben. : Die „Agence Hava s“ veröffentlicht ein ihr aus Tunis zugegangenes Schreiben, welhes die Ankunft eines neuen Gouverneurs in Tripolis mit 1600 Mann meldet und von einer lebhaften Thätigkeit der Militär- behörden in Tripolis berihtet, Sodann heißt es in dem Briefe, die Pforte sei zwar Herrin von Tripolis, sie würde indessen ihre Rechte überschreiten, wenn sie unter dem Vor- wande, das durch Nichts bedrohte Land zu vertheidigen, einen anatismus hervorriefe, der für das benahbarte Tunis und lgier gefährlih werden könnte. Frankreih sei (ep! für die Aufrechterhaltung der Ruhe in Tunis verantwortlich.

Der vormalige Minister des Auswärtigen, Marquis von Banneville, ist gestorben.

Italien. Rom, 13. Juni. (W. T. B.) Die amtliche „Ga- zetta“ publizirt die Ernennung von 32 neuen Se- natoren.

Nach einer Mittheilung der „Ftalie“ bekämpfte bei Be- rathung über Verlängerung der Handelsverträge in der Kommission der Deputirtenkammer der Ab- geordnete Luzzati die vorliegenden Entwürfe und verlangte den Abshluß von Handelsverträgen, welche der nationalen Jndustrie günstiger wären. Es wurde daraufhin ein Fragen- verzeichniß redigirt, welhes den Ministern des Aeußern, der Finanzen und des Ackerbaues unterbreitet werden soll, und wurden diese drei Minister eingeladen, der morgigen Sißzung der Kommission beizuwohnen.

Eine Meldung aus Aden, vom 12. d., bestätigt die Ermordung des Unteroffiziers Giulietti sammt Eskorte in der Nähe des egypiisden Stapelplaßes Bailur, auf einer Expedition zur Erforshung des Laufes des Qualiaa- flusses. Die italienische Regierung wandte sich telegra- phish nah Kairo wegen strenger Untersuhung und Bestrafung der Schuldigen. :

14. Juni. (W. T. B.) Jn der gestern Abend abge- haltenen Versammlung der Majorität der Kammer erklärte der Minister - Präsident Depretis bezüglih der Walreform: die Regierung sei entschlossen, als Bedingungen der Wahlfähigkeit die Zurücklegung der zweiten Klasse der Elementarschule und einen Census von 19 Lire 18 Centimes aufzustellen. Der Justiz-Minister Zanardelli sprach sih in demselben Sinne aus. Nach lebhafter Debatte genehmigte die Versammlung einstimmig eine Tagesordnung, in welcher die Vorschläge des Ministeriums gebilligt werden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 13. Juni. (W. T. B.) Fürst Milan von Serbien ist heute Abend 6 Uhr hier eingetroffen. Unmittelbar nah seiner Ankunft be- gab sih der Fürst nah der Festungskathedrale, um dort der Seelenmesse am Grabe des verstorbenen Kaisers beizuwohnen. Hierauf kehrte Fürst Milan nah dem Winterpalais zurück,

wo das Diner eingenommen wurde.

Sécichstags- Angelegenheiten.

Cassel, 14, Juni. (W. T. B.) Nach dem nunmehr festge- stellten amtlichen Resultate der Stichwahl im Wahlkreise Rinteln-Hofgei8mar-Wolfhagen erhielt Dr. Schläger (nationalliberal) 5144 Stimmen, Liebermann (Fortschrittspartei) 4254 Stimmen. Ersterer ist sonach gewählt.

Statistische Nachrichten .

Gemäß den Veröffentlichungen des KaiserlichenGesundheits- amts sind in der 22, Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den JIahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 26,8, in Breslau 28,8, in Königsberg 30,3, in Cöln 28,7, in Frankfurt a. M. 16,7, in Hannover 15,7, in Caffel 18,7, in Magdeburg 22,5, in Stettin 31,2, in Altona 27,4, in Straßburg 33,3, in Meß —, in München 37,8, in Nürnberg 23,0, in Augsburg 21,7, in Dres- den 24,3, in Leipzig 21,6, in Stuttgart 22,5, in Braunschweig 25,8, in Karlsruhe 18,7, in Hamburg 25,5, in Wien 31,6, in Budapest 41,3, in Prag 40,1, in Triest 36,9, in Krakau —, in Basel 28,5, in Brüssel 19,8, in Paris 30,5, in Amsterdam 29,7, in Kopen- hagen 24,3, in Stockholm 26,3, in Christiania 25,6, in St. Peters- burg 61,4, in Warschau ?, in Odessa 24,5, in Rom 24,1, in Turin 23,4, in Bukarest 21,1, in Madrid 29,0, in London 20,5, in Glasgow 22,7, in Liverpool 21,9, in Dublin 26,4, in Edinburgh 20,8, in Alexandria (Egypten) 34,3. Ferner aus früheren Wochen: in New-York 35,2, in Philadelphia 24,3, in St. Louis ?, in Chicago 33,2, in Cincinnati 18,6, in San Franzisko 15,1, in Kalkutta 31,9, in Bombay 34,7, in Madras 49,8.

Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den meisten deut- \chen Beobachtungsstationen nördliche und nordöstliche, in Süddeutsch- land westliche und südwestliche, in Cöln südöstlihe Windrichtungen vor, die um die Mitte der Woche an den meisten Stationen nach Nordwest, in Süddeutschland nah Nordost und zu Ende der Woche nach West und Südwest umgingen, nur in Konitz und Heiligenstadt blieb Nordwest bis an das Ende der Woche vorwiegend. Die Tem- peratur der Luft erreichte, obgleich im Allgemeinen eine höhere, doch nuc in Berlin und Cöln das monatliche Durchschnittsmittel. Nieder- {läge waren selten, nur in München und Karlsruhe, wo sich auch Gewitter entluden, regnete es in ergiebigerem Grade. Der Druck der Luft stieg in den ersten Tagen der Woche, sank aber vom 31. an langsam bis an das Ende der Woche.

Die Sterblichkeitsverhältnisse gestalteten sich in der Berichtswoche ziemlich allgemein günstiger, namentlich wurden an den meisten Orten Erkrankungen und Sterbefälle an entzündlihen Prozessen der Athmungsorgane seltener, Die allgemeine Sterblichkeitéverhältniß- zahl für die deutshen Städte sank auf 25,6 von 26,1 der Vor- woche (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Die Betheili- gung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war im Allgemeinen eine wesentlich geringere als in der Vorwoche, nur in den Groß städten in Folge der si mehrenden Todesfälle an Darmkatarrben eine größere. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet, Kinder unter 1 Jahr 87 gegen 91 der Vorwoche (in Berlin 113, in München 167),

Unter den Todesursachen erfuhren von den Infektionékrankheiten diphtherishe Affektiouen im Allgemeinen eine größere Abnahme, be- sonders in Berlin, Straßburg, Wien und Budapest. In Stettin, Paris, Königsberg, München, Dresden, Cöln waren Todesfälle daran zahlreiher. Auch das Scharlachficber bedingte in Wien und Paris weniger Todesfälle, in Stettin, Breslau, Cöln, Düsseldorf, Crefeld stieg die Zahl der Opfer, in Berlin blieb sie fast unverändert. Die Masernepidemien in Bremen und London zeigen einen geringen Nablaß der Todesfälle, in Fürth, Straßburg, Basel, Prag, Krakau, Turin nimmt die Zahl derselben zu. Typhöse Fieber waren ‘in Budapest und St. Petersburg häufiger, in ar seltener. Todesfälle an Flecktyphus werden aus einer größeren Zahl von Städten gemel- det, so aus Königsberg (6), aus Tilsit und Wien (je 3), aus Pest (10), aus Erfurt und London (je 2); aus Stettin, Frankfurt a. O., Krakau, Amsterdam, Valencia, Malaga, Saragossa, Granada werden einzelne, aus St. Petersburg 60 Todesfälle berichtet. Todesfälle an Keuchhusten wurden in Berlin und München häufiger. Darm- fatarrhe und Brecdurfälle der Kinder veranlaßten in Berlin, München, Straßburg, Paris, Wien, Skt. Peters- burg zahlreihe Sterbefälle. Die Pocken zeigten gegen die Vorwoche nur einen geringen Nacblaß. Die Zahl der Todesfalle war in Aachen,

dien, Prag, Saragossa, Alexandria gesteigert, in Berlin, Paris, London, Pest, St. Petersburg etwas vermindert. Vereinzelte Blattern- todesfälle wurden aus München (2), aus Königsberg, Kottbus, Ham- burg, Triest, Krakau, Genf, Liverpool, Manchester, Odessa, Rom, Malaga, Murcia gemeldet. Das gelbe Fieber verlief in der ersten Hälfte des Monats März sehr mild, und forderte nur 25 Opfer.

Im Bereiche der Bezirke der Armee-Corps 1, bis XV. des deutschen Reichsheeres waren für die Aushebung im Jahre 1880 in den alphabetishen und Restantenlisten 1153 985 P ecreprge geführt (486 310 zwanzig-, 354 880 einundzwanzig-, 258 029 zweiund- zwanzigjährige und 54 766 ältere). Von diesen waren 31 128 ältere als unermittelt in der Restantenliste geführt, 93 546 waren ohne Ent- \chuldigung ausgeblieben, 227 763 anderweitig gestellungévflichtig ge-

worden; 436 582 wurden zurügestellt, 961 ausgeslossen, 81 745 ausgemustert, 71818 der Ersaßreserve T. Klasse, 57630 der II. Klasse, 399 der Seewehr 11. überwiesen; 123091 wurden ausgehoben, 12 261 blieben überzählig, 17 061 waren freiwillig einge- treten. Von den 123 091 Ausgehobenen wurden 117 200 zum Dienst mit, 3738 ohne Waffe bestimmt; 735 aus der Land- und 1418 aus der Seebevölkerung für die Flotte. Wegen unerlaubter Auswande- rung wurden im Jahre 1880 10 591 aus der Land- und 391 aus der seemännishen Bevölkerung verurtheilt; 11 853 bezw. 468 blieben am Jahres\{lusse noch in Untersuchung.

In den Ersatzbezirken des Königreihs Bayern wurden 102 894 Heerespflichtige (55 115 zwanzig-, 26 300 einundzwanzig-, 16 100 zwei- undzwanzigjährige, 5379 ältere) in den Listen geführt. Unermittelt wurden in den Restantenlisten 3778 verzeichnet, ohne Entschuldigung blieben 3865 aus, anderwärts gestellungspflihtig waren 20 206 ge- worden, zurückgestellt wurden 29 340, ausgeschlossen 152, ausgemustert 13 936, der Crsaßreserve I. Klasse überwiesen 7179, dergl. II. Klasse 3229; ausgehoben wurden 17 450, überzählig blieben 2053, freiwillig traten 1706 ein. Von den 17 450 Ausgehobenen find 16 944 zum Dienst mit der Waffe, 506 ohne dieselbe bestimmt worden. Wegen unerlaubter Auswanderung wurden im Jahre 1880 aus dem Bezirk des I. Armee-Corps 50, aus dem des 11, Armee-Corps 486, zusam- men 536 Mann gerichtlich verurtheilt. 53 bezw. 393, zusammen 446 Mann blieben am Schlusse des Jahres in Untersuchung.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Eine interessante Abhandlung des Colberger Meteorologen, Gymnasial-Lehrers Dr. Ziemer über „die größten MRegen- mengen eines Tages“ bringt das eben erschienene Juni- heft (Heft VI.) von Dr. Petermanns Geographischen Mittheilungen (Gotha, Justus Perthes). Der gewaltige Ge- witterregensturz vom 7. September 1880, der in Colberg die ganz ungewöhnliche Regenhöhe von über 100 mm (10 ecm) in wenigen Stunden ergab, wurde für den Verfasser Veranlassung, nahzuforschên, welche Wassermengen die arößten Regen und Wolkenbrüche in Deutsch- land, in andern Ländern Europas sowie in anderen Erdtheilen über- haupt bis jekt in 24 Stunden geliefert haben, und in welchem Verhält- nisse der Colberger Regen vom 7. September 1880 zu diesen Quan- titäten steht. Das Resultat dieser Vergleichung finden wir nun in jener Zeitschrift in 7 Tabellen nebst den nöthigen Erklärungen zu- sammengestellt. Es stellt sich hier heraus, daß jener Colberger Re- genfall der zweithöchste überhaupt bis jeßt in Nord- und Mittel- deutschland beobachtete ist, denn nur in Breslau sind einmal, am 6. August 1858, 114 mm Regen gemessen worden. Eine Ausnahme macht der Harz wie die Gebirge, deren Richtung senkrecht auf der Richtung des regenbringenden Windes steht. So fielen im Harz und im Schwarzwald einmal 126 mm, in den Alpen 254, in Frankreich 306 und 310, in Belgien einmal 357 mm. Der stärkste 24ftündige Regen der Erde fiel 1879 am 13. September im Gangesdelta 889 mm, d. h. 17 mal sowiel als in Colberg im ganzen Jahre. Der Verfasser berichtigt in dieser Arbeit zugleich vielfach die irrigen Angaben meteorologischer Werke und kommt zu dem Schlusse, daß der gewöhnliche Begriff „tropisher Regen“ in dem Sinne von „kolofsalem Regen“ nur insofern eine richtige Vorstellung enthält, als er nit auf die Tagesmenge bezogen wird. In der Wirklichkeit sind einzelne kürzere Regenfälle in unseren Breiten nicht minder er- agiebig als in der tropischen Zone. Es ift mehr als tropisch, wenn in Königsberg am 16. Juni 1864 in 2 Stunden 55 mm Regen herunter- stürzten, d. h. also in jeder Minute 1,2 mm, welch leßtere Quantität dem Niederschlage eines mehrstündigen Staubregens gleichkommt. Besonders interessant gestaltet sich das Kapitel, in welchem das Col- berger Gewitter des vorigen Jahres eingehend gescildert wird, woran sich weitere Bemerkungen über die Regenverhältnisse unserer Ostseeküste fnüpfen. Die Tabellen enthalten ferner genaue Angaben des Datums des Maximums in 24 Stunden, sowie der mittleren jährlichen Regen- menge des betreffenden Ortes von etwa 150 einschlägigen Fällen. Diese Feststellungen haben neben dem wissenschaftlichen aber auch praktischen Werth und müssen bei industriellen und gewerblichen Anlagen vielfach berücksihtigt werden. So muß man bei Anlage von Gräben, Däâm- men, Brücken, Wegen, Schleusen u. \. w. wissen, welche Wasser- massen durch Regen in einer bestimmten Zeit heruntergeführt werden fönnen. Der Aufsatz ist in gemeinverständlicher Sprache geschrieben.

Zur beginnenden Reisesaison hat die Verlagshandlung von Orell Füßli u. Co. in Zürich ihre „Europäischen Wanderbilder“" wieder vervollständigt. Es liegen von dieser Sammlung drei neue Hefte vor: Nr. 12 Nvyon am Genfer See, von August Testuz, mit 22 Sllustrationen von L. Mennet und F. Weber und einer Karte. Nyon ift ein von Fremden noch wenig besuchtes Städtchen am Genfer See unweit Genf, welcbes sih aber wegen seiner pittoresken Lage, seiner alterthümlihen Bauart und herrlihen Um- gegend des Besuchs wohl zu lohnen scheint. Heft Nr. 15 enthält die - Beschreibung von Thusis in Graubünden am Ausgang der Via-mala, von A. Rumpf, mit 20 Illustrationen von I, Weber. Die Beschreibung umfaßt auch die weitere, durch ibre großartige Schönheit bekannte Umgegend von Thusis. Hef 16 führt den Wanderer nach Luzern und Umgebung (13 Illustrationen von J, Weber und 1 Karte). Die curopäis{en Wanderbilder orien- tiren in Kürze über alles Historische, Geologishe und landschaftlich Scöne, was für den gebildeten Reisenden auf seiner Reise von In- teresse ist, obne für Gasthöfe Reklame zu macen; alle Notizen über Hotels, Preise u. dgl. sind vermieden. Die Scbilderung ift anregend und die zablreihen Illustrationen ebenso arakteristisch wie sauber. Troß der gediegenen Ausstattung stellt sid der Preis für das Heft nur auf 50 s,

Gewerbe und Handel.

Der zur Vorlage an die am 23. d. M. stattfindende General- versammlung bestimmte Gescbäftsberibt der Schweizer West- bahn bemerkt, daß die Geschäftsresultate des Jahres 1880 zum ersten Male wieder geeignet sind, für die näbste Zukunft gute Hoffnungen zu erwecken. Es ift im Betriebe gegenüber dem Vorjahre eine Summe von 404 263 Fr. mehr vereinnahmt worden. Allein im Personen- verkehr liegt eine Steigeruna von 295 721 Fr. vor, die auf die größere Belebtheit des Touristenverkehrs in der Schweiz während des verflossenen Jahres zurückzuführen is, Auch der lokale Transportverkehr hat \ich nicht unwesentlich gehoben Die Einnahme im Personenverkehr beträgt 5514291 Fr. geaen 5218 570 Fr.,, im Güterverkebr 6 354639 Fr. gegen 6 307 573 Fr. im Vorjabr. Der Aufsichtsrath \pribt in dem Bericht die Hoffnung aus, daß, wenn das Jahr 1881 eine leidlib günstige Ernte bringen würde, die Schweizer Westbahn ihren Aktionären am Sch{bluß des laufenden Jahres ein gutes Erträgniß bieten dürfte. Der Direktion ist es gelungen, die Ausgaben um 300000 Fr. zu reduziren -und die Einnahmen um 405 000 Fr. zu erhöhen. Die Schweizer Westbahn hat mit der Iura-Bern-Luzerner Bahn am 1. Januar 1881 einen Vertrag abgeschlossen, demzufolge eine Art von Betriebsfusion, die Herstellung eines gemeinsamen Wagenparks 2c. zwischen diesen beiden Gesellschaften Plaß greift. Es dürften mit dieser Vereinigung der Sc{weizer Westbahn für das laufende Geschäfts- jahr nicht unwesentlihe Vortheile erwachbsen. Die Schweizer Westbahn hatte ursprünglich eine deratige Fusion sämmtlicher s{chwei- zer Bahnen angestrebt, doch war es nit gelungen, ein derartiges Ab- fommen zu Stande zu bringen. In dem Bericht wird die Ansicht ausgesprochen, daß jet, wo die_ anderen Bahnen einsehen, welche günstige Folgen das zwischen der Schweizer Westbahn und der Jura- Bern-Luzerner Babn getroffene Abkommen hat, das Zustandekommen cines solben Vertrages zwisben den sämmtlichen s{chweizer Bahnen, einer allgemeinen Betriebs-Centralisation, wieder wahrscheinlicher ge- worden ist. Daß die Schweizer Westbahn sih wieder in einer gün- stigen Verkehrsentwickelung befindet, geht {on aus dem Umstande her- vor, daß in Prozenten die Ausgabe von den Einnahmen im Jahre 1879 48,4 9/9 betragen hatte, während dieser Sa sich im Jahre 1880 um 3,79%, auf 44,7 9/6 ermäßigt hat. Die Konsolidirung der Anleihen ist bis auf 10 775 000 Fr. durchageführt, die im laufenden Jahre ebenfalls kon- solidirt werden sollen. Zum Scbluß des Berichtes heißt es: „Unsere Auseinandersetzungen {einen uns hinreichend, um zu beweisen, daß,

wenn unsere Situation“ auch noch keine brillante ist, sie nihtsdesto- weniger fortfährt, sich von Jahr zu Jahr zu verbessern, sowohl durch das Wachsen unserer Einnahmen wie durch die Verminderung der Ausgaben, wie endlih auch durch die Konsolidirung der Anleihen.“

Landsberg a. W,., 13. Juni. (W. T. B) Wollmarkt. Die Zufuhren haben begonnen und betrugen bis Mittag 3000 Ctr. Wolllager und Bestellungen wie im vorigen Jahre. Wetter : trübe ohne Regen.

14. Junt, Morgens. (W.T.B.) Wollmarkt. Zufuhr 5000Ctr. Wäschen verschieden. Geschäft ziemlich lebhaft. Preise 150—165 M, Abschlag gegen das vorige Jahr 15—18 M Ein Drittel der Vor- räthe ift bis jeßt verkauft.

14. Juni, Mittags. (W. T. B.) Wollmarkt. Angefahren 4000 Ctr. Das Geschäft war lebhaft. Alles verkauft. Preise 12—18 M. niedriger als im Vorjahre. Wäschen mittelmäßig. Gute Dominialwollen erzielten 165, geringere 147—153, Rustikalwolle 123—135 M.

Posen, 13. Iunt W. T. B) Wollmarkt, Dex Markt ist beendet, Alles verkauft. Bezahlt wurden für feine Waare (hoch- feine fehlte) 168—185 M, mittelfeine 153—165 4. mittel Dominial- wollen 144—150 Æ, Rustikalwollen 130—142 4. Scbluß sehr fest.

14. Juni. (W. T. B) Dem gestern beendeten Woll- markt wurden zugeführt 8772 Ctr. feine, 10370 Ctr. Mittel- und 200 Ctr. ordinäre Wollen, zusammen 19 342 Ctr. gegen 20322 Ctr. im vorigen Jahre. Der alte Bestand betrug ca. 5000 Ctr.

Weimar, 13. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Angefah- ren 1820 Ctr. Die Preise stellten sih auf 141—156 A. gegen 141 bis 160 G im Vorjahr, bessere Qualitäten bis 162 #. gegen 168 M. im Vorjahr. Der Geschäftsverkehr war sehr lebhaft ; der Markt war Nachmittags bereits geräumt, ohne daß die zahlreich anwesenden Käufer ihren Bedarf gedeckt haben.

2 Verkehrs-Anstalten.

Ein Verzeichniß sämmtlicher Postorte von Deuts\ch- land und Desterreih-Ungarn nebst einer Tax- und Speditionskarte vom Postdirektor H. Struve, ist soeben in der Nikolaischen Verlags-Buchhandlung (N. Strier) hierselbst in sechster, mit einer Uebersicht der neu eingerichteten Post- anstalten vermehrten Auflage erschienen. Unter den vielen ähnlichen Werken und Leitfäden zur Orientirung auf dem Gebiete des postalishen Verkehrs ist dieses neueste Buch einer besonderen Beachtung zu würdigen. Es enthält nicht nur ein Verzeichniß aller beste- henden Postanstalten nebs Preisangaben für den Verkehr unter- einander, welches doch stets unvollkommen und troß aller Sorgfalt für das Publikum meistens {wer übersichtlih erscheint und vieles und langes Nachschlagen erfordert, sondern die Orientirung ift hier durch ein leichtes mathematishes auch von dem Laten leicht anzu- wendendes Mittel mit Hülfe einer beigefügten genauen Tax- und Speditionskarte erleichtert. Das Verzeichniß enthält die Namen sämmtlicher Postanstalten unter Angabe des Landes, der Pro- vinz 2., in welchen sie gelegen sind, nebst der Bezeichnung als Eisenbahnstationen oder bezw. als Telegraphenstationen und unter Hinzufügung von „Ouadratziffern“ zur Aufsuchung der Orte auf der Karte und zur Berechnung des Fahrpostportos. Die beigegebene Tar- und Speditionskarte ist nach den besten Quellen und den neuesten amtlichen Festseßungen bearbeitet und bietet ein sehr übersichtliches Bild des deutsch-österreichischen Postverkehrs. Das praktiswe Werk erfüllt den Zweck des Verfassers vollauf.

Plymouth, 13, Juni. (W. T. B.) Der Hamburger Posft- dampfer ,Westphalia“ ist hier eingetroffen.

Ne Vot 18 Sit Q E De Dampfer „Spain“ von der National - Dampfschiffs - Compag- nie (C. Messingsche Linie) ift hier eingetroffen.

Berlin, 14, Juni 1881.

Berliner Rennbahn zu Hoppegarten. Sommer- Méctina 1881, Sipaiter Daa, Montaa, 22 Juni, | Dex Besuch der Rennbahn war mit Rücksicht auf das günstigere Wetter auch ein zahlreicherer als am vorhergehenden Tage. Der Verlauf der am Nachmittag 4 Uhr beginnenden Rennen war folgender:

I, Versuchsrennen der Hengste. Klubpreis 1500 A Für 2- und 3jährige inländische Hengste 60 F Einsatz, halb Reugeld. Distanz 900 m. Dem zweiten Pferde die Hälfte der Einsäße und Reugelder. Von 12 Pferden, welche zu diesem Rennen genannt waren, zahlten 9 Reugeld und 3 erschienen am Pfosten. Es siegte leicht mit 5 Längen Vorsprung des Hrn. Ochlschläger 2jähr. br. H, „Valerius“ (I. Milne) gegen des Trainer G. Long 2jähr. br. H. „Harzburg“ (Little). Zeit 1 Minute 5 Sekunden. Werth des Rennens 1725 für „Valerius“, 225 für „Harzburg.“ Um 43 Uhr folgte diesem Rennen: S

II. Preis der Diana. Staatspreis 5000 Æ Für 1878 ge- borene inländische und österreichish- ungarische Stuten, 200 Æ Einsatz, 150 M Neugeld, jedoch nur 75 A, falls das erhöhte Reugeld bis 31. März 1881 nicht nacgezahlt wird. Distanz 2000 m. Das dritte Pferd rettet seinen Einsatz. Der Rest der Einsäße und Reugelder zwishen dem ersten und zweiten Pferde getheilt. Von den 53 Unterschriften, welbe das Rennen aufzuweisen hatte, zahlten 37 das Reugeld von 75 Æ, 12 zahlten 150 (A Reugeld, und 4 erschienen am Ablauf. Mit großer Ueberlegenheit führte des Grafen H. Henckel v. Donnersmark sen. br. St. „Dombrowa“ (Busby) vom Start bis zum Ziel und siegte nah Gefallen mit 23 Längen gegen des Prinzen Fr, Habfeldt dbr. Stute „Stew“ (Sayers). Acht Längen binter dieser traf Hrn. M. Scinkels br. St. „Lunar Eclipse“ als dritte cin und rettete thren Einsatz von 200 (, während „Dom- browa“* den ersten Preis von 75875 M und „Stew“ das zweite Geld von 25874 M erhielt. Zeit 2 Minuten 24 Sekunden. Um 5 Uhr {loß fic diesem Rennen an: i N

111. Offizierrennen um den von Sr. Majestät dem Kaiser und König Allergnädigst bewilligten Preis von 825 4 Für Pferde im Besitze von Offizieren im aktiven Dienst der deuts{en Armee und von solchen geritten, welche bisher auf ciner öffentlihen Rennbahn fein Rennen im Werthe von 1000 Æ gewonnen haben, auch in diesem Jahre nicht unter einem Jockey abgelaufen find; 15 Einsaß, ganz Reugeld, Distanz 1800 m. Dem zweiten Pferde die Einsätze. Von zehn genannten Pferden zahlten drei Reugeld und 7 erschienen am Pfosten, von denen nach einem höchst inter- essanten Kampf des Lieut. v. Heyden-Linden II. (3. Husaren) 5 jähr. F. H. „Neckar“ (Reiter Besißer) mit zwei Längen gegen des Rittmfir. Frhrn. v. König (1. Gde. Ul. Rgt.) 5 jähr. F. St. „Bravienka (Reiter Besitzer) siegte. Zeit 1 Minute 48 Sekunden. Werth des Rennens 825 # für „Neckar“, 150 K für „Bravienka". Um 5} Uhr folgte diesem Rennen: M x

1V. Staatspreis 111. Klasse 30004 Für alle dreijährige und ältere inländische Hengste und Stuten, welche noch keinen Staats- preis 1. oder 11. Kl. gewonnen haben, 180 K Einsatz, 90 A Reu- geld, Distanz 2200 m. Dem zweiten Pferde die Hälfte der Einfäte und Reugelder. Von 10 Unterschriften erschienen nur zwei Pferde am Pfosten, von denen des Mr. Edward 3jähr. F.-H. „Doctor Claus“ (Little), des Frhrn. Ed. von Oppenheim öjähr. F.-H. „Tyrann“ (Sopp) mit 2 Längen {lug und den ersten Preis von 3540 K in den Stall brate, während „Tyrann“ sich an dem zweiten Gelde von 540 M genügen lassen mußte. Zeit 2 Min. 50 Sekunden. Diesem Rennen {loß sich um 6 Uhr an: i | ¡f

V, Verkaufs-Rennen. Klubpreis 1500 A Für dreijährige und ältere inländishe und österreiish-ungarishe Pferde, 60 4 Ein- satz; ganz Reugeld. Der Sieger ist für 1500 K per Auktion fkäuf- lid. Distanz 1600 m. Von 6 angemeldeten Pferden zahlten 3 Reu- geld und 3 erschienen am Pfosten. Es siegte nachþ hartem Kampf mit ciner klaren Länge des Hrn. O. Oehlschläger 3jähr. br. Hengst „Jobber“ (Barton) gegen des Lieut. Frhrn. v. Gayl 4jähr. br. St. „Armgard“ (Sopp) îin 1 Min. 46 Sek. und erhielt den Preis von 9040 A In der Auktion wurde der Sieger für den Preis von 4000 M von seinem Besitzer zurückgekauft, so daß dem Unionklub 9500 M zufielen und der Besiter des Siegers noch zu dem Preis