1925 / 80 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Apr 1925 18:00:01 GMT) scan diff

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Abg. Dr. Löwenstein (Soz.) beantragt dle Herbeiholung des „unenministers Schiele, damit er sih darüber äußere, wie er

sih die Ausführung des Geseyes denke.

Abg. Korsch (Komm.) hält das Geseh ändernd und daher die Anwesenheit des Ministers für un erforderlich. (Der Antrag erübrigt sih bald, da inzwi Schiele im Saal erscheint.)

Der grundlegende § 1 wird darauf angenommen.

Abg. S ch r e ck (Soz.) bittet, den FFnnenminister zu fragen, ob

er nicht das Wort ergreifen wolle.

Vizepräsident Graef - Thüringen erklärt, daß das nicht ju

at dh Befugnissen gehöre. Wenn der Minister sprehen wol erde er sich oon selber melden. Nach § ( In Kraft. Abg. Dr. Löwenstein (Soz.) richtet forderung an den Minister, sih zu derx Vorlage zu äußern,

Geheimrat rich weist darauf hin, daß mit den Ländern in Verbindung getreten wird, in welcher Weise die Beschlüsse des Reichstags zur Ausführung gelangen sollen. Die Regierung müsse

Ma A die Obstruktionsversuche der Linken. Es

t noch die Stellungnahme des Reichsrats abwarten.

heit zu vergewaltigen versuche.

à Ubg. Hoexnle (Komm.) wendet sich nochmals gegen die znnahme des Gesepentwurfs. Das Schweigen dex Regierung sei

bezeichnend. Abg. Dr. Löwenstein (Soz.)

führung seitens der Länder zu sichern.

Abg. Rönneburg (Dem.) warnt vor unveränderter An- nahme des § 2, wonach das Geseß mit dem Tage der Verkündung

in Kraft treten soll; es dürfe frühestens zum 1. April 1926 in Kraft treten. Ler § 2 wird unverändert angenommen.

Abg. Dr. Schwarz - Berlin (Komm.) wendet sih gegen eine etwaige Wiederherstellung der in der zweiten Lesung beschlossenen Streichung des leßten § 3, wonach die näheren Bestimmungen zur Durchsührung durch Landesgeseßgebung bis zum 1. April 1925 zu regeln sind. Der 1. April sei sür heute vorbei, also müsse der 1. April 1926 eingeseßt werden. Redner beschuldigt die Schul- bürokratie, daß sie, was auch der Neichstag beschließen möge, alles in der Ausführung des Geseßes umzukehren verstehen werde, des- halb müsse das ganze Geseß abgelehnt werden.

Die vom Ausschuß beschlossene Streichung des § 3 wird vom Hause bestätigt.

Der Rest des Geseßes wird ohue Debatte angenommen,

Die Entschließung der Sozialdemokraten wegen Bereit- De ans von Mitteln ne unbemittelte Schulkinder wird an den Haushaltsausshuß überwiesen.

_Die Schlußabstimmung über das Geseh im ganzen wird auf Antrag Schulÿ-Bromberg (D. Nat.) namentlich sein, aber auf Wunsch des Abgeordneten L ö be (Soz.) auf einige Zeit verschoben, da die sozialdemokratishe Fraktion in einex O Ee begriffen sei.

__JFnzwischen seßt das Haus die shon in einer früheren Sihung begonnene Bexatung des Ausschußberichts über die Anträge zum Mietershuy fort. Der Ausschuß \chlägt eine Entschließung vor, wonach zunächst das Reichsarbeits=- ministerium um Material über bie Entwicklung des Woh- nungsmarktes, und die Reichsregierung um Einbxingung von neuen Geseßentwürfen über Wohnungswesen und Mieterschuß ersucht wird.

_Abg. Tremmel (Zentr.) verlangt die Bereitstellung von rößeren Mitteln zur Bekämpfung des Wohnungselends im be- sevten Gebiet. Aus der Hauszinssteuer sollten namentlih den kleineren Leuten Mittel zum Wol i werden.

Die darauf vorgenommene namentliche Abstimmung über das Grundschulgeseß ergibt delle Annabuie mit 239 gegen 157 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen. Für das Geseh stimmen alle Rechtspgrteien und das Zentrum, dagegen De- mokraten, Sozialdemokraten und Kommunisten.

Auf Wunsch des Abgeordneten Rönneburg (Dem.), der die Meinung vertritt, daß dieses Geseh eine Verfassungs- änderung bedeute, stellt Vizepräsident G rae f=- Thüringen fest, daß die für verfassungsändernde Geseße erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht, das Geseß also nux mit ein- facher Mehrheit angenommen sei.

Nächste Sißung: Sonnabend 12 Uhr. Anträge für das be- seßte Gebiet; Mietershuß; Funglehrerfrage u. a.

Schluß 614 Vhxr.

nungsbau zur Verfügung gestellt

Preußisher Landtag. 31. Sißzung vom 2. April 1925, Nachtrag.

Die Rede, die der C anziintier Dr. Höpker-A\choff im Laufe der Beratung der vom Staatsministerium mit Ge- Se ra erlassenen und vom Ständigen Ausschuß genehmigten

totverordnungen gehalten hat, lautet nah dem jeßt vorliegenden Stenogramm, wie folgt:

Der Herc Abgeordnete von der Osten hat die Frage auf- geworfen, wer die politische Verantwortung für die unerwünschten Bustände zu tragen habe, die zurzeit in Preußen herrschen. Meine Damen und Herren, ih will diese politishe Frage hier nicht in längeren Ausführungen untersuchen, denn ih habe durchaus keine Neigung, die politishen Gegensäße noch weiter zu vershärfen. Man könnte aber doch das eine sagen, daß eine Opposition, die nicht in der Lage ist, ihrerseits ein Kabinett zu bilden (sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten), die Verpflichtung hätte, der größten Gruppe in einem Parlament das Arbeiten zu ermöglichen, wenn diese größte Gruppe in dem Parlament in wiederholten Wahlen gu erkennen gegeben hat, daß sie ein Ministerium einer bestimmten Richtung wünscht (Zuruf rechts: Und die verfassungsmäßige Grundlage innehält!), und daß eine Opposition, welhe si diesen Grundsäßen nicht unterwirft, sondern gegen den mehrfach, nah den Geboten der Verfassung ausgesprochenen Willen des Landtages, wie er in der Wahl des Ministerpräsidenten zum Ausdruck kommt (Unruhe und Zurufe bei den Kommunisten und rechts), dieses Kabinett immer wieder mit Hilfe der Kommunisten zum Sturz bringt, eine sehr schwere Verantwortung auf sich lädt. (Große Unruhe und lebhafte Zurufe.) Wenn man diese Zusammenhänge berüdsichtigt, dann könnte vielleiht die Shuldfrage doch etwas anders entschieden werden (Widerspruh bei den Kommunisten und rechts), als in dem Sinne, in dem sie Herr von der Osten soeben zur Entscheidung gebracht hat. (Sehr wahr! bei den Deut- shen Demokraten. Große Unruhe. Widerspruch rets )

Meine Damen und Herren, sodann komme ich zu den Steuer- notverordnungen, und nur das gehört ja in mein Ressort hinein. Jch glaube, es kann keinem Zweifel unterliegen und das wird auch von den Parteien der Opposition hier im Hause anerkannt

für para ugd edingt chen Minister

tritt das Geseß mit dem Tage dec Verkündung

erneut die Auf-

g. Sch ul þ - Bromberg (D. i wendet sich erregt gegen ie O) e ei unerhört, wie man hier die Verhandlungen zu vershleppen und die Minderheit die Mehr-

(bg. L ist von den Ausführungen des Regierungsvertreters nicht befriedigt und fragt, was die Reichsregierung insonderheit getan habe, um die einheitliche Durch-

1. April dur{Gzuführen.

die Staatsregierung keine Grundlage, auf welcher

gestellt werden.

geseßlihen Maßnahmen bis zum 1. April durchzuführen. eher vorzubereiten.

N

konnte die Staatsregierung nicht eher bringen, weil sie zum Teil in engem Zusammenhange mit Reichsgeseßen standen, nämlich mit dem Reichsgeseß über den Finanzausgleich, das erst in der vorigen Woche verabschiedet und erst im Anfang dieser Woche überhaupt publiziert worden ist. Also es war gar niht möglich, diese Dinge eher vorzubereiten und es mußte alles in der höchsten Eile ge- schehen. (Zurufe.)

Nun wird mir zugerufen: diese Dinge hätten durch den Land-

tag gemacht werden könneu. (Sehr richtig! rechts und bei den Kommunisten.) Wir haben ja die Probe aufs Exempel gemacht. Die Grundvermögenssteuer stand auch auf der Tagesordnung des Landtags, und wenn am 31. März die Grundvermögenssteuer in dritter Lesung durch den Landtag verabschiedet worden wäre, so iväre die geseßlihe Grundlage dagewesen, und die Verordnung wäre nicht notwendig gewesen. Das Staatsministerium hätte, wofern man. die Zulässigkeit einer einseitigen Zurücknahme bejahen will, diese Notverordnung ohne weiteres zurücknehmen können. Aber- ih frage Sie, ob die Staatsregierung das Risiko laufen sollte, darauf zu warten, daß ausgerehnet am 31. März d. F. diese Grundvermögenssteuer durh den Landtag verabschiedet würde. Jch glaube, wir sind alle davon überzeugt, daß, wenn wir die Not- verordnung über die Grundvermögenssteuer niht gemacht hätten und am 31. März auch die Grundvermögenssteuer niht durch den Landtag gegangen wäre, dann ein Vakuum eingetreten wäre. Dieses Risiko konnte eine ihrer Verantwortung sich bewußte Staatsregierung niht auf sich nehmen. (Zustimmung links. Anhaltende stürmische Zurufe rechts.) Bei den übrigen Vorlagen ivax es überhaupt nicht mehr möglich, die Vorlagen in so kurzex Zeit auf dem Wege der ordentlihen Gesehgebung zu verabschieden. Die Dinge standen also so, daß Gefahr im Verzuge war und daher die Staatsregierung gezwungen war, jeden ihr dur die Verfassung gewiesenen Weg zu beschreiten, um dafür zu sorgen, daß die Staatsmaschine niht am 1. April zum Stillstand kam. Jch muß Herrn von der Osten bestreiten, daß die Staatsregierung einen Weg gegangen sei, der der Verfassung nicht entspricht. (Rufe rechts: Doch!) Herr von der Osten hat das damit begründet, daß einmal das geschäftsführende Ministerium nicht berechtigt sei, über- haupt Notverordnungen zu erlassen. Schon diese Begründung ist falsch. Meine Damen und Herren, ih will Fhnen nur vortragen, was in einem Gutachten des Fustizministeriums über die Frage, „was unter dem Ausdruck die „laufenden Geschäfte“ in der hier fraglichen Verfassungsvorschrift zu verstehen sei“, ausgeführt wird. (Große Unruhe, Lachen und Zurufe rechts: Kennen wir!) Ja, meine Damen und Herren, glauben Sie denn, daß ein solches Gut- achten für bestimmte Zwecke bestellt wird (sehr rihtig! rets), daß es mit Rücksicht auf solhe Zwecke abgefaßt wird?! (Große Un- ruhe und Zurufe rechts: Jawohl!) Wenn Sie dieser Auffassung sind, daß ein preußischer Beamter im Justizministerium ein Gutachten, das ihm aufgetragen ist, mit Nücksicht auf einen bestimmten Zweck abfaßt, so ist das eine unerhörte Beleidigung. (Sehr richtig! links. Fort- geseßte große Ünruhe rechts.) Das Gutachten enthält zuerst geshichtlighe Betrachtungen über das, was unter „laufenden Geschäften“ zu verstehen ist, und sagt, von allen Verfassungen der anderen Linder sei die preußische Ver- fassung die einzige, die den Ausdruck „laufende Geschäfte“ verwende. Alle anderen Verfassungen sprächen von einer „Fortführung der Geschäfte oder des Amtes“, Es heißt dann:

Für die Auslegung des Begriffs „laufende Geschäfte“ läßt sih aus der Entstehungsgeschichle nihts Wesentliches entnehmen. Der Ausdruck war bereits im § 39 Abs. 2 des Negierungsentwurfs enthalten und ist dur die Verhandlungen des Verfassungsaus- \{husses wie des Plenums der Landesverscemmlung ohne Erörte- rung hindurchgegangen. Der (Frwähnung wert ist immerhin folgendes. Im Verfassungs8aus\{huß lag der Antrag Nr. 359 vor, den § 39 Abs, 2 wie folgt zu fassen:

Tritt der Ministerpräsident zurü, so ist das Staatsministe- rium neu zu bilden; bis zur Neubildung führen die bisherigen Minister die Geschäfte fort.

Dieser Antrag unterschied sich also von dem Entwurf auch darin, daß in ihm statt: „die laufenden Geschäfte“ nur „die Geschäfte“ gesagt war. Dieser Unterschied wurde in der Erörterung des Antrags, die zu seiner Ablehnung führte, niht erwähnt (Druks. Nr. 3120 B.-Sp. 175). Es \cheint also so, als ob sich der Ver- fassungsaus\chuß damals einer verschiedenen Bedeutung der Fassungen „die laufenden Geschäfte" und „die Geschäfte" niht bewußt ge- worden ist.

Dem Wortsinn nach sind laufende Geschäfte solhe Geschäfte, die in einem bestimmten Zeitpunkt laufen oder s{weben, also bereits eingeleitet sind, im Gegensaß zu neuen Geschäften, die erst künftig einzuleiten und damit in Lauf zu bringen sind. In diesem Sinne gebrauchen privatrechtlihe Geseße den Ausdru mehrfach bei der

werden —, daß es notwendig war, geseßlihe Maßnahmen vor dem

(Unruhe Zurufe von verschiedenen Seiten.) Jh verweise nur auf folgendes: Es war notwendig, die Grundvermögenssteuer, die am 1. April ablief, zu verlängern. (Zuruf: Wozu haben wix den Landtag!) Es war notwendig das Ausführungsgesey zum Finanzausgleichgeseß zu verlängern (An- dauernde große Unruhe Zurufe: Durch den Landtag!); denn wenn dieses Gesfey nicht verlängert wurde, so fehlte jeder Rechts- anspruch der Gemeinden auf Ueberweisung der Steuern, so hatte sie Ueber- weisungen an die Gemeinden verteilen konnte. (Unruhe und Zurufé.) Es war notwendig, am 1. April eine Neuregelung der Hauszinssteuer zu verabschieden (Zurufe bei den Kommunisten); denn es mußten für die Naubautätigkeit Mittel zur Verfügung Anßerdem war es aus allgemein anerkannten wirtschaftlihen Gründen notwendig, die Mieten zu erhöhen (er- regte Zurufe bei den Kommunisten), und auch das war (große Un- ruhe) nur möglich in Verbindung mit einex weiteren Erhöhung der Hauszinssteuer, wenn von dieser Erhöhung. etwas zur Be- hebung der Wohnungsnot flüssig gemaht werden sollte. (Zurufe von verschiedenèn Seiten.) Es scheint ja aus den Zurufen hetvor- zugehen: wir sind darüber einig, daß es notweñdig war, diese (Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten.) Zum Teil wac die Staats- regierung gar nicht in der Lage, die erforderlihen Maßnahmen Die Grundvermögenssteuer hat die Staats3- regierung rechtzeitig an den Staatsrat und ‘an den Landtag ge- bracht, und es ist nicht die Schuld der Staatsregierung, daß die Berabschiedung der Grundvermögenssteuer hier im Landtage sich über den 1. April hinaus verzögert hat. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten. Zurufe.) Die übrigen Steuervorlagen

zunehmen, db. h. dîe Rechtsverhältnisse eines aufgelösten privatredt- lichen Unternehmens abzuwideln haben. So insbesondere § 49 des Bürgerlichen Geseßbuchs und § 149 (vgl, auch § 298) des Handels- geseßbuhs

Es leuchtet ohne weiteres ein, daß dieser Begriff im Art. 59 Abs. 2 der Preußischen Verfassung nicht gemeint sein kann. Seine Anwendbarkeit seßt voraus, daß das Unternehmen, um dessen Geschäfte es sih handelt, zur Auflösung gelangt und daher nur noch eine Abwicklung, dagegen keine Fortführung der Geschäfte (fort- geseßte große Unruhe rechts) mehr sahlih geboten ist. Jm Falle der erwähnten Verfassungsbestimmung ist die Sachlage eine völlig andere: Der Staat besteht fort, seine Geschäfte bedürfen unverändert weiter der Besorgung, lediglich in den Personen, denen die Sorge für diese Geschäfte obliegt, tritt ein Wechsel ein. Einer Auffassung welche die Geschäftsführungsbefugnis der zurückgetretenen Minister bis zur Uebernahme der Geschäfte durch die neuen Minister auf die zur Zeit des Nücktritts bereits {webenden Geschäfte unter grund- säßlihem Auss{hluß aller neuen beschränken wollte, wäre mit den Staatsnotwendigkeiten nit vereinbar.

Gntfällt aber die Anwendbarkeit dieses Begriffs, so ist es überhaupt unmöglih, zwishen „Geschäften“ s{chlechthin und „laufenden Geschäften“ einen begrifflichen Unterschied zu machen.

(Zuruf rets.) Jch trage Jhnen nur das Gutachten vor. (Lachen rechts.) Das Gutachten geht dann weiter: ' Hiernach gelange ih das ist das: Justizministerium zu folgender Beantwortung der gestellten Frage. In Art. 59 Abf. 2 der preußischen Verfassung sind die Worte „die laufenden Ge- schäfte“ nur zufällig gewählt (Lachen und Zuruf rechts: Zufällig!) und bedeuten nihts anderes als die Worte „die Geschäfte" in anderen Landesverfassungen. Die zurückgetretenen Minister sind daher verfassungsrehtlich grundsäßlich zur Weiterführung aller Geschäfte des Staatsministeriums befugt. Es wird im allgemeinen angebracht sein, daß sie solche Geschäfte, die nach ihrem Ermessen von erheblicher politisher Bedeutung (Zuruf rechts: Solche gibt es nicht!) und zugleich nicht dringlich sind, nah Möglichkeit einstweilen zurük- stellen. (Hört, hört! rechts.) Daraus geht hervor (Zuruf rechts: Wie man Menschen zu Narren macht!) ich will nihi boshaft sein —, daß es sich- nicht um eine Rechtsfrage, sondern um eine rein politische Frage handelt (sehr rihtig! links), und daß allerdings das geschäfts- führende Staatsministerium sih die ernste Frage vorzulegen hat, ob die Geschäfte, die es führt, dem endgültigen Kabinett überlassen werden können, oder ob sie jeßt erledigt werden müssen. Das ift die Frage, die das Ministerium nur nach seinem eigenen Gewissen und mit Nücksicht auf die Staatsnotwendigkeiten zu beantworten hat. (Sehr richtig! links. Unruhe rechts.) Da gibt es kein anderes Kriterium. (Zurufe rechts.)

Jch glaube, vorhin genügend dargelegt zu haben, daß diese Not- verordnungen erlassen werden mußten, wenn die Staatsmaschine nicht zum Stillstand kommen sollte. Sie wäre zum Stillstand gekommen, wenn nit diese Notverordnungen erlassen worden wären.

Nun aber hat Herr von der Osten noch ein zweites Argument vorgetragen, nämlich, die Staatsregierung hätte den Ständigen Aus- \chuß deshalb nicht ahnrufen dürfen, weil er anders zusammengeseßt ist als das Plenum. (Sehr richtig! rechts.) Es. kann für die Ent- shließungen der Staatsregierung niht maßgebend sein, wie der Ständige Ausshuß zusammengeseßt ist. (Große Heiterkeit rechts.) Sie scheinen nicht in der Lage zu sein, meinen Gedankengängen zu folgen, denn sonst verstehe ich Jhr Gelächter niht. Die rechtliche Beurteilung ist unstreitig. Die Staatsregierung ruft den Ständigen Ausschuß an, wenn sie keinen anderen Weg sieht, um die Staats maschine in Ordnung zu halten. Sie wendet si an denjenigen Ständigen Aus\{chuß, der nah der Verfassung und Geschäftsordnung gebildet ist. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß der derzeitige Ständige Aus\huß nah den Vorschriften der Verfassung und Ge- shäftsordnung gebildet ist. Die Staatsregierung wendet sih an den Ständigen Auss{chuß, ohne Nücksicht darauf, wie seine Zusammen- seßung im einzelnen ist. Die Zusammenseßung ist für die Rechts- frage bedeutungslos.

Eine andere Frage ist, ob die Staatsregierung das ist keine Rechtsfrage, sondern nur eine politishe Frage mit Notverords nungen überhaupt den Ständigen Ausschuß angehen soll, wenn sie niht die Ueberzeugung haben kann, daß die Notverordnungen die Zu- stimmung auch des Plenums finden werden. Jch erkenne es durchaus an, daß die Staatsregierung an den Ständigen Ausshuß nur danwn herantreten darf, wenn sie damit rechnen kann, daß diese Notverord- nungen auch im Plenum des Landtags eine Zustimmung finden. (Nufe rechts: Aha!) Sagen Sie nicht zu früh: Aha! Dieser Grund- saß ist duraus richtig, Aber bei der Prüfung der Vorausseßung

muß die Staatsregierung davon ausgehen, daß die Landtags- abgeordneten auf die Staatsnotwendigkeiten Rücksicht nehmen (sehr richtigt! links lebhafte Zurufe rechts) und sih nicht bei ihrer Entschließung von rein politishen Erwägungen leiten lassen und sich dabei. über die Staatsnotwendigkeiten hinwegseßen. Es ist hier von allen Leuten anerkannt, daß gegen den sachlichen Jnhalt dieser Not- verordnungen nihts einzuwenden ist. Herr von der Osten hat kein Argument gegen den sachlihen Inhalt dieser Notverordnungen vor- gebracht. (Hört, hört! links.) Namhafte Vertreter. der Deutschew Volkspartei haben im Ständigen Aus\{huß und bei anderen Ges legenheiten erklärt, daß sie gegen den sachlihen Inhalt dieser Not- verordnungen nichts einzuwenden haben. (Hört, hört! links.) Die Stellung des Plenums des Landtags zu diesen Notverordnungen isk also die, daß eine große Mehrheit aller Parteien, von den Sozial« demokraten bis zur Deutschnationalen Volkspartei, mit dem sachlichen Inhalt dieser Notverordnungen einverstanden ist. (Hört, hört! links.) Wenn die Sachlage so ist, dann ist nah meinem Dafürhalten die Vorausseßung, von der ih vorhin gesprochen habe, daß die Staats- regierung im allgemeinen den Ständigen Aus\{huß nur dann berufen soll, wenn sie eine Genehmigung durch das Plenum erwartet, aller- dings gegeben. Es darf einer Staatsregierung, die sh ihrer Ver- antwortung bewußt ist, und die auch als geschäftsführendes Ministerium dafür zu sorgen hat, daß die laufenden Geschäfte ordnungsgemäß erledigt werden und die Staatsmaschine niht zum Stillstand kommt, nicht zugemutet werden, auf eine Obstruktion Nück-

sicht zu nehmen und vor einer ihrer Verantwortung sich nicht be- wußten Obstruktion die Segel zu streichen ohne Rücksicht auf . die Slaatsnoiwwendigkeiten. (Sehr richtig! und Bravo! links.) Herr

Umschreibung der Aufgabe von Personen, die eine Liquidation vor-

von der Osten hat es so darzustellen versucht, als ob diess

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Vorlagen nit vor den. Ständigen Aussckhatß gebraht zu werden brauchten, als ob es möglih gewesen wäre, sie im Landtag zu ver- abschieden. Jch glaube, es ist keiner hier im Hause, der der Meinung ft, daß es innerhalb der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung stand ich habe vorhin dargelegt, daß, abgesehen von der Grundvermögens- Feuer, für die Vorbereitung der Gesebße ein längerer Spielraum nicht gur Verfügung stand —, möglih gewesen wäre, die Vorlagen durch den Landtag zu bringen. Das Ministerium hat sih nur von dem Gedankengang leiten lassen: es muß alles ges{hehen und jeder ver- fassungsrehtlihe Weg muß ausgenußt werden, der dahin führt, taß den Staatsnotwendigleiten Rechnung getragen wird und die Staats- maschine niht zum Stillstand kommt.

Herr von der Osten hat weiter den Vorwurf erhoben, als ob das Stgaatöministerium die Vertagung des Landtags herbeigeführt habe, um das abweichende Stimmenverhältnis im Ständigen Aus\{huß auszunußen. (Sehr richtig! rechts.) Jh muß diesen Vorwurf mit aller Entschiedenheit zurülweisen. (Lebhaftes Bravo! links. Widerspruh und Zurufe rechts.) Was geschehen wäre, wenn im Ständigen Ausschuß nicht eine Mehrheit von 15 Stimmen zu erzielen wur, das wage ih nicht zu entscheiden. Ich gebe. mih sogar der Ueberzeugung hin, daß, wenn die Parteien der Weimarer Koalition die Mehrheit im Ständigen Ausschuß nicht gehabt hätten, Sie die Verantwortung dafür, diese Verordnungen zum Scheitern zu bringen, im Ständigen Aus\{huß wahrscheinlich niht übernommen habén würden. (Sehr gut! links.) Jh halte viel zu viel von Jhrer Stellung zum preußischen Staat, und ih bin der Ueberzeugung, daß Sie dem preußishen Staat leßten Endes die Staatsnotwendigkeiten nicht versagen wollen. Wäre die Verantwortung in ihrer gangen Schärfe an Sie herangetreten und hätte es von Ihnen abgehangen, ob ‘die Staatsmaschine zum Stillstand kommen sollte ich glaube nicht, daß Sie die Notverordnungen im Ständigen Ausschuß zu Fall gebvacht hätten. (Lebhaftes sehr richtig! links.)

Meine Damen und Herren, noch ein Lebßtes! Es wird der Staatsregierung zum Vorwurf gemacht, daß sie willkürlih vorgehe und alle möglihen Dinge in thren Geschäftsbereih ziehe, die über den Nahmen der laufenden Geschäfte hinausgingen. (Lebhaftes sehr richtig! rechts.) Darauf zu erwidern, ist nicht meine Aufgabe, sondern wird Sache des Herrn Ministerpräsidenten sein. Aber das eine möchte ih doch mit allem Nachdruck hervorheben: wenn man ein Ministerium übernimmt ich glaube, das, was ih hier sage, gilt auch für meine Kollegen im Amt —, dann hat man die Aufgabe, die Arbeiten seines Ressorts zu führen, und hat darüber hinaus ‘die Aufgabe, die Staatsaufgaben zu erfüllen. Zu diesen Staatsaufgaben meines Nessorts gehörte die Verabschiedung der ' Steuernot- verordnungen. Jch glaube, ih hätte meine Pflicht versäumt, wenn ich nit jeden Weg zu gehen versuht hätte, auf dem die Verlängerung der Steuergeseße über den 1. April möglich war. (Sehr richtig! links.) Darum trifft mich der Vorwurf gar nicht, der auch von Herrn Ab- geordneten von der Osten angeführt worden ist, daß diese Entwürfe {hon seit längerer Zeit vorbereitet worden wären, und daß, wenn ich vet verstanden habe, irgendein Parteifreund von ihm diese Ent- würfe gesehen habe. . Ja, allerdings haben wir im Finangministerium alles vorbereitet. Auch als das Finangausgleichsgeseß im Reich noch nicht verabschiedet war, haben wir uns gefragt: was haben wir zu tun, wenn das Finanzausgleichsgeseß im Reich verabschiedet ist, welhe Aenderungen der preußischen Steuergeseße werden dann notwendig? Wir haben dafür allerdings die Entwürfe aufgestellt. (Sehr richtig! îin der Mitte und bei der Sogialdemokratischen Partei.) Welchen Weg wir im leßten Augenblick eins{lagen würden, ob wir an den Landtag herangehen würden oder an den Ständigen Auéëshuß und dort die Dinge im Wege der Notverordnung regeln würden, das war die Frage, die damals noch nicht feststand. Aber jedenfalls war es Pflicht. der Regierung, den Weg zu gehen, der gegangen werden mußte, um diese Steuergeseße durdgubringen und dadur ein reibungsloses Fortlaufen der Staatsmaschine zu ermöglichen. (Zurufe und Unuhe rets.) Jch habe ja vorhin s{on gesagt, um welche Steuergeseße es sich handelt. Es handelte sich allerdings auch um die Gewerbesteuer.

Also, meine Damen und Herren, so liegen die Dinge. Jch glaube, daß das Staasministerium mit aller Nuhe die Entscheidung des Staatsgerichtshofes abwarten kann. Wie gesagt, es handelt si hier nit um Rechtsfragen, sondern um politische Fragen, um einen politischen Machtkampf. (Sehr richtig! in der Mitte und bei der Sozialdemokratishen Partei. Lachen und Zurufe rechts.) Jch glaube, daß auch von diesem Gesichtspunkt aus das Staatsministerium das getan hat, was es zu tun hatte. Jch bedauere es gewiß, daß es noch nichi gelungen ist, hier im Landtag eine breitere Koalition zu bilden un auf der Grundlage dieser breiteren Koalition ein Kabinett aufzubauen, welches sich durhseßen und die Geschäfte so führen kann, wie es in. den vergangenen 324 Jahren geschehen ist. Aber wenn das nit geschieht und sich die Landtagsparteien niht zu einer solchen Koaliticn zujammenfinden und ein Kabinett nicht auf eine solche trag- fähige Grundlage gestellt werden bann, dann müssen die Minister, die dazu verdammt sind, in der Zwischenzeit die Geschäfte zu führen, doch tun, was ihre Pflicht ist und was die Staatsnotwendigkeiten er- fordern. (Anhaltender \türmisher Beifall im Zentrum, bei den Deutschen: Demokraten und bei der Sozialdemokratischen Partei. Zischen rechts.) -

392. Sizung vom 8. April 1925,. Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Präsident Bartels eröffnet die Sizung 12 Uhx 20 Minuïien. Das Haus tritt U in die Wahl des Ministerpräsidenten ein. Um 1 Uhr war der Wahlakt ge- \{lossen. as Ergebnis wird durch die Schriftführer fest- gestellt.

Präsident Bartels teilt 1 Uhr 20 Minuten das Wahl- exgebnis mit: Es wurden abgegeben 432 Stimmen, un- BesGzieben bzw. ungültig waren je 1 Stimme, von den 430 gültigen Stimmen beträgt die Mehrheit 216. ür Braun waren 220 Stimmen, für Dr. Peters 170 Stimmen und für Pieck 40 Stimmen abgegeben. Dex Kandidat der

eimarer Koalition ist also im ersten Wahlgang gewählt. (Das Ergebnis wurde mit lebhaften Beifallskundgebungen in der Mitte aufgenommen. Zuruf dex Kommunisten: Auf wie lange?!)

Das Haus nahm darauf eine Reihe von Eingaben- berichten entgegen. : :

Der Antrag der Deutschen Volkspartei auf Bekämpfung der Leberegelseuche in Oberhessen wird in einer vom S L Divi lia HBauRBUK vorgeschlagenen Fassung an- genommen. /

Der Antrag des Hauptausschusses zu den Anträgen und Anfragen über die Notlage dex Küstenfischerei und

‘auf Förderung der Herings8- und Küsten-

fisherei geht dahin, das Staatsministerium zu ersuchen, langfristige Amortisationsdarlehen zu mäßigem Zinssaÿ zum Wiederaufbau der Heringsfischereiflotte zu gewähren, sowie der Küstenfischerei erhöhten Schuß zu verschaffen. Von einem fommunistishen Redner wird die Sordering derx Gewährung gier Darlehen erhoben und gegen den Ausshußvorschlag, bei Abschluß von Handelsverträgen die Belange der S und dex Fischindustrie berücksichtigt werden, polemijiert. Die Ausschußanträge werden unverandert an- genommen.

Die Uranträge und großen Anfragen, betr. die Haff- krankheit am Frishen Haff, sollen nah dem Antrag des Les es durch die Annahme des Antrags der Demokraten in folgender Fassung erledigt werden:

Das Staatsministerium zu ersuchen, 1. beim Landtage als ein- malige Ausgabe den Betrag von zunächst 25 000 Mark zur Durch- führung einer planmäßigen Untersuchung durch hierfür besonders abgeordnete Sachverständige jeder der in Betracht kommenden Wissen- schaften anzufordern,

2. zur Linderung der bei den Fischern eingetretenen Not aus- reihende Mittel auch unter Ueberschreitung des Haushalts zur Ver- fügung zu stellen. ,

Von den Kommunisten werden zux Linderung dex Not der Haffischer 500 000- Mark als sofortige erstmalige Ausgabe und daneben monatliche Entschädigungen gefordert, die von den schuldigen Jndustrieunternehmungen zu zahlen seien, Die Ausschußanträge werden unverändert angenommen.

Hierauf seßt das Haus die gemeinsame Beratung der am 28, März 1925 mit Gesebeskrast erlassenen Notverord- nungen fort.

Abg. Pîieck (Komm.) legt Verwahrung ein gegen die Verord- nungen, die auf ungeseßmäßtgem Wege dem Volke aufgezwungen worden seien. Nicht die Demokratie, sondern die Diktatur der Bourgeoisie zeige fich hier. Die Negierung sei der „Schiebung“ der Weimarer Koalition zu Hilfe gekommen, um so reaktionäre Be- stimmungen zur Durchführung zu bringen. Jeßt wolle man die Entscheidung des Landtages wiederum umgehen oder doch bis nach der Neichspräsidentenwahl verschieben durch Ueberweisung der Ver- ordnungen an den Hauptausschuß. Von den Verordnungen sei die- jenige, die die Miete von 6b auf 70 % heraufshraube, die am meisten reaktionärste und unsozialste Neuregelung. Braun, der heute zum Ministerprästdenten gewählt sei, habe mit Marx und Jarres gemeinsam das 715-Millionen-Geshenk an die NRuhrindustrie er- möglicht. Er sei der Mann des shändlichsten Arbeiterverrats.

Aba. Riedel (Dem.) bezeichnet die Opposition gegen die Notverordnung als sacchlich völlig ungerechtfertigt. Die Obstruktion habe bereits bei dem Protest gegen die Nihträumung Kölns „in ver- derblicher Weise eingeseßt; sie habe die Verabschiedung wichtiger Se durch Beschlußunfähigmachung des Landtags selbst verursacht. So habe der Ständige Ausshuß die Aufgabe lösen müssen, über es wibarigert e Entwürfe zu entscheiden. (Anhaltende Unter- »rehungen rechts.) Ein ungewöhnlicher Notstand habe vorgelegen. (Widerspru rechts.) Da der Landtag nicht versammelt war, mußte zur Behebung des Notstandes Regierung und Ständiger Aus\s{uß in Aktion treten. Der frühere Finanzminister v. Richter habe bei gleichem Anlaß in gleicher Weise gehandelt; so seien zurzeit nicht weniger als aa, Notverordnungen gemacht worden. Jeßt pro- testiere die Deutsche Volkspartei lediglich aus parteipolitisher Ein- stellung heraus. Typisch sei es gewesen, daß am Donnerstag der Vertreter des ostpreußischen Junkertums, Herr von der Osten, die Tommunistischen Stimmen für seine Mehrheit in Anspruch genommen habe. ‘Er habe auch Gottes Hilfe angerufen; bis jeßt habe aber der Gott der. Rechten bei den Kommunisten gesessen.

Bei diesen Worten seßt ein tosender minutenlang an- haltender Proteststurm der Rehten ein. Die Schlußrufe wollen kein Ende nehmen. Vérgeblih versucht Vizepräsident Garnich, dex andauernd die Glocke shwingt, die Ruhe wieder herzu- stellen. Der Redner kann !niht weiter sprehen. Schließlich verläßt Vizepräsident Garnih seinen Play. Die Sißzung ist damit aufgeflogen,

Die ueue Siyung.

Die 3 Uhr 17 Minuten unterbrochene Sißung wird nach einer Viertelstunde wieder eröffnet.

Vizepräsident Garni h teilt aus demi Stenogramm den Wortlaut der Aeußerung des Abgeordneten Riedel mit. Da- nach hat der Redner wörtlich gesagt: : ;

„Herr Abgeordneter von der Osten hat im Ton ärgster Blasphemie davon gesprochen, daß Sie mit Gottes Hilfe uns besiegen werden. Meine Herren, nicht so hoch! Bisher hat Ihr Gott immer auf der Seite gesessen. (Heiterkeit links.) Mit der Kommunisten Hilfe haben Sie gestegt!“

Vizepräsident Garnich erklärt, er habe diese Aeußerungen nicht ehört, da er ein Gespräch geführt habe, sonst hätte er den Redner ofort unterbrochen. (Hierauf seßt bei der Linken, besonders, bei den

emokraten und Sozialdemokraten erneueter großer Lärm cin. Zu- rufe: Warum?! Unerhört!) Die weiteren Worte des Vizepräsidenten Garnich gehen in dem großen Lärm unter. Er erklärt \{ließlich, daß es seine Pflicht sei, Ruhe herzustellen, und dem Redner wieder das Wort zu verschaffen. Er bitte, die Angelegenheit mit der Rüge als erledigt zu betrachten und den Redner weitersprehen zu lassen.

Abg. Riedel (Dem.) seßt darauf seine Rede fort ‘und erklärt: Wer sich in seinem religiösen Gefühle durch meine Worte getroffen fühlt, e zunächst auf seine eigenen Worte sehen. Sie (nah rechts) haben die eue Gottes gegen uns angerufen. (Großer Lärm rets.) Die Nechte hat die Hilfe der Kommunisten immer in Anspruch

enommen zum Zwecke der Staatsverneinung. (Erneuter E tärm. Die Deutschnationalen verlassen unter Protest den Saal.) Man hat mir auch wiederbolt „Barmat“ zugerufen. Die Wirkung

dieser Parole hat die Rechte zu erproben ja am Sonntag Gelegenheit | ehabt. Mit unerhörten Mitteln haben die Nechtsparteien den |

Neichspräsidentenwahlkampf geführt. Wie ist unfer Fraktionsführer Falk angegriffen worden! Die „ritterlihen" Waffen im Jarres- Wahlkampf sahen wirklih nicht s{chön aus. Früher hat die Nechte Ludenddrff in den Himmel gehoben, hat iahrelang nach dem starken Mann gerufen. Heute bildet ein deuts{nationales Blatt Ludendorkff mit dem Papphelm àb. Von dem „dringlichen“ Auflösungsantrag der Deutschnationalen hört man nichts mehr; die Herren fürchten nichts fo sehr als die Auflôsung. Sie wissen ganz genau, taß aus technishen Gründen die Neuwahl am 26. April niht möglich ist. (Lachen rets.) Bedauerlich ist, daß die Deutsche Volkspartei den Weg der Deutschnationalen im Ständigen Aus\{huß mitgeaangen ist. Hätte das Staatsministerium anders aehandelt, welche Vorwürfe wären dann von der Necbten gegen die Stillegung der Staatsmaschine erhoben worden! Die Verordnunaen werden wir genehmigen, aber nur als Notverordnungen, Die Hauszins\teuer darf in der neuen Form nur vorübergehend sein; die endaültige Règelung kann freilick nur im Neich erfolgen. Der Finanzminister ist ia berufen, an ikr

_tüctig mitzuarbeiten. Aus der Steuervolitik der Nechtsregieruna im

Neiche wird wohl Aehnliches herauskommen wie in der Auf- wertungßfrage, in der die Deutschnationalen eine \chamlose Dema- aoate getricben haben. Wie werden die Herren der Opvosition da- stehen, wenn das Urteil des Staatsaecriht8bofs geaen sie ausfällt?

Aba. Herold (Ztr): Ih babe zu diesem Segenstande gar niht reden wollen, denn die ReKtmäßiokeit und Notwendiakoit der Nerordnunoen hat der Kinanzminister nachgewiesen. Ih habe mich aegen Herrn von der Osten zu wenden. Der Sländige Aus\schuf: ist leichter vollzählia zu erhalten als das Plenum: daraus ergiöt si hon die Möalichkeit verschiedener Beschlußfassungen. Aber die Sachlichkeit der Notverordnunaen ist überhaupt nicht an zefoËGten worden. Man hat #ch von sener Seite sedialich bemüht, nichts zustande kommen zu lassen. Mit Unrecht und unlogish \sprich;t Herr

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von der Osten von Mißachtung der Nechte der Minderheit. Die Be- mühungen um ein Beamtenkabinett sind zuleßt auz, nickc;t durch unsere Schuld, zershlagen worden. Wir bedauern das, denn unser Bestreben war, eine breitere Grundlage zu gewinnen (Widerspruch und Zurufe rechts). Daß Herr von Seeckt Ordnung und Ruhe aufrechterhalten wesentlih ein Verdienst der

konnte, war

Zentrumspartei, Sie hat die Revolution niht gewollt, aber lle hat sich, als sie da war, sofort auf den Boden der Tatsachen t sie hat auch die Reichswehr so ausgestalten helfen, daß ube und Ordnung aufrehtzuerhalten möglich war. - Der erste Schlag, den die Hohenzollern führten, um Brandenburg empor- imma war gegen daf

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] L das Junkertum gerichtet. (Lebhafte Zu- timmung im Zentrum und links.) Jeßt erhebt es wieder An- pruch auf Vorrechte in einer A die sih als Bekeidiguna des Volkes darstellt. (Wiederholter Beifall.) Wenn das Volk hungert, haben die rFunker positive Mitarbeit zur Abhilfe zu leisten. (Lärm rechts; Ruf: Sie verhindern das ja!) Sind die Beziehungen der Deutschnationalen zu den Kommunisten näher od& zu uns? (Lärm.) Wenn Herr von der Osten seine Politik nach den Weisungen des Heiligen Stuhls einrihten will, dann können wir in alle Zukunft - in vollster Harmonie zusammengehen. (Große Heiterkeit.) Die positive Mitarbeit haben wir bis jeßt bei den Deutschnational-n vermißt. Die Zentrumspärtei hat seit Fahren die Volksgemeiaschaft erstrebt. (Zuruf rehts: Auf sozialistischer Basis!) Zur Volksgemeinschaft gehören auch die Sozialdemokraten. (Zuruf rechts: Jllusion!) (Der Schluß der Rede wird: von dem betäubenden Lärm der Rechten übertönt. Das Zentrum läßt der Rede demons!rativen Beifal folgen.)

Abg. Ladendorff (Wirts. Vereinig.) erklärt, die Arbeit des Ständigen Aus\{husses sei Et nötig gewesen. Es habe keine Notivendigkeir vorgelegen, das Plenum bei der Entschließung über die Notverordnungen auszuschalten. Seine. Partei lehne ins- besondere die Erhöhung der Hauszinssteuer ab. Sie solle für den Neubau restlos Verwendung finden. Wo seien aber die vielen Millionen ay diesen Zweck geblieben? Niemand wisse es! Seine Partei wolle mit der shwindelhaften Vergeudung | öffentlicher Gelder aufräumen! (Anhaltende Unterbrehungen links.) Ueber 500 Druckseiten haben das „Berliner Tageblatt“ und die „Vossische Zeitung“ vershwendet, um völlig unwihtige Meldungen und Artikel über die Wirtschaftlihe Vereinigung zu verbreiten. Jedenfalls sei seine Partei nicht schuld, daß die Lösung der Krise in Preußen keinen besseren Ausgang genommen habe; sie sei besten Willens gewesen, ein tragbares Kabinett zu bilden. Die Fraktion der Wirtichaftlichen Vereiniqung hat, so fährt der Redner fort, es abgelehnt, offiziell mit den Demokraten ju verhandeln. (Anhaltende Unterbrechungen des Abgeordneten Falk. Zuruf: S ie find ja an uns herangetreten!) Es sind lediglich zwei Herren ermächtigt worden (Aha! in der Mitte), unsere Bereitschaft zu Verhandlungen zu erklären für den Fall, daß die Demokraten an uns herantreten, unter den von uns gestellten Bedingungen. Wenn es zu Neu- wahlen kommt, wir fürchten sie niht! (Lachen in der Mitte.)

Abg. Gieseler (Dt. Völk.) wendet si, andauernd durch

Zurufe aus der Mitte unterbrochen, mit großer Schärfe gegen die erlassenen fünf Notverordnungen, denen jede verfassungsmäßige Grundlage fehlt und ferner gegen die sogenannten republifanischen Parteien, die sich als völlig unfähig erwiesen haben,“ Preußen zu regieren. Wie sehr diesen Parteien der sittliße Ernst fehlt, teweist allein die Tatsache, daß die christlihe Zentrumspartei und die gotieß- leugnerishe Sozialdemokratie sih auf Gedeih und Verderb: verbunden haben. Die Sozialdemokratie als Haupterbin der verbrecherishen Novemberrevolution hat unsere s{limmsten Befürchtungen weit über- troffen. Nicht Ebert, sondern die Freikorps unter Führung alter Offiziere haben Deutschland vor dem Bolschewismus bewahrt. Ferner steht fest, daß alle die sogialdemokratischen Parteifunktionäre an der Spiße der Verwaltung in der ungeheuerlihsten Weise versagt haben; dur ihre Unwissenheit haben _ sie. das Volk und vor “allem die Arkeiterklasse immer tiefer ins Glend getrigben. Unter der Perri L der Sozialdemokratie is die Moral getötet worden, das Schamgefü 0 zu den Hunden geflohen und die Korruption beherrscht die Stunde. Sagnovantien \{limmster Sorte siad auf Grund threr Parteizugehör igs eit in die höchsten Aemter berufen worden: aber alle diese 8elf-made- Genies sind niht im Stahlgewitter der Schlachten des Weltkr12ges geboren worden, sondern bei volksverderbliher Heimarbeit als Partei- funftionäre. Mit diesem System muß endgültig Schluß gemachL werden. Wir brauchen wieder Fahmänner allerersten Nanges, um das verfahrene Preußen\schiff wieder flott zu machen. Darum lehnew wir jede sozialdemokratische Regierung ab und sagen ihr \ckchärfstew Kampf an. (Die Ausführungen des Nedners_ wurden während der anzen Dauer der Rede und besonders zum Schluß mit stürmischen Voleliendaebungen von den Mittelpacteien aufgenommen Als der Redner mit dem Wunsche {loß, ein Leutnant mii 10 Mann müsse einmal gründlih aufräumen, ertönte cin \hriller Pfiff links. Zwisen Sozialdemokraten und Mitgliedern ver Fraktion des Redners, die hinter dem Plak des MRedners aufeinander zudrängten, wobei ein Abgeordneter einen anderen am Arm \chüttelte, wurde nux. mit Mühe ein allgemeines Handgemenge verhindert.) i

Aba. Dr. Leidig (D. Vp.) erklärt, dec Abg. Riedel scheine den Unterschied der früheren Situation, als Herr v. Richter in einem Kabinett saß, das vom Vertrauen des Landtags getragen war, mib dec heuerlihen niht zu verstehen, wo ein N ohne Ver- trauen ledialih die laufeaden Geschäfte zu erledigen habe. „Herr Herold sagt, das Zentrum habe immer eine Regierung der Volks gemeinschaft als Ideal bezeihnet. Solange aber die Auffassung über Wichtigkeit von Verwaltungsmaßnahmen unz Geseßgebung8- arbeiten feine einbeitlihe ist, is eine solhe Volksgemeinschaft unmöglih. Alle Pacteien müßten dann gleichberehtigt sein. Wenn wir aber nit ein Hin und Her der Ansichten hätten, würde 1a eine völlige Stagnatior. eintreten. Die Schwierigkeiten sind in unserem Lande ungeheuer. Vor der Einberufung des Skändigen Aus\husses hat unser Führer Herr von Campe gewarnt und er hat auf die damit acaebene Vershärfung der Krise aufmerksam gemaht. Die Deutsche Volkspartei hat sich noch am 31. März für ein Beanitenkabinett erklärt, Herr Herold vom Zentrum hat es aber abgelehnt, weil die Sozialdemokraten nicht mehr dafür waren: Die Wahl Brauns wird neue harte Kämpfe in Preußen zur Folge haben. Wir stellen fest, daß Preußen ein Objekt geworden 1|st in der großen politichen Kombination des Zentrums auf dem Gebiet des Kampfes um die Präsidentschaft. Das wird von weiten Kreisen verstanden; für weitere Antiezung were A g La hoffe, daß unser der

ieg sein wird. (Lebhafter Beifall rechts. / i F e Graef (D. Nat.) berichtigt das Zitat des Aba. Niedel aus der Rede des Abg. von der Osten, Die Darstellung des Abg. Niedel verrate niht aerade ein großes Denkvermögen Wenn der Abg. Herold von dem Widerstand der Junker gegen die Hohenzollern gesprochen habe, so sei das ebenso abgeschmackt, wie es abgeschmackt wäre, wenn man erwähnen wolle, daß Teile der Kirhe im Mitiel- alter eine furchtbare Tätigkeit auf dem Gebiet des Hexenverbrennens geübt hätten. (Heiterkeit.) Die Behauptung, Junker hätten für die Kultur nichts getan, sondern nur etwas für das Heer, fänden ihre Widerlegung z. B. in der Person des Junkers von Humboldt, der die Berliner Universität gegründet habe, und des Generals von Rochow, dessen Verdienste um das Volksbildungswesen bekannt seien Herr Herold hat, so fährt der Redner fort, Klage darüber geführt, daß 28 nit gelungen sei, eine Regierung der Volksgemeinschaft für Preußen zu bilden, Herr Marx- hat aber die Cinbeziehung der Marristen verlangt. Das verträgt sich niht mit einer Volks gemeinschaft, die eine Gesinnungsgemeinschaft ist Wir Deutsch- nationale sind ebenso wenig bereit, mit den Sozialdemokraten ?ine

arteikonstellation einzugehen, wie diese mit uns. Das weiß Herr Mare und das Zentrum lange genug, Troßdem hat man mit dem Sc{laqwort der Volksgemeinshaft die Bildung einer ordnung9- mäßigen Regierung in Frewen monatelang verhindert. Wenn kein anderer zu finden 1, so is es die [iht verant=- wortungsvoller Parteien, ein überparteilihes Beamtenkabinett einzurihten. Dazu hat man in anderen Ländern oft aenug geariffen. Wir waren dazu bereit, um die preußische Staalêmashine, die durch die Schuld der Regierung und der Regierungsparteien in Anordnung

fommen war, wieder in Gang zu seßen Das scheiterte an ‘der

orderung der Sogialdemokraten und der Demokraten, einen