1902 / 294 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Dec 1902 18:00:01 GMT) scan diff

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Die verkaufte Menge wird auf volle Doprelzeataer und der Verkauftwerth ) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung daß der betreffende

Noch: Roggen.

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Deutscher Reichstag. 235. Sißung vom 13. Dezember 1902. 10 Uhr früh.

Tagesordnung: Dritte Lesung des Entwurfs eines Zolltarifgeseßes auf Grund der Zusammenstellung der in weiter Berathung gefaßten Beschlüsse des Reichstages und in Verbindung mit den dazu gestellten, im Wortlaut bereits mitgetheilten Anträgen.

Ueber den Anfang der Sißung wurde am Sonnabend berichtet. -

Abg. Richter (fr. Volkép., fortfahrend): Nachdem die hohen Säte der Tarifvorlage noch weiter hinaufgeschraubt sind, haben die anderen Staaten nun auch ihrerseits ihre Forderungen hinaufgeschraubt, und um fo s{wieriger wird es sein, auf den Boden zu gelangen, auf dem eine Verständigung möglich ist. Nun sagt man, die Industriezölle müßten nicht so ernst genommen werden, sie seien lediglich Kompensationen, um höhere landwirthschaftlihe Zölle gegenüber den anderen Staaten durhzusezen. Ich habe diese Logik nitt verstanden. Die Industrie- zôlle auf unserer Seite haben nicht die Bedeutung wie die landwirth- schaftlichen Zölle gegenüber Staaten, die hauptsähli® auf die Aus- fuhr ihrer landwirtbschaftlihen Produkte angewiesen sind. Besonders bemerkenswerth war mir in der vorgestrigen Erklärung, daß man bei den Handelsverträgen auf hohe Viehzölle Bedacht nehmen wolle. Das- selbe wollen auch die Mehrheitéparteien ncch besonders aus\prechen. Wenn tan auf die Seuchengefahr hinweist, fo glaube ih, daß diese nur ein Deckmantel ist für die agrarishe Schußzzollpolitik der Mehr- heit. Es ist nicht nöthig, über das veterinärpolizeiliche Interesse hinaus die Einfuhr zu ershweren. Wenn auch \{arfe Grenzkontrolen nöthig sind, fo sind diese Kontrolen an ih schon geeignet, die Ein- fuhr zu vertheuern. Die Kosten der Quarantäne und des Transports nach den Schlachthäusern sind Beschränkungen genug, und nun sollen au) noch die Viehzölle erhöht werden. Man sagt, Deutschland könne die 30 kg auf den Kopf der Bevölkerung aus der eigenen Viehzucht bestreiten. 4 Loth auf den Kopf täglih ist doch ein Fleishkonsum, von dem wir niht wünschen werden, daß er dauernd bleibe. Je mehr die Industrie sich entwidckelt, desto mehr ist es erforderli, den Fleishkonsum zu erleichtern, anstatt ihn zu beschränken. Gerade die Ungleichheit zwischen Fleish- und Viehpreisen wirkt so nachtheilig auf die Fleishversorgung. Will man die Bieh- zuht heben, fo befeitide man die Futterzölle. Der Yteichskanzler sagte, seine Erklärung, daß für Braugerste der Mindestsaiz erhöht werde, stehe nicht im Widerspru mit seinen früheren wiederholten Erklärungen, daß jede Erhöhung der Mindestsäße unannehmbar sei, denn diese Erhöhung hätte sich nur auf den Gerstenzoll im allgemeinen bezogen, aber nicht im einzelnen. daß, wenn etwas im Ganzen unannebmbar sein soll, es im einzelnen annehmbar ist! Was foll man da noch von dem „unannehmbar“ der verbündeten Regierungen im Volke halten ? Ich habe schon lange nicht mehr geglaubt, daß die Regierung an ihren feier- lichen Erklärungen festhält, aber ih dachte do, daß bei technischen, viht politishen Fragen man ihren Erklärungen Vertrauen enken fönnte. In ter Begründung der Vorlage ist nun eine Unterscheidung zwischen Futter- und Braugerste für tehnis{ unmöglich erflärt. Nun ist es aber mit einem Male mögli. Wer hat es denn möglich gemacht ? In dem Graudenzer „Geselligen“ wird der Abg. Sieg dafür gefeiert, daß er es verstanden habe, und in einem bayerischen Blatte feiert si der Abg. Heim selbst deswegen. Das mögen die Herren unter einander ausmachen. Wie soll es aber in der Praris werden? Vielleicht seßt man im Zolltarif den Gerstenzoll allgemein auf 4 M fest und läßt die Unterscheidung nur im Minimaltarif stehen. Herr von Miquel wollte seiner Zeit das Branutweinsteuergeseß nicht annehmen, wenn nicht der Reir igungszwang obligatorish gemacht würde. Das geschah : und nah zwei Jahren sagte die Regierung: „Der Reinigungszwang ist ganz unausführbar“, und dann sprah man niht mehr davon. Der Zoll auf Braugersie wird den Handelsvertrag mit Oesterreich er- \schweren. Wir brauchen die österreichische Braugerste. Dieser Zoll wird also fein Schußzoll , sondern ein Finanzzoll sein. Das UEERR hat gerade bei dem Flottengesez in einer Resolution er- lärt, daß der Massenverbrauch niht böher belastct werden dürfe. Das Bier is einer unserer bedeutendsten Erportartikel, es geht bis nah Australien, China, Judien, nach den entferntesten Orten Amerikas. Diese Vertheuerung des Robstoffes wird den Export aber efährden. Und was wird aus dem Tarifvertrage? Man kann ja auf Y ktendedel „Tarifvertrag* sçbreiben, aber es kommt darauf an, was darin stebt und ob unsere Auétfuhr gesichert ist. Die mürrishe Fronde ter Nechten, die stärker ist als die antere Opposition, roird sih bemühen, auch die Tarifsäße aufrecht zu erhalten, die niht durch Mindestzölle festgelegt sind. Der Bund der Landwirtbe ift der Anfang einer Organisation gegen die Handelsvertragäpolitik. Wenn im neuen Reichstage die agrarische Seite gestärkt wind, so wird die Annabme der Tarifverträge die größten Schwierigkeiten baben. Es wird beißen : erehter Hand, linker Hand, Alles vertausht*“. Man wird selbt der Unken und auch den Sozialdemokraten zurufen: „Samtiel bilf!* und die Regierung thut Alles, um nur \{arfe Agrarier in den Reichêtag zu bekommen. Jn einer Sti&6wabhl in Ostpreußen ist mit Hilfe des fanatishen Eifers ter Herren Landräthe und des ganzen Behbörden- apparate3 einer gewäblt worden, dec zur Fronde gebört, und bei der Vorberatbung ter Vorlage im Wirtbschafiliben Ausschuß galten die Grafen Schwerin, Kani, dec verstorbene Bp der Regierung als die größten Sachverständigen. Was E die Vorlage dem arößten Theile des Volkes, z. B. den Handweikern, Arbeitern ? Man will bier wirklie Ar- beitervertreter in den Reichétag bringen, was nüyt aber den Arbeiter- pertretern cin freundliches Willkommen, wenn sie hier nichts zu sagen haben ? Das ift geratezu eine Ironie auf die Erklärung, daß man arbeiter» freundlich ist. Wie könneu Arbeiter, Werkfübrer und Handwerker bier sitzen obne Diäten? Man bat do Sozialistengeseß, Umsturzgeset, Zuchthausgesey und Anderes gemacht und damit die Sozialdemokratie zroßzzezogen, während die bürgerlihen Partcien sie bekämpft baben. Graf Caprivi dachte anders, er prüfte jede Vorlage auf ihre Wickung auf die Sozialdemokratie. Man s\prit bier von einer nationalen Frage. Der NReichskaniler spricht vom Segen für das Vaterland. Wenn man eine Frage nit mit sahlihen Gründen durbzubringen verstebt, erklärt man fie einfa für eine nationale Frage. Das nationale Interesse ist, die Eigenart der Volkswirthschaft cines Landes zu entwickeln. Deutschland ift auf die Einfuhr von Lebensmitteln angewiesen, und um sie bezablen zu können, muß cs Industrieartifel an das Ausland austauscen. Beides wird durch die Vorlage erschwert, ganz abgesehen von der Wirkung auf die Weltpolitik. Früher wurden die Handelsverträge, die jet îin Frage geftellt find, als rettende That bezeichnet, mit der der RMeicdstag ich einen Mark- und Denkstein geseut habe. Einen Mark- und Deunkstein wird man fih auch durch diefe Vorlage seten. Das ift aber keine Pe- sunde, sondern eine überaus verbängnißvolle Entwiek lung. Es isi keine rettente That, sondern cine unkluge und unbeilvolle That

Abg. Gamp (Rp.): Die Reichépartei betauert, daf ibrer Ueber- jeugung, daß die Regierungsoorlage nicht genüge, die deutsche Land- wirthschaft und besonders die auf die Viecbproduktion angewicsene [leine Landwirthschaft vor der mächligen Konkurrenz des Auélandes zu s{üuen, niht Rechnung getragen und diefer wirksame Schut ab- gelehnt worden ist. Die Reichspartei sicht auch in der Bestimmung des Gersteazolls feine Verbesserung der Vorlage, da weite Gebiete des Ostens Braugerste nur auêtnabméêweise liefern Wenn wir gleich- wobl der Vorlage zustimmen, fo thun wir es aus folgenden Gründen 1) Die systematisde Obstruktion der sozialdemokratishen Partei, die defanntlih von der Freisinnigen Vercinigung unterstüyt wird, legt allen Parteien, denea die Würde des Hauses nund das Ansehen der deutschen Volksvertretung am Herzen liegt, und die das verf¿ssungs- mäßige Leben nicht in Gefahr bringen wollen, die Vervflichtung auf, den Willen der Mehrheit zur Geltung zu brigen Da dies nur w erreichen war, wenn die Parteien ihre weitgehenden Wünsche für die Landwirthschaft zurückstellten, so hat sich die Reicbsvartei dier entlichen müssen. 2) Durch die Annahme der Minimalzélle gicht die Neichépartei ihre prinzivielle Auffassung keinctwegs auf,

Wer hätte je gedacht,"

und sie behält sich vor, in eine sorgfältige Prüfung der Handels- verträge einzutreten und sie abzulehnen, wenn nah ihrer Ansicht das landwirtbhschaftlihe Interesse nicht genügend gewahrt und kein aus- reichender Schutz der beimischen Produktion geboten wird. 3) Die Neichs- partei, die für die Parität der Interessen der Industrie und Land- wirthschaft und für den Schuß der nationalen Arbeit auf allen Gebieten eintritt, hält die Spezialisierung und die Erhöhurg der Industriezölle im allgemeinen Interesse für dringend geboten. 4) Die in der Vorlage der Negierung enthaltenen Minimalsäße für Getreide und die Beschlüsse zum Zolliarifgeseß wie die Einführung des Werthzolls für Pferde und für Vieh, die Verzinsung der Zollkredite sind solche Verbesserungen, daß die Reichspartei nit die Verantwortung übernehmen fann, sie dur Ablehnung der Vorlage preiszugeben. Aus diesem Grunde werden meine politischen Munde die Kompromißvorshläge des An- trazs Herold annehmen. ir müssen aber auch auf die Resolution des Abg. Speck wegen der Meistbegünstigungsverträge entschiedenen Werth legen. Abg. Molkenb uhr (Soz): Der Reichskanzler hat uns die überraschende Erklärung abgegeben, daß die verbündeten Regierungen mit den Kommissionsbeshlüssen zum Zolltarif und zum Zolltarifgeseß einverstanden find. Ueberra\ht hat uns daran, daß diese Erklärung öffentlih abgegeben worden ist. Die Re ierung hâtte sih ja auf die Grfklärung zurücziehen können, da sie sich der Mehrheit beuge, weil Anderes nicht zu erreichen war; aber hier öffentlih nah all den Un- annehmbarkeitéerklärungen \ih hinstellen und hölliges Einverständniß mit den 2 U M bekunden, das geht doch ctwas weit. Die Regierungen haben si vollständig dem Willen der Mehrheit unterworfen. Eigenartig ist au, daß die früheren Erklärungen des Kanzlers und seiner Vertreter über die Mindestzölle sich nur auf die Gerste im allgemeinen, nicht auf die Braugerste bezogen haben. Rechnet man Bayern mit zu den Ver- tretern der verbündeten Regierungen, so ist diese Erklärung garnicht zu begreifen. Der bayerische Finanz-Minister hat ja absolut nicht von Gerste allgemein, sondern allein von Braugerste gesprochen, als er seine Bedenken gegen eine Erhöhung des Gerstezolls vortrug. Er sagte ausdrücklih, er würde jede weitere Erhöhung beklagen müssen. Durch die Mehrheitsbes{chlüsse, welche die verbündeten Megierungen acceptiert haben, wird die Arbeiterklasse aufs ärgste geschädigt, dem Kapitalismus in ungeheurem Maße Vorschub geleistet. Das Geseh bezweckt die Förderung der besißenden Klassen, der Grund- besißer und der industriellen Unternehmer ui Kosten der Arbeiter- bevölkerung; die Interessen dieser leßteren zu berücksichtigen, ist mit voller Absicht unterlassen worden. s muß in der deutschen Arbeiter- welt einen Klassenhaß erzeugen, so tiefgehend, so ingrimmig, wie nie zuvor. Für die Ablösung der Hörigkeit der Gutsunterthanen hat das Junkerthum \ich \. Zt. Hunderte von Millionen zahlen lafsen; jeßt kommt es wieder mit neuen Hundertmillionen-Forderungen ; Ablösung ist nicht da, die Arbeiterklasse muß zahlen. Es handelt sich hier nicht um einen Schußzoll, sondern um ein Finanzgeseß zur Deckung der Militär- und Marinelasten. Das hat der Staatssekretär von Thiel- mann offen zugestanden. Wozu die hohen Zollsäße? Man sagt, man wolle fich vom Ausland ctwas davon abhandeln lassen. Nichtiger wäre es doch, niedrigere Säge anzuseßen und daran festzuhalten. Es heißt, Amerika habe mit seinen hohen Zöllen seine Industrie entroickelt; als ob Amerika bis zur Mac Kinley-Bill eine Art Indianerstaat ge- wesen wäre! Der Aufschwung der amerikanischen Konfektion beispiels- weise datiert von dem Augenblick, als dort die Produktion ih ver- billigte. Nähmaschinen wurden zuerst in Amerika gebraucht. In Amerika sind die nothwendigen Lebensmittel viel billiger als bei uns ; der Ar- beiter ist also au viel besser daran als der Deutsche, namentlih wenn unsere Zölle erhöht werden. Das Eigenthümliche ist nun, daß in demselben Augenblick, wo die „Kölnische Volkszeitung" einen erbitterten Feldzug gegen das Noheisensyndikat führte, das Perm hier einen Schritt that, um den Kartellen ibre ausbeuterishe Thätigkeit zu er- leihtern. Die kleinen Dreshmaschinenfabrikanten sollen der Kon- kurrenz des Auslandes preisgegeben werden, aber die großen Kartelle werden gefördert. Den Pfla tersteinzoll hat der Staatssekretär in der Kommission geradezu als fkulturfeindlih bezeichnet, und doch wird er jeßt von der Regierung als annehmbar erklärt. Man bemüht sich der fuferften Sorgfalt für die Rhederei, weil sie den Ersaß für unsere Marine bi Pflastersteinzoll wird die Ostsece-Rhederei, die uns die Pflaster» steine aus Schweden bringt, geshädigt. Wie stimmt unsere Abschließung vom Auslande mit den Reden über die Weltpolitif zu- sammen, in denen gesagt wurde, daß wir nit eine Attila-Weltpolitik, sondern eine Weltpolitik im modernen Sinne treiben müßten? Kein Staat kann uns einen Quebrachozoll von 7 M E Unsere großen Gerbereien werden ihre Betriebe in das Ausland verlegen, aber die kleine Lederindustrie wird zu Grunde geben. Für die kleine Landwirtbschaft haben wir ebenfalls sorgen wollen; aber diese Vorlage sahen wir als ein nationales Unglück an, und deshalb mußten wir alles thun, um dieses Unglück abzuwenden. Wenn eine sachliche Be- rathung stattgefunden bätte, wäre der Widerstand gegen die Vorlage fo groß geworden, daß sie niht durhzbringen gewesen wäre. Wir haben nur geseßliche Mittel der Geschäftsordnung angewendet; aber man erhob das Geschrei der Obstruktion, um eine sachliche Berathung verhindern zu können. Die Freisinnige Vereinigung wollte mit ihrer Opposition nur eine Verelendung der Massen verhindern und hat deshalb alle Mittel dagegen angewandt, und wir baben besonders das Interesse der zunehmen. Für diese Vorlage ist eine ges{lossene Mehrbeit vor- handen, ist sie aber jemals bei Geseßzen für die Armen dagewesen?2 Bei der Arbeiterversicherungs-Gesetzgebung ist das Zentrum immer gespalten gewesen. In der ersten Lesung versprah das Zentrum, dafür sorgen zu wollen, daß die Mehrerträge der Zolltarifvorlaze für die Armen verwendet würden: aber jeßt fommt der Antrag Trimborn, und nur ein Theil der Zollmehbr- einnahmen soll für die Wittwen und Waisen verwendet werden, und so bleibt nur eine Summe übrig, mit der keine Wittwe durchkommen fann. Es sind nur \{öône Worte gewesen.

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bildet, aber durch den

aber ‘er wird aus den Taschen der Aermslen genommen. Den Lurnus der Allerreihften, die Luxusvachten, hat man zollfrei gelassen. Deutschland kann von einem Zollkrieg in den andern getrieben werden, wenn die Vorlage Gesey wiro. Wir werden mit allen Mitteln der- suchen, das Zustandekommen solcher volksfeindlichen Gesetze zu ver- bindern. Wir werden dann von uns sagen können, wir baben das Unserige gethan, und das Volk mag das Seinige thun. Ein Jour- nalist ift verfolgt worden, weil er den Tarifeatwurf in die Oefent- lichkeit brachte, Sic (rechts) haben den Tarif ter Ocffentlickkeit entzogen Weil wir das Wohl des Volkes wollen, bekämpfen wir diese Vorlage auf das äußerste.

Abg. Graf von Hompesh (Zentr.): Im Namen meiner politischen Freunde habe ih Folgendes zu erklären. In der uveiten Lesung des Zolltarifgesehes baben wir gemäß den Kommissions-

| beshlüfsen cine Erböbung der Mindesisäye für Getreide in die Vorlaae

eingestellt und die Mindeslsäte auch auf Vieh auêëgedebnt baben wir zum Ausdruck gebracht, welches Minteslmak von Schul: wir für die landwirtbschaftlichen Erzeugnisse beim Abschlusse von Handels- verkrägen für nöthig erachtet haben. Fortdauernd sind wir bemükt

nicht erlangen konnten, und des Reichékanilers fesisiebt, dak dic

beshlüfse auch in dritter Lesung das Scheitern der ganzen Vorlage

herbeiführen würde, haben wir die Entscheidung zu treffen, ob | Lefung den

| (Zurufe links theile der deutschen Landwirthschaft vorenthalten wollen, oder ob wir |

wir mit dem Festhzlten der Beshlüfse zweiter ganzen Zolltarif zu Fall bringen und die darin enthaltenen Vor- uns damit begnügen, das Errcichbare zu erlangen und die Lantwirth- schaft, die Industrie und dic Arbeiterschaft vor ciner sebr ungarifcn und ungünstigen Lage zu bewahren. Die durh die Annabme des Zouttarifs zu erlangenden Vortheile bestehen in Mindestzöllen für

reide, die wesentlih höher sind als der jeyt bestehende Ver-

Arbeiter wahr- |

/ Den besitenden Klassen | gewährt die Vorlage übrigens nur einen vorübergehenden Vortheil; |

tragszoll, zum theil auch höher als die A des autonomen Tarifs. Die Malzgerste erhält einen doppelt so hohen ChuRes ivie bisher. Durch die von uns verlangte und vom Reichêtage beschlossene Auf- hebung der kommunalen Besteuerung, der auch die verbündcten Re- gierungen zugestimmt haben, werden den Städten und dem Lande un- verkennbare Vortheile geboten. Weitere Vortheile wird die Verwendung der Mehrerträge zur Wittwen- und Bahlenvexsorguog der Arbeiter bieten. Nach alledem können wir es mit unserer Ueberzeugung und mit der Fürsorge insbesondere für die ländliche Bevölkerung nicht vereinbar finden, die Vorlage aus dem Grunde zurückzuweisen, weil wir größere Zugeständnisse nicht erlangen können. Wir ziehen es vor, das Erreichbare zu erlangen und der Landwirthschaft Hilfe zu bringen, soweit wir sie erreichen können, als fie durch Ablehnung des ganzen Zolltarifs auf die Zukunft -zu verweisen. Aus diesem Grunde werden wir der Vorlage zustimmen und alle dazu gestellten Anträge. ablehnen.

Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Diese Erklärung der maßgebenden Partei hat mit der Legende von der Bedeutung der Obstruktion gründ- lih aufgeräumt. Bisher hieß es, die Obstruktion habe die Mehrheit zusammengebracht. In dieser Erklärung ist aber nach und nach das wahre Motiv zum Ausdruck gekommen, daß man sich überzeugte, daß von der Regierung nicht mehr zugestanden würde, und daß man sih deshalb entschloß, die Vorlage anzunehmen. Ich fkonstatiere zunächst, daß wir uns in der sogenannten dritten Lesung befinden, denn da wir eine zweite Lesung über den Zolltarif nicht gehabt haben, fann dies au feine dritte Lesung sein. Man hat fich in den leßten Wochen daran gewöhnt, den Willen der Mehrheit als die Geschäftsordnung zu betraten, die maßgebend ist, und daß, wenn ein Paragraph der Mehrheit nit gefällt, man ihn einfa be- feitigt, sodaß es auf solche Kleinigkeiten niht mehr ankommt, ob eine Lesung mehr oder weniger stattfindet. Die zweite Lesung war aud) fachlich feine solche, denn von cinem Ein ehen auf Spezialien war nah dem Antrag von Kardorff keine Rede. Wir werden nicht aufhören, den Antrag von Kardorff als eine Vergewaltigung, als einen Nechtsbruh darzustellen. Nachdem die Parteien sich erklärt haben und nah der heroischen Rolle, welche die Nationalliberalen gespielt haben, wollen wir sehen, wie die Negierung sich gestellt hat. Sie hat sih bisher, wie Treitschke sagt, „an den rauenden Trümmern der Rechtéordnung die Hände gewärmt.“ Aber der Reichskanzler und die Regierung als Leitung des Reichs Aa an dem Antrag von Kardorff mitshuldig und au an der Re tsverwirrung, die die Folge sein wird. Wenn die gesetzgebenden Gewalten die Gesetze, die sie sich selbst gegeben haben, niht strikte halten, kann man nicht ver- langen, daß auch das Volk einen wirklihen Respekt vor ten esetzen hat, die die Gesetzgeber ihm geben. Dieses Gefühl wird E in der Bevölkerung nahwirken, sonst wäre auch das Rechts- bewußtsein des Volkes keinen Schuß Pulver werth. Was bedeutet dieses Geseg? Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wird durch Kaiserliße Verordnung nah einem Beschluß des Bundesraths festgeseßt. Die Regierung kann es alfo viel- [leiht ers nach Fahren oder überhaupt nicht in Kraft setzen. Viele, die dem Geseß heute zustimmen, sagen \ich ja auch, es wird in dieser Form nicht in Kraft treten; auch der Reichékanzler wird sih das denken. Wir wissen ja, mit welcher Energie die Regierung wichtigen Kommissionsbes{lüssen entgegengetreten ist. Wie kann eine der Verantwortung sich bewußte MNegierungfümals ein solhes Geseß in Kraft treten lassen? Wenn dieses Werk auf Jahr und Tag în der Schwebe bleibt, kann dann eine Beruhigung des i Been Lebens eintreten? Sobald den Interessenteikreisen zum Bewußtsein kommt, was dieses Gesetz bedeutet, wird dann nicht eine viel stärkere Agitation eintreten, und werden niht die einzelnen Interessengruppen die Regierung bestürmen, ein folhes für ibre Interesjen gefährlihes Gesetz niemals in Kraft treten zu lassen? Wird das nicht Son im Wahlkampf der Fall sein? Und wenn im nähsten Reichstage die Gegner des Gesetzes wesentlich verstärkt sein sollten, würde das für die Regierung nicht zwingende Veranlassung sein, das Geseß niht in Kraft zu seßen? Aber das Gesey wird wie ein Damoklesshwert für Jahre hinaus über der deutschen wirthschaftlichen Entwickelung schweben. Wenn auch Handelbverträge zu stande kommen, fo brauchen sie do nicht in Kraft zu treten. Man bat uns gesagt, wenn dieser Marmorblock zur herrlichen Statue gestaltet wird, werde man s{öône Handelsverträge erringen können. Bisher haben wir aber immer nur die Hoffnung darauf gehört. Der je zigè Reichskanzler hat noch feine Praxis in ÖVandelsverträgen. Die Männer, die vor ihm wirklihe Handeléêverträge zu stande brachten, besonders Graf

Caprivi, wußten, wie Dan B eTiige macht. Graf Caprivi hat \. Z. erklärt, daß der Weg, der beute beschritten werden soll, der denkbar \{hlechteste dazu sei. Er sagte, man babe mit gutem Grund nit zunächst einen neuen allgemeinen Zolltarif mit böberen Sägen aufgestellt; das wäre nur das Signal, daß auch die übrigen Staaten ihren Tarif erböhten und der Zollkampf \ich vers irste; sobald der Tarif erhöht sei, s{wänden die Chancen für den Abschluß von Handelsverträgen dahin. Wir baben jeyt in allen umliegenden Ländern die {uyzöllnerishen Instinkte geweckt und gestärkt. elbst im freibändlerishen England gewinnt die Schußtzollidee an Boden, und so werden die Handelsverträge auf Schwierigkeiten stoßen wie noch niemals. Man kann also neugierig sein, wie sie aus- sehen werden. Die Handeléverträge des Grafen Caprivi sind zwar von den Agrariern in den shwärzesten Farben gemalt worden, aber doch für die deutshe Volkswirthschaft von allergrößtem Segen gewesen. Jett wird neue Beunruhigung ein- treten, neue Kämpfe werden die Folge sein. Und von cinem solchen Werke sagt der Reichskanzler, es sei ein nationales, ein großes Werk. Bisher haben wir über große nationale Werke in Deutschland nicht so bescheiden gedacht, und als bier auf der linken Seite bei der Be- merkung von dem Segen für das Vaterland ein Gelächter cntsland, hat sih der Neichskanzler das Lachen, das ibm augenscheinlih schr unangenehm war, sehr energisch verbeten. Aber dieses Hobngelächter wird durch die ganze Nation geben.

Reichskanzler Graf von Bülow:

Meine Herren! Jh habe das Wort erbeten, um zwei irrige Behauptungen des Herrn Abg. Barth nicht unwidersprochen ins Land gehen zu lassen.

Der Herr Abg. Barth hat gemeint, daß id wie ex sich aus- drückte die Mitschuld trüge an dem Antrag von Kardorff. Ju einem ibm naheslebenden Blatte habe ih vor einigen Tagen gelesen, ih sei der eigentliche Vater des Antrags von Kardorff. (Sebr rihtig! bei dea Sozialdemokraten.) Wenn dem so wäre, wie Dicjenigen an- nehmen, die soeben „sehr richtig!* riefen, so würde ih mich dieser Paternität durchaus nicht s{ämen. (Hört, bört! links.) Verfassungs- mäßig bin ih aber garni{t in der Lage gewesen, dieses Kind in die

| Welt zu seßen. (Heiterkeit.) Die Rébte uad Pilichten des Reichs-

Dani | fanzlerso werden in den Artikela 15 und 17 der Reichsverfassung de-

finiert. In diesen beiden uns Allen bekannten Artikeln stebt kein Wort davon, daß der Reichskanzler sich ciazumilshen bätte (aroße Heiterkeit

| links) in den Geshäftögang oder ia die Geschäftsordnung des Reichs- gewesen, die verbündeten Regierungen von der Nothwendigkeit dieser |

Mindestsäye zu überzeugen und fie zu ihrer Annahme zu bewegen. Nachtem wir hierzu die Zustimmung der verbündeten Regierungen | es nah den wiederholten Erklärungen | Annahme der Kommissions- |

tages (sehr richtig! reis); vielmehr heißt es ausdrücktlih in Artikel 27 der Reichsverfassung, den ih verleieca werte «Der Neichôtag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und entscheidet darüber. Er regelt seinen Geschäftögang und seine Dis- ziplia durch eiae Ecshäftsordnurg und erwählt seinen Práfidenten, seine Vize-Präsidenten und Schriftführer.“ Glecke des Präsitenten.) Jch würde mich allo in Widerspruch geseht haben mit der Reichéverfassung, wenn ih in

| Fragen eingegriffen hätte, die, wie die Legitimation der Mitalteder

dieses hohen Hauses, wie die Regelung des Geichäftkgangs und der Disziplin, wie die Wahl des Vorslands dieses hoben Dauses, Ih

a8 s&liellih innere Angelegendeiten des Reichstages find. werde