sende, fih bemühen, über die anzuwendenden Zwangsmaßregeln fich mit der anderen zu verständigen, damit es niht einer der Regierungen frei- ftehe, ohne beiderseitiges Einverständniß zurückzutreten. Auch müsse eine genaue Uebereinstimmung über diesen Punkt erzielt sein, bevor mit der gemeinsamen Aftion begonnen werde. Am 17. No- vember informierte Lord Lansdowne den britishen Geschäftsträger in Berlin Buchanan, daß der Legationsrath Graf Bernstorff im Auswärtigen Amt vorgesprochen babe. Lord Lansdowne habe ibm gesagt, die britishe Regierung sei vollkommen damit einverstanden, daß man an der gemeinsamen Aktion festhalte, bis die Forderungen beider Regierungen befriedigt seien. In einem Telegramm Lord Lansdowne's an Buchanan vom 1. Dezember heißt es, daß wischen Großbritannien und Deutschland eine vollständige Ueberein- timmung erzielt sei und kein Grund zu einem längeren Zögern vor- liege. Das letzte der mitgetheilten Telegramme is am 2. Dezember von Lord Lansdowne an den englishen Gesandten in Carácas DEOgg ed gerihtet worden und giebt dem leßteren Instruktionen zur ittbeilung an die venezolanishe Regierung, die, wie er es klar zum Ausdruck bringen solle, als Ultimatum angesehen werden eri Lait Paggard erhâlt darin au die Anweisung, sich mit seinem deutschen ollegen zu verständigen und in enger Uebereinstimmung mit diesem zu handeln. Im Oberhause erklärte gestern der Staatssekretär des Aeußern Lord Lansdowne, die Regierung habe vorgeschlagen, daß die rage, betreffend die Behandlung englischer Pen in ranzösish-Congo, einem Schiedsgerichte unterbreitet würde ; i8her sei von der französishen Regierung eine Antwort nicht eingegangen. In einer an die Regierung gerichteten Frage bezüglich Venezuelas führte Lord Spencer Klage darüber, daß Lord Lansdowne bei feiner jüngst gehaltenen Rede über diesen Gegenstand einen so \cerzhaften und sarkastischen Ton angeschlagen habe. Lord Lans8downe erwiderte, er glaube nicht, daß in den Bemerkungen, die er bei dieser Gelegenheit gemacht habe, etwas Ungehöriges gelegen habe. Was die Ursache betreffe, die zu dem Ultimatum geführt habe, so wolle er auf die Thatsache hinweisen, oaß nicht weniger als drei feierliche Aufforde- rungen von seiten der britischen Regierung an Venezuela ergangen seien. Man werde diese in dem eben veröffentlichten Schrift- wechsel mit Venezuela finden. Die leyte Aufforderung fei das Ultimatum gewesen, das zu Beginn des Monats Dezember an Venezuela gerichtet worden sei. Dann seien aber vorher noch zwei Mittheilungen ähnlicher Art an Venezuela ergangen, die eine im Juni, die andere im November. Nachdem der Schristroehsel in der Venezuela-Frage {hon gedruckt gewesen sei, habe die englische Regie- rung ein Telegräinm von ihrem Gesandten in Venezuela empfangen, in dem er einen Auszug aus Dokumenten mitgetheilt habe, die ihm aus- ebändigt worden scien und die eine Antwort auf das Ultimatum sein ollten. Der britische Gesandte theile der englische Regierung mit, daß dieselben keinen bestimmten Bezug auf das Ultimatum nähmen, sondern Klagen darüber vorbrähten, daß die britische Regierung keinerlei Ersatz für die der venezolanischen Regierung dur den Damvfer „Banrigh“ zugefügten Schäden anbiete. Die Dokumente enthielten \{ließlid die Erklärung, daß der Schaß Venezuelas er- {öpst und es der Regierung niht möglich sei, für den Augenblick ihre Schulden zu bezahlen, daß aber, sobald Friede geschlossen sei, es nicht mehr nöthig sein werde, die MNegierung an ihre Berpflihtungen zu erinnern. Darauf, fuhr Lord Lansdowne fort, häben wir durch Vermittelung der Ver- einigten Staaten den Vorschlag erhalten, unsere Klagen egen Venezuela schiedsgerihtlider Regelung zu unter- reiten. Der Vorschlag geht dabin, daß die zur Zeit bestehende S@wierigkeit über die Art der Negelung der Ansprüche auf Ent- \hädigung für Nachtheile, die die britischen und deutschen Unterthanen während des Aufstands erlitten hätten, cinem Schiedsgericht vorgelegt werden solle. Der Vorschlag unterliege jeßt der Erwägung der Ne- gierung. Lord Lansdowne verlas sodann das Telegramm des amerika- nischen Gesandten in Carácas, das ihm durch Vermittelung des bri- tishen Botschafters in Washington zugegangen ist und in dem die Freilassung aller in Haft genommenen deutschen und britishenUnterthanen mitgetheilt wird, und fuhr dann fort: Ich bin dessen gewiß, das Haus stimmt mit mir darin überein, daß wir den guten Diensten des amerikanischen Gesandten zu großem Danke verpflichtet sind. Was über das Versenken der venezolanisWen Kriegsschiffe gemeldet worden ist, ist Folgendes: „Die venezolanishen Kanonenboote waren zum theil von britischen, zum theil von deutschen Kriegsschiffen beshlag nabmt worden. Man hat uns mitgetheilt, daß es bei den durch deutske Sc{iffe genommenen Kanonenbooten nothwendig ge funden worden sei, zwei zu versenken. Ueber die näheren Um- stände baben“ wir feinerlei Erklärungen erhalten, und ih kann es unmögli auf mich nehmen, zu erläutern, unter dem Drude welcher Umstände man zu diesem Schritte hat kommen müssen. Be- züglid der Beschießung von Gebäuden in La Guayra hat die Regie-
j G, | paNe, den
rung keine Nachricht erhalten.“ Séhliefilih genehmigte das Haus die dritte Lesung der Unterricht6öbill sowie der Bill, be- treffend die Uebertragung von Osborne House an die Nation, und die zweite Lesung des Geseßentwurfs, betreffend die Grrihtung einer schlagfertigen Milizreserve
Im Unterhause richtete Lord Beresford die Anfrage an die
Negierung, ob, da die deutsche und die englische Regierung bezüglich | Venezuelas gemeinsam vorgingen, die englishe Regierung irgendwelhe | vei Í i e eincs während der vielen Monate und Jahre der Streitigkeiten gedacht
Verantwortung für irgend welhe Handlung habe, die zu unter nebmen die deutsche Neaieruna das Recht zu haben meinen könne, und ob die britishe Regieruna in irgend welcher Weise für die Versenkung der venczolanishen Kriegsschiffe verantwortlich sei. Der Premier-Mirister Balfour erwiderte, das sei lediglich eine Angelegenheit der deuten Re- gieruna. Dalziel fraote, ob die Meldung irgendwie begründet fei, daf der englishe Admiral für die Versenkung der genommenen venezola-
lanishen Scbiffe verantwortlich fe und ob die Regierung weitere |!
Mittheilungen über die Angeleger beit mahen könne. Der Unter- Staatssekretär des Aeußern Lord Cranborne erwiderte, die erste Frage beantworte er verneinend. Die Operationen gegen die vene- olanis&en Sciffe seien in cinigen Fällen von den englischen Seec- ebôrten, in den übrigen von den deutschen ausgeführt worden. „Wir e benahrihtigt worden“, {loß Lord Cranborne, „daß der deutsche ommodore es sür nôtbia befunden habe, zwei Kanonenboole zu versenken.* Healvy fraate, in welchem Verhältniß der Werth der deut
Regierung nicht ertbeilt agung des Hauses, um die Auf-
fsebe. Eine Antwort wurde von Sch{wann beantragte hierauf die Ve merksamkeit auf den gegenwärtigen Gnaland und Venezuela zu lenken Fn Erwiderung auf eine An- [ros über die Zucckerkonvention sagle der Premier - Minister alfour ehört, daf nidts in den Bestimmungen der ZuClerkonvention vor- anden sei das nit mit der Meistbegünsitigungsllausel in den befslebenden Verträgen wvereindar sei Diese Mei- nung werde, soweit die Regierung -roisse, von jeder Macht etbeilt, welde die Konvention niht unterzeichnet habe, mit usrabme vou Rufiland, und Rußland selbt dabe die Konvention von 1828 unterzeibnet. Edmund Robertson (liberal) fragte, ob die tente oder öfierreichishe Regierung nah den Bestimmungen der Konvention ermättiat cin würde, die gesammte Eisenbahn- und Schifféfracht für Zuecker zu bezablen, der nah den Vereinigten Staaten autaciihrt werten solle. Der Präsident des Handelsamis Gerald Balfour erwiderte, wenn sich nah dem Inkrafttreien der
Konvention irgend eine Frage erheben follte als ob eine |!
der Mätte welbe die Konvention unterzeichnet hätten , - in
irgend einer Weise ein? indirekte Prämie auf exportierten Zucker |
zable, so werde diese Frage ter internaticnalen Kommisfion ur Erwôaorna unterbreitet werter der die Entscheidung ¿ußern, welche die Kommission in einem Falle treffen werde, der noch nicht eingetreten sei. Der General. Pofimeciiter Ausiten Chamberlain siellle im weiteren Verlaufe der Debatte fest, tak in den Jahren 1901/02 etwa drei Viertel des westindischen ee nah den Vereinigten Staaten autgeführt worden seien. Lord
ranborne führte aus, in Verbindung mit tem Gegenseitigkeits-
| finanzielle Ansprüche in Betracht kämen, sei die Negierung bereit
| sondern von der Venezuelas.* Lord Beresford fragte, wer der | dienslältere sei, der deutihe oder der englische Admiral. Der Premier-
| einander beratbs{lagen follten, aber in erster Linie sei jeder der beiden \hen Forderungen zu dem Werthe der versenkten Kanonenboote | i | Megierung |
der Bezichungen zwischen |
die Regierung habe von ihren juristischen Rathgebern | herrn von der Tann-Rathsamhausen
| Mafalda statt.
Er fkönre nicht im voraus i |
D A U nar Giitis Mr E l
vertrage zwishen Cuba und den Vereinigten Staaten seien in Biiagton Vorstellungen gemacht worden bezüglih der englishen Handelsinteressen auf Cuba; eine Antwort sei bisher nicht eingegangen.
In der Abendsißung des Hauses begründete Schwann (liberal) feinen Antrag auf Vertagung des Hauses und beklagte sich Über den geringen Umfang der seitens der Negierung über die venezo- lanishen Angelegenheiten ertheilten Auskunft im Vergleich mit der dem Deutschen Reichstage gegebenen Information. Der Redner führte aus, daß er die englischen Ansprüche für eine kaum ausreichende Grundlage für ein so drastishes Vorgehen halte. Philipps (liberal) unterstützte den Antrag und ersuchte die Regierung dringend, eine chiedsgerichtlihe Enticbelduna anzunehmen. Der Unter-Staats- ekretär des Aeußern Lord Cranborne erwiderte, die Regierung ei verpflichtet, die nothwendigen politischen Pflichten, die zwischen den Nationen beständen, zu erfüllen. Sie habe die Ordnung dort, wo sie gestört fei, wiederherzustellen und folche Nationen wie Venezuela an einem offenbaren Bruche des Völkerrehts zu ver- hindern. Die Regierung der Vereinigten Staaten habe einen ver- ständigen und vernünftigen Standpunkt eingenommen und eingesehen, daß das Verlangen Englands, die venezolanishe Regierung folle ihre Pflichten erfüllen und die Rechte der britischen Unterthanen achten, * keineswegs eine Verlegung der Monroedoktrin sei. Kein Land sei mehr darauf bedacht gewesen als England, die Regierung der Vereinigten Staaten in der Aufrechterhaltung dieser Doktrin zu unterstüßen. Die englisch# Regierung würde solche strengen Maßregeln niht unternommen haben, wenn es fich nicht um Angriffe auf die Freiheit und das Besißthum englischer Unterthanen gehandelt hätte. Wir haben, fuhr Lord Cranborne fort, der venezolanischen Regierung jede Nücksicht gezeigt, und wir wünschen den Weg der Mäßigung, den wir bisher eingeschlagen haben, cuch weiter zu ver- folgen. Der Beschlagnahme der Kanonenboote wird eine Blockade folgen, wenn Venezuela niht nachgiebt; wir beabsichtigen aber, die Blockade unter aller Nücksihtnahme auf die Interessen Neutraler und foweit wie möglich auf das Interesse Benezuelas selbst durchzuführen. Sir Henry Campbell Bannerman erklärte darauf, Lord Cranborne habe da Halt gemacht, wo er hâtte beginnen follen, wenn es nah den Wünschen der Opposition ginge. Die Opposition wünsche Kenntniß zu erhalten von der Lage Venezuelas und von den Absichten und Aussichten der Regierung bei der Ausführung der von ihr begonnenen Politik. Der Redner bedauerte, daß nicht in Venezuela ges{chäftlich interessierte Leute vor Beginn der Aktion befragt worden seien, und gab zu, daß die venezolanishe Regierung ihre Pflichten außer Acht gelassen habe; das verdiene eine Zurückweisung, und wenn nöthig, follte der Widerspru dagegen durch ncch schärfere Maßregeln unter- stüßt werden. Er bedauere, daß die vorgelegten Schriftstücke keinen Aufs{hluß über die finanziellen Forderungen Englands und Deutschlands gäben. Er sei für möglihst gute Beziehungen zwishen England und Deutschland und freue ih, daß diese beiden Länder gemeinschaftlich vorgingen, aber England sei ein gut Stück über eine gemeinsame Aktion oder ein Zusammenwirken in dieser Angelegenheit hinausgegangen, und beide Länder müßten nun zu- sammen stehen oder fallen. England könne bezüglih seiner Forderungen, die ja sicherlich auf einer anderen Grundlage be- ruhten als die Deutschlands, nichts thun, bis Deutschland nicht volle Befriedigung seiner Forderungen erlangt habe. England sei mit Händen und Füßen an Deutschland gebunden, ohne daß das Laad auch nur eine Ahnung davon habe, was Deutschlands Forderungen seien. Das entspreche nicht Englands Interesse. Lord Cranborne habe nichts von der äußerst wihtigen Mittheilung der Vereinigten Staaten ge- sagt, und doch würde überall Befriedigung herrschen, wenn diese Mit- theilung von folher Beschaffenheit wäre, daß sie zur friedlichen Lösung dieser allem Anschein nah doch etwas peinlichen Angelegenheit führen könne. Der Premier-Minister Balfour führte aus, daß die Schwierigkeit der venezolanischen Frage in der gewaltthätigen Weise liege, in der die Regierung Venezuelas gegen die Rechte britischer Seeleute und Schiffsrheder vorgegangen seî, sie behandelt habe, wie feine andere Nation der Welt, und die englischen Vorstellungen kaum einer Antwort genürdigt habe. Es habe sich eine unerträgliche Lage hberausgestellt, welhe ein Vorgehen erforderlich gemacht habe. Er bestreite, daß dieses Vorgehen ungerechtfertigt voreilig sei. Sir Henry Campbell Bannerman scheine gewünscht zu haben, daß man mit Deutschland auf Grund seiner (des Vorredners) eigenartigen Forderungen zusammenwirke. Aber würde das der rihtige Weg sein, mit einem fremden Staate eine Allianz für kriegerishe Zwecke cinzus- geben, wenn man sage, man wolle Seite an Seite mit ihm kämpfen; solange als es einem gefalle, und daß man, wenn es nicht mehr
1 Bundesgenossen allein den Kampf fortsetzen lasse? Wenige Verbündete würden geneigt sein, auf der von Sir Henry Campbell Bannerman gerwoünshten Grund- lage mit England vorzugehen. Der Minister führte ferner aus, soweit
gewesen, in ein Schiedsgericht zu willigen, durch welches die For- derungen genau festgeseßt würden. Die Regierung der Vereinigten Staaten habe keinen Vorschlag binsichtlih eines Schiedsgerichts gemacht. Nach seinen Informationen fei der Wunsch einer schiedsgerichtlichen (Entscheidung von Venezuela dur die Vermittelung der Vereinigten Staaten aufgesprohen worden. Es sei gewiß zu bedauern, daß die venezolanishe Regierung niht an die Vortbeile eines Schiedsfpruchs
habe, daß sie jede Antwort, jeden Vorschlag oder jede Auseinander- segung über irgend etwas, was sich ercignet habe, verweigert babe, und daß fie drei Ultimaten empfangen babe, ohne \ih herabzulassen, die geringste Notiz von unserem Vorgehen zu nehmen. Der Premier- Minister \{loß: „Erst jez, wo wir in Feindseligkeiten begriffen find, drängt sich der venczolanishen Regierung plöôulih der Gedanke eines Schiedsgerichts auf. Jch fkann ael niht sagen, ob der Gedanke gut oder \{lecht ist, und mich deshalb noch nicht für oder gegen ihn auössprehen. Der Gedanke kommt nicht von der Regierung der Vercinigten Staaten,
Minifter Balfour erwiderte, die Frage des Dienstaltcrs komme nicht in Betracht. Es sei kein Zweifel, daß die beiden Admirale mit
Admirale verantwortlih für scin Vorgehen und in zweiter Linie seine Der Antrag Schwann's wurde hierauf abgelehnt
Frankreich. Der Präsident Loubet emphing gestern Vormiitag, wie „W. T. B.“ berichtet, den bayerishen Geschäftsträger Frei
Jtalien.
Jm Quirinál fand gestern, wie „W. T. B.“ meldet, in Gegenwart des Königs, der Königin, der Königin- Mutter und der übrigen Mitglieder des Königlichen Hauses sowie der Minister die Taufe der Prinzessin
Der König empfing gesiern Nachmittag den bisherigen Botschafter Grafen von Wedel in Abschiedéaudienz. Der | Empfang dauerte längere Zeit.
| In der Deputirtenkammer führte gestern in Beantwortu
| mehrerer Anfragen ter Minifter des Aeußern Prinetti aus: „J
| muß vor allem erflären, daß ich biéher feine amtliche oder halbamtliche | Mütheilung, betreffend die Kündigung der gegenwärti geltenden Handeléverträge, empfangen habe. JZch bin au
| nicht im flande, in dieser Hinsicht etwas voraussagen zu können ; denn | ich hobe feine Kenntoihß von der Absicht, die jede der andern Regierungen haden mag, ihren Vertrag zu kündigen oder nihi zu kundigen. Hier holte ih es für nüylih, einen Jre- thum zu zerstreuen. in den ich in dieser Kammer und anderswo
\{äftigen. Es ist nicht rihtig, daß, wenn die Handelsverträge au 31. Dezember nicht gekündigt würden, fie als auf ein Jahr über ihre Ablaufsfrist verlängert anzusehen seien, sodaß die Mitternaht des 31. Dezember von den Interessenten mit all der Angst erwartet werden müsse, die ehemals das Herannahen des Millenniums verursachte. Nein! Nach dem 31. Dezember kann an jedem Tage gekündigt werden, und die Verträge werden genau nah einem Jahre, von dem Tage der Kündigung ab gerechnet, ablaufen. Was die Zukunft an- belangt, die auf dem so sehr wichtigen Gebiet der Handels- beziehungen unserm Lande bevorstehen kann, glaube ih nichts an dem ändern zu müssen, was ih im Mai 1901 gesagt habe.
glaube nicht, daß wir sehr ernsten Schwierigkeiten in den dem- nächstigen Verhandlungen und Abmachungen mit Deutschland ent- gegengehen, und ich bin noch tiefer wie damals überzeugt, das die Grundlage der Regelung der Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern keiner wesentlihen Aenderung unterworfen werden wird. Der gegenwärtige Handelsvertrag mit Oesterreih-Ungarn ist, das darf man nicht vergessen, bedeutend vortheilhafter für Oesterreich- Ungarn als für uns. Diejenigen, welhe in Oesterreih-Ungarn mit lauter Stimme die Kündigung des Vertrags verlangen, erheben, wie jedermann weiß, nur eine einzige Beschwerde, nämlich über die bekannte Weinklausel. Diese Klausel, in ihrem gegen- wärtigen Wortlaut, erfährt in Oesterreih und besonders in Ungarn großen Widerspruch wegen des dur sie eingeführten ermäßigten Tarifs und weil Frankreih nah dem 31. Dezember 1903 für seine Weine die gleihe Behandlung verlangen könnte, die es vor dem 31. Dezember 1903 nicht zu verlangen sh verpflichtet habe.“ Der Minister führte weiter aus: Soweit Italien in Betracht komme, werde es, obgleich der bestehende Vertrag kaum für Jtalien günstig sei stets von dem Gefühl großer Mäßiaung, das seine Haltung in diesem ganzen Zeitraum handelspolitischer Streitigkeiten, der {on fo lange anhalte, bestimmt habe, beseelt bleiben, und es werde gegenwärtig den Vertrag nicht kündigen. Er kenne die Entscheidung, die die öôsterreichish-ungarishe Regierung treffen werde, niht. Wenn Oesterreih-Ungarn den Vertrag kündige, würden die italienischen Vertreter in die Verhandlungen über neue Ver- einbarungen den Geist hoher Billigkeit und den lebhaften Wunsch, zu einer {nellen Entscheidung zu kommen, mitbringen, aber fie würden nicht umhin fönnen, alle Positionen des Vertrags einer Nachprüfung zu unterziehen, um zu einer neuen Einigung zu kommen, die beiden Ländern gerecht werde. Ein unparteiisches, ernstlich objeklives Studium werde den vollen Werth der Ermäßigungen, den der Vertrag Oester- reih-Ungarn gegenüber dem bestehenden allgemeinen italienischen Tarife zugesichert habe, derart ins rechte Licht seßen, daß man Italien den freien Eingang seiner Weinbau-EGrzeugnisse in Desterreih-Ungarn nicht werde verweigern können. Wenn man in Erwägung ziehe, daß allein an Holz und Pferden nah Jtalien für etwa 60 Millionen Lire zum größten Theil aus jenen Gegenden eingeführt werde, wo man am meisten gegen die italienishen Weine schreie, so komme man leiht zu der Ueber- zeugung, daß auch bei dem jeßt in Geltung befindlichen italienischen Generaltarif, der außerdem mit Leichtigkeit durh ein einfahes König- liches Dekret um 50 0/9 erhöht werden könne, Italien zu einer aus- giebigen und auf billigen Grundsäßen beruhenden Verhandlung gerüstet sei. Er glaube, daß der gegenwärtige italienise General- tarif genüge, um eintretenden Falls auch als Grundlage zu Ver- handlungen über einen neuen Vertrag mit der Schweiz zu dienen. Wenn übrigens wider alles Erwarten die Aufstellung eines neuen Ge- neraltarifs nothwendig erscheinen sollte, so könne er versichern, daß die zu diesem Zwecke bei dem Ministerium für Ackerbau und Handel gebildete Kommission alle dazu erforderliden Elemente zusummen- gebracht habe, sodaß der neue Tarif in sehr kurzer Frist aufgestellt und der Volksóvertretung zur Genebmigung unterbreitet werden könne. Die Fragesteller erklärten darauf, sie jeien durch diese Erklärung zu- friedengestelt. In Erwiderung mehrerer Interpellationen über die Vorgänge in Candela und Giarratana, bei denen es zu Zu- sammenstößen zwischen der Gendarmerie und auéständigen Landleuten gekommen war, schilderte der Minifler des Innern Giolitti die Einzelheiten dieser Vorgänge und vertheidigte, unter lebhafter Zu- stimmung. das Verhalten der Gendarmerie; der Minister gab die Freiheit des Ausftandes sowie die Propaganda des Ausstandes zu, aber leßtere müsse durh Beweise und niht dur Steinwürfe geflüht werden. Das Necht der Arbeit sei heilia, und niemandem sei es ge- stattet, es zu verlezen. Gegen die Propaganda dürfe man nichts einwenden, soweit sie niht die Form der Aufforderung zu Gewalt- thätigkfeiten annehme; nur in diefem Falle sei es Sache der Gerichts- behörde, einzuschreiten. Der Zwischenfall war damit ge- \c{lossen. Ein Autrag wurde nicht eingebracht. Auf eine Anfrage erwiderte hierauf der Minister des Auswärtigen Prinetti: Schikanierungen einzelner Personen, \{chwere Schä- digungen des Besitzes ihrer Staatsangehörigen, Gewaltthätigkeiten agegen deren Häuser und gegen Kaufleute, die Nichtbezabluna für Rechnung Venezuelas aufgenommener Anleiben und die Nicht einhaltung seit Jahren geschlossener Verträge, alle diese Gründe bätten die Regierungen Deutschlands und Englands veranlaßt. nachdem sie alle möglichen Mittel in langwierigen, anstrengenden Verhandlungen ershôpft bâtten, gegen Venezuela cine Aktion einzuleiten, um eine angemessene Befriedigung ihrer Ansprüche zu erlangen. Die erste Phase dieser Aktion sei jeßt auf dem Wege der Ausführung. Auch Jtalien habe gegenüber Venezuela beträchtlihe Forde- rungen geltend zu machen für Schädigungen des Besites italieniscer Staatsangehöriger während der wiederholten Revolutionen, die Venezuela seit langem in Unrube erbielten. Seit April letzten Jabres habe der italienische Gesandte in Carácas Schritte ge than im Sinne einer Regelung der italienischen Forderungen auf freundscaftlidem Wege, die aber nicht zum Ziele geführt hätten. Er babe der venczolanishen Regierung eine erste Liste vou Ersazansprüchen überreiht, deren Summe nach eingehender Prü fung auf 2800 000 Bolivars festgestellt worden \sci und deren ungekürzte Zablung ec in aller Form vecrlangt babe. Andere An- sprüche seien noch zu untersuchen gewesen in dem Augenblick, wo cine neuerlihe evolution eingetreten sei, bei der Italiener beträchtliche Schädigungen, die noch nicht klar gestellt seien, erlitten bätten. Die Kammer sebe, daß cine Summe ernster Interessen in Venewela zun beshüten sei, und die Regierung habe niht erft seit heute dieser langen Angelegenheit ibre ganze Sorgfalt zugewandt. Ebenso habe er als er vernommen, daß cin Vorgeben Deutshlants und Englands beabsichtigt sei, sih an die Kabinette von Berlin und London gewandt und ihnen vorgeschlagen, daß die italienishe Regierung sich ihren Maß- nahmen und Anordnungen, die sie binsihtlih der Ansprüche ihrer Staats- angebörigen ergriffen, anschlicße Der Vors(lag der italienischen Regierung sei günstig aufgenommen worden. Er freue sich, die freund- schaftliche Haltung der beiten Regierungen feststellen zu können, und glavbe, daß seine gegenwärtige Erklärung die italienischen Staats- angeböôrigen berubigen müsse, die in Venezuela einen nicht minder wirksamea Schuy genießen würden, als die Engländer und Deutschen ibn bâtten. Auf Anfragen der Deputirten de Marinis und Santini hob der Minister hervor, die Haltuna der Vereinigten Staaten entspreche vollständig der internationalen Courtoisie.
Spanien.
Der König von Portugal ist, wie „W. T. B.“ berichtet, heute von Madrid nah Lissabon zurücgereisl. Auf Bahnhofe verabscziedete Allerhöchstderselbe fih in herzlicher Weise von dem König Alfons
Schweiz.
Der Bundesrath hat, wie „W. T. B.“ erfährt, der Bundesversammlung eine Ergänzung des Bundes- strafrechts empfohlen. Darnach soll mit Gefängniß bestraft werden, wer eine strafbare Handlung, die vorwiegend den Charafter des gemeinen Verbrechens oder {weren Vergehens hat, öffentli in einer Weise verherrlicht, die geeignet ift, zur
oft diejenigen gerathen sehe, die sh mit diesem Gegenstande be-
Begehung solcher Handlungen anzureizen. Durch diese Gesezes-
novelle würde die anarchistishe Propaganda, wie die Ver- herrlihung des Königsmordes getroffen verden.
Türkei.
Die gestrige Fahrt des Sultans aus Anlaß des 15. Ra- mazan zum Mantel des Propheten im alten Serail von Stambul verlief, dem „W. T. B.“ zufolge, ohne Zwischenfall. Die Hin- und Rückfahrt erfölgte zu Schiff
Rumänien.
Eine Abordnung der Deputirtenkammer über- reichte gestern dem König die Antwortadresse auf die Thronrede. Der König hielt dabei eine Ansprache, in der er, dem „W. T. B.“ zufolge, unter anderem sagte: Wie der rumänische Soldat vor 25 Jahren seine kriegerischen Sa E bewiesen, so habe der rumänishe Bürger im
aufe der leßten drei Jahre seine bürgerlichen Tugenden gezeigt, indem er männlih die schweren Lasten auf si ge- nommen, die die Umstände dem Lande aufgebürdet hätten. Das Land habe das Werk der Sammlung mit lobenswerthem Patriotismus aufgenommen. Der schwierigste Theil des Werks sei jeßt beendet; dies beweise der Stand der Ane, Der König \{hloß: „Wir werden n unserer Entschlossenheit nicht erlahmen, bevor nit unser wirthschaftliches Leben auf gesunder, unerschütterlicher Grundlage aufgebaut ist. Jch bin überzeugt, daß Sie der Vollendung dieses Programms meiner Regierung Jhre unbegrenzte Unterstüßung leihen werden.“ j
Amerika.
Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Washington vom eutigen Tage, der italienische Botschafter Mayor des lanches habe den Staatssekretär Hay besucht und ihn ge- beten, er möge den Gesandten Bo wen in Carácas ermächtigen eventuell den Schuß der italienischen Unterthanen in N zu übernehmen; dem Ersuchen fei sofort entsprochen
worden. :
Aus Carácas meldet das „Neutershe Bureau“, daß mehrere Führer der Aufständischen, darunter El Mocho und Hernandez, von Maracaibo nah Carácas aufgebrochen seien. Man nehme an, daß ihre Anwesenheit zu politischen Verwicklungen führen werde. Jn Caräácas sei eine Bewegung im Gange, um den Rücktritt des Präsidenten Castro zu verlangen und den Vize-Präsidenten Ayala dazu zu ver- anlassen, daß er den Kongreß einberufe, damit derselbe einen eie Präsidenten ernenne und mit Deutschland und
L
ngland eine Verständigung zu erreichen suche.
Auf Ersuchen des Gejandten der Niederlande in
Venezuela, der in Curaçao krank darniederliegt, hat der amerikanische Gesandte Bowen den Schuß der Interessen der in Carácas lebenden Niederländer übernommen. __ Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus La Guayra ist das von dem deutschen Geshwader genommene Kriegs\hif}f „Nestaurador“ ein Dampfer von 600 Tons, die beiden anderen Schiffe, „Totumo“ und „General Crespo“ waren ganz kleine Dampfer von je 137 Tons. Der «Restaurador“ ist mit deutscher Besaßung versehen worden und fährt jeßt unter deutscher Kriegsflagge. Die beiden anderen Schiffe waren niht genügend seefähig, um mit der Besoßung die Ne.se nah Trinidad zu unter- nehmen. Auch hat ihr baulicher Zustand ein Schleppen dort- hin aller Wah! scheinlichkeit nah unmöglih gemacht. Ein solcher Transport würde überdies die Aktionsfähigkeit des mit dem Aufsuchen der übrigen venezolanischen Kriegsfahrzeuge beschäftigten deutshen Geschwaders wesentlih behindert haben. Ein bloßes Treibenlassen der beiden Schiffe sei gleichfalls nicht angängig gewesen, da sie in diesem Falle voraussichtlih den Venezolanern wieder in die Hände gefallen wären. Hiernach jet nur übrig geblieben, die Schiffe, die als absolut werthlos bezeihnet werden müßten, zu versenken.
Ueber die Beschießung von Puerto Cabello wird weiter berichtet, daß das englisch-deutsche Ultimatum in Puerto Cabello um 4/5 Uhr überreicht worden sei. Das Bombardement habe um 5 Uhr begonnen. Das Ultimatum jei an den Zollfontroleur gerichtet gewesen und habe besagt:
eWir beehren uns, Jhre Aufmerksamkeit auf folgende Thatsachen zu lenfea. Der britishe Dampfer „Topaze*“, welcher bier Koblen auslud, wurde vor kurzem konfisziert und geplündert: die Offiziere und die Mannschaft wurden einer sehr unwürdigen Behandlung unterworfen, ihnen aber \{ließlich die Rückcehr auf ibr Schiff ge- stattet. Gestern nun ist der Kapitän gezwungen worden, seine Flagge niederzuholen Der amerikanishe Vize-Konsul bat uns mitgetheilt daß dies durch die Bevölkerung herbeigeführt worden ist, ohne daß sih die Ortsbehörde cingemischt bätte. Wir ersuchen Sie. sofort dem Chef Les britishen Geschwaders im Namen der venezola- nishen Regierung für diese der britishen Flagge zugefügte Schmach vôllige Genugthuung zu geben und dafür Garantie zu leisten, daß ähnliche Vorfälle sih niht wiederholen und daß die deutschen und englischen Bewohner dieses Hafens niht mehr belästigt werden. Wenn wir Ihre Antwort niht um 5 Uhr Nachmittags in Händen baben werden wir die Forts und, wenn das Feuer erwidert werden sollte, au das Zollhaus zerstören. Deshalb richten wir an die gesammten Kommandoslellen der Stadt die Aufforderung, die Gefangenen und das Militär aus der Festung zu entfernen, um Verlust an Menschen- leben zu vermeiden, und Schritte zu thun, um zu verbindern daß nichtautorisierte Personen das Feuer erwidern. Weder die deutsche noch die englishe Regierung wünscht sich in die Angelegenbeiten von
rivatpersonen zu mischen, und die Beschlagnahme der venezolaniscben Regierungsschiffe ist nur erfolgt, um die berkömmliche böfliche Be- ndlung zu erzwingen und Genugthuung zu erbalten für unmäblige leidigungen, für die wir noch immer auf Entschuldigung warten. Montgomerie, Chef des britishen Geschwaders Scheder, Chef des deulschen Geschwaders. *
Die Kommandanten der „Vineta“ und der „Charnbdis“ hätten darauf folgende Antwort erhalten:
«Wir beehren uns, auf Ihre Benachrichtigung durch eine Kom- mission, bestehend aus dem amerikanischen, dem italienischen und dem dominikanishen Konsul, zu antworten. Die Behörden dieses Hafen- playes hatten der Niederholung der britishen Flagge aof dem «Topaze* keinen Vorschub geleistet. Die That ift nur von der Be- völkerung begangen worden wegen der Vorfälle ina La Guavra. Die Verhaftungen sind auf höheren Befebl erfolgt, und die Verhafteten find dann auf höheren Befebl wieder freigelassen worden. Die biesigen Deutschen und Engländer erfreuen sih vollständiger Garantien.“ Es folgen die Namen der Ortsbeamten.
Diese Antwort sei um 5 Uhr dem italienishen Konsul ausgehändigt worden, der, als die Beschießung begonnen, dies den Schiffen durch Signale bekanntgegeben hobe. Dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge sind die unterirdischen Kase matten des von der Mannschaft des englischen Kriegeschiffs Charybdis“ in Besiy genommenen Kastells Libertador bei Puerto Cabello von dieser in die Luft gesprenat und die
Cabello nah La Guayra in See gehen. Die „Vineta“ werde in Puerto Cabello bleiben. s
Asien.
_ Der „Times“ wird aus Schanghai gemeldet, der Vize- König Tschang-tshi-tung habe eine Denkschrift an den Thron gerichtet, in der er sih dagegen aus\prehe, daß der Thron seine Zustimmung dazu ertheile, daß Rußland in der Mandschurei von der Seezollinspektion unabhängige Grenzzoll- ämter errichte. Jn der Denkschrift würden die gefährlichen Folgen auseinandergeseßt, die es haben fönne, wenn irgend ein Vorgehen zugelassen werde, das niht Chinas volle Souveränitätsrechte anerkenne.
Aus T ofkio erfährt das genannte Blatt vom 8. d. M., daß nah Meldungen des Gouverneurs von Formosa die Verluste der Japaner bei den Operationen gegen die Auf- ständischen in der Zeit vom 14. Oktober bis zum 2. Dezember sih auf 19 Todte und 71 Verwundete belaufen hätten.
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der am 13. d. M. im 4. Lüneburger Wahl- bezirk (Uelzen) vorgenommenen Ersaßwahl zum Hause der Abgeordneten wurde, dem „Hann. Cour.“ zufolge, der Rittergutsbesißer von der Wense (fr. konf.) mit 91 Stimmen
gewählt, 47 Stimmen fielen auf den Amtsgerichtsrat Schlemm (nl.). s ¿
Statistik und Volkswirthschaft.
Die deutsche überseeishe Auswanderung imNovember1902 und in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Es wurden befördert deutsche Auswanderer im Monat November über 1902 1901 Bremen S . 1143 654 Hamburg . O 1 789 560 deutsche Häfen zusa 1882 1214 fremde Häfen (soweit ermittelt) . . . 401 491 überhaupt . . 2283 1705.
„Aus deutshen Häfen wurden im November 1902 neben den
1882 deutschen Auswanderern noch 23 087 Angehörige fremder Staaten
befördert; davon gingen über Bremen 14 184, über Hamburg 8903.
Beirath für Arbeiterstatistik.
__ Am 13. Dezember d. J. fand im Kaiserlichen Statistishen Amt eine Sizung des Beiraths für Arbeiterstatistik statt: Auf der Tages- ordnung standen: 1) die Erhebung, betreffend die Arbeitszeit in Komtoren, Bericht des Ausschusses, 2) die Herausgabe einer monatli erscheinenden Zeitschrift durch die Abtheilung für Arbeiterstatistik, Bericht des Ausschusses, und 3) geschäftliche Mittheilungen.
Zum ersten Punkt der Tagesordnung wurden nach dem Vortrag des MNeferenten, Geheimen Raths Dr. Fischer, die von dem Aus\{huß für die Komtorerhebung vorgeschlagenen Fragebogen, welche an die Verbände und Vereine der Kaufleute und Handlungsgehilfen sowie der Pater, Hausdiener 2c. und an die Handelskammern versandt werden sollen, nah längerer Debatte mit einigea redaktionellen Aenderungen vom Beirath an- genommen. Bezüglich der Auswahl der zu befragenden Verbände 2c. wurde beschlossen, in der Weise zu verfahren, daß zunächst eine beschränkte Anzabl von Berbänden aufgefordert werden soll, alle ihnen befannten Verbände und Vereine zu bezeichnen, und daß dann aus diesem Material seitens des Kaiserlihen Statistiihen Amts mit Hinzu- ziehung des Referenten des Beiraths cine Auswahl getroffen werden foll. Bezüglih der Handelskammern war der Beirath der Ansicht daß thunlihst alle Handelskammmern zur Aeußerung aufgefordert werden sfollen. :
Zum zweiten Punkt berihtete Gebeimer Negierungêrath Neu- mann über die Berathungen des Ausschusses für die herauszugebende Peit\hrift. Es [chloß sich daran eine eingehende Erörterung über die Betheiligung der Naturalverpflegungsstationen und der gewerblichen Stellvermittler sowie au der Gewerbe: Aufsichtébeamten an der ge- planten Arbeitsmarktstatistik und sodann eine längere Debatte über die Methoden der Berichterstattung über den Arbeitêmarkt an.
__ Zum letzten Punkt der Tagesordnung theilte der Vorsitzende mit, daß von dem Reichskanzler dem Kaiserlichen Statistishen Amt die Resolution des Bundesratbs zur Erledigung überwiesen worden sei nah welher dem Kaiserlihen Statistishen Amt die Zusammen- stellung des Materials bezüglih der Frage der Arbeitslosendersicherung übertragen werden soll. Zur Berathung darüber, in welcher Art bei dieser Zusammenstellung vorzugeben sei, und zur Feststellung der Gesichtépunkte, rah welchen die Zutjammenstellung des Materials 1u erfolgen habe, wurde auf Vorschlag des Vorsigenden ein Aus\{uß gewählt
Zuckerverbrauch in den VereinigtenStaaten von Amerika und în Europa.
Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika verbraucht jeyt (im Durc{schnitt auf den Kopf berechnet) actmal so viel Zucker wie im ersten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts. Seit 1850 bat sih der auf den Kopf der Bevölkerung entfallende Zueker- verbrauh, wie die im Reichsamt ded Innern berausgegebenen „Nachrichten für Handel und Industrie“ mittbeilen ver- viersaht und seit 1870 verdoppelt. In den legten ‘Jahren vor 1825 belief \sich der durchschnîttlice J den Kopf der Bevölkerung auf ungefähr 8 Pfund, in dem Jahrzebnt von 1840 bis 1850 auf ungefähr 16 Pfund, in den leßten Fahren vor 1870 (wenn man die Kriegsjahre außer Betracht läßt) auf ungefähr 32 Pfund, von 1870 bis 1880 auf 40 Pfund und von 1880 bis 1890 auf 50 Pfund. Im Iahre 1891 kam im Durchschnitt auf
66 Pfund; seit diesem Jahre hat die Zabl zwischen 62 und 68 Pfand geshwankt, im Jahre 1901 berechnete sich der Verbrau auf 684 Pfund auf den Kopf der Bevölkerung
Diese starke Zunahme des Zuckerverbrauchs hat sich nicht auf die
vielmehr, nah der Produklion zu s{licßen, in anderen Ländern cbenso aroi gewesen sein. Nach den kürzlich vom Statistischen Bureau der Vereinigten Staaten veröffentlichten Zablen war die Zuckervroduktion der Welt im Jahre 1900 mit 8 800 000 Tons rund achtmal so groß wie im Jahre 1840, in welchem sie nur 1 150 000 Tons betrug
Diese Steigerung der Produktion und folalich au des Ver- brauchs ist zum größten Theile auf die Eatwickeluna der Rüben- zuckerindustrie zurückzuführen. Während im Jahre 1840 nur 50 000 Tons Rübenzucker dbergestellt wurden, stieg die Ausbeute 1850 auf 200 000 Tons, 1870 auf 831 000 Tons, 1350 auf 1 402 000 Tons, 1890 auf 3 633 000 Tons und 1900 auf 5 950 000 Tons. Ja der- selben Zeit ist die Rohrwckerproduktion von 1 1000600 Tons im Jahre 1840 auf 2850000 Tons im Jahre 1900 angewachsen. Die Rüben lieferten im Jahre 1840 nur 4,35 °% der gesammten Zuker- produktion der Welt, im Jahre 1850 aber {hon 14,29 °%, ihr Äntheil stieg 1860 auf 2043 °/4, 1870 auf 34,40 °/%%, 1890 auf £370 °/4 und 1900 auf 67,61 %,
in der Nähe befindlichen hölzernen Gebäude niedergebrannt wor
Wie demselben Bureau aus La Guayra berichtet wird. | sollte der britishe Kreuzer „Charybdis“ geftern von Puerto |
Der auf den Kovf der Bevölkerung entfallende Zuckerverbraub ift in den Vereinigten Staaten von Amerika größer als in allen Le
Staaten nur 65,2 Pfund beitrug. Von anderen europäi Ländern hatte im Jahre 1900 die Schweiz einen Boten rauch von 60,3 Pfund auf den Kopf der Bevölkerung; in Dänemark betrug derselbe 54,8 Pfund, in Schweden und Norwegen 38,2 Pfund, in Frankrei 37,0 Pfund, in Deutschland 32,9 Pfund, in den Niederlanden 32,9 Pfund, in Belgien 23,3 Pfund, iu Oesterreih-Un arn 17,6 Pfund, in Portugal (mit Madeira) 14,7 Pfund, in ußland 140 Pfund, in Spanien 10,6 Pfund, in der Türkei 8,0 Pfund, in Rumänien 7,8 Pfund, in Griechen- land 7,2 Pfund und in Jtalien 6,1 Pfund.
— Zur Arbeiterbewegung. In Marseille hat der Ausstand der Schiffsleute (val. Nr. 293 d. Bl.), danf dem energischen IgeI der G e- hörden, feine weiteren Zwischenfälle verursacht. Auf den Quais herrschte gestern, wie „W. T. B.“ meldet, lebhafte Thätig- kcit. Ansammlungen wurden durch Patrouillen verhindert. Abends sprach sih eine Versammlung von etwa 6000 Marine- Neservisten zwar im Prinzip für die Fortseßung des Aus- standes aus, doch ließen fih viele Marine - Reservisten in die Listen der HLandelsmarine eintragen, und man glaubt, daß der Aus- stand bald sein CGnde erreichen werde. Die übrigen Arbeitergenossen- schaften erhielten eine Aufforderung, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die Frage des Gefammtausstandes soll von dem Ergebniß des Refe- U arManan geno werden.
Ueber weitere Ar eiterunruhen in Nostow am Don (val. Nr. 290 d. Bl.) .wird dem „W. T. B.“ berichtet, daß, h 6 Arbeiter der Wladikawkasbahn am Abend des 11. Dezember die Werkstätten verließen, einer der Nottenführer, der von den Arbeitern emporgehoben wurde, erklärte, die Arbeiter würden }ch weder beruhigen, noch sich fügen, solange ihre Forderungen nicht erfüllt wären. Die anwesenden Kosaken und Gendarmen wurden verlacht. Auf leßtere wurde aus der Menge ein Schuß abgegeben. Die Werkführer sollen si an 400 MNevolver verschafft haben. Man befürchtet für die kommenden Tage große Unruhen. Fn der Nacht wurden 26 NRädelsführer ver- haftet und von 60 Mann die Personalien festgestellt. Am nächsten
M0 wurden 100 Kosaken zum Schutze des Bahnhofs heran- gen.
Kunst und Wissenschaft.
Photographie in den natürlichen Farben.
__ A.F. In Nr. 5 des „R.-A.* vom 7. Januar d. I. ift unter der gleichen Ueberschrift von einem auésihtsvollen Verfahren der „, direkten Farbenphotographie durch Körperfarben“ berichtet worden, das Dr. N. Neuhauß- Groß-Lichterfelde während des Sommers des vorhergehenden Jahres bis zu einem Punkte ausgebildet hatte, an dem er die weitere Beihilfe der Forscher auf diesem Gebiet erbat. Um es kurz in das Gedächtniß zurückzurufen, bestand das Verfahren in Folgendem:
Lichtempfindliche Gelatine wird im Dunkeln mit einer sehr fonzentrierten Lösung eines Farbgemisches getränkt, das aus einer Anzahl äußerst wenig lichtbeständiger Farben besteht, deren jede einer Spektralfarbe entspricht, also etwa: Chlorophyll, Erythrosin, Uranin, Methylenblau, Rosa bengale, Thiazolgelb und Eotin. Zur Er- böhung der Lichtunbeständigkeit dieser Farben ist der Lösung Wasserstoffsuperoryd hinzugefügt, das erfahrungsmäßig die Wirkung hat, jene Farbstoffe durch Orydation sehr schnell zu zer- stören, also die Farben auszubleichen, vorausgeseßt, daß sie gleichzeitig stark belihtet werden. Diese so hergerihtete Gelatine besißt nach vorsihtiger Trocknung die Eigenschaft, wenn sie unter einem farbigen Tranéparentbilde in direkter Sonne belihtet wird, {on nah 5 Minuten ein den Farben des Transparentbildes genau entsprechendes farbiges Bild zu geben, das \ih durch Baden in einer konzentrierten Kupferfalz-Lösung firieren läßt.
__ Die Erklärung dieses Verhaltens der wie beschrieben präparierten Gelatine ist folgende: In der Gelatine ist auf Grund ibrer Zu- bereitung das Gemisch sämmtliher Farben vorhanden. Bei Be- lihtung einer etwa unter dem grünen Abschnitt des farbigen Tranéparentbildes liegenden Stelle reflektiert der in der Gelatine vor- handene grüne Farbstoff, das Chlorophyll, das grüne Licht und bleibt unverändert, alle übrigen an derselben Stelle liegenden Farbstoffe ver- s{lucken dagegen das auf sie fallende grüne Licht und werden durh dasfelbe unter Mitwirkung des vorhandenen Wasserstoff\uperoryds aus- gebleicht. Die betreffende Stelle wird somit grün gefärbt, weil nur der grüne Farbstoff unzerstört geblieben iît, u. i, f. jede andere Stelle entsprehend ter Farbe des gerade sie deckenden Abschnitts des farbigen Tranöóparentbildes.
: Vas geschilderte Verfahren war im Laufe des Jahres 1901 von Dr. Neuhauß bis zu dem Punkte gefördert worden, daß es gelungen war, die gleihe Wirkung wie vorstehend unter dem farbigen Tranéparentbilde eschrieben, ; auch in der photographischen Kamera wenigstens bei einigen Aufnahmen von Sonnenspektren zu erreichen. Theoretish muß die Wirkung der von den pbotographisch aufgenommenen Gegen- tanden ausgehenden farbigen Strahlen auf die wie beschrieben prä- parierte Gelatine ja genau dieselbe sein, wie unter dem Transparent- bilde. Es müssen also die grünen Objekte der Außenwelt si au rün abbilden, die blauen blau 2c, und wo Mischfarben vorbanden ind, müjjen au diese, entsprechend" dem Mischung#erhbältniß der Spektralfarben in ibnen, naturgetreu farbig herauëkfommen. Allein so weit war zunächst das Verfahren noch nicht geirert, und aus den
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gelungenen Versuchen mit der photogravbishen Aufnahme des Sonnen- spektrums ließ sich zunächst nur schließen, daß farbige Kamera-Auf- nabmen bei hohem Sonnenstande mit lichtstärksten Obiektiven noh
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| 9 Ma 2c Sp tar N ir . i [2 bis 3 Stunden erfordern würden, was praktisch auf die Unmöglichkeit
solcher Aufnahmen binauslief
einen Cinwohner der Vereinigten Staaten ein Zuckerverbrauh von |
Bevölkerung der Vereinigten Staaten beschränkt. die Steigerung dürfte |
Ländern mit alleiniger Ausnahme Gro britannlens, wo er im leiten Jahrzehnt zrrischéèn 85 und 91 Pfund s{hwankte und im Jahre
1900 fsih auf 916 Pfund belief, hrend er in den Vereinigten
In diesem Entwickelungöstadium der Erfindung präzisierte Dr. Neubauß zu Anfang des Jahres die für ibre weitere Ausbildung
J | nothwendige Unterstüßung anderer Forscher dabin: Es mükten unter Berbrauchß auf |
den nach vielen hunderten zählenden, bereits synthetish dargestellten Anilin-Farbstoffen, von denen er bisher nur 30 auf ibre Geeigncthbeit untersuchen konnte, solhe herausgefunden, event. neue Farbstoffe der Art svathetish dargestellt werden, die in noch höberem Grade lihtempfindlih, d. h. noch viel s{neller ausbleihend wären als die oben genannten bisherigen 7? Es müßten ferner Mittel gesudt werden, die den Prozci des Autbleichens womöglich noch mehr deschleunigten und noch wirksamer gestalteten als das Wasser- lloNsuperoryd, und endlih, cs müßten andere Fixiermittel als die Kupfersalze aufgefunden werten, weil diese sämmtlichen Farben einen Stich ins Grünliche geben, der die erzeugte Naturtreue der Farden wieder beeinträchtigt
Im Dezemberheft der „Photographischen Rundschau* berichtet nun De. Neuhauß ausführlih über die Fortseyung seiner Unater- suchungen. Troy des sehr ungünstigen Sommers bei fast bestän feblendem Sonnenschein sind doch neue wichtige Thatsachen festgestellt worden, die das Verfahren seiner praktishen Verwerthbdarkeit cinige Schritte näher brachten. Und zwar bestehen sie in der Licht- empfindlichkeits-Erböhung der früheren Farbenmishung durch E Zusäye und in einer neuen besseren Farbenfixierung an Stelle der Kupfersalze Leider hat die erbetene Unterstüßung anderer Forsher mit wenig Ausnabmen nahezu völlig versagt, \o- daß De. Neuhauß in dieser Richtung seine Bitte zu wiederholen genöthigt ift Dagegen ift von cinem der freiwill Genossen
der Arbeit, Professor Miethe, eine bedeutende Besclieun ung im Ausbleichen der Farben durch Ozon, also dur Zusay E âtherischer Oele, die später wieder ausgewaschen werden, in erster Linie Tetpentin, zu den Farbmischungen erreicht worden. Dur De. Neu-
dauß selbi wurde die 3 bi 30 Anilinfarben auf 66 arerh E auf Lichtcmpfindlichkeit
noch Eosin 1, Safrania F. Fectsvlenblan „Ae merkentwerihe Erfolge nur
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