1925 / 100 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Apr 1925 18:00:01 GMT) scan diff

Stellen für Gruppe 11 für den einfachen Dienst, die anteilmäßig mit Versorgungéanwärtern und Helfern beseßt werden. Erwägungen wegen Veberführung von Helfern, soweit sie dauernd erforderli find, in das Beamtenverhältnis schweben.

Um den Bedürfnissen der starken Entwicklung des Fernsprech- und Funfkwesens, des Maschinenwesens und des Kraftfahrdienstes zu genügen, steht in Aussicht, technisch vorgebildete Beamte in be- shränfter Zahl anzunehmen.

Durch Annahme von Telegraphenbaulehrlingen soll der Nachwuchs gesichert werden. Die Zunahme des Postkraftwagen- verfehrs macht die Einstellung von etwa 300 Beamten nötig.

Die Postagenten sind in leßter Zeit wiederholt auf- gebessert worden im Anschluß an die Erhöhungen der Beamten- besoldungen. Die Aeußerungen in der Fachpresse lassen eine gewisse Hufriedenheit mit der jeßigen Regelung erkennen.

Zu dem Antrage Müller (Franken) und Genossen auf Nr. 838,

die Reichsregierung zu ersuchen, alle in dauernden Dienstposten befindlichen Helfer bei der Deutschen Reichspost in das Beamten- verhältnis zu überführen, muß ich bemerken, daß wir dazu nicht die nötige Anzahl von Stellen baben und sie auch nicht ohne weiteres erhalten fönnen. Wir müssen au auf die Versorgungsanwärter und auf die Wartestandsbeamten angemessene Nücksiht nehmen. (Zustimmung im Zentrum und rechts.) Sm übrigen fahren wir mit der Ueberführung der Anwärter ins Beamtenverhältnis nah Kräften und Möglichkeit weiterhin fort.

e Verhaltnisse der zu anbeten Vexs waltungen übergetretenen Postbeamten haben sich zu meinem lebhaften Bedauern vielfah ungünstiger gestaltet, als wenn sie bei der Neichspost geblieben wären. (Zustimmung.) Eine Nücknahme der abgeaebenen Beamten ist nach Lage der Personalverhältnisse bei der NReichspost zwar unmöglich, aber was wir tun konnten und können, um unseren früheren Beamten zu allen ihren Rechten zu verhelfen, ist geschehen und wird weiter getan werden. Allerdings kann ih einen durchschlaggebenden Erfolg nur erreichen, wenn die Uebernahme- verwaltungen ein verständwisvolles Entgegenkommen zeigen. An Be- mühungen meinerseits. soll es niht fehlen!

Das Meichspostministeriuum beabsichtigt eine Erhöhung der Nachtdienstentshädigung auf 80 Pfennig für jeden vollen Nachtdienst unter Wegfall der Stundenentschädigung für Spät- und Frühdienst beim Reichsfinangministerium anzuregen, das für das ganze Neich federführend ist.

Dann ist erwähnt worden, daß die Abwesenheitsgelder für die Bahnpostbeamten unzulänglich sind. Diese Gelder werden an die Fahrbeamten nach festen Säßen gezahlt, deren Höhe sih nach der Dauer der Abwesenheit der Fahrbeamten vom dienstlichen Wohnsiß richtet.

Soweit hier bekannt, sind die Fahrer mit den jeßigen Säßen im allgemeinen zufrieden. Es wird lediglih angestrebt, die für die Ge- währung der Höchstsäße maßgebende Abawesenheitsdauer Herunter- zuseben. Hierüber schweben {hon Ermittlungen.

Wegen der Erhöhung der Mittel für Wohnungsfürsorge Habe i bereits erklärt, daß wir danit weiter fortshreiten werden, so- bald es unsere wirtschaftlihe Lage gestattet.

Die Abgebauten fallen unter die Beamtensiedlungsverord- nung; die Negelung wird vom Neich allgemein getroffen.

Die Beiträge für die Kleiderkasse, jeßt 4 der den Be- amten entstehenden Selbstkosten, sind ebenfalls für das Reich einheit- Iich geregelt. Das Sperrgeseß legt. uns da Fesseln auf. Das Schieds- gericht in Leipzig hat bereits in zwei Fällen sih gegen eine Erhöhung bei einzelnen Verwaltungen ausgesprochen. Die Frage der Erhöhung der Abwvesenheitsgelder, die der Abgeordnete Lucke angeshnitten hat, werden wir niht aus dem Auge lassen.

Der Antvag auf weitgehende Herabsekung der Arbeitszeit nah Vorschlag des Abgeordneten Torgler würde s{häßungsweise zirka 100 Millionen wenn niht mehr kosten. Er ist schon deswegen für uns niht durchführbar.

Zur Anregung, die Dienstzeitder Beamten allgemein auf 51 Stunden wöchentlih herabzuseßen, ist zu bemerken, daß dem der Kabinettsbeschluß entgegensteht, Es ist klar, daß bei einer Ver- waltung mit rund 250 000 im Betricbsdienst beschäftigten Kräften die allgemeine Herabsetzung des wöchentlichen Arbeitsmaßes eine Ver- stärkung um 4—6 Prozent, das sind 10000 bis 15 000 Kräfte, not- wendig machen würde; das wäre nicht wirtschaftlih. Die Herabseßung soll daher zunächst nur dort durhgeführt werden, wo besonders an- \strengende Arbeit vorliegt, dafür ist eine Personalverstärkung von durh- \hnittlih 2 Prozent zugestanden worden, die etwa 74 bis 9 Millionen Kosten vecursahen wird. Daneben kann, wenn keine Mehr- aufwendungen entstehen, das Arbeitsmaß auch sonst herabgeseßt werden, sebald die Ermäßigung für besonders anstrengende Arbeit überall durh- geführt ist. Die Verhältnisse beim Zustellpersonal liegen keineswegs gleihmäßig, die Unterscheidung zwischen den Verhältnissen in Groß- städten und anderen, kleineren Städten ist daher wohlberechtigt. Für das Bureau- und Aufsichtspersonal kommt die Herabseßung des Ar- beitsmaßes nur für besonders wichtige Stellen bei größeren Verkehrs- ämtern also niht allgemein in Frage.

Was die ungleihmäßige Verteilung der Unterstübßungs- mittel im Rechnungsjahre 1924 in den Bezirken Berlin und Karls- ruhe nicht Königsberg betrifft, so widerspricht ein solches Vor- gehen durchaus meinen Absichten, Die Angelegenheit ist inzwischen geregelt worden. Eine Schädigung der zunächst übergangenen Beamten ist nichk eingetreten. Auch sind Vorkehrungen getroffen, daß sich der- artiae unliebsame Vorkommnisse niht wiederholen.

Gegen die politische Agitation in Diensträumen haben wir bereits scharfe Verbote erlassen. Die gegen einen Zusteller erhobenen Anschuldigungen (ungehörige Bemerkungen über die Nepublik und den verstorbenen Reichspräsidenten) bei Zustellung einer Zeitung hat der Oberstaatsanwalt in Schneidemühl nicht als ausreichend zur Einleitung eines Strafverfahrens angesehen. Einstweilen ist Post- \schaffner Zank aus dem Zustelldienst zurückgezogen worden. Die Angelegenheit wird vom RPM. im Auge behalten. Die Angelegenheit beschäftigt auch den Preußischen Landtag.

Bezüglih der heute vorgetragenen Bemängelung der Ver- hältnisse bei der Kleiderkasse möhte ih noch erwähnen, daß die Verzinsung des überlassenen Betrages mit 8 Prozent, nun 7 Prozent, darauf zurückzuführen ist, daß es sich um Beamte handelt, die mehr Stoff bezogen haben, als es bestimmung&gemäß vorgesehen war. Diese Schuld, die sie deswegen bekommen haben, ist mit 2 Prozent unter dem jeweiligen Reichsbankdiskont zu ver- ainsen. Das ist eine allgemeine Regelung, nicht eine spezielle Re- gelung von uns. Für uns ist die Angelegenheit überhaupt keine

Geldfrage. Von den 200 Millionen Goldmark Fnflationsgewinn bei der Kleiderkasse ist mir nichts bekannt.

Die Höchstaltersgrenze von 5 Jahren beim Telegraphenbau besteht in der Tat. Das ist normal, aber es kann auch bis zu 30 Fahren gegangen werden. Eine Grenze muß sein; denn die Leistungsfähigkeit des Personals beim Telegraphenbau muß gesichert sein.

Der Herr Abgeordnete Körner hat auf Zusammen- arbeitaller Dienststellenhingewiesen. Er hat mir ganz aus dem Herzen gesprochen. Es wird ihn interessieren, wenn ih auf meine Ausführungen bei Eröffnung der dritten post- und telegraphenwissenschaftlihen Woche Bezug nehme. Fch habe vor etwa 400 Postbeamten aus allen Gegenden des Reiches folgendes erklärt: Mehr als je ist es erforderlih, daß wir uns stets in enger Gemeinschaftsarbeit zusammenfinden. Fn dieser Beziehung gibt es keinen Unterschied zwishen Verwaltung und Betrieb, zwischen Vorgeseßten und Untergebenen, zwischen Verwaltungschef und nachgeordnetem Personal! Denken Sie stets daran, daß wir alle durch eine Schicksalsgemeinschaft miteinander verbunden sind!

Von verschiedenen Rodnern ist über mangelhafte Po st - beförderung geklagt worden. Der Postbeförderungsdienst krankt noch darunter, daß die Eisenbahnzüge noch nicht die Zahl und die Fahrgeschwindigkeiten der Vorkriegszeit erreiht haben. Wir sind ständig bemüht, Verbesserungen im Postbeförderungs- dienst herbeizuführen. Aus Aeußerungen der Oberpostdirektionen über die Auswirkungen besonderer Maßnahmen, die im Dezember von hier aus angeregt worden sind, ist zu erkennen, daß eine wesentliche Besserung eingetreten ist. Hierbei ist der den Ab- fertigungs- und Bahnpostbeamten erteilte planmäßige Unterricht von großem Vorteil gewesen. Bei einem solch großen Apparat, wie die Reichspost, werden sich an einzelnen Stellen immer noch Mängel zeigen. Wir gehen den einzelnen Klagen, die gegen früher übrigens erheblih nachgelassen haben, nah und sorgen für Abhilfe.

Bezüglih der Orts- und Landzustellung kann ih nur wiederholen, daß uns dieser Dienstzweig besonders am Herzen liegt. Die Klagen über die späte erste Zustellung in Berlin haben mich veranlaßt, shon vor einiger Zeit die Oberpostdirektion mit einer gründlihen Nachprüfung der Zustellverhältnisse zu beauf- tragen. Mein Ziel is, die erste Zustellung möglichst zu be- schleunigen und so zu regeln, daß sie innerhalb von zwei Stunden, von Beginn ab, beendet ist. Jn den Nachtzügen, die des Morgens in Berlin eintreffen, werden die“ Briefsendungen dur besondere Ortssortierer bereits nah Zustellbezirken verteilt, so daß sie gleich nah der Ankunft den Zustellämtern zugestellt werden fönnen. Dadurch wird die Zustellung wesentlih beschleunigt. Es ist des- halb au sehr wichtig, worauf ih auch an dieser Stelle aufmerksam machen möchte, daß die Absender in den Sendungen nah Berlin die Nummer des Zustellamtes angeben.

Der Reichsbahn, den Kleinbahnen und den Privatkraftfahr- unternehmungen macht die Reichspost grundsäßlich keinen schädigenden Wettbewerb. Bei den Kleinbahnen, die sich vielsah völlig unzulänglih in den Verbindungen für Personen- und Post- sachenbeförderung zeigen, füllt die Reichspost mit den Kraft- posten hier und dort höchstens große Lücken aus, die der Eisen- bahnfahrplan offen läßt.

Jm Kreise Siegen liegt der vom Herrn Abgeordneten Dr. Raschig erwähnte Fall nicht so, daß die Post darauf aus-

gegangen ist, dem Kreise Siegen Wettbewerb zu bereiten, sondern

der Kreis hat sich mit einem neu von ihm gegründéten Unter- nehmen in die von langer Hand vorbereiteten und kurz vor der Verwirklichung stehenden Pläne dex Reichspost hineingedrängt. Was dèn Fahrpreis anlangt, so mußte die Post dem Vorgehen des Kreises wider Willen folgen und auf 5 Pfennig je Kilometer heruntergehen. Für Arbeiter- und Schülerwochen- karten werden mit der üblihen Ermäßigung von 50 vH nur 214 Pfennig je Kilometer erhoben. Weitergehende Er- mäßigung besteht nicht. Eine Fahrpreisermäßigung bei Urlaubsreisen der Postbeamten kann nicht zugestanden werden. Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Beschaffung der Fahrräder durch die Post insofern nicht rihtig sei, als nur bestimmte Firmen herangezogen würden. Das entspricht niht den tatsählihen Verhältnissen. Die Entscheidung, von welchen Firmen oder Händlern die Räder zu beziehen sind, treffen die Besteller in der Hauptsache selbst. Das Verfahren hat sih bewährt. Mehrfach wurde dann zur Sprache gebracht, daß die Post mehr als bisher das Handwerk und den Mittelstand bei der Vergebung von Arbeiten berücksihtigen solle. Jh hebe hier hervor, daß wir bereits nah diesen Grundsäßen verfahren. Unsere Krastwagen- und Fahrräderreparaturwerkstätten usw. werden nur insoweit aufrechterhalten, als dadurch Einfachheit und Schnelligkeit der Jnstandseßung gewährleistet ist. Fn größeren Dienstgebäuden und Dienstbetrieben müssen einige handwerklih vorgebildete Leute, z. B. ein Schlosser, vorhanden sein, damit sie das Gerät unter anderen auch Heizung und Beleuhtung über- wachen und kleine Ausbesserungen rechtzeitig ausführen können.

Herr Abgeordneter Dr. NRaschig hat weiter ein sehr betrüb- lihes Bild von den Leistungen und Einrichtungen der Post gegeben. Er hat unzweideutig zum Ausdruck gebracht, daß Leitung und Organisation nicht genügen, mindestens niht auf der Höhe seien, daß der große Stephänsche Zug fehle und es mit der Post rückwärts gehe. „Groß im Kleinen“ hat er dann einé erkleckliche Anzahl von Einzelfällen mitgeteilt. Er möge mir verzeihen, wenn ih auf Einzelheiten nit eingehe, und möge es auch meiner nach 40jähriger Dienstzeit sozusagen festgestellten Laienhaftigkeit zugute halten (Heiterkeit), wenn ih mir den Rat anmaße, diese Dinge dort an den Mann zu bringen, wo die Fehlerquelle am leichtesten ermittelt und wo Abhilfe getroffen werden kann. Im Reichstag wird das wohl nicht gut gehen. (Sehr gut!)

Die Meinung des Herrn Dr. Raschig, daß gar nichts geschehe, um die Einführung des Rundfunks im beseßten Gebiet zu erreichen, obwohl sie doch ganz leiht sei, ist nicht richtig. Er selbst sprach ja {hon von den harten Strafen, die Leute zudiktiert erhalten, die sich gegen das Verbot auch nur ganz entfernt vergehen. Es wird von unserer Seite aus unausgeseßt verhandelt, um das erstrebte Ziel zu erreichen, bisher leider ganz erfolglos; und erst gestern teilte mir ein Mitglied dieses Hauses aus der Pfalz mit, daß seine persönlichen Bemühungen gescheitert seien. (Sehr richtig! bei der Bayerischen Volkspartei.) Herr Ge- heimrat Dr. Bayersdörfer hat mir erzählt, es sei nicht einmal den Delegierten gestattet, daß sie eine Antenne oder einen Empfangs- apparat einrihten. (Hört, hört! und Zustimmung.)

Daß die Abstempelung der eingehenden Briefe zu Konirollzweckten keine Kosten und keine Zustellverzögerung ver- ursachen soll, ist eine Véeinung des Herrn Dr. Raschig, in der ih ihm ganz und gar nicht zu folgen vermag.

Bei seinem WVergleih des deutschen Fernsprechtarifs mit denen anderer Länder hat Herr Abgeordneter Dr. Raschig angenommen, daß ein Teilnehmer im Durchschnitt 5000 Gespräche im Jahre führe. Das ist viel zu hoch. Jn Deutschland erreichen nur 5,4 % aller Teilnehmer diese Gesprächhszahl. (Hört, hört!) Durchschnittlih entfallen auf einen Hauptanshluß nur 1131 Ge- spräche. Legt man diese Zahl bei Berechnung des Einzelgesprächs nach den ausländischen Tarifen zugrunde, so ergibt sih ein wesentlih anderes Bild Ein Gespräch kostet dann je nah der Größe des Ortsnebes in Belgien 6 bis 8 Pfennig, in Dänemark 21 Pfennig, in England 17 bis 30, in Frankreich 6 bis 13, in Jtalien 5 bis I in den Niederlanden 6 bis 13, in Oesterreich 3 bis 11, in Schweden 7 bis 8, in der Schweiz 13 bis 15, in der Tschechoslowakei 5 bis 13 Pfenrâg. Ferner muß berüdsichtigt werden, daß fast alle Länder bereits für Anschlußleitungen von 2 oder 3 Kilometer Länge. erheb- liche Zuschläge erheben, während dies in Deutschland erst von 5 Kilos- metern an erfolgt. (Hört, hört!) Mit den Fernsprehverhältnissen in Deutschland stimmen am besten die englishen überein. Gegen- über den englischen Fernsprechgebühren find die deutschen aber niedrig. Die deutschen Fernsprechgebühren sind für die Teilnehmer, die nur wenig Gespräche führen, sogar niedriger als vor dem Kriege. Solche Anschlüsse decken die Selbstkosten der deutshen Reichspost aber nicht. Zum Ausgleih müssen deshalb diejenigeu Teilnehmer beitragen, die, ihren Fernsprehanshluß häufiger benußen. Wenn der Herr Ab- geordnete Seppel auch für die wenig \sprehenden Teilnehmer noch eine Gebührenermäßigung verlangt, so läßt sich dem nicht folgen.

Die Deutsche Reichspost hat für die Anschlüsse {hon jeßt hohe |

Zubußen zu leisten, die nicht noch mehr vermehrt werden können. 65 % aller Teilnehmer gehören zu den wenig Sprechenden. Eine Gebührenermäßigung bei diesen Teilnehmern würde eine stärkere Anspannung der schon ohnehin sehx in Anspruch genommenen Viel- \sprecher zur Folge haben, was nicht zu rechtfertigen wäre.

Es ift weiter hervorgehoben worden, daß die Belastung mik Fernsprehgebühren, die von einer Gruppe der elektrotechnischen Industrie mit 0,3% des Umsaßes angegeben worden is, im Ver- hältnis zur Umsaßsteuer sehr hoh sei. Dabei ist aber nicht be- rüsichtigt worden, daß der Fernsprecher ein unentbehtlihes Rüstzeug der Betriebe bildet und daß die Deutsche Reichspost beträchtliche Leistungen für die zu zahlenden Gebühren darbietet, die mit einer Steuer nicht verglichen werden können. Der für den Fall einer Ermäßigung der Grundgesprähsgebühren auf 5 Pfennig genannte Einnahmeausfall von 141 Millionen Reichsmark ist in der Annahme berehnet worden, daß die jeßige Gesprähszahl unverändert bleibt. Bei der allerdings zu erwartenden Zunahme des Verkehrs werden sich.

die Verhältnisse für die Deutshe Reichspost. aber keinéswegs befsér

stellen, sondern im Gegenteil wesentlih shlechter. Der Saß „großer Umsab, kleiner Nußen“ trifft für den Fernsprehverkehr ganz und gar nit zu. Die kostspieligen Fernspreheinrihtungen und das Personal zu threr Bedienung können immer nur insoweit bereit

gestellt werden, als der Umfang des Verkehrs es erfordert. Jeder.

Verkehrszugang erfordert neue hohe Kosten. 5 Pfennig können au bei stärkstem Verkehr die Selbstkosten eines Ortsgesprächs nicht deen.

Bei einem solchen Tarif würde jeder Verkehrszugang nur das Defizik

erhöhen.

Ganz irrig ist die Annahme, die hohen Fernsprechgebülhren hätten die Teilnehmerzahl erheblich verringert: Im Gegenteil sind in den leßten Jahren so viel Teilnehmer hinzugetreten wie nie vorher. Die Höchstzahl hat das Jahr 1924 mit 117 000 Hauptanschlüssen ge- braht. Gegenwärtig liegen noch über 50000 Anmeldungen auf Neuanschlüsse vor, die wegen des großen Umfangs der Arbeit noch niht haben hergestellt werden können. Der für die Wenigsprecher niedrige Tarif begünstigt das Anwachsen der Anschlüsse, Eine Abo nahme der Anzahl der Anschlüsse ist nirgends eingetreten. Die Klagen des Herrn Abgeordneten Lucke über die Unzuverlässigkeit der Gesprächszählung im Ortsverkehr auch Herr Abgeordneter Harmony hat davon gesprohen können nicht als berechtigt an- erkannt werden. Die Deutsche Neichspost hat die nötigen Maßnahmen getroffen, um Fehler bei der Gesprähszählung nah Möglichkeit aus- zuschließen. Sie hat namentli eine sorgfältige Ausbildung des Ver- mittlungspersonals und eine ständige wirksame Ueberwahung des Betriebes veranlaßt. Die Vorgänge beim Zustandekommen der Ver- bindung und ihrer Trennung werden in weitem Umfange sogar geheim, d. h. ohne Wissen des Bedienungspersonals und der Teilnehmer, überwacht. Das ist die einzige geheime Ueberwachung. Diese Beobs achtungen umfassen viele Hunderttausende von Fällen. Die durh- aus einwandfreien Ergebnisse gestaîïten ein zuverlässiges Urteil darüber, in welhem Maße sich die verschiedenen Fehlermöglichkeiten der Ver- bindungen auswirken. Ueberall bleiben die der Deutshen Reichspost zur Last fallenden Zählfehler im Durchschnitt unterhalb des dafür in der Fernsprehordnung vorgesehenen Nachlasses. Es liegt deshalb kein Grund vor, das Zählverfahren zu ändern oder einen größeren Ab- zug als 5 % für die Falschzählung einzubeziehen. (Zuruf links: Doch!) Nach Ihrer Meinung!

Was die Einziehung der Fernsprehgebühren an- langt, so ist zu berüfsihtigen, daß es sch hier im Gegensaß zu Posts und Telegraphengebühren um Vergütungen für bereits ausgeführte Leistungen handelt, die vielfah schon erheblihe Zeit zurüdliegen. Um Härten zu vermeiden, ist angeordnet worden, daß Teilnehmer, die ihre Gebührenshuld nit innerhalb einer Wochen beglichen haben und bei denen die Zahlungsversäumung nicht zur Gewohnheit geworden ist, nochmals erinnert werden, wobei ihnen auf Ansuchen in der Negel eine weitere kurze Frist gewährt wird. Außerdem wird begründeten Ans trägen auf Stundung oder Teilzahlung unter der Bedingung ents- sprochen, daß der Teilnehmer die Zinsen und Verwaltungskosten trägt, wenn dadurch die Forderungen der Reichspost nit gefährdet werden,

Dem Wunsche des Herrn Abgeordneten Körner, bei Einführung des Selbstanschlußbetriebes das flahe Land besonders zu berüsihtigen, wird entsprohen. Bisher sind {on 140 felbsttätige kleine Landzentralen in Betrieb genommen. Wir hoffen, in diesem Jahre weitere 400 herstellen zu können. Wenn die verfügbaren Mittel es zulassen, wird damit in den folgenden Jahren möglichst schnell fort gefahren werden.

Die Forderung mch Ueberparteilihkeit des Rund- funk s wird dur die Richtlinien für den Nachrichten- und Vortrags« dienst der Sendegesellschaften erfüllt, die einen wesentlichen Bestand« teil der Sendekonzessionen bilden, die vom Reichskabinett bereits ges billigt sind. Ja diesen Richtlinien heißt es:

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Der Rundfunk dient keiner Partei. Sein gesamter Nachrichten- und Vortragsdienst ist daher streng überparteilich zu halten. Die Ueberwachung liegt den politischen Instanzen ob, niht mir. Jch selle fest, daß der Herr Abgeordnete Seppel uns den Vorwurf macht, wir wären mit unserer Gebührenermäßigung im Jahre 1924 gu voreilig gewesen, infolgedessen ständen wir jeßt unter einem gewissen finanziellen Druck. Die Herren Abgeordneten Körner, Allekotte und Morath sind der Meinung, daß unter Berücksichtigung der gesamten Finanzlage der Post von einer Gebührenermäßigung in absehbarer Zeit nicht die Nede sein könne. Ich befinde mih mit diesen Herren durh- aus in Uebereinstimmung, was ih in meinen Eingangsworten gestern bereits ausgeführt habe. y Die Herren Abgeordneten Körner, Allekotte: und Harmony, ebenso wie der Herr Abgeordnete Morath haben ihre Meinung dahin kund- gegeben, .daß das Reichspostfinanzgeseß zunächst nicht geändert werden soll. Es seien erst weitere Erfahrungen zu sammeln. Die Angelegen- beit wird übrigens, wie {on ausgeführt worden ist, im Verkehrs- aus\huß noch des weiteren erörtert werden. Dann wird auch dec Ans trag Leicht seine Erledigung finden sowie auch die anderen Anregungen. Auf verschiedene Anfragen, ob wix nicht bald einen Ueber \chuß an das Reich abführen könnten, möchte ih antworten, daß. wir boffen, in näherer Zeit einen Betrag, wenn er vielleicht auch noch so Fein sein mag, an das Reich abzuführen, . vorausgeseßt natürlich, daß unsere wirtschaftliche Lage einigermaßen stabil bleibt. Mit dem Herrn Abgeordneten Körner hoffen auh wir, daß die

Negelung der Abfindungen an Bayern und Württem-

berg im Laufe des Jahres zu einer alle Teile befriedigenden Lösung Xommen wird. Die Verhandlungen hierüber werden nicht von uns, sondern von der Reichsfinanzverwaltung geführt, die Post ist dabei nur die zahlende Stelle. |

Wie man aus meiner Stellungnahme hinsihtlih des Ausdrucks Forderungen", im Gebrauh von Beamtenvertretungen gegen- über dem Minister, einer Stellungnahme, bei der ih übrigens bleibe, eine cause célèbre machen fonnte, ist mir unverständlih. Von einer Seite is im Haushaltsausshuß so ungefähr gesagt worden, man könnte in mir dieserhalb so etwas wie einen typishen Repräsentanten des alipreußishen Systems erblicken. (Heiterkeit.) Wenn nun mein Streben nach Ordnung, nach verständiger Einordnung und Unter- ordnung, mit diesem System gleih ist, kann ich die mir zuteil gewordene Bezeichnung nur als Anerkennung begrüßen. (Bravo! rechts und im Zentrum.) Im übrigen hätte ich es mir in meinen jüngeren Jahren niemals träumen lassen, daß ih jemals als Vertreter des altpreußishen Systems figurieren würde. (Heiterkeit.) Ganz entschieden muß ih mich vagegen wenden, daß mir Förderung, des Kastengeistes, Kasernenhofton und. Ueberheblichkeit zum Vorwurf gémacht wird. Gerade das Gegenteil ist richtig. Nicht nur in camera caritatis, sondern anderswo, in öffentlihen Reden, bin ih längst hon gegen den Kastengeist zu Felde gezogen, und kein einziger der Hunderttausende, die mir unterstellt sind, kann mir mit Recht nacsagen, daß ih ihn ungeziemend oder gar überhebend behandelï Habe. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) Wer etwas anderes sagt und das beweisen kann, der trete vor. Ich stehe ihm Nede und Ant- wort; überall und zu jeder Zeit. (Bravo! rets.)

Herr Abgeordneter Seppel hat mir die Mahnung zugerufen: Herr Minister, hätten Sie dies und jenes lieber niht gesagt. Jch danke ihm für diese fürsorglihe Gesinnung und den aus ihr sprechenden wohlmeinenden Rat. Ich gestehe, ih habe mir manchmal gesagt: eigentlih wäre es auch genügend, vielleiht auch klüger, wenn ih die Anträge der Personalvertretungen ill entgegennähme und eine Aus- sprache oder Stellungnahme ganz unterließe. Vielleicht werde ich das in Zukunft auch dann und wann tun. Aber wenn ih es für nötig halte, werde ih auch fürderhin das sagen, was die Gelegenheit erfordert, was mir Pflicht, Vernunft und auch das Herz gebieten. (Bravo! rechts und im Zentrum.)

Ob der Herr Abgeordnete Seppel dem Beamten, dessen endliche Beförderung zum Referenten für das untere Personal er gestern hier wffentlih befürwortet hat, einen guten Dienst erwiesen hat, mag dahingestellt bleiben. Jch hätte es für richtiger gehalten, darüber im engsten Kreise zu sprehen. Nun muß i hier dazu Stellung nehmen, und das geschieht wie folgt: Der in Betracht kommende Beamte, dessen Qualitäten ih gern anerkenne, ist seinerzeit ohne die vor- geschriebene Prüfung in den gehobenen mittleren Dienst übernommen worden. Vorzugsbeförderungen in den höheren Dienst hinein können meiner Auffassung nach nur bei ganz hervorstehender, ausgezeichnetster Qualifikation und Eignung vertreien werden. (Zu- stimmung rechts und in der Mitte.) Für Konzessionsbeförderungen mit Nücfsiht auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten großen Personalgruppe oder Organisation oder politishen Partei kann ih mich nun einmal nicht erwärmen, (Bravo! und Zustimmung rets

und in der Mitte.) Der betreffende Herr wird also, sofern er niht_

die dienstälteren, bestqualifizierten Beamten seiner Gruppe weit über- ragt, solange er die vor ihm stehenden Beamten des höheren Dienstes mit ausgezeichneter Qualifikation niht offensihtlih überragt, im normalen Dienstbeförderungsgang seiner Gruppe sein Fortkommen finden. (Sehr richtig! in der Mitte.)

Der Herr Abgeordnete Seppel hat dann am Schlusse seiner Ausführungen mir empfohlen, ich möge mich auch den unteren Beamten wohlgesinnt zeigen, damit ich deren Vertrauen zurük- gewinnen kann. Wenn das so ist, dann kann ih beruhigt sein; dann kann ih au das Verirauen des unteren Personals nie verloren hoben. Denn ih bin diesen Beamten stets bis auf den heutigen Tag nit nur wohlgesinnt gewesen, sondern ih habe diese Wohlmeinung auch Träftigst in die Tat umgesehßt, oft genug unter s{chwersten Kämpfen. Das werden verschiedene der Herren wissen. So wird es auc bleiben, solange ich zu amtieren die Ehre habe. Dixi! (Beifall und Heiterkeit rechts und in der Mitte.)

Abg. Lei ch t (Bayr. Vp.): Alle Beschwerden in dieser Debatte haben einen freundlichen Ton gehabt, Felbst die des u Medners. (Heiterkeit.) Der Postminister is kein Diktator Germaniae, bagut hat er niht die Macht, es sind ihm Grenzen ge- ogen, namentlich durch den e und dem Spar- ommissar. Der Postminister kann niht immer so wie er will, Man muß anerkennen, daß die Post sich jeßt [Bn finanzierct und jogar Rüdlagen machen kann. Man darf die Post aber nicht wide gla nennen, weil sie wirtshaftlich zu arbeiten versteht, denn sie berücsihtigt au die Kulturinteressen. Es ist anzu- erkennen, daß sie auch für das platte Land sorgt. Alle Wünsche hat der Minifter gelassen entgegengenommen; de man aber sein Wohlwollen E die Beamten anzweifelt, hat ihn bis ins Herz ge- troffen. Dieser Breite ist vollkommen unberechtigt. dels Raschig hat eri dem Minister den In Generalpostmeijter Dehn als Muster vorgehalten; diejen Vergleih braucht der Minister nicht zu sheuen. Es ist mir zweifel aft, ob Herr Raschig an derx Spive dex Poft das Jdeal erreichen könnte, große Ueberschüsse an

das Reich abzuführen. Das Krastfahrwesen könnte vielleiht noch

besser zugunsten des platten Landes organisiert werden durch Aus- bau von Linien in manchen Gegenden. Der Rundfunk soll über- parteilih sein, aber doch wohl nicht nah russischem Musier. (Heiterkeit. Widerspruh bei den Kommunisten.) Die Post- agenturen aue dem Lande haben eine Erhöhung der Ent- shädigungen bekommen, aber es fönnte dabei noch mehr die Ent- wertung des Geldes berüsihtigt werden. Für die Sonntags- bestellung ist mir die Einrichtung in Bayern geradezu ein Muster für ganz Deutschland. Diese Durchführung der Sonntagsruhe wücde sh in wenigen Fahren in ganz Deutschland einbürgern fönnen, ohne daß dann noch jemand Anstoß daran nehmen würde, Die Wartegeldbeamten warten mit Sehnsucht auf ihre Wiederein- stellung. Die Entschließung, wonach dem Reichstagsausshuß der vollständige Etat der Postverwaltung vorgelegt werden möge, be- e ih mit Freude; wir müssen dadurch genauen Einblick er- halten, wenn auch anzuerkennen ist, daß der Verwaltungsrat eine gute Einrichtung ist. Die einzelnen Beschwerden über Brief- verspätunaen usw. sollte man nicht, wie der Abgeordnete Rasckig, hier im Reichstag vorbringen, sondern bei der Stelle, die Abhilfe {afen kann, der Oberpostdirektion. (Beifall.) : :

Abg. Henning (Dt. Völk): Wir wollen die Angelegenheit Hoefle hier nidt im einzelnen besprechen, es ist eine Sache der Staatsanwaltschaft. Der Üntersuchungsauss{uß des Reichstags wird aber im Volke als Verscbleierungsaus\ckuß bezeichnet. Wir möchten nur erfahren, ob die von der Post ausgeliehenen Gelder verloren sind oder nicht. Wir sind dagegen, daß die Postaelder an die Reihs- bank fließen; wir haben fein Vertrauen zum Reichsbankpräsidenten Schacht. Die Reichébänk ist jebt nur noch ein Privatinstitut und nit geeignet für die Verwaltung der Postgelder. Dr. Schacht ist nichts anderes als iroendein anderer Direktor eines kapitalistiscen Bankunternebmens. Die verfügbaren Geldbestände der Post follten vielmehr dem Gewerbe und der Landwirtschaft für Kredite zur Ver- fügung gestellt werden. Der Postminister muß sich das Vertrauen der Bevölkerung erhalten. Er muß seine Beamten paritätisch au@wählen und mit ungeeianeten Elementen aufraumen. (Widerspru links.) Das System Severing hat ledio®® nah politischen Gesihtépunkten Beamte geschaffen, die die alte preußische Ordnung und Sorafalt korrumpiert haben. (Widerspruch links.) Die von der Post zur Finanzverwaltung übergetretenen Beamten stehen vielfa \{lechter, als sie bei der Post gestanden haben, obwohl ihnen dia feste Zusicherung geaeben war, daß sie keine Verschlehterung erfahren sollen. Jn diesen Fällen muß ein Ausgleich gesckaffen werden. Wir werden beim Finanzetat nochmals darauf zurükkommen. Wir dürfen es nidt dazu kommen lassen, daß diese Beamten ihre vor- gesehte Behörde verklagen müssen, um vor Gericht zu ihrem unzweifelhaften Recht zu kommen. Redner führt Beschwerde über die Verhinderung einer privaten Autobuêlinié dur die Post in Dsna- brü. Die Post habe erst eine Postlinie eingerichtet, um die Privat- gesell haft faputt zu machen. Redner bringt ferner aus dem Barmat- Aus\chuß zur Sprache, daß das Auswärtige Amt Barmat Telephon- verbindungen zur Verfügung gestellt habe, die niht über die Fern- sprehämter gegangen seien. In der Inflationszeit habe die inter- nationale Börsenwirtshaft ein aanges Spinnenneß von Telephon- verbindungen, die sich der Kontrolle der Aemter entzogen, gehabt und zur Vermittlung von -Devisengescäften benußt. Die Neichsvost hätte das Recht gebabt, diese Dinge zu überwachen. In dieser Weise sei das deutsche Volk auêsgepowert worden und die Reichspost habe dabei

_ Helferhelferédienste geleistet. (Beifall bei der Deutschvölkischen Ver-

* einigung. Lärm bei den Sozialdemokraten.)

Aba. Strasser (Nat. Soz.): Die antikapitalistisden Sozgial- demokraten haben diese fkapitalistiscke Wirtschaft der Barmat und

Genossen verteidiat. (Lärm bei den Sozialdemokraten.) Die Stellen-

besekung ist nah den Grundsäken der Revolution erfolgt. Die Post- agenten müssen cine höhere Entschädiqung erhalten; der Minister muß einsehen, daß eine ungenügende Bezahlung unwirtschaftlih ist. Die Unordnung in Preußen hat allerdings das Berufêbeamtentum

ruiniert. Der Fall Hoefle darf durh dessen Tod nicht für erledigt

gelten; wir werden niht ruhen und rasten, bis alle diese üblen Dinge klargestellt sind. (Lärm bei den Sozialdemokraten.) Jh habe ein so kräftiges Organ, daß Sie mich niht übertönen können. (Heiterkeit.) Daß gerade von sozialdemokratiscker Seite Vorwürfe gegen den Rundfunk erhoben werden, ist verwunderlih angesihts der Tatsache, daß Herr Heilmann seine geshäftstüchtigen Schieberfinger auch auf den Rundfunk ausgestreckt hatte. Der Nundfunk muß von jüdischen Einflüssen freigehalten werden.

Das Ministergehalt wird bewilligt. Damit ist die Be- ratung des Post etats erledigt.

Die Genehmigung zur Strafverfolgung einer Reihe von Abgeordneten wird versagt.

Das O! Uebereinkommen über den Eisenbahnfrahtverkehr wird in erster und zweiter Beratung angenommen.

Nächste Sitzung, Donnerstag 2 Uhr: Erklärung des Finanzministers über die Steuer- und Aufwertungsgeseßte; Haushalt des Reichswirtschaftsministeriums.,

Schluß 5 Uhr.

Preußischer Staatsrat. Sizung am 29. April 1925. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Der Staaksrat stimmte einer Reihe von Entwürfen ohne Aussprache zu, so der Verordnung, die die Geltungsdauer des Polizeikostengeseßes bis zum 31. März 1926 ver- längert. u dem Erlaß über den Privatunterricht in der Musik wurde in den Abschnitt „Privatmusiklehrer“ eine Be- stimmung eingefügt, die besagt, daß, wenn die erforderliche Vorbildung sowie die sittlihe Zuverlässigkeit nachgewiesen ist, die Unterrichiserlaubnis nicht verweigert werden darf.

Der Beschluß des Staatsministeriums über die Richtlinien für die Lehrpläne der höheren Schulen Preußens wurde zur Kenntnis genommeù, ebenso die Ausführungsbestimmungen des Kultusministers zu der reichsgeseßlichen Bestimmung über die Grundshulen, wonach besonders leistungsfähige Schüler hon nah drei Jahren zur Aufnahme in die mittlere oder höhere Schule zugelassen werden können.

Zustimmung fand ferner der Entwurf über Aenderungen des Beamtendiensteinkommensgeseßes usw., der sich nötig gemacht hat, um ‘eine unterschiedlichhe Behandlung der Beamten des beseßten und unbesezten Gebietes zu vermeiden. Der Staatsrat nahm Kenntnis von dem Beschluß über die Verstaatlihung der Polizeiverwaltung Solingen und seßte zum Schluß an die Stelle des ausgeschiedenen Staats- ratsmitgliedes Garbe den bisherigen Stellvertreter Landrat Hähnse, Neuhaldensleben (Soz.), ein. Als dessen Stellver- treter tritt neu in den Staatsrat ein der Stadtverordneten- vorsteher Stollberg aus Burg bei Magdeburg.

Nächste Sitzung: Donnerstag 11 Uhr.

Preußischer Landtag. 34. Sizung vom 29. April 1925, Mittags 12 Uhr. (Berickt des Nachrichtenbüros des Vereins deutsher Zeitungsverkeger.)

Eine Rei von mündlichen Berichten des Geschäfts- ordnungsausshusses wird zunächst ohne ups erledigt; se haben die Einstellung von Strafverfahren zum Gegenstand.

ach weiterer Erledigung einer Reihe von Eingaben tritt das

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Haus in die politishe Aussprache zur Regies rungserfkflärung. ein. Die Redezeit beträgt für jede Fraktion 1/4 Stunde.

Abg. Le i d (Soz.) erklärt es für auffallend, daß auch die Deutsce Volkspartei, die dreieinhalb P eits die Politik der aroßen Koalition kräftig gestüßt hat, sich s{ließlid dem Diktat der Deutschnationalen gefügt und zu ihr in eine völlige Abhängigkeit geraten sei. Demgegenüber tritt die Sozialdemokratie mit aller Kraft für die preußische Republik ein, der sie au einen sozialen Jnhalt geben will. Der Redner verliest im Anschluß an seine Aus- führungen namens der sozialdemokratishen Fraktion, eine Erklärung, in der dem Kabinett Braun-Severing das Vertrauen ausgesprohen und ferner der Hoffnung Ausdruck gegeben wird, daß es ihm gelingew werde, eine aftionsfähige Regierung zu bilden, und daß sie alle durch die Verfassung gegebenen Mittel zu diesem Zwecke in Anwendung bringen wird. Die Sozialdemokratie vertraut darauf troy der Hindenburgwahl, die eine bloße Stimmüngswahl gewesen sei; sie fürhtet einen neuen Wahlgang nicht, sie wird den Kampf für die Nepublik auch auf diesem Wege aufnehmen. (Stürmischer Beifall bei den Sozialdemokraten, große Unruhe und Gelächter rechts.)

Abg. Lüdicke (D. Nat.): Troß dieser wichtigen Verhandlung ist die Ministerbank ler geblieben. Ist so etwas ¡emals im alten Staate Preußen vorgekommen? Nach der gestrigen Erklärung des Ministerpräsidenten Braun untersceidet sih das gegenwärtige, am 20. Februar gestürzte Ministerium Marx in seiner Zusammenfeßung nur dur die Person an der Spiße des Kabinetts. Glaubt Herr Braun, lebt mit diz:sem Ministerium eine günstigere Aufnahme au finden, nachdem er an die Stelle von Marx getreten ist? Der Krise muß ein Ende gemacht werden, das fordern auch wir, nahdem wir seit dem 7. Dezember vorigen Jahres, also seit bald fünf Monaten, noch immer keine verfassungsmäßige Regierung haben. (Große Unruhe links.) Die Deutsche Volkspartei hat nacgewiesen, daß die Schuld dafür nicht an ihc liegt, sie hat jedenfalls Wege gewiesen, wie aus der Krise herauszukommen wäre. Jeßt hat Herr Braun die Sduld ‘dem deutscknational-kommunistishen Block. beigemessen. (Stürmishes Sehr richtig! links; Lärm rechts.) Herr Braun weiß so gut wie jeder in diesem Hause, daß Oppositionsparteien si manchmal in einem gewissen Ziel zusammenfinden, sollte er das noi niht wissen, so möge er die Akten studieren und die stenographischeæ Berichte des Landtags durhsehen. Es is nichts als ein taktischer Kunstgriff, von einem solchen Block zu \prechen. _Der Minister- präsident hat dann für angezeigt gehalten, uns Sabotage vorzus werfen. Ausgerehnet von den Sozialdemokraten kommt dieser Vor- wurf, die zum erstenmal in_diesom Landtag Sabotage getrieben haben. Genau den gleichen Schritt hat die Sogialdemokratie in ihrem Verhalten gegenüber dem Ministerium Stegerwald getan, wo sie einen Vertrauensantrag einbrachte, um dann dagegen zu stimmen. Es kann uns nicht va werden, gegen eine Oppositionspartet Obstruktion zu treiben. Wir haben ‘der Regierung keine Zweifel darüber gelassen, daß wir sie mit allen geshäftsordnungsmäßigen Mitteln bekämpfen werden. Nicht wir sabotieren die Regierungs- bildung, sondern die Schuld lag an der falschen Einstellung der Parteien der Weimarer Koalition (Stürmischer Widerspru und große Unruhe links und in der Mitte.) Von den Parteien dieser Koalition geht bald die ‘eine, bald die andere voran, aber die Koalition kommt damit nicht weiter, weil sie eben bloß eine Minder- heit hinter sih hat. {Die Minister erscheinen im Saal und nehmen am Regierungstish Plaß.) Seit dem 28. Januar haben wir fünf Ministerpräsidenten gehabt, Braun, Marx, wieder Marx, Höpker- Aschoff und jeßt wieder Braun, und alle fünf Wahlen sind dur Parteien erfolat, die niht die Mehrheit des Landtags haben. Das entspricht niht dem Geiste des Parlamentarismus, den Sie eins geführt haben. Das Wesen der parlamentarischen Regierung besteht in der Wahl der Minister aus der Landtagsmehrheit. Wo ift die Landtagsmehrheit? Sie haben verfassungêwidrig gehandelt so wie Sie es machen, bekommen Sie keine Regierung. Das Zentrum will die große Koalition; Herr von Campe hat mit größter Deutlichkeit erklärt, daß die Deutsche Volkspartei die große Koalition niht will. Es ist dann der Vorschag gemacht worden, ein Beamtenministeriun zu bilden; das Zentrum hat dann erklärt, jeßt bleibe nur noch die Weimarer Koalition als Ausweg übrig. Das ist ein Trugschluß; es gibt nur zwei Möglickkeiten, entweder ein Beamkenministerium oder die Auflösung. (Lebhafter Beifall links; Ruf: Beantragen Sie doc die Auflösung!) Nein, das werden wir nicht tun, wenn wir auch der Ansicht sind, daß bei einer Neuwahl aller Voraussicht" nach die Deutschnationalen als stärkste Partei wiederkehren würden. (Große Unruhe und Lachen in der Miile und links.) Das Zentrum steht weiter zu den Sozialdemokraten, zu einer durchaus kirchenfeindlihen Partei, die gerade jet den Kampf gegen die Kirche ah äußerlich aufgenommen "und dieser Tage 20 Kirchenaustritis- versammlungen allein in Berlin veran\taliet hat. Mehr als eigentümlih war es, daß der Ministerpräsident Herrn von Zibewiß mit Barmat auf eine Linie stellte, Das hätte man allenfalls in Volksversammlungen _ vorbringen können. Wie konnte er es wagen, einen ehrenwerten Mann von dieser seiner amtlichen Stelle aus derart anzugreifen, roas hat er si dabei gedacht? Per Sevecing hat einmal erklärt, auch in der Opposition würde die E eine Macht darstellen, und er hat bei derselbe Gelegenkbeit die Obstruktion in der reinsten Gestalt angekündigt. An- gs dieses M des Herrn Severing haben Sie (links) gar leinen Anlaß, uns »bstruktion zum Vorwurf zu machen. Der Landtag Ü berechtigt, Anweisungen an die Staaksregierung zu erteilen. Der

eschluß des Landtags über vie Lehrerbildung ist aber vom Kultus- minister-niht in G veri, Weise ausgeführt worden. Severing hat exklärt, dieselben Kräfte, die 1914 zum Kriege geheßt haben e die a 0s am finanzielle" Men P i! rechts.) Zst das eine Sprache, wie sie ein Minister führen sol? Warum hat das n den früheren Yolyeiprälenten Richter nicht disziplinavish arge Der jeßige Vizepolizeiprästdent Friedensburg ist für an Amt vöUig unzulänglich ebr richtig! rechts); er läßt die nötige Objektivität vermissen. Unver En ist auch das Verhalten Severings hinsichtlih des Auftretens von Ausländern in politischen Versammlungen. Jch erinnere nur an den Fall Basch in Potsdam! Wir werden alle verfassungsmäßigen Mittel anwenden, diese Ne- erun zu stürzen, die ein Ünsegen für Preußen ist. (Beifäll rechts; genkundgebungen links und in der Mitte.) ; bag Dr. He ß (Zentr.) erklärt, das Zentrum halte nas wie vor an der bisher eingenommenen Haltung fest, daß die d : dlung in Avpigtt die Wiederaufrihtung der großen Koalition sei. Cs habe einen Zweck, auf die Gedankengänge des Vorredners einzugehen; Neues habe er niht gebraht. Der Vorwurf des Ultramontanismus wevde immer wieder gegen das Zentrum erhoben. Wenn es aber gerade so passe, dann würden selbst die Gnzykliken ins Treffew Nort, um unser Verhältnis zur Sozialdemokratie zu diskreditieren. ine Partei fei der Meinung, daß alle Möglichkeiten einer Ver- breiterung der Regierungsbasis in n ausgenüßt werden müßten und solhe Möglichkeiten d vorhonden, Gesehe das nicht, dann e En Fraktion die Verantwortung für alle daraus entstehenden olgen ab.

Aba. Dr. von Campe (D. Vp.): Wir stehen, glaube ih, alle,

unter dem Eindruck der großen „Programmrede“, die gestern Ministerpräsident Braun hier gehalten hat. (Große Heiterkeit rechts.) Sie brachte eine Fülle neuer grundlegender danken

und wird ohne Zweifel die Grundlage für Preußens Entwicklun

bilden können auf FJahrzehnte hinaus. (Erneute Heiterkeit. Allerdings rechnet man bereits al mit den E Es ist ja auch schon der 14. Juni als fester Termin in Aussicht genomm2n

vom Staatsministerium. An dex Festlegung dieses Tages hat aber niht nur das Staatsministerium ein Fnteresse, antes auch der Landtag. Deshalb erlaube ih mir die viellei indiskre fe

fo e, ob es richtig ist, daß im Ministerium des Jnnern schon alle orbereitungen für Neuwahlen getrosfen sind. (Minister Severing nickt wiederholt mit dem Kopf.) sehe, dec Minister bestätigt diese Annahme. Die Rede des Ministerpräsidenten enthielt so \shroffe und verleyende Angriffe gegen große Parteien, daß ich nicht glaube, daß alle Parteien, die hinter Braun stehen, mit der Rede einverstanden sind. (Zuruf des Abg. Zentr. ]: Do! Gegenruf rets: Der rote Rabe!) Meine Aeußerungen über die

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