1925 / 110 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 May 1925 18:00:01 GMT) scan diff

Abg. Robert Schmidt - Berlin (Soz.) bestreitet in persön-

lidcex Bemerfung nochmals die Behauptungen des Abg. Koenei in Bezug auf die Stellungnahnuze der sozialdemokratisczen Wêinijter.

Abg. Ko en e n (Fomm.) bleibt seinerjeits bei jeinen Behaup- tungen. Minister Schmidt habe im Ausschuß gegen die Beivillis

gung von Krediten an kleine Gewerbetreibende gestimmt, und da mache er hier frehe Bemerkungen. (Präsident Löbe ruft den Redner zur Ordnung.)

Abg. Simon -Franken (Sogz.) spriht darauf zu dem Kapitel: Statistishes Reichsamt. Er erklärt, wenn man heute die Leistungs-

ähigfeit unserer Wirtschaft s{häßen wolle, stehe man vor ver- chlojssenen Türen. Unsere Statistik der Produktion sei sehr

mangelhaft; es fehlten dabei so wichtige Produktionszweige wie die Maschinenindustrie, das Holzgewerbe, die Schuhindustrie ust.; und aus der Textilindustrie habe man nur einen kleinen Ausschnitt în die Statistik genommen. Der Redner bemängelt ferner die Berechnungsarten des statistishen Amtes in bezug auf die Preis- Bildung. Notwendig sei besonders eine genaue Schäßung des Voltktseinkommens und Volksvermögens im Fnteresse der Steuer- belastung. Eine Vermögenssteuer-, Umsaß- und Erbschastssteuer- Statistik müßten ebenso eingerihtet werden, wie eine Geldverkehrs- und eine ausländishe Finanz- und Steuerstatistik. Fnfolge mancher Fehlerquellen habe das Statistishe Reichsamt es vermissen lassen, eine ein\vandfreie Grundlage füx jeine Arbeiten zu schaffen. Es hätten sich manche Erschütterungen des deutschen Wirtschasts- lebens vermeiden lassen, wenn vom statistishen Amte niht mit falsGem Zahlenmaterial gearbeitet worden wäre.

Abg. Margarete B e h m (D. Nat.) verbreitet fih über Fragen der Heimarbeit. Da wir in Zukunft eine starke Qualitätsarbeit brauchten, um der Auslandskonkurrenz wirksam begegnen zu können, müsse man in allen Zweigen des Wirtschaftslebens dem Grundsaß Rechnung tragen: Gesundung durch Selbsthilfe! Das gelte in erster Linie auch für die deutsche Heimarbeit, die zu einer gesunden Einrichtung des Wirtschaftslebens werden müsse. An en Reichswirtschaftsminister sei deshalb die Bitte zu richten, in den (Fat eine Summe einzustellen für Besserungsmöglichkeiten, beispielsweise für die Einrichtung von Lehrkuxsen. Auch eine Besserung der Löhne der Heimarbeiterinnen sei erstrebenswert, denn durch eine gesunde Arbeitskraft werde auch eine gute Arbeit geleistet. Und das liege nicht zum mindesten im Lebensinteresse des deutschen Volkes. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Dr. Simon - Franken (Soz.) streift ebenfalls kurz die Frage der Heimarbeit und wendet sich gegen einzelne Aus- führungen der Vorrednerin. Er exklärt, es müsse darauf hin- geivirkt werden, einen unersprießlihen Konkurrenzkampf zwischen Heim- und Fabrikarbeitecinnen zu verhindern.

Einer Anregung der Abg. Behm (D. Nat.) entsprechend teilt Präsident Löbe darauf mit, daß den Mitgliedern des Reichstags Gelegenheit gegeben sei, am Donnerstag und Freitag die Berliner Heimarbeits-Ausstellung zu besichtigen,

Abg. Kraßig (Soz.) begründet die Anträge seiner Partei auf Vorlegung eines Geseveutwurfs, durch den die Errichtung eines Kartellregisters angefordert wird und ein dem Gemeinwohl des Volkes dienendes unabhängiges Kartellamt eingeseßt wird zur Ueberwachung der Kartelle, Syndikate und Trusts, sowie auf Durchführung einer jährlihen Enquete über die Zahl und das

Geschäftêégebaren der Kartelle, wofür fünfzigtausend Mark in den Etat eingestellt werden sollen. Redner fkritisiert die Nebergriffe dexr Kartelle, insbesondere die - Zurülck- levung der Genossenschaften und deren Uebervorteilung odurch die Kartelle, die den Genossenshafsten Wucher- preise berechnen und die Großhändler bevorzugen,

Man wolle zur Gesundung der Wirtschast, möglichst Leerläufe ver- meiden, aber nirgends gebe es mehr Leerlauf als im Handel und der Warenvermittlung zwischen Produzenten und Konsumenten. Bei manchen Waren koste die Vermittlung mehx als die Produktion. Die Vermittlung zwischen Produktion urd Konsumtion müsse möglichst verbilligt werden. Die Kartellverordnung nüße nichts. «Fm Reichsverband der Deutschen Fudustrie habe man den Bol zum Gärtner gemacht; ex führe die Einigungsstellen für Streitig- eiten lediglih zu Gunsten der Judustrie, aber, niht zum Schuge der Konsumenten. So verweigerten z. B. die Nähmaschinen- fabriken den Konsumvereinen, die die Maschinen den armen Nähe- rinnen billiger liefern könnten, die weitere Abgabe von Näh- maschinen, obwohl seit zwanzig Jahren die Konsumvereine diesen Bezug gehabt haben. Nun müßten die Näherinnen ihre Maschinen für teueres Geld markweise abzahlen, Die Len Preise ver- ringerten den Absaß und schafften neuen Leerlauf. Redner führt noch eine Reihe ähnliher Beispiele für die Preisverteuerung durch die Kartelle an. U. a. auh auf dem Gebiete des Baumarktes. Das Reichswirtschaftsministerium unterstüße noch die Monopolstellung der Kartelle, es habe 4. B. eine Bauhütte auf den Bezug von Materialien aus dem Ausland, „wenn auch zu höheren Preisen“, hingewiesen, wenn sie sie von einem Kartell nicht bekommen könne. (uch beim Kohlenbezug herrsche eine ganz irrationelle Wirtschaft. Das Kohlensyndikat reiße den Kohlenhandel on sich, um seine ÄNtonopoliteltana zu verstärken. Das Reichswirtschaftsministerium Habe aber noch keine Zeit gefunden, sih mit den Kartellauswüchsen zu beschäftigen. Der Reichstag müsse deshalb für die Errichtung eines unabhängigen Kartellamts sorgen. Der Reichsverband der Industrie suche systematish unter Beiseiteseßung dex Kartellver- ordnung durch Exklusivverträge auf Umwegen eine Sperre gegen die Abnehmer einzurichten.

Der Antrag auf Einsezung von fünfzigtausend Mark in den Etat für eine jährliche Kartellenquete wird angenommen, Die Abstimmung übec die Entschließung wegen Errichtung eines Kartellamts wird bis zux dritten Lesung ausgeseßt. Der Rest des Haushalts des Reichswirtschaftsministeriuums wird bewilligt.

Das Haus nimmt dann den Etat des Reichswirtschafts- ministeriums und des vorl. Reichswirtschaftsrats in zweiter Lesung an.

Dann weudet F das Haus der zweiten Beratung des Gesevßentwurfes über den Verwaltungsrat des SFnternationalen Arbeits8amtes zu. Jun Ver- bindung damit wird beraten, das Washingtonex Ab- kommen vom 28. November 1919 über die Arbeits- Let, Ds GouueieL UCbeLeinronmen bex Stellenvermittlung für Seéléute und die Geseßentwürfe betr. Vereins- und Koalitions- Ct déL länd wirtschastrthan Axbeiter und Uer Sts GEdigung. déL Landarheites béi Arbeits8unfällen.

Abg. Schirmer - Franken (Bayr. Volksp.) empfiehllt alls Berichterstatter des Ausschusses die Annahme sämtlicher Vorlagen und folgender Entschließung: „Die Reichsregierung soll dahin wirken, daß 1. Deutschland in den vershiedenen Organen der Futercnationalen Arbeitsorganisationen in bezug auf Amtssprache und Anstellung von Beamten den übrigen Staaten von wirischast- licher und sozialspollitischer Bedeutung gleichgestellt wird. 2. daß die Minderheitsgruppen dexr Gewerköschaften (christlich-nationaller und neutraler Richtung) in den Organen des Fnternationallen Arbe it2amtes angemessen berücksihtigt werden.

Abg. A u Le (Sog.) tritt für die L Le eèn. Ein merkwiirdiges Schauspiel sei die Opposition der Deutsch- mationalen und der Volkspartei gegen die Regierungsvorlagen

ewesen. Eine eigenartige Arbeitsteilung sgi da beliebt worden: ie Minister dieser Parteien hätten die Vorlagen @usarbeiten müssen; die Parteimüitglieder im Aus\{huß hätten im Ausschuß dagegen Stellung genommen. Nur der Sozialdemokratie sei die Annahme zu verdanken. Sie werde sih aber weiterhin hikten, der Nechten die Verantwortung abzunehmen. Der Redner spvicht dann noch über die Vorlagen im einzelnen, insbesondere über das Ab- fommen zur Bekämpfung der Avbeitslosigkeit. Bedawerlich sei, daß niht au das Abkommen über den Achtstundentag zur Rati-

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fikation dem Reichstag vorgelegt sei. Ohne Regelung der Avbeits- zeit gebe es feine Bekämpfung der Avbeitslosigkeit. Die Ent- \chließung des Ausschusses in dem zweiten Punkt lehne die sozial- demotratishe Partei ab. Nach dem Friedensvertrag sei es unzu- lässig, über die Zuammenseßzung der Organe des Avbeit2acmtes dem Juternationalen Amt Vorschriften zu machen. Am besten sei es, die Nummer 2 zurückzuziehen. Oder sollten die Deutschnatio- nalen die Absicht haben, am Vorabend des Hindenburgtages eine Abänderung des Versailler Friedensvertrages zu beantragen? (Lachen rechts.)

Nunmehr wird die Weiterberatung auf Mittwoch 2 Uhr vertagt. Außerdem steht der Haushalt des Ministeriums für Volksernährung und Landwirtschast auf der Tagesordnung.

Schluß 5 Uhr.

Preußischer Land»tag. 38. Sitzung vom 11. Mai 1925, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger).

Präsident Bartels eröffnet die Sißung 12 Uhr 20 Mis- nuten.

Nach debatteloser Ueberweisung eines Antrages über die Aufbringung der Kosten für die gewerblichen Berufsschulen an den Hauptausschuß tritt das Haus in die erste Beratung des Haushalts8plans für 1925 ein.

Finanzminister Dr. Höpker-Ascho ff: Meine Damen und Herren! Zu Fhrex Beratung steht niht nux das Haushalts- geseß und der Haushalt selber, sondern auch der Geseßentwurf über die Regelung des sogenannten Nothaushalts. Die Staatsregierung hat geglaubt, einen derartigen Geseßentwurf dem Landtage vor- legen zu müssen, weil sie niht damit vechnen konnte die Er- fahrung hat das bestätigt —, daß der Haushalt rechtzeitig ver- abschiedet werden würde. Für diesen Fall gibt an sih die Ver- fassung dem Staatsministerium die Möglichkeit, die notwendigen Ausgaben, die zur Fortführung dex laufenden Geschäfte erforder- lih sind, auch ohne die Verabschiedung des Haushaltsgesezes fort- zuleisten. Aber darüber hinaus simd natürlich Ausgaben e€r- forderlih, zu deren Leistung die allgemeine Ermächtigung der Verfassung nicht ausreiht. Damit sie geleistei werden können, und zwar alsbald, haben wir Fhnen den Geseßentwurf über den Nothaushalt vorgelegt. Die Einzelheiten zur Rechtfertigung dieses Gesezentwurfes ergeben sih aus der Jhnen vorliegenden Be- gründung, die ich hier als bekannt vorausseßen darf.

Fch wende mich sodann dem eigentlichen Haushalt zu, glaube aber, daß es vorher notwendig sein wird, wenigstens mit einem kurzen Rückblick auf die vergangenen Dinge einzu- gehen.

Hinter der preußishen Finanzverwaltung liegen außerordent- lih schwere Zeiten, die shwersten Zeiten, die vielleicht die preußische Finanzverwaltung überhaupt durhgemacht hat. Jch meine damit vor allen Dingen die Zeiten .der- schwersten Fnflation und die Zeiten des Ueberganges von dex Fnflation- zur festen Währung. Die Dinge hatten sih unter dem Einfluß der fortgeseßten Geld- entivertung im Herbst 1923 so gestaltet, daß die Ausgaben des Preußishen Staates niht mehx mit laufenden Einnahmen gedeckt werden konnten, sondern daß die preußishe Finanzverwaltung im wesentlichen auf die Zuschüsse des Reiches Besoldungszuschüsse, Besoldungskredite, Liguiditätskredite angewiesen war. Es war so weit gekommen, daß die Aus8galen nux noch zu einem Prozent durch ordentlihe Einnahmen gedeckt wurden. “Die Mittel zur | eigenen Geldbeschäffung, die sonst üblich gewesen waren, ver- sagten damals vollkommen. Es war nicht mehr“ möglih, Schaß- wechsel zu diskontieren. Es wurde versucht, eine Papiermark- anleihe auszugeben; der Erfolg wax gering. Die preußische Finanzverwaltung ging dann dazu über, auch wertbeständige An- leihen aufzunehmen, und zwar im Gesamtbetrage von 3,2 Millionen Zentnern Roggen und 253000 t Kali. Der Erlös dieser wert- beständigen Anleihen is aber nicht für laufende Ausgaben ver- wendet, sondern im wesentlihen verbrauht worden, um das Kapital der Preußishen Zentralgenossenschaftskasse zu stärken, ferner für die Bedürfnisse der Elektrizitätsverwaltung und Hafen- verwaltung, :

Als die Noienpresse stillgelegt wurde und nunmehr die Stabilisierung ihren Anfang nahm, verschärfte sich die Krise für die preußishe Finanzverwaltung. Das Reih verweigerte die Bewilligung weiterer Liquiditätskredite. Bis die Stabilisierung der Mark sich durch eine Hebung der Einnahmen, insbesondeve der Steuereinnahmen, auswirken fonnte, mußten einige Monate ver- gehen. Es kam mithin darauf an, die Uebergangskrise durch einstweilige Beschaffung von Mitteln zur Deckung der unumgäng- lih nötigen Ausgaben zu überwinden. Hierfür kommen einmal die Besoldung8zuschüsse des Reiches in Betracht, die aber in einem sehr s{chnellen Tempo bis zum 1. April 1924 abgebaut wurden. Weiter wurde Notgeld im Betrage von 32 Millionen Mark ausgegeben; ferner wurden die Einnahmen der Forstverwaltung gleihsam vorweg in Anspruh genommen, indem man einen Warentwechsel über diese Forsteinnahmèn im Betrage von 50 Millionen Mark ausstellte und die Diskontierung dieses Wechsels bei der Reichsbank erreihte. So haben wix uns damals mit ganz außergewöhnlihen Mitteln helfen mössen. Jch darf hierbei be-

Lr Mark inzwischen eingelöst sind.

Abex die entscheidende Hilfe konnte -doch €ben nur -dadurh ge- schaffen werden, daß dem Preußishen Staate wieder sichere dauernde Einnahmen zur Verfügung gestellt wurden, und das geshah dann etwa seit Beginn des Fahves 1924 einmáäl durch die Neichssteuergeseße und den Finanzausgleih mit dem Reiche und sodann durch die Umgestaltung der preußishen Steuern, insbe- sondere der Grundvermögenssteuer und der Hauszinssteuer. Diese Dinge sind im einzelnen bekannt, und brauchen von mir nicht dar- gestellt zu werden. Es ist auch bekannt, daß die Bemühungen des preußishen Staatsministeriums Erfolg gehabt haben.

Dos Gleichgewicht im Haushalt des Fahres 1924 wurde im wesentlichen dur folgende Maßnahmen hergestellt: einmal dadurch, daß auf Grund der Schäßung ‘des Aufkommens an Reichssteuern die Ansäße der Reich8überweisungssteuern im preußischen Haus- haftSlan wesentlih erhöht werden konnten, zweitens dadurch, daß im Laufe des Jahres 1924 der staatliche Anteil an der Hauszins- steuer für die allgemeinen Verroaltungsausgaben allmählich auf 10 %

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Neden dex Herren Minister, die im Wortlaute woiedergegeben sind.

merkenck daß dieses Notgeld und auch der Wechsel von 50 Millionen .

der Friedensmiete gesteigert wurde, zum dritten dur eine Aenderung des preußishen Finanzausgleihs, indem einmal der Staatsanteil an der Einkommen- und Körperschaftssteuer von 50 auf 55 % mit Wirkung vom 1. Fuli 1924 erhöht wurde, ferner die Provinzialdotationen von 15 auf 10 % des reinen Staatsanteils herabgeseßt wurden und endlih der Staatsanteil an den Lehrer- ruhegehältern zu Lasten der Gemeinden mit Wirkung vom 1, Oftobr 1924 gekürzt wurde. Wir können heute auf das Ergebnis des Fahres 1924 zurückblicken. Die Zahlen, die ih Fhnen nunmehr

ässi Sie beruhen auf Abschluß] shäßungen und können in dem einen oder anderen Punkte noch gewisse Aenderungen erfahren; aber an dem wesentlihen Ergebnis werden diese Anderungn nihts mehx ändern.

Dieses Abschlußergebnis für 1924 ist folgendes. Der rehnungs- mäßige Uebershuß für die preußishe Finanzverwaltung beträgt 217 Millionen. Dieser rechnungsmäßige Ueberschuß seßt sich im wesentlichen aus folgenden Eingelposten zusammen: Die Reichs steuerüberweisungen haben bei der Einkommen- und Körperschafts- stewer ein Mehr von 92 Millionen eingebracht, bei der Umsaßsteuer ein Mehr von 18 Millionen, zusammen 110 Millionen. Die preußi- hen Steuern haben bei der Stempelsteuer ein Mehr von 5 Millionen eingebraht, bei der vorläufigen Steuer vom Grunds- vermögen ein Mehr von 18 Millionen und bei der Hauszinssteuer nach Abzug der Gemeindeanteile und dessen, was für die Neubau- tätigkeit vom Staat und den Gemeinden ausgeworfen werden muß, ein Mehr von 57 Millionen. (Hört, hört! rechts.) Das Mehr bei den Steuereinnahmen beträgt also 190 Millionen. Dazu kommen noch sonstige Einnahmen: bei der Justizverwaltung ein Mehr von 60 Millionen, beim Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volks bildung ein Mehr von 32 Millionen und bei den übrigen Hoheits- verwaltungen ein Mehr von 18 Millionen, so daß das Mehr bei den Einnahmen des Staates überhaupt voraussichtlich etwa 300 Millionen beträgt.

Diesem Mehr stehen aber gewisse Vershlehterungen gegen-

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über, zunächst Minderüberschüsse bei den Betriebsverwaltungen im

Betrage von 33 Millionen. An diesem Minderbetrag ist die Forst- verwaltung mit 18 Millionen beteiligt, die Bergverwaltung mit 19 Millionen. (Hört, hört!) Der Minderertrag bei der Forst- verwaltung würde noch erheblih höher sein, wenn wir nicht bei der Forstverwaltung mit einer außerordentlichen Einnahme von 93 Millionen zu rechnen hätten, die wix vom Reiche als Ent» shädigung dafür bekommen, daß die Besazungsbehörden im bes seten Gebiet Raubbau in den pveußishen Forsten getrieben haben. Wenn ih diese außerordentliche Einnahme abseße, so ist der Minderertrag bei den Forsteinnahmen nicht nur auf 18 Millionen, sondern auf rund 40 Millionén zu veranschlagen. (Hört, hört!) Auf dex anderen Seite ergibt sih ein Mehrbedarf bei den Hoheits- verwaltungen im Gesamtbetrage von 50 Millionen. Dieser Mehr- bedarf bei den Hoheitsverwaltungen seßt sich, wie das bei einer großen Verwaltung natürlich ist, aus Mehrausgaben bei einzelnen Vecwaltungszweigen und aus Minderausgaben bei anderen Vere waltungszweigen zusammen. Jh weise hier nur auf die Mehrausgaben hin und hebe die Hauptposten hervor. So mußten 43 Millionen für das beseßte Gebiet aufgewendet werden, indem Sonderzinveisun- gen von Steuern an die Gemeinden des beseßten Gebietes erfolgten. Ferner mußten 7 Millionen für eine Notstandsaktion aus Anlaß der Hochwassershäden aufgewendet werden, und endlich mußten 4,7" Millionen für eine außerordentliche Unterstühung der Für- sorgeverbände der Kohlenbezirke aufgewendet werden. Wenn man diese Vershlehterungen von den gesamten Mehreinnahmen abzitht, dann ergibt sich eben der voraussihtliche rechnungsmäßige Veber- {huß von etwa 217 Millionen, den ich ‘im Anfang meiner Aus- führungen dargestelli habe. i

Meine Damen und Herren, in dieser Aufrechnung, die, wie gesagt, mit einem voraussichtlichen Uebershuß von etiva 917 Millionen abschließt, sind auch gewisse außerpolitische Aus- gaben enthalten, Anleiheausgaben, dann Ausgaben für die Aus» führung des Dampffluggeseßes, dann die Ausgaben für _die Linderung der Hochwasserschäden, Ausgaben, die gewiß zum Teil in Vorkriegszeiten durch Anleihen gedeckt worden wären. Auf der andern Seite aber wird das Ergebnis auch wiederum dur außerplanmäßige Einnahmen beeinflußt. Jh habe bereits einen der Hauptposten hervorgehoben, nämlich die Entschädigung des Reiches für die Verioüstungen in den Forstverwaltungen des besegten Gebietes. Nun aber entsteht die Frage: Was ist denn aus diesem rechnungsniäßigen Uebershuß geworden, “und wie hoh war der am 1. April 1925 vorhandene Kossenüberschuß? Dieser Kassenübershuß deckt sich nun keineswegs mit dem rechnungsmäßigen Uebershuß. Um die aufgeworfene Frage rihtig beantworten zu können und den rechnungsmäßigen Ueber- {uß mit dem Fassenmäßigen Uebershuß abstimmen zu können, sind noch eine Reihe von außerordentlichen Einnahmen, auf der anderen Seite auch gewisse Ausgaben, die dem Fahre 1924 nicht zur Last gecehnet werden können, zu berüsichtigen. Bei den

außerordentlihen Einnahmen handelt es si um folgendes: Wir haben zunächst vom Reih eine Entschädigung von

15 Millionen für Kricgs- und Friedensvertragschäden bekommen, ferner eine Entschädigung von 50 Millionen als Ersaß für das verlorene nußbare Staatseigentum in den abgetretenen Provinzen. Diese Entschädigung hat eine gewisse Erregung im Reichstag. ausgelöst, und man hat den Herrn Reichsfinanz- minister gefragt, ob es eigentli notwendig gewesen wäre, diese Entschädigung an Preußen auszuzahlen. Fh möchte dabei darauf hinweisen, daß die Shäden am nußbaren Staatseigentum in den abgetretenen Provinzen von der preußischen Finanz- verwaltung auf 3,6 Milliarden geschäßt werden, (hört! hört!) und daß die 50 Millionen, bestenfalls 65 Millionen, die wir jeßt vom Reih erhalten haben, nux eine außerordentlich dürsftige Abschlagszahlung sind. (Sehr wahr!) Wir haben uns mit dieser Abschlagszahlung nux unter der Vorausseßung abgefunden, daß sie eben als solhe in dem Vertrage gekennzeihnet wird, den wir mit dem Reich geschlossen haben, und ferner mit dem Vorbehalt, daß wir nach Ablauf von drei Fahren mit neuen Forderungen an das Reich. herantreten werden. (Sehr richtig) Jh glaube, wenn der preußishe Finanzminister hier noch nahsihtiger gewesen wäre und niht auf der Auszahlung wenigstens dieser 65 Millionen bestanden hätte, so würde er sich shwere Vorwürfe des Landtages zugezogen haben. (Sehr richtig!) Denn ih darf Sie daran erinnern, wie doch gerade hier im Hause immer wieder darauf hingewiesen worden ist, daß es endlich an der Zeit sei, von

Reichs wegen Preußen füx diese außerordentlihen Verluste zu

entshädigen, (Sehr richtig!) Außerdem aber wird diese Ent-

shädigung vou Preußen dringend gebraucht und is auch zum

Teil bereits verausgabt worden. So haben wir z. B,, um die

Staatsbetriebe der Elektrizitätsverwaltung zu fkonsolidieren,

bereits 20 Millionen aus dieser Entschädigung auszahlen müssen

und über die weiteren Beträge bereits versügt. Jch komme vielleicht nachher noch darauf zurück. Zum Dritten haben wir eine außerordentlihe Einnahme in dem Uebershuß der Forst- verwaltung, die, da das Forstwirtshafstsjahr 1925 sich nit mit dem Rechnungsjahr deckt, auf das Rechnungsjahr 1925 gerechnet werden muß und daher bei den rechnungs8mäßigen Einnahmen des Jahres 1924 nicht berücksihtigt werden durfte. Ferner haben wir eine außerordentlihe Einnahme durch den Verkauf von

Goldschaßanweisungen erzielt im Betrage von 30 Millionen, Gold-

shaßanweisungen, die im Jahre 1923 gekauft worden sind,

um die durch die Reichsgesebe vorgeschriebene Deckung für die

Ausgabe von Notgeld zu gewinnen. Jch darf hier in Parenthese

bemerken, daß es auf diese Weise wenigstens zu einent beschei-

denen Teile gelungen ist, den alten Betriebsfonds der preußischen

Finanzverwaltung zu retten. Wenn damals nit in den Zeiten

der Jnflation diese Goldschaßantwweisungen gekauft worden wären,

so wäre der Betriebsfonds des preußishen Staates, der ja früher viel höher war, restlos verloren gegangen. Endlich aber ftecken in den Kassenbeständen noch 25 Millionen, die der Herr Fnnen- minister vorläufig als Reserve aus dem Anteil der Gemeinden an den Ueberweisungssteuern zurückbehalten hat, die aber natür- lih als ordentliche Einnahmen der Staatsregierung nicht ange- sehen werden können. Die Gesamtsumme der niht aus Ein- nahmen des Rechnungsjahres 1924 herrührenden Bestände beträgt danach 170 Millionen. Auf der anderen Seite hat nun- mehx aber die Finanzverwaltung Ausgaben gehabt, die auch wiederum nicht das Abschlußergebnis des Fahres 1924 belasten können. So sind bereits die Gehaltszahlungen vom Monat April

im Monat März gemacht worden. Sie betragen 95 Millionen,

ferner haben wir der Landwirtschaft als Notstandskredit für

Saatgutbeschaffung aus den eigenen Mitteln des Staates

60 Millionen zur Verfügung stellen müssen, für die innere

Kolonisation sind 10 Millionen aufgetwendet und für eine Reihe

von Anleiheausgaben vorläufig 27,9 Millionen zur Verfügung

gestellt. Diese Anleiheausgaben wären in geregelten Zeiten tat- sähliÞh aus Anleiheerlösen bestritten worden. Aber es ist bekannt, daß es gegenwärtig einfach unmöglich ist, langfristige

Anleihen am Geldmarkt zu erträglichen Bedingungen unterzu-

bringen. Da auf der anderen Seite die fraglichen durch Anleihe-

geseße bewilligten Ausgaben tatsächli% unbedingt geleistet werden mußten, insbesondere für Zwecke der. werbenden Betriebe, war es notwendig, daß die Finanzverwaltung mit allen verfügbaren

Beständen, also auch mit ihren Betriebsnitteln, eingriff.

Aus diesen Anleiheausgaben erlaube ih mir einige Beispiele herauszugreifen. So sind für die Urbarmahung staatlicher Moore zur Verfügung gestellt worden 3,6 Millionen, für die Vollendung. des Mittellandkanals 8 Millionen, für die Erweite- rung des Fischereihafens Geestemünde 4,4 Millionen, für den Hafen in Emden, insbesondere den Erz- und Eisenkgï des dortigen Binnenhafens 4,1 Millionen und endlih für die außer- ordentlich notwendige Erhöhung des Kapitals der preußischen Zentralgenossenschaftskasse, die jüngst auch wiederum in einem Antrag an den Hauptausshuß gefordert ist, ein Betrag von 8 Millionen. Fnsgesamt belaufen sich diese außerordentlichen Ausgaben, die im Rechnungsjahr 1924 nicht belastet werden dürfen, auf 192,9 Millionen.

Der Kassenbestand muß sich nunmehr ergeben, wenn man diese Ausgaben im Betrag von 193 Millionen von der Gesamt- summe von 387 Millionen, die sih ergibt aus dem voraussiht- lien rechnungs8mäßigen Uebershuß von beinahe 217 Millionen und den oben erwähnten außerordentlihen Einnahmen von 170 Millionen, abzieht. Es ergibt sich alsdann ein Betrag von 194 Millionen, und das ist in der Tat der Kassenbestand, der am 1. April 1925 vorhanden war und zum kleineren Teil von dex Generalstaatskasse auf NReichsbankgirokonto oder Postscheckonto gehalten wurde, der zum erheblichen Teil aber, sei es als täg- lihes Geld, sei es langfristig, bei der Staatsbank angelegt war, dort aber nicht nuglos aufgespeichert wurde, sondern in der deutshen Wirtschaft arbeitete.

Ist es bei diesem Ergebnis gerehtfertigt, etwa der Preußischen Finanzverwaltung eine Thesaurierungspolitik vorzu- wersen, wie es im Reich gegenüber dem Reichsfinanzminister geschehen ist? Jch glaube, daß ein solcher Vorwurf gegenüber der Preußischen Finanzverwaltung nicht am Playe sein dürfte. Jch darf folgendés hervorheben. Zunächst ist zu beachten, daß die außerordentlihen Einnahmen des Staates uns gar nicht zur Verfügung stehen. Die 15 Millionen, die wir als Entschädigung für Kriegsfolgen vom Reich bekommen haben, müssen verausgabt werden, die 50 Millionen, die wir als Entschädigung für das ver- lorene Staatseigentum in dem beseßten Gebiet vom Reich bekommen haben, gehören zum Staatsguthabenfonds und müssen als Staatsvermögen wieder angelegt werden. (Sehr richtig!) Es würde den Grundsäßen einer geordneten Finanzwirtschaft niht entsprehen, wenn man etiva diesen Betrag für laufende Ausgaben herausgeben wollte. Wir haben die Absicht, diesen Betrag als wverbendes Staatsvermögen wieder anzulegen. Wir vollen einen Teil der Forstverwaltung, einen anderen Teil der Domänenverwaltung zur Verfügung stellen, damit sie ihren ver- minderten Besiß \wieder vergrößern können, Wir wollen weitere Beträge zum Ausbau der Elektrizitätswirtschaft verwenden, mussen aber einen auh für die Bergwerke, die im eigenen Besitz sind oder die heute in der Preußag und Hibernia zusam nen- gefaßt sind, zur Verfügung stellen.

: Weiter ist zu beachten, daß eine so große Staatsverwaltung wie die preußische, wenn sie geordnet arbeiten will, über sehr erhebliche Betriebsmittel verfügen muß. Wir weisen heute rechnungsmäßig einen Betriebsfonds von 50 Millionen aus. Das ist für eine Staats- verwaltung von dem Umfang der preußischen zu gering. Fn Friedens» éeiten hatten wir einen Betriebsfonds von rund 140 Millionen. Da- bei ist zu beachten, daß damals außerdem der preußishen Finanzver- waltung die verfügbaren Uebershüsse der preußischen Eisenbahnver- waltung jederzeit zur Verfügung standen und daß weiter damals die preußische Finanzverwaltung in der Lage war, die ordentlichen Ein- nahmen gleidsam dadurch vorweg zu nehmen, daß sie Schaßwechsel ausgab, die von der Staatsbank diskontiert und, wenn es notwendig

Das ist heute niht mehr mögli; denn nah § 25 des Neichshank- gesches ist es der Reichsbank verboten, dem Reiche, den Ländern und den Gemeinden mittelbar oder unmittelbar Kredite einzuräumen. Jn- folgedessen kann heute die Staatsbank, selbs wenn sie die Schahz- anweisungen des preußishen Staates nehmen würde, sie niht bei der Reichsbank diskontieren und is daher auch gar niht in der Lage, preußische Schaßanweisungen in nennenswertem Betrage hereinzu- nehmen. Deshalb is es. gewiß, daß es ohne den rechnungsmäßigen Vebershuß, den die preußische Finanzverwaltung im. abgelaufenen Rechnungsjahre 1924 erfreuliherweise gehabt hat, unmöglich ge- wesen wäre, einmal die durdaus notwendigen Anleiheausgaben vor- weg zu bestreiten und vor allen Dingen die Notstandsaktion zugunsten der Landwirtschaft durchzuführen.

Diese Notstandsaktion für die Landwirtschaft war durchaus notwendig (allgemeine Zustimmung) bei den ungünstigen WitterungWerhältnissen, die wir im vorigen Jahre gehäbt haben, und bei den shweren Schäden, die dadurch der Landwirtschaft entstanden sind. Jch darf hierbei aber darauf hinweisen, daß die Notstandsaktion des preußischen Staates zugunsten der Landwirtschaft sich keineswegs darauf beschränkt, daß der preußishe Staat aus eigenen Mitteln 60 Millionen Mark der Landwirtschaft zu einem billigen Zinsfuß zur Verfügung gestellt hat, sondern daß im Rahmen dieser Notstands- aktion einmal die Preußenkasse, die Girozentrale und die Landes- bankenzentrale weitere 20 Millionen zur Verfügung gestellt haben, und daß endlih die Staatsbank weitere 40 Millionen zur Verfügung gestellt hat gegen Bürgschaft des preußischen Staates und indem der preußishe Staat die Zinsgarantie übernommen hat, um der Land- wirtschaft den billigen Zinsfuß gewähren zu können. Die Staats- bank häâite diese Aktion unter keinen Umständen durchführen können, wenn ihr niht die Gelder des preußishen Staates, die aus dem rechnungsmäßigen Uebershuß stammen, zur Verfügung gestellt worden wären.

Aehnliches, was für diese Notstandsaktion zugrensten der Landwirt- schaft gilt, gilt auch für die Notstandsaktion, die zugunsten des ge- werblichen Mittelstandes eingeleitet worden ist. Sie haben in den Zeitungen gelesen, daß der Reichstag den Beschluß gefaßt hat, die Reichsregierung aufzufordern, für die Kreditbedürfnisse des gewercblihen Mittelstandes 30 Millionen zur Verfügung zu siellen. Die Reichsregierung hat diesem Beschluß vorläufig noch keine Rechnung getragen. Sie denkt das anscheinen in der Weise zu tun, daß vorübergehend Postgelder zur Verfügung gestellt werden; au das ist bisher noch nicht geschehen. (Hört, hört!) Wir waren aber in Preußen der Meinung, daß diese Aktion zugunsten des gewerblichen Mittelstandes unverzüglich eingeleitet werden müsse. (Allgemeine leb- hafte Zustimmung.) Die preußishe Finanzverwaltung- hat daher nit erst, seitdem dieser Beschluß im Reichstag und der neueste Bes{luß im Hauptauss{uß des Landtags gefaßt worden ist, sondern Gon seit Wochen und Monaten immer wieder darauf gedrängt, daß endlich eine Notstandsaktion zugunsten des gewerblihen Mittelstands eingeleitet werden möge. (Bravo!)

Que

| gesagt, ersheint auch der preußischen Finangverwaltung durhaus nots wendig.

So viel zu dem Abschlußergebnis des Jahres 1924. mich sodann dem Jahre 1925 zu. Jch darf auch hier vorausseßen, daß Ihnen die Bemerkungen des Vorberichts zum Haushaltsplan bes

Ich wenda

kannt sind. Dieser Vorberiht versucht, die ganze Finanzlage des preußishen Staates sehr eingehend darzustellen. Jch brauche die wesentlichen Angaben des Vorberichts nit zu wiederholen; ih greife nur folgendes heraus. Der Haushalt stellt mit 2830 Millionen das Gleichgewicht zwischen den Ginnahmen und den Ausgaben her. Aber dieses Gleichgewicht ist ein durchaus künstlihes. Denn “im Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung 1925 finden Sie einen Posten von 417,5 Millionen Mehreinnahmen aus Reichsüberweisungssteuern und aus Erhöhungen steuerliher Einnahmen, die an sich nicht zur Ver- fügung stehen, einen Posten, der also nur eingeseßt ist, um das Gleich- gewicht zwischen den Einnahmen und den Ausgaben rechnungsmäßig herzustellen. In Wahrheit ist also das Abschlußergebnis der Zahlen, wie sie der Haushaltsplan für 1925 darstellt, so, daß ein Fehl- betrag von 4175 Millionen vorliegt. Dieser erklärt sih einmal dadur, daß die Staatsverwaltungsausgaben nach dem Netto- voranshlag, der Ihnen in einer Anlage zum Vorbericht vorliegt, um 1485 Millionen gegenüber 1924 gestiegen sind, daß die Ueberschüsse der Betriehsverwaltungen gegenüber dem Jahre 1924 um 80,9 Mil- lionen zur'ückgeblieben find und daß der Ueberschuß bei den Steuern und Abgakten aus dem Haushalt der Finangverwaltung gegenüber dem Jahre 1924 um 188,1 Millionen Mark zurückgegangen ist. Diese Zahlen bedürfen einer gewissen Erläuterung. Wie kommt es, daß die Staatsverwaltungsausgaben gegenüber dem Jahre 1924 n Netto um 148,5 Millionen Mark gestiegen

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sind? Auch aus diesem Anlaß heraus sind in der Debatte des Neichstags Vorwürfe gegen die preußische Finanzverwaltung erhoben worden. Meine Damen und Herren, vollkommen zu unrecht; denn diese Mehrausgaben erklären sih aus der Erhöhung des Besoldungs8bedarfs, auf den wir in Preußen eigentlih kaum einen Ginfluß baben, weil wir ja den Besoldungasgeseßen im Reiche zwangsläufig folgen müssen. (Sehr richtig! links.) Diese Besoldungserhöhungen machen sogar mehr aus, als diese 1485 Millionen Mark. Der Mehrbedarf ist auf den erhöhten Besoldungsbedarf seit 1. 12. 1924 zurüzuführen. Dieser erfordert einen Mehrbedarf von 170 Millionen Mark. Wenn es nit auf der anderen Seite gelungen wäre, bei den Hoheitss- betrieben noch 20- Millionen Mark einzusparen, so würde der Mehrbedarf nicht nur 148,5 betragen, sondern zum mindesten 170 Millionen Mark.

íIm einzelnen aber ist zu diesem Mehrbedarf zu sagen, daß die dauernden Ausgaken um 226,9 Millionen Mark, die einmaligen um 12,4 Millionen Mark gestiegen sind, wie gesagt, die dauernden Aus» gaben wesentlich infolge des höheren Besoldungsbedarfs. Aber auf dev anderen Seite sind höhere Verwaltungseinnahmen da, insbesondere bei der Justizverwaltung eine Erhöhung der Einnahme um 5 Millionen Mark an Kosten und Geldstrafen und- im -Haus-

In diesem Zusammenhange habe ich darauf hinzuweisen, daß bereits vorher von der Preußischen Zentralgenossenshaftskasse 92 Mil- lionen und von der Dresdner Bank eiwa 60 bis 70 Millionen auf dem Wege über die an diese Banken anges{blossenen Genossenschaften dem gewerblichen Mittelstande zugeführt worden sind. Jch darf weiter darauf hinweisen, daß die Preußische Staatsbank inzwischen für den Mittelstand erhebliche Beträge zur Verfügung gestellt hat, die zu drei Vierteln über die Preußenkafse und die Genossenshaftsabteilung der Dresdner Bank, zu einem Viertel über die Girozentrale den Spar- kassen zugeführt werden. Dabei bedeutet nun nicht etwa die Tätigkeit der Staatsbank sine Verteuerung des ganzen Kredits: die Staatsbank hat vielmehr, soweit es sich um Gelder handelt, die ihr von der Post zur Verfügung gestellt werden, auf eigenen Gewinn bei dieser ganzen Aktion verzichtet (Bravo!) und die Kredite zu demselben Zins\saß von 9 % weitergegeben, der ihr von der Postverwaltung in Rechnung ge- stellt wird.

Ich sagte schon, daß auf Grund des leßten Beschlusses des Reichs- tags der Staatsbank keine neuen Gelder zugeflofsen sind. Sollte dieser Beschluß ausgeführt werden und nun das Reich, sei es aus eigenen Mitteln oder durch die Reichspostverwaltung der Staatsbank für die preußischen Gebiete weitere Mittel zur Verfügung stellen, so wäre es möglich, die Aktion der Staatsbank zugunsten des gewerb- lien Mittelstandes über den jeßigen Rahmen auszudehnen und ihm weiter zu helfen. Wir sind der Meinung, daß diese Hilfe durchaus noùiwendig ist. Denn die großen Unternehmungen können sich mit dem Kredit der Reichsbank helfen; dieser steht aber den kleinen Unter- nehmern - des gewerblichen Mittelstandes nicht zur Verfügung. Die großen Unternehmungen können fich auch durch die Akzepte der großen Banken helfen, die im Privatdiskontmarkt gehandelt werden. Auch dieser Weg steht den kleinen Unternehmern des gewerblichen Mittel« standes nicht zur Verfügung. Aus allen diesen Gründen muß dem Mittelstande in der einen oder anderen Form geholfen werden.

Ich möchte hier allerdings vor einem Trugshluß warnen. Der Hauptauss{huß hat in den leßten Tagen beschlossen, die Staats- regierung aufzufordern, einen Betrag von 50 Millionen Reichsmark dem Handwerk, dem Einzelhandel und den Konsumgenossenschaften zur Verfügung zu stellen. Die Sache kann nicht so gedacht. sein, daß nun etwa die preußische Finanzverwaltung neu 50 Millionen schaffen soll. Denn wie sollte sie sie shaffen? Sie 7önnte sie ja nur so schaffen, daß sie die ordentlihen Einnahmen des preußischen Staates erhöhte, und es wäre natürlich ein grundsäßlicher Fehler, wenn wir die ordentlichen Einnahmen um 50 Millionen dadurch erhöhen wollten, daß wir höhere Steuern aus der Wirtschaft herausholten, um diese Mittel als der Bankier der Wirtschaft nun wieder der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Das kann nicht der richtige Weg sein. Der Gedankengang, der diesem Beschluß zugrunde liegt, ist, daß der preußishe Staat die verfügbaren Mittel, die thm aus dem rebnungsmäßigen Ueber- chuß des Jahres und aus anderen außerordentlichen Ginnahmen zur Verfügung stehen, in der Wirtschaft so arbeiten läßt, daß sie dem gewerblichen Mittelstand zugute kommen. An sich arbeiten diese Mittel {hon in der Wirtschaft; es kommt nur darauf an, sie in be- sonderem Maße dem gewerblichen Mittelstand zuzuführen. Das wird aber natürlich das muß hervorgehoben werden zur Folge haben, daß andere Wirtschaftszweige dann gekürzt werden. Anders ist diese ganze Aktion nicht durchzuführen; das halte ih für meine Pflicht, hier einmal mit aller Deutlichkeit zu sagen. Es ist nicht so, daß neue Mittel geschaffen werden könnten denn sie sind niht vorhanden —, sondern es ist so, daß die verfügbaren Mittel, die an sich {on in

halt des Wohlfahrtsministeriums eine Ersparnis von ‘25 Mil- lionen Mark, weil die Ausgaben für die Erwerbslofens- fürsorge mit S Millionen Mark weniger eingestellt werden konnten. Das Ergebnis dieser Mehrausgaben und Ersparnisse ist dann, wie gesagt, ein Verwaltungsmehrbedarf von 148,5 Milliönen Mark. Dann der Rückgangder UebershüssederBetrieks- verwaltungen um 8,9 Millionen Mark. Er ift wesenilih darauf zurückzufübren, daß wir die Forsteinnahmen erheblich niedriger einshäßen müssen, und zwar um rund 80 Millionen Mark, Das tatsächlide Aufkommen im Jahre 1924 war, wie ih bereits vorher erwähnt habe, gegenüber dem Voranschlag für 1924 um 40 Millionen Mark zurückgeblieben. Wir glauben uns aber nit mit einem Abstrih von 40 Millionen Mark abfinden zu können, sondern glauben, eine weitere Minderung in Rechnung stellen zu müssen, weil der Forsteinshlag im vergangenen Jahre zu hoh gewejen ist und weil außerdèm die Preußishe Forstverwaliung durh den Eulenfraß und den überaus starker. Raubbau in den Forsten der beseßten Gebiele einen Schaden erlitten hat, der in Wahrheit ein Substanzscaden ist. Dieser Schaden muß allmählih wieder durch eiwas sparsameren Einschlag eingeholt werden.

Die Minderung bei den Steuern und Abgaben erklärk sich folgendermaßen: Die preußischen Steuern und Abgaben bringen nah dem Voranschlag für 1926 etwas mehr auf al3 1924. Die Hauszinssteuer haben wir mit einem Mehr von 45: Millionen Mark i rechne imer nur mii demjenigen Betrage der Hauszins- steuer, der für die allgemeinen Finanzbedürfnisse des Staats in Frage kommt einstellen können. Die Verwaltungsgebühren werden na unserer Schäßung eine Million Mark mehr bringen. Auf der anderen Seitz haben wir die Grundvermögensfseuer nur mit 170 Millionen Mark eingestellt, und zwar mit Rücksicht darauf, daß im Laufe des vergangenen Jahres eine Neubewertung des gesamten Grundbesißes erfolgt ist, die erheblihe Abstriche zur Folge gehabt hat und si erst im kommenden Jahre voll auswirken

. wird; ferner mit Rücksicht darauf, daß sich gezeigt hat, daß wir m

weiten Umfange bei der Grundvermögenésteuer dasselbe gilt, wie ih nebenbei erwähne, auch von der Hauszinssteuer erhebliche Stundungen und im weiteren Verlaufe der Stundungen auch Nieder- schlagungen bewilligen müssen.

Es ist also bei den preußischen Steuereinnahmen in dem Haus- halt mit einem Mehrertrag von rund 15 Millionen gerechnet. Gleich- wohl ist bei den Steuern der erheblihe Rückgang von 188,1 Millionen vorhanden, weil wir eben die Reichssteuerüberweisungen viel niedriger eingéstellt haben, als es im Vorjahre bei dem berichtigten Voranschlag für 1924 geschehen fonnte. Wir sind bei der Aufstellung des Haus- hastsplans für 1925 von den Zahlen des Reichshaushaltsplans für das Jahr 1925 ausgegangen, der ohne Nücksicht auf das tatsächliche Aufkommen aufgestellt ist und die gleichen Zahlen aufwtist, wie der ursprüngliche Haushaltsplan für das Jahr 1924. Wenn wir beù diesem Ausgangspunkt verharren. müßten, dann bestünde kaum eine Hoffnung, den Fehlbetrag von 417,5 Millionen Mark, den der Vors anschlag jeßt aufweist und den er nur durch einen künstlichen Sins nahmeposten zu decken versucht, vollständig auszugleichen, Man darf nun bei der Einfchäßung der Neichssteuern und der Veberweisungen, die Preußen aus diesen Neichssteuern bekommt, nicht von dem tatsäh- liden, so überaus günstigen Aufkommen des Jahres 1924 ausgehen; denn dieses Aufkommen wird nicht wieder erreicht werden, weil einmal bei der Umsaßsteuer die Steuersäße von 214 % auf 2% und dann auf 114 % gesenkt sind und weil ferner die neuen MReichs\steuergeieße doh au das Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschafts-

anderen Zweigen der Wirlschaft arbeiten, nun vorzugäweise dem ge-

War, von der Staatsbank an die Reichsbank weitergegeben wurden,

werblihen Mittelstande zugeleitet werden sollen. Das aber, wie i

steuer ganz erheblich vermindern werden. (Sehr richtig) Wir werden ader bei unseren Beratungen und Berehnungen niht mehr von den