1903 / 33 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 07 Feb 1903 18:00:01 GMT) scan diff

Branddirektor Gicrsberg, Geheimer Oberregierungsrat- Dr-

Maubach und agg dw iat Kautz, behufs Entgegennahme der Berichtswerke in Audienz.

Aus Anlaß des Ablebens des inaktiven Staatsministers von Delbrück sind der Witwe des Verstorbenen folgende Beileidstelegramme zugegangen :

Es telegraphierten Seine Majestät der Kaiser und König:

Die Kaiserin und Jch sprehen Jhnen Unser von Herzen kommendes Beileid aus beim Ableben Ihres teuern Gatten. “Möge das Bewußtsein, daß er Meinem Großvater und Mir stets ein treuer bewährter Diener gewesen is, Ihnen ein kleiner Trost sein in dieser Trauerstunde. Wir werden ihm stets ein treues Andenken bewahren.

Wilhelm, I. R. Victoria.

Ein Telegramm Seiner Majestät des Königs von Württemberg lautet:

Die Königin und Ich nehmen den wärmsten, innigsten Anteil an Ihrem tiefen Schmerze und sprechen Unser} herzlichstes Beileid aus. Ih werde allezeit dem Dahingeschiedenen ein treues dankbares An- denken bewahren.

Wilhelm.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden sandte folgendes Telegramm: Die Großherzogin und Ih nehmen den innigsten Anteil an dem so \{chmerzlihen Verlust Ihres verehrten Gemahls. In treuem Mit- efühl teilen wir von Herzen Ihre tiefe Trauer. Möge Gottes nade Ihnen Kraft geben, die {were Prüfung zu tragen. Sie wissen, daß Ih in großer und entscheidender Zeit mit dem teuern Entschlafenen oft und viel in treuer Arbeit verbunden war und daher ihm das dankbarste Andenken bewahre. Seine Wirksamkeit war viel gréper und bedeutungsvoller, als dermalen öffentlih bekannt, sie wird hoffentlih noch in ibren ganzen Werte erkannt werden. Friedrich, Großherzog von Baden.

Der Reichskanzler Graf von Bülow sandte folgendes Telegramm:

Herzlich ergriffen von dem Hinscheiden Ihres verehrten Gemahls, der mir seit meiner Jugend ein immer wohlwollender Freund und \{on meinem Vater eng verbunden war, bitte ih Sie, den Ausdruck meiner innigsten Teilnahme entgegenzunehmen. Ver Name des Verewigten wird fortleben in der Geschichte des deutshen Volkes, in dessen größter Zeit er an der Wiederaufrihtung des Reiches tätigen und bleibenden Anteil genommen hat.

Reichskanzler Graf von Bülow.

Der Staatsminisiler von Brauer in Karlsruhe telegra- phierte:

Tief erschüttert erlaube ich mir, Eurer Ercellenz zugleich im Namen der Großherzoglichen Regierung herzlihste und innigste Teil- nahme auszusprechen. /

_ Die Verdienste Ihres Mannes, der an der Seite des großen Staatsmannes in einer großen Zeit für Deutschlands Nubm und Einigkeit wirkte, werden im Vaterlande unvergänglih fortleben. Dem ten Menschen wird jeder, der ihn kannte, ein treues Andenken be- wahren.

Staatsminister von Brauer.

Jn der am 5. Februar unter dem Vorsiß des Staats- ministers, Staatssekretärs des Jnnern Dr. Grafen von Posa- dowsky- Wehner abgehaltenen Plenarsißzung des Bundesrats wurde den Ausschußanträgen, betreffend Er- aänzung und Abänderung der Schaumweinsteuerausführungs- bestimmungen, die Zustimmung erteilt. Außerdem wurde über mehrere Eingaben Beschluß gefaßt.

Heute hielten der Ausshuß für Zoll- und Steuerwesen, die vereinigten Aus\s{hü}sse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Rehnungswesen, ferner die vereinigten Auss{hüsse für Handel und Verkehr, für Zoll: und Steuerwesen und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll: und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Nechnungswesen Sitzungen ab.

Der französishe Botshafter Herr Bihourd wird, wie aus ter im amtlichen Teil der heutigen Nummer dieses Blattes veröffentlihten Ansage hervorgeht, nunmchr die zuum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgeftellten Herren empfangen. Dieser Empfang wird am Dienstag, den 10. dieses Monats, Abends von 91/2 bis 11 Uhr, ftatt finden. Der Anzug ist: für die Herren vom Militär in kleiner Uniform, für die Herren vom Zivil in Frack mit Ordensband über der Weste.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, Königlich sächsischer Ministerialdirektor Dr. Roscher und Fürsllich s{hwarzburg rudolstädtisher Staatsminister von Starck sti abgereist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S

„Stein“

am 4. Februar in Mahon (Balearen) eingetroffen und geht | konnte

am 15. Februar von dort nah Falmouth in See.

In der Erfien Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs: und Staatsanzeigers“ wird eine Zusammenstellung der Berichte von deutshen Fruhtmärkten für den Monat Januar 1903 veröffentlicht.

Württemberg.

Die Kammer der Abaeordneten hat gesiern, wie „W. T. B.“ meldet, nah Ablehnung verschiedener Anträge der Volkspartei, der Sozialdemokratie und des Zentrums mit 46 gegen 30 Stimmen einen Antrag der Kommission angenommen, demzufolge als Oberschul- behörde für die evangelishen Volksschulen fiatt des Kon- 7 ein evangelisher Oberschulrat gebildet werden soll.

úr die fatholishen Volksschulen verbleibt der katholische Kirhenrat die Oberaufsichtébchörde mit der Bezeichnung

„Katholisdher Oberschulrai*. Gegen den Antrag slimmtien Zentrum und G cdeideroeatie,

| fortzusetzen.

| Erneuerung;

e Oesterreich-Ungarn.

Das österreihische Abgeordnetenhaus seßte gestern, wie «W. TIBL es ; Becbriblunc über die Anträge, betreffend die Abänderung der E For nung, fort. Nachdem der Abg. Kramarc acficodie hatte, erklärte der Ministerpräsident von Körber, die B der an der Herbeiführung einer geordneten und be- \{chleunigten Grledigung der p entarishen Angelegenheiten ebenso gelegen sei wie dem Hause, was sie durch wiederholte Bemühungen um die Arbeitsfähigkeit des Hauses dargetan zu haben glaube, werde sih gern an den hierauf gerichteten Arbeiten beteiligen. Soweit das Geschäftsordnungsgese in Betracht komme, werde die Regierung demnächst einen Entwurf zur Abänderung desselben unterbreiten und hierbei den Standpunkt der Regierung hinsichtlich wichtiger Einzel- fragen, namentlih der Erledigung der Regierung8vorlagen, entwickeln. Nach längerer“ Debatte wurden sämtlih-e Anträge auf Abänderung der“ Geschäftsordnung an einen Auss{huß von 48 Mitgliedern verwiesen, ote l nächsten, am Dienstag stattfindenden Sitzung “gewählt werden soll.

Imungarischen Unterhause ergriff gestern der Ministerpräsident von Szell das Wort, um auf den Einspruch des e Barta (Kossuthp.) gegen die vorgestrigen Ausführungen des Grafen Andraf\y zu antworten. Im Hause herrschte, große Unruhe. (Ein Zwischenruf ertönte: „Lauter! Schämen Sie sich, diese Dinge laut vorzu- bringen ?“) Der Ministerpräsident erwiderte hierauf: „Ich shäme mich nie meiner Ansichten und habe stets den Mut, meine Ansicht zu “bekennen und auszusprechen." Der Ministerpräsi- dent erklärte dann, unter fortwährendem Lärm und Widerspruch der Kossuthpartei, niht zu der Frage selbst sprechen zu wollen. Er be- streite nur den Rechtstitel des Abg. Barta dazu, daß er, anstatt im regelmäßigen Verlauf der Debatte mit. dem Vorredner zu polemisieren, gegen dessen Ansichten angeblich im Namen der Nation Protest erhebe. Der Ministerpräsident wies sodann die Beschuldigung zurück, daß Graf Andrassy gesprochen habe, um sich nach oben einzushmeicheln. Da der Lrm und die Unterbrehungen fort- dauerten, rief der Ministerpräsident: „Es ist \{chwer, mit Ihnen zu debattieren, da Sie die Wahrheit nicht hören wollen“. Von links wurde gerufen: „Zur Ordnung!" Der Präsident des Hauses erklärte: „Jch kann in der Bemerkung des Ministerpräfi- denten keine Beleidigung erblicken.*“ Der Ministerpräsident von Szell fuhr hierauf fort: Graf Andrassy hat als integrer Charakter diese Anklage nicht verdient; er hat seine Anschauung, die er seit langem und stets vertreten, männlich zum Ausdruck gebraht. Der Ministerpräsident erörterte sodann die Ansicht des Grafen Andrassy über die einheitliche Führung der Armee und den aus Zweckmäßigkeitsgründen eingeführtin einheitlihen Gebrau der deutshen Sprache in der ge- meinsamen Armee. Man könne in dieser Hinsicht anderer Ansicht sein, könne aber nicht sagen, daß in dieser Einrichtung eine Verleßung des Rechts der ungarishen Sprache liege. Die Nation lebe in threr Sprache, und die ungarische Sprache behalte ihre Nehte auch in der Armee, im militärishen Unterricht und im \{hriftlihen Verkehr. Die ungarische Sprache habe unveräußerliche Rechte. Indem das Geseyz die einheitlihe Kommandosprahe in der gemeinsamen Armee anerkenne, folge daraus nicht Abhängigkeit von Oesterreih. Diese Festseßung der Kommandosprahe sei vom Monarchen auf Grund des Gesetzes, des in der Volksvertretung kundgegebenen Willens der Nation ge heben. Nach dem Ministerpräsidenten \prach zunächst der Abg. Mezöfs\y (Kofsuthpartei), der in seiner Rede den Ausdruck: „Die Minister jen da, wie die Stumme von Portici“ gebrauchte. Der Abg.

gron rief: „Die hat aber nicht so getänzelt wie Fejérváry*. Der Minister für Landesverteidigung Freiherr von Fejórváry erwiderte: „Auf die Meinung Ugrons bin ih nit neugierig. Verhalten Sie ih il!“ (Großer Lärm, Unruhe, Rufe zur Ordnung!) Der

räsident des Hauses erklärte, die Worte des Ministers nicht vernommen zu haben. * Di&Sißung wurde hierauf unterbrochen, um den Tatbestand feskiustellen. Nah der Wiedereröffnung kVonftatierte der Präsident, daß der Minister von Fejérväry den in Frage stehenden Ausdruck tatsächlih gebraucht habe; er fand ihn jedoch nit beleidigend und ersuhte das Haus, die Beratung îin Ruhe fort- zuseßzen. Hierauf erhielt der Abg Ugron die beföndere Erlaubnis des Hauses, eine persönliße Bemerkun zu erklärte, der Minister habe ihm zugerufen : und binzugefügt: „denn sonst . . .“ Der Minister habe ihn bereits dreiinal in dieser Weise angegriffen. Er habe dies vershwiegen, da er mit Freiherrn von Fejörváry cine ritterlide Affaire gehabt und derselbe ibm keine Genugtuung gegeben habe. Er wünsche keine Dis- kussion mit jemandem, den er öffentlih ein „altes Weib* genannt habe. Der Redner forderte den Minister auf, zu erklären, was er mit seiner Drohung gemeint babe; er werde- den Minister erhobenen Hauptes anhören. Der Minister für Landesverteidigung Freiherr von Fejórváry bemerkte, er wolle niht wiederholen. was er ge- äußert habe, da zablreihe Umstehende ihn wohl verstanden hätten. Was die Urjache der Genugtuungdverroeigérung angebe, berufe er sich auf Ugrons Sekundanten Stefan Rakovsky Dieser bemerkte darauf, der Minister habe nur erklärt, er {lage sich niht mit Ugron, aber feine Uxsache angegeben. Die Abgg. Rosenberg, Baron Feilit \ch und Josef Vessi erklärten, der Minister habe nur gesagt: „Verhalten Sie fich \till!!“, den drohenden Zuruf „denn sonst“ hätten fie nicht ge- bôrt. Hierauf kam es zwischen den Abgg. Vessi (liberal) und Na- ovsky (klerikal) zu einem Wortwecwbsel, in dessen Verlauf Rakovsökly ironish rief: „Vessi wciß alles vortrefflih!* Vessi crwiderte: „Jh lasse mich durch Rakovsky nicht terrorisieren, weder dur Worte noch durch Geslen.“ Arch der Abg. Arpad Szentivanyi erklärte, er abe, obwobl er dem Minister ganz nahe gestanden habe, den be-

machen, und „Verhalten Sie si till“

va,

| anstandeten drobenden Zusatz nicht gehört, er glaube, niemand werde ibn I s ck Y | G | im Verdacht baben, daß er aus Liebedienerci von der Wahrheit abweiche.

Nach diescn Zwischenfällen, die unter großer Unrube des Hauses ver- liefen, forderte der Präsident den Abg. Mezössy auf, seine Rede Die Opposition verlangte, daß mit Rücklsiht auf die bercihende Erregung die Rede erst beute fortgeseßt werde. Darauf wurde die Sißzung unterbrochen; nah Wiederaufnahme derselben stellte der Aba. Mezössy selbst ein dem Verlangen der Opposition ent-

| sprechendes Ersuchen, dem stattgegeben wurde. sind von Berlin |

Großbritannien und Jrland. Das Befinden des Königs hat sich so weit gebessert, daß

| Allerhöchstderjelbe gestern nahmittag, wic „W. T. B.“ meldet,

A

mit dec Königin einé einstuündige Spazierfahrt unternehmen

Franfkreich.

Die Depvutiertenkammer begann geslern, wie „W. T. B.“ meldet, die Beratung des Marinebudgets. Der Marineminister Pelletan veiteidigte, in Beantwortung der Reden verschiedener Ab- geordneten, seine Politik im allgemeinen und gab sodaun seiner Sym-

| pathie und Bewunderung für die Mannschaften der Marine Ausdruck. |

Dagegen edüirfe d Verwaltung dexr Flotte Absonderungsbestrebungen, die die modernen Staatswesens stellen wollten, Revublifk müsse von allen geachtet werden und Gleichheit unter den Offizieren aller Waffen und Grade hes sleben. Der Minister betonte, er sei zur Aufrechterhaltung ter nötigen Manneszucht entschlossen, werde aber allen Mikbräuchen ent- gegentreten und nicht dulten, daß irgend cin Befehlshaber das Leben der ihm untergedenen Offiziere und Mannschaften uünerträglih mathe. Bezüglich der eingeschriebenen Matrosen der Handelsmaätrine erklärte der Minister, diee bâtten d2s Net, in den Ausland mw tirelen, erx wolle sie nicht, wie es die früheren Vorschriften áctan, zum Vorteil der privaten Autbeutoung der milltärlchen Disziplin untetstellen. Der Minifter erörterte sodann die Frage der Neubavten und beklagle, daß die Ausführung der sest- geftelltea Programme durh die Langsamkeit der Geschäftserledigung in den Verwaltungébareaux verzögert werde. Er erklärte G gegen aroße Panzerschiffe, denen er leichtere und rashere Einheiten vorziede, die allcin fähig sciea, die Vertcidigung Frankreichs zur See zu sichern.

vollständiger Flolle außer-

halb des seien zu de-

fämpfin. Die

Schließlich sprach“ sich der Minister voll Lobes über die Torpedoboote und dieUnterseeboote aus und pries Frankreich glücklich, daß es diese beiden Einheiten in \tärkerem Verhältnis als die anderen Nationen besitze. Der Minister betonté ferner die Notwendigkeit der Befestigung der Flotten- stüßpunkte im Mittelmeer und im Atlantischen Ozean. „Die Ver- teidigung unseres Kolonialreiches“, so endigte er seine Rede, „hängt durchaus ab von der Stärke der Stüßpunkte, die wir für unsere Flotte errihten werden, von der Stärke und der Schnelligkeit unserer Schiffe.“ Hierauf wurde die Generaldebatte Bosen, In der Spezialdebatte entspann 10 eine lebhafte Diskussion über die von dem Maoarinemini\ter geschaffenen Stellen der Administratoren bei den Musterungsbehörden, - die die Kom- missare bei diesen Behörden ' köntröllieren sollten. Salis und Chautemps bekämpften die Maßregel, ‘die ungeseßlih sei, und verlangten ihre Aufhebung. Der Marinemitnister erklärte, die Maß- regel sei durchaus geseßlich und nur dazu getroffen worden, eine größere Regelmäßigkeit des Dienstes zu sichern. Die Anträge Salis und Chautemp3 auf Aufhebung der Maßregel wurden \{chließlich mit 275 gegen 250 Stimmen abgelehnt. Das Haus nahm darauf alle Kapitel des Marinebudgets an.

Der Ausschuß der Deputiertenkammer für die Kongre- gationen hat den Bericht seines Berichterstatters Rab ier ge- nebmigt, der, gemäß dem vorgestern von dem Ausschusse gefaßten Beschlusse, die E Zulassungsgesuche der in dréi bériGievene Kategorien eingeteilten Männerkongregationen empfiehlt.

Jtalien.

Aus Anlaß des N des Papstes Pius IX. fand heute, wie- „W. T. B.“ berichtet, in der Sixtinischen Kapelle eine Trauerfeier statt. Der Papst wohnte der Feier bei und erteilte die-Absolution.

Velgien.

Die Abordnung, die aura ist, Belgien bei den Festlichkeiten zu vertreten, die aus Anlaß des 2%. Jahres- tages der Ernennung des Königs zum Chef des in Colmar garnisonierenden Kurmärkishen Dragonerregiments Nr. 14 stattfinden werden, wird, wie „W. T. B,“ erfährt, aus dem Major und Adjutanten beim Generalstabe de Witte vom 1. Guidenregiment, dem Hauptmann Fourcault vom 2. Guidenregiment und dem Unterleutnant Reyntiens vom 1. Guidenregiment bestehen.

Türkei. Die englische Regierung hat neuerdings, wie „W. T. B.“ erfährt, die Aufmerksamkeit der Pforte auf die Unzulänglich- keit ihrer Maßregeln Jur Unterdrückung des M alda

unwesens im Roten Meere gelenkt und erklärt, eventuell selbst Maßregeln ergreifen zu müssen.

Bulgarien.

Der frühere Ministerpräsident Karawelow is in der vergangenen Nacht infolge eines Schlaganfalls gestorben.

In der gelirigen Sitzung der Sobranje richtete, dem ,W. T. B.“ zufolge, der Deputierte Strashimirow (Jungdemokrat) die An- frage an die Regierung, ob sie es niht für angezeigt erachte, die macedonishen Komitees, die offen den Aufstand in dem Nachbar- reie vorbereiteten und Bulgarien kompromittierten, aufzulösen. Der Ministerpräsident Danew erwiderte, die Regierung werde die er- forderlichen strengen Maßnahmen treffen und, wenn die Lage -folche Maßregeln verlangen sollte, auch mit denselben vorgehen. Der De- putierte Takew wünschte Auskunft über den Stand der macedonischen Frage. Der Ministerpräsident Danew erklärte, aus Rücksicht auf das Staatsinteresse zur Zeit niht antworten zu können.

Amerika.

Der Senator Lodge, der Mitglied des Ausschusses des Senats für auswärtige Angelegenheiten is, hat, wie dem „W. T. B.“ aus Washington berichtet wird, dem Prä- sidenten Noosevelt mitgeteilt, daß die Frage der Natifikation des Alaskavertrages niht mehr als aussihtslos anzusehen sei.

Das „Reutersche Bureau“ berichtet aus Washington, der Staatssekretär pay habe gestern früh eine Mitteilung des englishen Botschafters empfangen, in der dieser angesihts der Tatsache, daß er es unmöglih gefunden habe, den Gesandten Bowen von der Begründet- heit seines Standpunkies zu Überzeugen, vorschlage, der Präsident NRoosevelt möge es übernehmen, über die Forderung der verbündeten Mächte, betreffend Vorzug s- behandlung, die Entscheidung zu fällen. Der Staatssekretär habe si sofort nah dem Weißen Hause begeben, um den Vor- schlag dem Präsidenten zu unterbreiten. Nach einer Besprehung mit dem Sktaatssckretär und den übrigen Mitgliedern des Kabinetts habe der Präsident beschlossen, den Vorschlag Herberts in allen Einzelheiten zu prüfen. Jm Laufe des Nachmittags sei der Präsident Roosevelt zur Entscheidung gelangt. Er werde dem englishen Botschafter seine Ab- lehnung des Ersuchens zugchen lassen. Dies werde zur Folge haben, daß die Frage dem Haager Schiedsgericht unterbreitet werde; es solle dabei die Blockade aufgehoben werden, sobald das hierauf bezüglihe Protokoll unterzeichnet sei.

Nach einer Meldung aus Carácas hat sich Mendoza, der erste Offizier des Generals Matos, nah dessen Niederlage nah Curaçao geflüchtet, was als Vorbedeutung für das Ende der Erhebung des Generals Matos angesehen werde.

Afrika.

Aus Bloemfontein berichtet das „Reutershe Bureau“, de Wet und 40 andere Buren, die der cxtremen Holländer- partei angchörten, hätten gestern eine zweistündige Besprehung mit dem Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain ge habt, in der es zu erregten Vorgängen gekommen sei. De Wet habe die Regierung beschuldiat, die Friedensbestimmungen von Vereeniging verleßt zu haben. Chamberlain habe die ihm angebotene Adresse abgelehnt und den ihm die Adresse über bringenden Delegierten heftige Vorwürfe gemacht, weil sie den guten Glauben der englishen Regierung und seinen eigenen guten Glauben angegriffen hätten

Die „Agence Havas“ meldet aus Tanger, der Prä tendent befinde sich als Gefangener beim Stamme der | Riata, die ihn hinderten, sich nach Taza zurüczuziehen | Die Niata hätten tem Sultan angeboten, ihm den | Prätendenten gegen Bezahlung auszuliefern. Der Kriegs:

minister habe Fez am 1. d. M. verlassen, um mit den Riata wegen Auslieferung des Prätendenten in Verhandlung zu trelien. Man glaude, der Prätendent werde als Gefangener in Fez eingebracht werden.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sihungen des Neichstages und des Hauses der Abgeordneten befinden sih in der Ersten und Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (253.) Sihung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky beiwohnte, erklärte vor Eintritt in die Tagesordnung der

Präsident Graf von Ballestrem, daß seine Prcäsidialverfügung vom 7. Dezember, betreffend den Verkehr der Abgeordneten mit dem

ublikum, über die si vor einigen Tagen im Hause Meinungs- pershiedenheiten ergeben hätten, bereits im vorigen Monat suspendiert worden sei; wenn fie wieder notwendig werden sollte, werde sie wieder in Kraft treten.

Darauf wird die E Beratung des RNeichshaus- haltsetats für 1903 fortgeseßt und zunächst der Etat der

| Reichskanzlei ohne Diskussion angenommen.

Es folgt der Etat des Reichsamts des Innern.

u diesem, und zwar in Anknüpfung on den ersten Ausgabe-

titel: „Gehalt des Staatssekretärs 50 000 4“, sind drei Reso- lutionen eingebracht :

1) von den Abgg. Gröber (Zentr.) und Genossen, in der nächsten Session einen Geseßentwurf vorzulegen, durch den die Nechtsfähigkeit von Berufsvereinen auf der Grundlage des Bürgerlichen Geseßbuhes geregelt wird; 2) von den Abgg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.) und Trimborn (Zentr.), Titel VII1 der Gewerbeordnung dahin abzuändern, daß für junge Leute von 14—18 Jahrén und für Arbeiterinnen über 18 Jahre eine Maximalarbeitszeit von 10 Stunden; bezw. für Arbeiterinnen an den Vorabenden der Sonn- und Festtage von 9 Stunden fest- geseßt und das Verbot der Mitgabe von Arbeit an jugend- liche Arbeiter und Arbeiterinnen nach Haufe ausgesprochen wird; 3) von den Abgg. Albrecht (Soz.) und Genossen auf Vorlage a. eines Gesetzentwurfs zur Errichtung einer Reichszentralgewerbeau fsihtsbehörde und von Bezirksinfpektions- behörden, welhe aus Reichsbeamten und gewählten Beigeordneten zusammengesetzt find; b. eines Gesetzentwurfs zur vorläufigen Fest- seßung des allgemeinen Maximalarbeitstags auf 10 Stunden.

Auf Vorschlag des Präsidenten wird die Debatte unächst über die sozialpolitishe Gesezgebung und die dazu ge- fellten Resolutionen eröffnet.

Abg. Trimborn (Bente): Wenn auch im das Interesse des Staatssekretärs und der die Zollfrage' in Anspruch genommen war, so war für ihn das vorige Jahr doch auch in sozialpolitischWer Beziehung nicht unfruhtbar. Im Laufe des Lea Jahres is} eine feste Grundlage für die Einführung einer itwen- und Waisen- versiherung für die Arbeiter geschaffen worden. Ich nicht, daß das Reichsamt des Innern alles tun dies Ziel, soweit die Umstände es gestatten, zu erreichen. Es handelt fich allerdings dabei um ein nasciturum. Meine Freunde wollen \ich durch diese meite Ausführungen in keiner Weise festlegen, namentlich nit hinsihtlich der Beitragspfliht. Von s\ozial- demokratisher Seite ist gesagt, daß diese Witwen- und Waisen- versicherung eine Witwen- und Waisenverhungerung fei. Für folhe Geshmacklosigkeit und widerwärtige Uebertreibung habe ih nur ein Achselzucken. Herrn Bebel gegenüber, der meint, daß wir mit diesem Vorschlag nur die Lebensmittelzöle \{chmackhaft mahen wollten, bemerke ih, daß die Witrwen- und Waisen- versicherung ein alter Wunsch von uns is}, und daß wir den Zolltarif flugerweise als einen Anlaß benußten. Der Zolltarif war not- wendig an sih zur Erhaltung der Landwirtschaft und der in ihr beschäftigten Arbeiter. Die Sozialdemokraten sagen, wir nehmen mit dem Zolltarif 13 A und geben mit der Versicherung 1 Damit verspriht man sich Erfolg bei den Wablen und erwartet einen Entrüstungssturm der Wählerschaft. (Unruhe bei den Sozialdemokraten.) So haben Sie (links) es sich doch gedaht. Auf dieses Rechenerempel werden die Wähler niht hineinfallen, denn dieses Exempel beruht auf der falschen Annahme, daß die Zoll- erhöhung in der Hauptsahe zu Lasten der Konsumenten fallen wird. Seltst wenn die Erhöhung den Preis um F verteuern würde, so würde dies für Roggen und Weizen den Preis nur um 2,91 M pro Kopf und Jahr steigern. In Bezug auf Vieh und Fleisch wird überhaupt feine Preiésteigerung eintreten. Für jene 2,91 A taus{cht mxn im Volke cine einigermaßen gesicherte Existenz der Witwen und Kinder des Ernährers ein. Jh habe zu dem gesunden Sinn des Arbeiters das volle Vertrauen, daß er dafür ein Verständnis hat. Zu den weiteren Erfolgen des vorigen Jahres gehört das Unfallfürsorgegesey für die Gefangenen. Wir hoffen, daß die Novelle zum Arankenverfierungtgeleß zu stande kommt.

(Bei Schluß des Blattes spriht Redner weiter.)

vorigen Jahre Regierung durch

_ zweifele wird, Um

Das Haus der Abgeordneten seßte in der heu- tigen (16.) Sihung, welcher der Minister des Jnnern Freiherr von Hammerstein beiwohnte, die zweite Beratung des Staatshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1903 im Etat des Ministeriums des Junern fort.

Abg. Freiherr von Zedliy und Neukirch (freikons.): Taktisch war es sehr richtig, daß durh die authentishe Darstellung der polizeilichen Uebergriffe durch den Minister die Grundlage für unsere Erörterungen gegeben worden is. Die Mehrzahl der Fälle ist durch ihn enlkräftet worden. Die Polizei- beamten müssen ih gegen ungerechte Angiffe in der Presse und im Parlament auf den Schuy des Ministers verlassen können. Meine Bebauptung, daß cine Aeaderung der Wahlkreis- einteilung nur der Sozialdemokratie zu gute komme, halte ich aufrecht

Wer die sozialdemokratishe Presse verfolgt, wird wissen, daß sie es |

bei den kommenden Wablen als ibren Erfolg binstellen wird, daß eine größere Sicherung dcs Wablgeheimnisses erfolgen soll. Den Beamten ist die freie Meinungosäußerung bei den Wablen niht beschnitten; nur eine Ausnahme gibt es: angesichts des Umstandes, daß die Sozialdemokratie offen gegen die Monarchie und Staats- und Gesellshaftsordnung agitiert, eine Förterung dieser Bestrebungen bei den Wablen auch dur bloße Stlimmenabgade mit dem Treucid, der dem Landesherrn geleistet worden ist, unvercinbar sein. Um den Verhzyungen ter Sozialdemo- kratie erfolgreih entgegenzutreten, bedarf es der Aufkläruna, ebenso aber auch gegea das Extrem auf der anderen Seite, den Bund der Landwirte; dau sind in erfsler Linie die Landräâte be- rufen, s\olde Arbeit können aber nur die eceingesesscnen Land- räte verrichten. Der Landrat muß mit seinem Kreise durhau® ver- wadsen sein. Man darf den Geschäftskreis des Landrats nicht ver- tingern; ihm die Steuererhebung zu entziehen, wäre ein s{hwerer Mißgariff ; man soll statt dessen das Beamtenpersonal vermehren, ihm insbesondere Assessoren dauernd zur Verfügung stellen, die unter seiner Oberleitung selbständig arbeiten.

Abg Faltin (Zentr.) beschwert sh über die Handhabung des Vereins+ und Versammlunasrechts in Oberschlesien, wo verschiedent- lih Auflöósungen von Versammlungen wegen des Gebrauchs der polnischen Sprache verfügt worden seien. Das Ober- verwaltungtgeriht habe entschieden, daß dics nicht zulässig sei, aber troydem seien neue Auflösungen ausgesprochen worden. Ob dies aus Bosheit oder Unwissenheit geschehen sei, wisse er nicht. Dabinter sieckten jedenfalls hakatistische Treibereien, die kleine Vorfälle aufbaushten. Man solle do eine Politik ter Mäßigkeit und Billig- leit verfolgen

Unterftaatssekretär von Bishoffsöhausen: Der Regierungs- dräsident von Opveln hat eine Verfügung an die ihm unterstellten Behörden erlassen, in der cr sie angewiesen hat, Versamm- lungen, in denen die polnische Sprache gebraudt wird, aus diesen Grunde nihi auflösen Derartige allgemeine An- ordnungen können aber niht verhindern, tak in einzelnen Fällen doa seiten untergeordneter Polizeibebörten Mißgriffe vorkommen Von uns werden solche Auflösmgen, die zu Uarecht erfolgt sind, ge- ladell. Eine Anzabl Fälle, die der Vorredner vorgetragen hat, sind erst ia leyter Zeit vorgekommen und uns nichi delanni. Wir haden

würde |

bereits im vorigen Jahre den Vorredner gebeten, uns lber solche Fälle zu informieren, damit wir Rede stehen können. Wir werden uns be- mühen, diesen Vorkommnissen nahzugehen, um vielleicht bei der dritten Lesung Antwort geben zu können. Abg. Dr. Lotichius (nl.): Der Abg. Porsh führte am Donnerstag tarüber Klage, daß der Wahlbezirk Rheingaukreis- St. Goarshausen - Meisenheim in tendenziöser Weise ai gestellt sei, offenbar um zu verhindecn, daß ein Zentrumsabgeordneter in jener Gegend gewählt würde; wenn der Kreis Meisenheim abge- trennt würde, würde ein Zentrumsmann gewählt werden. Das ist nit richtig; auch wenn Meisenheim abgetrennt würde, würde die Majorität für die Nationalliberalen so bedeutend sein, daß auch dann immer noch ein Abgeordneter gewählt würde, der niht dem Zentrum angehört. Dieser Wahlbezirk . ist in den Jahren 1866/67 geschaffen worden. Der Rheingaukreis und St. Goarshausen gehören zum ehe- maligen Nassau, Meisenheim war eine Hessen- Homburger Enfklave in der Rheinprovinz. Die Wahlbezirke der Rheinprovinz lagen {on geseßlih "fest, deshalb legte man diese zusammen. Irgend welche politishen ‘Motive lagen fern. Im Jahre 1885 ist diese Frage auch {hon einmal in der Kommission behandelt worden, dais stimmten sämtlihe Abgeordneten, auch die des Zentrums, dieser Einteilung zu. Sodann behandelte der Redner die allgemeine Landesverwaltung und erklärte sich mit der angeregten Dezentralisation einverstanden. Ausgeschlossen solle es jedo sein, die Schulgeschäfte den Landratsämtern zuzuteilen, wenigstens so lange, bis ‘alle Schul- inspektoren im Hauptamte angestellt seien. ‘Er wolle auch für "die Zukunft das Landrats8amt in seiner Bedeutung erhalten wissen.

Bei Schluß des Blattes sprah Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.).

Bei der gestern im 2. Danziger Wahlbezirk (Stadt Danzig) vorgenommenen Ersaßwahl zum Hause der Abgeordneten wurden, nah der amtlichen Zeug, 439 Stimmen abgegeben, von denen 436 auf den Rechtsanwalt Rudolf Keruth- Danzig (freisinnige Volkspartei) und 3 auf den Hauptmann und Gutsbesißer Schrewe in Prangschin (konservativ) fielen. j

Kunst und Wissenschaft.

Das Festzeug zum Gebrauch des Hofes bei Grundsteinlegungen, Enthüllungen und ähnlichen feierlichen Anlässen ist seit Donnerstag im Lichthof des Kunstgewerbemuseums ausgestellt. Es ist eine ebr prächtige Entfaltung künstlerisch durchgeführten Geräts, das mit Absicht so gegliedert ist, daß alle Teile je nah Umfang der Festlichkeit einzeln oder gruppenweise benußt werden können. Die drei großen Wandteppiche zeigen den Reichsadler, den Pen men und den kurbrandenburgishen Adler; diese heraldishen Bilder sind auf goldenem und auf weißem Seidengrund in hôchster Pracht der Seiden und Goldstickereiausgeführt. Die {chmaleren Streifen enthalten Namens- züge und Palmen in Gold auf purpurrotem Sammet. Alle Stickereien sind nach Zeichnungen von Professor Emil Döpler d. I. in der Stickereiklasse des Museums von Fräulein Jda Seliger und den Schülerinnen hergestellt. Der Gesamtentwurf des Festzeuges ist von Professor Rieth, in dessen Klasse die sämtlichen Möbel bearbeitet sind; die Holzscbnißzereien sind in der Klasse des Professors Taubert modelliert, die Tischler- und Vergolder- arbeiten in den Werkstätten von Olm und Noack ausgeführt. An zwei hohe, thronartige Stüble reihen \fich zwölf Lehnitüble und achtzehn ein- fachere Stühle, sämtlich aus vergoldetem Holzwerk mit Bezug von stumpf- roter Scide. Der Tisch zum Niederlegen und Unterzeichnen von Urkunden ist aus dunklem Nußholz, die Platte wird von heraldishen Adlern etragen. Das Rednerpult ift in ähnlichen Formen gehalten. Zum

is gehören ein bronzenes Tintenfaß und zwei Dokumentenmappen. Den Boden bedecken drei tiefrote Teppiche, von den Vereinigten Smyrnateppichfabriken gefertigt. Das Metallgerät für Grundstein- legungen is von R BEEE Silber mit elfenbeinernen Griffen, Hammer, Kelle und Mulde nach Modellen von Professor Behrendt in der Ziselierklasse von Professor Rohloff ausgeführt. Der Aufbau E ist für den Tages- und den Abendbesuch geöffnet.

_In Dresden ist, wie ,W. T. B.* meldet, der bekannte Goethe- forsher Waltemar Freiherr von Biedermann gestern früh im Alter von 85 Jahren gestorben.

Land- und Forstwirtschaft.

Die XXX1. Plenarversammlung des Deutschen Landwirtschaftsrats. Iv.

In der gestrigen, viertea und leßten Sißung des Landwirtschafts- rats wurde zunächit die Aufgabe und Bedeutung der Kartelle und Syndikate in der Volkswirtschaft eingehend erörtert. Als Berichterstatter sprachen hierüber der Kammerberr Graf von Kaniy- Podangen und der Oberlandesgerichtörat Schneider-Stettin, die folgenden gemeinsamen Antrag vorlegten :

„Im Hinblick auf das große Interesse der Landwirtschaft an der Frage der staatlichen Regelung der Kartelle und unter Hinweis auf die von der Landwirtschaft geaen manche \{chädlihen Folgen der Kartellierong bereits tur die Genossenshaftsbildung ergriffene und von den wobltätigsten Folgen begleitete Selbsthilfe erklärt der Deutsche Landwirtschaftôrat, taß vor Beendigung des vor dem Reichsamte des Innern zur Zeit schwebenden Untersuchungsverfahrens über die Kartelle weitere Maßnahmen auf diesem Gebiete nicht in Erwägung zu ziehen sind.“

Dieser Anirag wurde, nochdem noch Gans Edler Herr zu Putliy als Vertreter des Spiritussyndikats die außerordeutlihe Schwierigkeit, wischen rehtem Gebrauch und Mißbrauch des Einflosses der Kartelle zn unteischeiden, targeleat und die Hoffnung ausgesprochen, daß wirk- liche Mißbräuche mit der Zeit vershwinden würden, und Freiherr

| von Wangenheim-Kl.-Spiegel betont hatte, daß gerade im Spiritus-

ringe eine gesunde und vernünftige Kartellbildung zu erblicken sei, ein- stimmig angenommen.

Den nächsten Gegenstand der Beratungen bildete die Stellung - nahme gegen die mißbräuchlihe Bezeichnung der Kleie, über die der Geheime Hofrat, Professor Dr. Kellner-Möckern referierte. Einem Antraae des Hessischen Landwirtschaftsrals gemäß wurde folgender Beschluß einstimmig gefaßt

„Der deutsche Lantwirtshaftörat stimmt der Definition des Be- ariffes „Kleie“ zu, melde vom Verbande landwirtschaftlicher Versuchs- tationen im Deutschen Reiche ina Jahre 1902 aufgestellt worden ist und welche lautet: „Kleie ist der Abfall, welher beim Mablen des vorher von Verunreinigungen befreiten, also reinen, mahlfertigen Kornes entsteht.“

Gr beschließt ferner, gegen die von der Mehrzahl der deutschen Hantelékammern Ende 1902 angenommene Definition des Begriffes „Kleie* geeigreten Ortes Schritte zu tun."

Zum S@ébluß erstattete der Oberlandesgerichtörat Schneider- Stettin über die reihsgeseylihe Regelung des Ver- sidherungsvertrages Bericht. Damit war die Tagebordnung erletigt. Mit einem begeistert aufgenommenen Hoh auf Scine Majestät den Kaiser, die Bundesfüörsten und die freien Städte schloß der Vorsiyende, Graf von Schreerin-Löwiy die diesjährige Plenar- versammlung des Deutschen Landwoirtschaftsrats

Weizeneinfuhr Marseilles.

Nach den Wothenübersichten tes in Marseille erscheinenden Sémavhore* hat die Welzencinfuhr Marseilles auf dem Seewege iragen

®) Vergl

die Nen. 30, 31 und 22 des „Reithse und Staais anzeigers" vom

, 5, und 6. d. M.

in der Zeit vom 283. Dezbr. v. J. bis zum 2. Jart. d. J. 150 482 äz

: davon aus Rußland . ..., . , ¿ , 120984

in der Zeit vom 4. Jan. d. J. bis zum 9. Jan. d. J. 72817

f davon aus: Fußland. .. , , » «46892

in der Zeit vom 11. Jan. d. J. bis zum 16. Jan. d. J. 198 €39

: dabon:cuis. Nuland p a aier LIONOS

in der Zeit vom 18. Jan. d. J. bis zum 23. Jan. d. J. 120 769 davon aus Rußland .... 7 95393

In den Marseiller Docks und Entrepots B d R 23. Januar d. I. 47 400 âz. pots befanden sih am,

Getreidehandel in Italien.

Das Kaiserliche Konsulat in Ancona berichtet unterm 31. y. M.- __ Die Preise sür Weizen s{hwankten bei flauer Tendenz zwi 18 Lire 24 und 245 p. dz. Von der Donau und vom Schwarzen Meer“ E De Januar d. J. 10000 dz an; weitere große Posten sind unterwegs. :

Ausländisher Mais löste Lire 16 bis 164 p dz, während für einheimishe Ware Lire 18 bis 183 p. dz drabtt burtes, Die a Schwarzen Meere eingetroffenen 100 000 dz blieben teilweise un- verkauft, so daß die Preise zum Rückgang neigen. Weitere be- deutende Mengen werden im Februar erwartet.

Rotterdamer Getreidemarkt im Januar 1903.

__ Der Kaiserliche Konsul in Rotterdam berichtet unterm 2. d. M. : Eine seit geraumer Zeit niht gekannte Lebhaftigkeit beherrshte im Januar d. F. den arkt in allen Sorten Körnerfruht, mit Aus- nahme des Hafers. Namentlich aus Großbritannien lagen große Kaufaufträge in Weizen vor. Die starken Verkäufe haben die Nach- frage und die Preife gegen Ende des Monats abflauen lassen.

Bezahlt wurde cif Rotterdam: Weizen für 2400 kg: Hard Winter Nr. 2, Januar 2, Februar anuar ¿ ò 3, Februar Nogagen für 2100 kg: : Schwarzes Meer 73/74 kg, Januar . s « 73/74 kg, Februar . Taganrog 71/72 kg, April/Mai Gerste für 2000 kg: Südrussische 60/61 kg, Februar . 115/116 â 60/61 kg, April/Mai 114/115 Hafer für 1000 kg: / Südrussischer, 45/46 kg, Januar . . 59 L 45/46 kg, ati E 59 Nordrussischer, 47/48 kg, Januar . . 69 ¿ 46/47 kg, Februar/März . . 59 Mais für 2000 kg: M. Ad 4 112/115/117 FI. N 110/113/116 Auch auf dem Mehlmarkt gingen die Preise in den zwei ersten Dritteln des Monats Januar in die Höhe, standen aber gegen Ende des Monats etwa wie am Schlusse des Vormonats. Die Menge der umgeseten Ware und den \{ließlihen Preisstand zeigt die folgende Zusammenstellung :

178/182/180 ÿ 179/182/181 , 174/179/178 175/180/179

130/132 129/131 131/132

" 3,

Verkauft E Preis für den Sorte mt Sack | oppelzentner

zu 50 kg cif Rotterdam rund | Fl.

11,25—42,25 10,50—11,00 11,00—11,50 10,00—10,50 11,00—11,50 10,00—10,50

Deutsches, Holländisches, Belgisches,

Französisches,

Ungarisches, Nordamerikanisches,

Suvperior . 1. Qualität . | Superior . 1. Qualität . Suverior . | 1. Qualität . | Suvperior 1. Qualität . | Superior atent S ercbt. Bakers

zusammen . gegen Januar 1902 .

1000 |

9,75—10,75 13,25—14,25 11,25—12,25 10,50—11,00 9,25— 9,50

Theater und Musik.

Thaliatheater.

„Der Kamelienonkel“, Posse mit Gesang und Tanz in drei Akten von Leon Leipziger, fand gestern bei der Erstaufführung eine mehr laute als berulihe Aufnahme. Der Verfasser hat den gebräuchlichen Possenstoff dahin variiert, taß der Held des Abends, anstatt gewohntermaßen auf zärtlihe Abenteuer auszugeben, diese ängstlich meidet und dabei allen Verführern jeglihen Geschlechts Moral predigt Diesem KFreudenverächter und Weltverbesserer wicder zum Lebentgenuß, wie er in der Posse verstanden wird, zu . verhelfen, das ist die Aufgabe, welde alle übrigen Personen des Stückes während der drei Aufzüge mit Eifer zu lösen trachten. Um zum glüdcklihen Ziele zu gelangen, beginni cin ganz unterbaltsames Verkleiden, Singen und Springen, das an die Stelle ter eigentlichen Handlung tritt; überraschen» fällt in diesem lauten Trubel hin und wieder ein vershämt avftauhende- Ton von Rübrseligkeit auf, welher an die alte Berliner Posse anklingt. Alle diese Masfcn Tänze, Licder und Couplets entbehrten zwar niht dec freundlichen Wirkung, aber doch der herzhaften Fomik. Am meisten \prach der zweite Akt an, der einige zün- dende Couplcts und treffende Worispiele enthielt; dagegen war die glanzvollste Ausstattung die weiße Redoute in Nizza dem dritten Aufzuge vorbehalten. Die Darsteller bemühten ih“ redlich um den Erfolg, obwohl den wenigsten geeignete Aufgaben zuerteilt waren. Herrn Thielschers Kamclicaonkel war mehr auf ernste Weh- mut und väterliche Zärtlichfcit gestimmt als auf burlesken Humor; so fam der Komiker in ihm wenig zur Geltung. Herr Paulmäüller erzielte cinen Locherfola durch seine komishe Maske, und Herr delmerding verkörverte in drolliger Weise einen Artiftien. Die

amen Dora, Walde und Manci sangen und tanzten fo gefällig, wie es ihre font ziemlih nichtésagenden Rollen von ihnen verlangten. Darsteller und Verfasser wurden nah allen Akten wiederholt gerufen.

Im Königlichen Overnhause wird morgen Verdis Oper „Der Troubadour“ mit den Damen Farrar, Schröter, den Herren Berger und Sommer in den Hauptrollen gegeben. Kapellmeifter von Strau dirigiert. Den Beichluß tes Abends bildet das Ballei „Javotte“, Musik* von Saint-Saöns mit Fräulein Dell’Era in der Titelrolle. Am Montag findct cine Wicdciholung von Bizets Oper „Carmen“ mit en Damen Rotbauser und Dietrich, den Herren Pbilipp und Hofs- mann in dea Hauptrollen statt. Kapellmeister Dc. Muck® dirigiert „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner gebt am Freitaa, den 13. d. M. (Wagners Todettag) neu cinstudiert und in neuer Einrihinag in Scene. Den Tristan siagi Herr Kraus, die Jiolde Frävlein Plaichinger , die Branoâne Frau Goecye, den Furwenal Herr Hoffmann, dea König Marke Herr Kaüpvjer, den jungen Seemann Herr Iörn, den Hitten Herr Lickan, den Steuers manu He:r Krasa Die neuen Dekorationen fin?, vem Poslheater- mala Lertn Quaglio angesciltigt

Im Königlichen Bchauspielhaase findet morgen cine Aufs fábruna von Skhak.sreares „König Heinrid der Lünfte“ flatl. Am Mentag wird „Wilhelm Tell* gegeben,