1903 / 46 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Feb 1903 18:00:01 GMT) scan diff

{s Arbeiterstatistik bat leider die Burcaukratie das Ueberacwiht. Diese |

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Deutscher Reichstag. 264. Sißung vom 21. Februar 1903. 1 Uhr.

Tagesordnung: Fortsezung der zweiten Beratung des Neichshaushaltsetats für 1903 bei dem Spezialetat des Reichsamts des Jnnern, und zwar bei den Aus- gaben für das Statistishe Amt.

Ueber den Anfang der Sißung wurde am Sonnabend berichtet.

Abg. Graf von Kanitz (dkons., fortfahrend): Das Statistische Amt hat sich {hon früher bemüht, die großen Disparitäten im deutsch-russisch{en Handelsverkehr aufzuklären. An Naphtha haben wir 33 9/9 mehr aus Rußland bezogen als nah der russischen Statistik. Ich möchte unsere Unterhändler . auf diefe Differenzen vorweg aufs merksam machen, damit sie dem russischen Zahlenmaterial unser deutsWes gezenüberstellen. Für die gewaltige Steigerung der Getreideeinfuhr nach der Statistik fehlt mir die Erklärung, wir seinen immer mebr vom Auslande abhängig zu werden. Deutschland kann allerdings noch viel mehr Getreide liefern, wenn die Preise nicht so miserabel bleiben, sondern auf eine an- gemessene Höhe gebracht werden. In normalen Zeiten braucht uns ja die große Menge ausländischen Korns keine Kopfshmerzen zu machen ; aber es Eönnten au Kriegszeiten kommen ; wie steht es dann mit der Getreideversorgung Deutschlands? In England hat sich vor kurzem ein Komitee unter dem Vorsiß des Herzogs von Suther- land gebildet, bestehend aus zahlreihen Peers und Unterhausmitgliedern, 40 Admiralen und mehreren Arbeitervertretern, um zu erörtern, welche Gefahren- England drohen, wenn es einmal mit Krieg über- zogen würde. Man hat die Errichtung großer Lagerhäuser projektiert. Ferner ist nicht ohne Interesse, daß in Frankreih jüngst ein Gesetzentwurf von ganz ähnliher Tendenz eingebracht ist. Man hat auch in Frankreih auf die große Gefahr hingewiesen, die Frankreich für den Kriegsfall drohe hinsihtlich der Getreide- und Mehle versorgung. Nun möchte ih fragen, wie stellen sich diese Vera hältnisse für Deutshland? Es ist doch zu erwägen, daß wir îm Falle eines Krieges auch beim besten Willen nit in der Lage sein würden, unsern Bedarf vom Auslande zu beziehen. Auf Rußland ift nicht zu rechnen, und in Amerika wird sich sofort ein großer Getreide- trust bilden, der nicht allein das nordamerifanishe, sondern auch das südamerikanishe Getreide auffauft und uns ganz enorme Getreide- preise diktiert. Es handelt fch für uns nicht nur um den Bedarf der Armee, sondern auh des ganzen Landes. Graf von Posadowsky hat gelegentlißh auf die Verschiebungen in den Bevölkerungsverhält- nissen, auf das Abwandern vom platten Lande nah den Städten hin- gewiesen. Er kam dabei zu einem Resultat, das für die Landwirtschaft außerordentlich deprimierend is. Die Abwanderung ist nicht allein in Ostpreußen, sondern auch in anderen Provinzen wie Westpreußen, Pommern, Posen, Sglesien, Provinz Sachsen und im Königreich Bayern, in Württemberg, Mecklenburg eine sehr beträchtlihe. Von 1890—1900 hat die ländlihe Bevölkerung an die Städte eine ganz kolossale Menge von Menschen abgegeben. Sind wir Landwirte daran {uld? Ich glaube, es ist die Schuld der Wirtschaftspolitik der früheren Regierung. Das Vermögea der städtischen Bevölkerung hat in einem Maße zugenommen, mit dem das der ländlichen Bevölkerung nicht hat Schritt halten können. Daraus sollte die Regierung Ver- anlassung nehmen, dafür zu sorgen, daß die ländliche Bevölkerung wieder în den alten Stand geseßt wird. Dem Staatssekretär wird es nicht unerwüns{t sein, auf seine früheren Aeußerungen zurückzukommen und sie nun zu deklarieren. Die Statistik, auf die ih hingewiesen habe, spriht eine sehr beredte Sprah:. Die ganze Statistik ist aber unnüß, wenn fie niht beahtet wird. Die Landwirtschaft muß wieder auf den Standpunkt gestellt werden, dec ihr gebührt.

__ Abg. Dr. Südekum (Soz.): An einer genauen Statistik haben wir alle ein großes Interesse. Auch wir sind, wic der Vorredner, Gegner der Kartellwirtschaft, die Waren zu Swchleuderpreisen nach dem Auslande wirft. Dann müßte der Vorredner aber auch die Schlvßfolgerungen seiner Ausführungen ziehen. Die Vers{leuderung der Waren na dem Auslande is nur bei Schutzzöllen mögli. Das englische Komitee, von dem Graf von Kaniß spra, hat nicht hohe Getreidezölle, sondern Kornhäuser verlangt, was für England auch gut sein mag. Getreide zu produzieren wie wir brauen, aber es wäre volkswirt [haftlid verkehrt und wäre eine wahnsinnige Vershwendung unserer wirtschaftlichen Kräfte. Die Entvölkerung der agrarishen Provinzen ist nur ein Reflex unserer wirts{aftlihen Bewegung, die aber ge- kommen wäre, ob Graf von Caprivi die Leitung gchabt hätte oder Graf von Posadowsky. Die Abwandernden fühlen sch auf dem Lande nicht wobl, solange sie i Koalitionsrecht nicht haben. ging, taten sie für

Solange es aber Arbeiter nicht das Geringste. Ich habe mich zum _Wort gemeldet, um zu fragen, wie es mit der neuen Berufs- und Gewerbezäblung für 1905 empfieblt sih, diese Zählung alle zehn Jahre stattfinden zu Die Mängel, die \sih bei der Gewerbezäbhlung von

ibre

lassen. 1895 herausgestellt

baben, müssen vermieden und niht nur nah Betricbs8-, sondern auch | nah Besitzeinbeiten gezäblt werden, damit die Konzentration des Kapitals |

festgestellt werden kann. Bei der Zusammensetzung der Kommission ie Statistishen Amtes, und die haben fafît

Kommission bildet eine Abteilung tes Mitglieder des Reichstages Die Reichstagsmitglieder können gegen den Willen tes Bundedrats feinen Jnitiativvorshlag durhbringen. Man sollte den Neichstags- mitgliedern größere Rechte in jenem Beirat geben. Zu bedauern ist, daß unter der jeßigen Organisation auch die Berichterstattung zu leiten hat. Herr Dr. Jastrow hat sich mit Recht da

daß eine Lücke in der Berichterstattung entstanden i

daß man ihm geistiges Eigentum geraubt hat,

ächten Nummer des „Arbeitsämarktes“

wird. Solhe Dinac sollten

Die Berichterstattung über die

on der amtliden Stelle t

Jastrow hat das Verd

nachweis und die Kran i berautgegeben hat. Dem Dienstalter nah längst Professor sein, aber weil er es gewagt seine excellenten Höhneraugen zu treten, iht befördert werden. Er war den Herren wirts{hafilih zu vorgeschritt-n. Er hat eine Organisation geschaffen, bei der das Reich nur die Erbschaft an- getreten hat

gar feine Bedeutung dabei.

it, daß falen

ien fenkasseci

Minifter auf

Bevollmäthtigter zum Bundesrat, Könialich sächsischer Ministerial-

direktor Dr. Fischer: Als stellvertretender Vorsitzender des Beirats kaan ih versichern, daß seine sämtlichen Mitglieder, mögen sie tom Bundesrat oder vom RNeichêtage gewählt sein, sich als cinfade Mit- glieder fühlen. Es wird da kein Unterschied gemat. Es ift allerdings richtig, daß in der Siyung vom 13. Dezember wegen der stürmishea Reichstagösizung nur ein einziges Mit- glied des Reichôtages anwesend sein konnte. Der Präsident konnte natürlich niht wissen, daß eine solhe stüurmishe Sitzung im Reichs- tage stattfinden würde, und die Sitzung ohne weiteres ausfallen wu lassen, ging doch nit an. Man konnte toch nicht die süddeutschen Mitglieder plógli beims{hicken. In der Siyung hatten wir uns nicht mit der Beschwerde des Dr. Jastrow zu beschäftigen, sondern mit dem, was in die Veffentlichkeit gedrungen war, mit cinem Zeitungs- artifel, und darin war gesagt, daß man Hercn Jastrow sein geistiges Eigentum genommen babe.

oeside- Dessau (fr. Vag.): Die Rede des Grafen von Kaniß t uns gezeigt, was man alles unter dem Titel „Statistisches Amt* vorbringen kann: handelspolitishe Debatten, Landflucht 2c Sein Wuns, die Warenpreise für die Syndikatservorte in die Statistik einzusehen, wird nicht so leicht zu erfüllen sein. Es fann do av nicht immer für die Richtigkeit einer Statistik maßgebend sein, wie sich im Augenblick die AuslandéEpreise lalten, wenn die Statistik später und unter anderen Verbältniffen aufgestellt it Unser Statistisches Amt genießt Wesltruf. j

Es ift vielleicht technisch nicht mögli, bei uns so viel |

niedrige Löhne beziehen und das | den Landwirten gut

steht. Es |

4 F al D M166 | persönlichen Angri

Privatdozent |

Die Preise werden

nicht nur durch eine besondere Kommission, sondern auch dur NRüdfrage bei einer ganzen Reibe von Sachverständigen festgestellt. Ueber die von dem Grafen von Kanig angeführten Artikel h zu orientieren, hat das Statistishe Amt doch sehr leiht; es braucht sich bezüglich der Kohle doch nur an die Zehen zu wenden. Selbst- verständlich müssen wir wünschen, daß die Angaben der Wirklichkeit so nahe wie möglich kommen, weil sih ja die ganze Industrie bei thren Dispositionen auf diese angewiesen sicht. ie Schleuderpreise für das exportierte Eisen sind eine Folge der beutigen Schußzoll- politik; will Graf von Kaniß hier Remedur herbeiführen, dann müßte er für die Herabseßung der Eisenzölle eintreten. Das hat er aber niht getan. Graf von Kaniß möchte die Ausfuhrziffern mög- list herabgeseßt haben, wir werden ihm nicht im Wege sein, soroeit es sfich um die wirklihen Ziffern handelt; Sache des Statistischen Amts wird es fein, die a aufzuklären. Eine gleihmäßige Behandlung der gesamten Statistik ist selbstverständlich dringend er- wünscht; aber wenn er meint, Rußland brauche die Statistik, um Stimmung gegen den neuen deuts russishen Handelsvertrag zu machen, so konnte doh wirklich mehr Sing En einen folhen niht gemacht werden als durch die Haltung ver Agrarier. Graf von Kaniß hat auch beute wieder gegen langfristige Tarifverträge Zeugnis abgelegt. Auch heute hat er die Möglichkeit der Getreide- versorgung Deutschlands durch die deutsche Landwirtschaft behauptet, und den {warzen Mann in Gestalt der Kriegsgefahr vorgeführt. Bis heute hatte uns selbst die Landwirtschaft zugegeben, daß die gesauite Versorgung Deutschlands mit Brotgetreide ihr nicht möglich sei. Kommt es zum Kriege, dann wird diese Frage wahrlih nicht die einzige und au nicht die wichtigste sein, die zu lösen ist. Graf von Kani schildert die Abwoanderung in den krassesten Farben; die große Zu- nahme der Bevölkerung |cheint ihm aber entgangen zu s Mittel zur Zurückhaltung des Abzuges in die Städte hat erx nicht angegeben, er meint nur, es sei das Aufgabe der Regierung. Will er die Freizügigkeit aufheben, den Zwang für die Arbeiter dekretieren, zu gewissen Preisen auf den Gütern des Grafen von Kanitz zu arbeiten? (Abg. Graf von Kaniß: nein!) Auf andere Weise ginge es do kaum, und gegen solche Vorschläge wird hoffentlich die Negierung künftig ebenso fest bleiben, wie sie bisher war. Der Handelsminister Möller hat neulih in Bremen den Handel ausdrück- lih aufgefordert, seine Interessen besser zu vertreten; er muß also meinen, daß der Einfluß, den wir auf der Linken haben, ungenügend ist. Graf von Schwerin-Löwiß meinte, die von ihm gewünschte Weltpreis- statijtik könne nur von einer privaten Vereinigung geliefert werden. Jch meine im Gegenteil, sie muß von einer amtlihen Stelle aus ge- macht werden, denn dieser allein können wir vertrauen; die Herren von der Nechten haben \fih nit als fo zuverlässig erwiesen, daß ihnen dies Vertrauen geschenkt werden könnte. Es \oll doch jede Tendenz und Parteilichkeit ausgeschlossen und absolute Objektivität maßgebend sein. Was die Statistik des „Arbeitsmarkts* betrifft, so ist, was wir bisher darüber besaßen, einzig der bahnbrehenden Tätigkeit des Herrn Dr. Jastrow zu danken, was ich und meine Fraktion auch hier ruhig anerkennen müssen. Er wußte die Sale am richtigen Ende anzu- fassen, weil er mit seinen wissenschaftlichen, bervorragenden Kenntnissen auch praktische Erfahrung verband. Gewiß haben Einzelinteressen dem Interesse der Allgemeinheit zu weichen; aber die Verdienste Jastrows können und dürfen nicht so einfa beiscite gehoben werden, wie es seitens des Statistischen Amts und des Beirats für Arbeiter- statistik geschehen ist.

Bevollmächtigter zum Bundesrat, Königlißh württembergischer Präsident von Schicker: Von einer Polemik gegen Herrn Jastrow war in der erwähnten Sißzung des Beirats niht die Nede; es ist Herrn Jastrow kein persönlicher Vorwurf gemacht worden, weder vom (Geheimen Nat Neumann noch von mir. Ich habe ausdrücklich er klärt, daß ih nit glaube, daß der betreffende Artikel von Jastrow herrühre. Es mußte aber unte:sucht werden, ob der Vorwurf der Aneignung fremden Eigentums berechtigt war oder niht. Dieser Vors wurf war unbegründet.

Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.): Auf die Gegend, in der ih wohne, trifft die Behauptung des Herrn Südekutn, daß das land- wirtshaftlihe Proletariat wegen \chlechter Bezablung abwandert, nicht zu. Die Zölle jollen doch wesentlich die Produftionskosten ausgleichen ; eine solhe Ausgleichung finde ih noch nit cinmal bei 559 Æ, da von MNotterdam das ausländische Getreide zu 10 A angeboten wird, während ih bei uns die Produktionêkosten auf 15—16 K belaufen. Herr Möller hat die Kaufleute zur wirksameren Vertretung ihrer Interessen aufgefordert und damit Interessenpolitik getrieben. Für uns ift die Anwesenheit bier in Berlin und die Verpflichtuno, ununterbrochen diese endlosen Reden anhören, ein großes Opfer, das auch durch Diäten in keiner Weise ausaeglihen würde; erst wenn die Nedezeit beshränkt sein wird und Reden über 30 Minuten nur mit Zu- stimmung des Hauses gehalten werden dürfen, werden sih auÿH solche, die ihre Geschäfte zu Hause zu erledigen haben, zahlreicher in da3 Haus wählen lassen. IJch gehöre dem Beirat für Arbeiterstatistik selbst an und muß es zurückweisen, wenn man aus der Berufung des Beirats einen Vorwurf gegen den Präsid:nten des Statistischen Amts berleitet. Auch in der Frage Jastrow geht man gegen den Präsidenten init Unrecht vor. Ein Vorreht für den Dr. Zastrow bestebt in keiner Weise. Im Hintergrund dec Würdigung des Herrn Jastrow s{lummert der Gedanke, daß Herr Jastrow zum Profcssor ernannt oder ins Reichêamt des Innern aczogen würde oder eine Enisädigung erhielte. Die Verdienste des Herrn Iastrow \ind ja unbestritten, aber wenn eine RNeichsinsilanz errichtet wird, können wir doch nit alle Redakteure, die sich mit der Sache vorber befaßt baben, entschädigen. Nach Lage der Dinge konnte der Präsident bei seiner Organisierung der neuen Zeitschrift gar niht anders handeln. Es roird jetut leider immer mehr zur Gewohnheit, derartige Dinge auf dem Wege der

per e weiter zu verfolgen.

Staatssekretär dcs Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ich will mi zunä&4st n den peolitisbstatistishen Erörterungen äußern, die Herr Graf von Kaniy gemacht hat. I fann bier in die Einzelheiten seiner Ausführungen, namentlich in Bezug auf die deutsh-russishe Handelöbilanz, nicht so cin ih wünschte. Es ist eine sehr verwickelte Frage, und ih müßte sie geradezu etwa wie ein Dozent cines stalistishen Seminars bebandeln aber auf einige Punkte will ih doch aufmerksam machen.

Zunächst wird dem Herrn Grafen von Kani bei dem Umfange, in dem er sih mit statistishen Fragen beschäftigt, niht entgangen sein, daß die S&ähßungen der Warenwerte vom Dezember 1902 nur vor- ufige find, und daß die Feststellung der cndgültigen Werte für 1902 erst jet erfolgt.

Was speziell die russishe Statistik dem Herrn Grafen von Kaniy bekannt, was auf Seite V, 5 Heft V für 1901 über den auswärtigen Handel des deutschen Zollgebiets im Jahre 1901 bezüglih der russishen Statistik gesagt ist. Daraus geht hervor, daß sih auch das Statistishe Amt mit dieser Frage schr ein- gehend beschäftigt, und daß insbesondere die Gründe, aus tenen die Abweichungen zwischen der russischen und deutschen Statistik hervor- gehen, ein Gegenstand eingehender Untersuchungen bereits gewesen sind.

Man muß ja zugeben, daß die Angaben der russischen Statistik, soweit es sich um die Einfuhr aus Rußland handelt, meist niedriger, soweit es sich dagegen um die Einfuhr nah Rußland handelt, meist höher sind wie die Angaben der betreffenden fremden Einfuhr- und Autfuhrländer. Diese Differenz erklärt sich auf rein mechanishem Wege vielleicht {hon dadurch, daß als Grundlage für die Wert- berechnung bei der Einfuhr nah Rußland die Wertdeklaration der deutschen Exporteure dient, während der deutschen Ausfuhrsiatisllk die Wertshäyungen des Kaiserlichen Statistischen Amts zu Grunde liegen.

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betrifft, so ist ja sicher auch

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Nun, meine Herren, glaube ih, daß man \orgfältiger j sehe wenigstens kein Mittel, wie man es sonst machen s\ollte d Warenwerte nit feststellen kann, als es im Statistishen Amt G schieht. Als Grundlage für diese Feststellung dienen zunähst die w verschiedenen deutschen Handelskorporationen oder avch von einzelne, Industriellen mitgeteilten Jahresdurchschnitte aller Warengattungey ferner die für eine Reihe hervorragender Handelsgüter regelmäßig L lieferten monatlichen Preisangaben einer Anzahl von Handelskammer, ferner eine Zusammenstellung dèr von dem Hamburger handels, statistishen Bureau für Handels- und Schiffahrts\tatistik des Ham: burger Freihafengebiets berechneten Durchschnittspreise, endli he, sondere Erhebungen des Statishen Amts über einzelne Waren und die an der Hand solcher Erhebungen erfolgte Zufammenstellung der Warenwerte, zu welchen Ermittelungen jeßt 116 Sacverständige zu: gezogen werden.

Wie vollziehen fich nun diese Ermittelungen im einzelnen 2? Die 116 Schäßer arbeiten in sieben verschiedenen Abteilungen. Dadurth daß die Zahl der Sa@hverständigen, die anfänglich nur 20 betrug, stetig vermehrt wurde, is es möglih geworden, für die einzelnen Warenwert, die speziellen Sachverständigen immer mehr heranzuziehen. Die [9 ermittelten Daten bilden bei der Abschäßung des Werts unseres qus, wärtigen Warenverkehrs dann den Multiplikator, mit welGem die amtlich bereits festgestellten Mengen vervielfältigt werden. Die Schäßung erfolgt für die Einfuhr und die Ausfuhr getrennt, teils ohne Nüksiht auf das Herkunftsland oder Bestimmungsland der Waren, teils unte; spezieller Berücksichtigung dieser Länder. Letzteres geschieht namentli da, wo aus den einzelnen Ländern nur bestimmte Spezialitäten eiy gehen oder wo der Umfang einer Warengruppe eine solche Detail, s{häßung erwünscht erscheinen läßt.

Selbstverständlih werden die Sachverständigen, die im Statifti. schen Amt gehört werden, auch die Preise zu ermitteln suchen, die die Syndikate für ihre Warenausfuhr nach dem Auslande vorlegen, Zum Teil halten aber die Syndikate diese ihre Preise geheim. (Hört, hört! rets.) Wir werden vielleiht bei der Cnquete darüber einiges Nähere erfahren.

Für die Feststellung der Warenwerte im Verkehr mit Rußland möchte ih aus einer Zeitschrift einiges vorlesen, was von einigem Wert erscheint. Für die hohen Wertangaben bei der Einfuhr nh Nußland sollen angeblich die Importeure dur eine mögli hohe Deklaration sich ein Anrecht sichern wollen, au so hohe Preise beim. Absas in Rußland pru zielen. Das Bulletin russe de statistique financière bon 1897 stellt hierüber folgende Betrachtung an: „Das Geheimnis des Wertes der Ware scheint in Rußland eifriger bewahrt zu werden als in irgend cinem anderen Lande. Es kommen die größten Un wahrscheinlihkeiten vor. Im Jahre 1894 seien z. B. Eifenbahns\cienen pro Tonne zu 556,5 Fr. deklariert woorden, während man auf der Nhede von Kronstadt Millionen von Tonnen um rund 110 Fr. babe erhalten können Das Bulletin kommt in seiner Betrachtung u dem Schluß, daß die Mehrdeklaration bei Einfuhr nach Nußland af 20 9/9 ges{chäßt werden können.

Das Statistisle Amt kann demgegenüber nur auf dem Wege vo gehen, wie es bis jezt vorgegangen ist, und wenn es getäus{ht worde ist, vielleiht absihtlih, kann man es unmöglich verantwortlich maden. Ich glaube, das Statistishe Amt wendet allen Eifer an, um di Tatsachen so objektiv als möselich darzustellen. (Sehr richtig!) Wie nachher von Haß und Sunst der Parteien diese Zablen ver wendet werden, wie alle ftatistisWen Zablen, ist nicht Sache de Statistishen Amts.

Was die Arbeitersialistishe Kommission betrifft, so kann ih iw näcbst niht anerkennen, daß die Minderheit in dieser Kommission nicht genügend ges{œütßt sei. Nach der vom Bundesrat beschlossenen Geschäftsordnung können {on sechs Mitglieder beantragen, daß eine Angelegenhcit, die cinem Auss{huß vorliegt, im Plenum det Beirats verhandelt wird. Ferner muß, wenn \sec{chs Mitglieder e beantragen, die Zuziehung von Sachverständigen erfolgen. Endlis kann jedes Mitglied Anträge stellen und Vorschläge zur Abslimmunz bringen.

Q A ortl! ls Bas Peel Lil

Tätigkeit des Präsidenten des Stalistischen Amts, der gleichzeitig Vorsitender der Arbeiterstatistisen Kommissior ist, in Bezug auf die Arbeiterzeitung beirifft, so liegen die etwas anders, als sie bisher sind. Es ging dur Presse die Nachricht, daß das Januarhest der von Herrn Jas geleiteten arbeiterstatistishen Zeitschrift für den Monat nit Lâtte vollständig erscheinen können, weil dieselben Materialien seitens dcs Präsidenten des Amts von den Städten eingefordert seien. Das unmögli zutreffen; denn der Herr Präsident del mts hat diese Zablen niht cingcfordert zum 1. Januar, wie de r. Jastrow nah ESestaltung seiner Zeitschrift tut, sondern erst : also kann die Anforderuna, welhe das Statistische Aa! Bezug auf dieses Material gestellt hat, unmöglich der Grund sin ie Zeitschrift des Herrn Dr. Jaslrow in ihrer Januarnummætt ändig erscheinen mußte. Dann möchte ih ader hervorheben daß in der Tat das, was das Statistische Amt beabsichtigt, erhebliä weitgchender ift als der bisherige Arbeitsplan des Herrn Dr. Zastrow Der Herr Präsident des Statistishen Amts hat sich nicht im weseb lichen an dieselben Stellen gewandt, die bisber das Arbeitämateriä des Herrn Dr. Jastrow lieferten, welches aus den übersihten der Kassen aus 59 Städten, und uywar Kassen und aus 14 von cinzelnen Kassen, besiant Das Kaiserlih Statistische Amt hat ih dagegen an etwa 250 Sit gewandt, an eine Anzahl Werkleitungen, Oberposidirektionca, i etwa an die fünffade Zahl von Stellen, wie Het Dr. Jastraw. Ich bedauere sehr, wenn das Unternehmen des Het Dr. Jastrow durch die Tätigkeit dieser amtlichen Arbeiterzeitar( geshädigt wird; aber ich muß doch darauf hinweisen, daß is bereits îin der Budgetkommission im vorigen Jahre und in cia Siyung des Neichötages am 17. Januar v. J. ganz autdrúcklis darauf hingewiesen habe, daß wir in Aussicht nehmen, eine sol! Arbeiterzeitung, die von der Bewegung auf dem Arbeitsmarkt Nad richt geben soll, herauszugeben. Ich alaube, daß man allerwärts vet bereitet war, daß cin solhes amilihes Unternehmen im Gange

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(Sé&hluß la der Zweltea Beilage.)

zum Deutschen Reichsan

M 46.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

g erkenne die Verdienste, die Herr Dr. Jastrow si um die Auf- flärung der Verhältnisse des Arbeitsmarktes erworben hat, voll an. Er hat freilih {on auf diesem Gebiete Vorarbeiten vorgefunden; ih erinnere an die Arbeiten des Vorsißenden der Berliner Persicherungsanstalt, Herrn Dr. Freund, ferner des Herrn Professor Hirschberg, des jeßigen Direktors des Berliner städtischen Slatistischen Amts. Herr Dr. Jastrow hat sich aber unzweifelhaft das Verdienst erworben, daß er versuht hat, was bisher nur jahrweise zusammen- gestellt war, monatsweife zusammenzustellen (Zuruf links) und \o ein Augenblicksbild zu geben, was wesentlich wertvoller für die Beurteilung des Arbeitsmarktes ist wie jährliche Zusammenstellungen. Ich stelle aber au ferner fest, daß gerade Herr Dr. Jastrow selbst die Notwendig- feit anerkannt hat, daß die private Arbeit, die er leistet, durch eine vollständigere, umfangreihere amtliche Arbeit ersegt werden müßte, Herr Dr. Jastrow hat in seinem neuesten Buch „Sozialpolitik und Nerwaltungswissenschaft“ ausdrücklih anerkannt, daß die Arbeit, die er leistete, selbstverständlih mit gewissen Fehlergrenzen und Mängeln hehaftet sein mußte, die eine solhe Privatarbeit niht vermeiden könne, Herr Dr. Jastrow hat aber auch ferner bei der Konferenz des Ver- bandes deutsher Arbeitsnahweise im Oktober 1902 persönlih eine von der Versammlung einstimmig angenommene Resolution befür- wortet, der zufolge der Verband die Bestrebungen des Kaiserlichen Statistishen Amts in Bezug auf die Herbeiführung einer periodischen, möglihst umfassenden und genauen Arbeitsmarktstatistik mit allen Kräften unterstüßen zu wollen erklärte. Also Herr Dr. Jastrow selbst ist troß seiner eigenen verdienstvollen Arbeiten doch überzeugt gewesen, daß die Auf- gabe vollkommener und besser geleistet werden muß dur ein amtliches Organ, und hat selb befürwortet, daß ein solhes amtlihes Organ herausgegeben werden möchte. Ich glaube, wir haben deshalb nur getan, was die Wissenschaft und der ganze Reichstag wollte. (Sehr rihtig!) Sowohl in der Budgetkommission wie im Plenum des Reichstages ist seiner Zeit die ausdrücklihe Ankündigung, daß wir amtlich die Bewegung des Arbeitsmarktes beobachten und unsere Beobachtungen veröffentlihen wollten, mit Beifall aufgenommen worden. (Sehr richtig!) Jch glaube, daß durch meine Mitteilungen die Mißverständnisse, die in Bezug auf die Angelegenheit geherrscht haben, befriedigend aufgeklärt sind,

Einer der Herren Vorredner erkundigte sich sodann, wies es mit der nähsten Berufs- und Gewerbezählung stände, ob insbesondere für 1905 eine solche in Ausfiht genommen sei. Auf dem leßten stati- stishen Kongreß in Jena hat man sih niht endgültig geeinigt darüber, ob und wann eine neue Berufszählung stattfinden soll. Man war dort nur allgemein der Ansicht, es sei wünschens- wert, eine solchz alle 10 bis 15 Jahre abzuhalten. Innerhalb der Neichsinstanzen ist man darüber noch niht \{lü\sig geworden. Aber die Kosten einer Berufszählung erfordern mehrere Millionen, deshalb wird bei der Entscheidung darüber auch die Finanzfrage cine Rolle spielen.

Jh komme \{licßlich auf eine Aeußerung des Herrn Grafen Kani. Ich habe allerdings wiederholt ausgeführt, daß die städtische oder die mit f\tädtishen Arbeiten sich ernährende Bevölkerung fort- gesezt wahse im Verhältnis zu der sich lediglich mit Landwirtschaft beschäftigenden. Herr Graf Kani hat diese Prämisse und er lonnte ja niht anders ausdrüdlich als zutreffend anerkannt. Ih babe auf Grund dieser Prämisse weiter ausgeführt, es sei selbstver- ständlih, daß diese Verschiebung mit der Zeit auch einen Einfluß haben werde auf die Zusammenseßung der gesetzgebenden Versamm- lungen; denn au in den Kreijen, die man als ländliche ansprechbe, dermehre sich der Teil der Bevölkerung, namentlih in Mitteideutshland, verbältnimäßig immer stärker, der eigentlich tinen städtischen Charakter trage. Daraus habe ih weiter ge- folgert, daß, wenn diese Verschiebung der Bevölkerungz@verhältnisse shließlich au einen Einfluß auf die Zusammenseyzung der gesetz gebenden Körperschaften ausüde, es für die Megieruang immer \{wieriger würde, selbs berehtigte Forderungen der Landwirtschaft durGzusezen. Ich glaube, das ift die Feststellung von Tatsachen und gar fein Urteil; und wenn Herr Graf Kani meine Prämissen als rihtig anerkannt hat, muß er auch die Sc{{lüsse daraus als rihtig anerkennen. Der Zweck meiner ganzen Ausführung war iur der, zu zeigen, daß die Vertreter landwirtschaftlicher Interessen befriedigt sein sollten, daß die Regierung diesen Augenblick ergriffen dat, um einen böberen SHuy der Landwirtschaft beim Reichstag zu beantragen, und daß die landwirts{haftlihe Bevölkerung fernerhin darüber befriedigt sein sollte, daß dieser Zolltarif jeßt zur Ver- abshiedung gelanat ist. Wenn ein Barometer unsicheres Wetter an- igl, und cs liest jemand an dem Barometer sicheres, beständiges Wetter ab, so kann der Mann entweder das Barometer nicht richtig lésen, oder er will es nicht richtig lesen und ih glaube, beides wird mir der Herr Graf Kaniy nicht zumuten wollen. iet Abg. Dr. Südekum: Die leäten Ausführungen des Staats- aretars zeigten uns mit großer Deutlichkeit, wie recht wir hatten, als wir diese Zollfrage der Entscheidung des Volkes selbst unterstellen wollten; in den fünf Jahren, seit dieser Reichötag gewählt ift. hat die don ihm selbst anerkannte Verschiehung ganz außerordeatliche Fort- sGritte aemaht. Wenn auh noch kein Termin für die neue Berufs- ztang feststeht, so sollte doch die Regierung fich bereits mit den

oratdeiten für die Fragebogen befassea. Die Höhe der Kosten kann ges fein Grund sein, die Zäblung seltener vornehmen zu lassen. Redner

ângelt zum Schluß die Darstellung des Staatssekretärs über die gelegenheit des Dr. Jastrow.

Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

_NMeine Herren! Jch glaube, der Herr Nedner hat mich mihß- derslanden. Jch habe nur festgestellt, daß die Unterbrechung, die im Januar d. J. slaligefunden hat in der Zeitschrift des Hertn De Jaîtrow, noch nicht auf der Ansorderung des Arbeitsstatistischen Amts

lan; dena das Ardeitsilatistishe Amt hat überhaupt die il Aagefordért vom 10. Fébruat d. J. ab. Also diese Unter-

West- und

Zweite Beilage

Berlin, Montag, den 23. Februar

brehung im Januar, die das Erscheinen der Zeitschrift mit einer oder mehr leeren Seiten herbeiführte, kann nit auf der Anforderung des Arbeits\tatistishen Amts beruhen.

Meine Herren, es ist mir sehr wohl bekannt, daß die Verdienste des Herrn Dr. Jastrow in Bezug auf die Ermittelung der Arbeits- verhältnisse vorzugsweise darin bestehen, daß er die Materialien fombiniert hat in Bezug auf dzn Verkauf von Invalidenmarken, in Bezug auf die Statistik der Arbeitsnahw?ise und in Bzzug auf die Statistik der Krankenkassen, und daß er vor allen Dingen diese Verhältnisse dadurch wesentlich klarer gestellt hat, daß er nicht diese Arbeiten für ein ganzes Jahr gemacht, sondern monatsweise zusammen- gestellt und dadurch natürlich ein viel afktuelleres und brauch- bareres Material geliefert hat. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, ih glaube, das kann der Herr Vorredner doch nit verlangen, daß wir -im Reichstag in die Methode eines einzelnen Gelehrten bis in die feinsten Details hineinzehen; da müßte man die Sache einer Kommission überweisen, wenn dazu der Reichstag geneigt wäre; aber in weitzre Einzelheiten einzugehen, dazu liegt, glaube ich, kein genügendes öffentliches Interesse vor, und das ist doch das Entscheidend». Wir haben hier klar- gelegt, wie die Sache liegt. Wir haben mit Zustimmung des Reichstages diese Arbeiterzeitung in Bewegung geseßt, die am 1. April erscheinen soll, und es ist hier vom Hause ausdrücklih anerkannt worden, daß das öffentlihe Interesse das hat auch der Herr Abg. Südekum gesagt jedem Privatinteresse vorzugzhen hat. Damit glaube i, ist die Frage vollkommen entschieden, und ih glaube, es ist auch von allen Seiten ausdrücklich anerkannt worden, daß Herr Dr. Jastrow sich um die Ermittlung der Verhältnisse des Arbeits- marktes sehr wesentlih2 Verdienste erworbz2n hat. Etwas weiteres, meine Herren, kann von dieser Stelle niht mehr ges{ch:hen.

Was ferner die SYhlüsse betrifft, die Herr Dr. Südekum aus meinen leßten Aeußerungen gezogen hat, so möchte ih ausdrücklih be- merken: wie spätere Reichstage beschlossea hätten, weiß ih nicht, aber ob spätere Reichstage, wenn sie nicht das Bedürfnis zu stärkerem SYußz der Landwirtschaft anerkannt hätten, auhch sachlich recht gehabt hätten, das ist eine ganz andere Frage.

Abg. NRoesicke- Dessau: Wenn der Präsident von Schicker es tadelt, daß ih aus dem Protokolle des Beirats eine herbe Kritik herauêgelesen habe, so kann er mir das nit verdenken. Die über die Arbeiten des Herrn Dr. Jastrow in Verbindung mit der Be- sprehung des Artikels der „Frankfurter Zeitung“ gemachten Be- merkungen lassen eine solhe durchs{chimmern. Um eine Geld- entshädigung is es Herrn Jastrow natüclich niht entfernt zu tun gewesen; er hat selbst diz Notwendigkeit davon anerkannt, daß die mit seinen Mitteln begonnene Arbeit mit Neichsmitteln fortgeseßt werde. Ein persönlicher Angriff gegen den von mir hochverehrten

räsidenten Wilhelmi hat mir felbstredend gänzlih* fern gelegen. Freiber von Heyl trägt zwei Seelen in seiner Brust, die landwirt- chaftlihe und die industrielle; die landwirtschaftlihe dürfte zur Zeit in ihm die Oberhand gewonnen. haben. Ein direkter Vergleich der land- wirtschaftlihen Verhältnisse Hessens und des preußischens Ostens ist doch schon deshalb ganz unzulässig, weil im Weiten der Kleinbesiß herrsht, im Osten der Großgrundbesiz. Heute richtet er auch gegen seinen früheren Frafktionskollegen, den jeßigen Handelsminifter Möller, deswegen einen Angriff, weil er die Kaufleute aufgefordert hat, für stärkere Vertretung im Reichstage zu sorgen. Herr Möller bätte sich ja als ein Minister geaca den Handel erwiesen, wenn er nicht so ge- sprochen bätte. Auch Freiherr von Heyl würde nihts zu beanstanden gefunden baben, wenn es \sih um die Landwictschaft gehandelt hätte.

Abg. Graf von Kani: Gerade der jeßige Reichstag war be- rufen, den Zolltarif zu erledigen; die Vorlage bätte ja {hon zwei Jahre früher an uns gelangen können. Graf von Posadoweky bat fich heute anders in der Frage der Verschiebung der Bevölkerung geäußert, als er es in der von mir beanstandeten früberen Aeußerung getan hat. Die Frage der Kündigung der Handelsverträge kann ih nicht auf sh beruhen lassen. Ich sehe keinen Grund, warum wir inen Zusland, dem jene traurige Verschiebung zu danken ist, ins Un- gewisse fortdauern lassen sollen.

Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! JIch will nur dem Herrn Grafen von Kaniß erwidern, daß ih diese Aeußerungen, die er jetzt zitiert hat, viel um- fassender bereits bei feuüberen Gelegenheiten gemacht babe, ganz in

2 er cs beute ausfährte. Ich glaube ganz bestimmt, ih Ausführungen auch bei der Generaldebatte fum Zolltarif

dem Sinne babe diese gemacht.

Aba. Freiberr Hevl zu Herrnsheim tritt nohmals den Abgg. r. Südekum und Roesike bezüglih des Falles Jastrow entgegen. Aba. Dr. Südeku m bleibt i stehen, tak die betreffenden

Gemeinden Herrn Jastrow die betreffenden Zzhlen für Januar nicht mebr zuges{ickt baben, weil inuwvischen das Statistische Amt si an die Gemeinden gewandt hatte, und war bereits Anfang Dezember. Gerade wegen dieses Ucberganges bätte man mit dem Dr. Jastrow verhandeln müssen, und mit Recht werde dem Reichäamt aus der Unter- lassung ein Vorwurf gemacht

Abg (Soz): Den Aba. von Hevl muß ich nochmals darauf aufmerksam machen, daß die „Wormser Volkszta.* ihn ersucht bat. seine Angriffe in der Oeffentlichkeit u wiederdolen, damit sie ibn verkflagen kann. Die alljährlich erscheinende amtliche Streik- atis bat von sacdhkundiger Seite eine demerkenswerte Kritik er- fabren: wischen den Angaben der Generallommiision der Gewerk chaften Deutschlands und den Angaben der amtlichen Statistik baben S Widersprüche ergeben Diese amiliche Streiksiatistik dat ih dana als werllos erwiesen, und fie wird zuverlässig nur werden fännen. wenn die Gewerkschaften zur MüUarbeit herangezogen werden In der amtlichen Statistik fehlen nicht weniger als 316 Streils wit 6341 Streikenden, welche die GSewerkschaftskommission nad- gerriesen hat.

Bei den Ausgaben für die Bureauvorstcher und andere Beamte des Statistischen Amts befürwortet der

Aba. Werner (Neformp.) einen gerehteren Ausgleich wischen den Gebültern der nah 1897 angetitelllen Bureaudeamten, der erdedietenden Sekretäre und der übrigen Beamten

Kommissar des Bundesrats. Geheimer Regierungsrat Neumann weist auf die Konscquenzen hin, die cine Aufbesserung der Gedälter jener Beamten für zahlreiche äbnlicde Beamtenkategeorien îin Preußen baden müßte

Aba. Singer (Soz) bedauert, daß die Negierung den Wünschen dieier amten nichi Rechnung fragen wolle, obweodl der Keichötag im vorigen Jahre cine entsprechende Petition ihr zur Berücksichtigung

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zeiger und Königlih Preußishen Staatsanzeiger.

1903.

empfohlen habe. Der Reichstag werde zweifellos denselben Beschluß fassen, wenn die Petition ihn abermals beschäftigen werde. Am besten wäre es, die betreffende Summe in den Etat einzustellen und es der Regierung zu überlassen, ob sie wegen einer solchen Kleinigkeit den ganzen État scheitern lassen wollte. Er stelle aber einen folhen Antrag niht. Es handle sih hier allerdings um Beamte, die nach 1897 angestellt seien, aber diese Beamten hätten tatsächlih dieselbe Arbeit zu leisten wie die vor 1897 angestellten Beamten. Solle etwa das Reich alles nah- machen, was Preußen Schlechtes habe ?

Abg. Werner: Der Kommissar hat uns nichts Neues gesagt. Daß die Gehaltsaufbesserung {hon beschlossen is, wissen wir. És handelt si aber gar niht um eine Gehaltsaufbesserung, sondern um einen Ausgleich zwishen Beamten gleicher Kategorien. Eine ähnliche Disparität habe ih nirgends gefunden.

Das Kapitel wird bewilligt, ebenso ohne Debatte das Kapitel: Normaleihungskommission.

Die weitere Beratung wird um 53/4 Uhr auf Montag 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 27. Sißung vom 21. Februar 1903, 11 Uhr.

Ueber den Beginn der Sißung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus geht zur ersten Beratung des Geseß- entwurfs, betreffend die Bildung eines Ausgleics- fonds für die Eisenbahnverwaltung, über.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Bereits bei meiner Etatsrede habe ih mir erlaubt, auf die Frage der Schaffung eines Ausgleihsfonds für die Eisenbahn- verwaltung einzugehen, und mußte darauf eingehen, weil in dem Gesetzentwurf vorgesehen war, aus Anleihemitteln für die Jahre 1903 und 1904 je 30 Millionen Mark für den außeretatsmäßigen Dis- positionsfonds der Eisenbahnverwaltung zur Verfügung zu stellen, der Gesetzentwurf also für die gedahten beiden Jahre direkt eine Ver- stärkung der etatsmäßigen Mittel vorsah. Bei der Schwierigkeit der Materie bitte ich aber um die Erlaubnis, auch heute in aller Kürze die grundlegenden Gedanken dieser Vorlage Ihnen nohmals darlegen zu dürfen.

Meine Herren, wenn man das leßte Vierteljahrhundert unserer preußischen Eisenbahnposlitik verfolgt, so sieht man neben weitgehenden Verbesserungen der verschiedensten Art vor allem ein Ziel konstant angestrebt: die Durchführung des Staatsbahnsystems. Anhebend vom Jahre 1879, ist fortdauernd dieses Ziel im Auge behalten worden. Es if ein unvergänglihes Verdienst des großen Mannes, der ausrubt von seiner Lebensarbeit unter den Buchen des Sachsen- waldes, des Fürsten Bismark (Heiterkeit bei den Freisinnigen) und seines getreuen Mithelfers, des Staatsministers von Mavybah, daf sig diese Verstaatlichung der Privatbahnen durchgeführt haben. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, auf die Bedeutung der Verstaatlichung der Privat- bahnen für unser ganzes Wirtschaftsleben meinerseits einzugehen, das würde heißen, dem Herrn Minister der öfféntlihen Arbeitea in das Ich will aber und muß meinerseits eingehen auf die Einwirkung, die diese Verstaatlihungen auf die gesamten Finanzen gehabt baben. Dur die Verstaatlihungen ift unser Staatsbaushalt8etai nach der nach der Ausgabe- der entscheidendsten Weise beeinflukt worden. Während wir vor dem Beginn der großen Verstaatlihungsaktion, vor dem Jahre 1879, nur einen Eisenbahnetat hatten, der \ich belief in Einnahme auf 161 Millionen und in Ausgabe auf 105 Millionen, stiegen nah den ersten Verstaatlihungsgesezgebungen die Einnahmen bercits , auf 564 Millionen und die Ausgaben auf 416 Millionen, und in dem Etat des laufenden k 1902 find die Einnahmen auf 1416 000 000 ie Ausgaben auf 974 Millionen, so daß fich alîo dic Einnahmen von 161 Millionen im Jahre 1878/79 auf 1 416 000 000 4 ? oi i lid balanziert unser s 2 614 000 000 Æ, un d als die Hälfte innahmen des Staats Dank der günstigen Entwickelung der namentli beim Ankauf der

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ß die Eisenbahn-

einnahmen mehr baudbalisetats ausmachen Staatseisenbahnen, dank der Vorsicht, die Privatbahnen obgervaltet hat, ist es möglich gewesen, daß die Staatscisenbahnen einen erheblichen Beitrag zur Deckung der allgemeinen Kulturaufgaden di leiften Dieser

bat 1900 sich auf 171 Millionen gestellt, er ist 1901 auf 185 Millionen gestiegen, jed 1902 auf 157 Millionen

gefallen und 1903 sogar auf 110 Milli also vom Jahre 1901

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Millionen auf 110 Millionen berabgegangen

Nun die Frage der Leistung cincs Beitrags der Stiaats- cisenbabnen zu den allgemeinen Staatsfinanzen cine sehr umstrittene Frage. Ih kann es nur billigen, daß die Staatseisenbahnen auch cinen Beitrag leisten zur Deckung der allgemeinen Staatsausgaben. Sehr richtig") It dilligt viellciht jeder kommunalen Verwaltung, die gewerbliche Justitute venvaltet, zu, daß diese Jn- ititute cinen mäßigen Uehbecschuß abwerfen und cinen Beitrag leisten für die übrigen Ausgaben, die die Kommune zu leisten hat. Genau so ist es im Staat. Es ilt nur zu billigen, daß die Staatseisen- babnen so uwveckmäßig und wirtshaftlih verwaltet werden, daß sie ju den immer sicigenden Aufgaben des Staats auf anderen Gebieten cinen gewissen Beitrag leisten Tönnen Wie man aud darüber denken möge, die Tatlaßte Mi unbesireitbar, daß dei der Gntwickelung, die unsere gesamten Staatbfinanzen genommen baben, wir auf den Beitrag unserer Staalteisenbahnen nicht verzihten können. Hätten wir den Beitrag nicht gehabt, so hätten wir in den leyten Jahren die Kulturaufgaben des Staats lange nicht in dem

¡laude, man

| Maße fêrdern können, wie wir ck erfreulitherweise getan haben. Ih

brauche nur darauf diazuwelsen, welde enormen Aufwendungen der Staat gemacht dat auf dem Gebiet der Wiksichulc und dem Gebiet