1850 / 12 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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betrachtet werden könne, so lange die Nation nicht beigestimmt habe. Was die Zukunft Deutschlands anbetreffe, so bleiben dem Volke seine Rechte auf eine Neugestaltung Deutschlands, in welcher Be- ziehung die Regierungen die festesten Zusicherungen gegeben haben. Die schweren Kämpfe über den Umfang der Befugnisse des Volkes zur Könstituirung einer Verfassung haben für jeßt ihre faktische Er- ledigung gefunden. Ein Festhalten an den bisher eingeschlagenen Wegen könne er für rathsam nicht haltcn, denn au in politischen Dingen müsse ein zeitiger Vergleich einem langen Prozesse vorgezogen werden. Jn diesem Sinne halte er gegenwär- tig Verständigung und Verhandlung mit Regierungen für das einzige zum Ziele führende Mittel. Um das zu solhen Ver= handlungen nothwendige gemeinsame Organ zu sha}en, bedürfe es der Wahl einer neuen National-Versammlung, und möge die Ent- scheidung darüber vorbehalten bleiben, ob man auf das frühere Wahl 2 zurückommen oder über ein neues mit den Vertretern der Einzel = Staaten sich verständigen wolle, Daß, wenn irgend möglich, auch Oesterreich zu Deutschland gezogen werde, sei gewiß zu wünschen, aber wenn Oesterreich fortfahre, an der Centralisation seiner Staaten festzuhalten, so müsse es dem übrigen Deutschland vorbehalten bleiben, einen besondern Bundesstaat zu bilden. Daß eine solhe Eventualität in dem Antrage hervorgehoben werde, halte er weder für nöthig noch rathsam, da vor Allem die engere Ver- einigung mit Oesterreich angestrebt werden müsse. l Weinhagen räumtæin, daß die eben gehörten Gründe viel für sich haben, kann sich aber doch auf diesen geschichtlichen Standpunkt nit stellen. Der Redner führt die dem Antrage entgegenstehenden Bedenken aus und hält den Antrag seines Freundes Bucren für den allein richtigen und praktisch auch wohl ausführbaren. Er wird daher zunächst für diesen Antrag stimmen, bei dessen Nicht- annahme aber für denjenigen Langs 11, sich erklären, da er das kleinere Uebel sei. Sollte auch dieser Antrag abgelehnt werden und der Antrag Windhorst's zur Abstimmung kommen, so wolle er zu diesem den nachfolgenden Verbesserungs - Antrag stellen : „Mit Bedauern haben Stände aus dem Schreiben des Königlichen Mi- nisteriums vom 10, Dezember v. J, die wiederholte Benachrich=- tigung entgegengenommen , daß das deutsche Verfassungswerk noch nicht zu dem Ziele und Abschlusse gelangt sei, dessen Erstrebung seit dem Frühling 1848 von dem deutschen Volke, auch von dem hannoverschen Volksstamme gefordert und von den resp. deutschen Regierungen zugesagt wurde. Indem Stände voraussehen dürfen, daß der Königlichen Regierung der vom Volke bezeichnete Weg zu demselben niht unbekannt sei, wollen sie zur Zeit von einem näheren Eingehen anf das Schreiben des König- lichen Ministeriums vom 10. Dezember v. J. und die damit ge- machten offiziellen Mittheilungen absehen, sie glauben jedoch s{hon jeßt die Erklärung niht zurückhalten zu dürfen: Daß das von Seiten der Königlich hannoverschen Regierung mit der Königlich preußischen und sächsischen Regierung abgeschlossene Bündniß be= huf Herausstellung eines deutschen Verfasfingswerfes zwischen den einzelnen deutschen Staats-Regierungen, so wie die Einseßung eines Bundes-Schiedsgerichts und des sogenannten Interims, eben N we- nig geeignet sind, die unzweifelhaften Neigungen und gerechten Wünsche des hannoverschen Volkes zu befriedigen, als öffentliche Rechts= zustände von gesicherter Dauer in Deutschland zu begründen.“ Hiernähs|t spriht Freudentheil in leidenschaftlicher pathetischer Rede sich gegen den Windthorstschen Antrag aus und hebt alle von seinem Standpunkte aus dagegen vorzubringenden Bedenken hervor. Schließlich sucht er den Antrag Lang's zu vertheidigen. Windt- horst weist die seinem Antrage gemachten Vorwürfe entschieden zu-

rück und suht deren Unhaltbarkeit im Einzelnen nachzuweisen. Ge- aan han Mata (uvradaus anl (1a at Qa ody L, welcher Verhtere denselben, falls erzur Abstimmung gelange, in folgenden 4 Punkten salva redactione verbessert zu sehen wünscht. Er beantragt nämlich, in dem Antrage 1) die geschehene Zurückberufung der hannoverschen Ab= geordneten zur National-Versammlung bestimmt zu tadeln, 2) den von vielen Abgeordneten sogar als Vertrauens-Votum aufgefaßten dunklen Tadel hinsichtlich des Junterims deutlih auszusprechen, 3) als das einzig anwendbare Wahlgeseß den Bundesbeschluß vom 7. April 1848 zu bezeihnen, und 4) auszusprechen, daß zur Zeit, und so lange Oesterreih auf seiner Centralisation bestehe, von dort feine Abgeordnetca zugezogen werden können. Hierauf erhebt sich Stüve, um in einem längeren und ausführliheren Vortrage die bislang gestellten Anträge zu beleuhten. Er habe wenig Positives bislang vernommen, wohl aber viel Wortgeklingel hören müssen, und hâtte gern ein positiveres Resultat gewünscht. Die der Re- gierung gemachten Vorwürfe der Hinterlist und Doppclzüngigkeit wolle er gern vergessen. Die Regierung habe keine Hintergedanken gehabt, habe gerade gesprochen und dabei denke sie zu bleiben. Er geht dann die einzelnen Anträge durch, Was zuerst den Antrag auf Anerkennung der Reichsverfassung anlange, so stüße sich derselbe angeblih auf das formelle Recht; aber das sei eben die Frage, ob dieses formelle Recht vorhanden sei, und darüber cine neue Dis- kussion herbeizuführen, heine ihm sehr überflüssig. Wolle man bei den frankfurter Beschlüssen beharren, so könne nichts erreicht werden, denn es existiren die Geseße niht, auf welche man sich be- rufen habe. Dieses habe ein Theil der Versammlung gefühlt und deshalb einen Antrag eingebracht, welcher eine Vermittelung ver=- suche, eine Vermittelung, die er jedoch als eine entschieden unglück= liche bezeihnen müsse. Schon im ersten Saße des Antrages liege ein großer Jrrthum, nämlich die Vorausseßung, daß die Regierung von dem Bündnisse vom 26. Mai zurüdckgetreten sei. Die Regie- rung wolle dieses Bündniß durhführen und zwar in seiner vollen Bedeutung. Es sei ein Unterschied zwishen dem Bündnisse selbst und der Verfassung, welche dadurch erzielt werden solle. Das Bünd- niß selbst sei insofern jeßt überflüssig, als die gefährdete Ordnung jeßt außerdem gesichert erscheine, aber niht überflüssig sei es, was die Durchführung der deutschen Verfassung betreffe. Diese Verfas- sung" werde die Regierung durchführen, denn sie müsse ihr gegebe- nes’ Wort halten. Die Stände können die Regierung vielleicht daran hindern, diese selbst aber werde der Durchführung keine Hindernisse ent- gegenstellen. Die Regierung sei vollkommen zu einem solhen Bündnisse der Verfassung zufolge berehtigt gewesen, und nur, wenn zur Aus- führung des Bündnisses Gesetze erförverlid seien, werde es der Zustim- Nd der Stände bedürfen; niht aber zu dem Bündnisse selbst, G würde es zur Ausführung des Wahlgeseßes der stän- ischen Zustimmung bedurft haben," und wenn die Stände solche Zu- stimmung nicht ertheilen wollten, so würde die Regierung ihre Ver- yflihtungen nicht haben erfüllen können und dann weiter zusehen müssen, was in der Sache zu thun \ei, der Antrag gehe dann zu einem Bedauern über, daß die Reichsverfa}sung nit anerkannt worden. Auf ein solches Bedauern könne nicht viel ankommen wohl aber sei der Passus von Gewicht, wodur die Zustimmung i S 4 n En bab eine unberethtigte Handlung Le

» Regierung habe diesen Vertrag, wie jed -

deren, völlig ültig, ohne Zustimmun D 9 w en an tönen, Sie \ei dabei aber nicht blos it forme nre, abschließen Ehe das Interim zu Stande be uen Rechte gewesen, als eine fußers gefährliche 1h vargegcue "edle dage Deutschlands sse sei zwishen Oesterrei und Preußen, zwischen Nord- und

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Süddeutschland, eine feindselige Stimmung entstanden. Es gebe Lagen, inl ein ' fexes Kiflg unvermeidlich sei und man@chmal als das kleinere Uebel erscheine; aber ein Krieg zwischen Desterreich und Preußen würde ein Bürgerkrieg sein, und Deutschland könne eher Alles dulden, als einen solchen Bürgerkrieg. Hannover habe jedoch nit das Verdienst, die Einigung zwischen Oesterreich und Preußen hergestellt zu haben, dieses |ei vielmehr den ausdauernden und wohlgemeinten Bestrebungen von anderer Seite zuzuschreiben. Man habe gegen das Interim Befürchtungen aus einer früheren österreichischen Note hergeleitet, Es erkläre si diese aus der da- maligen Lage Deutschlands, aus welcher die Befürchtung hervor= gegangen sei, daß es in Deutschland überall zum offenen Aufruhr fommen werde, und da habe es dann nahe gelegen, für das Beste zu halten, der Gewalt mit Gewalt zu begegnen. Eine solche Ge- walt zu üben, haben Oesterreich und Preußen vereint wohl die Macht gehabt, und man müsse es als ein Glüd bezeichnen, daß das Jnterim als ein Institut mit geseßlich beschränkter Macht zu Stande gekommen sei. Der interimistischen Bundes-Kommi)ston stehen nur die beschränkten Rechte des engeren Rathes der früheren Bundes- versammlung zu, und sei sie verpflichtet, die Bundesgeseße aufrecht zu erhalten. Darin sei ein neuer Grund des Rechtes zu sinden in einer Zeit, wo die Gefahr der Gewalt sehr nahe gelegen. Auch er wünsche nicht, daß das Interim über den 1, Mai d. J. hinaus ausgedehnt werde, aber er müsse es für höchst bedenklich halten, dieses als bestimmte Forderung hinzustellen, denn dann müsse man mit Bestimmtheit wissen, was nah dem 1, Mai kommen solle. Könne man bis zum 1. Mai nichts Anderes schaffen, so bleibe nur übrig, zum deutschen Bunde zurückzukehrcn, und sehr fraglich sei es, ob Oesterreih hierzu einmal geneigt sein werde. Sollte dieses nicht der Fall sein, so würde Deutschland der größten Gefahr wie= derum blosgestellt sein. Dahin dürfe man es nicht kommen lassen, denn das schlechteste Band sei besser als gar keines. Bezüglich dessen, was geschehen solle, könne der Antrag auf den Vorzug der Konse= quenz keinen Anspruchß machen, müsse vielmehr als vollkommen in=- konsequent bezeichnet werden, denn die Konsequenz würde zur Anerkennung der Reichsverfassung führen. Eine Jukonsequenz sei es ferner, wenn der Antrag, der sich auf den Bundes- beschluß wegen Berufung einer National - Versammlung stüße, Oesterreich von dieser National-Versammlung ausschließen wolle. Ein solches Ausstoßen Oesterreichs sei reine Willkür, und könne er den Antrag deshalb nur für ein Blendwerk halten. Was werde auch mit dem Antrage erreicht? Zunächst müßte eine Einigung der Regierungen staltfinden, und diese Einigung würde nicht zu erzielen sein. Preußen würde sich nicht darauf einlassen, einen Reichstag nach Maßgabe des früheren Wahlgeseßes zu beschicken, es sei denn, daß es durch eine neue Revolution dazu genöthigt werde. Sehr zweifelhaft sei es aber auch, ob das Volk wirklich ein solches Wahl- gescß wolle, und oft täusche man sch schr, wenn man glaube, das ganze Volk hinter sich zu haben. Wie sollte aber auch eine solche Neberzeugung geltend gemacht werden? Man drohe mit einer neuen Revolution. Möglich sei es, daß eine solche später wieder siatt= finde, sobald werde sle aber nicht eintreten, denn die Nachtheile der leßten Revolution lasten noch {wer genug auf dem Volke. Eine Erbitterung möge in einzelnen deutschen Staaten hin und wieder sich noch finden, eine solche aber führe noch niht zu einer Revolu- tion, Jedenfalls würde es unstatthaft sein, in dieser Versammlung auf dergleichen sich zu berufen, und glaube er auch nicht, daß man dieses habe thun wollen. Leider sei die Ansicht schr verbreitet, daß es einen Mittel-Znstand gebe zwischen Gewalt und Recht, nämlich die Demonstration. Solche Demonstrationen seien nur halbe Ge- walt und haben nach einer Revolution keine Wirkung mehr. Ent= wrver müsse man sich an Recht und Vernunft halten oder klar zur Gewalt übergehen. Für den Langschen Antrag könne nur der stimmen, welcher wünsche, daß nichts geschehen solle, und gerade so werde die Sache liegen, wenn die Verbesserungs-Anträge zu dem Windthorstschen Antrage angenommen werden, und wenn die Stände verlangen, daß nichts geschehen solle, so werde die Regicrung si dabei beruhigen können. Daß Oesterreich und Preußen auf cinen solchen Antrag nicht eingehen werden, liege außer Zweifel, und wollten Hannover und die übrigen Staaten allein einen Reichstag berufen, so würden die Regierungen sich nur lächerlich mach-n. Der Autrag von Groß habe anscheinend wenig Beifall in der Kammer gefun= den, und könne er demselben nur entschieden entgegentreten, da er von dem, was die Regierung anstrebe, gänzlich ableite und zur Zerreißßzung Deutschlands führe, Ein solches Ziel habe Hannover nie vor Augen gehabt, und wenn man dieses leugne, so ignorire man die klarsten Thatsachen, denn Hannover habe nie einen Theil Deutschlands für sich allein konstituiren wollen. Allerdings habe man, als die Revolution in Oesterreich und Süddeutschland ge= wüthet, die Möglichkeit eines kleineren Bundes sich denken müssen, aber ein solcher auf Nord - und Mittel - Deutschland beschränkter Bund würde niemals auf solchen Grundlagen haben geschlossen werden können, wie ein Bund für ganz Deutschland, Ein solcher kleinerer Bund würde immer nur ein völkerrehtlihes Bündniß haben sein können, in welchem jedem einzelnen Staate das Wider= spruchsrecht habe vorbehalten bleiben müssen, wenn man sich Preu- ßen nicht völlig habe unterwerfen wollen. Man könne zu keiner Zeit eine Bundesverfassung si denken, in welcher ein Staat alle anderen überrage. Jeder Staat müsse seine Bedürfnisse voran- stellen, das liege in der Natur der Sache, und deshalb würden die Angelegenheiten des Bundcsstaats bei dem entschicdenen Ueberge= wihte Preußens \o geleitet werden, wie es die Bedürfnisse Preu- ßens verlangten. In einem solhen Falle sei es für den kleineren Staat noch besser, dem größeren ganz einverleibt zu werden, als ein Anhängsel des größeren zu sein, welches, ohne der Fürsorge sich zu erfreuen zu haben, nur Lciden tragen müsse, Hannover müsse die Ueberzeugung haben, daß es seine Sclbstständigkeit nur im Verein mit ganz Deutschland sich erhalten könne. Die früher mögliche Existenz kleinerer Staaten sei bei jebiger Lage der Ver= hältnisse niht mehr zu halten, und kein dauernder Wohlstand für einen Staat zu hoffen, der nur in der Eifersucht aaderer größerer Staaten die unsichere Möglichkeit seiner Existenz suchen müsse. Bei der Frage, was jeßt geshehen müsse, um eine Einigung Hannovers mit Deutschland zu bewahren, sei ein Rüblick in die Geschichte nothwendig. Die ältere Verfassung Deutschlands, wie sie vor 1815 bestanden, sei vernichtet, die damals entstanden, aber zugleich unent- wickelt geblieben. Die Hemmung der nothwendigen Entwickelung des rohen Werkes der Bundesverfassung habe sich {wer gerächt, als die Entwicelung der Welt im Jahre 1848 plöglih hereinge- brochen und Deutschland furhtbar überrascht habe. Jn der 39 Jahre langen Hemmung der Entwickelung Deutschlands liege ein großer Theil der Schuld, den jeßt die frankfurter National - Ver- sammlung trage. Sie habe ein unmögliches Werk begonnen, und wie man ihren Fall beklagen misse, so werde die Geschichte sie einst milder beurtheilen, als das jeßt von Manchem geshehe. Zu An=

fang habe die National-Versammlung davon ausgehen dürfen, daß sie mit gänzlich gelockerten Verhältnissen es zu thun habe, und kaum habe damals wohl Jemand daran gedacht, daß Oesterrei nicht în seine einzelnen Provinzen zerfallen werde. Allein als im November 1848 die Regierungen Oesterreichs und Preußens wieder zur srü-

heren Macht gelangt seien, da habe die National-Versammlung ein- ehen müssen, daß ohne Zustimmung der Regierungen eine Verfas- E Deutschlands nicht zu erreichen sein werde. Im hohen Grade \hwierig zwar sei es damals gewesen, einen gesunden Ausgang in der Sache zu finden, da Oesterreich wohl kaum auf irgend eine Verfassung sich würde eingelassen haben, und es dessenungeachtet bei Deutschland bleiben müsse, wenn dieses niht ganz machtlos werden solle. Wolle man E è aus Deutschland herausdrängen, dann müsse Deutschland seine Stellung in Europa aufgeben. Eine Trennung Oesterreihs von Deutschland sei gleih der Thei- lung Polens zu betrachten, denn der Trennung Oesterreichs würde die Absonderung anderer Staaten gar bald folgen. Vorläufig wenigstens haben sich nun Oesterreich und Preußen darüber ge- einigt, daß man auf friedlichem Wege thatsächlicher Entwickelung die Verfassung Deutschlands ausbilden wolle. Was man darunter verstehe, sei zwar niht ganz klar. Undenkbar sei es nicht, daß der Erfolg einer solchen Entwickelung eine Theilung Deutschlands sei; denn wenn Oesterreih und Preußen cinen solchen Gedonken au jeßt niht hegen, so könne man doch leiht darauf zurückommen. Der Gedanke der Mainlinie sei in verschiedenen Staatsschristen bis auf die neueste Zeit festgehalten. Dur seinen Zollverein habe Preußen zuerst diesen Gedanken beseitigt, und darin habe die haupt- \ächlichste Bedeutung des Zollvereins, so lange er in ungeshwächter Kraft bestanden, gelegen, daß er ein Bindemittel zwischen Süd- und Nord - Deutschland gebildet habe, das leider nunmehr ge{wäht sei. Oesterreich habe keine Kraft gegen Frank- reich, wenn es nicht sofort den Ober - Rhein beseßen könne. Dazu bedürfe es der Festung Mainz, und ohne diese zu schüßen, könne Oesterreich sich selbst kaum \{hüßen. Sollten Hessen - Darmstadt und Baden einst wieder von Preußen sich tren- nen, dann liege die Gefahr einer Theilung in Nord= und Süd- deutschland wiederum schr nahe. Eine solche Theilung zu verhin- dern, dahin müsse das hauptsächlîhste Bestreben der mittleren deut- hen Staaten gerichtet sein, welhe noch eine gewisse Unabhängigkeit sich erhalten haben. Als einzigen Schuß haben diese mittleren Staaten noch die Bundesverfassung, denn darin habe sie das ein- zige Mittel, die Einigkeit Deutschlands zu fordern. Alles nun, was den Regierungen die Freiheit der Thätigkeit verkümmere, führe den Moment der Theilung Deutschlands näher herbei, der Windt=- horstshe Antrag habe insofern weniger große Bedeutung, als er über das Verhältniß gegen Preußen und über das Interim sih nicht äußere. Lob oder Tadel in dieser Beziehung könne für die Regierung von großer Bedeutung nicht sein; das Hauptgewicht liege darin, daß die Regierung nah diesem Antrage die wenige Kraft behalte, die sie noch habe, für Deutschland zu wirken, „Die Geschicke Deutschlands“, s\chließt der Redner, , Éôn- nen wir gar nit lenken, aber darin liegt die Kraft, daß die Regierung ein Wort sprechen kann zur Wahrung des Rechtes, daß man nöthigenfalls sagen kann: das darf nicht geschehen. Hilft das nit mehr, dann freilich muß man sich in das schwere Schicksal fügen, wie solches Deutschland bis zum Jahre 1813 getragen. Die Gefahr is groß ; die Stände können nur dagegen wirken, wenn sie der Regierung die Möglichkeit erhalten, frei zu wirken. Mögen die Stände das bedenken!“ Zum offenbaren Mißbehagen eines großen Theiles der Versammlung spricht darauf Gerding noch für dèn Buecrenschen Antrag, und wird von mehreren Seiten auf den Schluß der Debatte provozirt, Der Präsident glaubt in dieser hohwichtigen Angelegenheit Keinem die Möglichkeit der Meinungs- Acußerung abschneiden zu dürfen, und da noch mehrere Mitglieder ihre Absicht erkennen geben, zu reden, von anderen Seiten aber man sich zum längern Diskutiren außer Stande erklärt, jo wird die Berathung vom Präsidenten bis morgen vertagk.

Hannover, 8. Jan. (H. Z) In heutiger Sißung der ersten Kammer stellte von Honstedt einen Urantrag, welcher dahin ging, die Regierung um eine Gese - Vorlage zu ersuchen, wonach bei der Ablösung gewisser, den Werth des verpflichteten Grund-= túds übersteigenden gutsherrlihen 2c. Lasten eine Ermäßigung des Ablósungs - Kapitals nah Maßgabe des Werthes des Grundstücks ermógliht werde, Der Geseß-Entwurf über Einrichtung von An- waltöfammern wurde zum erstenmale berathen und an die Justiz= Kommission verwiesen. Die Beschlüsse der zweiten Kammer über den Gese - Entwurf, die Aufhebung der Mannösstister betreffend, wurden nah erstattetem Vortrage des General-Syndikus angenom- men. Gegenstand der heutigen Sißung zweiter Kammer bildet die Fortseßung der Berathung über die Regierungs - Vorlagen in der teutschen Frage. Es sprachen heute noch Oppermann, Klee, Bues- ren, Detering, Meyer (Landdrost), Hirsch und Lang U, Um 3 Uhr ist die Debatte noch nicht geschlossen und noch nicht abzusehen, ob es zum Schlusse derselben heute wird kommen könncn.

Hannover, 9, Jan. (H. Z.) Jn der gestrigen Sißung der zweiten Kammer wurde nach Ankündigung von 34 ncu eingegan- genen Petitionen die abweichenden Beschlüsse erster Kammer über die hier beliebten Abänderungen der Geschäfts-Ordnung mitgetheilt, und beschließt man auf Antrag des Vice - General =Syndikus, auf den hiesigen Beschlüssen zu beharren und auf eine Konferenz z1 provoziren. Hiernächst wird fortgefahren in der gestern abgebro=- chenen Berathung über die deutsche Frage, Zuerst spriht Opp er- mann in einem ausführlichen Vortrage zur Vertheidigung des Lang= schen Antrags, so wie zur Widerlegung der von Stüve gestern diesem An- trage gemachten Vorwürfe. Man habe dem Antrage vorgeworfen, daß nach dessen Annahme von der Regierung nichts werde geschehen fönnenz aber auch in den Vorlagen der Regierung finde er keine Andeutung darüber, daß etwas und was geschehen solle, so wenig als in dem gestrigen Stüvcschen Vortrage. Die Regierung ver= lange volles und ganzes Vertrauen und volllommen freie Hand, so wie auch Vertrauen zum Jnterim. Er und seine Freunde können zu diesem Juterim jedoch klein Vertrauen haben, denn {hon ein altes Sprüchwort sage: „das Juterim hat den Schalk hinter ihm.“ Der Kern des gestrigen Stüveschen Vortrages liege in der Behaup-= tung, daß die Politik der mittleren deutschen Staaten ein starres Festhalten an dem Rechte von 1815 verlange. Das beanspruchte Vertrauen könne man der Negierung nicht schenken, denn sie stehe niht auf einem festen Bodcn, weshalb ihr Bestreben, die Stände auf einen festen Boden zu stellen, durchaus erfolglos sein müsse. Nach Hinweisung auf die Erlasse der Regierung aus dem Jahre 1848 verfolgt der Redner monatsweise weiter die deutsche Politik der hannoverschen Regierung im vergangenen Jahre und unterzieht dieselbe einer Kritik, welcher cs nicht an Jronie und Komik fehlt, Er sucht ferner nachzuweisen, daß die Souverainetät, an welche die deutschen Fürsten sih jeßt so ängstlich klammern, eine durchaus un- berehtigte sei, da das deutsche Volk ein Recht auf ein deutsches Reich habe, welches ihm rurch die Entsagung des österr. ichischen Kaisers auf die deutsche Kaiserkrone niht habe genommen werden fönnen, Das Festhaltenwollen an dem alten Bundesrehte gleiche dem Anklammern an einem lehten, aber sehr s{hwachen Rettungs- anker, und glaube er nicht, daß es jemals wieder zu dem Bundes« rechte fommen werde. Sollte, wie ihm vorgeworfen, der Langsche Antrag nah Erfurt führen, so werde das am Ende auch kein gro- ßes Unglüd sein. Der Antrag habe den Vortheil, daß er etwas ganz

Bestimmtes wolle, denn er berufe sich auf das Recht des Volkes a den Bundes - Beschlüssen vom Jahre 1848. Man habe ge= sagt, ein zeitiger Vergleich sei einem langwierigen Prozesse vorzu- ziehen; dem stimme er zwar vollkommen bei, aber er könne nur in dem Windthorstshen Antrage den Vergleich ‘nit entdecken, Even- tuell werde er für die Verbesserungs - Anträge Langs 1. stimmen. Auch Klee fühlt sich gedrungen, Einiges über die gestellten An- träge zu äußern. Dem Buerenschen Antrage müsse er beizutreten Bedenken finden, weil er sonst Gefahr laufe, dem Metier der Re- surrectionisten zu verfallen. Die Bedeutung des Langschen Antra- ges sei ihm Anfangs nicht klar gewesen und begreife er jeßt, nah- dem er dessen Bedeutung erfaßt, nicht, wie die gothaer Partei in- Fonsequent mit ihren Ansichten für diesen Antrag werde stimmen können. Ihm sage der Antrag nicht zu, weil er kokcttirend mit dem einen Fuße auf dem Rechtsprinzipe und mit dem anderen auf dem Prinzipe der Octroyirung stehe. Der Weg der Verein- barung sei der sicherste und praktishste, was bei Gelegenheit der Berathung über das Staatsgrundgeseß in diesem Hause {hon frü- her anerkannt sei. Er werde aus den von seinem Freunde Hirsch vorgebrachten Gründen für den Windthorstschen Antrag stimmen, wodurch die Rechte des Landes nach innen und außen gewahrt werden und der Regierung für ihr ferneres Verhalten möglichst freie Hand verbleibe. Er werde für den Antrag stimmen ohne die von Lang l. dazu proponirten Verbesserungen. Freudentheil glaubt in der Berufung auf die Verhandlungen über das Staatsgrund- gescß eine Verleßung der Ehre der Kammer finden zu müssen und geräth darüber mit dem Vorredner in einen Streit, welcher ihm eine Zurechtweisung des Präsidenten zuzicht. Sodann erhebt sch Bueren zu einem ausführlihen Vortrage, um auch

seinerseits die gestellten Anträge näher zu beleuchten und seinen eigenen Antrag zu vertheidigen. Den Windthorst- \hen Antrag unterzieht er in seinen einzelnen Theilen

einer genauen fritisirenden Erörterung und glaubt, daß diesem An- trage auch die von Lang 1. proponirten Verbesserungen nichts hel- fen fönnen. Sodann entwickelt er die Gründe, weshalb er auch für den Großschen Antrag nicht stimmen könne, und verwahrt dabei Ostfriesland gegen die Behauptung, daß dort Sympathieen für die preußische Politik sich finden. Ostfriesland sei nur deshalb für Preußen und gegen Hannover eingenommen, weil ersteres seine freie Verfassung geachtet habe, was von dem leßteren leider nicht gesche- hen sei. Endlich sucht er unter Widerlegung der vorgebrachten Vor- würfe seinen Antrag ausfüh1lih zu vertheidigen. Nach einer be- dauernden Aeußerung Gerding's darüber, daß man das Festhal- ten an der Rcichs-Verfassung verhöhnt habe, und nah einer Vcr- wahrung Freudentheil®s gegen die aufgestellte Behauptung, daß die Reichs-Verfassung kein Gese sei, legt Detering in aus- führlicher Rede seine Ansichten über die gestellten Anträge dar. Die Hauptbedenken gegen den Windthorstschen Antrag findet er darin, daß nur der Einhcit und nicht auch der Freiheit Deutsch- lands darin gedacht, und daß cine Acußerung der Stände über das JIrterim für überflüssig erachtet werde, Er tadelt das Reihs-Mi- nisterium darüber, daß es in den Rücktritt des Reichsverwesers und die Konstituirung des Jnterims gewilligt habe, eine Handlung, wo- für es demnächst zur Rechenschaft gezogen werden müsse. In dem Antrage Langs 11, findet er eine mehrere oder mindere Uebercinstimmung mit demjenigen Bueren?'s, nud wenngleich dem ersteren der Vorwurf der Koketterie mit Recht nicht gemacht wer- den könne, so müsse er do insofern dessen Unentschiedenheit bekla= gen, als er niht unbedingt das Festhalten an der Reichs- verfassung aussprech«. Er könne diesem Antrage nur inso- weit beistimmen, als er das Wahlrecht der Nation wahre, uicht aber könne er sich für die Ansschlicßung Oesterreichs erklären. Mit dem Buerenschen Antrage, welcher in aller Maße auf das for- melle Recht sich stübe, sei er völlig einverstanden. Meyer (Land- vrost) theilt die Ansicht, das man sich an das formelle Recht halten müsse, nur werde seine Ansicht über das, was Recht sei, wohl sehr verschieden von derjenigen des Vorredners sein, denn ihn werde der- selbe Grund bestimmen, für den Windthorstschen Antrag sich zu er- flären. Man habe besonders erver daß der Antrag zu wenig tadle und zu viel Vertrauen gegen die Regierung ausspreche. Diese Vorwürfe aber seien gerade die Vorzüge des Antrages. Es sei früher gesagt, daß die Regierung viel Vertrauen im Lande habe ; auf der anderen Seite aber habe man der Regierung kein Ver- trauen \cenken zu können gemeint, weil es ihr an einem Rechtsboden fehle. Das nun, glaube cr, übersteige alle mensch- lichen Kräfte, in so stürmischen Zeiten ohne Rüsicht auf die wechselnden Ereignisse in allen Einzelnheiten cinen fest vor= gezeichneten Weg stets konsequent zu verfolgen. Die Re- gierung aber habe mit Festigkeit, Offenheit, Klarheit, und ohne um die Volksgunst zu buhlen, sin den Gränzen des Erreichbaren ihren Weg verfolgt und mit anerkennenswerther Entschiedenheit und Klugheit für die Einigkeit und Freiheit Deutschlands gestrebt. Wenn sie leider das vorgesteckte Ziel noch nicht erreicht habe, so könne ihr daraus kein Vorwurf gemacht werden; denn sie habe das Jhrige gethan, und darauf beruhe eben das der Regierung im Lande \o vielfach geschenkte Vertrauen, daß sie troy aller Schwierigkeiten stets fes und klug ihren Weg verfolgt habe. Hannover sei fast der einzige deutshe Staat, wo keine Ausnahme- Zustände stattgefunden und wo man keinen Fuß breit von der Verfassung abgewichen sei. Eine Regierung, welche im Junern so chrlih gehandelt, verdiene wohl das Vertrauen, daß sie auch in größeren Verhältnissen ehrlih zu Werke gehen werde. Um end- lich etwas zu schaffen, bedürfe es des Festhaltens am Rechte und des Vertrauens zu den Regierungen. Deshalb werde er für den Windhorstshen Antrag stimmen, weil dieser der Regierung möglichst freie Hand lasse, mit ihren Fähigkeiten das Bessere zu erstreben. Hirs\ch will nicht auf alle Vorwürfe einge- hen, welche gegen den Windthorstschen Antrag laut geworden zu= mal sie zum großen Theile gegen von ihm nicht getheilte GOitnve gerichtet seien, und bedürfte es namentlich nicht einer Vertheidi- gung gegen Vorwürfe, welche mit Leidenschast gemacht und Ver= dächtigungen enthalten. Der Antrag gehe davon aus, daß jebt eine dauernde Verfassung nur durch eine Vereinbarung des Volkes mit den Regierungen zu Stande kommen könne im Wege der Ent- wickelung des bestehenden Rechtes. Daß der Antrag kein bestimm- tes Wahlgeseß bezeichne, darin liege gerade ein großer Vorzu

weil er darin gerade das Praktische vor Augen babe. Praktisch sei L jenige, was einen nothwendigen und nüßlichen Zweck verfolge und n meisten ausführbar erscheine. Es sei {on hervorgehoben , wie vielen Bedenken die Anwendung der früheren Bundesbeschlüsse auf di Wahlen zu einer neuen ationalversammlung unterliege, und M dem au scin möge, so müsse jedenfalls anerkannt werden daß Über das anzuwendende Recht die größten Zweifel obwalten Des- halb müsse man zunächst aus Zweckmäßigkeits-Rüksichten ein neues Wahlgesep zu begründen suchen, und werde er selbst ein freisinniges octroyirtes Wahlgeseß für rechtsbeständig halten, sofern es vom Volke nachträglich dur Theilnahme an den Wahlen angenommen würde Dafür, daß eine Mißbilligung der Abberufung der hannoverschen Deputirten aus Frankfurt in den Antrag aufgenommen werde könne er sich nit erklären, Zwar sei die Regierung zur Abz

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berufung der Deputirten an sich und so lange die Nationalver- sammlung bestanden, nicht berechtigt gewesen; ob aber die Re- gierung nit zu einer Zeit, als durch den Rücktritt und die Abbe- rufung einer großen Anzahl Deputirten anderer Staaten die Na- tionalversammlung shon_im Zustande der Auflösung begriffen ge- wesen und von ihr dur extravagante Beschlüsse bereits Beweise ge- liefert worden, daß sie ihre Kompetenz überschreiten werde, ob die

Regierung zu dieser Zeit auh unter solchen Umständen nicht Veran- | lassung gehabt habe, die hannoverschen Deputirten vor einer länge- |

ren Theilnahme an den Berathungen der Nationalversammlung zu

warnen und die fernere Diäten - Zahlung einzustellen, das sei min= |

destens sehr zweifelhaft, und könne man daher eine ofene Mißbilligung tiescs Schrittes niht wohl aussprechen. Gegen den Weinhagenschen Verbesserungs-Antrag müsse er sich erklären, weil er nit klar hin- stelle, ob er ven Weg der Vereinbarung wolle oder nicht, und eben so wenig könne er für den Buerenschen Antrag stimmen, weil er der Meinung sein müsse, daß es der National-Versammlung nicht gelungen sei, das Verfassungswerk zu Stande zu bringen, da es der beschlossenen Versassung an einer Spibe fehle. Lang 11, spricht zur Widerlegung der für den Windthorstschen Antrag vorgebrachten Gründe, und will eventuell für die Verbesserungs-Anträge Weinha- gen’s und Lang's 1, stimmen. Er unterzieht dann den Bueren- {hen Antrag in seinen einzelnen Theilen ciner näheren Kritik. Den ersten Theil des Antrages findet erx unbedenklih, da auch er der Ansicht huldige, daß die Reichs - Verfassung gültig erlassen sei , wennglei sie wegen mangelnder Zustim- mung des Königs von Preußen zur Ausführung nicht habe fom- men können. Für den zweiten Theil könne er jedoch nicht stimmen, denn unmöglich dürfe unter den jeßt obwaltenden Verhältnissen der hannoverschen Regierung jedes Recht abgesprochen werden, den in Frankfurt beschlossenen Gesehen den Gehorsam zu versagen. Für den Zten und Aten Theil werde er nur stimmen, wenn sie nach Verwerfung seines eigenen Antrages zur Abstimmung gelangen sollien. Gegen den 5ten und bten Theil aber müsse er bestimmt dissentiren, denn vor der Thatsache der Auflösung ter Reichs-Ver- sammlung könne man unmöglich die Augen verschlicßen, und eine Ergänzung derselben erscheine unter den jeßigen Verhältnissen ganz unmöglich. Der Redner sucht dann die in dem gestrigen Vortrage Stüve's seinem Antrage gemachten Vorwürfe im Einzelnen ausführlich zu widerlegen und kann in tem Jnterim keinen Rehtéschuß gegen die Uebermacht Oesterreichs und Preußens finden. Groß erklärt hier= auf, seinen gestern gestellten Antrag zurücknehmen zu wollenz ciner= seits, weil si fast keine Stimme dafür erhoben habe, und ande- rerseits, weil sein Freund Ellissen, mit welhem er sonst vollkommen übereinstimme, anscheinend mit ciniger Entrüstung, sich dagegen aus- gesprochen. Er wünscht, daß Hannover es nie bereuen möge, den erfurter Reichstag nicht beschikt zu haben, und spricht nach cinigen gegen die gestrige Rede Stüve's gerichteten Worten dann noch zur Abwehr der der National - Versammlung von linker und rechter Seite gemachten Vorwürfe neben einer Verwahrung gegen die von Bueren ihm untergelegte Behauptung, daß man in Ostfriesland Sympathieen für die jebige preußishe Poli- tik hege. Darauf erhebt sich Stüve, um noch einige wenige Bemerkungen zu machen. Er bezeihnet das gegen das Drei Königsbündniß vorgebrachte Argument, daß darin cin octroyirtes Wahlgeseß sich befinde, für unrichtig, denn es habe keinesweges in der Absicht gelegen, das Wahlgeseß zu octroyiren, vielmchr würde jedeñfalls die Aen der Stände von der Regierung dazu beantragt sein. Er spricht sodann gegen dasjenige, was von Lang 11, über das Jnterim gesagt worden. Man sei es gewohnt, bei dem gedachten Redner eine eigenthümliche Jnterpretation der Bundesgeseße zu finden. So habe derselbe die Verechtigung zu einem Seyarat-Bündnisse innerhalb des deutschen Bundes aus dem Artikel 6 der wiener Schluß-Akte herleiten wollen, während doch die Bundesgeseße ausdrücklih vorschreiben, daß durch eine Veränderung in den Territorial - Verhältnissen der deutschen Staaten das Stimmen - Verhältniß nur mit Zustimmung aller Theile geändert werden könne, uud während eine cin-= seitige Veränderung in den Verhältnissen der Militair =- Hoheit Durch die Bundes = KriegsLerfassung geradezu verboten sci. Er Sa I T gejagt, daß die Regierung, wenn der Langsche

g angenommen werde, alle Thätigkeit in der deutschen Sache einstellen müsse, Wenn man es nun selbst als feststehend angenommen habe, daß der Zustand Diutschlands ein gefahrvoller sei, und wenn man dennoch die Regierungen in ihrer bisherigen, auf die Abwendung der drohenden Gefahren gerichteten Thätigkeit hemmen wolle, dann möge man sich licber ganz losmachen von einer Regierung, zu. der man kein Vertrauen habe. Die Regierung könne, der auf ihr ruhenden Verantwortlichkeit sich wohl bewußt, auf dem betretenen Wege nur fortfahren, wenn die Stände ihr nicht hemmend entgegentreten. Billige man das Verfahren der Regic- rung nicht, so müsse er wünschen, daß diescs klar und unumwunden ausgesprochen werde, und daß man Gebrauch mache von dem durch die Verfassung gebotenen Mittel, die Verantwortlichkeit der Regierung zur Geltung zu bringen. Nachdem hierauf noch Bueren, Freudentheil, Lang I1,, Ellissen, Hirs, Lang 1. und Windthorst theils ausführlicher, theils in wenigen Worten für ihre Ansicht ge- prochen, {ließt der Präsident die Debatte, um zur Abstimmung zu schreiten, bevor es jedoch zur Abstimmung kommt, sprachen noch von Garssen, Pagensteher, Büttner, Wißmann, Weh- mann, Groß, Fründt, Weber und Wilkens zur Motivirung ihrer Vota für den Windthorstshen Antrag, Gerding, Oppermann und Ellissen gegen denselben. Da bei dieser Gelegenheit mehrfach Zeichen des Beifalls oder Mißfallens auf der Tribüne laut werden, so sieht si{ch der Präsident zu wiederholten Ermah= nungen zur Ruhe veranlaßt, und, als desscnungcachtet die Motivi- rung des Ellissenshen Votums wiederum mit einem lauten Bravo von der Tribüne begrüßt wird, so fordert endlich der Präsident die Zuhörer auf, die Tribünen zu räumen, und sistirt die Verhandlung. Ungeachtet einer mehrfachen Wiederholung dieser Aufforderung wer- den die Tribünen nicht geräumt, weshalb der Präsident, nachtem Freudenthe;l für die Zurücknahme ter Ptäsidial-Verfügung sich aus- gesprochen, da es ihm augenblicklich an ausreihenden Mitteln ge-= bricht, seinem Befehle Nachtruck zu verschaffen, si{ch genöthigt sieht, nach Feststellung der morgenden Tagesordnung die Sibßung für heute zu ließen.

Jn heutiger Sibung der ersten Kammer wurde der Urantrag von Honstedt's wegen Ablösung gewisser Übermäßiger Grundlasten berathen. Jn der zweiten Kammer hatte Groß von Leer seinen Antrag im gothaer Sinne schon gestern zurückgezogen. Lang L. zog seine vier Unter - Verbesserungs - Anträge zu dem Windhorstschen Antrage heute ebenfalls zurück. Das Resultat der Abstimmung über die noch übrigbleibenden war folgendes: Die Buerenschen 6 Anträge wurden sämmtlich verworfen; nämlich 1) mit 96. gegen. 20 Slimmten 4 2) : mit 69 gegen 7; 3) mit 70 gegen 6; 4) mit 69 gegen 7; 5) mit 71 gegen 5, und 6) mit 74 gegen 5 Stimmen. Der Antrag Langs Il. wurde mit 43 ge- gen 33 Stimmen verworfen, Weinhagen's Verbesserungs- Antrag zu Windthorst?s Antrag wurde mit 43 gegen 33 Stimmen ver=-

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worfen. Windthorst’ s Antrag (\. das gestrige Blatt) wurd dagegen mit 42 Stimmen gegen 34 iee é, Pai

Sachsen-Weimar. Weimar, 8. Jan, (D. A der in der heutigen Landtagssißung Mah ‘Dahl D A geordneten für das Staatenhaus wurde der Staatsminister von Wabßdorf mit 24 Stimmen gewählt, während 1 Stimme auf den Vicepräsidenten Schüler fiel und 12 Abgeordnete sich der Abstim- mung enthielten.

Frankfurt. Fränkfurt a. M., 8. Jan, (O.

| Dem Vernehmen nach bleibt der lisherige Oder -Betehlabepee 9

Kaiserlich österreichishen, Königlich bayerischen und frankfurter Truppen, Feldmarschall - Lieutenant Baron von Sthirnding einst- weilen noch in seiner bisherigen Stellung. :

Von den Mitgliedern der Bundes - Kommission wird General Baron von Schönhals die Gartenwohnung inne haben, wele Se. Kaiserl. Hoheit Erzherzog Johann bisher bewohnte, während Herr ven Kübeck nebst dem Herrn General-Secretair, Baron von Brunner, das Thurn und Taxissche Palais in der Eschenheimer Gasse beziehen wird. Herr General von Radowiß wohnt bereits seit ciniger Zeit in der großen Bockenheimer Basse, uud Herr von Bötticher hat eine Wohnung in der Hochstraße genommen.

Hoher Senat hiesiger freier Stadt hat den Schöffen Herrn Dr. Harnier zum Bevollmächtigten der freien Stadt Frankfurt bei der Central-Bundes-Kommission ernannt; der Bevollmächtigte hat leßterer sein Kreditiv bereits überreicht.

Was die Agitation zu den bevorstehenden Wahlen für den am 21sten d. M. zusammentretenden geseßgebenden Körper anbelangt, so waren gestern Abend die Ausschüsse des patriotischen, des Búr- ger -, des Künstler- und Handwerker - Vereins versammelt, um sich über cine Kandidaten-Liste hinsichtlih der 75 Wahlmänner zu ver- einigen, welche die 45 Mitglieder des geseßgebenden Körpers zu crnennen haben, während das Montags-Kränzchen, mit welchem ver im April 1848 davon ausgeschiedene deutsche Verein sich wieder vercinigt hat, in seiner gestrigen General - Versammlung na leb=- hafter Debatte beschloß, sich an den bevorstehenden Wahlen zum geseßgebenden Körper nicht zu betheiligen.

Ausland.

Hesfterreich. Vene dig, 4. Jan. Zufolge einor Kundmachung des Freiherrn von Puchner, Civil= und Militairgouverneurs für die vene- tianischen Provinzen, wird vom 1. Januar an die Insel St. Gior- gio maggiore zum Freihafen-Bezirk erklärt und is innerhalb dessen Gränzen der Verkehr mit allen niht monopolisirten Waaren völlig frei. Spätestens bis zum 15ten l. M. haben alle Kaufleute ein gcnaues Verzeichniß der in ihren Magazinen befindlichen Waaren anzugeben. Die ausländischen, deren Einfuhr in Oesterreich gegen Zoll erlaubt i} , können der geseßlichen Verzollung unterzogen wer- den, und die Finanz-Intendanz darf dabei eine angemessene Zah- lungsfrist zugestehen. Vom Zolle frei sind alle Vikiualien, welche in Venedig seit dem 27. August eingeführt wurden ; 2) alle Boden- und Industrie-Erzeugnisse der Stadt und des Bezirks Venedig, mit Ausnahme jener der Dampfmühle und der Zucker - Raffineriez 3) alle aus dem ósterreichishen ZoUgebiete eingeführten Waarenz 4) alle Waaren, welche bereits der Verzollung unterzogen worden sind. Die Waaren, welche in Folge der Aufhebung des Freihafens aus- geführt werden sollen, sind vom Ausfuhrzolle befreit, Waaren, de- ren Einfuhr in Oesterreich verboten ist, dürfen nicht verzollt, son- dern müssen ausgeführt oder in den Freihafen-Bezirk gebracht wer=- denz doch ist es den Kleinhändlern, die solche bereits in ihren Ge- wölben haben, gestattet, dieselben nach Entrichtung eines Drittheiles des geseßlichen Zollbetrages zu verkaufen. Der 1. Februar is als der Tag bestimmt, an welchem die Zollschranken zwischen Venedig und dem österreichischen Zollgebicte fallen werden.

Fraufreich. Gesebgebende Versammlung. Sihung vom 8. Januar. Die Kammer beginnt die Berathung über den Geseßvorschlag des Herrn Parieu in Betreff der Ab - und Einsez- zung der Gemeindelehrer. Das Geseh stellt diese Lehrer bis zur Veröffentlichung des organischen Gesebes unter die Präfekten. Der Práfckt soll sie nach dem Wunsche des Gemeinderaths aus den weltlichen Elementarlehrern und aus den Mitgliedern der reli: giöósen Gesellschaften ernennen. Herr Lavergne spriht ge- genu decn Gesebß - Vorshlag als unconstitutionell und. macht außerdem auf das Ungeseßmäßige aufmerksam, die Lehrer, die vom Unterrichts - Minister abhängig, unter die Aufsicht der Präfekten zu stellen und ihre Ernennungen von ihnen abhän- gig zu machen. Der Berichterstatter nimmt das Wort und flagt die Gemeindelehrer an, Sozialismus zu predigen, statt den Kindern Unterricht zu ertheilen, Herr Pascal Duprat weist diese An- griffe zurück. Er sucht nahzuweisen, daß die Gesebßvorlage eine politishe Bedeutung habe. Man wolle die Lehrer, die demokrati- \{che Gesinnungen haben, entfernen und den Unterricht den Ordens- Congregationen in die Hände geben. Der Redner bemerkt im Ver= folg feiner Darstellung, die so angegriffenen Rothen seien nichts als die Republifaner. Die sogenannten weißen Republikaner seien die, welche nur vom Egoiômus lebten und ihr Vaterland dem Auslande preisgegeben hätten. Der Redner bemerkt ferner, daß Napoleon mit 3 Millionen Stimmen zum lebenslänglichen Konsul nur mit Hülfe der Schullehrer ernannt worden sei. Der Minister des öffentlichen Unterrichts klagt über die Propaganda der Schullehrer. Elf General-Staatsanwalte haben sich über den So- zialismus derselben bes{wert. Die allgemeine Diskussion wird ge- \{lossen, und die Kammer {reitet zur Abstimmung darüber, ob zur Diskussion der einzelnen Artikel übergegangen werden sokl. Dies wurde mit 352 Stimmen gegen 208 bejaht.

Paris, 8. Jan. Die Regierung wird, wie es heute heißt, fürs erste 2500 Mann nah dem La Plata schicken. Diese sollen aus der Mobilgarde und der republikanis{en Garde rekrutirt wer= den. Jn 3 Monaten will die Regierung angeblih der Kammer eine definitive Entscheidung vorlegen.

Der Kriegs-Minister hat einen Geseßvorschlag eingebracht, um den Sold der Unteroffiziere um 20 Centimen täglih zu erhöhen.

Die Course stiegen heute bedeutend, die 5proz. Rente um 55 Cent., die 3proz. um 55 C.

Das neue Journal Le Napoleon, angeblich amtliches Organ der Präsidentschaft, is gestern erschienen ; es is cin Wowenblatt, das mit ciner Titelvignette ges{müdckt is, die den Triumphbogen de lPEtoile vorstellt. Diese erste Nummer enthält unter Anderem Arti- fel über das erste Jahr der Präsidentschaft Louis Bonaparte's, über die Republikaner, über den La Plata und über die Elementarlehrer. Unter der Rubrik „Vermischtes““ findet sich die Angabe, daß Louis Bonaparte unter den jeßigen Umständen von dem Gedanken an eine Amnestie eben so weit entfernt sei, als er früher gewünscht habe, dieselbe am Jahrestage seiner Wahl vorschlagen zu können. Am Schlusse heißt es: „Wir sind in einem Zeitraume der Niederhäl- tungz jener der Gnade ist noch nicht gekommen.““

Vorgestern Abend war großer Empfang im Marine - Ministe-