1850 / 35 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

einiger Bestimmungen des Strafgeseßbuches und dergleichen betref- fend, verlangt am Schlusse des Art. 1 „diese Geseße sollen der Revision der künftigen Ständeversammlung unterstellt werden.“ Hierauf geftüßt, erlaube ich mir nun folgende Anfrage an das Königliche Staats-Ministerium der Justiz : 1) is dasselbe gesonnen, die- ser geseßlichen Auflage dur Vorlage der von den ständischen Ausschüssen gutgeheißenen Abänderungen Genüge zu leisten ? und 2) ist dasselbe weiter gesonnen, die bei dem außerordentlichen Central-Untersuhungsgerichte Augsburg entbehrlich gewordenen Untersuchungs - Akten nebst zuge- hörigen Personal - Akten als reihhaltiges Material zur umsichtigen Beurtheilung der provisorischen Geseßes - Abänderungen der Kam-= mer der Abgeordneten zur Einsicht und Benußung bei der vor- \{riftsmäßigen Revision vorzulegen?“ Bezüglich der ersten Frage beziehe er (der Staats-Minister) sich auf eine von ihm in der 23sten Sihung abgegebene Erklärung, durch welche jene Frage bereits ihre Erledigung erhalten habe. Was die zweite Frage anbelange, so werde er bei der Revision des Geseßes vom 410. November 1848 dieselben Vorlagen machen, wie solches bei anderen legisla= tiven Vorlagen der Fall sei. Er werde nämlich der ho- hen Kammer einen Geseh - Entwurf mit Motiven vorzulegen die Ehre haben; finde dieselbe alsdann weitere Aufschlüsse noch für nothwendig, so werde das Königliche Staats - Mini- sterium dieselben bereitwillig ertheilen. Eine weitere Interpellation, die heute von Seiten des Ministertishes zur Beantwortung kam, hatte Fürst von Wallerstein gestellt. Dieselbe lautet: „Jm Hinblicke auf die Verfügung der Bundes-Kommission bezüglich des württembergischen Gesebes über den Einzug der Posten: Er- kennt die bayerishe Regierung von dem Standpunkte aus, den sie si in der deutschen Frage beigelegt hat, der interimistishen Bun- des-Kommission den Vollumfang jener Befugnisse zu, womit Kraft der einstigen deutschen Bundes-Verfassung der engere Rath der Bundes-Versammlung bekleidet war? Erkennt die bayerische Re- gierung diejer von ihr einseitig und ohne alle Mitwirkung des Landes mit ins Leben gerufenen Kommission die Befugniß zu, in die fortschreitende Geseugebung der einzelnen deutshen Staaten irgendwie einzugreifen und insbesondere in welch? immer einer Weise der Verwirklichung jener Verpflichtungen entgegenzutreten, welche die bayerishe Regierung durch ihre Erklärung vom 18, Mai 41849 bezüglih des Durhführens der Grundrechte des deutschen Volkes übernommen hat.“ Der Fürst nahm das Wort, um dieselben einzeln zu motiviren: „Jch und die Fraction, der ih angehöre, haben an dem Interim keinen, auch nicht’ den entfernte- sten Antheil. Wir haben angefragt, ob das Ministerium den Rath der Kammer hören wolle, es hat erklärt, daß es, falls ihm dies nothwendig erschiene, seine Pflicht thun würde. Wir haben die Rechtsgültigkeit und den Rechtsbestand des Interims nie anerkannt, allein ‘als Thatsache besteht es, und der Vertrag, welcher zwischen Oesterreich und Preußen deshalb abgeschlossen wurde, ist von unberechen- barer Tragweite.“ Der Interpellant schildert nun den Zweck des alten

deutschen Bundes und behauptete, daß die neue Bundes-Kommission den

alten Standpunkt einzunehmen gewillt sei und die Unterdrücktung der

Autonomie dex einzeluen Staaten als Ausfluß ihrer Vollmacht be-

trahte. Ex ermnext an die Aufhebung des von Regierung und Kammer in Württemberg beschlossenen Postgesehes, an die Ver- hältnisse der mecklenburgischen Verscssung, und \ragt nun, ob die bayerische Regierung der Bundes-Kommission diese legislativen Be fugnis}se zugestehez es sei die Entscheidung dieser Frage um so with- tiger, als das constitutionelle Leben in einzelnen Staaten si hinter den Vormärz zurückzuflüchten genöthigt seiz und leicht sei zu be- fürchten, daß, wenn die Bundes-Kommission auch hier eingreife, die Fortschreitung , die Entwickelung der öffentlichen Freiheit auf lange ehemmt würde. Nah den alten Bundes - Geseben hatte Bayern immer eine exceptionelle Stellung, Gemäß der wiener Schlußakte durften bestehende Verfassungen nur auf verfassungsmäßigem Wege abgeändert werden; wie steht es aber jeßt, wo neue Gesebe zu er- lassen sind? So hat z, B. die Bundeskommission alle und jede Vereine zu verbieten im Sinn, wie steht es dann mit unserem Ber- einsgesebe?“ Staatsminister von der Pfordten: Was die erste Frage des Herrn Interpellauten betrifft, welche Rechte die bayeri- sche Regierung der provisorischen Bundeskommission zugestehe, so sei es am besten, wenn man den Vertrag vom 30. Sept. v. Js. und die Erklärung der bayerischen Regierung hierauf vergleiche. Beide Urkunden wären bereits in einer der früheren Sißungne auf den Tisch des Hauses niedergelegt worden, er fönne sich daher einfach darauf beziehen. Was die Einmischung der Bundeskommission in die Thätigkeit der bayerischen Gesebgebung betreffe, so könne er (der Staats-=- minister) versichern, daß nicht das entfernteste Anzeichen bestehe, daß eine solche Einmischung eintrete ; er glaube daher, es wäre wohlam praktisch- sten zuzuwarten, bis ein solcher Fall vorkomme, dann werde die bayerische Staats - Regierung 1hre Pflicht zu thun wissen. Eine zweite Interpellation des Fürsten von Wallerstein, welche von ihm gleichfalls in Kürze entwidckelt wurde, lautete: „Da die an der ber= liner Einigung festhaltenden Regierungen nun wirklich, und zwar auf Grund eines octroyirten Wahlgeseßes, die Wahlen zu cinem Reichstage angeordnet haben, um mit diesem die ihnen winschens=- werth erscheinenden Abänderungen der in Frankfurt beschlossenen Reichsverfassung zu vereinbaren, und da sicherem Vernehmen nach von Seite der bayerishen Regierung gegen diese Wahlen s{rist- lihe Verwahrung eingelegt wurde, so ersuht der Unterzeichnete den Herrn Staatsminister des Aeußern: erstens um Niederlegung der bayerischen Verwahrungsakte und der preußischen Erwiederung auf den Tisch des Hauses. Zweitens um Beantwortung der Frage : ob die bayerishe Verwahrung die ungesäumte Wiederberufung jener Gesammt - Volksvertretung bezielle, worauf das deutsche Volk ein geheiligtes von den Regicrungen selbst im Jahre 1848 anerkanntes Recht besißt und welhe Schritte bayerischerseits behufs dieser Wie- derberufung geschehen sind?“ Zur Begründung diejer Zi- terpellation sagt der Fürst von Wallerstein: ,, Es betrifft eine wichtige Frage unseres öffentlichen Lebens. Die Regie- rungen waren mit der Vernichtung der frankfurter Verfas- sung bald fertig, allein sie sind minder geshwind mit der Be- nubung ihres Sieges und mit dem Entgelt für die Völker. Wir haben exklärt, daß wir den 1. Mai abwarten wollten, wenn nicht ein wichtiges Ereigniß uns zum Sprechen treibe. Ein solches liegt Pana a Es sind die Wahlen nach Erfurt. Die bayerische Regie- pez R diese Wahlen Protest eingelegt. Wir sind nicht feit der veutschea Reichs -Veee Ben sein, da wir von der Endgültig- rungen dur die Regieruna Asdssung überzeugt sind und Abände- ulässig halten. Wix sind genblos mit Beistimmung der Volksvertretung K cte t Aegen das exfurter Parlament, da es nicht eine ortsezung der deuts{hen National. ; : onal Vertretung ist, da es hervorgeht aus einem oclroyirtenWahlgesebe, wodurch A Rei è i vergnügen, Zwietraht und neues 1 Vg Reiche geschieden, Miß- piesen Gründen die bayerische Regi nheil gesäet wird. Hat aus wir ihr unseren Dank ; bestimmten sie Aller: Grabe (0 vieh i ; , so wird unser Urtheil weniger zustimmend sein. Es geht au die Sage von

einer Uebereinkunft der vier Köbnigrei eine Volksvertretung blos aus ven Bait aat R ,

wäre diese Vertretung keiue ändere, als vie im Programm von

Kremsier ausgesprochene, Wir müssen bitten, die betreffenden Aften-

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tüde auf den Tisch des Hauses niederzulegen, da es sih hier nicht E dear lisihe Verhandlungen mit auswärtigen pt V dern um blôs deutsche Staats - Angelegenheiten hande M E wird dies um so weniger einen Anstand haben, M ern H sächsishe Regierung ihren Protest den Kammern mitgethei N E Staats - Minister von der Pfordten beantwortete diese Mer“ pellation in nachstehender Weise: Die Regierung habe Bn Tisch Bedenken dagegen, daß die bezeichneten Aktenstüde auf den is des Hauses miedergelegt würden, sie glaube jedo, daß es E s mäßig dann geschehe, wenn die deutsche Verfassungs\rage wieder Gegenstand der Berathung der hohen Kammer werde. PR enn dazu die Veranlassung komme, werde sie mik anderen Aftenstücken auch diese auf den Tisch des Hauses niederlegen. Einstweilen werde die zweite Frage dahin zu beantworten sein: die bayerische Regierung habe protestirt gegen die Abänderung der Buudes-Verfassung durch einzelne deutsche Regierungen, und als Schritt hierzu habe sie die Berufung eines Parlamentes nah Erfurt angesehen. Die bayeri- he Regierung habe fortwährend Schritte gethan, um cin Einver- ständniß sämmtlicher deutschen Regierungen übêr die nothwendige Neu gestaltung der deutschen Verfassung zu erzielen, und habe dabei fort- während die Bildung einer allgemeinen Volksvertretung im Auge ge habt. Was das für Schritte seien, und welchen Erfolg oder Nichter folg sie gehabt , darüber werde die Regierung der hohen Kammer ebenfalls vollständige Mittheilung machen, wenn ein solches Resultat ihrer Bemühung eingetreten sei. Wallerstein: „Diese Antwort war kurz und diplomatisch gut,“ Eine dr.tte Interpellation des Fürsten von Wallerstein lautete: „Steht der fortdauernde Kricgs fuß des bayerischen Heeres in Verbindung mit der bayerischen Pro- testation gegen die von der berliner Einigung angeordneten Wahlen und mit der Uneinigkeit der deutschen Regierungen unter sich, oder beruht er auf staatorechtlichen Verpflichtungen und auf welchen ? Soll in der That, wie allgemein behauptet wird und einzelne Maß- nahmen zu bekräftigen shcinen , der Effektivstand des Heeres noch vermehrt werden, in welchem Grade und zu welchem Behufe 2“ Der Juterpellant fügt hinzu : „Handelt es sich um eine politische Nothwendigkeit, dann können wir natürlich um der Ehre Bayerns willen nicht auf eine Minderung des Heeres antragen; außerdem müssen wir aber von dem uns zustehenden Rechte Gebrauch machen, die Reduzirung des Heerbestandes , wie er sh seit dem Jahre 1848 entwidckelt hat, zu beantragen.“ Staatsminister von der Pfordten: Jn der eben vernommenen Interpellation sei von dem fortdauernden Kriegszustande des bayerischen Heeres die Rede, Bei der Motivirung derselben sei solches dahin erläutert worden, daß nit ein eigentlicher Kriegsfuß bestehe, sondern nur dic Cadres für den Kriegsfuß. Dadurch schon beseitigten sich die meisten dieser Fragen; denn die Cadres einer Armee könne man nicht binnen vier Wochen aufheben und wiederherstellen, und die jeßt bestehenden Cadres gründeten sich nicht aus eine außerordentliche kriegerische Maßregel, sondern auf Ausführung derjenigen Beschlüsse über die bewaffnete Macht, welche in den vergangenen Jahren nicht etwa blos von den Regierungen, sondern auch von der Versammlung in Frankfurt gefaßt worden scien, Im Uebrigen glaube er hinzufü gen zu können, daß die Regierung den Präsenzstand und die Stärke der Armee, so wie sie jebt bestehe, für nothwendig halte, um gegen jede mögliche Störung der Ordnung und Sicherheit, flomme soléhe woher ie wolle, gerüstet zu sein, Wenn die Regierung für nothwendig erachten sollte, eine Vermehrung der Armee eintreten zu lassen, und bezüg lih der Mittel hierfür vie Zustimmung der Vertreter des Volkes nothwendig hätte, so würde sie die von der Verfassung desfalls vor geschriebenen Schritte thun, Hierauf nahm der Königliche Staats= Minister des Innern, Herr von Zwehl, das Wort, um die von Dr. Sepp bezügli der der Abfassung von Adressen gegen die Juden Emancipation von Seiten der Behörden angeblich in den Weg ge- legten Hindernisse angelündigte Juterpellation in nachstehender Weise zu beantworten: Schon ant 15. Dezember, nachdem am Tage vorher der Kammerbeschluß über Die Juden - Emancipation gefaßt worden war, habe er (der Staats - Minister) Die Anzeige erhalten, daß man in Ingolstadt beabsichtige die Juden vom Markte zu vertreiben, weshalb er sich veranlaßt geschen habe, die desfalls geeigneten Präventiv - Entschließungen an die Prä- sidien der verschiedenen Kreis - Regierungen diesseits des Rheins zu erlassen, Er halte sich fest überzeugt, daß die Regierungen nihts gethan hätten, was nicht in ihrer Befugniß und ihren Rech- ten gelegen sei. Es sei ihm au nicht bekannt, daß ein Eingriff in die geseßlichen Befugnisse der Unterthanen geshehen sei. Was die Motivirung der Interpellation selbs betreffe, von welcher er erst durch die stenographischen Berichte Kenntniß erhalten habe, so fühle er sich nit berufen, hierauf zu antworten, Fürst von Wal- lerstein wiederholte alsdann seine unmittelbar nach sener des Dr. Sepp bezüglich des nemlichen Gegenslandes angekündigte Interpellat1on. Staats - Minister von Zwehl: Auf alle diese Fragen könne er nur erwiedern, daß das Ministerium in keiner Beziehung von den angeführten Fakten etwas wisse. Das Ministerium habe durchaus feine Anordnung erlassen, welhe hindernd oder fördernd in dieser Beziehung eingreifen sollte: Es habe sich verpflichtet gehalten, die Regierungen aufzufordern, allenfallsige Vorfälle zur Anzeige zu bringen. Die eingelaufenen Berichte hätten keine Veranlassung ge geben, Einschreitungen hervorzurufen. Namentlich sei ihm unbe= kannt, daß die Gendarmerie eine solhe Adresse weggenommen habe. Eine weitere Juterpellation, die von Seiten des Ministertisches zur Beantwortung kam, war jene des Pfarrers Dirnberger und lau- tete: „Bei der Unwirksamkeit der Polizeistrafen, welche seit Aufhe- bung der körperlichen Züchtigung noch übrig sind, hat auf dem Lande die Verleßung der personlichen Sicherheit und des Eigenthums, beson= ders in der neuesten Zeit, auf eine bedrohliche Weise überhandgenom- men, daher erlaube ih mir, die Frage zu stellen : 1e Durch welche Strafe gedenkt vas Königl. Staatsministerium die Aufhebung der Strafe der körperlichen Züchtigung zu erseßen, damit die in neue- ster Zeit auf dem Lande so sehr gesährdete Sicherheit der Person und des Eigenthums wiederhergestellt werde?“ Der Königl. Staatsminister des Innern, Herr von Zwehl, beantwortete diese Jnterpellation in nachstehender Weise: Die Frage, durch welche Strafe die körperliche Züchtigung erseßt werden solle, könne er in diesem Augenblicke nicht beantworten. Sie hänge zu genau mit dem Systeme zusammen, welches in dem Polizei = Strafgescß-= buche angenommen werden soll. Dieses Strafgeseßbuh liege zwar {on dem Ministerium zur Bearbeitung vor und solle auch dem gegenwärtigen Landtage vorgelegt werden; aber es bóten sich so viele Schwierigkeiten dar , daß der Entwurf noch nicht so weit gereift sei, um die Strafarten angeben zu können. Hierauf ergriff noch das Wort der Königl. Staatsminister Herr von der Pfordten: Er habe sch noch vor dem Schluß der Sihung das Wort erbeten, um der Kammer cine Mittheilung zu machen, die den verstorbenen Minister von Stein betresffe. Er glaube, * er Name dieses deutshen Mannes sei Rechtfertigung ge-

nug, vaß er es für wichtig halte, d auf ihn si beziehende That-

sache vollständig zu konstatiren. Es sei in der Debatte über das Vereinsgeseß die Rede davon gewesen, daß der Minister von Stein A des Tugendbundes gewesen sei. In Bezug auf dicse Thatsache sei: er (der Staats-Minister) nun aus vollkommen glaub-

würdiger Quelle in den Stand geseht, eine von Stein eigenhändig niedergeschriebene und in seinen hinterlassenen Papieren befindliche

Erklärung über diesen Gegenstand der hohen Kammer mitzutheilen, Der Minister verliest hierauf die betreffende handschriftliche Erklä rung, wonach Freiherr von Stein weder Stifter noch Mitglied des deutschen Tugendbundes gewesen. Nachdem hierauf auf Einladung des Präsidenten Herr Hirschberger als Referent des dritten Ausschusses den so eben gefaßten Kammerbeshluß über das Jagdgeseb verlejen und sich hiergegen keine Reclamation erhoben hatte, ergl} noch Fürst von Wallerstein das Wort, behufs der Berichtigung meh

rerer von Seiten des Dr. Dóöllinger in ciner der lebten Sißungen bezüglich des Landvolks-Vereines gemachten Aeußerungen, was cine kurze Gegenerkflärung des Dr, Döllinger hervorrief, worauf sich dann noch Fürst von Wallerstein zur Abgabe einer Replik ver anlaßt fand. Da die Zeit {hon ziemlich weit vorgerüdckt war, {loß der Präsident die Sißung nach 1 Uhr Nachmittags, ohne den Tag der nächsten anzuberaumen.

München, 30. Jan. (Nürnb. Kor.) Die Abgeordneten

G. F. Kolb, Crämer und Rubner haben folgende Jnterpellation an den Ministerpräsidenten gerichtet: „Jn der 51sten Sivung der Abge- ordnetenkammer beim Schlusse der allgemeinen Diskussion über das Geseh, die Vereine und Versammlungen betreffend, hat der Herx Präsident des Ministeriums, und zwar, wie es scheint, für den Fall, daß die Kammer den von ihm vorgelegten Geseßzentwur} uicht in der durch ihn beantragten Ausdehnung annehmcn wolle, folgende Aeußerung gemacht: „Deswegen haben wir das Verbot der Asffsilia - tion, damit die Erhaltung des Staates und seiner JIntegrität mög= lich wird. Denn wir wollen uns auch nicht in die Lage geseßt wissen, das geltende Recht brehen zu müssen, um die staatlihe Ordnung zu erhalte, Dieje Aeußerung scheint die Annahme zu bekunden, ein Ministerium dürfe sich zum Brechen des bestehenden Rechtes ermächtigt halten, wenn ihm die Volksvertretung nicht solche Gesebe gewähre, wie cs deren nach seiner individuellen Anschauungsweise zu bedürfen glaubt, um die staatliche Ordnung erhalten, d, h. um in der zufälligen Zusammen- sebung sciner Mitglieder fortregieren zu können, Bei der mögli cherweise unberechenbaren Folgenshwere des obigen Satzes hiclten sih die Unterzeichneten verpflichtet , den Herrn Ministerpräsidenten zu ciner unumwundenen Erklärung aufzufordern: ob jeue Acuße- rung den hier angedeuteten, jedenfalls naheliegenden, oder welchen

anderen Sinn habe und ob er im ersteren Fall darauf beharre.

Die Linke hat: gestern im Wege der Juitiative “folgenden An-=

trag auf Erweiterung des Amnestiegesebes für die Pfalz übergeben: „Es wird wohl angenommen werden dürfen, daß, als das Geseß, die Untersuchungen wegen politischer Verbrechen und Vergehen be=- {reffend, beshlossen wurde, man so ziemlich allenthalben, ohne Un- terschied der politischen Ansichten, annahm, daß dessen Wirkungen viel weiter reihen würden, als sich nunmehr thatsächlih, ‘und na- mentlih in der Pfalz, ergeben hat, Rechnet man die in den Rei=

hen der Jusurrectionstruppen Gestandenen ab (deren Entlassung {hon vor der Zeit des Erscheinens des Amnestiegeseßes und unabhängig von demselben durchgerichtlicheErkenutnisse wenigstens begonnen worden war) so ergiebt sich, daß aus dem Central - Untersuchungsgesänguisse zu Zweibrücken nur ünf oder sechs wegen politischer Verbrechen oder Vergehen verhaftete Personen in Folge jenes Geseßes ihre Frei beit wieder erlangten. Wenn auch keinesweges in Abrede gestellt werden will, daß die Zahl derjenigen sehr groß ist, welche man ohne das Erscheinen jenes Geseßzes strafrechtlich hätte verfolgen fónnen, so beweist eine nähere Kenntnißnahme der Verhältnisse, daß die strafrechtliche Verfolgung aller derjenigen, „welche in Die gedachte Klasse gehören, thatsächlich ohnehin eine Unmöglichkeit war, wie hinwieder das Herausnehmen Einzelner eine Ungerechtigkeit ge wesen wáre. Wie man dies aber auch ansehen möge, so zeigen die Ergebnisse des oben erwähnten Gesebes , daß der vielfach ausge sprochene Zweck desselben, wonach jedenfalls viele der Verhafteten aus dem Kerker entlassen werden follten, speziell in der Pfalz nicht erreiht wurde. Jn dem Gefängnisse zu Zweibrücken befindet sih eine Menge von Männern, welche sowohl nach der K. Proclamation vom 10, Juni v. J. an die Pfälzer, als nach den Aeußerungen des Staatsoberhaupts in der Thronrede und den in der Abgeordneten- fammer fast allgemein kundgegebenen Ansichten unzweifelhaft in die Amnestirung einbegriffen werden wollten, Dazu kommt nun noch die Befürchtung, daß die Beschuldigten wegen noch immer nicht be= endigter Untersuchung wohl sogar nicht einmal vor die nächste Affsise werden gestellt werden. Unter diesen Verhältnissen, und da es si glei sehr um einen Aft der Staatsweisheit als der Mensch lichkeit handelt, glauben die Unterzeichneten, daß der Fall gegeben sein dürfte, in welhem die Kammer von dem ihr zustehenden Rechte der Jnitiative Gebrauch machen sollte. Die Unterzeichneten würden zwar, und mit vollster Ueberzeugung von der Ungesährlichkeit der Sache, einen Antrag auf unbedingte ausnahmslose Amnestie ein= bringenz da ihnen aber die frühere Verhandlung über diese Frage feinen Zweifel läßt, daß die Mehrheit in der Kammer unter keiner Bedingung hierauf eingehen würde, so beshränken sie sich, die An nahme eines Geseß-Entwurfes mit folgenden Bestimmungen zu em pfehlen: Den wegen politisher Berbrehen und Bergehen, begangen vor dem Monat Juli 1849 in der Pfalz und vor dem 10. Sep- tember 1849 in den älteren Kreisen, in Untersuchung gezogenen Personen ist, sofern dieselben nicht bereits amnestirt sind, volle Am nestie gewährt. Ausgenommen von denselben sind : 1) die Mitglie der der provisorishen Regierung in der Pfalz; 2) die Ober-Komman danten der pfälzischen Însurrections - Truppenz 3) die Mitglieder der Militair - Kommissionen in der Pfalz und 4) alle diej; nigen, welche Personen körperlich verleßten oder Privateigenthum zerstörten. Kolb, Pr. Bayer, Dr. Narr, Th. Mayer, Dettingen - Walle stein, Rubner, Brunk, Boye, Ad. Müller, Dr. Schmidt, Tafel, Schar pffff, Prell, Schäfer, Herrlen, Krämer, Dr. Lanzer, Goller, Crämer, Köhl, Dr. Morgenstern, Fillweber, Kleindienst, Zink, Anmschler, Richter, Hofmann, Gelbert, Hetterih, Seiffert, Scheidemantel, Tillmann, Wimmer, Borst, Binder, Ster, Fraas, LGOT, Or,

Sachsen. Dresden, 31. Jan. (Sachs, Bl) Zwette Kammer. Zunächst trat die Kammer dem von Carlowibshen Amendement zu dem Antrage des Abgeordneten Müller aus Nicder [ósnib, wegen Aufhebung des dresdener Belagerungszustandes, ein- stimmig bei, nachdem vorher die dresdener Abgeordneten Dr, Wagner, Müller und Dr, Schwarze ebenfalls zu Gunsten Der Bèrminvciung der Einquartierungslast in Dresden si ausgesprochen hatten. Auch der Richtersche Antrag auf Zurücknahme des Verbots S Sammlungen für politische Flüchtlinge und deren Angehörige wurde gegen 16 Stimmen angenommen, obschon vorher der Staats - Minister von Friesen die beregte Verordnung als dur §- 103 der Armen-Ordnung ge= rechtfertigt dargestellt und bemerkt hatte, daß die Regierung doch unmöglich sür diese Flüchtlinge, die sih in Sachsen doch meisten- theils Verbrechen s{uldig gemacht hätten, Sammlungen gestatten fönntez anders jedoch, seßte er hinzu, verhielte es sich mit den Angehörigen derselben, und hier habe die Regierung bekanntlich dem Wohlthätigkeitssinn kein Hinderuiß in den Weg gelegt. Der Abgeordnete Cramer will der Presse das Recht zum Ausschreiben

von Sammlungen zu dem genannten Zweck gewahrt wissen, was derselben, wie Staats - Minister von Friesen darauf bemerkte, auch gar uicht bestritten werden solltez nur habe sie sich auch alsdann die geseßlichen Folgen etwaniger gen ‘noch in Kraft bestehende Geseße selbst zuzuschreiben. Hieran reihte sich die Berathung des gestern von dem Abgeordne- tèn Raschig eingebrachten Antrags, des Inhalts: Die Staats- regierung zu ersuchen, die schriftlich an sie gebrachten Interpellatio- nen auch schriftli zu beantworten. Präsident Cuno war der An-=- sicht, vaß es sich hicr um eine Abänderung der provisorischen Land- tags-Ordnung handle, mithin zur Beschlußfassung die Zustimmung von zwei Drittheilen der Mitglieder der Kammer erforderlich sei. Obwohl der Abgeordnete Biedermann gegen diese Ansicht Ein \prace erhob, da es sich hier nur um cinen gewöhnlihen An- trag handle, so konnte si der Präsident doch nicht entschließen, von derselben abzugehen. Auch Vice - Präsident Dr. Held schien die Ansicht des Präsidenten zu theilen, indem er den Antrag stellte: Den Antrag des Abg. Raschig an den mit der Prüfung der Landtagsordnung beauftragten ersten Ausschuß zur Erwägung abzugeben. Dieser Vorschlag wurde, nachdem auch der Abgeordn, Raschig sich damit einverstanden erklärt hatte, von der Kammer ge- gen 11 Stimmen genchmigt. Die Kammer gelangte nun zur Be- rathung des Wigandschen Antrages über die Wahrung der Rechte Deùtschlands in Bezug auf die Herzogthümer Schleswig =- Holstein. Der Autrag des Abgeordn. Wigand lautet: „a) die zweite Kammer wolle im Vereine mit der ersten Kammer die Staatsregierung er- suchen, sie möge auf das energischste jür die Unabhängigkeit und Un theilbarfeit der Herzogthümer Schleswig-Holstein eintreten und ge- gen jeden Friedensabschluß protestiren, der eine Trennung derselben zur Folge háättez h) die Volksvertretung Sachsens möge fer- ner der Regierung ihre Mitwirlung in dieser Angelegenheit, wie und wo sie immer nothwendig ist, erklären.“ Der vierte Ausschuß (Referent Abgeordneter Wagner aus Dresden) hat hierüber Bericht erstattet und sich in demselben mit dem Sinne und Zwecke dicses Antrags aus vollster Seele einverstanden erflÄt, wie er denn auch im Allgemeinen der Sache Schleswig- Holsteins, die er als eine gemeinsame Sache Deutschlands aner- fennt, sich auf das wärmste angenommen hat. Seine Ansicht geht dahin, daß die Bcdcutung der Angelegenheit Schleswig - Holsteins für D eutschland, die Verpfändung der Ehre unseres Vaterlandes für dieselbe, die Größe der hierfür gebrachten Opfer, die daukbare Verpslichtung gegen die mit muthvoller und freudiger Hingebung dafür gekämpft habeuden Truppen es der Volksvertretung zur un- abweisbaren Pflicht machen, den Willen des sächsischen Volkes aus- zusprehen und die Regierung in ihren desfallsigen Schritten zu kräftigen. Nachdem der Ausschuß auf das erfreuliche Beispiel hinweist, welches in dieser Beziehung die Volksvertretung in Bayern und Hannover gegeben, empfiehlt derselbe, im Einverständniß mit dem Antragsteller, folgenden Antrag zur Annahme: „Die Kammer wolle die zuversichtliche Erwartung gegen die Staats-Regierung aussprechen, dieselbe werde in Verbindung mit den anderen deutschen Staaten, oder mit ein- zelnen derselben, auf das baldigste Zustandekommen eines solchen Friedens hinwirken, welcher die Rechte der Herzogthümer Schleswig Holsteins zu sichern und dadurch dic Integrität, somit aber die Ehre und Juteressen Deulschlands zu wahren im Stande ist.“ Der Abgeordnete Dr. Braun schlug der Kammer vor, zum Zeichen der Einigkeit in dieser Sache den Antrag des Ausschusses durch Erhe- bung von den Siben zu genehmigen. Die Kammer erhob sich wie Ein Mann, und sämmtliche stark beseßte Tribünen konnten nicht umhin, der Kammer für diesen Beschluß cin Zeichen des Beifalls zu spenden. Staats - Minister von Beust gab die Versicherung, daß die Regierung die Gefühle vollkommen theile, welche der Aus- {uß in seinem Berichte sür die Sache Schleswig - Holsteins aus- gesprochen. Sei auch die Regierung mit der Fassung des Antrags nicht ganz einverstanden, da gegenwärtig der Friedensabschluß mit Däncinarkt in die Hände der Bundes =- Central -= Kommission gelegt sei, mithin cine Verhandlung mit einzelnen deutschen Regierungen nicht wohl thunlich erscheine, fo könne er doch Namens der Regie- rung erklären, daß dieselbe dort, wo der Friede mit Dänemark ge- {chlossen werden würde, im Sinne des heutigen Kammerbeschlusses zu wirken nicht unterlassen werde, Aus einer Andeutung dieses S aats - Ministers ging hervor, daß die sächsische Regierung bei Unterzeichnung des Waffenstillstands - Vertrags vom 10. Juli 1849, vem beizutreten die Regierung durch eine Reihe von Umständen gewissermaßen genöthigt gewesen sei, die Frie= dens - Práliminarien nicht zugleich mit anerkannt habe. Abge ordncter Biedermann ergriff noch das Wort, um in Bezug quf trie Rede des Staatsministers von Beust eine Verwahrung da gegen einzulegen, alel sci das Interim, dem nur die Rechte des engeren Bundesrathes zuständen, fompetent, den Frieden mit Däne- mark abzuschließen. In dieser Beziehung müsse das Bündniß vom 9%, Mai maßgebend sein und die darin von den verbündeten Re- giermigen über Krieg und Frieden getrosfene Uebereinkunft festge- balten werden. Staatsminister von Beust erwiederte, daß der Friedi ns\chluß mit Dänemark nicht Sache des engeren Bundesstaats fein könne, sondern als eine gemeinsame Angelegenheit des ganzen Deutschland, das deu Krieg geführt, betrachtet werden müsse. Uebrigens stehe nach der Schlußakte die Verhandlung über einen Frieden allerdings dem cngeren Bundesrathe, dagegen die Abstimmung über den Frie- denoschluß dem Plenum zu. Der Abgeordnete vo n Dieskau hielt den! Abgeordneten Biedermann ein, daß Ur das Volk das Bünd

niß vom 26. Mai noch gar nicht existire (Bravo auf der Gallerie), worauf Biedermann zur Antwort gab, daß er nur vom völker- vecbtlichen Standpunkte gesprohenz für das Volk bestehe übrigens das Interim noch weniger, als das Dreikönigsbünduiß. Der Ab- aeordnete Harkort schnitt das Weitergreifen dieser staatsrechtlichen Erórterungen dadurch ab, daß er aufmerksam machte, wie die Kam- mer beute ein Zeugniß ihrer Cinigkeit habe geben wollen und nun ihre Zerrissenheit beurkunde. Nachdem der Präsident diesem noch zugefügt hatte, daß er sich nicht sür berechtigt gehalten, dem Ab= geordneten Biedermann das Wort zu versagen, es ihm jedoch nur ungern zugestanden habe, wurde diese Angelegenheit als erledigt betrachtet und verlassen, y

ÄSHaunover. Haunover, 31. Jan. (H. M. Z.) Heute wurde das aus den Kammer - Verhandlungen bekannte Geseß über Aufhi bung der Mannsstister veröffentliht. Der Klosterfonds wird danach Universal - Nachfolger der aufzuhebenden Stifter; er kann den zeitigen Pfriindnern, so wie deren etwa noch eintretenden Nach= folgern, statt der Naturalnußung eine feste Geldrente überweisen. Privatberechtigungen Dritter zur Verleihuug von Pfründen können fünftig nur noch zu Gunsten von bedürftigen und würdigen Geist= lichen oder Schulmännern ausgeübt werden.

Baden. Karlsruhe, 31. Jan. Das heutige Regie- rungs-Blatt enthält die landesherrliche Vollzugsverordnung zum provisorischen Gescbe, die Militair-Arbeitsstrafe betreffend.

VLeopold 2c, Auf Antrag Unseres Kriegs-Ministeriums haben Wir zum Vollzuge des §, 3 des provisorischen Geseßes vom 9. November 1840 beschlossen und verordnen wie folgt: §, 1, Weni cin Soldat oder zu sol- hem degradirter Unteroffizier , nachdem die vorschriftsmäßigen Disziplinar=

Contravention ge- |

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strafen stufenweise bis zum höchsten zulässigen Maße" gegen ihn zur Anwen- dung gebracht wurden , si eines weiteren, nicht mit einer höheren Strafe bedrohten Vergehens gegen die Disziplin oder Subordination s{uldig macht, fo hat der ihm vorgeseßte Compagnie- (Schwadrons-, Batterie-) Komman- dant hiervon unter Anschluß ciner Grund- und Strafliste des Soldaten aussühr- licheMeldung zu er statten, welche auf dem Dienstwege an das Kriegs-Ministerium vorgelegt wird. §. 2. Wenn das Kriegs-Ministerium das Vergehen für]erheblich genug erachtet, so stellt es den betreffenden Soldaten vor einen Disziplinar-Rath und ordnet die nähere Untersuchung an. §. 3, Bei jedem Bataillon der Jnfanterie, bei jedem Reiter-Regiment und bei der Artillerie-Brigade besteht êín Disziplinar-Rath, welcher aus folgenden Personen zusammengeseyzt ist : 4) aus dem Bataillons-Kommandanten oder bei der Neiterci und Artilleríe dem ältesten Major des Regiments, beziehungsweise der Brigade, als Vor- sißendenz 2) aus zwei Hauptleuten, zwei Oberlieutenants und zwei Lieute- nants, welche jeweils nah dem Dienstroster kommandirt werden z 3) aus zwei Oberfeldwebeln (Oberwachtmeistern), welche nah dem Dienstroster aus der Neihe derjenigen fommandirt werden, die in den legten zwei Jahren wegen Vergehen weder bestraft wurden, noch_ wegen solcher in Untersuchung stehen. §. 4, Es hängt von dem Ermessen des Kriegs - Ministerium ab, welchem Disziplinar-Nath es die Sache zuweisen will, §, 5, Der mit der Untersu

hung beauftragte Auditor oder Stellvertreter desselben untersucht das dem Angeschuldigten zur Last fallende Vergehen, vernimmt ihn darüber und for- dert ihn zur Erklärung über sämmtliche früher gegen ihn erkannien Stra- fen auf. §, 6, Die geschlossenen Untersuchungsafkten werden an den Diszi- plinar-Rath abgesendet, welcher auf Vorlesen der Akten nach Mehrheit der Stimmen entscheidet: 1) ob der Angeschuldigte des Vergehens schuldig oder nicht schuldig erscheine, 2) ob und auf wie lange er in die Straf-Compagnie cinzureihen sei, Dem Ermessen des Disziplinar- Rathes is anheimgegeben, die Vorführung und Abhör des Angeschuldigten in der Sipung anzuord- nen. §. 7. Der Spruch des Disziplinar-Rathes wird sammt den Akten dem Kriegs-Ministerium zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt. Das Kriegs- Ministerium kann die erkannte Skrafke mildern, nicht aber schârfen,““

Hessen. Kassel, 29. Jan. (Kass. Ztg.) Versamm lung der Stände. Herr Bayr hoffer begründet seine in der vorigen Sißung gestellten Jnterpellationen wegen des Wahlgeseßes für die Bezirksräthe und der Abschaffung der Todesstrafe. Der Landtags-Kommissar erklärt, daß die Anfrage in letzterer Beziehung durch den vorzulegenden Entwurf eines Strafprozeß- eseßbuches ihre Erledigung finden werde, und daß in ersterer Be- ziehung die Regierung ihre Zusagen erfüllen werde: sie erkennt die hervorgehobene Wichtigkeit des Gegenstandes an, wolle dadurch aber der Gründlichkeit keinen Eintrag geschehcn lassen, Herr Bayr h offer spriht den Wunsch aus, daß die Regierung beiden Gegen- ständen ret bald, so viel in ihren Kräften stehe, Geuüge leisten werde. Der Landtags -Kommissar beantwortet die von Herrn Wolf in der vorigen - Sißung gestellte Juterpellation : „Die Regierung sicht zur Zeit keinen genügenden Anlaß, die beschlossene Betheiligung Kurhessens an der zu Erfurt stattfin- denden Berathung des Verfassungs-Entwurfes vom 26. Mai v. J. wieder in Frage zu stellen, zumal die entworfene Verfassung nicht allein bezüglich des Vereinsstaates auf dem constitutionellen Regierungssysteme beruht, sondern auch dessen begründete Durch=- führung in den Einzelstaaten bedingt.“ Herr Wolf hält diese Antwort nicht für genügend, obwohl er zugiebt, daß die Frage schwierig sei:- Man müsse auch den dritten Fall ins Auge fassen, daß in Preußen sih ebenfalls cin provisorischer Zustand, cin foge= nanntes Interim, bilde. Man könne nicht umhin, auch für eine solche Eventualität sih klar zu machen, was man thun werde. Herr Bay rhoffer glaubt Herrn Wolf dahin berichtigen zu müssen, daß wir nit zwei, sondern drei Interims bekommen würden, in Frank- furt, Berlin und Erfurt. Herr Wolf dankt für diese Belehrung und hält den Fall für möglich. Hein, Darmstadt, 31, Zan.

Konflikte bezüglich auf

Hessen und bei O P N 29 Die drohenden die mainzer Bischofswahl werden sich (wenigstens ist be- gründete Hoffuung vorhanden) in befriedigender Weise sen. Wie Gutunterrichtete behaupten, wird das Kapitel mehrere Personen dem Papst vorschlagen, um daraus den Bischof zu wäh- len, und diese Kandidaten sollen Alles in sich vereinigen, was zur Erhaltung des kirchlichen Fricvens nothwendig ist. Voransgeseßt daß die Ehre unseres wackeren Schmid gewahrt bleibt, wird man sich über einen solchen Ausgang nur frcuen können. Von der Fortdauer der Störung würden am Ende nur die Nuben ziehen denen Streitigkeiten auf kirhlihem Gebiet Mittel für andere Zwecke sind,

Sachsen-Weimar. Weimar, 2, Febr. (Weim. Ztg.) Des Großherzogs Königl. Hoheit geruheen am 31sten v. M. Mit tags deni Grafen Ferdinand von Galen, Großkreuz und Ritter hoher Orden, auf Höchstihremm Residenz-Schlosse Audienz zu erthei- len und aus dessen Händen das Königl. Kreditiv entgegenzunch men, wodurch dersclbe von Sr. Majestät dem Könige von Preußen zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am Großherzoglihen Hofe ernannt worden ist,

v ate

Ausland.

Hesterreich. Padua, 22. Jan. (Wand.) Mehrere wiener Blätter theilten ein Schreiben aus Padua mit, demzufolge cine dorlige Ausnahmebehörde den Professoren Ler Universität, an deren Beneh- men wirkli" so Manches zu rügen war, nah wiederholten War- nungen mit Stostreichen gedroht habe, und es soll zu diesem Zwecke auch schon eine Bank herbeigeschafft worden sein. Einer ter Professoren alterirte sich darüber so, daß er vom Schlage gerührt

| wurde. Der entstellte Vorfall ist einfach folgender: Der hier kom-

mandirende General sich am Anfange des verflossenen Monats ver anlaßt, bei 40 Judividuen und unter diesen auch die Professoren Turazzo, Agostmi und Giacomini, die sich {hon in der Revolu- tionsepoche auszeichneten, vorzuladen, um sie an ihre Pflichten zu erin nern, Dies geschah ohne irgend eine Drohung von Stockstreichen und ohne Herbcischaffung ciner Bank, auf eine so zarte und gebildete Weise, daß diese Herren lachend und die Achseln zuckend die Wohnung des Generals verließen. Am 26. des gleichen Monats erfolgte dann wirklich die Aufhebung eines Klubs, und bei 30 Indivi- duen wurden verhaftet, unter welchen sich mehrere reiche Juden befinden und ein Beamter des dortigen Tribunales, der schon 1848 bewaffnet mit deu Freischaaren gegen die ósterreichische Armee gezogen sein soll, dann von Radekky begnadigt, und im leßten Monate Oktober vom Justizministerium wieder in sein Amt geseht wurde, Da die Professoren - der Medizin und Chirurgie Tag und Nacht sogenannte strenge Prüfungen hiel- ten und noch halten (seit dem März 1848 bis Ende 1849 wur- den zu Padua 300 Doktorate in der Medizin und Chirurgie ertheilt, im Jus 169 und in der Mathematik 70, deren sämmtliche Taxen bereits die Summe einer halben Million Zwanziger erreichen), so war auch Giacomini in Anspruch genommen, und da er bald an der Universität in einem bis auf 20 Grad geheizten Zimmer, bal in der kalten Luft sich befand, so zog er sih, 14 Tage nach der vom Generale erhaltenen Warnung, ein rheumatisches Fieber zu, legte sich am 22, Dezember zu Bett, verordnete sich unter dem

Beistande seines Freundes, des : _ALTN , des Doltors Mugna, innerhalb vier Tagen zwölf reichliche Averlässe und nahm i dazu bei 200 Gra

Chinin und fiel als Opfer \ci j ne S i Steuer der Wahrheit und e: Beate A N

suchung.

Frankreich. Paris, 1. Febr. Der C t s glaubt, daß die Sendung des Aa But A e glücklichen Lösung der römischen Frage beitragen werde Nach Ga- lignani’s Messenger bcträgt die neue päpstliche Auleil E 40, soudern nur 33 Mill, Franken. / e Me i Dem Constitutionnel zufolge, werden die politi TFlücht= linge in der Schweiz nächstens eine große Ver msueg ie fanne halten. ;

Nach dem neuen Postvertrage mit der Schweiz beträgt das Porto sür den einfachen Brief 40 Centimes, wovon 15 an die Schweiz und 25 an Frankreich fallen.

Die Gesellschaft zur Gründung eines ncueu Journals, „Das dcmokratische Europa“, welches die Stelle der eingegangenen sozia= listischen- Blätter erseßen soll, ist jeßt dur notariellen Akt definitiv gebildet worden.

Nach Ostern soll zu Clermont cin großes Konzil für die Kir= chenprovinz Bourges abgehalten werden.

___ Garnier Pagès, früher Mitglied der provisorischen Regierung, ist in seiner Geburtsstadt Marscille eingetroffen, angeblich ‘um als Kandidat für das Departement des Var aufzutreten.

Zu Aix sind drei demokratisch - sozialistishe Klubs durch die

Polizei geschlossen worden, nahdem der Bürgermeister ihre Auflö= sung verfügt hatte. Die Polizei - Agenten hatten starke Militair= Bedcckung bei sich, und die Klubisten entfernten sich auf die an sie gerihtete Aufforderung unter Vivats für die Republik, für Barbès und Ledru - Rollin, so wie unter Absingung revolutionairer Lieder. Die Klubsäle wurden sodann versiegelt. ___ Nach dem National traf kürzlich der Secretair des ungari=- {en Parlaments zu Debreczyn, Goroveh, mit einem Passe des französischen Gesandten in Konstantinopel zu Marseille einz es wurde ihm jedoch nicht verstattet, ans Land zu gehen. ;

dlage ciner möglichen Unter-

Großbritanien und Jrland. London, 31. Jan. Jn der gestrigen Geheimeraths-Versammlung zu Windsor wurde auch über die vorzunehmende Wahl zweier schottischen Pairs, um die durch den Tod des Grafen von Airlie und Lord Colville’s von Culroß entstandenen Lücken zu füllen, berathen. Der gestrige Tag, als Vorläufer der Eröffnung des Parlaments, war 1n London ein Tag der politishen Diners. Während bei dem Marquis von Lansdowne und Lord John Russell die Mitglieder der Regierung und die parlamentarischen Freunde derselben versammelt waren, gab der Protectionisten-Führer Lord Stanley einer Anzahl konservativer Pairs ein glänzendes Bankett. Anwesend waren unter Anderen die Herzoge von Richmond, Beaufort, Montrose, Butkinhham und

Cleveland, der Marquis von Salisbury, die Grafen Cardigan, Lonsdale, Glengall, Nelson, Lucan und Ennisfillen, Viscount Com- vermere und Lord Colchester. Auch der fashionablen Welt giebt das Zusammentreten des Parlements das Signal zum Beginn des gesellschaftlichen Lebens in der Hauptstadt. Der russishe Gesandte hat die Saison gestern mit einem glänzenden Balle eröffnet.

Griechenland. Athen, 22. Jan. (Osserv. Triest.) Am 11. Januar ging die englische Flotte, aus 13 großen Schiffen bestehend, in der Bucht von Salamis vor Anker. Erst nach fünf Tagen erhielt Herr Londos vom britischen Gesandten Th. Wyse die Anzeige, daß der Vice-Admiral Sir W, Parker sich Nachmit= tags zu ihm begeben werde, um ihm einige Mittheilungen im Na- men der Regierung zu machen. Um zwei Uhr Nachmittags Ler= fügte sich der britische Gesandte in Begleitung des genannten Vice= Admirals zu Herrn Londos und bedeutete ihm mündlich, daß er fraft der von seiner Regierung erhaltenen Befehle die Anfrage stelle, in welcher Weise die unmittelbare Vollziehung der von Sir Edmund Lyons schon im Dezember 1848 geestllten Forderungen bewirken wolle. Er wünsche, daß die giechische Regierung binnen 24 Stunden eine befriedigende Antwort ertheile; im entgegengeseßten Falle würde an die griechische Regierung eine schriftliche Erklärung ergehen, und die daraus entstehenden Folgen fónnten für Griechenland sehr ernstlicher Natur sein. Die geforderten Entschädigungen betreffen mcistens britishe Unterthanen und erstrecken sich kaum auf 2,000,000 Drachmen. Ein Ministerrath wurde zusammenberufen, worauf der Prásident des Aeropag, der Appellationshof und einige andere der ausgezeichnetsten Männer Athens eingeladen wurden, ihre Meinung über die gestellten Forderungen abzugeben. Nach reiflicher Erwá- gung sprachen sie sich dahin aus, daß alle sechs Forderungen wohl einer Tribunalentscheidung unterzogen werden können, daß aber das damit verbundene Verlangen durchaus jedes Rechtsgründes entbehre. Hierauf theilte der Minister der auswärtigen Angelegenheiten die Forde= rungen des englischen Gesandten und des Vice-Admirals den Vertretern Frankreichs und Rußlands mit, den Wunsch beifügend, den von Herrn Londos gestellten Antrag beim britischen Gesandten zu unterstüßen, daß nämlich die obwaltende Frage einem \chiedsrichterlihen Urtheile der beiden Shußmächte anheimgestellt oder mindestens der Antrag auf dieses schiedsrichterlihe Urtheil dem Hofe von London überreicht werde. Die Vertreter Frankreichs und Rußlands schritten bei dem britischen Gesandten einz vershiedene Noten wurden beiderseitig gewechselt ; aber der britische Gesandte verweigerte jede Vermittlung. Am 18ten, Nachmittags, hatte sich das Dampfboot „Otto,“ vom Piräcus nach Syra mit Depeschèn der griechischen Regierung bege- ben wollen; da aber kurz vorher von Seite des Admirals Parker der Regierung angezeigt worden war, daß keine Bewegung unter den griechischen Kriegsschiffen in demselben Hafen stattfinden dürfe, so folgte cin cnglischer Dampfer dem „Otto, ihn auffordernd, nach dem Piräeus zurückzukehren, was er auch nach Empfang einer riftlihen Aufforderung that. Um drei Viertel auf 10 Uhr des 9ten reiste der englishe -Gesandte sammt seinem Gepäde und mit “allen - Beamten der Gesandtschast nach dem Pi- rácus, schifste sich auf dem „Bulldog“ ein und begab si sofort auf das Admiral\chiff} „,, Queen. ‘‘ Am selben Vor- mittage erhielt Herr Londos von Seiten des englischen Gesandten cinen vom Borde der „, Queen ‘“’ datirten Brief, in welchem ihm erklärt wird, daß, weil sich das Fahrzeug „Otto,“ troß des aus- drücklichen Verlargens des Vice-Admirals unter Segel begeben habe, dasselbe auf seinen Befehl wieder in den Hafen zurückgebracht wor= den, wozu er sich um so mehr bewogen gefunden, als er Befehle hätte, nebst anderen Maßregeln auch die Wegsührung des „Otto“ uvd der anderen griechishen Fahrzeuge nah dem Hafen von Sala- mis in Vollzug seßen zu’ lassen und besagte Fahrzeuge so lange dort zuräzuhalten, bis die in der Note des Herrn Wyse vom 17. Ja- nuar gestellten Forderungen befriedigt sein werden. Um 9 Uhr des Nachts wurden auch der „Otto“ und ein griechischer Kutter nach Salamis gebraht. Gleiehzeitig wurden zwei eng- lishe Dampfer nach Paros abgefertigt, um die Korvette „Ama- lie“ mitzuführenz da diese jedo entmastet war, so begnügke man sich mit einem Kanonenboote, welches sih gerade vor-