1850 / 168 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

E

Abgeordneten Paur angenommen, die Ausschußfassung hingegen verworfen. Ziffer 7: „Dem weiteren Antrage der Bierbrauer von Augsburg: für die größeren Städte rüdsihtlich der Bestimmung der Biertaxe eigene Distrikte zu bilden, nicht stattzugeben“‘, wird E Zu Ziffer 8: „Die Beschlußfassung über die Anträge: a) um Beseitigung oder Minderung des ärarialischen wie lokalen Malz - Aufschlages; b) um geseßliche Zusicherung der vollständigen Rückvergütung vom ausgeführten Bier für die Brauer; c} um Aufhebung der Pflasterzölle vom exportirten Bier, da, wo sie be- stehen; bis zur Berichterstattung über die desfaëls vorliegenden, eigens gestellten Anträge und das Gemeinde - Edikt aufzuschieben“, liegt nachstehender Antrag des Abgeordneten Reinhart vor: a) In dem Falle, daß der Lokal-Malz-Aufschlag nicht aufgehoben wer=- den sollte, ist die Rückvergütung auf jeden Eimer Ua lten Biers an allen Orten, wo der Lofïal - Malzaufschlag 2 Fl. 30 Kr. pro Scheffel beträgt, zu 25 Kr., und, wo der Lokal-Malzaufschlag weniger beträgt, nach dem obigen Verhältniß festzuseßen, welche durch die betreffenden Gemeindefassen an die Brauer zurückgezahlt werden müssen. b) Wenn an einem Orte noch Pflasterzölle von ausge- führtem Bier bezahlt werden müssen, sind solche hiermit aufgehoben. c) An Se. Majestät ist die allerunterthänigste Bitte zu stellen, sol ches mit geseßlicher Kraft auszusprehen.“/ Der Antrag Reinhart's wird abgelehnt und der des Ausschusses angenommen. Da der Antrag 9 des Ausschusses: „Den Antrag der Brauer: durch ein Geseß über Entschädigung bei vorkommenden Tumulten Schuß des Eigenthums zu gewähren, als erledigt zu erachten“, sich nicht zur Berathung und Schlußfassung eignet, so wird auf Vorschlag des zweiten Präsidenten darüber hinweggegangen und die Vorstellung der Brauer von Regensburg um Bewilligung, ihr Malz auf ihren Hausmühlen brechen zu dürfen, aufgenommen. Der Ausschuß {hlägt vor, auf diese Vorstellung nicht einzugehen, welchem Antrag auch die Kammer beipflichtet. Der Antrag der Brauer von Tölz, wegen Verleitgabe des Biers um den Schenkpreis, findet seine Erlcdigung durch die Annahme des Paurschen Antrags,

Hannover. Hannover, 15. Juni. (Ztg. f. N. D.) Zweite Kammer. Jn der Verhanvlung über den Antrag auf Ver- minderung der Civilliste hätte Weinhagen, aus anderen Grün- den freilich, als der Abgeordnete für die Residenzstadt, gewünscht, daß der Antrag in diesem Augenblicke nicht gestellt wäre; da das nun jedo geschehen sei, so müsse darüber abgestimmt werden, und Jeder werde nach seiner Ueberzeugung seine Stimme abgebenz er selbst werde daher für den Antrag stimmen, und das um o mehr, als während der Zeit des Zwischenregiments von 1837 bis 1848 auf die Königliche Kasse eine jährlihe Mehrausgabe von wenigstens 250,000 Thaler gekommen sei. Ministerial - Vorstand Lehzen er- klärte diese Behauptung für eine unbegründete, worauf Weinha- gen die verschiedenen Pensions-Etats und andere Positionen, die in jener Zeit bedeutend vergrößert seien, durchging und namentlich unter Hinzunahme der verhinderten Ersparungen bei der Behauptung stehen blieb, daß die von ihm angegebene Summe die geringste sei. Lang Ul. erklärte, den Vorwurf eines indirekten Angrisss auf die Verfassung in keiner Weise zugeben zu können, um so weniger, als er selbst in dem Finanzœus\chusse einen ähnlichen An-

trag gestellt habe. Im gegenwärtigen Augenblicke könne er sich nicht sür den Antrag erklären. Als er \i{ch zur Stellung desselben veranlaßt gesehen, haben die Verhältnisse anders gelegen, Es sei damals ein erhebliches Defizit in der Kasse gewesen, gegenwärtig habe man dieses Defizit durch andere Mittel zu decken gewußt, und es könne deshalb von einer Kalamität der Kassenverhältnisse in der Weise keine Rede sein, daß darauf der Antrag gegründet werde. Seiner Ansicht nah könne aber nur ein sehr prekárer Zustand der Finanzverhältnisse den Antrag rehtfertigen. Wie die Sache jebt liege, könne der Antrag keinen Erfolg haben, und wenn man sh davon überzeugt halten müsse, so sei es niht wohlgethan, einen Antrag zum Beschlusse zu erheben, dessen Folgen oft weiter gehend seien, als man im voraus übersehen könne oder auch wünschen móge. Groß wird für den Antrag stimmen. Als die Stände König Wilhelm IV., der dem Lande das Staatsgrundgeseß gege- ben, eine ähnliche Bitte vorgelegt hätten, habe derselbe auf drci Zahre 150,000 Rthlr. von der Krondotation erlassen; er sche kei- nen Grund ein, weshalb man nicht gegenwärtig Sr. Majestät einen ähnlichen Wunsch ans Herz legen sollte, Außerdem aber muß au er es ganz entschieden zurückweisen, wenn völlig unschuldigen Aeußerungen der Abgeordneten des Landes solche Motive unter- gelegt werden, wie von dem Herrn Minister des Innern geschehen sei, Detering begriff niht, wie der Herr Schabrath (Lang 11.) seit so furzem Zeitverlaufe eine andere Ansicht über den Erfolg des Antrages bekommen habe. Denn als er selbst diesen An- trag im Finanz =- Ausschusse gestellt, müsse er doch an den Erfolg geglaubt haben, und jeßt habe er wenigstens niht gesagt, aus wel- hen Gründen er das damalige Vertrauen verloren habe, Der Redner geht dann auf die einzelnen Gründe näher ein, welche ge- gen den Antrag geltend gemacht sind, und erwähnt dabei, daß in älterer Zeit die Landstände in ihren Auträgen wegen der Verwen- dung der Domanial - Aufkünfte viel weiter gegangen seien. Sie halen dem Fürsten keinesweges die unbeschränkte Benußung der Einkünfte zugestandenz es seien Landtags-Abschiede vorhanden, in welchen man sogar Beschlüsse darüber gefaßt habe, was sür Klei- der von den Fürsten zu tragen seien. Wenn gegenwärtig die Stände nur bescheidene Bitten aussprechen, \o könne daran gewiß kein Anstoß genommen werden ; daß darin ein Angriff auf die Ver- fassung liegen solle, werde von ihm nicht begriffen, er glaube im Gegentheil, daß durch das Eingehen seitens der Krone auf einen derartigen Antrag der Stände die Verfassung nur gestüßt werden könne. Es werde das wesentlich zur Versöhnung entgegengeseßter politischer Ansichten beitragen, Die Gegner des monarchischen Prinzips würden Befriedigung darin finden, daß sie den Dru, der mit der Kostspieligkeit desselben verbunden sei, gemindert sähen, und die Anhänger desselben würden eine neue Gewähr dafür in der bei ihren Gegnern vershwindenden Mißstimmung erblicken müssen. Stüve glaubte, es werde in der Versammlung keine Gegner der monarchischen Verfassung, sondern nur solche Mitglie- der geben, die treu und redlich daran festhalten würden. Lang Il, {nlgeguete noch, daß bei dem Antrage nur Eine Frage in Be- L lommen könne. Das sei die: Wie steht es mit unseren D E van man zu damaliger Zeit, als ein großes Defizit tigen. Ge hi mit dem Antrage kam, so ließ sih das rechtfer= fein Grund vor hd ist kein Defizit vorhanden, und deshalb liegt trages berechtigen tg L der Hoffnung auf einen Erfol dcs An- unte. Der Präsident {loß damit die Debatte,

worauf noch ei i O horst e de Ani aveder ihr Votum motivirten. Wind-

davon, daß für vie weil die Tendenz desselben, abgeschen tig eine solche Bie ae E De Veranlassung vorläge, gegenwär

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geneigt, die Civilliste vermindert zu sehen, die Erfolglosigkeit mit vollständiger Sicherheit voraussche; dann aber kein Antrag mehr als gerade dieser das Verhältniß zwishen Krone und Ständen ge- fährde, an dessen Erhaltung doch augenblicklich Allen liegez endli und hauptsächlich, weil er in einer solhen Bitte, wenn sie voraus- sichtlich abgeschlagen würde, eine tiese Demüthigung der Stände= Versammlung erblickte, welhe er derselben erspart sehen möchte, Das Resultat der Abstimmung (Verwerfung des Antrags) is schon mitgetheilt. Es wurden dann nachträglich zu der ersten Berathung des Ausgabe-Budgets die Besoldungen der Wasserkau-Beamten, für welche von der Regierung 37,640 Rthlr. 18 gGr. 5 Pf. ge- fordert waren, mit einigen von dem Ausschusse beantragten Modi= ficationen genehmigt. So wurde auf den Antrag des Ausschusses beschlossen, daß zwar au ferner den Wasserbau-Beamten Diäten für Reisen bezahlt werden könnten, und zwar für den Direktor 3Rthlr., für der Inspektor 2 Rthlr., für den Conducteur 1 Rthlr. 12 gGr., dabei jedoch befürwortet werde: 1) daß den Wasserbaubeamten nur für Reisen im außerordentlichen Dienst, mithin namentlich nicht für die regelmäßigen Schauung en, Diäten bewilligt werden; 2) daß die zu zahlenden Diäten in der Regel aus der Königl. Generalkasse erfolgen und namentlich dann niemals ven den Privaten aufge= braht zu werden brauchen, wenn den Wasserbau-Beamten für Reisen zum Zweck der Ausübung des Ober - Aufsihtsrehts des Staats Diäten zu zahlen sind, und daß 3) auch den Direktoren nur die Sábe von 2 Rthlr. zu Gute kommen, wenn sie als Bezirks=- vorsteher thätig sind. Der Ausschuß hat außerdem zur Erwägung der Regierung zu verstellen beantragt, ob im Hinblick auf die dermalige Lage des Staatshaushaltes die Zahl der Wasserbau - Beamten zu beshränken und somit eine Ersparung zu erreichen sei. Stände halten ihrerseits eine solhe Beschränkung um deswillen für mög- lich, weil nach ihrer Ansicht über die künftige Organisation des Wasserbauwesens die Mitwirkung der Wasserbau - Beamten bei den den Privaten obliegenden Wasserbauten einzuschränken sein werde, Dieses Motiv wurde von Stüve bestritten, weil nur eine fortge- \ette strenge Aufsicht und ununterbrochenes Weiterarbeiten das zu er- halten vermöge, was bei uns zum Schuße des Landes gegen das An- dringen der Fluthen aufgewandt sei. Wir hätten seit dem Jahre 1825 ganz bedeutende Sturmfluthen zu bestehen gehabt, und daß nicht ein ähnliches Unglück, wie in diesem Jahre, sich ereignet habe, sei nur durch die höheren und festeren Deiche und eine schr strenge Aufsicht abge- wandt. Oppermann, der die Anträge der Kommisston erläu- terte, war dieser Ansicht nicht, er meinte, wenn das Wasser in gleiher Weise einmal wieder eingedrungen wäre, wie im Jahre 1825, \o würden die betreffenden Gegenden troß der Wasscrbau- Direction gleiche Unglücksfälle zu beklagen gehabt haben. Pfaff erkannte an, daß auch in späterer Zeit sehr hohe Sturmfluthen eingetreten seien, indeß seien auch die Deiche bedeutend erhöht worden und dadurch die Rückkehr eines solchen Unglücks, wie das des Jahres 1825, vermicden, aber das rühre ntcht sehr von der Leitung der Angelegenheiten durch die Wasserbau-Direction her, son- dern sei den großen Anstrengungen der Gemeinden zuzuschreiben, und er meinte, wo die Gemeinden cine solche Aufopferungsfähigkeit und Selbstständigkeit gezeigt hätten, da sei die Beauffichtigung der Deiche in ihren Händen mindcstens so gut aufgehoben, als unter den Wasserbau=Beamten; erx werde sh deshalb für den Antrag erklären. Stüve glaubte, wenn der geehrte Herr sich genau mit der Geschichte unscres Wasserbauwesens bekannt gemackcht hätte, fo würde er die Ueberzeugung haben müssen, daß das Vorschreiten darin häufig mit dem größten Widerspruche seitens der Gemeinden zu ermöglichen gewesen sei. Pfaff entgegnete, daß das in sciner Gegend

L Majestät i ;

D zu richten, durch d a i L Emden dazu gelieferten Na idi i seiner bereits Ia Jahre Arg für J Antrag, weil Derselbe übereinstimme, wiewohl 2er gewünsht hätte, daß der Antrag jeg n gestellt wärez Horst dagegen, weil er, obglei n sehr

nicht der Fall gewesen sei. Es wurden darauf die Kommissions-Vor= schläge angenommen. Es war ferner noch nachträglich über die Posétion 128 des Budgets abzustimmen. Dieselbe besteht zu der Summe von 17,646 Rthlr., 12 gGr. in persönlichen Besoldungs =- Zulagen und Entschävigungen wegen früherer Dienstverhältnisse. Darunter sind auh 1000 Rthlr. als Zulage für cinen höheren Staatsbeamten begriffen, welche demselben zur Zeit der Kassentrennung beigelegt sind. Weinhagen war der Ansicht, daß die Stände diese 1000 Rthlr. nicht bewilligen könnten. Er wenigstens könne diese Gehaltszulage für eine rechtsbeständige niht halten, Man müsse bei der Frage auf das Staatsgrundgeseß zurückgehen, denn nur durch die Aufhebung desselben sei es möglich geworden, daß die Zulage gegeben sei. Der Betreffende habe also cent- weder ein durch Klage geshübßtes Recht, und dann möge er dasselbe im Wege Rechtens zu verfolgen suchen, oder er habe dieses Recht nicht, und dann liege für die Stände kein Grund vor, die Nummer zu bewilligen. Lang Il. widersprach dem, indem die Ausgabe zu einer Zeit übernommen sei, wo dem Könige die aussließlihe Dispofition über die Kasse zugestanden. Wein- hagen: Das sri gerade die Streitfrage. Er könne den erwähn- ten Zustand nur für einen faktischen halten, Daraus folge noch kein Rehtszustand, und dieser habe um \o weniger eintreten können, als das Staatsgrundgeseß nicht durch einen Rechtsakt, sondern Durch einen Akt der Gewalt umgestoßen sei. Es habe damals auch das Schabkollegium selbst gegen die Zulage protestirt. Lang 11. meint, daß eine weitere Verfolgung dieser Diskussion auf Punkte zurückführen könne, mit welchen hier aihts gewonnen sei, Es fönne sich hier nur fragen, woran sich die gegenwärtige Stände- Versammlung zu halten habe. Sie stehe auf dem Boden des Landesverfassungs=Geseßes von 1840 und des Gesebßes vom 59, September 1848, und danach habe sie alle Verpflichtungen anzuer- fennen, welche zur Zeit der Kassentrennung auf die Königliche Kasse übernommen seien. Die Position wurde hierauf genehmigt, Lin- demann übergab die Anträge des Finanz-Ausschusses zu der Po- sition des Einnahme-Budgets, die Einnahme und Ausgabe der Post- Verwaltung betreffend. Folgende Regierungs - Schreiben wurden angekündigt: der Entwurf einer Gebührentaxe in Strafsachen, fer- ner der Entwurf einer Gehührentaxe in bürgerlichen Rechtssachen, der Entwurf eines Gesetzes, die Uebergangs-Bestimmungen bei der Umgestaltung des Prozesses betreffend, ;

a Hannover, 17. Juni. Erste Kammer. Die Kammer be- s{äftigt sich heute mit der dritten Berathung der Städte-Ordnung. Zu §. 27 war in voriger Berathung beschlossen, daß der Erwerb des Bürgerrehts dem nicht versagt werden darf, welcher wegen eines nach der öffentlichen Meinung entchrenden Verbrechens nicht verurtheilt worden is; ferner, pa sowohl die Ertheilung, als die Versagung des Bürgerrechtes an die Zustimmung der Bürgervor=- steher gebunden ist. Angerstein beantragt heute, beide Beschlüsse wieder aufzugeben und statt ihrer die Aus\chuß-Anträge 26 und 27 zu genehmigen, nah welchen einmal das Recht zum Erwerb des Bürgerrechtes durch einen „unbescholtenen Wandel“/ bedingt wer- den, nach welchem ferner es den Bestimmungen des Orts-Statuts überlassen bleiben soll, über Zuziehung der Bürger-Vorsteher zur Ertheilung und Versagung des Bürgerrechtes zu entscheiden. Ueber die durch diese Anträge angeregten Fragen erhebt sich au heute eine längere Verhandlung, in welcher jedoch neue Gründe nicht geltend gemacht werden. Es betheiligen sich an derselben vorzugs- weise die Regierungs-Mitglieder für, Wyneken, Thormeier, Stege- mann gegen die Anträge, Am Schluß der Verhandlung wird der

erste Antrag angenommen, der zweite abgelehnt. Jn Konsequenz damit wird zu §. 33 ein Verbesserungs - Antrag Ha mmer stein s ebenfalls verworfen, dahin gehend, die Bestimmung über Zuzie= hung der Bürger-Vorsteher zur Ertheilung und Versagung des Einwohnerrechtes dem Orts-Statute vorzubehalten; es wird viel= mehr au hier durch die Städte-Ordnung die allgemein gültige Regel beschlossen, daß zur Ertheilung sowohl, wie zur Versagung des Einwohnerrechtes (wie oben des Bürgerrechtes) die Zustimmung der Bürgervorsteher erforderlich sei. Es wird darauf Die Bera= thung durch den Bericht Vezin?s aus der Gerichtsorganisations= Konferenz unterbrochen, deren Vorschläge auf Vezin?s Antrag sämmt= lich angenommen werden. Zufolge eines derselben is über das Práäsentationsreht der Provinzial-Landschaften zu Richterstellen beim Ober - Appellationsgerichte nichts entschieden, die abweichenden Be- {lü}e beider Kammern werden vielmehr der Regierung mitgetheilt und ihr anheimgegeben, mit den jeßigen Provinzial - Landschaften über Regelung, beziehungsweise Abstellung des Präsentationsrechts zu verhandeln, und zwar, über die Angelegenheit, wo nöthig, schon vor geregelter Reorganisation der Provinzial - Landschasten zu be- \cchließen. Der Beschluß über die künftige (juristische) Carrière geht im Wesentlihen dahin: mit Beseitigung der getrennten Carrièren (für Advokaten und Richter) es für das Provisorium dem Justiz- Minister zu übertragen, unter den Kandidaten nah gemachtem zweiten Examen die Auswahl für Richterstellen zu treffen.

Zweite Kammer. Am Schlusse der Berathung Über den Geseß-Entwurf wegen des Verfahrens in Steuer = Contraventions- fällen entspann sich eine längere Debatte über das dem Entwurfe zu Grunde gelegte Prinzip. Vornehmlich erklärte sih Windh orst gegen den ganzen Entwurf, weil das einzuschlagende Verfahren dem des Strafprozesses gleichgeseßt sei, weil er ferner in dem Entwurfe die Abschreckungs=Theorie vorherrschend erblickde, und endlich weil er in demselben eine bestimmte Beweis - Theorie gänzlich vermisse. Freudentheil war im Ganzen damit einverstanden, und glaubte das nach dem Entwurfe eintretende Verfahren als auf leichtfertige französishe Grundlage basirt erklären zu dürfen, Nach einem kur- zen Zwischenstreite darüber, ob nah geschlossener Debatte dem Re- gierungs-Kommissär, welcher das Wort verlangte, die Befugniß zu= stehe, das Wort zu verlangen, was von Grumbrecht verneint, von Wind- horst, Freudentheil, Stüve aber bejaht wurde, und nachdem Vice= Prásident Ellissen in Gemäßheit der leßteren Ansicht entschieden hatte, nahm Bacmeister das Wort und schte aus einander, daß die Beibehaltung des alten Verfahrens in Steuerprozessen in einen \hneidenden Widerspruch zu sämmtlihen Reformen im Recltswesen treten würde. Es liege nicht in dem Entwurfe, daß die Kontrave= nienten ohne Weiteres den Individuen gleich behandelt würden, welche gegen die Strafgescße verstoßen hätten. Wolle man aber zwischen Civil- und Strafprozeß hier solhe Fälle wählen, so sei die leßtere sicher die entsprehendere Prozeßart. Wer sich gegen die Strafgesebe vergehe, der müsse auch nah dem für Bestrafung von Vergehen vorgeschriebenen Verfahren behandelt werden, auch dann, wenn das Vergehen fiskalische Bedeutung habe. Die biëherige Be= weistheoriéè sei allerdings in den Entwurf nicht ausgenommen, es solle auch hier ferner nach seiner inneren Ueberzeugung vom Richter entschieden werden. Das sei aber nichts Besonderes, sondern eine nothwendige Konsequenz der Reformen, welche im ganzen Rechts= gebiete vorgenommen werden. Der Geseß-Entwurf wurde darauf gegen wenige Stimmen angenommen, Dagegen stimmten unter Anderen Freudentheil, Windhorst, Gerding, Detering. Es folgte hierauf als von dem Einnahme-Budget noch zu erledigende Position die Einnahme und Ausgabe der Posten. Ueber die Einnahmen und Ausgaben der Post-Verwaltung war diesmal den Ständen ein |pe- zieller Anschlag zum Einnahme-Budget vorgelegt, dessen Berathung heute nachgeholt wurde. Es ist danach die Brutto - Einnahme der Postämter im Ganzen zu 538,500 Rthlr. veranschlagt. Von dieser Summe kommen 396,000 Rthlr. auf Porto für Briefe, Akten, Päckereien und Geldec, 104,000 Rthlr. auf Personen-, Geld- und Ueberfrachtporto, 37,000 Rthlr. auf Zeitungsaufshlag, Procura= gebühren von Postvorshüsscn, Scheingeldern und Bestellgeldern, 1500 Rthlr. unter Jnsgemein. Die Ausgaben der Postämter betragen 512,150 Rthlr. Davon kommen unter anderen auf die Besoldungen der Postamts= Chefs 27,300 Rthlr., für die Comtoirbeamten 61,380 Rthlr., für Postspediteure 26,700 Rthlr., die Kostea der Fahrposten und Wasser= Transporte 220,000 Rthlr., die Postwagen pl. m. 36,000 Rthlr., Nebenwagen und Vorspannpferde 18,000 Rthlr. u. st. w, Die Aus gaben der General-Postkasse betragen 69,000 Rthlr. An Besoldun gen für die drei Mitglieder des General-Postdirektoriums sind 4581 Rthlr. 18 gGr. 8 Pf. ausgeworfen, Nach den von Lindemann ge- gebenen Erläuterungen bekommt der General - Postdirektor außer seiner Einnahme als Chef des Postamts zu Hannover noch die Summe von 2333 Rthlr. 8 gGr. z; das ganze Gehalt wird demnach wohl über 5000 Rthlr. betragen. Von den beiden anderen Mitgliedern des Direktoriums arbeitet nur das eine (Friesland) ausf\chließ= lih in Post-Angelegenheiten, das andere wird auch im Ministerium des Auswärtigen beschäftigt, Nach Erledigung der Positionen über die Post-Verwaltung, zu welcher von dem Finanz-Ausschusse außer dem Antrage, daß Stände cine durchgreifende Veränderung in den Einrichtungen des General- Post « Direktoriums für erforderli cr- aciten missen und deshalb cine baldthunlichste Reorganisation, un- ter Vorlegung eines Besoldungs=-Etats, beantragen, nur noch einige unerhebliche Anträge gestellt hatte, ging die Kammer zur Fort= seßung der zweiten Berathung des Ausgabe - Budgets über, Bueren kam auf die Zurückziehung der 600,000 Pfund Sterl, welche in den englischen Stocks belegt sind, zurück und erinnerte, daß {on die Stände im Jahre 1848 den Wunsch ausgesprochen hätten, diese Gelder im Lande zu belegen. Geschähe das, so werde auch die Gesandtschaft in London nicht mehr nöthig sein, welche jährlich 25,000 Rthlr. koste. Gründe, weshalb die Zurückziehung nicht ge= schehen könne, seien nicht angegeben, Er beantrage daher, daß die Regierung Se. Majestät ersuchen wolle, die Zustimmung zur Belegung jener Gelder im Lande auszusprehen. Lang 11, der zwar nicht verkannute, daß es s{hwer halten werde, Se. Majestät zu der Zustimmung zu bewegen, fand auf den ande= ren Seiten Nachtheile und Gefahren in der ferneren Belegung der Gelder in England. Gegenwärtig könne man die Gelder zu einem hohen Course herausziehen. Ob die Verhältnisse immer so bleiben würden, stehe sehr dahin. Wir seien in dieser Beziehung ganz von dem englischen Geldmarkte abhängig, und wenn Deutschland einmal auf feindlichen Fuß mit England kommen sollte, so werde man die Gelder vorenthalten. Ministerial - Vorst. Lehzen sprach egen den Antragz der eigentliche Grund wurde nicht angegeben Kra im Wesentlichen nur geäußert, daß alle Mitglieder der Regierung sich nah sorgfältiger Erwägung von der Unmöglichkeit überzeugt hätten, die Gelder jebt zurückzuziehen. Der Antrag wurde darauf mit ziemlicher Majorität abgelehnt. Dafür stimmten 24 Mitglieder, Weinhagen wollte darauf bei der Position sür das Gesammt - Ministerium die geheimen Fonds zu 10,000 Rthlr. ge= strichen wissen , eventuell aber die Bestimmung, daß nichts davon für Zwede der geheimen Polizei ausgegeben werde, Beide An- träge wurden abgelehnt.

Busland.

Frankreich. Paris, 16. Juni. Der Herzog von Sachsen- Meiningen hat dem Präsidenten die Vermählung des Erbprinzen mit der Prinzessin Friederike Louise Marianne Charlotte von Preußen angezeigt.

Bekanntlich kommen ini englishen Parlamente nächstens die Interpellationen über Griechenland zur Sprache. Lord Palmerston's Depeschendienst nach Paris war daher in leßter Zeit sehr lebhaft. General Lahitte aber soll unerbittlich geblieben sein, Man spricht sogar davon, Palmerston habe die Bedingungen des französischen Kabinets angenommen. Das Journal des D ébats sagt: „Wir erfahren aus guter Quelle, daß Herr von Brunow aus freiem An= triebe beim englischen Kabinette gegen die Zwangslösung der grie- chischen Frage in Athen protestirt hatte, sobalo diese in London be= fannt geworden war. Seine Protestation ist so eben vom Kaiser Nikolaus gebilligt und ratifizirt worden.“

In den Abtheilungen der National-Versammlung wurde gestern, dem Geseße vom 13. November 1849 gemäß, folgende Uebersicht des Budgets von 1849 veröffentlicht : Bewilligte Ausgabe 1,686,850,129 Fr., Einnahme 1,411,732,007 Fr., Defizit 275,118,122 Fr. Hierzu fommen geforderte und noch nicht votirte Kredite mit 1,854,261 Fr. z noch nicht bewilligte Zusaßsteuern, Stempel und Registrirungstaxen, welche das Defizit auf die Summe von 292,901,383 Fr. bringen.

In der bekannten Petitions\sache der Mönche vom Gotthard ist wegen Montalembert's Abwesenheit kein Beschluß gefaßt J. Favre wird das Venehmen der \chweizer Regierung verthei digen, i S

Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten hat eine Kommission

worden.

zur Untersuchung verbesserter Makadamisirungs = Vorschläge nieder aclebt. Großbritanien und JFrland. London, 15. Juni.

Der fürzlich zwischen den Vereinigten Staateu und England ab- geschlossene Nicaragua - Vertrag räumt die Gebiets - Streitigkeiten, die sih der Ausführung des den Atlantischen und Stillen Ocean verbindenden Kanals entgegenstellten, aus dem Wege und be- stimmt, daß keine der kontrahirenden Regierungen Befestigungen auf dem an den Kanal gränzenden Gebiete anlegen und niemals versuchen darf, den Kanal ausschließlich für sich in Gebrauch zu nehmen, Der von Großbritanien und den Vereinigten Staaten für die Neutralität des Kanals übernommenen Garantie ist Frank- reich bereits beigetreten, und es ist wahrscheinlich, daß der Beitritt der spanischen Regierung bald nahfolgen wird.

__Die englischen Blätter enthalten die Schilderung eines jener gefürchteten Stürme oder Tornados, wie sie auf den westindischen Inseln von Zeit zu Zeit vorkommen. Das jüngste furchtbare Er- eigniß dieser Art suchte die Bahamas-Juseln heim. Ein Schreiben aus Nassau auf der Jnsel New-Providence sagt: „Am 30. März gegen Mittag strich ein heftiger Regen, von Donner und schr leb- haften Blißen begleitet, über die Insel, während der Wind in raschem Wechsel bald aus dieser, bald aus jener Himmelsgegend wehte. Dann trat eine augenblickliche Ruhe ein, worauf die Ele= mente, als würden sie in einem und Demselben Augenblicke aus al: len Richtungen losgelassen, zu toben begannen. Dies waren jedoch nur die Vorzeichen des Tornado selbst, welher mit so entseblicher Wuth über die benachbarten Dörfer Grants und Baines - Town losbrah, daß er Alles, was er auf seinem Wege antraf, Häuser, Bäume und Mauern in das Meer mit fortführte. Innerhalb weni- ger Minuten wurden 150 Häuser oder Gärten und Pflanzungen theils ganz, theils theilweise vernichtet; aht Personen wurden auf der Stelle getödtet, viele verwundet. Merkwürdig war es, daß der Schade sich auf einen Raum von anderthalb englischen Meilen in der Länge und 50 Ellen in der Breite beschränkte. Die genannten Dörfer waren von freigelassenen Sklaven und Negern bewohnt. Einige der aus Holz gebauten Häujer wurden tim buchstäblichen Sinne vom Erdboden in die Höhe gehoben und sammt ihren Jn= sassen, die in einigen Fällen ohne alle Verleßung davonkamen, eine cktrecke weit fortgeführt oder in Stücke zerschmettert und in ent- fernte Gegenden der Insel fortgeschleudert. J, dae Dach eines Hauses wurde auf einer 30 englische Meilen entfernten Insel ge- Funden. Ein afrikanisches Weib verlor ihren Mann und alle ihre Kinder, ihr Haus, ihr Geräthe, kurz Alles, was sie zu verlieren hatte, außer ihr Leben. Nie sah ih die stumme Qual tiefer Be- trübniß so ausdrucksvoll als in ihren ruhigen, ergebenen Mienen.“ Das gelbe Fieber richtet in Rio Janeiro noch immer furchtbare Verheerungen an. Man rechnet durchschnittlich an 250 Todesfälle auf den Tag. Die Krankheit hatte si bercits bis Petropolis, 40 Meilen von Rio und 2—3:)00 Fuß über dem Meere gelegen, und bis nah den Ufern des La Plata verbreitet. Das britische Schiff Cormoran““ verlor auf seiner Fahrt von Rio Janeiro nah Mon- eo 7, die Korvette „Tweed‘“ sogar 28 Mann, worunter 3 Offiziere.

tevid

Ftalien. Turin, 12. Sun. Se. Heiligkeit der Papst hat unterm 23. Mai folgenden Brief an den Erzbischof von Turin gerichtet: „Die tiefste Bitlerkeit empfanden Wir schon, ehrwürdiger Bruder, wegen alles desscn, was in dem subalpinischen Königreiche gegen die katholishe Kirche, ihre Gewalt und ihre Rechte, wie ge gen Unseren und des heiligen Stuhles höchste Autorität, so wie ge= gen die feierlichen, mit dem heiligen Stuhle eingegangenen Ver- träge, wie wir wußten, gethan und versucht wurde. Doch können Wir nicht sagen, von welch herbem Schmerze Wir durchdrungen wurden, als Wir zuerst erfuhren, es sci so weit gekommen, daß die weltlihe Gewalt mit völliger Mißachtung aller Bestimmungen der heiligen Canones und sogar der kirchlichen Censur, und ohne irgend eine Rücksiht auf die zu verehrende bischöflihe Würde zu nehmen, sich nicht gescheut habe, Dich, chrwürdiger Bruder , den durch Tugend und Frömmigkeit Ausgezeihneten und um Deinen Sprengel bestens Verdienten , zuerst vor ein weltlihes Gericht zu laden, dann mit Militairgewalt aus Deiner bischöflichen Woh= nung zu reißen und Dich in die Citadelle jener Stadt cinzusperren Und um \o mehr s{chmerzt es Uns, daß alles dieses gegen Dich ge- than worden ist, als Du, Deinem bischöflichen Amte in musterhaf-

ter Weise vorstehend, mit der Tapferkeit und Klugheit, wie sie die Natux Deiner Würde erforderte, die Sache der katholischen Kirche verfechten, ihre Rechte unverleßt, ungeschmälert erhalten, Deinem Klerus die von den Umständen erheishten Weisungen geben und den ungercchten Gelüsten und Beschlüssen der weltlichen Gewalt widerstehen mußtest, heftig bewegt durch eine solhe Beleidigung, welche Wir nicht nur als Dir und Deiner Würde, sondern auch als dem gesammten heiligen Episkopat, Uns selbst und dem heiligen Stuhle angethan betrahten und höchlihst beklagen, haben Wir ohne Verzug, der Pflicht Unseres höchsten apostolischen Ams= tes gemäß, bei jener Regierung wegen dieser Unwürdigkeit reflamirt und Uns darüber beklagt, so wie Wir auch nicht unter- lassen hatten, derselben Regierung Unsere Beschwerden zugehen zu lassen, als Wir erfuhren, daß in jenem Königreiche ein den Ge- seßen der Kirche und des heiligen Stuhles widerstreitendes Gese in Kraft getreten sei. Vornehmlich jedoch haben Wir diesen Brief

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geschrieben, um Dir, ehrwürdiger Bruder, die Empfindungen Unse- res liebendsten Herzens auszudrücken, mit welchen Wir Dich, und zwar mit dem besten Rechte, in dem Herrn umarmen. Deine hohe bischöflihe Tugend, Deine Festigkeit, Deine Standhasftigkeit sind des héöchsten Lobes und der allgemeinen Bewunderung würdig. Des-= halb wünschen Wir Dir von ganzem Herzen Glück, ehrwürdiger Bruder, daß Du mit furchtlosem und unbesiegbarem Herzen diese Verfolgung wegen der Gerechtigkeit erduldet und so der Kirche Got- tes, namentlich dem heiligen Bischofsstande, neue Ehre und neuen Ruhm erworben hast. Mit der innigsten Zuneigung Unseres Her= zens trösten Wir Dich abermals und abermals im Herrn, damit Du nie in diesem Sturme den Muth verlierst, sondern mehr und mehr all Dein Vertrauen auf Gott sebest, welcher, wie Dir in Deiner Weisheit am besten bekannt is, bei seinem Kampfe zu- gegen ist, die Vorkämpfer und Vertheidiger seiner Kirche erhält, stärkt, ermuthigt und auf Uns, die Wir seinen Nauen“ bekennen, von oben herabblickt, Unseren guten Willen gnädig ansieht, Uns im Kampfe hilft und Unseren Sieg krönt. Deine Bekümmerniß und die Unsrige muß außerordentlih gelindert werden durch das edle Benehmen des Kapitels Deiner Metropolitan-Kirche, Deines Kle

rus und des gläubigen Volkes, welche Dir in diesem Unglück ihre

Anhänglichkeit fest bewahren und nicht aufhören, Dir Zeugnisse ihrer Lebe, ihrer Hingebung und ihrer Verehrung zu geben. Was Uns betrifft, so werden Wir siherlich) Tag und Nacht keine Sorg

falt und keine Múhe sparen, die Maßregeln zu ergreifen , welche |

geeignet sind, Dix die Freiheit wiederzugeben, die Rechte der Kirche zu hüben und deu Gläubigen das Heil zu erringen. Wäh- | rend Uns aber die Hoffnung aufrecht erhält, daß Unsere höchst ge- | rechten Beschwerden und Klagen das gewünschte und gebührende | Ergebniß herbeiführen werden, bitten Wir demüthig und inbrünstig | den gütigsten Gott alles Trostes, daß er Dich mit den reichsten | Gaben seiner himmlischen Gnade ste und Dir mit seiner all- | mächtigen göttlichen Hülfe stets gnädig beistehe. Wir freuen Uns endli, Dir Unsere innigste, Deinen Verdiensten gebühreude Liebe zu bezeugen und zu bekräftigen, und ertheilen Dix, ehrwürdigen Bruder, so wie der Deiner Wachsamkeit anvertrauten Heerde, mit der ganzen Inbrunst Unseres Herzens den apostolischen Segen. Gegeben Rom, 23. Mai 1850. Jm vierten Jahre Unseres Ponti= | fifates Pius E P X

Nach einem Schreiben aus Genua von 9. Juni if der Ritter Sauli, der nach Rom geschickt worden war, um die Zustimmung

des Papstes zu dem Geseße Siccardi zu erhalten, in obiger Stadt | angekommen. Die Sendung desselben soll gänzlich mißglückt sein. | Der Redactcur des in Genua erscheinenden Blattes La Strega wurde wegen cines Aufsaßes gegen die katholische Religion zu | zweimonatlicher Gefängniß- und zu einer Geldstrafe von 1000 Lire | verurtheilt. i | Die nordamerikanishe Fregatte „Constitution“ hat den Golf | von Genua verlassen und sich wieder nach Spezia begeben. ___ In Turin werden Vorbereitungen zu einem Volksfeste getrof fen. Die Opinione beklagt fih, daß den Redacteuren keine Ein- ladungen zugegangen sind. ___ Der halboffizielle Osservatore Costituzionale widerlegt die vom Costituzionale mitgetheilte Nachricht, daß Piemont ge- gen die österreichish-toscanische Militair-Convention protestirt habe,

Vereinigte Staaten von Nord- Amerika. New- York, 28. Mai. Auf Befehl der Regierung zu Washington begab sich im vorigen Jahre Herr Büttler King nach Ka=- lifornien, wo er im Juni ankam, um einen Bericht über dieses Land, dessen Zustände man vor seiner Aufnahme in die nordame- rikanische Union genau kennen zu lernen wünschte, aufzustellen. Die- ser amtlihe Bericht ist nun von den Journalen der Vereinigten Staaten veröffentlicht worden. Herr King veranschlagt in demselben die Bevölkerung Kaliforniens, die Jndianer nicht mitgerechnet, am 1. Januar 1850 auf 115,000 Seelen, obglei er eingesteht, daß er zu einem bestimmten Resultate in dieser Hinsicht nicht habe ge- langen können. Die Trümmer zahlreiher in den Thälern der Sierra - Nevada zerstreut liegenden Dörfer bezeugen, daß hier ehe- mals volkreihe Îndianerstämme wohnten, welche indeß auf diesem Gebiete jeßt bis auf einige tausend Jndividuen zusammengeschmol- zen sind. Jn den Bergen aber, wo der San=Joaquim entspringt, giebt cs unabhängige indianische Stämme, welche zusammen etwa 100,000 Seelen zählen mögen und auf die civilisirten Anbauer be reits manchen Angriff gewagt haben. Was die Produkte Kaliforniens anbetrifft, so {äßt Herr King den Viehstand auf 500,000 Stück, welcher 1854 gänzlich absorbirt sein wird, wenn die Consumtion in dem jeßigen Maße zunehmen sollte. Die Staaten des Atlantischen Oceans werden also Kalifornien mit Vieh zu versorgen haben. Von Missouri sind be- reits Ochsen in großer Menge eingeführt. Ein Spekulant. läßt gegenwärtig aus Neu- Mexiko 10,000 Schafe kommen. Der Bo- den und das Klima cignen sih zum Bau des Weizens, Roggens, Hafers und der Gerste. An der Küste entlang gedeiht Mais we- gen der kalten Seewinde nicht; wohl aber östlih vom Küstenge- birge, so wie der Reis und der Weinstock. Obst, wie Virnen und Aepfel, gedeiht herrlih. Wahrscheinlich wird au Taback ge caut werden. Der Graswuchs ist üppig und saftreih. Mit Ausahme einiger an den Flüssen entlang stehender Eichen und des Gebiisches, welches an einzelnen Stellen die Hügel bededt, ist das Land völlig holzarm. Ungeachtet der sonstigen Ergiebigkeit des Bodens wird man auf lange Zeit demselben nur die allernoth- wendigsten Produkte, welhe man aus der Fremde nichk leicht her- beischaffen kann, abzugewinnen trachten. Denn die- Arbeit in den Goldminen drängt jede andere in den Hintergrund. Die Goldre- gion dehnt sih in einer Länge von 100 oder 500 und in einer Breite von 40 bis 50 englischen Meilen aus und läuft an dem Fuße der Sierra - Nevada hin, Wenigstens kannte man bis jeßt nur diese Strecke als goldhaltig. Es ist jedoch nicht unwahrschein- lih, daß auf der anderen Seite der Sierra-Nevada ebenfalls (GHold= | lager sich werden entdecken lassen, Die von der Sierra-Nevada dem | Stillen Ocean zuströmenden großen Flüsse, der San Sakramento und San Joaquim, führen hauptsächlich das edle Metall. Sie fließen über goldhaltiges Quarz, nehmen denselben das Metall und rollen es | in ihren Fluthen mit fort. Doch giebt cs auch sogenannte trockene Grabepläße, wo man das Gold unter allen möglichen Formen fin det, vom gediegenen an bis zu dem, welches mit dem Quarze so vermischt ist, daß man die ganze Masse zerstoßen muß, um das | Gold zu gewinnen. Im Mai oder Juni 1848 wurde das Gold | eutdeckt, aber die Nachricht hiervon konnte erst im Spätherbst in die Vereinigten Staaten gelangen, und daher veranschlagt man die Zahl der Arbeiter in den Gruben, welhe meistens aus Oregon und Mexiko gekommen waren, für das Jahr 1848 nur auf 5000 und hat berechnet, daß sie etwa für 5 Millionen Dollars Gold zu Tage gefördert haben. Während des Winters hatte sih aber die Nachricht von dem neuen Eldorado überall hin verbreitet, und im Jahre 1849, nachdem die Regenzeit aufgehört, strömten aus allen Ländern der Erde in dichten Zügen die BVeutelustigen in Kalifor- nien zusammen. Die Zahl derer allein, die aus den Vereinigten Staaten gekommen waren und in den Goldminen arbeiteten, belief sich auf 40,000 bis 50,000. In den Jahren 1848 und 1849 war

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etwa für 40 Millionen Dollars Gold gewonnen worden. Durch- shnittlich gewinnt der Mann eine Unze Gold tägli, und bei der zunehmenden Einwanderung und dem si glei bleibenden Reich= thum bes Landes an Gold dürfte, nah der Meinung des Herrn King, in diesem Jahre wenigstens für 59 Millionen Dollars Gold gesammelt werden. Jn Kalifornien giebt cs auch Ouefsilber= Minen; auch spriht man von dem Vorhandeusein von Silber=-, Eisen- und Kupferlagern. : i Ein zu Louisville in Kentucky erscheinendes Blatt berichtet Nachstehendes: „Neulich erlebten wir einen Auftritt, der für den Menschensreund etwas ungemein Niederschlagendes hat. - Das Dampfschiff „Kendall‘“ lag bei der Wallstraße am Werft und war im Begriff, nah New-Orleans abzufahren. Auf dem Dedcke des Vorderkastells stand eine eigenthümliche Gruppe, ein Sklavenhändler námlich mit einem halben Dutzend Sklaven, unter welchen eine Mutter, die ihr Kind an der Brust hatte. Offenbar sollten sie im Südcu verkauft werden. Eben als die Schiffsglocke zum lebten= male \ch{ellte und die Taue vom Werfte abgelöst werden sollten, fordérte man der Mutter das Kind ab und bedeutete ihr, daß sie ohne dasselbe fortreisen müsse. Das arme Weib wurde beinahe wahnsinnig vor Schmerz. Sie“ drückte das Kind krampfhast an sich, küßte es, beneßte es mit Thränen und lief dann zu einem er, in welchem sie allerlei Kleidungsstücke für das Kleine ver- vacft batte, Diese drückte sie noch einmal an die Lippen und hüllte Der Sélavenbändler befahl ihr, rasch zu folgen, und sie gehorhte mechanisch dem Gebote, Aber das Mut= tergefühl war zu mächtig, als daß es sich hätte unterdrücken lassen z er lautem Angstgeschrei kehrte sie wieder um, ergriff das Kind und wollte es nicht mehr lassen. Ihr Jammern, ihr bis 1hnfinn gesteigerter Schmerz erregte die innigste Theilnahme

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dann das Kind hinein.

er am Ufer Stehenden. Der Sklavenhändler wurde gefragt, ob er uicht Mutter und Kind zusammen verkaufen wolle. Er ließ sich ia finden, Beide für die Summe von 650 Doll. loszuschlagen. schoß sogleich Geld zusammen, Manche gaben 10 Doll. In

zwischen war der Capitain des Dampfschiffes, Norton, aus seiner

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Kajüte gekommen, sah, was vorging, erklärte dem Sklavenhändler,

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werde ihn nicht am Bord behalten, s{chickte Händler und Sklaven

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( e ay s : 24 1s Land und fuhr ohne sie hinunter nah New-Orleans.“

Wissenschaft und Kunst.

BZügla} über chinesische Sprache, Schrift und Literatur.

Stettin, 18, Juni. Herr Güßlaff hielt in der Aula des Gymna- siums3 am 14ten d. M. nachstehenden Vortrag über chinesische Sprache, Schrift und Literatur, aus welchem die Stettiner Ztg. folgende Mits= heilung macht:

A bre Sprache is die Ursprache, wie man aus ihrem Charakter deut= lich sieht. Sie besteht nur aus Sylben, is ganz einsylbigz Sylbe sür Svlbe macht ein Wort gus, bezeichnet den Begriff. Sie is gebildet aus den einfachsten Naturlauten und trägt noch jeyt das Gepräge der Sprache des Kindes, wie die Wörter pa ma la zeigen. Die Mannigfaltigkeit der Laute i} schr groß, zu ihrer Aussprache sind Organe nöthig, welche andere Völker nicht zur Sprache benuyenz dabei ist sie so arm, daß sie nur etwa 2000 Ursylben für alle Begriffe zählt. Diese werden lose an einander ge=- hängt, man hat feine fünstlide Sahbildung mit Conjunctionen und Präpositionen, keine Kasus und Verba, weshalb man sich in der Sprache sehr bequem ausdrückt und leiht verständlich wird. Troy dieser Wortarmuth und Einsylbigkeit is unsere Sprache doch eine der reichsten durch Accentuation, die ins Unendliche mannigfaltig ist. Dem ungeübten Ohre des Fremden klingen diese Wörter alle ganz gleich, so daß es sie nicht zu unterscheiden weiß. Z,. B. die Wörter Tscho-ang, Tscho-ang, Tscho-ang, Tscho-ang, verschieden accen- tuirt, bezeihnen ganz verschiedene Begriffe. Die Ausländer meinen immer dasselbe zu hören, wir Chinesen verwundern uns, daß sie dies nicht unter- scheiden fönnen. Wir sagen, daß ist ja ganz leiht zu erstehen. i —, Die Erlernung des Chinesischen is eben deshalb mit deu größten Schwierigkeiten verknüpft, und wenn man dazu noch die 40 bis 50 ver- schiedenen Dialefte rechnet, indem z. B. die Sprache des Volkes, die dex Mandarinen, der Stadt Canton ganz verschieden ist, so wicd es bei allem Fleiß und den besten Fähigkeiten nidt möglich sein, sib diese Sprache ín ciniger Vollkommenheit anzueignenz es gehört zur etwanigen Bekanntschaft mit derselben ein feines Ohr, ein sehr gutes Spiachorgan und jahrelange Uebung. Welcher Europäer könnte z. B. Ti abgekürzt für Ti-en (Himmel) und Ti (Kraut) unterscheiden. Bei der Mannigfaltigkeit der Accente ist die Sprache doch an Begriffen schr arm und der Jdeenkreis des Volkes ein schr beschränkter.

Das Chinesische steht in seiner Art nicht einzig da, die Sprachen der benachbarten Völker, der Mandshu, Mongolen, Tibetaner, die anamasche, japanische und Laossprache sind jenem verwandt , ebenfalls einsilbig, auch die siamesishe Sprache gehört zu diesem Stamme, wenngleih sie viele Wörter aus dem Indischen, der Palisprache aufgenommen hat und sich der Prakritschrist bedient. Die Japaner haben eine ähnliche Sprache wie in Polynesien, wie aber die Europäer viele lateinishe Wörtcr in ihre Sprache aufgenommen haben , so hält man es in Japan für besonders zierlich und ehrenvoll, viele chinesische Wörter in die Rede zu mischen,

Die Schrift der Chinesen is aufs höchste komplizirt und ausgebildet, jeder einzelne Begriff hat sein besonderes Zeichen, deren man über 40,000 zählt, Das Syllabaríum besteht aus soviel Zeichen, als es Silben giebt Schon 500 vor Christo bildete sich diee Silbenschrift. Man verfuhr dabei ideologistish. Jn der ältesten Zeit malte man die Dinge und Begriffe förm- li ab, die fonfreten der Wirklichkeit, die abstrakten der den Ideen am

meisten entsprechenden Wülklichkeit nachbildend. Später kürzte man dies Verfahren ab und erfand cinfachere Zeichen, jedoch möglichst den Begriffen ent- sprechend, wie wir diese Jdeographie auch bei anderen orientalischen Sprach-

stämmen , wie dem Aramäischen, Semitischen sinden. Jede Núance eines Begriffs hat ihren cigenen Buchstaben oder Charakter, die ganze Schrift i ein unend!iches Alphabet, welches die Gelehrtesten nicht vollständig ken- nen. {h habe mi 20 Jahre mit diesem ABC beschäftigt, noh nie sah ich Jemand, der es vollkommen inne gehabt hätte, und ich selbst muß nach so viclen Jahren und so vielem Studium hierher kommen, um zu bekennen daß ich unier Alphabet noch nicht kenne. Und doch bin ih damit b

tigt, ein chinesisches Wörterbuch herauszugeben und bin guch schon ziemlich

weit damit gekommen. Bei Bildung der Schristcharaktere ging man auf. die einfadste Weise zu Werke, Man hat drei Grundcharaktere , welche in fünstlichster Verschlingung den BegrisE Ewigïeit ausdrücken, Das erste deichen is cin Strich —, welcher durch andere Striche zur Bezeichnung der verschiedensten Begriffe dient, Die Erlernung dieser Schrift wird noch dadurch erschwert, daß jeder Schriftsteller seit den ersten Anfängen der Lite-

ratur den einzelnen Zeichen beliebige, willkürlihe, von Anderen ganz ver- \chiedene Bedeutung beigelegt hat, Um sich in diesem Jrrgewinde zu orien- tiren, sind [hon vor Jahrtausenden Wörterbücher zusammengetragen, deren cines, in Canton herausgegeben, 400 bis 500 Bände umfaßt, in welchem sich alle erdenklihen und üblichen Charaktere und mit Beispielen aus den ckcchriftstellern seit 1300 Jahren belegt finden (man könnte es ein diction- naire de P'ÁAcademie nennen).

Man verwendet auf die Schönheit der Schrift die größte Mühe, Schönschreiben gehört zu den höchsten Vorzügen unseres Volkes. Die Re- gierung befördert das Lesen und Schreiben auf alle Weise. Es dient zur gewöhnlichsten Unterhaltung, eine Anzahl von Wörtern recht sauber zu chreiben, sie den Anwesenden zu zeigen und Lob zu ärndten. Will Jemand zu hohen Würden gelangen, muß er vor. Allem s{chön {reiben können, ex verschließt den Weg zu jedem Amte, wenn er im Examen nur einen kleinen Verstoß gegen die Schrift macht. Mag er den vorzüglichsten Auf- say mit den besten Gedanken geschrieben haben, er fällt sicherlih durch, wenn er ein Zeichen verändert hat. Der Inhalt gilt bei uns nichts, Klang

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