1881 / 277 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Nov 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Mehrübers{Guß der Post- und Telegraphenverwaltung Hat Auf 2566 855 M veranschlagt werden fönnen, nämlich eine Mehr- einnabme von 7 406 250 Æ und eine Mehrausgabe von 4 839 395 M. Von der großen Mehreinnahme von 7400000 A muß nun aller- dings, um ein rihtiges Bild zu gewinnen, zunächst in Abzug gebracht werden Das, was die Beamten dieser Verwaltung an Wittwen- und Waisengeldbeiträgen zu zahlen haben: 1600000 Æ; aber auc die darnach verbleibende Summe von no 5 400 (00 Æ ist doch ein sehr erfreuliches Zeichen eines Theils für die allgemeine Hebung des Ver- Tebrs und die damit zusammenhängende Besserung der Erwerb®ver- bâältnisse und anderen Theils für die gute Wirkung der auf diesem Verwoaltungsgebiet fort und fort, vorsichtig und energisch zuglei, ein- geführten Verkehrserleibterungen und Bervolkommnungen. Es hat darin auch das Vertrauen und die Berechtigung gefunden werden müssen zu entsprehendem weiteren Vorgehen im nächsten Jabre, und eben darauf beruht die große Mehbrausgabe, welche mit 4839 395 H bier vorgesclagen wird. Damit sollen zunächst die durh den steigenden Verkehr erforderlichen neuen Kräfte gewonnen werden, foll dann «einigen, namentli} aub zu stärkeren Leistungen hberanzuziehenden Beamtenkategorien eine mäßige und billige Einkommensverbesserung zu Theil werden, und soll vor Allem die im vorigen Jahre begonnene und in ihren Anfängen s{on vollkommen bewährt gefundene Reform des Landpoftwesens um fo rascher gefördert werden. Schon mit der bisherigen Aufwendung nah dieser Richtung is es gelungen, 40 Millionen Postsendungen um einen halben bis zwei Tage früher an die Empfänger gelangen zu lassen, und der Erfolg davon ift eine merkliche Zunahme des Postverkehrs in den betreffenden Bezirken gewesen, bis 30% in einigen. Aber es bleibt noch ein weites Feld in gleicher Weise zu bestellen und deshalb wird noch für einige Fahre eine entsprehende Mehrau8gabe in Ausficht zu nehmen fein. Der Mehrüber1chbuß bei der Reichs-Cisenbahnverwaltung bat zu 1 647 000 M veransblagt werden können, nämlich auf eine Mehr- chinnahme von 2 4458 700 M und eine Mehrausgabe von 8091 700 # Aub bei dieser Verwaltung ift es erforderli, zur Richtigsteung des Bildes in Abzug zu bringen, von der Mehreinnahme die Witwen- und Waisengeldbeiträge der Beamten mit 147 000 A Aber auch von dieser Verwaltung gilt im übrigen wie von der Postverwaltung, daß der zu veranschlagende Mehrüberschuß auf der Wahrnehmung einer erfreulichen Verkehrsfteigerung berubt, zumal die neu binzu- Xommenden Linien, von denen auch eine Mehreinnahme zu erwarten ift, wie bekannt, hier vielfa zugleih die Eigenschaft von Konkurenz- bahnen für die alten Linien haben. e i Daß die erstmalig im nächsten Etat erscheinenden Witiwen- und Waisfengeldbeiträge der Beamten, deren ich bei den leßten beiden Verwaltungen besonders zu gedenken hatte, im Ganzen sih auf 1 881 088 M. belaufen und daß dieser Einnahme für jeßt nur an Wittwen- und Waisengeld eine Ausgabe von 223200 A gegenüber tritt, das finden Sie in der Denkschrift zum Etat auf Seite 45, 46 speziell nabgewiesen. Es ergiebt fih davon also für jeßt in der That eine Verbesserung des Etats um 1657 888 #& Es entspricht dies aber auch vollkommen den Vorausseßungen des Gesetzes, die im Vebrigen ja dahin gehen, daß allmählih das Verhältniß sib umkehrt und zuleßt im Beharrung8zustande die Ausgaben an Wittwen- und Waifsengeldern um ca. 3 762 000 K die Einnahmen an Wittwen- und MWaisengeldbeiträgen der Beamten übersteigen. E : Darf ich nun noch des sogenannten außerordentlichen Etats kurz gedenken, so ermäßigt sich dersekbe und ih möhte, um Sie nicht allzusehr zu ermüden, nur mit ganz runden Zahlen hier spreden von 66 700000 M auf 56 800 000 A, und der davon dur Anleihe zu deckende Theil von 53 500 000 46 auf 33 300 000 A Da hierunter nit wieder erscheinen einmalige Ausgaben zur Heeresverstärkung, welche noch im laufenden Etat über 23 000 000 M in Anspruch nehmen, nit wieder erscheinen neue An- forderungen für Bauten der Post- und Telegraphenverwaltung, welche im laufenden Jahre noch 6 Millionen Mark in Anspru nehmen, weniger gefordert werden für die Marine 2 644 000 4, so würde sich bei dem fußerordentt hes Etat noch eine weit erbeblihere Minderung haben ergeben müfsen, wenn nicht hier das Defizit des Jahres 1880/81 feinen etatsmäßigen Plaß zu finden gehabt bâtte, und ferner hier die Forderung einzustellen gewesen wäre von 10 200000 zur Verstärkung des Betriebsfonds der Reichskasse. Leßtere Forde- rung, welche nur zum geringen Theile für die Reihsdruckerei erhoben werden muß, ist haupt\äblich im Interesse der Aufrecbterhaltung des im Laufe der Jahre enorm gewachsenen Geldvermittelung8geschäfts der Post unabweislich, und Sie finden die Gründe dafür in der Denk\cbrift zum Etat auf Seite 49—54 des Ausführlichsten dargelegt. Zum Scblusse, meine Herren, erlauben Sie mir noch einen all- gemeinen Blick darauf, wie sich in dem Bilde dieses neuen Etats die Wirkung der vor 2 Jahren begonnenen Finanzreform im Reich und das finanzielle Verhältniß des Reichs zu den Einzelstaaten darstellt. Sie erinnern si, daß von Anfang an unter den Zielen dieser Finanz- reform in erster Stelle die finanzielle Selbständigkeit des Reis gestanden hat, das ist die Deckung seines Bedarfs durch eigene Einnahmen und die Beseitigung der Matrikularbeiträge. Lassen wir nun die Form, in der dieses Ziel demnächst angestrebt worden ist, als das minder Wesentliche bei Seite, fassen wir die ma- terielle Seite der. Ausgabe ns Aue Und ra t r dam. e Lai wie Wi un E q diesem Ziele gekommen sind, so werden wir anerkennen müssen, daß wir mit dem neuen Etat wieder einen guten Schritt zu demselben thun, daß es überhaupt gar niht mehr sebr fern liegt, ja, daß er {on jeßt vollkommen erreiht und mehr als erreiht wäre, wenn nit inzwischen die große, von den verbündeten Regierungen und von der Nation einmüthig für nothwendig erachtete und be- \{lossene Ausgabe für die Heere8verstärkung zu decken gewesen wäre, denn mit dieser Au8gabe, die jährlich auf mehr als 18 Millionen Mark anzus{lagen ist, stellt sich die Sache so: es müssen abrechnen von den in den Etats erscheinenten Ziffern der Matrikularbeiträge dasjenige, was darunter gar nicht Matrikularbeiträge sind, sondern Aversen der süddeutshen Staaten für die in die Gemeinschaft nicht eingeworfenen, sondern vorbehaltenen Einnahmen, also für die Ein- nahmen an Brausteuer, Branntweinsteuer, von der Post- und Tele- raphenverwaltung und von der Reichsmilitärverwaltung, Diese versen belaufen fsich aber mit den speziellen Zablen will ic Sie nit ermüden für die 3 Etatsjahre 1880/81, 1881/82 und 1882/83 im Dur{schnitt auf 17 Millionen Mark; das eine Jahr ist es etwas mehr, das andere wieder etwas weniger. Ziehen wir diese Beträge von den Matrikularbeitrag2ziffern ab und stellen dann gegen- über die Herauszablungen aus der Reichékasse an die Bundesstaaten, so ergiebt sih Folgendes: im Jahre 1880/81 baben die Matrikular- beiträge betragen 64 553 186 Æ, die Herautzablungen 38 243 072 M, die wirkliche Leistung der Bundeéstaaten also 96 310 140 ÁÁ.; na dem Etat des laufenden Jahres stellen sih diese 3 Zablen wie folgt : Matrifularbeiträge 86 340 444 M, die Herauszablungen 66 657 000,

. also wirklide Leistung der Bundeéstaaten nur noch 19 683 444 M;

ma dem Etat für das Jahr 1882/83 stellen sie sih auf 98 134 786 M wicklihe Matrikularbeiträge, 83 471 000 Æ Herauszahlungen und die Leistung der Bundeéftaaten beläuft \sich also nur noch auf 14 663768 A Auf den Einzelstaat Preußen angewendet, meine Herren, heißt dies für eben die drei Jahre: 1820/81 noch Beitragéleistung fürs Reich von 15 767531 M, 1881/82 nur noch von 12 341 865 und endlich ür das Jahr 1882/83 nur noch 9420477 K Der Beitrag reußens fürs Reich betrug im Jahre 1869 einschließlich Lauenburgs 578 895 M! l Gegenüber den vielfa gehörten un begründeten Anklagen, daß von den sogenannten Versprechungen der Regierung wenig oder gar n¿chts in Erfüllung gegangen sei, laffen Sie uns im Gefühle einer gewissen Befriedigung über dieses Erreichte der Hoffnung von Neuem Raum und Ausdruck geben, daß in nicht zu ferner Zeit und unter nicht allzubitteren Kämpfen cs gelingen möge zur mehreren Festigung des Reichs auch die übrigen mit der Finanzreform verfolgten Ziele zu erreichen. f f Der Abg. RieSter (Hagen) erklärte, vielfah werde im Publikum die Meinung zu verbreiten gesucht, als ob die Bot-

schast, durch welche die Reichstagssession eröffnet sei, in be- sonderer Form den Willen und die Absichten des Monarchen loëgelöst von jenen des Kanzlers zum Ausdruck gebracht habe. Gerade umgekehrt trete durch die Unterzeihnung der Bot- {aft Seitens des Kanzlers die Form seiner Verantwortlich- keit für den Jnhalt auch äußerlich noch mehr erkennbar her- vor, als dies bei sonstigen Eröffnungsformen des Reichstages der Fall sei. Jn dieser Botschaft \prehe bie Krone, berathen vom Kanzler. Die Aufgabe des Reichstags fei es nun, als Rath der Krone diesen Nath nah der anderen Seite hin zu vervollständigen. Jndem der- gestalt die Krone die bestmöglihe Fnformation erhalte, werde fie am ehesten in den Stand geseßt, das für das Land Rich- tige zu treffen. Aus den geringeren oder größeren Jnformationen der Krone er:kläre es sich auch, daß Thron- rede und Botschaft ihrem Jnhalt nach oft miteinander im Wider- spruch gestanden hätten. Ebenso wie seine Paëtei über:eugt sei, daß der Kanzler selbst seinen Rath der Krone ertheilt habe nach Maßgabe seiner eigenen selbständigen Ueberzeugung, ebenso sei es auch Aufgabe des Reichstages, nun seinerseits das in der Botschaft dargelegte Regierungsprogramm zum Gegenstand seiner selbständigen Beurtheilung nah Maßgabe seiner Ueber- zeugung zu machen. Er sage dies allerdings nicht für die Mitglieder des Reichstages, sondern um von vornherein allen Versuchen zu begegnen, die sich draußen erheben möhten, die Krone felbst in den Parteikampf herabzuziehßen. In der Lebhaftigkeit des Wahlkampses habe man es erfahren, daß, als die Parole: „für oder wider den Kanzler“ feinen Wiederhall gefunden habe, man die Parole „für oder wider den Kaiser“ auzzugeben versucht habe, und wenn man jeßt höre, daß man die Absicht habe, die Botschaft in den öffentlihen Lokalen auszuhängen, so gehe dies na seiner (des Redners) Ansicht wieder darauf hinaus, den Kaiser in den Kampf der Parteien zu ziehen. Der Ansicht seiner Partei nah komme es hier darauf an, daß der Reichstag dem Kaiser den besten Rath nach seiner freien und unabhän- gigen Ueberzeugung gebe. Das sei deutsche Art; ein Plebiztzit für oder wider den Kaiser, das sei französiste Art! Diese Art wolle seine Partei in Deutschland nicht aufkommen lassen! Schon die Sätze der Botschaft, welhe vom Hauskhbaltsetat ge- sprohen hätten, hätten die einseitige Darstellung wieder- gespiegelt, mit welcher der Neichskanzler die wirthschaftlichen Verhältnisse in dieser Botschaft geschildert habe. Der Etat solle also ein erfreulihes Bild der einges{hlagenen Wirthschafts- politik bieten! Er vermöge dieses Bild auf keiner Seite wieder zu erkennen. Blicke man auf die Erträge der alten, von der leßten Geseßgebung niht betroffenen Steuern Zucker-, Brau-, Branntweinsteuer —, so fände man deren Erträge um neun Millionen geringer angeseßt als im Etatsjahre 1878 vor der neuen Wirthschaftspolitik. Schon die jährlihe Zunahme der Bevölkerung um 1 Prozent hätte aber ein Wachsthum dieser Erträge hervorbringen müssen. Die Bank zeige einen erhöhten Mehrertrag von 995 4 Solle das eine Besserung der Verhältnisse bedeuten? Der Postüber- {uß betrage allerdings 21/2 Mill. Mark; aber 1 400 000 resultirten aus den neuen Wittwenkassenbeiträgen der Beamten ; die Portoeinnahmen hätten sich nur in der üblichen Weise um jährlih 4 Proz. gesteigert. Allerdings zeigten die Reihs-Eisen- bahnen im Elsaß eine höhere Einnahme aus dem Post- und Telegraphenverkehr ; aber die Mehreinnahmen entsprähen nur der um 7 Próôz. erhöhten Länge der Bahn; 1/4 Million sei erspart für Pacht einer Bahnstrecke, weil man inzwischen diese Bahnstrecke gekauft habe. Die Zinsen fänden fich freilich nit in diesem Etat, sondern im Schuldenetat ange- jeßt. Die Zolleinnahmen zeigten ein Minus von 13/, Millionen troß einiger erst in tiesem Jahre neu eingeführter Zölle. Das Bild, welches der Etat gezeihnet habe, stimme in jeder Beziehung überein mit dem Bilde, welches die deutshen Han- delskammern in den Berichten pro 1880 über die Wirkungen der neuen Wirthschaftspolitik entworfen hätten. Jn überwäl- tigender Mehrheit hätten die deutschen Handelskammern erklärt, daß eine günstige Wirkung dieser Wirthschaftspolitik nit ein- getreten sei, widersprehend der Behauptung, als ob dieselbe einen allgemeinen Aufshwung hervorgerufen habe. Nur einzelne Zweige der Großindustrie, einzelne Kategorien von Aktiengesellschaften seien durch die neuen Zölle begünstigt worden auf Kosten des gesammten Volks und der Gewerb- thätigkeit des ganzen Landes. Keine cinzige Handelskammer trete für die Lieblingstheorie des Reichékanzlers, daß das Ausland die Zölle bezahle, ein. Allerdings lese man heute in den Zeitungen, daß die Verfasser dieser Handelskammer- berihte verantwortlich vernommen werden sollten! Es sei freilih unbequem, daß sih die Thatsachen so gar nicht den Anschauungen des Reichskanzlers einfügen wollten. Vielleicht würde er (Redner) über die Wirthschaftspolitik heute noch mehr sprechen, wenn nicht die Zahl der Redner, welche eine ihm entgegengeseßte Anschauung zu vertreten hätten, durch die legten Wahlen mehr vermindert worden wäre, als es im Jnteresse der Lebhaftigkeit der Debatten vielleiht wünschenswerth wäre. Auch die Zahl der Vertheidiger dieser Wirthschaftspolitik hier im Hause habe sich erheblih vermindert. Nur eine hohe Säule, der Abg. von Minnigerode, rage noch als Trümmer vergangener Pracht und werde sih gewiß bemühen, den Ver- lust der übrigen Herren möglihst wenig empfinden zu lassen. Daß die Mehreinnahmen aus dem Tabak der Weintrauben- steuer balanzirt würden durch Mindereinnahmen bei anderen Steuern, gebe zu denken. Andere Steuern, wie die Brau- steuer, stagnirten. Nur ein Viertel der Einkünfte gehe für die Einzelstaaten ab, denen man mit der anderen Hand dur die erhöhten Matrikularbeiträge die Vortheile wieder abnehme. Eine dauernde Mehrbelastung sei durch das Wittwen- und A engee entstanden, welhes 5400000 ( fordere. Aber die neuen Steuern würden, was sehr bedenklih, durc- aus die Erträge nicht bringen, die man erwartet habe. Der Schaßsekretär habe freilich gesagt, die ganze Steuerreform würde bereits ausgeführt sein, wenn niht inzwischen die Erhöhung der Militärpräsenz nöthig geworden wäre ; das sei es ja eben, daß die T etdtamen sei. Als der Abg. Windthorst damals auf die Wirthschaftäpolitik eingegangen, habe derselbe ge-

laubt, das Geld werde am Kriegs-Ministerium vorbei nah

m anderen Ende der igerstraße gebraht werden können. Dies sei aber nit der Fall gewesen. Das Finanzsystem der Militärverwaltung steckde noch immer im Milliardenwesen, o ¿. B. sei die Erbauung er Traindepots in Berlin mit 4 000 000 M Kosten eine Seriälnendenia, Auch die Postverwal- tung stecke in ihren Bauten noch scheinbar in der Milliardenperiode. nchden enthalte au der vorliegende Etat wiederum sechs verschiedene Mehrausgaben für die Landarmee (namentli Besoldung für 330 Lieutenants und 2500 Unteroffiziere), so- wie für die Marine. Jn Betracht komme namentlich die stetig

steigende militärishe Pensionslast. Jr: Allgemeinen sei der Etat, und der Militäretat im Besonderen, der Ausdruck des Regierungsfystems selbst, und ohne Aenderung des leßteren würde man auch an einem solhen Etat nihts Wesentliches ändern können. Fraglic fei, ob die beschleunigte Ausbildung der Ersaßreserve bei den Friedensaussihten der Botschaft noth- wendig sei, oder, wenn das bejaht würde, ob dann nicht auf andere Ersparnisse (spätere Rekruteneinstellung 2c.) Bedacht ge-

nommen werden könne. Der Botschaft müßte eigentli -

eine Adresse von Seiten dieses Hauses folgen; da seine (des Redners) Partei in der Minderheit eine folhe aber niht würde dur{seßen können, so werde er sih heut auf eine Kritik der Botschaft beschränken. Die soziale Frage sei nicht eine \pezifishe, sondern sie hänge mit dem Fortschritt auf den Kulturgebieten eng zusammen, gerade in dieser Beziehung werde man immer die Liberalen an der Spige marschiren sehen. Schulte-Delißsch habe Mit'el und Wege gezeigt, wie man dem Arbeiter wirthschastlich aufhelfen könne, ohne neue Steuern. Derselbe habe es {hon zu einer Zeit gezeigt, wo sih der Reichskanzler noch mit Herrn Lassalle wie mit einem befreundeten Gutsnachbar über das Wobl der Arbeiter besprohen habe. Gerade das Haftpflichtgeseß sei aus der Jnitiative der liberalen Partei hervorgegangen, erst nach- träglich habe die Negierung, die sich Anfangs ab- lehnend verhalten habe, in anderer Weise auf eine Erweiterung dieser Haftpfliht gedrungen. Wenn die Einigkeit aller Parteien in Bezug auf die Haftpflicht nicht dur die Regierung gestört wäre, so würde das Haus. im Stande gewesen sein, dem Volke ein besseres Weihnachts- geschenk in Gestalt eines Geseßes zu machen, als es jener De- zemberbrief gewesen sei, der die neuen Zölle auf Lebensmittel angekündigt habe. Gerade wer korporative Vereinigungen zum Wohle der Arbeiter wolle, müsse die bestehenden niht zer- stóren, fondern erhalten. Auch die Staatshülfe sei bedauer- licher Weise in der Thronrede wieder betont worden. Er halte dies für eine Schädigung des Gefühls der Selbstverant- wortung, die den Einzelnen ansporne, alle Kräfte anzuwenden, um vorwärts zu kommen. Gerade darin beruhe die staats: erhaltende Kraft des Volkes. Der Ausfall der Wahlen sollte den Kanzler veranlassen, die Dauer des Sozialisten- geseßzes zu verkürzen, welches eine falshe Maßregel ge- wesen sei. Dagegen werde die Sozialdemokratie durch positive Maßregeln unterstüßt, gerade durch den Kanzler. Der Staat könne nicht neue Reihthümer schaffen, derselbe könne nur dem Einen geben, was er dem Anderen nehme. Der Kanzler wolle den unteren Klassen Hülfe schaffen nicht auf Kosten der wohlhabenderen fondern für ihr eigenes Geld. Der Einzelne könne umsoweniger sür sein Alter zurücklegen, je mehr derselbe Steuern für die nothwendigsten Lebensmittel geben müsse, so würde mit der cinen Hand gegeben, was ihnen mit der andern Hand genommen werde. Nur eine Entlastung des Großbesißzers sei zu erkennen. Die direkte Steuergeseßgebung habe manche Schäden, die zu heilen aber selbst nah konservativen Vorschlägen im Rahmen der direkten Steuergeseßgebung möglich sei. Die Armenpflege werde ent- schieden durch die beabsihtigten Maßnahmen nothwendig ver- theuert werden. Nehine man aber selbst an, daß Tabaksmonopol und Getränkesteuer namhaste Ueberschüsse ergeben würden, wisse man denn sicher, daß sie zur Entlastung der Einzelstaaten verwandt werden würden, und nicht wie früher oie Steu:reinnahmen zu anderen Zwecken und nur auf starkes Drängen zur Entlastung der Steuerzahler? Was für Mittel {lage die Botschaft vor zur Erfüllung aller dieser großen Verheißungen? Tabaks- monopol und Getränkesteuern. Von fiskalishen Hintergedan- ken, sage die Botschaft, sei sie völlig frei. Dasselbe habe aber der Reichskanzler auch 1879 gesagt, als derselbe 166 Millionen neuer Steuern gefordert habe. Der Reichskanzler würde in Ver- legenheit sein, was er mit den Uebershüssen anfangen sollte, habe derselbe damals bemerkt. Wo seien heute die Ueberschüsse? Abgesehen von den 14 Millionen in Preußen hätten die Steuerzahler von Erlassen nirgendwo etwas gemerft. Reichten Tabaksmonopol und Getränkesteuern, also Verdoppelung der Brausteuer, wirklih aus, um alle jene Verheißungen der Bot)jchaft auszuführen? Das Tabaks- monopol würde na der höchsten Schäßung seiner Freunde nah Maßgabe des österreichishen 155 Millionen ertragen. Ab- züglih dèr Zinsrente für das Entschädigungskapital mit 35 Millionen und des Ertrags der bisherigen Tabaksteuer mit 40 Millionen blieben 98 Millionen übrig, zugleich mit der Ver- doppelung der Brausteuer. Nun verlange das preußishe Ver- wendungsgeseß aus dem Vorjahr {on allein 110 Millionen neuer Neichésteuern, um die untersten Klassensteuerstufen auf- heben zu können und die Kreise und großen Städte in der Weise zu entlasten, daß z. B. auf Berlin nur 4 Millionen entfallen würden. Von der Befreiung der Gemeinden von Armen- und Schullasten sei in diesem Verwendungsgeseßtz niht einmal die Rede, ebensowenig in der PVot- hast. Während der Wahlen sei ferner das Ta- bakêmonopol plößlih als Patrimonium der Enterbten bezeihnet; auch davon sei in der Botschaft niht mehr die Nede.. Was könnten aber auch 80 Millionen für die Altersversorgung bedeuten! Unter den Einwohnern der Klasse mit weniger als 900 M Jahreseinkommen seien 21/4 Millionen alter Leute. 80 Millionen Mark würden dem Einzelnen nur eine Rente von 9 „Z täglih versprechen! Nach keiner Seite würden die in Aussiht genommenen Mittel reihen. Das Eigenthümliche der Botschaft bestehe darin, daß sie dasselbe Geld zu drei und vier verschiedenen Verwendungen in An- spruch Ens. Freilich habe der Kanzler dieselbe Politik {hon 1879 in seinen Reden verfolgt. Was habe sich von allen sei- nen damaligen Versprehungen von Steuererlässen verwirklicht ? Gleihwohl habe der Kanzler dieselbe Methode fortgeseßt, Ver- sprehungen zu machen, die weit über dasjenige hinausgingen, was die von demjelben verlangten Mittel zur Verfügung stellten. Man kenne ja die Geschichte von jenem Erblasser, der in seinem Testamente dasselbe Geld mehreren Leuten zugleich vermacht habe; als ihn der Notar darauf auf- merksam gemacht habe, habe derselbe bemerkt, nun dann habe : er wenigstens seinen guten Willen den verschiede- nen Personen gezeigt. Für einen solhen Erblasser entstän- den nah seinem Tode keine Verpflihtungen mehr; aber was im Namen des Staates versprohen worden sei, überdauere die Zeit der Regierungen. Es würden Erwartun- en geweckt, deren Nichterfüllung Unzufriedenheit mit dem Staat elb rege mache, im Stande, die Grundlagen des Staats von Grund aus zu ershüttern. Als er (Redner)einmal 1872 Angesichts der Milliarden die Aufhebung der Salzsteuer verlangt habe, habe ihm der Reichskanzler gesagt, man müsse sich der Ver- antwortlihkeit für die Folgen bewußt bleiben und dürfe nicht, um den Wählern zu s{hmeiheln, mit Versprehungen freigebig

sein, die man nit halten könne. Diese Bemerkung gebe er dem Reichskanzler heute Angesichts der Botschaft doppelt und dreifah zurück. Die besonders nachtheilige Form der Be- steuerung des Tabaks, das Monopol, werde in der Botschaft hier wieder in den Vordergrund gerückt. Eine angeb- lich arbeiterfreundliße Politik führe zu einer Ver- theuerung des Tabaks, welche einem großen Theile der Tabaksarbeiter die Mittel einer Beschäftigung entziehe, obwohl gerade die Tabaksarbeiter vielfah {wählihe Leute, Frauen u. \. w. seien und schwer in einer anderen Branche Unter- kunft finden könnten. Mit Recht sage Delbrück in seiner Schrift über das Tabaksmonopol, daß, wer nicht durch das Monopol gerade die von den ärmeren Klassen gerauhten Sorten am höchsten belasten wolle, überhaupt verzihten müsse, vom Tabaks- monopol große Erträge herauszuziehen. Seltsam, daß bei allen Diskussionen über das Monopol niemals erwähnt sei, daß dasselbe in Preußen schon einmal eingeführt gewesen sei. Wie heute ein großer Kanzler, so habe nah dem siebenjährigen Kriege ein großer König in Folge des dur die Erfolge in der auswärtigen Politik und im Schlachtfelde gesteigerten Macht- und Selbstbewußtfeins sih verführen lassen, große Projekte zu machen zu einer Umgestaltung des organischen Wirthschaftslebens. Friedrih der Große habe kein Parlament zur Seite gehabt und also keinen Berather, der denselben gehindert hätte, das Monopol auf Tabak und Kaffee einzuführen. Aber derselbe habe damit angefangen, die Zölle auf Lebensmittel aufzu- heben. So habe Friedri der Große sich mit Ret den An- walt der Armen nennen können, aber derselbe habe dennoch bei seinem Tode nicht das Bewußtsein mit sih nehmen können, dur das Monopoîi seinem Lande geholfen zu haben. Sofort nah seinem Tode habe Friedrih Wilhelm 11. das Monopol zur allgemeinen Befriedigung aufgehoben, Als nah dem Schlage von 1806 das preußische Volk wieder aufzuleben begonnen habe, da seien es die großen Prinzipien Steins und Harden- beras gewesen, die dem Staate die Kraft zu neuem Aufblühen ver- holfen hätten, dieselben Prinzipien, die man heute hier als fort- shrittlihen Nepublikanismus, dort als Manchesterthum verlästere. Die Botschaft solle großen Eiudruck gemat haben, zumal im Auslande; nachher hätten sich die bezüglichen Depeschen des offiziósen Wolffschen Telegraphen-Bureaus als gefälsht er- wiesen! Der wahre Eindruck sei die Befremdung gewesen, daß der Reichskanzler hier mit der Person des Kaisers si zu decken versucht habe! Die Botschaft verlange alles Mögliche, was vergangene, dem Reichskanzler freundlichere Reichstage ab- gelehnt hätten ; dasLand habe seinUrtheil in den Wahlen gesprochen, die bestbekämpste Partei, der Fortschritt, sei vom Kanzler bis in die Stihwahlen verfolgt worden doch habe demselben Alles nichts genußt, nicht einmal das Gerücht seiner Demission ! Umsonst habe ein ihm nahefstehender früherer Abgeordneter hier in Berlin sein: Nieder mit der Fortschrittspartei! ge- rufen. Troy alledem enthalte die Botschaft ein Regierungs- programm, welches nicht anders hätte lauten können, wenn die Wahl nah dem Wunsche des Kanzlers ausgefallen wäre. Gerade dasjenige, was die Volksvertretung am meisten be- kämpst, sei in der Botschast vorangestelt. Würde nur das

sozialpolitishe Programm aufreht erhalten, so könnte man an eine besonders tiefe Ueberzeugung glauben, welche sich die Kraft der Uebertragung auf Andere beimesse. Aber selbst die Einrichtung des Volkswirthschaftsraths werde dem Reichstag aufs Neue angesonnen, selbstdie Abänderung der Reichsverfassung werde wieder verlangt, obwohl, wenn die sozialpolitishen Pläne und das Tabaksmonopol si verwirklichen jollten, praftisch am wenigsten die Rede davon sein könne, den Reichstag nur von zwei zu zwei Jahren zu bcktufen oder Etats auf zwei Jahre im Voraus zu machen. Der Reichskanzler verlange das Tabaksmonopol, obgleich erst vor zwei Jahren in einer amt- lichen Enguete sich die Vertreter der Bundesstaaten mit Aus- nahme Württembergs und die amtlih berufenen Sachverstän- digen gegen das Monopol erklärt hätten. Diese Haltung des Kanzlers gegen Reichstag, Bundesregierung und Sachver- ständige rufe dessen vorjährige Aeußerung zurück, daß es Zeiten gebe, in welchen diktatorish regiert werden müße. Ein jolches Regiment wolle seine (des Redners) Partei aber nicht. Er und feine politishen Freunde achteten und ehrten den Kanzier als einen großen Staatsmann, hielten ihn aber nit für unfehlbar, am wenigsten in der Wirthschaftspolitik, zumal wenn man sehe, wie versclbe überall mit si selbst in Widerspru gerathe auf dem Gebiet der Wirthschafts- politik, der Kirchenpolitik, der Selbstverwaltung und Projekte aufstelle, welche fih unter einander Konkurrenz mahten und auss{lössen. Das deutsche Volk sei dem Kanzler zu großem Danke verpflichtet, aber in diesem Gefühl dürften die Jnter- essen des Landes nicht geopfert werden. Gewiß habe der Kanzler ein unsterblihes Verdienst um das Zustandebringen der politishen Einheit Deutschlands, aber au das Volk habe auf den Sc(lachtfeldern Gut und Blut einseßen müssen, um diese Einheit zu ermöglihen. Ein Volk, das mit so großen Opfern fich ein Staatswesen geschaffen, sei mündig und würdig an der Leitung seines Staatswesens betheiligt zu werden in derselben Weise, wie solche Betheiligung in keinem civilisirten Staate dem Volfe mehr vorenthalten werde.

Dies sei der Standpunkt, den die Fortschrittspartei in der neuen Legislaturperiode eben so ruhig als fest einnehmen werde, um so ruhiger, als sie sih gestärkt fühle durch das Vertrauensvotum des Volkes, welches die Fortschrittspartei in verdoppelter Anzabl in diesen Saal zurückgeführt habe. Um so fester werde seine Partei diesen Standpunkt einnehmen, als die Proklamirung der neuen umgestaltenden Pläne des Reichskanzlers in der Botschast geeignet sei, große Kreise des Wirthschastslebens des Volkes zu beunruhigen, wenn nicht die Ueberzeugung die Oberhand behielte, daß im neuen Reichstag allen solchen Projekten feste Grenzen gesteckt seien. Das sei der Standpunkt, den er und seine politischen Freunde vor Gott und den Menschen sich verpflichtet hielten, wahr- zunehmen. Nicht am wenigsten bcstimme seine politischen Freunde hierzu die Liebe zu Kaiser und Reih. Es sei ja wahr, was dic Botschaft sage: Gott habe die Regierungsperiode des Kaisers mit Erfolgen sihtlich gesegnet, aber eben deshalb wolle seine Partei sie bewahren vor einer neuen Politik, die noch zuleßt geeignet sei, das erfreulihe Bild dieser segens-

reihen Negierungsperiode zu beeinträhtigen, dem Kaiser das erhebende Bewußtsein über seine Erfolge zu stören.

Von dem Abg. RKickert (Danzig) war inzwischen ein Antrag eingegangen, wona eine Anzahl Kapitel des Etats des Reichsheeres, der Marine, der Reichs\huld 2c. der Budget- kommission zur Vorbera:hung überwiesen werden sollten, während der Rest des Etats im Plenum berathen werden solle.

Der Präsident ertheilte nunmehr dem Abg. Freiherrn von Minnigerode das Wort. Derselbe verzihtete aber darauf, anscheinend der vorgerückten Zeit wegen und in der Annahme, daß ein Antrag auf Vertagung aus den Reihen seiner Freunde dem Präsidenten rechtzeitig übergeben worden sei. Ein solher Antrag kam jedoch- erst jeßt nach dent Verzicht des Abg. Freiherrn von Minnigerode zur Verlesung, und“ mußte, da das Bureau zweifel- haft war, als abgelehnt betrahtet werden. Der Präsident er- theilte darauf dem nächsten Redner, dem Abg. Dr. Lasker,das Wort, der zur Zeit keine Veranlassung zum Sprechen zu haben erklärte, wenn die Herren auf der Rechten shwiegen. Der Präsident ertheilte darauf dem Abg. Rickert das Wort, jedoch auch dieser verzihtete für jeßt auf das Wort : es sei bisher stets üblich ge- wesen, daß die Nedner der vers@ziedenen Nichturgen beim Sprechen abwechselten, damit Rede und Gegaenrede folge. Er hoffe, daß jeßt zunächst ein Redner der andern Seite sprehen werde.

Der Abg. Dr. Lasker bemerkte darauf, daß, wenn fein Redner sprechen wolle, die Diskussion selbstverständlich als ge- {lossen zu betrachten sei. Der Präsident entgegnete, daf; auf der Rednerliste noch Redner verzeihnet seien. (Nufe links: Es gebe keine Nednerliste.) Der Abg. Dr. Windtborst (zur Ge- shästsordnung) bemerkte, die Bemerkung des Aba. Lasker, daf, wenn Niemand mehr sprehen wolle, die Diskussion geschlossen sei, sei selbstverständlich, so selbstverständlih, daß derselbe sie niht mehr hätte machen brauen. Wenn der Reichstag aber auch formell keine Rednerliste habe, so bestehe sie in Wahrheit doch in Form stiller Uebereinkunft und sei sie auch unter dem Präsidium von Forckenbeck thatsählih ein- gehalten. Sollte nun diese Liste erschöpft scin, so sei eben die Diskussion geschlossen, womit er übrigens au ganz znfrieden sei. Der Präsident ertheilte darauf dem Abg. Dr. Windthorst das Wort, auch derselbe verzihtete darauf. Fnzwischen wurde der Antrag auf Vertagung von konservativer Seite erneuert, jedo noch einmal abgelehnt. Der Präsident ertheilte darauf dem leßten vorgemerkten Redner, dem Abz, Carl Mayer das Wort, dessen zufällige Abwesenheit im Hause durh den Abg. Sonne- mann fonstatirt wurde. Darauf wurde, da die Reihe der Nedner erschöpft war, die Diskussion geschlossen, und damit die erste Lesung des Etats beendigt, nachdem vorher noch der Antrag Rickert angenommen war, gewisse Theile des Etats (einige Kapitel des Militär- und Marine-Etats, das Exrtra- ordinarium und das Anleihegeseß) an die Budgetkommission zu verweisen, im Uebrigen den Etat im Plenum zur zweiten Berathung zu stellen.

Hierauf vertagte sich das Haus um 39/, Uhr auf Mon- tag 11 Uhr.

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des Deulschen Reichs-Anzeigers und fiöniglich

Deffentlicher Anzeig

Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. | 5. Industrielle Etablissements, Fabriken Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen

u, dergl,

und Grosshandel,

cer.

6. Verschiedene Bekanntmachungen.

Inserate nehmen an: die Annoncen-Expeditionen des „JZuvalidendank“, Rudolf Mosse, Haascusteian & Bogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigeu größeren

Preußischen Staats-Anzeigers:

Berliu SW., Wilhelm-Straße Nr. 32. M

Verloosung, Áraortisation, Zinszaklung 56 u, s. w. von öffentlichen Papieren.

1, 2, 7 Verkänfe, Verpachtungen, Snbmissionen etc.

7, Literarische Anzeigen, 8, Theater-Anzeigen. | In der Börsen- 9, Familien-Nachrichten. beilage. 2

Annonucen-Bureauxr. H

Steebriefe und Untersuchungs-Sachen. [43464] Raubmord.

In Beziehung auf den in der Naht vom 17./18. d. M. in Wurmlingen verübten Raubmord wird zu den Veröffentlichungen vom 19. und 21. d. M. Fol- gendes nachgetragen :

Von den geraubten Werthépapieren wurden am 18, d. M. zu Stuttgart na den bis jeßt gemachten Erhebungen fünf Ungarisde Ostbahn-Prioritäten durch einen Mann, der ih fälshlich den Namen „Johannes Fischer“, Schreiner von Plieningen, bei- legte, verkauft, und zwar hatte sich derselbe zwischen 8 und 84 Uhr bei Gebrüder Rosenfeld, Kronprinz- straße 11, und gegen 9 Uhr bei A. Hochberger, Büchsenstraße 8, eingefunden.

Er wird beschrieben als ein Mann von etwa 40 Jahren, mittelstark, mit gerötheten Wangen, „knocbi- gem“ Gesicht, cingefallenen Wangen, dunklen Haaren und Kinnbart. Derselbe soll mit einem braunen Tuchrock bekleidet gewesen sein und einen {warz und weiß fkarirten Shawl getragen, und solle den e cines kleinen Geschäftsmannes gemacht

aben.

Wer über diese Person irgend welche Auskunft zu geben im Stande ist, wird dringend aufgefordert, sofort bierber oder der näcsten Polizei- oder Gerichts- stelle Mittheilung zu machen.

Da dieser Mann am 18. d. M. den ersten Mor- gens 4 Ubr 45 Min. von Tübingen nah Stuttgart abgehenden Bahnzug aller Wahrscheinlichkeit na benütt hat, so werden diejenigen Personen, welche an jenem Morgen denselben Bahnzug benüßt baben, ausgefordert, ihre etwaigen Wahrnehmungen über einen Mitreisenden,, dessen Aeußeres mit dem vor- beschriebenen Manne übereinstimmt, sowie das, was le über Namen und Heimath und einen etwaigen

gleiter desselben anzugeben vermögen, hierher mit- utbeilen,

Weiter wird bemerkt, daß von den geraubten Werthépapieren folgende noch nit ermittelt sind:

1) 1 Stück Ungarische 5%/ Ostbahn in Silber,

z„ eRlausenburger“, à 300 Fl. Nr. 127,939;

2) 1 Stück Ungar. 5 9/9 Ostbahn Serie I1. Nr. 24,529 à 300 F1l.;

3) 1 Stück Ungar. 59/9 Papierrente à 100 Fl. g 44,043; je mit Coupons vom 1. Juli

Vor dem Ankauf dieser Papiere wird wiederbolt arnt und dringend gebeten, diejenige Person, he dieselbe zum Verkaufe anbietet, der nächst- äegenen Behörde zur Anzeige zu bringen. übingen, den 22. November 1881, K. Staatsanwaltschaft.

O Naubmord.

gUnter p ezugnahme auf die Bekanntmachung vom E etreffend den in Wurmlingen verübten Wdmord, wird weiter bemerkt, daß die geraubten

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Werthépapiere am 18. d. M. in Stuttgart verkauft wurden von einem Manne im Alter von etwa 40 Jahren, mittlerer Größe, dunklen Haaren, knochigem Gesicht, gerötheten eingefallenen Wangen, mit einem Kinnbart. Derselbe trug einen roth- braunen Rock und einen {warz und weiß karirten Shawl.

Diese Beschreibung paßt auf den \{lecht beleu- mundeten Josef Kittel von Poltringen, O.-A. Herrenberg, und wird gebeten, auf denselben zu fahnden, ihn auf Betreten zu verhaften und wobl verwahrt an das K. Amtsgeriht Rottenburg a./N. einliefern zu laffen.

Tübingen, den 21. November 1881.

K. Staatsanwaltschaft. [41311] Ladung.

Der Instrumentenschleifer August Neumann, ge- boren den 7. Februar 1850 zu Antonia, dessen Auf- enthalt unbekannt ist, und welberm zur Last gelegt wird, zu Stegliy am 26. Februar 1881 umher- ziehend das Gewerbe als Schleifer betrieben zu haben, ohne den zu diesein Gewerbebetrieb erforderlichen Gewerbeschein eingelöst zu haben, Uebertretung gegen &8, 1, 18, Gesêtz vem 3. Juli 1876, wird auf An- ordnung des Königlichen Amtsgerichts 11. hier- selbst auf den 31. Januar 1882, Vormittags 10 Uhr, vor das Königlide Schöffengeriht des Amts- gerichts 11. im Kriminalgerihtsgebäude zu Moabit, Portal 11], part., Zimmer 33, zur Hauptverhand- lung geladen. Auch bei unentschuldigtem Ausbleiben wird zur Hauptverhandlung gescbritten werden.

Berlin, dea 6. November 1881.

Drabner, Gerichtëschreiber des Königlichen Amtsgerichts 11.

{41312] : Ladung. 7

Der Swleifer August Ferdinand Gottlieb Greffin, 42 Jahre alt, geboren zu Sommorow, Kreis Schie- felbein, dessen Aufenthalt unbekannt ist, und welhem zur Last gelegt wird, zu Lichtenberg am 1. Februar 1881 Nachmittags umberziehend gewerbliche Leistun- gen als Schleifer feilgeboten zu haben, oe im Be- sige des zu diesem Gewerbebetriebe erforderlichen

ewerbescheines gewesen zu scin Uebertretung gegen §5. 1 und 18 des Ges. v. 3. Juli 1876 wird auf Anordnung des Königlichen Amtsgerichts hiersclbst auf

den 31, Januar 1882, Vormittags 10 Uhr, vor das Königlihe Schöffengeribt in Alt-Moabit Nr. 11/12, Portal 111, Zimmer Nr. 33, zur Haupt- verhandlung geladen. Auch bei unentschuldigtem Ausbleiben wird zur Hauptverhandlung geschritten werden.

Berlin, den 3, November 1881.

4 Drabner, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts 11.

Oeffentliche Ladung. 1) Der Tuchmacher Karl Adolf Ludwig aus Dom Brandenburg, geboren da- selbst am 25. März 1858, 2) der Militärpflichtige Karl Wilhelm Emil Windel aus Ketin, geboren zu Föhrde am 27. April 1858, 3) der Militärpflich- tige Karl Friedrichß Wilhelm Kersten aus Rathe- now, geboren zu Neufriedrihsdorf am 24, Juli 1858, 4) der Militärpflihtige Emil Edmund Richard Schulz aus Friesack, geboren daselbst am 22. Juli 1858, 5) der Militärpflichtige Johann Karl Schueppe aus Pritzerbe, geboren daselbst am 29. Januar 1859, werden beschuldigt, als Webrpflichtige in der Absicht, sih dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entzichen, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet verlassen oder nach erreihtem militär- pflichtigen Alter sih außerhalb des Bundesgebictes aufgehalten zu haben. Vergehen gehen F. 140 Absatz 1 Nr. 1 des Neihs-Strafgeseßbuchs. Dieselben werden auf den 3. Februar 1882, Vormittags 9 Uhr, vor die Strafkammer des Königlichen Landgerichts hierselbst zur Hauptverhandlung geladen. Bei unentschuldigtem Ausbleiben werden dieselben auf Grund der nah §. 472 der Strafprozeßordnung von dem Civilvorsitzenden der Ersaßkommission des Kreises Westhavelland zu Rathenow über die der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen ausgestell- ten Erklärung verurtheilt werden. Potsdam, den 12, Oktober 1881. Königlibe Staatsanwaltschaft. Sekretariat: Nathnow, i. V.

[41307]

Ladung. Der Fabrikabeiter Mathias Mendyfk, geboren am 17. Februar 1855 in Ninino, Kreis Vbornik, katbolis, zuleßt in Göttingen in Haft, wird bescbuldigt, als Wehrpflichtiger, in der Absicht, sich dem Eintritte in den Dienst des stchenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß das Reichs- gebiet verlassen, oder na erreichtem militärpflichti- gen Alter sich außerhalb des Reichsgebiets auf- gehalten zu haben. Vergehen gegen §. 140 Abs. 1 Nr. 1 St. G. B. Derselbe wird auf den 30. Dezember 1881, Mittags 12 Uhr, vor die Erste Strafkam- mer des Königlichen Landgerichts zu Posen zur Hau tverhandlung geladen. Bei unentschuldigtem

usbleiben wird derselbe auf Grund der nah §. 472 der Strafprozeßordnung von dem Königlichen Herrn Landrath als Civil-Vorsitenden der Ersatz-Kommis- sion zu Obornik über die der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen ausgestellten Erklärung ver- urtheilt werden. Posen, den 4. November 1881, Königliche Staatsanwaltschaft.

Subhastationen, Aufgebote, Vor- ladungeu n. dergl.

LA0ASO Aufgebot. Leonhard Schmitt 1V, von Ober-Abtsteinah ist mit Hinterlassung eines Testaments verstorben, in

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welchem er seine Kinder zu Erben eingesetzt und seiner Ebefrau den lebenslänglihen Nießbrauch des Vermögens mit freier Veräußerungsbefugniß ver- macht hat. Der unbekannt wo abwesende Sohn des Verstorbenen, Adam SHmitt, wird auf Antrag der Leonhard Schmitt 1IV. Wittwe aufgefordert, spvä- testens in dem auf .

Dienstag, den 24. Januar 1882, B. M. 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht anberaumten UAuf- gebotêtermin zu erklären, daß er dieses Testament anfechten wolle, widrigenfalls unterstellt wird, daß er das von den übrigen Intestaterben anerkanute Testament ebenfalls anerkenne.

Wald-Michelbach, 21, November 1881, Großherzogliches Amtégericht. v. Grolman. Lohnes.

[43425] Kaiserliches Amtêgeriht Straßburg.

Aufgebot.

Die Firma Adolphus Sington & Co., Kaufleute in Mancbester, Grafschaft Lancaster, England, vers treten durch Rechtsanwalt Blumstein dahier, hat das Aufgebot zweier angeblich verloren gegangener Wechsel, beide ausgestellt von der gedachten Firma, datirt Manhester, den 31. März 1881, numerirt 5615 und 5616, für die Summe von je 20 000 M, zablbar am 31. Juli bezw. 31. August letzthin, auf A. Gelly von Hüttenheim im Elsaß, beantragt. Der Inhaker der Urkunden wird aufgefordert, spätestens in dem neuerdings

auf den 6. Juni 1882, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Gutenbergplaß 10, Sitzungssaal, anberaumten Aufgebotstermine seine Rechte anzumelden und die Urkunden vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloëerklärung der Urkunden er- folgen wird,

Straßburg, den 19, November 1881.

Weber, Hülfsgerichtsscyreiber.

[43429] Aufgebot.

Die am 19. Juli 1809 geborene und seit langen Jahren abwesende Ehefrau des Jercmias Metzger, Susanna Barbara, geborene Derswann, von Langen, und eventuell deren geseßliden Nachkommen werden auf Antrag der hiesigen Erbinteressenten aufgefor- dert, sih im Termin

Donnerstag, den 19, Januar 1882, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht selbst, oder durch gehörig Bevollmächtigte ¿u melden, widrigenfalls ihr Tod, beziehungêweisc die Nichterxistenz erbbere- tigter Nahkommen unterstellt, die Todezerklärung der über 70 Jahre alten Ebcfrau des Jeremias Metzger ausgesprohen und das für sie seither kuratorish dahier verwaltete Vermögen im Betrage