1881 / 279 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Nov 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. Dem Oberlehrer Dr. Heinrich Rottok am Gymnasium zu Rendsburg ist das Prädikat Professor beigelegt worden. Die Beförderung des ordentlichen Lehrers Dr. Shwarz-

lose an der Realschule zu Görliß zum Overlehrer is ge- nehmigt worden.

Ministerium des Jnnern.

Dem Landrath Schreiber ist das Landrathsamt im Kreise Hadersleben übertragen worden.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgeseßes vom 21. Oktober 1878.

Auf Grund des 8. 12 des Reichsgeseßes gegen die gemein- gefährlihen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Of: tober 1878 wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß das in der Genossenshaftsbuchdruckerei Zürich-Hottingen gedruckte und „Berlin, den 22. November 1881“ datirte Flu g- blatt mit der Ueberschrift: „Wähler des V. Reichstags- wahlkreises“ und der Unterschrift: „Einige Arbeiter und Kleinbürger im Namen Vieler“, nach §. 11 des gedachten Gesetzes dur den Unterzeichneten verboten worden ist.

Berlin, den 28. November 1881.

Der Königliche Polizei-Präsident. von Madai.

Bekanntmachung.

Für die näcstjährige Heeres-Ersaßaushebung wird denjenigen jungen Männern, welche in dem Zeitraum vom 1. Januar 1860 bis zum 31. Dezember 1862 geboren sind, und si hierselbst aufhalten, in Erinnerung gebracht, s, soweit dieselben mit Taufscheinen oder sonstigen Beweismitteln über die Zeit und den Ort ihrer Geburt noch nicht versehen sind, sie sih zur Abwendung sonst unausbleiblicher Nachtheile dergleihen Bescheinigungen nunmehr zu beschaffen haben.

Die für diesen Zweck aus den Kirchenbüchern 2c. zu ertheilenden Bescheinigungen werden kostenfrei ausgefertigt.

Der Zeitpunkt zur Anmeldung behufs Aufftellung der Rekru- tirungs-Stammrolle wird in der ersten Hälfte des Monats Januar k. Is. bekannt gemacht werden.

Berlin, den 23. November 1881.

Die Königlichen Ersaß-Kommissionen der Aushebungsbezirke Berlin.

NichtamtliGes. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 28. November. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen gestern den Kaiserlich russishen Flügel-Adjutanten Fürsten Dolgorouki, der sih vor seiner Abreise nah St. Petersburg verabschiedete, und hörten demnächst den Vortrag des Reichskanzlers Fürsten Bismark.

Heute empfingen Se. Majestät den General von Locqueng- hien, Commandeur der 30. Kavallerie-Brigade, und nahmen dey Vortrag des Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski entgegen.

Hierauf unternahmen Se. Majestät die erste Ausfahrt.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm am Sonnabend Vormittag militärische Meldungen entgegen.

Um 2 Uhr besuhten Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften das Kunstgewerbe- museum.

Gestern wohnte Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz am Vormittage dem Gottesdienst im Dom bei.

Um 12 Uhr ertheilte Höchstderselbe dem Kaiserlihen Ge- sandten Grafen zu Solms-Sonnewalde Audienz.

Um 121/, Uhr empfingen Jhre Kaiserlihen und König- lihen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin das Präsidium des Reichstages.

Se. Kaiserlihe Hoheit der Kronprinz ertheilte darauf dem Regierungs-Präsidenten Wegner aus Stettin Audienz.

Der Ausschuß des Bundesraths für Zustizwesen sowie die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll: und Steuerwesen und für Elsaß-Lothringen hielten heute Sizungen.

Jn der heutigen (4.)Sißung des Reichstages, welcher die Staats-Minister Bitter und von Boetticher sowie zahlreiche andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissare desselben beiwohnten, ite be der Präsident von Leveßow den Eingang einer Denk)christ, betreffend die Ausführung der Münz- gesevgerung, mit. Hierauf wurde die erste Berathung dez

ntwurss eines Geseßes, betr. den Beitrag des Reihs zu den Kosten des Anschlusses der freien und Hansestadt Hamburg an das deutsche Zollgebiet, eröffnet. Der Abg. Dr, Hänel gab zu, daß der Standpunkt: der Eintritt Hamburgs in das Zoll- gebiet stelle sih lediglich als eine Moßregel der Ausführung eines bestimmten Verfassungsartikels dar und bedürfe der Zustimmung aller geseÿgebenden Faktoren nicht, durh- aus gerechtfertigt werden könne. Was den vorliegenden Entwurf betreffe, so handle es fih demnach nur um zwei tech- nishe Fragen: Sei die hier vorgeshlagene Art der Aus- ührung die zweckmäßigste? Entsprehe die Aufopferung an

tionalvermögen den ideellen und materiellen Vortheilen, welhe der Eintritt in Ausficht stelle? M den Ver- handlungen der hamburgishen Behörden fei nun fast durchgängig die Ansiht vorherrschend gewesen, daß die Freihafenstellung Hamburgs und Bremens den Jnteressen Déiútschlands nit nur nicht hade, sondern sie im Gegen- theile begünstige; man habe sich nur unter dem Drucke der Verhältnisse mit dem Zollans{lusse einverstanden erklärt, und selbst ein prinzipieller Anhänger des lehteren, Hr. Wolffson, habe die Frage, ob die Tommerzielle Bedeutung m- burgs und Deutshlands durch diese Maßregel gehoben werde, verneinen müssen. Daß der Entwurf einer gründlichen Vorberathung in einer Kommission werde unterliegen müssen, darüber herrsche wer keine Meinungsverschiedenheit ; denn der Vorlage im Hinblick auf die dort geltend gemachten Motive zuzustimmen, heiße einfah eine Gewissenlosig- keit begehen. Wenn man die Motive erwäge, so glau

man Vertheidiger der Freihafenstellung zu hören. Es werde darin u. A. auf die Bedeutung eines großen Exports Hamburgs für Deutschland hingewiesen: werde aber dieser Ex- port niht gerade durch die Freihafenstellung gehoben? Er verkenne nicht, daß die Einverleibung gewisse Vortheile im Gefolge habe, namentlich für den Transitverkehr des Jnlandes; dem ständen aber nicht zu unter- \chäßende Nattheile entgegen. Die Einbeziehung würde jene Jndustrieen shwer s{hädigen, welche im Hinblick auf die exceptionelle Stellung Hamburgs in dessen Umgebung empor- geblüht seien. Jn dieser Bezichung entsprehe jene Maßregel also keineswegs dem Grundsaße des Schußes der Schwachen gegenüber den Starken. Wenn es sich hier um den Abkauf eines. Reservatrehtes handelte, würde er feinen Augenblick über die Bewilligung der geforderten Gelder im Zweifel sein; hier solle aber ein künst- liches Präparat geschaffen werden, das man mit den 40 Mil- lionen crsstt lebensfähig machen wolle, und das widerstrebe ihm ; einer Staatssubvention könne er shon um des Prinzips willen nicht zustimmen. Er billige es, daß über die Beschränkung der Freihafenstelung kein Slaatsvertrag mit Hamburg geschlossen, den nur der Kaiser zu schließen in der Lage sei; es liege nur ein vom Reichskanzler ges{chlossenes Abkommen vor, dur das nur diefer verpflichtet werde. Darum habe auch die in den Vertrag aufgenommene Klausel, nah welcher der Art. 34 au auf das nunmehrige Freihafengebiet Anwendung finden solle, Dritten gegenüber absolut keinen bindenden Charakter, abgesehen davon, daß diese Jnterpretation des Artikels überaus gewagt sei. Dazu komme noch die weitere Streitfrage, ob die diesem Entwurf zu Grunde liegende Voraussetzung der Ver- legung: der Zollgrenze auf die Unterelbe durh einfahe bundes- räthlihe Anordnung erledigt werden könne, oder. ob nit vielmehr, wie dies die Ansiht der Liberalen, ein Geseg erforderlih sei. Diese Zweifelsfragen werfe er nur im Jnteresse einer durhaus sahlihen, unparteiischen Prüfung der Vorlage auf, deren Verweisung an eine Kom- mission er beantrage.

Der Abg. Frhr. von Minnigerode sprach sich dahin aus, daß Deutschland zum Zwet der Förderung seiner kommerziellen Bedeutung Alles beseitigen müsse, was seiner Entwickelung nah dieser Richtung hin hindernd im Wege sei; zu diesen Hindernissen gehörten vor Allem die lästigen Schranken, die den Verkehr auf der Elbe auf eine Länge von 12 Meilen hemmten. Aber auch die inländishe Produktion werde dur die Einbeziehung gehoben; denn 460 000 Menschen, die bis jeßt vom Zollgebiet ausgeschlossen seien, würden nunmehr zu Konsumenten inländisher Protukte werden. Die Motive für die Bewilligung der 40 Millionen erschienen auchihm ungenügend ; er hoffe, daß in der Kommission Seitens des Bundeëraths in dieser Beziehung genauere Spezialisirungen würden gegeben werden. Eines Eingehens auf die vom Vorredner angereaten Kontro- versen bedürfe es nicht, da die Bewilligung der geforderten Summe auch die Genehmigung der Verträge - in sich s{ließe. Verfolge man die Geschichte dieser Hamburger Frage, so müsse er konstatiren, daß die Fortschrittspartei in allen ihren diesbezüglihen Bestrebungen ein glänzendes Fiasko gemacht habe: sie habe noch agitirt, als der Vertrag schon vorgelegen, und habe damit die Rolle eines Sachwal- ters, der ketne Klienten, eines Volksmannes, der kein Volk hinter sich habe, übernommen. Redner sprach zum Schlusse die Hoffaung ausz daß cine Verständigung über die Vorlage werde herbeigeführt werden.

Der Abg. Dr. Barth führte aus, daß die deutsche Fndustrie keinesweges auf die Anlage von Exportlägern angewiesen sei, die ganz überflüssig, dabei sehr kostspielig seien und nur die Kon- kurrenzfähigkeit ershwerten. Von den großen Export{äusern seien deshalb auch keine Klagen gegen die Freihafenstellung Hamburgs laut geworden. Das Jnteresse des Export, das sih in den Motiven als das vorherrschende darstelle, sprehe demnach gegen die Beschränkung des Freihafengebicts. Die Einwilligung Hamburgs sci auch nur unter dem Einfluß der augenblick- lihen Konstellation erfolgt. Den Charakter einer Sub- vention könne er der hier geforderten Summe nicht vindiziren ; es handle sich vielmehr um eine Entschädigung Hamburgs für Aufgabe seines Privilegs. Mit der kommissa- rishen Behandlung der Vorlag? sei er einverstanden; die Kommission werde namentlich festzustellen haben, warum nicht zugleih ein ähnliher Vertrag mit Bremen geschlossen sei. Bei Schluß des Blattes ergriff der Bevollmächtigte zum Bun- desrath, Staats-Minister Bitter das Wort.

Bekanntlich ist in den Niederlanden der Schuh der Handels- und Fabrikmarken durch Ses vom 25. Mai v. J., welches mit dem 1. Januar d. F. in Geltung trat, neu geregelt worden. Der Schuß dieses Gesetzes kommt auch den deutshen Gewerbetreibenden zu Gute. Fm Art. 14 enthält das Geseß eine Bestimmung, welhe mit dem Ende dieses gene ihre Wirksamkeit verliert, bis dahin aber für die Besiger älterer Waarenzeichen nicht ohne Bedeutung ist. Die Besitzer älterer Zeichen können rämlih bis zum Ende dieses Jahres beantragen, daß alle Waarenzeichen, welche eine betrügerishe Nachahmung ihrer Zeichen darstellen, auch wenn sie früher als die leßteren angemeldet sind, von der Eintragung ausgeshlossen oder, falls hon eingetragen, wieder gelöscht werden. Vorausgeseßt ist dabei, daß die Antragsteller ihre eigenen Zeichen vorschristsmäßig angemeldet haben.

@ Von Seiten ausländisher Behörden werden die Be- amten der Staatsanwaltschaft oder die Polizeibehörden zu- weilen um vorläufige Festnahme flüchtiger Per- sonen ersuht, deren Auslieferung demnähst auf diplo- matishem Wege beantragt werden soll. Jn einzelnen Fällen, wo diesen Ersuchen Folge gegeben worden, ist es unterblieben, der Centralinstanz eine bezügliche Mittheilung zu machen, wo- durch dann Unzuträglichkeiten entstanden sind. Jm Einver- ständniß mit den Ministern der Auswärtigen Angelegenheiten und des Jnnern hat der Justiz-Minister deshalb die Beamten der Staatsanwaltschaft durch eine allgemeine Verfügung vom 17. d. M. angewiesen , in allen Fällen, in welchen derartigen Gesuchen unter ihrer Betheili ung entsprohen wird, von der erfolgten Festnahme unverzüglih dem Justiz-Minister Anzeige u erstatten. Die Polizeibehörden sind von dem Minister des

nnern mit einer entsprehenden Anweisung versehen worden.

Jn Bezug auf das Retentionsreht des Ver- miethers einer Wohnung wegen der bereits fälligen und der noch nit A Miethe bis zum Ablauf der Miethskontrakts- zeit hat das Reichsgericht, 11. Strafsenat, dur Urtheil vom 20. September d. J. konstant mit seiner Bn Rechtsprechung aus esoroen. daß das durch 8. 395 Theil 1. Tit. 21 des Preu igen Allgemeinen Landrechts dem Ver- miether wegen seines Zinses und anderer Forderungen ei:nge-

räumte Pfandrecht an den ir. das Miethslokal eingebrachten Sachen des Miethers von demMomente der Jllation bis zurBeendi- gung des Miethskontrakts dauert; daß der Vermiether dasselbe wäh- rend dieser ganzen Zeit und bei Endigung des Miethsverhält- nisses wegen seiner derartigen fälligen und nicht fälligen Forderungen, wegen der leßteren aber selbstredend nur durch Retention gelten® machen darf, und daß der Ver- miether in diesem seinem Rechte ge\chüßt werden müsse, „weil es sonst der Miether an der Hand hätte, durch einen vorzeitigen, ohne Bezahlung des Zinses für die noh ausstehende vertragsmäßige, bezw. geseßlihe Miethszeit vorgenommenen Auszug aus der Miethswohnung unter Mitnahme der Sachen das na ea bezw. Retentionsreht des Vermiethers illusorish zu machen.“

__— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Versmann is in Berlin wieder angekommen.

Coblenz, 27. November. Jhre Majestät die Kai- serin und Königin hat Sich bei der am Sonnabend, den 26. d. M,, stattgehabten Leichenfeier für den in Bonn verstor- benen Geheimen Medizinal-Rath Prof. Dr. Wilhelm Busch durch den dienstthuenden Königlichen Kammerherrn, Grafen Matuschka - Greiffenklau vertreten, der leidtragenden Fa- milie, wie auch den Universitätsbehörden, Jhr Beileid aussprechen und auf den Sarg einen Kranz niederlegen lassen. Jhre Majestät, Allerhöchstwelche der hülfsbereiten Thätigkeit des verstorbenen berühmten Chirurgen zum Wohle der leiden- den Menschheit stets bewundernde Anerkennung gezollt hat, hatte kürzli, im Verlaufe Jhrer {weren E: krankung seine meisterhafte Behandlung und hingebende ärztliche Pflege per- sönlih dankbar empfunden. Durh das überraschende Hin- scheiden desselben ist Jhre Majestät die Kaiserin und Königin daher auf das Scmerzlichste berührt worden und nimmt E den ausrichtigsten Antheil an diesem großen

erlust.

Baden. Baden-Baden, 28. November. (W. T. B.) Der Großherzog hat am Sonnabend zum crsten Male das Bett ‘verlassen und sich im Rollstuhle nah dem Gartensalon begeben, wo ihn seine Togthter, die Kronprinzessin von Schweden, zum ersten Male begrüßte.

Elfaß - Lothringen. Straßburg, 26. November. (W. T. B.) Wie die „Elsaß-Lothringische Zeitung“ vernimmt, ist nah dem Vorgange der preußishen Regierung auch für Elsaß-Lothringen die Verbreitung der Kaiserlichen Bot- schaft an den Reichstag mittelst öffentlihen Aushanges für alle Gemeinden des Landes angeordnet worden.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 25. November. Der Kaiser und die Kaiserin bleiben, wie die „Polit. Corr.“ mittheilt, bis zur zweiten Hälfte des Monats Dezember in Gödöllö und begeben jich sodann nah Wien, um nach den bisherigen Dispositionen im Februar wieder auf zwei oder drei Wochen nah Pest zu kommen.

Der Budgetauss{huß des Abgeordnetenhauses nahm gestern folgende Resolution an: „Die Regierung wird auf- gefordert, zur thunlichsten Ein} chränkung des Vaga- bundenwesens erstens ihre Organe zum strengsten und energischesten Vorgehen gegen arbeitssheue Personen und Landstreiher auf Gru [d der bestehenden Geseße und Vor- schriften anzuweisen ; zweitens die autonomen Organe zu gleicher Thätigkeit in ihrem Wirkungskreise zu veranlassen und si mit denselben behufs erfolgreihen Zusammenwirkens ins Ein- vernehmen zu seßen; drittens, falls die bestehenden Gesete, insbesondere das Geseh vom 10. Mai 1873, sich zur Errei- hung des angestrebten Zweces als ungenügend erweisen soll- ien, einen geeigneten Geseßentwurf zur verfassungsmäßigen Behandlung einzubringen.

2%. November. Die erste Lesung der Regierungs- vorlage über die Einführung der Postsparkassen in der heutigen Sißung des Abgeordnetenhauses leitete der Handelsminister Freiherr von Pin o mit einer Rede ein, welche nah der „Wien. Abdpst.“ folgendermaßen lautete:

Ich halte mi für verpflichtet, den Geseßentwurf über die Post- sparkassen Ihrer ernsten Aufmerksamkeit und geneigten Würdigun mit einigen Worten zu empfehlen. Wenn ih au voraussetzen darf, daß Sie, meine Herren, mit den Erfolgen dieser Institution in anderen Ländern im Allgemeinen vertraut End, so glaube ich doch, einige Daten der leßten Jahre in dieser Beziehung mittheilen zu sollen. Jn England wurden nach 20 jährigem Bestande der Pcit- sparkassen von 2 184 972 Einlegern über 33 Millionen Livres in die Postsparkassen eingelegt, was circa 398 Millionen unserer Währung beträgt. Jn Belgien betrug die Zahl der Einleger nach 10jährigem Bestande 176 000 Personen, die Höhe der Einlagen 108 Millionen Francs oder circa 50 Millionen Gulden. In Jtalien hatten na fünfjährigem Bestande 384 000 Personen mit einem Einlagekapital von 59 Millionen Lire glei circa 27 Millionen Gulden die Post- sparkassen benußt. Alle diese Summen wurden erspart beim unge- \chmälerten Fortbestande der Privatsparkassen, ja legar bei Steiae- rung derselben an Kapitalseinlagen und in manchen Ländern an Zahl. Es darf wohl behauptet werden, daß diese Summen, welcbe ganz gewiß einen bedeutenden Zuwas an Nationalwohlstand in jenen Ländern repräsentiren, entweder gar nicht oder nur zum geringsten Theile erspart worden wären, wenn der Be- völkerung das so bequeme Mittel der Postsparkassen ge- fehlt hätte. Wenn aber au diese Beispiele und diese s{öônen Er- folge nit zu Gebote gestanden hâtten, so würde ich mi doch für verpflichtet erachtet haben, die Einführung dieser Institution Ihnen, meine Herren, dringend ans Herz zu legen, da ch von der tiefinnersten Ueberzeugung durchdrungen bin, daß die Sache der Postsparkassen niht nur eine volkswirthschaftlih ge- sunde, sondern auch cine in hohem Grade humane E n Oester- reih stehen der erung gegenwärtig 324 Spareinlagestellen zur Verfügung, nämlich Privatsparkassen. Wie E diese vertheilt ? Auf weiten Territorien findet man kaum eine, auf anderen sind sie schein- bar dit gesäet, aber immer noch nit hinreichend für das Bedürf- niß. Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen einige Beispiele mittheile. In Ober-Oesterreih kommt eine Sparkasse auf circn 6,6 Quadrat- meilen und 23000 Einwohner, in Steiermark eine Spar- fasse auf §7 Quadratmeilen und nahezu 26000 Einwoh- ner, in Böhmen eine auf 11,2 Quadratmeilen mit 66 000 Einwohnern, in Kärnten eine auf 26 Quadratmeilen und 49 000 Einwohner, im Küstenlande cine auf 72 Quadratmeilen und 325 000 Einwohner, in Galizien eine auf 89 Quadratmeilen mit 371 000 Einwohnern, in der Bukowina eine auf 186 Quadratmeilen und 569 (00 Einwohner. In den anderen Ländern s{wanken die Ziffern zwischen 6 und 181 Quadratmeilen und 37 000 und 481 000 Ein- wohnern. Welche ungleicbe und unzweckmäßige Vertheilung! Man fönnte ¡war cinwenden, dort, wo Sparsinn und Bntelligenz vorhanden sind, wo solche nicht dafür nit vorhanden. Erlauben Ihnen zu sagen, daß dem alle Erfahrungen wenigstens auf

dort werden ja ohnehin Spackajen entstehen, dort entstehen, ist eben das Bedürfni

Sie mir, diesem Gediete widersprechen. Im Volke is der Sparsinn überall

vorhanden; das Volk ist im Allgemeinen sparsam, denn es ift be- tricbsam, aber es fehlt ihm vielfältig an Gelegenheit, diesen Spar- sinn zu bethätigen. Diese Gelegenheit soll ihm geboten werden und i glaube, man foll nicht zuwarten, bis sich in irgend einem Orte alle jene Bedingungen zufällig zusammenfinden, welche der Errichtung einer Sparkasse günstig sind. Der Sparsinn im Volke muß also nach meiner Ansicht geweckt, er muß gefördert werden, und eines der besten Mittel hierzu bieten die Postsparkassen. Aller- dings werden die Postsparkassen eine Konkurrenz hervorrufen, aber eine Konkurrenz im edelsten und nüßlihsten Sinne des Wortes, die Konkurrenz im Sparen. Wenn Sie, meine Herren, den 324 Spar- einlagestellen, die gegenwärtig in Desterreih bestehen, mit einem Swlage 3993 Spareinlagestellen hinzufügen, so werden Sie dem Sparitriebe des Volkes einen so mächtigen Impuls geben, daß der Erfolg die Erwartungen ohne Zweifel weit übersteigen wird und muß. Ich habe von 3993 Spareinlagestellen gesprocen, und ih habe JFhnen damit die Zahl unserer Postämter genannt. Unsere Postämter sind alle ohne Unterschied und ohneweiters befähiat, die Agenden der Postsparkassen zu führen.jSie führen ja jeßt schon das Postnahnahme- und das Postanweisungsgeschäft, sie besorgen sämmtliche Geld- und Werth- sendungen, Geschäfte, die im Jahre 1880 einen Umsaß von über 5 000 000 000 FI. in Oesterreich repräsentirten Die Geringfügigkeit der Einbußen, welche der Staat bei dieser kolossalen Summe, für die er ja unbedingt haftbar ist, erleidet, ist ein vorzügliches Zeugniß für die Verläßlickeit unserer Postbediensteten. Der Geseßentwurf, wie er Ihnen vorliegt, ist das Nesultat der cingehendsten Erhebungen und Studien, er ist gegründet auf die verbürgten Erfahrungen in anderen Kulturländern und ist gewissenhaft unseren Verhältnissen ange- yaßt. Ic enthalte mi, schon jeßt auf die einzelnen Bestimmungen des Geseteentwurfes einzugehen, glaube aber, wohl der Ueberzeugung Aus- druck geben zu dürfen, daß derselbe den Vergleich mit ähnliwen Ent- würfen nicht zu \cheuen hat, und ich will nur der Hoffnung Aus- druck geben, daß Sie, meine Herren, diesen Gesetzentwurf annehmen und daß wir in Oesterreih bald der wohlthätigen Einrichtung der Postsparkafsen theilhaftig werden. (Lebhafter Beifall rechts.)

Niederlande. Haag, 26. November. (W. T. B.) Der niederländische Gesandte in Lissabon, Mazel, ist zum außer- ordentlihen Gesandten und bevollmächtigten Minister in St. Petersburg ernannt worden.

Großbritannien und Jrland. London, 27. November. (W. T. B.) DerStaatssek retär für JFndien, Marquis of Hartington, hielt gestern in Blackbourne eine Rede, in welcher er auf die Nothwendigkeit hinwies , daß niht eine Macht, sondern das gesam!nte Europa auf die Aus- führung sämmtlicher Bestimmungen des Berliner Ver- trages dringe. Bezüglich der gegenwärtigen Lage der Dinge in Jrland sagte der Redner: dieselbe habe große Beunruhi- gung und eine arge Enttäuschung hervorgerufen. Es werde nöthig sein, die Frage einer Kompensation für bie Grund- besißer in Erwägung zu ziehen. Die Regierung werde nicht aufhören, mit Festigkeit, gleichzeitig aber auch mit unerschöpf- liher Geduld vorzugehen.

%28. November. (W. T. B.) Die „Times“ bespricht die zwischen der Türkei und Rußland in Konstantinopel geführten Verhandlungen und äußert sih dahin, daß die russishen Vorschläge, welche mit der vertragsmäßigen Verpflich- tung Rußlands, für die Kriegsentshädigung weder eine Ge- bictsannexion, noch auch eine Priorität vor den bestehenden finanziellen Verbindlichkeiten der Pforte in Anspruch zu neh- men, im Widerspruch ständen, Gegenstände seien, welche eine Einmishung Europas erheishten und niht dur private Unterhandlungen in Konstantinopel erledigt werden könnten.

Frankreih. Paris, 25. November. (Fr. Corr.) Graf Duchatel, der Botschafter am Wiener Hofe, hat sich gestern wieder auf seinen Posten begehen.

Der General Saussier telegraphirt dem Kriegs-Minister über Tebessa:

Heute, 20. November, sind wir in Gafsa eingerückt. Unser Marsch nab dieser Stadt hat das erwartete Resultat gehabt: die Fraiscbisch und die Madjeurs sahen sih von den Hammamas, die sie beim Aufstande erhielten, abgeshnitten und sind soeben in mein Lager gekommen, um mich um Aman zu bitten.

Eine etwas verspätete Depesche des Generals Déle- becque an den Kriegs-Minister, datirt Oglat-Feidja, 15, November, besagt:

Das Gebirge wird aufs Neue von unseren Truppen durstreift. Die Uled-Abdallah und eine Fraktion der Amur bitten um Aman; als erste Bedingung verlange ih von ihnen, daß sie von den Bergen herablommen und in dem Tyutthale Lager nebmen. Die Stämme {einen zu begreifen, daß wir dicsmal uns nicht versagen würden, dauernd in der Gegend zu bleiben, statt nur einmal durchzumarsciren. Ich werde, so lange es nur nöthig ist, die Brigaden Louis und Colonien in Tumassa und Oglat-Feidja zurücklassen ; fliegende Kolonnen werden den Feind überall, wo sie thn antreffen können, verfolgen, und ih felbst werde mich auf die Moghar werfen, von denen ih nur noch dur einige Kilometer getrennt bin. : j S

Der General Javy telegraphirt dem Kriegs-Minister aus Tunis, 23. November :

Mit dem von den Uled-Ayar versuhten Widerstande geht es zu

Ende. Sie sind von den Kolonnen d'Aubigny, Philibert und Laroque einges{lossen und zerstreut worden. Die strengsten Befehle sind er- theilt, daß dieser Stamm nach Gebühr gezüchtigt werde. Alles in Allem nehmen die Operationen zur Pazifizirung der Regentschaft ohne Nan und ohne auf ernstlihen Widerstand zu stoßen, ihren Fortgang. ; _ 2 November. (W. T. B.) Der ehemalige Präfekt Tirman istzum Civilgouverneur von Algier ernannt worden. General Saussier bleibt im Besiße der militä- rischen Gewalt, Die Unterzeihnung des französisch- niederländischen Handelsvertrags hat heute Vor- mittag stattgefunden. :

Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer verlas der Präsident Brisson ein Dekret, durh welches der Geseyzentwurf, betreffend die Untersuhung des nach Frankreich importirten gesalzenen Fleisches, zurückgezogen wird.

Nachrichten aus Kreider erwähnen eines Gerüchts, wo- nah Bou Amema sich zwishen Chella und Arba befinde, um den treu gebliebenen Stamm der Harrar heimzusuchen oder das französishe Lager bei Medjeria anzugreifen. Jrgend welche bestimmte Nachricht liegt darüber aber nicht vor.

27. November. (W. T. B.) Wie die „Agence Havas“ ersährt, wird die Regierung im Monat Januar einen Geschentwurf, betreffend die Revision der Ver- fassung, und darauf einen Entwurf, betreffend die Reform der Gerichte, vorlegen. Mit einer Vorlage, betreffend den Ankauf von Eisenbahnen, hat sih die Regierung noh niht beschäftigt. Den Vorarbeiten für einen bezüglichen Ge- sezentwurf würden Unterhandlungen mit den großen Eisen- bahngesellshasten vorangehen.

Türkei. Konstantinopel, 27. November. (W. T. B.) Der griechishe Gesandte Conduriotis hat gegen die Schließung der griehischen Postanstalten protestirt und an die Botschafter der europäishen Mächte appellirt. Lehtere haben heute bei dem Minister des Auswärtigen,

Assym Pascha, Schritte gethan und ihm maßvolle Haltung an- empfohlen.

27. November. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der türkish-russischen Finanzkommission überreich- ten die türkishen Delegirten ein Verzeichniß der Einkünfte, welche nach ihrer Ansicht entweder noch unbelastet sind oder von der darauf lastenden Spezialhypothek befreit werden kön- nen. Diese Einkünfte sind nah dem Verlangen der russischen Delegirten lokalisirt und werden die Leßteren ‘diese Kombina- tion prüfen. Nücksicktlih der Erhebung dieser Einkünfte be- stehen die Vertreter Rußlands nicht darauf, daß eine spezielle russishe Bank mit derselben betraut werde. Die Erhebung soll entweder vermittelst zweier Banken, nämlih einer tür- fishen und einer russishen, oder durch einen subalternen russishen Agenten beroerkstelligt werden.

Numänien. Bukarest, 27. November. (W. T. B.) Der König hat heute die Kammern mit einer Thron- rede eröffnet. Jn derselben drückt der König seine hohe Befriedigung aus, daß er zum ersten Male die Session des gesehgebenden Körpers des Köniareihs Rumänien eröffnen könne, welches fympathisch von allen Mächten anerkannt wor- den, mit denen es durch die freundschaftlichsten Beziehungen verbunden sei. Die äuß:ren Verhältnisse berechtigten zu der Hoffnung auf eine Aera der Ruhe und des Friedens. Dieser Moment sci günstig, um mit der Vervollständigung und der Verbesserung der Geseßaebung sih zu befassen und ganz beson- ders den ökonomischen Fnteressen Numäniens die der Produk- tion und dem Naturreicbthum des Landes entsprechenden Ent- widelung zu geben. Die Thronrede zählt das bisher Ge- schehene, sowie dasjenige auf, was noch zu thun erübrige, um die Entwilelung zu sördern. Dieselbe kündigt u. A. die Er- rihtung eines speziellen Ministeriums für Ackerbau, Jndustrie und Handel an, welche Zweige bisher dem Arbeits-Ministerium zugewiescn waren. Bezüglih der Donaufrage sagt die Thronrede: „Die Notywendigkeit, fremde Handelsschiffe und die Flagge aller Nationen baldmöglichst in unsere Häfen zu ziehen, wird um so lebhafter empfunden, als unser Handel oft keim Export über die Landgrenzen verschiedenen Hinder- nissen begegnete und derselbe seit einiger Zeit unter dem Vor- geben einer Viehseuhe sogar Gefahr läust, daß ihm diese Grenzen für die Viehausfuhr vollständig geschlossen werden. Unsere vitalen Jnteressen gebietet demnach darüber zu wachen, daß wir wenigstens auf der Donau nicht unter Bedingungen zu leiden haben, die geeignet wären, unsere Entwickelung zu hemmen und die die freie Schiffahrt für uns zu einem illu- sorischen- Rechte machten. Die Geschide Rumäniens waren stets und bleiben eng verbunden mit der Donaufreiheit. Die Rumänen erwiesen sich auch stets dankbar gegen Jene, welche zur Emanzipirung des großen Flusses von jeder aus\{hließ- lihen Präponderanz beitrugen. Die Numänen \{chöpfen dieses Erkenntlichkeitsgefühl aus der tiefen Ueberzeugung, daß die Donaufreiheit die wesentlitze Bedingung der politi- schen und ökonomischen Eniwicklung ihres Landes ist. Diese Ueberzeugung nöthigt uns die Pflicht auf, keine Kombinationen

zu unterschreiben, deren Wirkungen dahin gingen, daß die

Schiffahrt vom Eisernen Thore bis Galat der präpondirenden Aktion einer einzigen Macht vorbehalten bliebe. Wir wollen Niemanden schaden; allein wir wollen und müssen wollen die absolute Donausfreiheit, wenigstens in unsern Gewässern, und wir sind jeßt und künstig zu allen Opfern bereit, die notz- wendig sind, um die absolute Leichtigkeit der Schiffahrt in jeder Beziehung zu sihern. Wir acceptiren strengstens die Reglements, welche bestimmt sind, die Freiheit aller Flaggen zu garantiren. Wir acceptiren strengste Ueberwachung der Ausführung des Reglements, allein wir beanspruhen auc, daß die Reglements in den rumänishen Gewässern von rumänishen Behörden ausgeführt werden. Tha:sählich, selbst wenn man für den Moment die zu unsern Gunsten sprechenden Bestimmungen der Verträge und des Völkerrechts bei Seite läßt, ist niht aus dem Auge zu verlieren, daß Nie- mand an der Sicherung, Freiheit und Prosperität der Donau- \{hifffahrt mehr interefsirt ist, als wir.“ (Wiederholter, leb- hafter Beifall.) Die Thronrede konstatirt sodann, daß man die glücklihen Resultate der Finanzverwaltung besonders dem Geiste der Klugheit und Sparsamkeit verdanke, wodurch sich der Staatskredit so sehr gehoben habe. Ungeachtet aller Hindernisse sei die große Operation des Eisenbahnrück- kaufs auf dem Punkte, die vom Lande gewünschte Lösung zu erhalten. Die Regierung werde Geschentwürfe zur Verbesse- rung der sozialen Lage der Landbevölkerung vorlegen; die Armee-Organisation werde unablässig fortgeseßt. „Wenn wir uns Alle mit der Armee beschäftigen, werden wir hierbei von keinem unbedahtsamen Ehrgeize geleitet. Wir folgen nur dem Wunsche, uns in die Lage zu seßen, den Plaß zu behaupten, den wir durch unsere Opfer und durch die Sympathien der Großmächtz errungen haben. Wir folgen nur der Ueber- eugung, daß wir durh die Entwickelung aller Kräste der Nation allein das Element der Ordnung, des Friedens und des Fortschritts in Osteuropa zu sein haben.”

Rußland und Polen. St. Petersburg, 26. Novem- ber. (W. T. B.) Gestern Nachmittag 2/4 Uhr erschien cin Mann von dürstigem Aussehen im Departement der Reichspolizei, angeblich um ein Bittgesuc) an den Ge- neral Tscherewin, den Adjunkten des Ministers des Jnnern, zu rihten, und feuerte unmittelbar, nahdem er vorgelassen war, einen Revolvershuß auf den General ab. Dieser wendete den Schuß ab, indem er den Arm des Attentäters ergriff. Der leßtere wurde sofort verhaftet. Nur die Uniform des Generals ist durch den Schuß beschädigt worden.

27. Nov-mber. (W. T. B.) Der „Regierungs- Anzeiger“ veröffentlicht die bereits gestern gemeldeten Mit- theilungen über das am Freitag erfolgte Attentat auf den General Tscherewin. Der Thäter ist ein vor wenigen Tagen aus Morschanék hier eingetroffener Edelmann, Namens Ni- colai Sankowsky, aus dem Gouvernement Grodno gebürtig. Gleichzeitig verdächtig, um das Attentat gewußt zu haben ist sein Reisebegleiter aus Morschansk, der Bürger Melnikoff, gestern Nacht verhaftet worden.

Schweden und Norwegen. Stockholm , 23. November. (Hamb. Corr.) Jm Hinblick darauf, daß das Privilegium von mehreren zettelausgebenden {wedischen Privat- banken im Jahre 1884 endet, und in der Erkenntniß, daß eine sorgfältige Revision der Bankgeseßgebung und namentlich eine nähere Bestimmung der Verantwortlichkeit nothwendig ist, die den Aktionären der zettelausgebenden Privatbanken obliegt, forderte der leyte Reichstag die Regie- rung auf, dieses Verhältniß in Erwägung zu ziehen. Jn Folge dessen ist in dec lehten Staatsrathssißung beschlossen worden, eine Bankkommijsion niederzusezen. (Zlin

Nr. 59 des Amtsblatts des Reichs-Postamts hat folgenden Inhalt: Verfügungen: Vom 18. November 1881: Bezug der vom Internationalen An herausgegebenen Zeitschrift. Vom 16. November 1881. ehandlung der Post-Packetadressen für das Postamt in Halle, Saale.

Statistische Zaczrichten.

_ Die Ernte des Jahres 1881 in Preußen. (Stat. Corr.) Die Ernte-Statistik in Preußen hat sich allmälig dahin ausgebildet, daß über den Ernteertrag eines jeden Jahres drei verschiedene Auf- nahmen veranstaltet werden. Die erste, Ende Juli des Erntejahres erfolgende bezweckt die Gewinnung möglichst zuverlässiger Urtheile über die Ernteauësichten, die zweite, in der zweiten Hälfte des Of - tober vorzunehmende Ermittelung soll nach einer hinlänglichen Anzahl von Probe-Erdrüschen vorläufigen Aufs{luß über die gesammte Erntemenge geben, während die dritte, im Februar des auf das Ernte- jahr folgenden Jahres, den Zweck hat, den Hektar- und Gesammt- ertrag, auf Grund des bis dahin zum größten Theil bekannten allge- meinen Erdruschergebnisses, definitiv festzustellen. Die erften beiden Aufnahmen geschehen auf Aufforderung des Herrn Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten dur die landwirthschaft- lien Kreisvereine und erstrecken sich grundsäßlich nur auf einige wenige Gemeinde- oder Gutsbezirke in jedem Kreise; die leßte Auf- nahme dagegen erstreckt sich auf sämmtliche Gemeinde- und Guts- bezirke jedes Kreises und erfolgt durch die Ortspolizei-Behörden. Der Zusammenzug der Ergebnisse der drei verschiedenen Aufnahmen wird im Königlichen ftatistishen Büreau bewirkt, woselbst die Ein- richtungen fo getroffen find, daß die Resultate der Ende Juli ermit- telten Ernte-Aussidten {on Anfang August, die vorläufigen, Ende Oktober gewonnenen Ergebnisse s{hon Mitte November und die defi- nitiven, im Februar des auf die Ernte folgenden Jahres festgestellten Ernte-Ertragszahlen {cen Ende April oder Anfang Mai gedruckt e Kenntniß gebracht werden können und gebracht werden.

Was wir heute mittheilen, find die Zahlen der Ofktober- Ermittelung, Dieselbe bezweckt sowohl den Nachweis des Aus- falls der Ernte von 1881, als auch den Vergleich dieses Ausfalls mit der Okftober-Ermittelung von 1880 und dem definitiven Ergebniß der Ernte von 1880 und endlich mit dem Ergebniß einer sogenannten

Mittelernte. O 1 1880 E Oktober- t ENNTE WIT E S Oktober- Definitive / Fructarten. Ermittee (mittelung Ermittelung _ MMge-

lung nommen zu Doppel- Centner

Winterweizen 12200084 16033539 11853094 14742521 Winterroggen 51 868465 44515898 31830233 55 697 484 Sommergerste 12120928 13 576 267 9645436 12416 292 Hafer . . 30029419 36837475 24979340 33827 005 Gan 4 229 284 4 408 361 2 976 872 4 522 637 Ackerbohnen 1108 244 1480 127 1 244 466 1430011 Widcken 1 249 807 1534 276 983 369 1 432 609 Buchweizen 1833 788 2063 716 1188459 2154184 Lupinen . 1 790 951 2 331 247 1 593 656 2146 635 M 246 Be 7851 178 805 473 117109877 196 619 635

interrays . 1201 785 : n j 1107 463 1 475 949

opfen . 16 908 nihterhoben j “18776 27 816

leeheu . . 27582100 46 832 345 34482 264 42261 811 Wiesenheu 77778980 109640778 78663 380 107 043 801

Wir baben früher {on wiederholt darauf hingewiesen, daß und warum in Preußen die vorläufigen Ernte-Ergebnisse in der Regel und in allen Früchten erheblich, d. h. um 20—25%6 höher sind als die definitiven. Daher is es rathsam, um ein möglichst zutreffen- des Urtheil über die leßte Ernte zu gewinnen, die Oftober-Ermittelung des Jahres 1881 mit der des Jahres 1880 zu vergleichen. Beide Aufnahmen erfolgten nach gleicher Methode, durch die nämlichen Organe und größtentheils wohl auch in den nämlichen Lokalitäten. Leider ergiebt dieser Verglei, mit Ausnahme des Roggens, der Kartoffeln, des Winterrapses und des Hopfens, für alle übrigen Früchte ein mehr oder minder beträchtlihes Minus im Jahre 1881, Wie sich letzteres über die einzelnen Provinzen verbreitet, werden wir in einem späteren Artikel nachweisen. Nachstehend werden die Hektarerträge jeder Frucht ebenso vergleichéweise zusammengestellt, wie das oben bezügli der Ge- fsammterträge geschehen ist.

Es wurden auf dem Hektar geerntet:

1881 1880 Eine nach der nach der Mittelernte Oktober- Oktober- definitiven wird ange- Ermitte- Ermitte- Ermitte- nommen

lung lung lung zu

Kilogramm Winterweizen 1 251 1645 1216 1 512 Winterroggen 1191 1022 731 1 278 Sommergerste 1470 1646 1170 1506 Hafer 1 218 1494 1013 1 372 (Erbsen 1073 1119 756 1148 Ackerbohnen 1170 1563 1314 1510 Wien 993 1211 781 1139 Buchweizen 822 925 533 966 Lupinen 826 1076 735 990 Kartoffeln 13 108 9510 6228 10 457 Winterraps 981 | nidt j 912 1 204 Hopfen 414 erboben | 459 681 Kleeheu 2 327 3950 2909 3 565 E a E000 3288 2359 3210

Ein endgültiges Urtheil das sei nochmals betont ist mit vorstehenden Zahlen über die Ernte des Jahres 1881 noch nicht auégesprocen; die Ermittelung der definitiven Ergebnisse kann erst in einigen Monaten stattfinden. Bei einigen Früchten, wie z. B. beim Weizen, dürften dieselben wohl ctwas günstiger ausfallen; an- derseits ift aber auch zu besorgen, daß die unerwarteten und ungewöhn- lid starken Fröste zu Ende Oktober namentlih den Kartoffeln sehr \{ädlid geworden seien und das mitgetheilte vorläufige günstige Er- gebniß nit unwesentlich herabdrüken.

Wenn im Vorstehenden sowohl der Hektarertrag als au der Ge- sammtertrag der der vorläufigen Erhebung unterworfenen Früchte im Jahre 1881 mit dem Ertrage einer Mittelernte verglichen wurde, ]o ist, bei den s{wankenden Vorstellungen über die Größe einer solchen, nit allzuviel darauf zu geben, wie das {hon folgende Nebeneinander- stellung der Schätzungszahlen einer Mittelernte im Jahre 1880 und 1881 beweist : , E

Schätzung des Hektarertrags einer Mittelernte in Frtogr:

1881 1880 Differenz

1881 gegen 1 880 Winterweizen 1512 1 599 _— O4 Winterroggen 1314 36 Sommergersle . . . « « 50 1 587 81 afer 37: 1 463 91 Ë: sen 1199 - 51 Ackerbohnen g 1 548 38 Wien 3: 1218 -— 79 Buchweizen 3 1049 83 Lupinen 1 058 68 Kartoffeln 10 744 _ 287 Winterraps opfen Klee 3 565 3 894 329 Wiesenheu 3446 236 Die durchweg niedrigeren Zahlen 1881 gegen 1880 sind weniger in der Natur begründet, als in einer besseren Art der Schähung, wozu eine allgemeine Aufforderung des Herrn Ministers für Landwirth- \{chaft, Domänen und Forsten die Veranlafsung gegeben haben dürfte.

Fruchtarten.